Arthur Koestler

deutsch-jüdisch, Österreich-Ungarn

Spanienkämpfer, Journalist, Parapsychologe

 

Der Mensch. Irrläufer der Evolution (1978)

 

Sonnenfinsternis zum Mittag. Roman (1940)

  

Wikipedia.Autor *1905 in Budapest bis 1983 (78, Suizid)

dnbName (700)   dnbPerson   dnbNummer (500)

Bing.Autor 


detopia:   Kommbuch    K.htm     Umweltbuch 

1975-Buch   Sterbejahr 

G.Herling    M.Sperber 

 

Koestler: Der unverzichtbare Intellektuelle von Professor Michael Scammell (englisch)

google  michael+scammel+koestler


 

 

   


 wikipedia  Chasaren

aus wikipedia-2020:

Im 7. Jahrhundert nach Christus gründeten die Chasaren ein unabhängiges Khaganat im nördlichen Kaukasus an der Küste des Kaspischen Meeres. Ab dem 8. bis frühen 9. Jahrhundert wurde die jüdische Religion zur wichtigsten Religion im Reich. Ob nur eine dünne Oberschicht oder auch die übrige Bevölkerung die neue Religion annahm und praktizierte, ist umstritten. Überliefert ist, dass es auch Christen und Muslime unter den Chasaren gab. Die Chasaren waren wichtige Bundesgenossen des Byzantinischen Reichs gegen das arabische Kalifat. Vor allem durch Fernhandel wurden sie eine bedeutende Regionalmacht und kontrollierten in der Blüte ihrer Machtentfaltung weite Teile des heutigen Südrusslands, den Westen des späteren Kasachstans, die heutige Ostukraine, Teile des Kaukasus sowie die Halbinsel Krim. Ihre Macht wurde Ende des 10. Jahrhunderts von der Kiewer Rus gebrochen, und die Chasaren verschwanden weitgehend aus der Geschichte. Auffassungen, nach denen ein großer Teil der Chasaren im osteuropäischen Judentum aufgegangen sei, sind umstritten.

2020 https://www.deutschlandfunkkultur.de/arthur-koestler-mit-dem-ruecken-zur-wand-der-schwierge-100.html 
Koestler 1948 über Israel-Reise


wikipedia  Andre_Gide       wikipedia  Victor_Serge 

2010 Audio 2010 zur Biografie  von Michael Scammel

"Der allmächtige Gott weiß alles, aber Arthur Koestler weiß alles besser." (Albert Einstein)


 

Koestler: Nachruf auf Attila Jozsef :  "Größter Lyriker Europas"  ( wikipedia  Attila_József  1905-1937 )

in: A.Koestler: Ein Toter in Budapest 1937

„… Es spielte sich im exotischen Ungarn ab, jenem kleinen Siebenmillionenvolk, das als einziges in Europa keinen rassen- und sprachverwandten Nachbarn hat und das daher das einsamste in Europa ist. Vielleicht erklärt sich aus dieser intensiven Einsamkeit die seltsame Intensität seiner Existenz und die Häufigkeit, mit der es wilde Genies in der Art dieses Mannes hervorbringt; als explodieren über seinem engen Horizont Schrapnells, und nachher sucht man ihre Trümmer zusammen.

Die hoffnungslose Einsamkeit dieser Nation züchtet ihre Begabung, ihren Geltungsdrang und ihre Hysterie: Ungar zu sein ist eine Kollektivneurose. Das übrige Europa kennt nur ihren Schundexport: die Revolverjournalisten, Filmfritzen und Franz Molnars. Ihre Genies, die Csokonay, Ady und József, sind für den Rest der Welt taubstumm geboren.

Deshalb wage ich jetzt erst, nur zögernd und widerstrebend, erstens weil sie überschwänglich erscheint, zweitens weil sie der Leser nicht kontrollieren kann, die Behauptung auszusprechen: dieser Attila Jószef, von dem die Welt nie gehört hat und nie viel hören wird und der sich unter dem 47. Breitengrad vor den Eisenbahnzug legte, war der größte lyrische Dichter Europas.

