Manès Sperber

Wie eine Träne im Ozean

 

Trilogie: 

Der verbrannte Dornbusch (1949)

Tiefer als der Abgrund (1952)

Die verlorene Bucht (1952)

 

1949 bis 1952

DNB.Buch

wikipedia Buch

 

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Kommbuch

In seinem ungeheuer spannenden, handlungs- und figurenreichen Roman beschreibt Manès Sperber die politische Landschaft Europas in den Jahren zwischen 1930 und 1945. Im Mittelpunkt steht das geistige Abenteuer des revolutionären Menschen, eines Typs, der aus dem 20. Jahrhundert nicht mehr wegzudenken ist. Der Weg des Helden des Werkes, Donjo Faber, und der anderen Revolutionäre führt über Deutschland, Russland, Jugoslawien, Polen, Frankreich und Italien, durch Revolution, Diktatur und Krieg bis an die Schwelle der Nachkriegszeit mit ihrem "bitteren Geschmack der Hoffnung". Es ist eine Hetzjagd durch den kommunistischen Untergrund aller Länder. Die Glaubwürdigkeit und Kraft dieses Buches liegt nicht zuletzt darin, dass Sperber, obwohl ihn längst tiefere Einsichten von den früheren Bindungen trennten, die echten Werte der revolutionären Idee nicht verleugnet hat.  http://www.sandammeer.at/rez11/kultur-sperber.htm 

 

Aus dem Buch der 1000 Bücher 

 

Vor dem Hintergrund der europäischen Geschichte der Jahre 1931 bis 1945 schildert die Trilogie von Manès Sperber den Niedergang der kommunistischen Widerstandsbewegung und erörtert die Stellung des Einzelnen zum totalitären Staat. Der autobiografische Schlüsselroman ist zugleich ein Abgesang auf die humanistischen Ideale der Menschheit und den Untergang des jüdischen Volkes. 

Entstehung: 

Das Werk, dessen Niederschrift Sperbers Bruch mit der kommunistischen Partei vorausgegangen war, beruht in weiten Teilen auf autobiografischen Erlebnissen: Seit 1927 Mitglied der KP, im Exil Funktionär der Komintern war Sperber nach 1933 u. a. für den Widerstand in Österreich und Jugoslawien aktiv. Vor diesem Erfahrungshintergrund dokumentiert die Trilogie die Geschichte der kommunistischen Widerstandsbewegung zwischen 1931 und 1945.

In Form eines Rechenschaftsberichts schildert Sperber, wie Machtkämpfe, Verrat und Missgunst in den eigenen Reihen den Kampf gegen die Faschisten zunehmend aussichtsloser machen; das Scheitern der desillusionierten Widerstandskämpfer wird unabwendbar, als sie im Zuge der sowjetischen Säuberungsaktionen und des deutsch-russischen Nichtangriffspakts selbst Opfer und Verfolgte des Stalinismus werden.

Inhalt:

Der verbrannte Dornbusch, der erste Teil der Trilogie, schildert das Schicksal einer von Verrat und inneren Querelen zerrütteten Partisanengruppe in Dalmatien, die der intellektuelle Funktionär Dojno Faber, Protagonist der drei Romane und Sperbers alter ego, auf die Parteilinie einschwören soll. Über Österreich gelangt Faber zurück nach Deutschland, wo er ins KZ verschleppt wird, jedoch durch Fürsprache seines Lehrers und Mentors Stetten in die Tschechoslowakei emigrieren kann. In Prag erfährt Faber, bis dahin Verfechter eines humanen Sozialismus, vom politischen Umschwung in der UdSSR und den stalinistischen Säuberungen unter Parteigenossen. Enttäuscht und erschüttert zieht sich Faber von der Partei zurück.

Zu Beginn des zweiten Teils, Tiefer der Abgrund, versucht Faber, mittlerweile in Paris, das Erlebte mithilfe seines Freundes Stetten intellektuell zu verarbeiten. Die politische Abwärtsentwicklung Europas bis zum Kriegsausbruch steigert Fabers Agonie und Resignation. Er meldet sich als Freiwilliger zur französischen Armee, wird aber nach dem Fall Frankreichs aufs Land verschlagen, wo er im Untergrund lebt und als Betreuer eines Waisenjungen neue Hoffnung schöpft.

Der letzte Teil, Die verlorene Bucht, führt Faber wieder nach Jugoslawien, wo sich sein Schicksal vollendet: Ehemalige Parteifreunde bewegen ihn, sich einer Partisaneneinheit anzuschließen. Von einem Parteigenossen verraten, wird die Gruppe von kommunistischen Widerstandskämpfern niedergemacht; Faber wird im letzten Augenblick gerettet und kann – gleichsam um der Nachwelt Rechenschaft zu geben – ins Ausland entkommen.

