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Und selbst ohne Auspuff bleiben Elektrofahrzeuge Autos, die, sobald sie fahren, Feinstaub erzeugen, der vom Abrieb der Reifen auf der Straße und den Bremsbelägen herrührt. Jedes Mal, wenn wir aufs Bremspedal treten, wird durch die Reibung zwischen Belägen und Bremsscheiben ein feiner Staub erzeugt (man denke nur an den täglichen Stau auf unseren Straßen), der vor allem aus Ruß und unterschiedlich giftigen Elementen wie Kupfer, Cadmium, Barium, Nickel, Chrom, Mangan, Blei und Zink besteht. Und die daraus resultierende Umweltbelastung ist durchaus nicht belanglos: Sie ist verantwortlich für 41 Prozent der Feinstaub-Emissionen PM10 im Bereich des Straßenverkehrs im Jahr 2012,93 und das sind 11 Prozent sämtlicher Emissionen in der Region Ile-de-France.94 Das ist viel! Ich muss sagen, das ahnte ich überhaupt nicht. Und ihr?

Aber ein gutes Zeichen: Die Reifenindustrie hat sich sehr schnell mit diesem Problem beschäftigt. Die Ingenieure von Michelin arbeiten an der Entwicklung von Reifen mit biologisch abbaubarer Lauffläche.''5 Ausgezeichnet! Warten wir ab, was daraus wird.

Auch bei den Bremsen hat es Fortschritte gegeben: 2017 wurde von einem international tätigen deutschen Unternehmen für Filtersysteme96 eine Vorrichtung für Schwerlaster vorgestellt, und eine französische Gesellschaft97 hat in Zusammenarbeit mit namhaften Konstrukteuren ein »Tamic« genanntes System entwickelt, eine Miniturbine, die die beim Bremsvorgang anfallenden Partikel ansaugt. Das System wurde im September 2018 unter realen Bedingungen an einem Elektrokleinwagen, dem Renault Zoe, getestet. Natürlich, das kann man sich vorstellen, müssen Filter wie Bremsbeläge regelmäßig gewechselt werden.98 Tamic könnte ab 2020-2021 in Fahrzeuge der Serienproduktion eingebaut werden; mehrere Autohersteller interessieren sich bereits dafür. Diese Technologie verringert die Emission von Feinstaub beim Bremsen um 82 Prozent und wäre auch auf Metro-Züge und Straßenbahnen anwendbar. Die französische Eisenbahngesellschaft SNCF plant, ihre Vorortzüge damit auszustatten.99 (Wobei man entdeckt, dass auch die Metro, Straßenbahnen und Eisenbahnwagons Feinstaubpartikel ausstoßen ...). All das betrifft Frankreich, denn französische Daten sind mir sehr viel leichter zugänglich; aber vermutlich sind gleiche Aktivitäten auch in allen anderen entwickelten Ländern im Gange, denn der Wettlauf um das saubere E-Auto ist ein entscheidender wirtschaftlicher Faktor geworden.

Um es mit folgender Analyse des International Council on Clean Transportation (ICCT)100 zusammenzufassen: »Global gesehen, stoßen E-Autos im Lauf ihres Lebens sehr viel weniger Treibhausgase aus als ein Auto mit Verbrennungs­motor in Europa, selbst wenn man in Betracht zieht, dass die Produktion der Batterien eine Menge Energie verschlingt. Ein Mittelklasse-Elektrofahrzeug in Europa produziert 50 Prozent weniger Treibhausgas auf 150.000 Kilometer, wobei diese Zahl zwischen 28 Prozent und 72 Prozent variieren kann, je nachdem, woher der Strom kommt (aus Kohle, Gas, Kernkraft ...). Vergleicht man die effizientesten Verbrennungsmotoren hinsichtlich ihrer Treibhausgas-Emissionen mit dem E-Auto, liegt dessen Vorteil immer noch bei 29 Prozent.«101

Natürlich sind wir enttäuscht, waren wir doch schließlich drauf und dran, uns auf die E-Autos zu stürzen. Warten wir's ab, ob ihre Herstellung, das Abfangen des

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CO2-Ausstoßes ab Werk, die Veränderung an Reifen und Bremsen ihre Punktzahl erhöhen werden. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt erlaubt uns dieses Transportmittel noch nicht, das CO2-neutrale Ziel zu erreichen.

