Der KommunismusThemenseite "Kommbuch"
Forschungs- und Erklärbücher zum Marxismus,
Sozialismus, Kommunismus,
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1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 # 2000 2010 # Zusatz
Autoren direkt /A/ Aitmatow Andrew KGB Applebaum Archipow-1962-Atom /B/ Babel Baberowski Bakunin Berdjajew BerneriC BerneriM Bogdanow Boki,Gleb Bukowski Bulgakow Brodsky /C/ Chlewnjuk Chruschtschow Courtois /D/ Deutscher.I Diebe_im_Gesetz wikipedia Dostojewski /F/ FigesO /G/ Gogol Gorbatschow Groys Gulag /H/ Harich HavelV Havemann Henrich HerlingG HerzenA HoelzM HuxleyA Hyun Hee /I/ Iljin.Iwan /J/ Jerofejew.W /K/ KerteszA Kis,Danilo Koenen Koestler Kollontai Kopolew Kourdakov /L/ LaqueurW Lenin LeonhardW Lugowskaja LosurdoD LuxemburgR /M/ Malzew Mafia-wikipedia Mao Marai,S Marx Maximow Melgunow Merridale Michelet Mitrochin Montefiore /N/ Niekisch Nurejew /O/ Orwell /P/ Pasternak Petrow-1983-Atom Platonow Plechanow Priestland /R/ Rachmanowa Reich,W Rogowin Rubel Ruge Ryklin /S/ Sablin-1975 SacharowA Samjatin Schad M Schalamow Schewtschenko Solschenizyn Sombart SperberM Stalin /T/ Tarkowski Trotzki wikipedia Alexander Tschajanow (1888-1937) /W/ WeilS Wolkogonow Wyssotzki |
Solcherart ist die russische Propaganda, unendlich variierend, je nach den Völkern und den Ländern.
Gestern sagte sie uns: "Ich bin das Christentum!" Morgen wird sie uns sagen: "Ich bin der Sozialismus!"
(Jules Michelet, 1854)
Totgelacht - Der politische Witz im Kommunismus (Dokfilm 2006)
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Kommunismus, Sozialismus und Bolschewismus | Geschichte # 1.469.297 Aufrufe 31.01.2019
nemesis.marxists.org Soz. Belletristik im Text
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1800 1825 Dekabristen-Aufstand in Petersburg (Wikipedia) Rebellion mit demokratischen Zielen in Petersburg im Dezember 1847 Grundsätze des Kommunismus - (Erster) Kongress des Bundes der Kommunisten (Friedrich Engels) 1848 Das kommunistische Manifest (Marx/Engels) 1854 "Solcherart ist die russische Propaganda, unendlich variierend, je nach den Völkern und den Ländern. Gestern sagte sie uns: <Ich bin das Christentum!>. Morgen wird sie uns sagen: <Ich bin der Sozialismus!>" (Jules Michelet) 1870 "Ich befürchte für das nächste Jahrhundert einen Dschingis Khan mit einem Telegraphen." (Alexander Herzen) 1870 Staatlichkeit und Anarchie (Michael Bakunin) 1883 Widerlegung des 'Rechts auf Arbeit' von 1848 (Paul Lafargue) 1883 Sozialismus und politischer Kampf (Georgi Plechanow) 1891 Eugen Richter "Sozialdemokratische Zukunftsbilder" 1899 Wladimir Solowjow - "Das Mongolenjoch"
1900 1905 Über den monarchistischen Staat (Lew Tichomirow) 1907 Der Rote Planet (Alexander Bogdanow) 1910 1911 Gustav Landauer Der Marxismus "Willst du die Massen gewinnen, so schmeichle ihnen." 1917 Plechanow: "Die russische Geschichte hat noch nicht das Mehl gemahlen, aus dem man die Pirogge des Sozialismus backen könnte." 1918 Karl Kautsky Die Diktatur des Proletariats 1918 Rosa Luxemburg Zur russischen Revolution 1918 Der Zusammenbruch des Marxismus (Paul Carl Ernst) 1919 wikipedia Zehn Tage, die die Welt erschütterten (Journalistisches Buch über die Oktoberevolution von John Reed)
