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Verrohung der öffentlichen
Sprache
Es geschieht mit tückischer, latenter Allmählichkeit
Kerstin Preiwuß und
Marcel Beyer im Gespräch mit Andrea Gerk
01.10.2018
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deutschlandfunkkultur.de/verrohung-der-oeffentlichen-sprache-es-geschieht-mit-100.html
Andrea Gerk: Ein rauer
Umgangston in der Politik gehört wohl seit jeher zum Geschäft. Neu ist
aber, wie viel bösartige, hasserfüllte Rhetorik mit dem Erstarken des
Rechtspopulismus dazugekommen ist.
Wie sich Sprache verändert, beobachten wir in der „Lesart“ in
regelmäßigen Abständen mit ganz besonderen Sprachexperten, mit
Schriftstellern, die ja einen besonders sensiblen Zugang zur Sprache
haben. Der Lyriker Durs Grünbein war vor einer Weile hier. Er beobachtet
schon eine ganze Weile, dass mit der Sprache etwas nicht stimmt, wie er
das nennt, und sagte bei uns Folgendes:
Durs Grünbein: Hier kann man schon seit längerer Zeit eine ganz klare
Radikalisierung beobachten, und diese Radikalisierung, meine ich, hat
nichts zu tun mit dem, was wir sonst immer mal als Entgleisung kannten,
sondern es sind bewusste, gesetzte Provokationen. Es wird auch immer
schärfer von Mal zu Mal. Dann gibt es ein kleines Zurücktreten, dann
wird die Wirkung studiert und so weiter, und das ist natürlich aktive
Politik.
.......
Gerk: Sie beobachten beide
ja auch schon länger diese Radikalisierung der Sprache und haben auch
darüber geschrieben. Gab es denn da so eine Art Auslöser, einen
Zeitpunkt, wo das so virulent wurde, dass man dazu nicht mehr länger
nichts sagen konnte?
Preiwuß: Ich habe
tatsächlich vor einem Jahr die LTI von Victor Klemperer noch mal wieder
gelesen, nachdem ich sie mit 17 zum ersten Mal gelesen hatte, und erst
mal die Frage, warum lese ich, warum habe ich das Buch noch mal wieder
gelesen, das Buch, in dem Klemperer die Sprache des Dritten Reiches
mitgeschrieben, dokumentiert und auch analysiert hat, und dann die
zweite Frage, die sich daran anschließt, was gibt mir das Buch für die
Gegenwart.
Mein Unbehagen und die
Notwendigkeit, die ich sah, das zu lesen, haben mich nicht getäuscht,
denn, wie Sie am Anfang auch sagten, Worte können sein wie winzige
Arsendosen – das ist ein Zitat von Klemperer –, und genau das ist diese
doppelte Beobachtung, in der ich mich befinde. Einerseits schaue ich,
was gab es schon mal, was hat jemand schon mal mitgeschrieben, also als
Erlebnisbericht tatsächlich in dem Moment, in dem etwas passiert und zu
kippen droht, aufgeschrieben, und was könnte ich heute tun. Wie kann ich
als Schriftstellerin handlungsfähig bleiben.
Gerk: Herr Beyer, Sie haben
ja dazu einen, finde ich, sehr bewegenden Essay veröffentlicht. Da
fragen Sie, an welcher Grenze kommt das Menschliche abhanden, wie von
all dem erzählen, da sind Sie den Unterzeichnern der sogenannten
Erklärung 2018 auf der Spur, die ja auch Schriftsteller unterzeichnet
haben. Fühlen Sie sich da als Schriftsteller besonders in der
Verantwortung, jetzt, wo da mit Sprache aus sowas Gefährliches passiert?
Jeder Einzelne hat Verantwortung für die Sprache
Beyer: In der Verantwortung
sehe ich doch jeden einzelnen Sprecher. Also ich glaube, die
Verantwortung für den sprachlichen Umgang kann man nicht delegieren,
nicht an Politiker, nicht an Schriftsteller, nicht an irgendeine
Sprachpolizei.
