Beate
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wikipedia
Beate-U
*1944 detopia:
Stalins
Tochter - 2004 Hofmann Stasi Kinder |
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Tochter des Diktators von Ines Geipel 2017 - 200 Seiten |
Mao, Stalin, Ulbricht
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wikipedia Beate-U *1944 in Leipzig bis 12/1991 (47)
wikipedia Lotte Ulbricht *1903 in Großberlin bis 2002 (98)
wikipedia Walter Ulbricht *1893 in Leipzig bis 1973 in Groß-Dölln (nördl. Berlin) (80) 1. Sekretär des Politbüros beim zentralen Komitee (Zentralkomitee) der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED)
wikipedia Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Zentralkomitee
deutschlandfunk.de/ein-verzerrtes-bild-in-ost-und-west-dlf-8d77eba6-100.html
Lesebericht
dlf tochter-des-diktators-das-zerstoerte-leben 2017, Sabine Adler
In Ines Geipels „Tochter des Diktators“ geht es um Beate Ulbricht, die Adoptivtochter des früheren DDR-Staatschefs Walter Ulbricht. Der Roman zeigt, was autoritäre Strukturen mit einer menschlichen Seele machen können. Der strenge Titel lässt eine düstere Geschichte befürchten, doch vom ersten Absatz bis zum Schluss erzählt Ines Geipel in einem überraschend lässigen, nonchalanten Ton und löst damit jede Angst vor Erdenschwere sofort auf. Tatsächlich gäbe es über das Leben der Adoptivtochter von Lotte und Walter Ulbricht wenig Erfreuliches zu berichten. Beate hatte zwar „vergnügt und nützlich zu sein“, doch sie konnte den Ulbricht-Eltern diesen Wunsch nicht erfüllen. Woran vor allem der Vater und seine nicht minder herrschsüchtige Frau selbst schuld waren. Die größte Überraschung gelingt der Autorin damit, die Erinnerung an das erste Staatskind in die Toskana zu verlegen, nach Cigoli, denn von dort stammte der spätere Ehemann der Ulbricht-Tochter, ihre große Liebe, Ivano Matteoli.
Dass die Ulbricht-Eltern die Ehe mit einem Italiener erlaubten, mag erstaunen. Doch Ivano Matteoli war der Sohn eines kommunistischen Schumachers und auch selbst Kommunist. Doch wirklich geheuer war ihnen die Liebe ihrer plötzlich eigensinnigen Tochter zu dem Mann aus der Toskana trotzdem nie. Sie versuchten die Verbindung zunächst auch zu verhindern. Als sich dann die Genossen aus Rom von Moskau abwandten, war es mit der Geduld der Ulbrichts vorbei, sie erzwangen die Scheidung, Beate Ulbricht, die inzwischen Beate Matteoli hieß, musste sich von Ivano trennen, sah Ivano nie wieder, trotz ihrer gemeinsamen Tochter. Der Leser erfährt von der unglücklichen Liebe durch die Erzählerin Anni. Anni gibt es wirklich, sie ist Ivanos Freundin aus frühester Kindheit, Ines Geipel hat sie getroffen. „Ich war in Cigoli und saß neben einer Frau auf der Stadtterrasse, sie erzählte von Ivano, von ihrer Kindheit mit Ivano, und ich wusste, es war sofort klar: Das ist Anni. Anni heißt natürlich anders, aber es war sofort klar, Anni muss diese Geschichte von Beate Matteoli und Ivano Matteoli aus Cigoli heraus erzählen.