Man zeigt auch gern mit dem Finger auf E-Autos, weil sie Permanentmagnete für ihre Motoren benötigen, die auf der Basis Seltener Erden hergestellt werden. Inzwischen aber können und wollen die Konstrukteure von Elektrofahrzeugen auf Seltene Erden verzichten und die Magnete durch eine Erregungsspule ersetzen. Modelle wie der Renault Zoe (der meistverkaufte Kleinwagen in Europa) oder alle Modelle von Tesla (die meistverkauften Autos in Amerika) arbeiten mit dieser Technologie; ihre Motoren enthalten folglich keine Seltenen Erden.102

Die mittlere Reichweite der gegenwärtig im Handel angebotenen Elektroautos beträgt hundertfünfzig bis vierhundert Kilometer.103 Weite Strecken sind also immer noch problematisch, vor allem aufgrund der fehlenden Infrastruktur an Schnellladestationen.104 Ganz zu schweigen von der Umweltbelastung durch die Batterien, für die es noch keine Lösung gibt. Und schon gar zu schweigen vom Preis, der trotz der sehr bescheidenen Unterstützung durch den französischen Staat (etwa sechstausend Euro) noch immer sehr hoch ist, er liegt zwischen 23200 und 86300 Euro (!). In dieser breiten Spanne gibt es natürlich große Unterschiede im Volumen der einzelnen Autotypen, in der Reichweite, der Ladezeit.105

Und ihr werdet sehen, das mit den Batterien der heutigen Elektroautos ist gar nicht so einfach:

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Alle Akkus bestehen aus Lithium, einem seltenen Metall, dessen Abbau große Umweltschäden nach sich zieht, CO2 ausstößt und Unmengen von Wasser verbraucht, wobei das Wasser das entscheidende Problem ist, wie wir noch im Einzelnen sehen werden. (Klar, die Vorstellung, dass es uns eines Tages an Wasser fehlen könnte, beunruhigt uns weit mehr als der Verzicht aufs Auto.) Und dieses Lithium wird bereits gebraucht für die Akkus von Handys und Laptops sowie die Batterien von Energiespeichersystemen, alles Technologien, die noch stark expandieren werden.

Der Zeitpunkt, wann die Lithium-Minen erschöpft sein werden, ist umstritten. Für einige werden die Reserven bestenfalls noch sechzehn Jahre oder sogar nur zehn Jahre reichen.106 Andere sehen das Ende im Jahr 2050 erreicht,107 wieder andere meinen, dass durch die Entdeckung neuer Vorkommen, wie zum Beispiel in Peru, der Spielraum noch darüber hinausreicht.108 Hinzu kommt, dass für diese Batterien unter anderem auch Graphit gebraucht wird, mit dem es vermutlich im Jahrzehnt 2052-2062 zu Ende geht, sowie Kobalt.

Die Erschöpfung der Lithium-Vorräte über kurz oder lang ist somit in Sicht. Aus diesem Grund - und auch wegen des gigantischen Wasserverbrauchs bei seiner Gewinnung - scheidet es als wirtschaftlich tragfähige und dauerhafte Lösung für uns aus.

Das Recyceln der Batterien ist ein anderes grundsätzliches Problem. Batterien haben keine unendliche Lebensdauer (im Durchschnitt acht bis zehn Jahre)109, und sie sind sehr teuer (ungefähr neuntausend Euro ...). Wenn sie ausgedient haben, müssen sie recycelt werden, damit ihre Bestandteile nicht auf dem Müll landen und die Umwelt belasten.