Ich halte es auch für ganz falsch, immer zu sagen, alles, was die
Verfassung erlaubt, ist erlaubt, denn das nützt ja unserer Gesellschaft
und unserem Miteinander nichts.
Eine Verantwortung sehe ich als Schriftsteller gegenüber der Sprache
selbst und ihren Verwendungsformen und frage mich natürlich immer in der
Auseinandersetzung mit all dem, was um mich herum vorgeht, also wie die
Menschen in der Kneipe reden, wie Politiker auf der Bühne sprechen: Wie
kann ich diese Welt in meine Texte hineinlassen oder muss ich mich
abkapseln gegen diese Welt?
Ich hatte jetzt in den letzten vier, fünf Jahren, da der Ton, der
öffentliche Ton auch immer rauer wurde, immer wieder das Gefühl, ich
muss mich eigentlich abgrenzen gegen die Sprache da draußen, und das ist
etwas, was mir als Schriftsteller nicht behagt.
Gerk: Haben Sie denn schon
herausgefunden, wo das eigentlich anfängt? Auch Frau Preiwuß in der
Beschäftigung mit Victor Klemperer und dem LTI, wo ist denn der Kern
eigentlich davon, wenn so Sprache anfängt so zu verrohen?
Preiwuß: Tja, der Kern ist
schwierig, weil er vage ist. Der Kern liegt in der Allmählichkeit, das
heißt, in der Allmählichkeit, in der eine Sprache sich in eine bestimmte
Richtung entwickelt.
Klemperer sagt, in den vielen, vielen eingeführten und wiederholten
Einzelwörtern, Redewendungen und Satzformen, und genau diese
Allmählichkeit finde ich so gefährlich, denn es gibt kleine, gezielte
Provokationen, die, wie Sie sagen, zum Teil zurückgenommen werden, und
dann geht es immer ein bisschen weiter.
Die Grenze wird immer ein bisschen weiter verrückt
Immer ein bisschen weiter wird diese Grenze verrückt, die aber in unser
Denken übergeht. Das heißt, man spricht diese Sprache nicht ungestraft,
wie der Klemperer, man atmet sie ein und man lebt ihr nach. Was heißt
denn das? Ich bin den Worten dann auch ergeben auf eine perfide Art und
Weise, die ich benutze, weil sie in der Welt sind.
Die Worte setzen etwas in Bewegung, und dieses, was in Bewegung gesetzt
wird, führt zu einer Veränderung. Diese Allmählichkeit, diese tückische,
latente Allmählichkeit ist es, die mich interessiert.
Gerk: Jetzt fällt ja auch
auf, dass da immer wieder die gleichen Schlagworte auftauchen. Das
erwähnt zum Beispiel auch Klemperer. Nur ein Beispiel, das wird bei ihm
dann der Begriff Volk. Das wird ja auch heute wieder ins Spiel gebracht
anstatt Bevölkerung. Was bewirken denn solche Verschiebungen und auch
das Einbläuen, also dieses immer wiederholen von solchen bestimmten
Begrifflichkeiten?
Beyer: Ich glaube, dass wir
… Also es ist im Moment alles sehr anstrengend, aber wir leben auch in
einer sehr interessanten Zeit. Wir haben das Ende des Kalten Krieges
erlebt, wir haben die deutsche Wiedervereinigung erlebt, und zunächst
hat man sich so in einer Stimmung ergangen, wir freuen uns, dass wir
jetzt wieder ein Staat sind.
Dann dauert es eine Generation und noch ein bisschen länger. Jetzt sind
die Nachwendekinder erwachsen und nehmen auch teil am öffentlichen
Diskurs.
Ich glaube, die Frage ist im Moment, gibt es denn in diesem einen Land,
das 40 Jahre aus zwei Ländern bestand, gibt es eigentlich eine
gemeinsame Sprache.
Da gibt es ein gewisses Vakuum, und in dieses Vakuum kommt nun Vokabular
hinein und mit einer gewissen Aggressivität, das eigentlich so viel
älter ist, das eigentlich aus der tiefsten Geschichte und auch
eigentlich viel aus der Mottenkiste herausgeholt wird, und man versucht,
dieses Vakuum zu füllen und eine, sagen wir: gemeinschaftsstiftende
Sprache zu finden.
