2. Begriff und Authentizität von Utopie
Schwendter-1994
Utopien gelten als Wunschbilder eines künftigen Zeitalters. Zunächst von einzelnen Menschen ausgehend sind Utopien subjektiv gestaltete Zukunftsentwürfe, die im Ganzen oder im Detail eine wünschbare zukünftige Gesellschaft skizzieren.
Der Philosoph Ernst Bloch hat anschaulich gemacht, daß die Utopie, über die er letztlich 3 Bände in seinen Hauptwerk, »Das Prinzip Hoffnung« geschrieben hat, schon beim kleinsten Tagtraum beginnt: der Lottogewinn, die Reise in den Süden, der neue Freund, die neue Freundin, eine deutsche Regierung ohne Kohl, — u.s.w.
Bloch ist so weit gegangen, sogar die aggressiven Tagträume vom Typus "Tod der Schwiegermutter" als Beginn der Utopie anzuerkennen. Immer findet sich in unserem Lebenszusammenhang ein noch nicht eingelöstes, ein »Noch-Nicht«.
Selbstredend bleibt es nicht bei diesen taggeträumten Privatutopien. Utopien vergesellschaftlichen sich in Familien, in Gruppen, in Teilkulturen, in Subkulturen, in Klassenströmungen.2.1 Utopien besitzen neben der zeitlichen auch eine räumliche Dimension. Wörtlich übersetzt heißt ja auch »ou-topos« »Nirgends-Raum« — oder verständlicher »Nirgendwo«. Es kann sich, wie sehr oft, um eine Insel handeln, um ein Phantasieland in den Bergen, um eine geheime Burg, um einen abgeschnittenen Kleinstaat, eine Kommune, ein Land hinter dem Grießbreihügel, eine fremde Galaxie.
Um zu diesem Raum zu gelangen, müssen allerdings Wege überwunden werden, wodurch die Zeit wieder Eintritt in das utopische Feld erhält. Auch kann das Wunschbild durch ein Angstbild ersetzt oder verdeckt werden — dann wird von einer »negativen Utopie« oder einer »Dystopie« gesprochen. Manche Dystopien sind geradezu sprichwörtlich geworden, so der 1948 von George Orwell geschriebene Roman »1984«.
Als im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts die Zukunftsforschung sich entwickelte, wurde die Utopie zusehends zu einem ihrer Momente, und ihre herausgelöste Darstellung, etwa als Staatsroman, ist seltener geworden. Zukunftsforschung läßt sich als widersprüchliche Einheit von Prognosen, Planung und Utopie definieren: Während die Prognose die Voraussage wahrscheinlich eintretender Prozesse bezeichnet, bezieht die Planung sich auf die Dimension des auf zukünftige Abläufe gerichteten Handelns.2.2
Demgegenüber hat es Utopie immer mit dem Subjekt des Verhaltens wie des Handelns zu tun; sie ist von Kategorien wie Wunsch, Tagtraum, Hoffnung, Bewußtsein, Selbstreflexion nicht ablösbar. Eine Untersuchung, die sich auf »wahrscheinliche«, »wirkliche«, und »mögliche« Zukünfte bezieht, hat diese drei Momente von Zukunftsforschung einbezogen. Das muß aber nicht mit Notwendigkeit so sein. Es gibt Mischformen, die zu Beginn zumindest erwähnt werden sollten, da die Utopie in den vergangenen Jahrzehnten häufiger in deren Gewändern aufgetreten ist als in den uns vertrauten.
Eine Utopie, die prognostische Erkenntnisse mit einbezieht, wird häufig ein <Scenario> genannt. Utopien, die mit planerisch-strategischem Handeln vermittelt werden sollen, gelten oft als <Entwürfe> — und zwar so oft, daß <Utopie> und <Zukunftsentwurf> nicht selten synonym verwendet werden. Das macht auch zuweilen Sinn: Ein großer Teil der Verfasser von Utopien tut dies durchaus mit dem Interesse, die utopischen Wunschbilder, Vorstellungen und Normen ja anschließend in die Wirklichkeit umzusetzen. Entsprechendes gilt für die Unterscheidung <(abstrakte) Utopie> (nicht umzusetzen) und <Realutopie> oder auch <konkrete Utopie> (könnte bei einer entsprechenden gesamtgesellschaftlichen Konstellation Wirklichkeit werden).
Gegen diese Unterscheidung ist eingewendet worden, daß es kaum eine Utopie gäbe, die nicht sich selbst als Realutopie, als verwirklichbar, verstünde. Zwar trifft dies zu, dennoch erscheint mir die Unterscheidung sinnvoll. Des Utopisten Charles Fouriers Großkommune Phalanstére wäre jederzeit machbar, unterstellt, es gäbe 1600 interessierte Menschen, ca. 90 Millionen DM und ca. 640 Hektar Land. Des selben Utopisten Wunschbild hingegen, das Meerwasser werde sich in Zitronenlimonade verwandeln, hört sich demgegenüber arg abstrakt an.