“ Die beiden waren unzertrennlich. Und wären wohl ein Paar geworden, wenn Ivano nicht zum Studium nach Leningrad gegangen wäre, wo er Beate Ulbricht begegnete. Anni ist eifersüchtig, aber großherzig. Denn sie will den Freund behalten, auch wenn sie ihn viel lieber als Geliebten hätte. „Er nahm seine Mütze und drückte sie mir auf den Kopf. Im Rückblick bin ich mir sicher, dass das der letzte Augenblick gewesen war, um noch auszusteigen. Ordentlich Terz machen, mir theatralisch die Mütze vom Kopf reißen, mit dem Fuß stampfen, ihn anschreien, ihm die Jacke aufreißen oder einfach wortlos gehen. Ich sagte: Na los, mach schon, rede.“ Während er in der Sowjetunion studiert, mit Beate Ulbricht nach Ost-Berlin zieht, allein wieder zurück an die Newa geht, mischt Anni bei den Studentenunruhen in Paris mit. So mixt die Autorin die nächste Farbe ins Bild: Den Kommunismus à la française. Ines Geipel bleibt stets dicht dran an ihren Protagonisten und zieht zugleich den Fokus weit auf. Denn der Kommunismus in Europa in seinen höchst unterschiedlichen Ausprägungen ist nicht nur Hintergrund der tragischen Liebesgeschichte, er hegt sie zugleich ein, fesselt sie quasi mit Stacheldraht. Die Liebenden kommen nur kurz zusammen. Beate Ulbricht stirbt mit 47 Der DDR-Regierungschef mit der hohen Fistelstimme vollstreckt seinen Gesinnungsterror nicht nur an den ostdeutschen Untertanen, sondern an der Tochter gleich mit. Die hat in den Augen ihrer Eltern versagt und bekommt nie wieder eine Chance von ihnen. Damit wird Maria Pestunowa, wie sie von ihrer leiblichen Mutter, einer ukrainischen Zwangsarbeiterin, genannt worden war, wieder zur Waise. „Die Mutter stirbt in Leipzig unter den Bomben der Alliierten. Da ist von vornherein sehr viel Unwiderrufliches geschehen und sie kommt zu den Ulbrichts und soll dann ein bestimmtes Bild leben, und in dem Moment, wo sie ein einziges Mal sagt: <Daran geht es nicht vorbei, ich werde diesen Mann heiraten>, erfährt sie eine unverdenkliche Härte. Ich habe diese Briefe ja gelesen, also es gibt den Nachlass. Es war offenbar klar für sie, dass sie Null Chance hatte.“ Sie zerbricht, verfällt dem Alkohol, die Kinder aus erster und zweiter Ehe werden ihr genommen. 1991 stirbt die Ulbricht-Tochter, die sich wieder Beate Matteoli genannt hat, im Alter von 47 Jahren in Berlin. Ihr Ende wird knapp abgehandelt, auch weil es der Boulevard-Journalismus bereits reichlich getan hat. Umso breiteren Raum gab die Schriftstellerin den lichten Momenten im Leben von Beate Matteoli. Durch Beate Matteoli, die Ulbricht-Tochter, kam die Welt nach Cigoli, das Buch wird gerade ins Italienische übersetzt. Diktatoren mögen leichtfertig Leben vernichten, das Andenken an die Opfer bleibt, erst recht, wenn Erinnerung so frisch, überraschend und facettenreich gelingt wie bei Ines Geipel.