Volk und Wehrmacht sind wieder da
Da kommt man dann eben mit Volk oder, wenn man möchte, und das geschieht
ja auch, man fängt dann an, die deutsche Wehrmacht zu loben und so
weiter, und ich sehe darin Momente, also diese Anknüpfungspunkte in die
30er-, 20er-Jahre zurück oder auch tief ins 19. Jahrhundert zurück,
eigentlich Versuche, die zwei deutschen Staaten zu überbrücken oder
eigentlich zu negieren, so zu tun, wenigstens den Redeformeln nach, als
gäbe es eine deutsche Geschichte durch die Jahrhunderte. Das ist
natürlich selbst nur wieder eine Verdrängung von 40 Jahren geteilter
deutscher Geschichte.
Gerk: Kerstin Preiwuß und
Marcel Beyer sind heute unsere Gäste in der „Lesart“, zugeschaltet aus
Dresden, und wir sprechen heute darüber, wie sich die Sprache verändert,
wie sie von Rechtspopulisten vereinnahmt wird. Dass die Sprache sich
verändert, ist ja oder kann eine Vorstufe sein, das sagte Victor
Klemperer, aber darauf hat auch Durs Grünbein hingewiesen, als er hier
war.
Grünbein: Und das ist
natürlich eine Technik, und das können wir beobachten, die führt dann
auch wiederum zu einer Enthemmung. Das hatten wir schon mal, da kommt
jetzt doch die Lehre aus dem Dritten Reich. Also das fängt praktisch mit
verbaler Entwertung einzelner Gesellschaftsmitglieder an, und dann
dauert es nicht mehr lange, da geht einer quer über die Straße und haut
dem einen vor den Kopf, weil es ja eh nur Ungeziefer ist, und das meine
ich. Das ist sprachliche Aufrüstung, die nachher zu direkter physischer
Gewalt führen wird. Das wissen wir.
Gerk: Sagte Durs Grünbein, als er hier bei uns in der Sendung war.
Marcel Beyer, Ende letzter Woche wurde ja bekannt, dass der Freistaat
Sachsen Ihnen den Lessing-Preis verleiht, herzlichen Glückwunsch erst
mal.
Beyer: Danke schön!
Gerk: Sie leben ja seit 1996 in Dresden, stammen ursprünglich aus
Baden-Württemberg. Dresden ist ja schon länger Schauplatz von Pegida,
von Kundgebungen. Waren Sie mal da und haben sich das angehört und da
auch das gefühlt, was Durs Grünbein da gerade beschrieben hat?
Beyer: Ich wollte einmal zur Pegida gehen. Da fiel aber Pegida aus, und
das habe ich als Zeichen gesehen.
Ich hätte einfach selber immer die Angst gehabt, dass ich angesichts der
Enthemmung selber nicht mehr an mich halten kann und dann anfange
herumzubrüllen, also gegen das absaufen, absaufen und so weiter.
Tausende Anhänger des Bündnisses Pegida stehen auf dem Theaterplatz in
Dresden, in der Mitte ist ein in Schwarz-Rot-Gold angemaltes Kreuz zu
sehen. aufgenommen am 19.10.2015
Pegida in Dresden: Da ist der Impuls, zurück zu brüllen
© dpa-Zentralbild / Ralf Hirschberger
Dieser Fassungslosigkeit oder diesem Impuls, die eigene Fassung zu
verlieren oder die Fasson zu verlieren, möchte ich natürlich nicht
nachgeben, insofern bin ich nie bei Pegida-Aufzügen gewesen.
Gerk: Bedeutet denn dieses veränderte Sprechen, das heute unser Thema
ist, automatisch auch immer schon verändertes Denken und Empfinden oder
braucht das eine Zeit, bis das soweit ist?
Beyer: Sie fragen, ob Denken und Sprechen zusammenhängen?
Gerk: Ja, also wenn sich der Duktus in der Sprache so verändert, ob das
immer auch schon der Ausdruck ist von tatsächlich einer anderen Haltung,
oder wird da auch viel nachgeplappert erst mal?