Ein närrisches Pflichtgefühl zwingt mich, diese meine Überzeugung auszusprechen, die niemanden was rührt; die Gedichte des Toten bleiben davon stumm und der Eisenbahnzug bleibt nicht stehen…“   # 


Gaus 1964 Koestler   rbb-online.de/zurperson/interview_archiv/koestler_arthur.html    

1950 Ein Gott, der keiner war


Ein Energiebündel unter permanenter Hochspannung  - 
Christian Buckard: "Arthur Koestler - Ein extremes Leben - 1905-1983" 
Von Wolfgang Stenke  dradio.de-buechermarkt-339748   13.01.2005  

 

"Der allmächtige Gott weiß alles, aber Arthur Koestler weiß alles besser." Kein Geringerer als Albert Einstein ironisierte so einen Schriftsteller, der heute, um es mal salopp zu sagen, ein wenig aus der Mode gekommen ist. Dabei hätte dieser Arthur Koestler, dessen 100. Geburtstag im September des kommenden Jahres ansteht, auch den Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts einiges zu sagen - etwa zum Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern oder zu den Problemen, die Genetik und Reproduktionsmedizin heraufbeschwören. 

Und auch für die Auseinandersetzung mit totalitären Ideologien ist der Autor des antistalinistischen Klassikers "Sonnenfinsternis" nicht der schlechteste Gewährsmann. Zu diesem Fazit führt jedenfalls die Lektüre von Christian Buckards Biographie: "Arthur Koestler. Ein extremes Leben. 1905-1983." Ein äußerst sorgfältig recherchiertes Buch, das mit vielfältigen Belegen die Vita eines anregenden, aber nicht durchweg sympathischen Intellektuellen nachzeichnet.

Mehr als sieben Jahrzehnte hat Arthur Koestler dieses Jahrhundert der Extreme durchmessen und dabei oft die Städte, Länder und Kontinente gewechselt - von Budapest nach Berlin, von Tel Aviv nach Paris, von Moskau nach Malaga - ein Irrwisch des internationalen Journalismus. Als Zionist, Parteigänger der Kommunisten, späterer Renegat und strammer Antikommunist schaffte der politische Schriftsteller es immer, alle Seiten gegen sich aufzubringen. Den Juden in der Diaspora war er ebenso ein Ärgernis wie den Apologeten der sowjetischen Politik. Und selbst der Freitod, den er 1983 als todkranker Mann gemeinsam mit seiner Frau Cynthia wählte, war für viele eine moralische Provokation. Der Doppelsuizid warf die Frage auf, ob der Befürworter eines selbst bestimmten Sterbens nicht die um 22 Jahre jüngere Gattin mitgerissen habe in einen allzu frühen Tod.

Der Biograph Buckard präpariert vor allem die jüdischen (und zionistischen) Seiten dieser Vita heraus. Arthur Koestlers Eltern waren assimilierte Juden und nicht sonderlich religiös. Erst Anfang der 20er Jahre während der Wiener Studentenzeit, als Mitglied der schlagenden zionistischen Verbindung "Universitas", wurde dem jungen Mann in der Auseinandersetzung mit dem österreichischen Antisemitismus sein Judentum bewusst. Er brach das Maschinenbaustudium ab und ging wenig später als radikaler Zionist nach Palästina. 

Die Lehr- und Hungerjahre in Haifa und Tel Aviv zeigten ihm das Gesicht des "neuen jüdischen Menschen": 

In den hart arbeitenden Kibbuzniks sah Koestler das Gegenbild zu den Juden der Diaspora, denen er eine verachtenswerte Ghetto-Mentalität unterstellte. Ähnlich krass fiel auch sein Urteil über die Araber aus. Koestler hielt sie für "unberechenbar, unpolitisch, dumpf, kriegerisch, fanatisch, nomadenhaft". Er selbst war übrigens bei der Landarbeit im Kibbuz ein Versager. 