Utopien haben, wie das meiste auf der Welt, zwei Seiten. Zum einen stellen sie immer, um es mit Herbert Marcuse zu sagen, die bestimmte Negation des jeweiligen schlechten Bestehenden dar. Aus dem Philosophischen ins Deutsche übersetzt, heißt dies soviel wie: Sage mir, welche Utopien in einem bestimmten Land zu einer bestimmten Zeit geschrieben worden sind, und ich sage Dir, wie, im Gegensatz dazu, die gesellschaftlichen Bedingungen damals dort gewesen sein müssen.
Wenn, um die beiden in der Geschichte hauptsächlich auftretenden Beispiele auch in diesem Zusammenhang kurz auszuführen, die Utopien die Dezentralisierung feiern, muß es in der »realen« Gesellschaft recht zentral hergegangen sein.2.3
Selbstversorgungslandwirtschaft, der Staat als lose Konföderation von Kommunen, eine multikulturelle Vielfältigkeit — wenn sie in der Utopie auftauchen, können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß die repressive Vergesellschaftung gerade zunimmt, daß die Willensbildung des einzelnen ausgeschaltet wird, große wirtschaftliche Einheiten (Manufakturen, Trusts, Kartelle, Konzerne) sich bilden, die immer mehr Vermögen und Einfluß anhäufen, Superstaaten (oder gar Suprastaaten vom Typus der EG) immer weiter sich zentralisieren, Großinstitutionen wachsen (und jeder kleinen Alternative, die im Gegensatz zu ihnen, vielleicht durch die bloße Existenz, Schwierigkeiten machen), Superideologien und Superwissenschaften nur ihre eigene Wahrheit für richtig halten.
Hand in Hand pflegt dies dann zu gehen mit einem Zerfall von Primärgruppen (beispielsweise Familien) und einer zunehmenden Vereinzelung von Individuen, die, um nicht im luftleeren Raum hängen zu bleiben, auf neue Formen möglichst selbstverwalteter Gesellschaften drängen.
Das zweite Beispiel betrifft jene Utopien2.4, die hierarchisch strukturiert sind. Eine der geschichtlich meistgenannten Umgangsweisen mit Wunschbildern künftiger Gesellschaft besteht (bzw. wir müssen fast sagen: bestand) in der Annahme, ein zukünftiger hierarchischer Zentralismus, durchgeführt von weisen Lenkern des Gemeinwesens, würde alle Probleme der Welt so vortrefflich lösen, daß dies jedermann/jedefrau als zu ihrem/seinem Besten dienend anerkennen würde. Diese Zukunftsentwürfe erreichen vor allem in Strukturkrisen große Resonanz. Diese Ordnungsutopien zeigen im allgemeinen die Negativfolie einer Gesellschaft auf, in der es vor Konkurrenz, Chaos, Interessenwidersprüchen, die notwendige Problemlösungen blockieren, nur so wimmelt.
Wenn etwa eine Utopie, in der wir es, in einer Atmosphäre paramilitärisch genormten Drills, keine zwei Tage als Arbeitende aushalten würden, von Hunderttausenden Arbeitern mit Begeisterung aufgenommen worden war, läßt es sich ermessen, wie das betreffende Land (es war die USA um 1890) ausgesehen haben mag — damit dieser Entwurf Begeisterung hervorzurufen imstande war. Jeder Trustherr gegen jeden, alternde Arbeiter gefeuert und auf den Müll geworfen, anstatt mit politischen Ämtern geehrt zu werden, jeder behaltene Arbeitsplatz, jede behaltene Mietwohnung ein Glücksfall, gewaltige Einkommensunterschiede — um nur weniges zu nennen. Ein anderes Beispiel für diese auch kompensatorische Funktion des Ausmalens farbiger Wunschbilder in schlechten Zeiten kommt nicht nur in der Tatsache zum Ausdruck, daß Utopien häufiger in Jahrzehnten der Strukturkrise als in jenen eines relativen strukturellen Aufschwungs verfaßt worden sind, sondern auch in der Abwesenheit der dystopischen Gegenseite.
In einer Reihe von feministischen Utopien etwa kommen die Männer einfach nicht mehr vor. Wie sehr Autorinnen und Leserinnen am Patriarchat gelitten haben mögen, läßt sich daran leicht erkennen. Ebenso ist in sozialistischen und ökologistischen Utopien der Kapitalist, wie der Direktor großer Fabriken, nicht eben eine häufige Figur.