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1968, "Politbüro", Mitglieder und Kandidaten. https://de.wikipedia.org/wiki/Politbüo
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Aus Wikipedia-2018 - Beate Ulbricht
Beate Ulbricht kam unter dem Namen Maria Pestunowa als Tochter einer ukrainischen Zwangsarbeiterin und eines unbekannten Vaters in Leipzig zur Welt. Kurz darauf starb die Mutter bei einem Bombenangriff. Nach einem Aufenthalt zunächst in einem Waisenheim und später bei Pflegeeltern adoptierte Walter Ulbricht sie im Januar 1946. Hintergrund war der Kinderwunsch Walter Ulbrichts und seiner Lebensgefährtin Lotte Kühn. Diese hatte mehrere schwere Krankheiten durchlitten und konnte keine Kinder mehr bekommen. [deto: und war - dann - auch schon über vierzig] Die Schulausbildung absolvierte Beate Ulbricht zunächst in Berlin, seit 1954 besuchte sie die Russisch-Spezialschule in der Kissingenstraße in Berlin-Pankow, wo sie von ihren Mitschülern geschnitten und auch verprügelt wurde. Im Alter von 15 Jahren schickten ihre inzwischen verheirateten Adoptiveltern sie nach Leningrad, wo sie ihr Abitur ablegte. Anschließend studierte Beate Ulbricht am dortigen Herzen-Institut Geschichte und Russisch. Mitte 1962 begann sie eine Liebesbeziehung mit dem Sohn eines italienischen KP-Funktionärs. Trotz des Widerstandes ihrer Eltern heirateten beide im Oktober 1963 in Pankow und Beate brach ihr Studium ab. Nach der Geburt einer Tochter im Februar 1965 entstand die Idee, zurück nach Leningrad zu gehen. Dadurch sollte den Anfeindungen durch die Eltern, welche die Verbindung weiter ablehnten, ausgewichen werden. Wenige Stunden nachdem ihr Ehemann sich auf den Weg gemacht hatte, um den Umzug vorzubereiten, wurde seiner Frau der Reisepass abgenommen. Dadurch gelang es Walter Ulbricht und seiner Frau, das Paar zwangsweise voneinander zu trennen. Dieser Zustand hielt zwei Jahre an und endete damit, dass Beate ihre Einwilligung zur Scheidung gab, worauf sie ihren Pass zurückerhielt. Kurz darauf flog sie nach Leningrad, konnte ihren Mann aber nicht mehr ausfindig machen. Stattdessen kam es zu einer Begegnung mit ihrem Schulfreund Juri Polkownikow, den sie im März 1968 heiratete. Im Januar 1969 kam ein Sohn zur Welt und es folgte die zwischenzeitliche Wiederaufnahme ihres Studiums. Nach dem Tod von Walter Ulbricht 1973 ließ sich Beate scheiden, nahm wieder den Namen ihres ersten Ehemannes (Matteoli) an und kehrte in die DDR zurück. Dort lebte sie mit zwei Kindern, ohne Studienabschluss und ohne finanzielle Absicherung, weil sie der Vater enterbt hatte, unter schwierigen sozialen Verhältnissen. Ende der 1970er-Jahre entzogen ihr die Behörden das Sorgerecht für ihre Kinder. Um diese kümmerte sich nun Lotte Ulbricht. Im Spätherbst 1991 gab sie der Boulevardzeitung <Super> ihr einziges ausführliches Interview. Wenig später, in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 1991, wurde sie in ihrer Lichtenberger Wohnung erschlagen. Die Tat konnte bisher nicht aufgeklärt werden. Der Rechtsmediziner Volkmar Schneider berichtet in seinem Buch Brisante Fälle auf dem Seziertisch über die Umstände. |
Ulbrichts Adoptivtochter: Die Tragik der Beate Matteoli
mdr.de beate-matteolie-walter-ulbricht-100.html 2022
Am 6. Dezember 1991 wird im Berliner Bezirk Lichtenberg eine 47-jährige Frau erschlagen aufgefunden. Erst auf den zweiten Blick wurde klar, um wen es sich handelt: Beate Matteoli, die Adoptivtochter von Lotte und Walter Ulbricht.
Als Maria Pestunowa am 6. Mai 1944 als Tochter einer ukrainischen Zwangsarbeiterin und eines unbekannten Vaters in Leipzig geboren wurde, ahnte noch niemand, dass sie das erste Kind eines Staates werden sollte, dessen Gründung noch gar nicht in Aussicht stand. Nachdem ihre Mutter bei einem schweren Bombenangriff auf Leipzig getötet wurde, kam das kleine Mündel im Waisenhaus und bei Pflegefamilien unter, bevor es eine vermeintlich einmalige Chance im Leben erhielt: Der junge Landtagsabgeordnete Walter Ulbricht und seine Frau Lotte Kühn adoptierten die Kriegswaise.