Wirkung: 

Der Trilogie blieb lange die ihr gebührende, vorurteilsfreie Aufmerksamkeit versagt. Das eindringliche Plädoyer des Autors für einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz und seine kritische, vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Parteikommunismus stieß in der Adenauer-Ära auf Ablehnung: Rechte Kreise sahen ihre Vorurteile über das »Reich des Bösen« bekräftigt; große Teile der Linken empfanden die Darstellung von Sperber als Nestbeschmutzung eines Renegaten.

 

 

Aus
wikipedia-
2020

 

Wie eine Träne im Ozean ist eine Romantrilogie von Manès Sperber. Die Trilogie, die sich aus Der verbrannte Dornbusch, Tiefer als der Abgrund und Die verlorene Bucht konstituiert, ist Sperbers bedeutendstes Romanwerk und hat zusammen mit seiner Autobiographie seinen Ruf begründet.

 

Sperbers Romantrilogie erzählt die Geschichte des Verrats der kommunistischen Partei an einer großen Idee. Mit der Übernahme der Macht setzt die KP die Auffassung durch, dass der Zufall abgeschafft und die Geschichte gemacht werden kann. So werden die Mittel zur Erreichung der Ziele freigegeben, und es beginnt die Missachtung der menschlichen Würde und der Menschenleben durch die kommunistische Partei. Der einzelne Mensch wird zusehends von der Dynamik erfasst, die sich in den beiden totalitärer werdenden europäischen Staaten entwickelt – als Opfer und als Täter.

Im ersten Teil der Trilogie wird die Geschichte von verschiedenen kommunistischen Kämpfern erzählt. Sie sehen sich angesichts der Stalinisierung der kommunistischen Partei in den 30er Jahren zu einer Reaktion auf diese Veränderung gezwungen. Sie müssen ihr Verhältnis zur Partei neu definieren und eine Stellungnahme zu Sinn und Art politischen Handelns überhaupt entwickeln.

Der Held der Trilogie, Dojno Faber, gehört zu denen, die mit der Partei brechen: Er ist desillusioniert was die Machbarkeit der Geschichte angeht, und er beginnt an der Unwirksamkeit politischen Handelns zu verzweifeln. Die Entwicklung, die zu diesem Punkt führt, wird durch Gespräche, vor allem mit Professor Erich von Stetten, einem liberalen, politisch abstinenten Gelehrten und einer geistigen Autorität aus Fabers Jugend, nachvollziehbar gemacht.

Der zweite Teil der Trilogie beschreibt die grenzenlose Hoffnungslosigkeit und Heimatlosigkeit des doppelt exilierten Faber, der Deutschland wegen der Nationalsozialisten verlassen musste und in der kommunistischen Partei nicht mehr bleiben konnte. Mit jeder politischen Niederlage der Antifaschisten und mit dem zunehmend totalitären Charakter der kommunistischen Partei verschärft sich seine persönliche Situation, aber auch die Gesamtsituation in Europa.

Parallel zu dieser Entwicklung entstehen hoffnungsvolle und sinnstiftende Elemente. Gemeinsam mit Stetten verfasst Faber zweckfreie politische und historische Analysen. Und zudem entsteht Sinn im Privaten, was durch die Metapher eines ausgesetzten Knaben dargestellt wird, dessen sich Faber annimmt.

Der dritte Teil schildert ein ostjüdisches Städtchen mit dem Namen Wolyna, in dem sich kurz vor der endgültigen Vernichtung eine Gruppe von Juden unter der spirituellen Führung eines jungen charismatischen Rabbi zur Wehr setzt.

Daneben geht es vor allem um den Kampf von Partisanen in Jugoslawien, die sich gegen die Nationalsozialisten aber auch gegen den uneingeschränkten Führungsanspruch der sowjettreuen Partisanengruppen zur Wehr setzen.

Es ist kein Kampf um Macht, sondern für Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit. Auch wenn der Kampf nicht gewonnen werden kann, so ist er in Hinblick auf die nach dem Krieg notwendige Neuorientierung einer kampflosen Niederlage vorzuziehen.

Der Roman endet damit, dass sich der Held, Dojno Faber, der Position seines Lehrers annähert und nicht mehr bereit ist, die Wahrheit zugunsten einer Ideologie zu verschweigen oder zu unterdrücken.