1920 1920 Winston Churchill: "Erwürgt das sozialistische Baby in seiner Wiege." (nach Pete Seeger, auch bei Wikipedia.) 1923 Wir - Zukunftsroman mit Nachwort von Jürgen Rühle (Jewgenij Samjatin) Der rote Terror in Russland 1918-1923 (S.Melgunow) 1924 Die Reiterarmee (Isaak Babel) 1925 Die Soziologie der Revolution (Pitirim Sorokin) 1927 Das neue Mittelalter - Betrachtungen über das Schicksal Russlands und Europas (Nikolai Berdjajew)
1930 1930 Welt vor dem Abgrund - Politik, Wirtschaft und Kultur im kommunistischen Staate (Iwan Iljin u.a.) 1930 Wahrheit und Lüge des Kommunismus (Nikolai Berdjajew) 1931 Studenten, Liebe, Tscheka und Tod (Alja Rachmanowa) 1933 Massenpsychologie des Faschismus (Wilhelm Reich) 1934 Der Arbeiterkult des Marxismus' (Camillo Berneri) 1935 Die Fabrik des neuen Menschen (Von Alja Rachmanowa) 1936 Der junge Lenin (Leo Trotzki) 1937 Stalins Verbrechen (Leo Trotzki) Mein Katalonien (George Orwell) 1938 Zur Analyse der Tyrannis (Manes Sperber) 1938 Simone Weil 1938 Dshan, Takyr, Baugrube, Moskwa (Platonow) 1940 1940 Sonnenfinsternis - Roman (Arthur Koestler) Der Meister und Margareta (Michail Bulgakow) ferttiggestellt 1940; first edition: 1966 auf russisch 1944 Workers in Stalin's Russia (Marie Berneri) 1945 Farm der Tiere. Eine Fabel. Mit dem Essay "Über die Pressefreiheit" (George Orwell) 1947 Ist das ein Mensch? Ein Jahr in Auschwitz (Primo Levi) 1948 1984 - Zukunftsroman (George Orwell) 1948 Landwirtschaft in Russland (Fairfield Osborn) 1948 Bemerkungen über die Bedeutung der Freiheit (Theo. Plevier) 1949 Wie eine Träne im Ozean - Autobiografischer Roman (Manes Sperber) 1950
1951 Welt ohne Erbarmen - Erlebnisse in russischen Arbeitslagern (Gustaw Herling) 1955 Die Revolution entläßt ihre Kinder (Wolfgang Leonhard) 1956 Über den Personenkult und seine Folgen - "Geheimrede" (Nikita Chrustschow) 1956 Doktor Schiwago (Boris Pasternak) 1957 Von Marx zur Sowjetideologie (Iring Fetscher) 1960
1960 Elias Canetti Masse und Macht 1961 Flucht aus der Sowjetunion (Nurejew) 1962 Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch (Alexander Solschenizyn) 1964 Joseph Brodsky (Richterfrage: "Wer hat denn anerkannt, dass Sie Dichter sind? Wer hat Sie zum Dichter ernannt?") 1966 Geschichten aus Kolyma (Warlam Schalamow) 1967 Marschroute eines Lebens - Gratwanderung (Jewgenia Ginsburg) 1969 Die Reise nach Petuschki (Wenedikt Jerofejew) |
1970 1973 Der Archipel Gulag - Versuch einer künstlerischen Bewältigung (A. Solschenizyn) 1973 Vergib mir, Natascha (Sergej Kourdakov) 1974 Kindheit im Zaren-Russland (Lloyd deMause) 1975 Waleri Sablin - Schiffsaufstand - Roter Oktober Tragischer Held der Sowjetunion 1976 Politische Gefangene in der Sowjetunion. Dokumente (Jean Amery u.a.) 1977 Die Alternative (Rudolf Bahro) Charta 77 (Vaclav Havel) |