Erstes Kind des Staates mit Hindernissen
Mit dem Aufstieg Walter Ulbrichts und seiner nun angetrauten Frau Lotte erhielt auch Maria, die nun Beate hieß, einen Platz in der sozialistischen Musterfamilie: Walter war der Baumeister des Sozialismus und Lotte die Landesmutter des ersten sozialistischen Staates. Beide im eigenen Zuhause wurden zu einer großen Last für das junge Mädchen. Beate musste nun die perfekte Tochter, die tadellose Schülerin und natürlich vorbildlicher Pionier sein. Eine öffentliche Kindheit wurde zum Pflichtprogramm für sie: posierend für das Familienalbum einer ganzen und jungen Republik, beim Lernen, beim Winterurlaub in Oberhof oder am Kaffeetisch mit den Eltern.
Doch der schöne Schein verbarg nicht immer die Konflikte, mit denen Beate außerhalb des Goldenen Käfigs konfrontiert wurde. Selbst als Schülerin einer Russisch-Spezialschule, die sie ab 1954 besuchte, geriet das hochbegabte Mädchen in Konflikte mit ihren Mitschülern: Denn Anfang der 1950er-Jahre war der politische Kurs in der DDR heftig umstritten, spätestens nach den Ereignissen um den 17. Juni 1953 war "der Spitzbart" verhasst.
Der Ausbruch: Studium und verbotene Liebe in Leningrad
Mit der Pubertät begann nun auch die 15-jährige Beate gegen das Elternhaus zu opponieren, sei es gegen die strenge Erziehung oder die spießige Kleiderordnung, die ihr jegliche Mode wie Nylonstrümpfe verboten hatte. Das Problem wurde in sozialistischer Manier gelöst: Zum Abitur schickte man die nun junge Frau nach Leningrad, wo sie im Anschluss auch gleich ein Studium in Russisch und Geschichte am Leningrader Herzen-Institut aufnahm. Nach unbeantworteten Hilferufen in den ersten Jahren fand sie sich mit ihrem Schicksal in Leningrad wohl ab und nabelte sich nach und nach von ihrem Elternhaus ab.
Ein Kommilitone, Ivano Matteoli, Sohn eines italienischen Kommunisten, gab 1962 ihrem Leben wieder Auftrieb. Beate verliebte sich und ließ gegenüber ihren Eltern keinen Zweifel an der Liebe und an ihren Heiratsplänen. Tatsächlich geben sich die nun 19-Jährige und Ivano 1963 im Pankower Standesamt das Ja-Wort, weder die Ulbrichts noch die Schwiegereltern sind dabei.
Die gefallene Tochter: Bewährung in der Produktion
Beate konnte zwar die Hochzeit erzwingen, aber ein gemeinsames Leben mit Ivano schien bald unmöglich. Vorerst hatte sich Beate in der Produktion zu bewähren, als Löterin im VEB Stern-Radio Berlin. Zwischen Eltern und Tochter herrschte Funkstille. Mit der Geburt ihrer Tochter Patricia 1965 kam erneut der Wunsch auf, mit ihrem Mann nach Leningrad zurückzukehren. Nachdem jedoch Ivanko vorrausfuhr, um für die Übersiedlung alles vorbereiten zu können, erhielt sie kein Visum. Zwei Jahre lang harrte die junge Mutter im Ungewissen aus. Nach drei Jahren wird die Ehe geschieden. Doch Beate kehrte trotzdem zurück nach Leningrad, auch um ihr Studium fortzusetzen - und nach ihrer großen Liebe zu suchen, doch sie fand keine Spur mehr von Ivano.
Das einsame Ende zwischen Leningrad und Berlin
Beate traf stattdessen ihren alten Schulfreund Juri Polkownikow wieder. Sie verliebte sich erneut, hielt sich an ihm und an Leningrad fest. 1968 heiratete sie Juri und brachte 1969 den gemeinsamen Sohn André zur Welt. Doch auch dieses Glück war nur von kurzer Dauer: Der neue Mann in ihrem Leben entpuppte sich als Trinker und Schläger. Sie flüchtete vor ihrem Ehemann und ging mit den beiden Kindern zurück nach Berlin. Dort angekommen, durfte sie nur noch postalisch mit ihren Eltern in Kontakt treten. Ein letztes gemeinsames Bild entstand zur Beerdigung Walter Ulbrichts 1973.