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Heute werden in Europa nur 5 Prozent aller Lithium-Batterien recycelt, und noch ist es unmöglich, die verwendeten Materialien zu 100 Prozent zurückzugewinnen, darunter eben jenes kostbare Lithium! Ein Grund mehr, um diese Batterien zu vergessen, ob sie nun mit Feststoffelektrolyten arbeiten (damit sie sich nicht entzünden) oder auch nicht.110 Deshalb überspringe ich jetzt mal kühn die Batterien auf Graphen-Basis, denn auch sie funktionieren mit Lithium (und außerdem verändern sich die Eigenschaften von Graphen unter dem Einfluss von Feuchtigkeit, ich sagte es schon, und zwar bereits bei 22 Prozent Feuchtigkeit ...m).

Ihr langweilt euch? Das ist verständlich. Was gibt es Trostloseres als diese Batteriegeschichten? Aber lasst mich jetzt bitte nicht im Stich, ich habe euch doch gesagt, wir haben eine Menge zu tun!

Auch das Wasserstoffauto, von dem derzeit viel die Rede ist, lasse ich jetzt mal beiseite. Sein Motor erzeugt Energie durch die Verbrennung von Dihydrogenmonoxid (Pardon, das ist sehr technisch, und dabei vereinfache ich noch!), einem explosiven und leicht entzündbaren Gas ... Im Wasserstoffauto zu fahren ist teurer, und wird auch teurer bleiben, als in einem batteriegeladenen Auto, es benötigt dazu mehr als dreimal so viel Strom. Es braucht dreimal mehr Windräder und Solarmodule, um einen Fuhrpark von Wasserstoffautos zu unterhalten, als bei einem gleichen Park traditioneller Autos.(112)

Das Wasserstoffauto mit Brennstoffzelle erzeugt zwar Energie, aber dieser Wasserstoff ist aus

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hydrolysiertem Meerwasser gewonnen (einem Verfahren, für das Strom benötigt wird) oder aus ... Erdöl oder Biotreibstoff. Es funktioniert auch mit Methanol, das wiederum CO2, ja sogar das hochgiftige Kohlenmonoxid freisetzt und das seltene und teure Platin verwendet (dessen Vorkommen um 2064 erschöpft sein dürften).113

Sehr interessant dagegen sind Natrium-Ionen-Batterien, die das Lithium durch Natrium ersetzen. In ihrer Entwicklung zunächst eingeschränkt durch ihre noch ungenügende Energiekapazität, wurden hier in jüngster Zeit Fortschritte gemacht: Einigen Wissenschaftlern der Universität Birmingham ist es gelungen, eine wesentlich leistungsstärkere Natrium-Ionen-Batterie zu entwickeln, die kostengünstiger und umweltfreundlicher ist. Nachdem sie Phosphor hinzugefügt hatten, stellten sie fest, dass die Batterie nicht nur die Ladung hielt, sondern auch, bei gleichem Gewicht, eine siebenfach höhere Menge an Energie gespeichert hatte als eine Lithium-Ionen-Batterie. Der Natrium-Ionen-Akku könnte in drei, vier Jahren in Produktion gehen.114
An Natrium-Ressourcen mangelt es nicht.

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Beim Phosphor aber rühren wir an ein vitales Problem. Ich erlaube mir hier einen Abstecher zum Phosphor, denn ohne ihn ist kein Leben möglich. Er ist ein Grundelement alles Lebenden und unerlässlich für die natür­lichen Ökosysteme: Phosphate werden vom Regenwasser aus dem Gestein gespült. Die Pflanzen nehmen sie in dieser Form auf und verarbeiten sie zu organischer Materie. Indem die Tiere die Pflanzen fressen, gelangt Phosphor im Anschluss in die Nahrungskette. Mikroorganismen bringen die von ihnen ausgeschiedene tote Materie zur Verwesung und machen den Phosphor damit erneut löslich.

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Aber, wie wir sahen, ist er eine endliche Ressource. Weltweit ist in manchen Quellen von vierzig Jahren (oder noch weniger) die Rede, in anderen von neunzig Jahren, gemessen am gegenwärtigen Tempo des Phosphat­abbaus,115 absolut alarmierenden Zahlen. Dass die Vorkommen so bald erschöpft sein werden, liegt an seinem Raubbau für die Weiterverarbeitung zu Dünger in der industriellen Landwirtschaft, die den gewonnenen Phosphor zu 90 Prozent nutzt. Es ist folglich von erstrangiger Bedeutung, dass wir nicht mehr an diese Phosphorlagerstätten rühren, wenn wir das Leben auf der Erde sichern wollen. (Und das wollen wir schließlich!)