1980 1980 Morgen. Die Industriegesellschaft am Scheideweg. Kritik und reale Utopie. (Robert Havemann) 1980 Aitmatow Der Tag zieht den Jahrhundertweg = Ein Tag, länger als ein Leben 1981 Freie russische Literatur 1955-1980 - Der Samisdat in der Sowjetunion (Juri Malzew) 1983 wikipedia Stanislaw Petrow (Atomkriegsverhinderer) 1984 Sie und Wir - Kontroverse um Menschenrechte (Wladimir Maximow) 1985 Mein Bruch mit Moskau (Arkadi Schewtschenko) 1989 Stalin.Triumph und Tragödie. Ein politisches Porträt. (D Wolkogonow) |
2000 2001 Steinerne Nächte - Leiden und Sterben in Russland (Catherine Merridale) 2003 Der Gulag. Eine Historie (Anne Applebaum) 2003 Der rote Terror - Die Geschichte des Stalinismus (Jörg Barberowski) 2004 Stalin - Am Hofe des roten Zaren (2004) (Simon Montefiore) 2004 Stalins Tochter - Das Leben der Swetlana Allilujewa (Martha Schad) 2005 Mao. Das Leben eines Mannes. Das Schicksal eines Volkes (Chang, Halliday) 2006 Totgelacht - Der politische Witz im Kommunismus (Dokufilm) 2006 Iwans Krieg - Die Rote Armee 1939-1945 (Catherine Merridale) 2008 Die Flüsterer - Leben in Stalins Russland (Orlando Figes) 2009 Weltgeschichte des Kommunismus - Von der Französischen Revolution bis heute (David Priestland) |
Zusatz und Zettelkasten
2021 Memorial - Verbot - offensichtliche Fadenscheinigkeit Audio dlf Kommentar 4 min 2017 wikipedia The_Death_of_Stalin wikipedia Kritik_und_Selbstkritik wikipedia Wyschinski Justiz wikipedia Krylenko Staatsanwalt Kommunismusgeschichte.de Bundesstiftung Aufarbeitung dlf vor-100-jahren-in-russland-der-matrosenaufstand-von-kronstadt dlf maria-stepanova-ueber-ihre-familie
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Die Mühle
(Bukowski, Moskau, Seite 133)
In der Praxis wurde mit dieser Maßnahme jedoch großer Mißbrauch getrieben, und es wurde gegen unschuldige sowjetische Bürger anstatt gegen wirkliche Feinde des Sowjetstaats vorgegangen. Der ehemalige Leiter der Chabarowsker Verwaltung des NKWD Gogolidse und der ehemalige Leiter der Zweiten Verwaltung des NKWD Fedotow benutzten die <Mühle> für staatsfeindliche Ziele, um Belastungsmaterial gegen sowjetische Bürger zu fabrizieren.
Die <Überprüfung> in der berüchtigten <Mühle> begann damit, daß man der Person, die der Spionage oder anderer antisowjetischer Tätigkeit verdächtigt wurde, vorschlug, Aufgaben im Gebiet hinter der Grenze für den NKWD auszuführen. Nachdem der <Verdächtige> seine Zustimmung gegeben hatte, wurde seine Einschleusung in die Mandschurei von der fiktiven sowjetischen Grenzwache aus und seine Festnahme durch angebliche japanische Grenzbehörden inszeniert.
Dann wurde der <Festgenommene> in das Gebäude der <japanischen Militärmission> gebracht, wo er einem Verhör durch die NKWD-Mitarbeiter unterzogen wurde, die die Rolle von offiziellen Mitarbeitern der japanischen Aufklärungsorgane und russischen weißgardistischen Emigranten spielten. Das Verhör sollte erreichen, daß der <Verdächtige> gegenüber den <japanischen Behörden> Verbindungen zur sowjetischen Aufklärung gestand. Zu diesem Zweck fanden die Verhöre unter äußerst harten Bedingungen statt, die den moralischen Zusammenbruch des Menschen beabsichtigten, wobei verschiedene Drohungen sowie physische Gewalt angewendet wurden.