Es wurde vermeintlich ruhig um Beate Matteoli, lediglich die Sicherheitsorgane schienen sich noch für das einstige erste Kind des Staates zu interessieren, das seine Chance auf ein eigenes Leben schon längst verpasst hatte.
Für Beate schien das Ende der Ära Ulbricht zu spät gekommen zu sein: Längst war sie dem Alkohol verfallen und wurde immer wieder von der Polizei vor einschlägigen Berliner Lokalen betrunken aufgegriffen. Arbeitsstellen bei der staatlichen Nachrichtenagentur ADN und bei anderen Betrieben brach sie ab, die Kinder sollten ihr am Ende entzogen werden.
Interview in der "Superillu"
Ein letztes Mal trat Beate Matteoli in den Wirren der Wende in Erscheinung, als sie wohl schon längst jeglichen Halt verloren hatte. Sie hatte im Herbst 1991 der Boulevardzeitschrift "Superillu" ein langes Interview gegeben. Dafür hatte sie viel Geld erhalten. Möglicherweise war dies der Grund dafür, dass sie am 6. Dezember 1991 unter bis heute nicht ganz geklärten Umständen in ihrer Wohnung zu Tode kam.
BEATE MATTEOLI
Wie Ulbrichts Adoptivtochter dem Alkohol verfiel
Von Ines Geipel 2009
welt.de/politik/article4187033/Wie-Ulbrichts-Adoptivtochter-dem-Alkohol-verfiel.html
Beate Matteoli, Adoptivtochter der Ulbrichts, brach mit der sozialistischen Musterfamilie und bäumte sich gegen die DDR-Nomenklatura auf. Schließlich flüchtete sie in den Alkohol. Nach dem Fall der Mauer wurde sie in ihrer Berliner Wohnung erschlagen aufgefunden. Die Bluttat wurde niemals aufgeklärt.
Der Brief, der auf dem Schreibtisch von Wolfgang Schwanitz, zu dem Zeitpunkt erster Mann der Berliner Bezirksverwaltung des MfS, landete, –abgestempelt auf den 9. Juli 1980 und den Verlust des Personalausweises einer 36-Jährigen anzeigend – schien auf den ersten Blick blanke Routine. Immerhin kam er aus der Zentrale der Ostberliner Volkspolizei, genauer von deren Präsidenten. Und so schien ein zweiter Blick wohl angebracht: Die Frau ohne Ausweis mit Namen Beate Matteoli, hieß es von Chef zu Chef, sei nach zwei Flaschen Sekt im Restaurant „Moskwa“ auf der Straße orientierungslos aufgegriffen worden. Da sie sich nicht ausweisen konnte, hätten sie zwei Volkspolizisten mitgenommen. Beate Matteoli? Schwanitz kannte die Geschichte…
Maria Pestunowa wurde am 6. Mai 1944 als Tochter einer ukrainischen Zwangsarbeiterin und eines unbekannten Vaters in Leipzig geboren. Im Sommer 1944 kam die Mutter bei einem Bombenangriff ums Leben und das Mädchen zunächst in ein Waisenheim, kurze Zeit später zu Pflegeeltern. Im Januar 1946 wurde die anderthalbjährige Maria mithilfe des sächsischen Jugendamtes von Lotte Kühn und Walter Ulbricht, zu der Zeit sächsischer Landtagsabgeordneter und Kopf der Gruppe kommunistischer Moskau-Überlebender, adoptiert. In einem Schreiben ans Jugendamt knapp zwei Jahre später gab die neue Mutter an, dass das Mädchen „von ständig gleichbleibender Liebe umgeben“ sei und zu einem „wertvollen Glied unseres neuen Deutschlands“ heranwachsen werde. Bis dahin müsse allerdings noch einiges an „Schaden“ behoben werden, denn die Kleine habe noch mit knapp zwei Jahren nicht gewusst, was „beißen und kauen“ sei. Sich daraus ergebende Verdauungs- und Wachstumsprobleme würden jedoch binnen Kurzem aus der Welt geschafft sein, meinte die 1,45 Meter große Frau, die wenige Jahre später Lotte Ulbricht hieß und zur ostdeutschen Landesmutter avancierte.