Danach ist sofort einzusehen, wie dringlich es ist, die phosphathaltigen synthetischen Düngemittel maximal einzuschränken, die in maßlosen Mengen auf unseren Feldern ausgebracht werden, weit über den Bedarf der Pflanzen hinaus. Und auch wenn Europa seinen Verbrauch an Phosphatdünger eingeschränkt hat, haben die Schwellenländer Asiens (allen voran China) ihre Landwirtschaft intensiviert und importieren in wachsenden Mengen diesen synthetischen Dünger und verteilen ihn gedankenlos auf ihren Feldern. Ebenso in den Ländern Afrikas und Südamerikas.116 Es ist zwingend notwendig, dieser kolossalen und für uns alle tödlichen Verschwendung ein Ende zu setzen, indem man die Praxis der industriellen Landwirtschaft beendet.

Eine erste mögliche Aktion ist es, den Phosphor aus den Abwässern der Kläranlagen zurückzugewinnen, die vor allem dank der menschlichen Ausscheidungen reich daran sind. Man kann heute Phosphor und Nitrate aus Abwässern und Klärschlämmen herausfiltern.117

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In Ländern wie der Schweiz ist es schon Vorschrift. Aber welche Mengen gewinnt man auf diese Weise zurück? Grenzen wir das Thema ein: In Frankreich beträgt das Gesamtgewicht an Phosphor, das mit menschlichen Exkrementen pro Jahr ausgeschieden wird, im Durchschnitt etwa 40.000 Tonnen.118 Wir sind reich, nicht wahr, ohne dass wir's ahnen? Aber es bedeutet nichts im Vergleich zu den 158 Millionen Tonnen, die weltweit jedes Jahr (hier war es 2009)119 in den Phosphatminen abgebaut werden. Und leider bedeutet es auch gar nichts, wenn man den Phosphor nur aus den menschlichen Exkrementen der Bewohner der EU und der Vereinigten Staaten zurückgewinnt, von Ländern, die über ein Netz von Kläranlagen verfügen: Das sind 700.000 Tonnen Phosphor insgesamt pro Jahr, die freilich nicht mit der gigantischen Menge des weltweiten Abbaus konkurrieren können. Man könnte dieser Zahl auch noch das Tiermehl hinzurechnen, dessen Verwendung als Futtermittel für Nutztiere verboten ist, das jedoch 60.000 bis 70.000 Tonnen leicht wiederverwertbares Phosphat enthält.120

Diese Zahlen differieren von denen der UNESCO und von UN-Water, die meinen, dass »22 Prozent des Weltbedarfs an Phosphor aus der Verarbeitung des menschlichen Urins und der Exkremente des Menschen gedeckt werden könnten.«121 Weltweit — vielleicht. Aber nicht alle Länder sind mit einem geschlossenen System von Abwasseraufbereitungsanlagen ausgestattet, bei Weitem nicht.

Und warum spricht man nicht von der Rückgewinnung von Phosphor aus den Exkrementen des Viehs, bevor man diese in die Abwässer aus der Viehzucht einleitet, wodurch auch die Gewässerverschmutzung eingeschränkt würde?