Viele Personen, die künstlich in eine für sie ungewöhnliche und schwere Lage versetzt worden waren, berichteten den als Japaner auftretenden Mitarbeitern des NKWD, in der Annahme, daß sie sich wirklich in Feindeshand befänden und jederzeit physisch vernichtet werden könnten, über ihre Verbindungen mit den Organen des NKWD und über die Aufgaben, die sie in der Mandschurei ausführen sollten. Einige dieser Bürger lieferten angesichts der Lebensgefahr, in der sie sich wähnten, und unter der Einwirkung physischer Gewalt Informationen über die Sowjetunion.
Nach dem Ende der Verhöre, die mitunter einige Tage oder sogar Wochen dauerten, wurde der <Festgenommene> von den japanischen <Aufklärungsorganen> abgeworben und auf sowjetisches Gebiet geschickt, um Aufklärungsaufgaben auszuführen. Das Schlußkapitel dieses Provokationsspiels bestand darin, daß der <Überprüfte> von den Organen des NKWD verhaftet und danach als Vaterlandsverräter von den Sonderkollegien zu langem Freiheitsentzug oder zur Erschießung verurteilt wurde.
Tragischer Held der Sowjetunion (Sablin)
Bogdanow - Menschenlabor Sowjetunion
welt.de Russlands-Staatsfeind-Nummer-eins-ist-der-Alkohol.html
ZDF 2007: Die gekaufte Revolution. Kaiser Wilhelm und sein Geld für Lenin
Die Reise von Moskau nach Petuschki (Jerofejew)
Trinken bis zum Tod
Über die russische Volksdroge Alkohol und ihre Auswirkungen
Von Carmen Eller, 21.3.2011
bpb.de/internationales/europa/russland/48008/alkoholismus?p=all
"Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott. Und das Wort war - Wodka." So beginnt der Schriftsteller Viktor Jerofejew einen Essay in seinem Buch "Russische Apokalypse". Russland und der Wodka - diese beiden Begriffe bilden in der Vorstellung vieler Menschen eine Einheit. Kaum ein Reiseführer, der ohne einen Absatz über Alkohol auskommt, kaum ein Roman, in dem nicht auch irgendwann getrunken wird.
Wenedikt Jerofejew machte in seinem Buch "Moskau-Petuschki" von 1969 gar einen Trinker zum Helden. Auf einer Zugfahrt durch Russland berauscht er sich von Station zu Station immer mehr. Und dem dichtenden Revolutionär Wladimir Majakowski werden die Worte nachgesagt, es sei besser an Wodka zu sterben als an der Langeweile.
Aber auch wenn das hochprozentige "Wässerchen", wie es wörtlich übersetzt heißt, geradezu als Nationalgetränk gilt, bleibt die Trunksucht in der Gesellschaft ein Tabu.
"Der Wodka hat beinahe in jeder russischen Familie Spuren hinterlassen, wie der Krieg gegen Hitler und die stalinistischen Repressionen", schreibt Jerofejew, dessen eigener Onkel ebenfalls Alkoholiker war.
Alkoholismus und die Folgen
Nach offiziellen Angaben sterben in Russland jährlich etwa eine halbe Million Menschen an den Folgen des Alkoholkonsums. Die Lebenserwartung der russischen Männer liegt bei durchschnittlich 59 Jahren.
Eine im Wissenschaftsmagazin "The Lancet" veröffentlichte Studie untersuchte die konkreten Auswirkungen des Alkoholkonsums auf die Sterblichkeitsrate in Russland. Demnach war Alkoholmissbrauch in der Altersgruppe von 15 bis 54 Jahren für mehr als die Hälfte aller Todesfälle verantwortlich. Für Männer liegt die Rate in dieser Altersgruppe bei 59 und für Frauen bei 33 Prozent. Neben Alkoholvergiftungen und typischen Erkrankungen wie Leberzirrhose berücksichtigten die Wissenschaftler dabei auch alkoholbedingte Unfälle oder Gewalttaten.