Fotos aus der Kindheit des verträumt dreinschauenden blonden Mädchens Beate: angestrengt über Schreibheften brütend, mit den hyperaktiven Eltern in Oberhof Ski laufend, im Garten alle Natur bestaunend, vor Tischtennisplatten und Volleyballnetzen mit dem sportbegeisterten Vater hüpfend, auf der Berliner Stalinallee Hand in Hand mit der resoluten Mutter flanierend. Private Fotos als öffentliche Sinnbilder. Die neue sozialistische Musterfamilie gab sich „vergnügt und nützlich“, wie Lotte Ulbricht dem einzigen Kind ins Maximenbuch schrieb.
Doch das Komplexprogramm als perfekte Tochter, perfekte Schülerin, perfekter Pionier zeigte alsbald Risse.
An der Russisch-Spezialschule in der Pankower Kissingenstraße, in die Beate Ulbricht seit 1954 ging, wurde das hochbegabte Nomenklaturmädchen von den Mitschülern strikt abgewiesen und des Öfteren heftig verprügelt. „Ich kann doch nichts dafür, dass mein Vater Walter Ulbricht ist“, wehrte es sich tapfer, um im selben Atemzug gegen die spießige Kleiderordnung, die ihm die Eltern Tag für Tag auferlegten, zu protestieren. Druck von allen Seiten, den das aufstrebende Politikerpaar Ulbricht offensiv löste, indem es den „kleinen Sputnik“ ab 1959 zum Abitur ins Mutterland des Kommunismus, genauer nach Leningrad, entsendete.
Die Umstellung fiel der mittlerweile 15-Jährigen schwer. In Pankow landeten einsame Briefe, die von ausbleibenden Freundschaften und Irritationen im Umgang mit Margarita Wladimirowna, bei der sie privat untergebracht war, berichteten. „Kopf hoch, liebes Mädel! Lass Dich nicht von vorübergehenden Schwierigkeiten bedrücken und ablenken. Alles wird gut werden“, lautete die stämmige Antwort der Eltern in die sowjetische Revolutionsstadt.
Vorübergehend waren die Schwierigkeiten eher nicht, gleichwohl nabelte sich der Teenager ab und kam – nach dem Abitur studierte Beate Ulbricht Geschichte und Russisch am Leningrader Herzen-Institut – in der Fremde offenbar zunehmend besser zurecht.
Mitte 1962 erreichte Pankow die Nachricht, die Tochter habe sich heftig verliebt, und zwar in den Sohn eines italienischen KP-Funktionärs. Das war gar nicht nach dem Geschmack des Mauerbauers Ulbricht. Die Order des Staatschefs an die Tochter vom Mai 1963 ließ deshalb auch an Klarheit nichts zu wünschen übrig:
„Da Dich der Staat zum Studium entsandt hat, bestimmt er auch Deinen zukünftigen Arbeitsort. Wir denken, Du machst Dir das rechtzeitig klar. Du weißt, dass gerade Du keine Ausnahme machen kannst, und Du sollst auch wissen, dass sowohl die deutschen als auch die sowjetischen Stellen unseren Standpunkt kennen. Deine Dich innigst liebenden Eltern.“
Funkstille zwischen Berlin und Leningrad, dann eine Einladung aus Berlin zum gemeinsamen Urlaub auf der Krim im Sommer 1963. Intention der Reise: Auflösung der italienischen „Tändelei“. Erneute Symbolfotos von einer „vergnügten“ Familien-Troika. Doch nach der Krim war vor der Krim. Die Tochter blieb stur, bestand auf ihrer Liebe, heiratete im Oktober 1963 Ivanko Matteoli auf dem Pankower Standesamt und sah nun in das andere Bild „innigster Liebe“: Die Eltern Matteoli erhielten kein Einreisevisum. Die Ulbrichts blieben der Hochzeit fern. Nach der ertrotzten Eheschließung hatte sich die 19-Jährige in der Produktion zu bewähren, als Löterin im VEB Stern-Radio. Kein Studium mehr, keine Königsebene, vielmehr kategorischer Kontaktabbruch. Was einmal Lieblingsprojekt war und zur Megaprojektion taugte, war in Ungnade gefallen.