Beyer: Ich glaube, das eine lässt sich vom anderen nicht trennen. Indem
man nachplappert, behauptet man natürlich, seine eigenen Überzeugungen
zu erkennen zu geben: Das habe ich schon immer so gedacht, endlich sagt
es mal jemand, also kann ich es auch noch mal sagen. Aber da beißt sich,
glaube ich, die Katze in den Schwanz. Das ist ein einziger Kreislauf.
Preiwuß: Man sollte vielleicht auch nicht der Illusion sich hingeben,
dass man permanent selbstbestimmt spricht. Also wir folgen in unserer
Alltagskommunikation wie auch in jeder anderen auch bestimmten
Rahmenbedingungen, innerhalb derer wir verstehen und sprechen,
Assoziationen, die aufgerufen werden, wenn ein Wort genannt wird.
Die Chance, die ich sehe, ist im Rückführen auf die Frage, was denn die
Wörter, die so im Umlauf sind, eigentlich bedeuten, also im
Rückbuchstabieren, im ganz genauen Hinsehen und Gucken, was sagen die
denn da, welche Gefühle sprechen die an, sind das meine Gefühle, die
dort ausgesprochen werden, die dann vielleicht mit meiner Stimme oder
mit der Stimme, die ich denen leihe, die denn da Gefühle ansprechen.
Gerk: Fällt Ihnen da ein konkreter Begriff ein, also den Sie vielleicht
auch schon gesammelt haben?
Preiwuß: Ja, was habe ich jetzt hier … Vielleicht sowas wie
Messermigration, die Weiterführung von Massenmigration – das Doppel-S
ist erhalten geblieben. Wenn man mal genau hinschaut, was bedeutet das
jetzt, wenn ich das ausbuchstabiere: Ist das jetzt Migration der Messer
– als Genetivmetapher –, ist es Migration mit Messern?
Aus Massenmigration wird Messermigration
Die Sache ist, Messer steht dann hier pars pro toto für
Angriffsverhalten, Migration ist sowieso schon als Abstraktum. Sie
finden dort keine Menschen mehr, aber Sie finden die Aussage, die da
drinsteckt, dass jeder, der hierherkommt, wahrscheinlich mit einem
Messer bewaffnet auf die Straße rennt und sofort bereit ist, jemandem
Gewalt anzutun. Das ist Quatsch.
Gerk: Ist denn aber diese Verallgemeinerung nicht ohnehin da ganz
wichtig bei dieser, sagen wir mal, Verrohung von Sprache, dass da gar
nicht mehr so individuell und differenziert gesprochen wird, sondern
eben sind dann alles Kopftuchmädchen oder alles Messermänner?
Der Schriftsteller Marcel Beyer bei einer Autorenlesung in Koblenz
(Archiv).
Marcel Beyer: Sprache mit Bildern, die an Straßenkampf erinnern
© picture alliance / dpa / Thomas Frey
Beyer: Das bestürzt mich selber, dass ich ja schon anfange, zumindest
diese Denkweisen nachzuvollziehen. Die ganze Bildlichkeit kommt vom
Straßenkampf her, sagen wir, auf der einen Straßenseite steht die eine
Gruppe, auf der anderen Straßenseite die andere Gruppe, und dann geht
man aufeinander los, und die Folge ist für die einen Terraingewinn und
für die anderen Terrainverlust.
Das ist so ein Straßenkampf, eigentlich billiger Krieg. In diesen
Metaphern wird da gesprochen und gedacht, und das sind eigentlich
Metaphern, die ich gar nicht – oder Denkschemata oder Bilder –, die ich
gar nicht aufgreifen möchte, aber dennoch fang ich schon an so zu denken
und versuche zu sagen: Die haben aber doch gar nicht alle Messer. Es
gibt aber diese Alle gar nicht, und es gibt auch nicht die Bildlichkeit
vom Straßenkampf, die einen gehen gegen die anderen vor, ob nun mit
Fäusten oder mit Messern oder mit Worten – das ist alles Unsinn von
vornherein.