Nach einer aktuellen Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stirbt jeder fünfte Einwohner Russlands an den Folgen von Alkoholmissbrauch. Die meisten Todesfälle treten dabei infolge von Verletzungen ein, die sich Russen im betrunkenen Zustand zuziehen sowie durch alkoholbedingte Krankheiten. Laut WHO spielt auch der sozioökonomische Hintergrund in Russland eine wichtige Rolle dabei, wenn Menschen der Trunksucht verfallen. Menschen mit sehr geringer Bildung haben demnach ein vergleichsweise höheres Risiko für einen alkoholbedingten Tod als Menschen mit der bestmöglichen Ausbildung.
Sowohl der Alkoholkonsum als auch die durch Alkohol verursachten Todesfälle sind laut WHO bereits im Zuge der tiefgreifenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen der 1990er-Jahre deutlich gestiegen. Unverheiratete und schlecht ausgebildete Männer bildeten dabei die Hauptrisikogruppe. Generell sind die Trinkgewohnheiten der russischen Männer bedenklicher als jene der Frauen, da sie im Durchschnitt häufiger und mehr Alkohol konsumieren. Neben kommerziell produzierten Getränken ist es auch üblich, selbstgebrannte Spirituosen zu verzehren.
Die WHO untersuchte in verschiedenen Studien auch den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gewalttaten. Demnach standen etwa im Jahr 1995 drei Viertel aller Menschen, die in Russland wegen Mordes verhaftet wurden, unter dem Einfluss von Alkohol. Unter den Männern, die ihre Ehefrauen umbrachten, hatten 60 bis 75 Prozent vor der Tat getrunken.
Zudem haben in Russland starke Trinker ein fünffach und Alkoholiker ein neunfach erhöhtes Risiko, Selbstmord zu begehen.
Die illegale Herstellung von Spirituosen stellt eines der zentralen Probleme rund um den Alkoholismus in Russland dar. Nach der Stilllegung vieler nicht registrierter Brennereien schließen Kriminelle oftmals die Lücke, indem sie mit Industriealkohol vermischten Fusel verkaufen. Gerade in ärmeren Regionen des Landes trinken die Russen teils gefährliche Mixturen, denen beispielsweise alkoholhaltige Putzmittel hinzugefügt wurden.
Gepanschter Wodka verursachte 2006 in Russland eine regelrechte Vergiftungswelle. Tausende Menschen erkrankten, über Hundert starben. In manchen Gebieten, etwa in Pskow an der Grenze zum Baltikum, wurde sogar der Notstand ausgerufen.
Witze über den "Mineralsekretär"
Michail Gorbatschow war der einzige Staatschef in der Geschichte der Sowjetunion, der dem Alkohol in großem Stil den Kampf ansagte. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt als Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion im Jahr 1985 unterschrieb er eine entsprechende Verordnung. "Über Maßnahmen zur Überwindung der Trunksucht und des Alkoholismus" hieß das Papier.
In seinem Feldzug gegen den Wodka ließ Gorbatschow Alkoholgeschäfte und Wodkafabriken schließen, verbot Alkohol bei Empfängen in den sowjetischen Botschaften im Ausland und ließ Bulldozer über Weinberge im Kaukasus und auf der Krim fahren. Die Anti-Alkoholismus-Kampagne ihres Staatsoberhaupts stieß bei den Russen auf wenig Unterstützung. Im Gegenteil: Die Mehrheit lehnte die Maßnahmen ab.
Die Wut auf den "Mineralsekretär", wie Gorbatschow im Volksmund mit einmal genannt wurde, machte sich auch in Witzen Luft, die in diesen Jahren im Umlauf waren. In seiner "Russischen Apokalypse" zitiert Jerofejew einen solchen; Gorbatschow selbst hatte ihm den Witz einmal bei einem persönlichen Treffen erzählt: "Eine lange Schlange steht um Wodka an. Ein Mann hält es nicht mehr aus und sagt: ´Ich gehe in den Kreml und bringe Gorbatschow um.´ Nach einer Stunde ist der Mann wieder zurück. Die Schlange steht immer noch da. `Hast du ihn umgebracht?`, fragt man ihn. ´Wie soll ich ihn umgebracht haben', antwortet der Mann, ´dort stehen noch mehr Leute Schlange.´"
Alkoholismus war im größten Staat der Welt auch auf der höchsten politischen Ebene immer wieder ein Thema. In der "Russischen Apokalypse" zitiert Jerofejew Gorbatschow mit den Worten: "In meiner politischen Karriere habe ich sehr viel Trunksucht in der Partei erlebt. Breschnew trank, besonders am Anfang. Und Jelzin hat sich bei den Frauen sogar Respekt verschafft, indem er trank: ´Er ist einer von uns!´ Im Westen jedoch hatte man Angst: Schließlich konnte er ja auf den Atomknopf drücken!"