Zum anderen, ich kehre zu den beiden Seiten der Utopien zurück, gehen diese nicht zur Gänze in dieser verneinenden, in dieser kompensatorischen Funktion auf. Dazu gehört im allgemeinen ein Moment dessen, was der frühe Rudolf Bahro in seinem Buch »Die Alternative« einmal »überschießendes Bewußtsein« genannt hat: jene unzensierten Wünsche und Bedürfnisse, die jede und jeder von uns zuweilen hat, die indes die meisten von uns selten ausformuliert haben. Wobei — dies geht auch schon aus dem zur Prognose und zur Planung Erwähnten hervor — Ernst Bloch nicht zufällig von der »docta spes« (auf deutsch: von der »gelehrten Hoffnung«) spricht: Je eher die überschießenden Momente des Bewußtsein durch die Möglichkeiten geschichtlicher Entwicklungschancen hindurchgegangen sind, ohne allerdings die Wünsche oder Bedürfnisse doch noch zu zensieren, desto naheliegender der Weg, wenigstens momentweise der Realisierung dieser Utopie näherzukommen. Entsprechend zweigleisig ist denn auch Ernst Blochs »Latenz-Tendenz« als Inbegriff der Zukunftserwartung: Die »Latenz« steht für den Wärmestrom, für Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle, die »Tendenz« für den Kältestrom, für die Analyse historischer Entwicklungschancen.
Einer der zentralen Kritikpunkte an dem Abfassen von Utopien bzw. am utopischen Bewußtsein besteht im Vorwurf, Utopien seien zu statisch. Die Schreibenden der Utopien nähmen für ihre Zwecke einen abgeschlossen Raum an, der auch die ganze Erde sein könne — und alle darin würden wissen, was richtig und was falsch sei.2.5
Daraus hat sich häufig die Position abgeleitet, Utopien würden unweigerlich zu totalitären Zukunftsentwürfen führen, in welchen die Freiheit zur Abweichung beseitigt sei. Beispielsweise sind es Karl Popper, Ralf Dahrendorf, in neuerer Zeit Fritz Raddatz und Marcel Reich-Ranicki, die dieser Position nahestehen.
Letztere haben etwa in den Jahren seit 1989 häufiger den Standpunkt vertreten, Utopien seien etwas tyrannisches, und es wäre besser, es gäbe endlich keine mehr. Vergleichbares mag für Utopien vergangener Jahrhunderte immer mal gegolten haben. Tatsächlich läßt sich insbesonders aus den Normen der Ordnungsutopien mit wenigen Handgriffen ein Legitimationsinstrument für eine faschistische oder stalinistische Ideologie machen.
Die »Zuchtwahl« Campanellas oder Platons, kombiniert mit dem technologischen Instrumentarium Bacons oder Bogdanows, bis hin zur Genmanipulation, ergänzt durch die »richtigen« Normen der Weltenlenker Cabets und Bellamys oder Harichs — da braucht es nicht viel Phantasie, um unter der Hand die Utopie zur Dystopie zu verwandeln. 2.6
Im Laufe der letzten Jahrzehnte allerdings haben sich die Grundmuster von Utopien und Zukunftsentwürfen diesbezüglich stark verändert. Haben, wie gesagt, die erwähnten Gegner der Utopien vor allem mit den geschlossen-statischen Aspekten der utopischen Darstellungen argumentiert, sind zwischenzeitlich, aus einer Vielzahl von Gründen, die Utopien mit dieser Art von Kritiken nicht mehr zu treffen. Nunmehr handelt es sich zumeist um Utopien prozessualen Vorgehens, bei welchen der Weg zur Utopie mit dieser gleich mitgeliefert wird, auch die Veränderbarkeit der utopischen Gesellschaft selbst kein Tabu ist.
Um es mir nicht allzu einfach zu machen, beginne ich hier nicht mit einem ohnehin multikulturell-antwortvielfältigen Freiheitsutopisten vom Typus Fourier, Morris oder Callenbach, sondern mit einem zentralistischen Ordnungsutopisten, auf den das Ausgeführte gleichwohl zutrifft.
Herbert George Wells liefert in seinem monumentalen »Shape of Things to Come« (»Die Gestalt der Dinge, die da kommen werden«) zum Inhalt seiner Utopie die Wegbeschreibung mit. Seine Kaste technokratischer Manager als kompetente Empfänger der weit ausholenden Wellsschen Pläne, um eine bankrotte kapitalistische Gesellschaft überwinden zu können, nimmt hier die Form der weltweit vereinigten Piloten, Fluglotsen und Lufttransporteure an. Das Scenario, immerhin 1933 veröffentlicht, beginnt mit dem 2. Weltkrieg (ganz richtig: zwischen Deutschland und Polen), aus dessen Zerstörungen und chaotischen Verlaufsformen die Hegemonie der Technokraten entsteht. Deren »Verschwörung für den Fortschritt« erreicht ihren Gipfel in einem Weltstaat technischer Rationalität, mitsamt Weltpolizei, Welttransportmonopol und monopolisierter permanenter Erziehung.2.7 Dieser Weltstaat muß erst noch einige Jahrhunderte bestehen, bevor er dann absterben darf — dieses prozessuale Planspiel endet etwa um 2200. Mit einigen Verschiebungen ließe das Scenario indes sich auch bewegen, verändern, anders gestalten — selbst nach Rezepten, die Büchern von H.G. Wells zu entnehmen wären.2.8
Die Veränderung hinsichtlich der neuen prozessualen Utopien besteht nun darin, daß in der Gegenwart kaum Zukunftsentwürfe erstellt werden, die nicht schon von vornherein prozessualen Charakter angenommen haben. Dies beginnt, zum einen, in jener eingangs skizzierten Zukunftsforschung, als deren Moment die Utopie angesehen werden kann (jedenfalls in diesem Kontext). Im Gegensatz zu den »Standardentwürfen« etwa des berühmten Hermann Kahn sieht die Auffassung Bertrand de Jouvenels von vornherein eine Mehrzahl möglicher Zukünfte (»futuribles«) vor. Um so mehr bei den neueren Utopien im engeren Sinne des Wortes. Goldsmith/Allens »Planspiel zum Überleben«, welches in der historischen Einführung kurz zitiert worden ist, läßt sich schon einmal gar nicht anders denken denn als offener Prozeß, der in seinem Verlauf modifizierbar sein muß.