Zwangsweise getrennt
Ab nun galt ein anderes Programm, das der reinsten Härte, dem die abgewiesenen Matteolis versuchten, zu entkommen. Im Februar 1965 wurde Tochter Patricia geboren, und es entstand der Plan, erneut nach Leningrad zu gehen, wo sie sich kennengelernt hatten. Ivanko Matteoli fuhr voraus, um die Übersiedlung vorzubereiten. Nur Stunden nach seiner Abreise wurde seiner Frau der Reisepass abgenommen, beider Post abgefangen, die Familie für zwei Jahre zwangsweise getrennt. In dieser Zeit bestand ihr Alltag vornehmlich aus Dauerkontroversen mit den Eltern, die die Trennung des Paares einforderten. Prompt einen Tag nachdem Beate Matteoli schließlich die Einwilligung zur Scheidung gegeben hatte, erhielt sie ihren Pass zurück. Sobald als möglich flog sie mit der Tochter nach Leningrad und fand vor, was sie befürchtet hatte: Ihr Mann war in der Stadt nicht mehr ausfindig zu machen.
Stattdessen begegnete sie einem alten Schulfreund: Juri Polkownikow. Versuchte Nähe aus Verzweiflung. Er wurde zum Notanker, sie erneut schwanger. Im März 1968 heirateten sie. Auf dem Hochzeitsfoto wieder der verträumte Kinderblick einer mittlerweile sehr schönen Frau. Sie vor einer überdimensionalen Lenin-Büste stehend, ein bisschen verloren wirkend. Im Januar 1969 wurde Sohn André geboren. Familie Polkownikow bezog eine Wohnung auf dem Moskauer Prospekt, mitten in Leningrad.
Keine Erwähnung im Testament
Sie nahm ihr Studium wieder auf, er trank und schlug sie. Als die Tochter Patricia 1971 wegen einer Lungenkrankheit zur Behandlung in die DDR geschickt wurde, fuhr die Mutter mit. Vorsichtige Stippvisiten, kurze Treffen mit den Ulbrichts, sich erneuernde Ängste. 1972 schrieb sie an die Mutter, sie könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Eltern sie loswerden beziehungsweise enterben wollten. Lotte Ulbricht wehrte vehement ab. Als Walter Ulbricht im Sommer 1973 starb, stand in seinem Testament nichts von einem Erbe an die Tochter. Ihr Name kam schlichtweg nicht vor.
Noch im selben Jahr, 1973, ließ sich Beate Polkownikowa scheiden, hieß nun wieder Matteoli und kehrte in die DDR zurück. Eine Frau Ende 20, allein mit zwei kleinen Kindern, in einer winzigen Mietwohnung in der Rummelsburger Straße in Friedrichsfelde, ohne Studienabschluss, ohne jede Unterstützung, allein mit viel Alkohol. Während der Zwangstrennung von Ivanko Matteoli hatten die Schwiegereltern aus Italien kistenweise Trost-Wermut nach Ost-Berlin geschickt. In Leningrad wurde der Wermut gegen Wodka ausgetauscht.