 

Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte

Am ersten Teil schrieb Sperber von 1940 bis 1948; der zweite Teil und der dritte Teil entstanden zwischen 1948 und 1951. Alle drei Teile verfasste er in deutscher Sprache, sie wurden jedoch zunächst in französischer Übersetzung veröffentlicht: der erste Teil 1949, der zweite und der dritte 1952. Das titelgebende dritte Kapitel des dritten Teils des Romans, 'Qu'une larme dans l'océan', mit der erwähnten Schilderung des Städtchens Wolyna wurde auch separat mit einem Vorwort von André Malraux veröffentlicht.

Auf deutsch kam die Romantrilogie erst 1961 heraus. Das vollständig erhaltene handschriftliche Manuskript der Romantrilogie wird heute im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufbewahrt und kann dort eingesehen werden.

In den 1950er Jahren fand Sperbers Roman in Frankreich eine gewisse Resonanz, in Deutschland dagegen waren die Schriften Sperbers kaum bekannt – obwohl er vorwiegend deutsch schrieb. Mit der deutschen Veröffentlichung der Romantrilogie begann sich eine Wende abzuzeichnen, die Literaturkritik reagierte enthusiastisch, die Öffentlichkeit aber zunächst noch zurückhaltend. Der Erfolg beim Publikum folgte dann in den 70er und 80er Jahren. In der Zeit, als der 68-er Bewegung die Illusionen zusammenbrachen, wurde die Romantrilogie zu einem Kultbuch der Linken. Der späte Erfolg von Sperbers Werk im deutschsprachigen Raum rührte sicher auch daher, dass er aus authentischem Erleben zu einer neuen Generation sprach, die sich für die Vergangenheit interessierte.

Mit dem Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels (1983) standen Autor und Trilogie auf dem Gipfel ihrer Bekanntheit.

Seit dem Fall der Mauer sind sie dann mehr in Vergessenheit geraten, da ihr Hauptthema, die Pervertierung des Sozialismus zum Stalinismus, aus dem öffentlichen Interesse gerückt ist.

 

Zeitgenossen über Wie eine Träne im Ozean

Wer sich über Sperber äußert, meint zumeist seine Trilogie. Siegfried Lenz bezeichnet Wie eine Träne im Ozean als „ein großes Zeugnis europäischer Romanliteratur, ein politisches und philosophisches Werk, eine Gewissensforschung, ein Zeitportrait ohnegleichen, an dem, so kam es mir mitunter vor, Dostojewskis Leidenschaft ebenso mitgewirkt hat wie die denkerische Luzidität der französischen Moralisten“. Heinrich Böll nennt es eine der wichtigsten Publikationen nach 1945, einen europäischen Schlüsselroman, den er mit Tolstojs Krieg und Frieden vergleicht, und Marcel Reich-Ranicki erweitert Arthur Koestlers Prädikat "Saga der Komintern", indem er darauf hinweist, dass über das Zeitbedingte hinaus fundamentale Themen der menschlichen Existenz angesprochen werden und dass Sperber nur, wie er im Vorwort selbst sagt, Charaktere, Ereignisse, Erlebnisse und Erfahrungen behandelt, wenn sie in sich ein Gleichnis tragen.

Für die hundertste Sendung des Literaturclubs im Schweizer Fernsehen hat Daniel Cohn-Bendit aus einer Anzahl von großen Romanen des 20. Jahrhunderts vom Publikum die fünf »wichtigsten« auswählen lassen und dann in seiner Runde besprochen: Homo faber, Malina, Der Fremde, Der Steppenwolf und Der Prozess. Wenn er selbst ein Buch hätte nennen können, sagte er, so wäre seine Wahl auf Wie eine Träne im Ozean von Manès Sperber gefallen, und deshalb hat er dieses Buch am Ende der Sendung kurz vorgestellt: „Wie eine Träne im Ozean ist für mich ein Roman, in dem es um die Auseinandersetzung mit Kommunismus und Faschismus geht.

Es ist der Versuch zu verstehen, wie man Revolutionär wird und warum man Revolutionär bleibt. Es ist aber auch die Geschichte von denen, die diesen Weg verlassen, wenn sie erfahren, wie schrecklich die Revolution ist. Manès Sperber beschreibt damit einen Teil des letzten Jahrhunderts – eines der dramatischsten und schrecklichsten Jahrhunderte. Und trotzdem schafft er einen Roman, der mich beim Lesen immer in einer im Grunde genommen doch positiven Stimmung zurückgelassen hat, der mich beflügelt hat, denn man kommt gut aus dem Roman heraus, man findet etwas, nämlich eine demokratische Gesellschaft. Und das ist für mich die Stärke von Manès Sperber: sein skeptischer Optimismus.“

 

Zitiert nach: Rudolf Isler: Manès Sperber. Zeuge des 20. Jahrhunderts – eine Lebensgeschichte. 2. Auflage. Sauerländer, Aarau 2004, S. 4

 

 

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