Utopien, wie die neo-benediktinischen Kommunen des Rudolf Bahro, die Weltföderation des US-amerikanischen Computer- und Video-Freaks John Muir, die assoziative Wirtschaftsordnung des anthroposophischen Umfelds Rudolf Steiners werden von vornherein als Ablauf eines Weges verstanden, in welchen hineininterveniert werden kann.
Auch Ernest Callenbachs »Ökotopia« ist, wie erwähnt, ein zweiter Band nachgeschickt worden, in dem der Weg nach Ökotopia beschrieben wird — nachdem im ersten Band der Eindruck des verfestigt Entstandenen gemacht worden war. Ebenso gibt es eine kleine internationale Gruppe, die die Begründung von »bolo'bolo« anstrebt — und die noch so viele Wegstrecken vor sich hat, daß es ebenfalls nicht anders als provisorisch, prozessual und revidierbar vorstellbar ist.
Selbstredend ist diese Aufzählung zeitgenössischer prozessualer Utopien weit von der Vollständigkeit entfernt. Im großen und ganzen ließe sich die Behauptung aufstellen, daß neo-fourieristische, mikrologische oder spirituell-ganzheitliche Utopien schon einmal jedenfalls anti-statisch konstituiert worden sind. Unsystematisch fallen mir dazu ein: Reiner Lenz' ideell-kulturell anregendes »Meta-Seminar«; Peter Dubs/Alfred Erny'/Remy Gublers »O/S-System«, ebenfalls ein aufwendig-dezentralistisches Organisationsprogramm, von der Mittätigkeit der daraus Interessierten abhängig — möglicherweise kam es auch deshalb nicht in der Praxis zustande; Horst von Gizyckis »Aufbruch aus dem Neandertal« und »Arche Noah '84«, wobei seine Kommunenmodellförderungsgesellschaft allerdings bis heute nicht so richtig zustandekam.
Auch der »Anti-Ödipus« von Gilles Deleuze und Felix Guattari mündet in eine Nachbarschaft zu Ivan Illich: das Recht eines und einer jeden zur Benutzung der Produktionsmittel innerhalb einer nicht-ödipalen Wunschgesellschaft, den Gebrauch größenverminderter Maschinen durch die größtmögliche Anzahl von Menschen, die Aufhebung des Spezialwissens und des Berufsmonopols — eine Form des Weges, die als statisch sich vorzustellen undenkbar wäre. Hand in Hand damit geht eine weitere grundlegende Innovation bei der Konstruktion von Utopien: der abnehmende Ausschließlichkeitsanspruch von Zukunftsentwürfen.
Können sich Utopisten von Morus bis Bellamy zumeist nur eine »richtige« Zukunftsgesellschaft vorstellen, so erfolgt hier — meines Wissens zum ersten Mal bei William Morris — die Feststellung, dies sei zwar die künftige Lieblingsgesellschaft des Autors, aber alle anderen möglichen Varianten seien auch vorstellbar. Einen Begriff Ernst-Ulrich von Weizsäckers aufgreifend, möchte ich hierbei vom Grundmuster der gesellschaftlichen Antwortvielfalt sprechen. Sie findet beispielsweise ihren Ausdruck in den Utopien Ernst Callenbachs (»Ökotopia«), Otto Ulrichs (»Weltniveau«), Niels I. Meyers/K. Helweg Petersens/Villy Sorensens (»Aufruhr der Mitte«) und Walter Neumanns (»Revonnah«).
Die Grundnormen könnten hierbei in etwa wie folgt skizziert werden — wobei ich dann bitte, den hierbei notwendig eintretenden Schematismus meinem Raummangel, nicht aber einem inhaltlichen Dogmatismus zuzurechnen:
Es gibt Industrien, aber weniger als heute. Es gibt Städte, aber sie sind kleiner und anders. Ganz wenige Betriebe sind verstaatlicht, der Großteil produziert genossenschaftlich, vieles läuft auch im privaten Kleineigentum. Lebensweise, Energie und Produktion verlaufen durchgängig dezentralisiert. In den Städten gibt es Gartenbau und Kleintierzucht — dies, wenn nötig, auf dem Dachboden.2.9 Die Innenhöfe sind belebt; ein großer Teil der Arbeit (des Handwerks, der Dienstleistungen und der Sekundärökonomie) wird in der »Freizeit« unentgeltlich gemacht.2.10 Die Betriebe sind maximal 1500 Arbeitende groß, die Technologie ist angepaßt.