Wieder in Ost-Berlin gab es von allem: Wermut, Wodka, rumänischen Kognak, bulgarischen Rotwein und Sekt in rauen Mengen. Die Alkoholika wechselten und auch die Arbeitsstellen. Beate Matteoli arbeitete im Ministerium für Kultur, im Epidemiologischen Zentrum der staatlichen Hygieneinspektion Potsdam, in der Schuhproduktion VEB Goldpunkt, im Ministerium für Wissenschaft und Technik, im Zentralinstitut für Information und Dokumentation und als Übersetzerin bei der Nachrichtenagentur ADN.
Nirgends fasste Matteoli Fuss
Nirgends blieb sie länger, nirgends fasste sie mehr Fuß und wollte es vermutlich auch gar nicht mehr. Meist saß sie am Abend nach der Arbeit in der „Solidarität“ oder in der „Sonja“. Ost-Berlin Mitte der Siebzigerjahre: das Wüten der sozialistischen Schimäre, das Anhäufen toter Zeit. Ihr Leben in dem, was die Genossen Eltern für „unsere Menschen“ erschaffen hatten. Der Versuch der Tochter, das aufgezwungene Perfektprogramm in sich zu löschen. Ihre Irrwege in all den abgeschnittenen Geografien. Doch war etwas anderes als das Antiprogramm zum elterlichen allseits „vergnügt und nützlich“ überhaupt möglich? Wo hätte sie hingekonnt, vor allem gemusst, um sich zu schützen? Ende der Siebzigerjahre wurde Beate Matteoli von den Behörden das Sorgerecht für ihre beiden Kinder entzogen. Anfang der Achtzigerjahre ordnete man für das in den Parteibrunnen gefallene Ulbricht-Kind eine psychiatrische Untersuchung im Fachkrankenhaus Lichtenberg an. War da nichts Pathologisches? Konnte man den so deutlich vom Weg abgekommenen Politnachwuchs nicht endlich wegsperren? Wer oder was entschied letztendlich dagegen?
Denn Beate Matteoli lebte in diesen Jahren mehr und mehr auf der Straße, beschaffte sich Geld durch Gelegenheitsarbeiten, traf sich mit Trinkerfreunden in Kneipen und Parks. Jedes Jahr landete eine nichtssagende Karte auf dem Geburtstagstisch der Mutter, mit Worten zur Mädchenschrift hinpoliert. Dass es ihr gut gehen solle, dass sie vergnügt feiern solle, dass sie lange leben solle, wünschte die Tochter brav. Lapidare Zeichen oder Hilferufe? Worte, die kein Missfallen erregen sollten – als das letzte Band? Gab es Reaktionen von Lotte Ulbricht? Freute sie sich darüber, wo die Tochter doch ansonsten eisern beschwiegen wurde?
Herbst 1989. Von Beate Matteoli und dem, was sie in den Wochen der Revolution in Berlin sah und lebte, ist kaum etwas bekannt. Wie immer zog sie mit ihren Trinkerfreunden um die Ecken, wie immer schrieb sie die Jahreskarte an die Mutter, wie immer brauchte sie Geld. Im Spätherbst 1991 gab die 47-Jährige dem Boulevardblatt „Super“ ein ausführliches Interview, in dem sie sich erstmals über das äußerte, was sie an Zwang, Fluchten und Einsamkeiten in der Familie Ulbricht erlebt hatte. Für das Gespräch erhielt sie, wie es hieß, ein ansehnliches Honorar. Kurz darauf, in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 1991, wurde Beate Matteoli in ihrer Lichtenberger Wohnung erschlagen aufgefunden. Die Umstände des Todes wurden nie aufgeklärt. Lotte Ulbricht blieb der Beerdigung ihrer Tochter am 21. Dezember 1991 fern.
Die Autorin ist Schriftstellerin und Professorin an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch“. Der Text ist dem Buch „Black Box DDR. Unerzählte Leben unterm SED-Regime“ von Ines Geipel und Andreas Petersen entnommen, das im September beim Marix Verlag Wiesbaden erscheint
https://de.wikipedia.org/wiki/Kaufhaus_Jonaß
nd-aktuell.de/artikel/67292.was-wurde-aus-ulbrichts-adoptivtochter.html 2005
Ulbricht-1950