Mit Wladimir Putin kam ein neuer Präsidententypus in den Kreml. Der ehemalige KGB-Mann gibt sich enthaltsam und durchtrainiert. Gerne lässt er sich von der Presse beim Angeln, Skifahren oder Reiten ablichten. Auch sein Nachfolger Dmitri Medwedew präsentiert sich mit Vorliebe als sportliches Staatsoberhaupt.
Kampagne gegen Alkoholismus
Um alkoholische Getränke weniger attraktiv erscheinen zu lassen, ist es in Russland verboten, mit Menschen für Bier und Wein zu werben. Statt gut gelaunte Russen mit einem Gläschen unter Freunden zu zeigen, schlagen in den Werbespots deshalb nur Flaschen aneinander oder tanzen auf dem Tresen. Eine Maßnahme, die bislang wenig gefruchtet hat.
Der russische Präsident Medwedew bezeichnete den Alkoholismus 2009 als "nationale Katastrophe". Zudem sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur RIA Nowosti bei einem Treffen mit Gesundheitsministerin Tatjana Golikowa: "Wir trinken mehr als in den Neunziger Jahren, als die Zeit wirklich hart war."
2009 forderte auch Gorbatschow in einer Fernseh-Talkshow eine neue Anti-Alkohol-Kampagne für Russland. "Ein Land, das 18 Liter Alkohol pro Kopf und Jahr produziert, vernichtet sich selbst", zitiert das Eurasische Magazin das ehemalige Staatsoberhaupt.
Im Januar 2010 unterschrieb Premierminister Putin einen Plan, der den Alkoholismus bekämpfen und den Wodkakonsum der Russen innerhalb von zehn Jahren halbieren soll. Nach den Vorstellungen der Regierung sollen die Russen bis zum Jahr 2012 15 Prozent weniger Alkohol trinken, bis 2020 soll der Verbrauch um weitere 55 Prozent gedrosselt werden. Der offizielle Mindestpreis für einen halben Liter Wodka wurde gleichzeitig auf 89 Rubel beziehungsweise zwei Euro angehoben. Zudem sagte die Regierung dem illegalen Wodka-Markt den Kampf an: Private Schnapsbrenner sollen künftig schärfer strafrechtlich verfolgt werden. Weitere angekündigte Maßnahmen beinhalten eine bessere medizinische Betreuung für Alkoholiker sowie eine Kampagne, die den Bürgern die schädlichen Auswirkungen des Alkohols vor Augen führen soll.
Als ein Teil dieses Plans warnte das russische Gesundheitsministerium 2010 mit dem "höllischen Eichhörnchen" vor den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums. Der knapp einminütige Clip wurde rasch zu einem Hit auf YouTube. Über drei Millionen Menschen haben sich bis heute angesehen, wie ein zerzaustes Eichhörnchen wirre Monologe hält, singt und sich auf dem Boden windet. Es meint, den Teufel getötet zu haben und will diesen Sieg begießen. "Sauft ihr auch?", fragt das unheimliche Tier am Ende des Filmchens. "Dann komme ich zu euch!" Es ist kein Zufall, dass gerade ein halluzinierendes Eichhörnchen von exzessivem Alkoholgenuss abschrecken soll. Denn "belotschka", das "kleine Eichhörnchen" ist auch eine volkstümliche Bezeichnung der Russen für das Alkoholdelirium oder den Säuferwahnsinn.
Das gute Kommunismuserklärbuch