Selbstredend gibt es ländliche Großkommunen im Sinne Fouriers (oder auch Bolos nach P.M. oder auch Ökodörfer...) und auch die verschiedensten kleinen Einheiten, von der Wohngemeinschaft bis zum Handwerkerkollektiv — aber ebenfalls nicht als einzige Form.
Ebenso dominiert zwar die dauerhaft monogame eheähnliche Zweierbeziehung — aber nicht als einzige Form. Die Arbeit ist überschaubar, aber in ihrer Bedeutung eingeschränkt. Die Architektur reicht von »handmade houses« bis zu integrierten Einheiten mit Dachgärten, Sonnenkollektoren, Biogasanlagen, Fischteichen und Korkdämmungen. Das Essen ist nicht vegetarisch, aber der Fleischkonsum ist reduziert. Die Frau hat gleich viel zu sagen wie der Mann, manchmal (so bei Ernest Callenbach) sogar etwas mehr. Die Werktage sind kürzer, und die Bildung ist eng mit der Praxis verbunden.
Wie antwortvielfältig eine solche Minimalutopie sein muß (bei Strafe ihres Untergangs), ist schon daraus zu ersehen, daß sie im Schnittpunkt so verschiedener Auffassungen steht wie sie von folgenden Gruppen vertreten werden: Ökosozialisten, Ökolibertäre, Anarchisten, Anthroposophen, ein Teil der Feministinnen, jüngere Sozialdemokraten, Leute aus der 3. Welt-Bewegung und aus christlichen Basisgemeinden, Spirituelle. Auch im Hinterkopf vieler Mitglieder der Partei »Die Grünen« dürfte das oben flüchtig skizzierte Wunschbild, wenn wir einmal von der Metropolenfraktion im Stile Daniel Cohn-Bendits absehen, aufscheinen.
In verschiedenen Akzentuierungen trifft dieses Bild sich auch mit den Schriften benachbarter Utopien: mit den hierarchielosen »Beta-Strukturen« (den hierarchischen »Alpha-Strukturen« entgegengesetzt) des norwegischen Friedensforschers Johann Galtung; mit der gesellschaftlich-genossenschaftlich fokussierten Spiritualität Erich Fromms, Theodore Roszaks oder Fritjof Capras/Hazle Hendersons; mit den »sanften Wegen« alternativer Techniker.
Am extremsten - und damit am authentischsten - ist die Antwortvielfalt in der »lebenswerten Alternative« des Briten James Robertson nachzuzeichnen: In diesem Buch verzichtet der Autor explizit darauf, eine eigenständige Utopie zu entwerfen; statt dessen legt er den Lesenden seines Buches einen zweidimensionalen Baukasten vor, aus dem eine je spezifische Utopie konstruiert werden kann. Alles in allem erlaubt letztere ungefähr 180 Kombinationen — wobei ich annehme, daß kaum noch jemand die gesamte Matrix Robertsons durchlaufen hat. Dieses Verfahren nähert sich — um den Bogen zu schließen — jenem an, das in den späten siebziger Jahren der Kasseler Mathematikprofessor Hartmut Bossel mit einigen Bürgerinitiativen durchgeführt hat.2.11 Auch hier wird, aufgegliedert nach einer größeren Mehrzahl von Gegenstandsbereichen, aus den einzelnen Aussagen eine Gesamtutopie zusammengesetzt — die ihrerseits wiederum große Ähnlichkeiten zur angedeuteten Antwortvielfältigkeit aufweist. Dieses Streben nach Antwortvielfalt hat auch seine Ursachen.
Die Klassenanalyse des 19. Jahrhunderts — am meisten ist sie mit dem Namen Karl Marx' verbunden, läßt sich allerdings nicht nur auf diesen beschränken — geht letztlich von der Existenz zweier antagonistischer Hauptklassen aus, die in einem notwendigen Antagonismus2.12 zu einander stehen, welcher sich auf jenes »letzte Gefecht« zubewegt, von dem die »Internationale« spricht.
Im Idealtypus des Klassenkampfs zwischen der (besitzenden) Bourgeoisie und dem (nicht besitzenden) Proletariat — der, und das darf bei der Erörterung dieses Themas nicht vergessen werden, vor allem von oben geführt wurde! — neigen alle weiteren Klassen dazu, unterzugehen: Die Feudalherren stehen zwar zunächst zur Bourgeoisie ebenfalls in einem antagonistischen Widerspruch (Französische Revolution, 1848 etc.), schließen sich aber dann gegen die proletarische Bedrohung zusammen (z.B. gegen die Pariser Commune 1871). Zwar wird eine weitere Klasse angenommen, die in der Mitte zwischen Bourgeoisie und Proletariat liegt und als »Kleinbürgertum« bezeichnet wird (in dieser Kategorie werden Handwerker, Händler, Bauern, selbständige und lohnabhängige Intellektuelle vermischt). Doch wird dieser Klasse keine Chance zu einer eigenständigen politischen Äußerungsform gegeben. Sie ist, gemäß der Klassenanalyse des 19. Jahrhunderts, dazu verurteilt, sich aufzulösen und zu den beiden Hauptklassen überzugehen.