Aber journalistisch wurde Palästina sein Sprungbrett: Nachdem er sich monatelang mit knurrendem Magen durchgeschlagen hatte, machte ihn der renommierte Ullstein-Nachrichtendienst dank der Vermittlung eines Freundes zum Nahostkorrespondenten. Das war der Durchbruch. Koestler machte sich einen Namen als Reporter - ein Energiebündel unter permanenter Hochspannung, die nach Aussagen von Freunden für fünf gewöhnliche Menschen gereicht hätte.

1931, nach einer Zwischenstation in Paris, entdeckt Koestler in Berlin den "wissenschaftlichen Sozialismus" als Leitidee der Moderne. Er tritt der KPD bei - eine erstaunliche Wendung, denn dem wohl informierten Journalisten dürfte nicht verborgen geblieben sein, dass in der Sowjetunion die Ausübung der jüdischen Religion und zionistische Aktivitäten verboten waren. Kaum ein Jahr später, während einer langen Reise durch die Sowjetunion beschleichen ihn erste Zweifel. Doch es dauert noch sechs Jahre, bis er im französischen Exil mit der Partei bricht. 

Dazwischen liegt die existentielle Grunderfahrung mit einer anderen Spielart des Totalitarismus: Während einer Reportage über den Spanischen Bürgerkrieg sammelt Koestler Beweise für die Unterstützung der Franquisten durch Mussolinis Faschisten und das nationalsozialistische Deutschland.

Er wird verhaftet und zum Tode verurteilt, kommt erst aufgrund britischer Interventionen wieder frei.

Die Zeit in der Todeszelle lehrt ihn, was permanente Angst und Unterdrückung in der menschlichen Psyche anrichten können. Fortan urteilte er milder über die Eigenschaften von Ghetto-Juden und anderen Menschen, denen er zuvor Sklavenmentalität bescheinigt hatte.

Die Hafterfahrungen fließen auch ein in seinen Roman "Sonnenfinsternis", in dem der Autor Stalins Schauprozesse angeprangert hat. Das Buch machte ihn bis zum Hitler-Stalin-Pakt für viele ehemalige Genossen zur Unperson. Für manche Fellowtravellers sogar über den Tod hinaus.

Nach der Absage an den Kommunismus - "Ein Gott, der keiner war" - blieb in Koestlers Leben und Werk der Zionismus als Konstante. Und die Auseinander­setzung mit den Totalitarismen jeglicher Couleur. Als Flüchtling und Lagerinsasse im deutschbesetzten Frankreich erhielt Koestler hier noch einmal Anschauungsunterricht.

Nur mit knapper Not entkam er 1940 via Marseille und Casablanca nach England. Die ersten Nachrichten vom Massenmord an den europäischen Juden bestärkten Koestler in der Auffassung, dass die Gründung eines jüdischen Staates überlebens­notwendig sei. Für diese Sache hat er sich Zeit seines Lebens eingesetzt.

Koestler-Biograph Buckard beschreibt dieses Engagement in allen Verästelungen. 

Zu knapp wird freilich die wissenschaftspublizistische Seite dieses Autors abgehandelt, der den Menschen als "Irrläufer der Evolution" beschrieb, nachdem er sich von seinen politischen Aktivitäten verabschiedet hatte. 

"Cassandra ist heiser geworden", befand der politische Kreuzritter Koestler Mitte der 50er Jahre und beschloss, sich vor allem psychologischen und evolutionsbiologischen Themen zu widmen. 

Mit Israel, seiner alten Liebe, hat er sich trotzdem weiter auseinandergesetzt. 

Auch auf skurrilen wissenschaftlichen Irrwegen*, mit denen er die nichtjüdische Herkunft der europäischen Diaspora belegen wollte, um den Antisemiten den Wind aus den Segeln zu nehmen. 

Und trotz Cassandras Heiserkeit erhob Koestler in Großbritannien noch einmal seine Stimme im Kampf gegen die Todesstrafe: Wie immer engagiert, oft jähzornig und ungerecht - ein europäischer Intellektueller in der Tradition Zolas. 

Für den sterilen Popjournalismus in den deutschen Feuilletons zu Beginn des 21. Jahrhunderts hätte er vermutlich nur ein müdes Lächeln gehabt.

 

 

 

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