Preiwuß: Das meinte ich auch mit vorgegebenen Mustern, also Denkmustern
oder Rahmen. Wenn die einen Denkschemata etabliert sind, dann
verschwinden die anderen, und man merkt es nicht.
Das sind die auch sehr viele stille Vorannahmen, die in unserer Sprache
stecken, die wir nicht mehr reflektieren und die dann so mitgetragen
werden und die dann eine bestimmte Richtung, die wir nicht mal mehr
merken, etablieren, und die andere verschwindet.
Gerk: Jetzt ist ja die Art, wie Sie versuchen, darauf zu reagieren mit
dem neuen zeitgenössischen LTI, das ist ja eine sehr feine und sehr
überlegte Art, damit umzugehen, aber ist das denn überhaupt richtig,
wenn wir zum Beispiel in den Medien da auf jede Äußerung reagieren und
immer schon quasi so reflexhaft da in der Reaktion sind?
Man reagiert – und schon läuft die nächste Kampagne
Beyer: Nein, ich glaube nicht, dass das richtig ist. Diese Rede von
Herrn Gauland, ‚Wir werden sie jagen‘, das ist ja doch genau das, so
empört wir da waren nach der Bundestagswahl, das ist aber genau das, auf
das wir uns einlassen, auf diesen Aktionismus.
Da wird dann gewissermaßen so ein Wort oder ein Satz in den öffentlichen
Raum gerufen, und wir … Oder ich fühle mich aufgefordert, sofort darauf
zu reagieren, aber da laufen schon die nächsten Kampagnen, und was im
Hintergrund läuft, welche Absichten da herrschen, weiß ich sowieso nicht
oder brauche länger, um das herauszufinden.
Ich sehe zwischendurch, dass ich ermüde und ermüde und ermüde und sage,
jetzt will ich das alles mal drei Wochen gar nicht zur Kenntnis nehmen.
Aus diesen drei Wochen dürfen aber nicht drei Monate und drei Jahre
werden. Also das ist ein innerer Zwiespalt, den ich empfinde.
Gerk: Sie haben ja jetzt das neue LTI begonnen, darüber haben wir schon
gesprochen. Was kann man sonst noch tun, wie geht es weiter auch mit
diesem Projekt?
Beyer: Wie Kerstin vorhin schon sagte, es geht darum mitzuschreiben und
zugleich handlungsfähig zu bleiben, und das Interessante ist ja, dass
man nicht weiß, wohin sich das alles bewegt, wohin sich unsere
Redeweisen bewegen und ob wir uns in fünf Jahren überhaupt noch daran
erinnern, wie wir vor zehn Jahren gesprochen haben, wie wir die Welt
gefasst haben.
Das wissen wir ja jetzt auch nicht mehr in Bezug auf die Zeit vor, sagen
wir, dem großen Börsencrash oder die Zeit vor der deutschen
Wiedervereinigung und so weiter. Man muss zugleich in der Gegenwart ganz
akut hinhorchen und historische Referenzen hervorziehen.
Preiwuß: Ich würde es deswegen auch wahrscheinlich eher nicht das neue
LTI nennen, weil das wieder auch ein Rückgriff, also eine Richtung in
die Vergangenheit darstellt.
Es ist sehr anstrengend, ständig auf die Sprache zu achten
Wir müssen schon einen eigenen Begriff dafür finden oder überhaupt
dieses Mitschreiben und dieses handlungsfähig bleiben reicht ja auch
schon als Aufrechterhalten der Formeln. Es hat mal ein anderer, Roman
Jakobson, ganz schön gesagt, Formeln von Liebe und Hass vor Automation
und Einrosten zu schützen.
Das ist ja auch die Frage, was die originäre Aufgabe eines
Schriftstellers ist. Es ist sehr anstrengend, im alltäglichen
Sprachgebrauch ständig auf die Sprache zu achten, und das ist auch die
Überforderung, in der wir uns gerade befinden, in der wir gerade alle
stecken, dass wir uns gezwungen sehen, innerhalb unserer alltäglichen
Sprachverwendung ständig auch zu reflektieren, und da sehe ich auch eine
Möglichkeit für uns. |