Diese Klassenanalyse, und das ist für unser Thema der Authentizität der Utopie von großer Bedeutung, funktioniert am Ende des 20. Jahrhunderts mit Sicherheit nicht mehr. Auf die Frage, ob sie je die Wirklichkeit in zutreffender Weise wiedergegeben hat, will ich hier nicht eingehen — für unseren Zweck wäre sie zu »akademisch« im schlechten Sinne des Wortes. Dafür sind, in der gebotenen Kürze, die folgenden Argumente beizubringen:
Bereits im 19. Jahrhundert wird die Möglichkeit des Auseinanderdifferenzierens der Hauptklassen in Klassenströmungen vereinzelt angedeutet, ohne daß daraus theoretische oder strategische Schlußfolgerungen gezogen worden wären. Wenn Marx etwa auf die Teilung der Arbeit in Kopfarbeit und Handarbeit zu sprechen kommt, erwähnt er kurz ihre mögliche Scheidung »bis zum feindlichen Gegensatz« (Kapital I,S. 531). Ähnliches gilt für jene besitzlosen Klassenströmungen, die noch nicht einmal ihre Arbeitskraft verkaufen können, und die als »Lazarusschicht« (d.h.: die am meisten Leidenden) bezeichnet worden sind.
Wie aus diesen Beispielen schon hervorgeht, erscheinen in der Klassenanalyse des 19. Jahrhunderts — um ganz »orthodox« zu beginnen — etliche Trennungen, die dann aber für die weitere, bekanntlich fragmentarisch gebliebene Untersuchung folgenlos bleiben: Kopfarbeit — Handarbeit; mehrwertproduzierende Arbeit — aus der Revenue (d.h. Einkommen) bezahlte Arbeit; leitende Arbeit — ausführende Arbeit; Arbeitsaufsicht — sich wiederholende Teilarbeit; aktive Lohnarbeit — Erwerbslosigkeit; ländliche Arbeit — städtische Arbeit; Lohnarbeit — Hausarbeit (Doppelbelastung); Qualifikation — aktive Arbeit — Ruhestand. Allein aus einer Matrix dieser Trennungen wäre es möglich, unter Abzug der Nullmengen, mehrere Dutzend Klassenströmungen herauszudestillieren.
Dazu kommt, daß in der Fortentwicklung der Geschichte im Durchschnitt alle 50 Jahre eine neue hegemoniale Maschinerie konstruiert worden ist, die ihre Wirkungen auf die Zusammensetzung der Klassenströmungen ausübt. Marx hat seine Analysen auf Grund der Manufaktur, der Dampfmaschine und der gerade in Entfaltung befindlichen mechanischen Maschinerie, die ihm dann als »große Industrie« galt, erstellt. Dabei hat er immerhin ökologische Probleme erwähnt und die elektronische Maschinerie prognostiziert. Inzwischen hat die Welt die elektrische Maschinerie und die elektronische Maschinerie kennengelernt. In Umrissen deuten kommende Maschinerien (die ökologische, die biotechnische) sich an. Klassenströmungsbezogene Folgen waren unter anderem: die Trennung in Facharbeiter und Massenarbeiter; das Aufkommen der diversen Angestelltengruppen; die Ausdifferenzierung der lohnabhängigen Kopfarbeit in technische (Ingenieure) und soziale (z.B. lehrende) Zweige; die zunehmende Notwendigkeit der Infrastrukturherstellung, aus der eine entsprechende Menge von Staatsarbeitenden sich ergibt; die gerade zu beobachtende Entstehung eines Typus von Massenintellektuellen. Selbst wenn das als abschließend gedachte Kapitel des Marxschen »Kapitals« über die »Klassen« nicht Fragment geblieben wäre, hätte es ca. alle 30 Jahre neu geschrieben werden müssen.
Dazu kommt, sofern wir beginnen, unsere Themenstellung weltweit zu betrachten, eine weitere Ergänzung. Auch wenn die hegemoniale Stellung jeweils den Ländern mit der entsprechenden Maschinerie zuzukommen pflegt, so darf nicht übersehen werden, daß (und sei es als Rest — oder als Keim) alle Klassenströmungen aller Gesellschaftsformationen und Produktionsweisen überhaupt weiterbestehen: von noch nicht seßhaft gemachten, oder gar ausgerotteten, Jägern und Sammlerinnen etwa im Amazonas bis hin zu Bildschirmtextheimarbeiterinnen in den Metropolen.
Wir kommen also auf eine Anzahl von Klassenströmungen, die sich auf weit über hundert belaufen dürfte. Dazu kommt, daß sich die Klassenströmungszugehörigkeit zudem auch noch alle paar Jahre zu verändern neigt.
Schon zur Begriffsbestimmung der Klasse wurde im allgemeinen beigetragen, dies seien große Gruppen oder Zusammenballungen von Personen, die einen ähnlichen Zusammenhang der Arbeit und des Alltagslebens aufwiesen. Sehr glaubhaft schien mir das nicht: Nach Marx zählt sowohl der am Betrieb nicht beteiligte Spitzenmanager zum Proletariat als auch die erwerbslose jugoslawische Hausfrau, deren Arbeitszusammenhang und Alltagsleben durch extreme Unterschiedlichkeit voneinander gekennzeichnet sind. Die Ausdifferenzierung in Klassenströmungen bildet nun des Rätsels Lösung: Diese sind es, die ihr Arbeits- wie ihr Alltagsleben miteinander zu teilen pflegen — und daher Teilkulturen oder auch Subkulturen zu bilden pflegen.2.13
Zu den Utopien ist es von hier aus nur noch ein Schritt. Nun will ich nicht so puristisch sein, zu behaupten, jede Teilkultur oder auch jede Subkultur würde einer Klassenströmung entsprechen — allein die Klassenströmung der lohnabhängigen sozial-, geistes- und kulturwissenschaftlichen Kopfarbeit war ja an der Begründung mehrerer Dutzend von Sub- und Teilkulturen beteiligt. Zum anderen sind an Teilkulturen, Subkulturen und sozialen Bewegungen im allgemeinen etwa 10-15 Klassenströmungen beteiligt — alle anderen, wenn überhaupt, nur durch Einzelpersonen und Kleingruppen, die in der Folge eher ihre Klassenströmungen zu ändern neigen als ihre Teilkulturen. Doch scheint mir feststellbar zu sein, daß die allermeisten Teilkulturen und Subkulturen nur um relativ wenige, zumeist einander benachbarte, Klassenströmungen kreisen. Die denn auch ihre Wunschbilder der Zukunft miteinander teilen — welche sich dann ebenso erheblich von den Utopien anderer Klassenströmungen unterscheiden.
Die Authentizität der Utopie läßt sich leicht veranschaulichen, wenn wir uns mögliche Wunschbilder der Zukunft verschiedener Klassenströmungen vergegenwärtigen. Hausfrauen und doppelbelastete Frauen werden dazu neigen, Zukunftsgesellschaften zu entwerfen, in welchen ihre Form entfremdeter Arbeit abnimmt, d.h. entweder in verstärktem Ausmaß (wenn möglich, zur Hälfte) auf die Männer übergeht oder aber auf eine (finanzierbare) Dienstleistungswirtschaft. Handwerker, Bauern, Künstler neigen eher zu industrieärmeren Gesellschaften, in welchen »das alte Recht« gilt. Dies war auch der zentrale Slogan historischer, insbesondere mittelalterlicher, Sozialrebellen gegen Veränderungen der Landesherren zu ihren Ungunsten. Auch heute ist etwa für die Bauern der oberösterreichisch-steirischen Grenzregion die Enteignung ihrer Höfe für den Bau der Pyhrn-Autobahn nicht unvorstellbar.
Ganz anders die Wunschbilder der Facharbeiter, die dazu neigen, sich um industrielle Weiterentwicklungen zu zentrieren, arbeitssparend, ohne daß die Arbeitsersparnis zur Rationalisierung gebraucht wird; die Utopien von Beamten, welches dem britischen Autor George Bernard Shaw aus dem Herzen gesprochen hätte, als er um die Jahrhundertwende vorschlug, alle Arbeitenden Großbritanniens ausnahmslos zu Beamten zu machen, beinhalten viel Kontinuität und wenig Konkurrenz; junge Langzeiterwerbslose sehen für sich und ihresgleichen »keine Zukunft«.
Aber auch weitere Kombinationen sind möglich, die sich zwar von der oben skizzierten idealtypischen Realutopie entfernen, indes ebenfalls die Merkmale einer prozessualen, antwortvielfältigen Utopie aufweisen — eher mehr noch als die angedeutete Konsensualutopie. Damit wäre auch die (ansonsten naheliegende) Gefahr gebannt, daß das Ganze vorschnell zu idyllisch geriete. Rüdiger Lutz beispielsweise hat fünf Grundtypen zukunftorientierter Modelle:
»Ökotopia«, nach den Roman von Ernest Callenbach in etwa die obengeschilderte Minimalutopie;
»Computopia«, nach einem Entwurf des japanischen Zukunftsforschers Masuda eine Zukunft voller umfangreicher elektronischer Vernetzungen;
»Dallas«, nach der gleichnamigen Fernsehserie und der Skyline dieser texanischen Stadt das große Durchbrecher-Spiel der reichen Leute;
»Chinatown«, jenes Nebeneinander multiethnischer dezentraler Einheiten, welches derzeit etwas modisch als »multikulturelle Gesellschaft« bezeichnet wird;
»Gaia«, nach Autoren wie Lovelock die spirituelle Vorstellung einer Erde, die sich als lebender Organismus wahrzunehmen imstande ist.
Für den Zweck meiner Argumentation genügt es, auszuführen, daß Rüdiger Lutz bei einer Zukunftswerkstatt in Berlin die Aufgabe vorschlug, aus den 42 logisch denkbaren Kombinationen dieser sieben Zukunftsmodelle mittels Klebepunkten die je meisterwünschte Kombination der Teilnehmenden auszuwählen. Die weitaus meisten entschieden sich für die Kombination »Ökotopia« — »Computopia«.
Wie immer man/frau zu ihm stehen mag: Fraglos handelt es sich hierbei um einen Zukunftsentwurf, der ohne ein maximales Ausmaß von Offenheit, Prozeßualität und Antwortvielfalt nicht möglich wäre. Dieser Entwurf verstärkt die in der elektronischen Maschinerie fraglos gleichzeitig vorhandenen dezentralistischen Tendenzen (bei einer Kombination z.B. mit »Dallas« wäre das Gegenteil der Fall); er vermeidet die Idylle, indem der Widerspruch zwischen Natur und Technik eingebaut wird (was etwa bei einer Kombination mit »Gaia« verlorenginge).
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Anmerkungen
2.1 Ich ziehe es auch vor, von Klassenströmungen zu sprechen, und nicht, wie es der älteren Tradition entspricht, von Klassenfraktionen.
2.2 Die Prognose kann immer nur für etwas gegeben werden, das Objekt, Ding, Sache ist, und nicht für subjektives menschliches Verhalten, es sei denn, dieses wäre selbst schon zu einem berechenbaren Ding geworden.
2.3 Ernst Bloch nennt — im »Prinzip Hoffnung«, Kapitel »Abriß der Sozialutopie« — diese Art der Darstellung »Freiheitsutopien«.
2.4 Ernst Bloch hat, im selben Zusammenhang, von »Ordnungsutopien« gesprochen.
2.5 Nicht zufällig spielen Thomas Morus »Utopia«, Campanellas »Sonnenstaat«, Aldous Huxleys »Island«, um nur einige zu nennen, auf Inseln, Ursula Le Guins »Planet der Habenichtse« verlagert die Insel in den Weltraum usw.
2.6 Daß dies auch bei so sympathischen zeitgenössischen Utopien nicht zur Gänze ausgestanden ist, hat Bernd Leßmann an der Utopie »bolo'bolo« von P.M. nachgewiesen: Eher als Nebenaspekt, gehört hier zur Standardausstattung jedes Individuums eine Kapsel mit tödlich wirkendem Gift, zwecks jederzeitiger Suizidfähigkeit — nicht auszudenken, würde dieser Aspekt in einen Kontext eingefügt, dem Euthanasie als allgemeine Norm nicht fremd ist oder der von Zeit zu Zeit einen Jonestown-bolo schätzt.
2.7 Ähnliche technokratische Weltstaatsideen finden sich auch beim bekannten Science-Fiction-Autor Isaac Asimov.
2.8 Etwa in der von H.G. Wells imaginierten, aber nicht von ihm selbst erfundenen Netzwerkwissenschaft des »Social Nucleation«.
2.9 Wie in der »Adams Morgan Organisation« in Washington D.C. oder im »Netzwerk gegenseitigen Lernens« des Inders Sripad Dabholbar.
2.10 Auf diesem Punkt legt insbesonders André Gorz großen Wert, welcher zwischen den »heteronomen Sektor« der Sekundärökonomie herkömmlicher Industrie und dem »autonomen Sektor« der Sekundärökonomie unterscheidet.
2.11 Dokumentiert ist dies im Band »Bürgerinitiativen entwerfen die Zukunft«.
2.12 Auf Deutsch: Einem immer weiter auseinanderklaffenden, nicht überbrückbaren Widerspruch.
2.13 Zu diesem Gegenstand habe ich zwar einmal ein ganzes Buch geschrieben — »Theorie der Subkultur« —, da dieses aber von der Mehrzahl der Lesenden vorliegender Schrift wahrscheinlich nicht gelesen worden ist, wiederhole ich hier die Definitionen: Unter »Subkultur« verstehe ich eine Gruppe von Personen, die sich in ihren Normen und Werthaltungen, in ihren Wünschen und Bedürfnissen und in ihrer Objektivation (ihren Werkzeugen, Verkehrsformen, Institutionen und anderen »Hervorbringungen«) in einem wesentlichen Ausmaße von jenen der jeweiligen Gesamtgesellschaft unterscheiden. »Teilkulturen« sind demgegenüber Gruppen, die in Teilbereichen zusätzliche Normen etc. aufweisen, im großen und ganzen jedoch die Normen etc. der Gesamtgesellschaften teilen.
Rolf Schwendter 1994