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Es wäre ein Leichtes, die - sehr einfache - Rückgewinnung aus diesen Exkrementen (die im Übrigen ja gar nicht mal schlecht riechen!), in denen sich Phosphor in großer Menge findet, per Anordnung durchzusetzen. Schon bei den Pferden (ihr erinnert euch, von den Pferdeäpfeln sprach ich bereits in jenem kleinen Text vor über zehn Jahren ...) erreicht die Masse von Phosphorpentoxid pro Hengst und Jahr neunzehn Kilo. Vergleicht man das mit unseren eigenen etwa sechshundert Gramm im Jahr ... Bei den Rindern kommt man, wiederum pro Tier und Jahr gerechnet, auf zwanzig Kilo (außer Milchkühen) und fünfunddreißig Kilo pro Milchkuh.122 Und wenn man weiß, dass es 1,4 Milliarden Rinder auf der Welt gibt123 (und ihre Zahl muss unbedingt weniger werden), davon 27 Prozent Milchkühe, kann man sich die große Menge an Phosphor (und Stickstoff und Biogas) vorstellen, die wiedergewonnen werden könnte: nämlich fast 34 Millionen Tonnen Phosphorpentoxid, allein bei den Rindern!124 Dazu kämen nun noch die Exkremente von Pferden, Schafen, Ziegen usw. Nicht umsonst haben unsere Vorfahren so sorgsam Pferdemist und Kuhfladen aufgesammelt, um ihte Böden zu düngen und einen Teil der angetrockneten Materie zu verbrennen. Eine Praxis, zu der wir unbedingt zurückkehren müssen. Aber auch das Gewicht der auf diese Art gewonnenen Menge Phosphor, falls wir dahin gelangen (denn man muss diese Ausscheidungen ja auch erst mal sammeln und bearbeiten), wird noch immer weit entfernt sein von dem, was heute industriell gefördert wird. Diese Förderung muss um mindestens 90 Prozent heruntergefahren oder ganz und gar eingestellt werden, wenn in vierzig oder fünfzig Jahren das Leben auf der Erde noch möglich sein soll ...

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Es gibt also keine andere Wahl, als das gegenwärtige Agrarsystem (bei dem 71 Prozent des Ackerlandes geradezu maßlos mit mineralischem Phosphat-Dünger behandelt werden) zu ersetzen durch eine Kultur, bei der nur natürlicher Dünger organischen Ursprungs (tierische und menschliche Exkremente, Stallmist, Gülle, Guano) oder pflanzlicher Herkunft (Kompost, sonstige Abfallprodukte aus der Bodenbearbeitung) zur Anwendung kommen. In jedem Fall wird das baldige Ende der Phosphor-Vorkommen und, mehr noch und noch früher, des Wassers die heutige intensive Landwirtschaft undurchführbar machen, und wir werden nicht umhinkommen, überall eine biologische Landwirtschaft zu praktizieren, deren Erträge gleich hoch sein werden wie die der gegenwärtigen Landwirtschaft.125 Wird es die Welt rechtzeitig - nämlich innerhalb des kommenden Jahrzehnts - schaffen, ihre Landwirtschaft vollkommen umzustellen? Das ist neben der Erderwärmung die größte Herausforderung der nächsten Jahre, eine Herausforderung auf Leben und Tod. Schon jetzt können wir, indem wir unseren erschreckenden Fleischkonsum um 90 Prozent reduzieren (und hier meine ich nicht das Fleisch von Bio-Höfen, denn die werden Dünger aus tierischer Produktion brauchen), die riesige Ausdehnung jener Ländereien einschränken, die unüberlegt bebaut werden, allein um dieses viele Vieh zu ernähren. Ihr ahnt schon, auf diese entscheidende Möglichkeit, die wir selbst in der Hand haben, komme ich noch mal zurück.

Dass ich diesen wichtigen Abstecher zu den Ausscheidungen (Fäkalien) gemacht habe, bedeutet nicht, dass ich darüber mein Thema vergessen hätte: Wenn also für die

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Natrium-Ionen-Batterie der Phosphor ausschließlich aus Exkrementen gewonnen wird (und vor allem nicht zum Nachteil der biologischen Landwirtschaft), dann könnte diese Batterie ein tragbares Konzept sein, allerdings nicht, um die Funktionsfähigkeit auch aller zukünftigen Batterien für erneuerbare Energieträger abzusichern. Denn es bleibt vorrangiges Ziel, die Verwendung von Phosphor so schnell wie möglich zu verbieten.

Noch eine letzte Alternative, und dann lasse ich euch mit den Batterien in Ruhe: die Kohlenstoff-Batterie. Das Spitzenerzeugnis von NAWA Technologie, einem französischen Start-up-Unternehmen, ist ein neuer Typ von Ul-tra-Fast-Carbon-Batterie (ich gebe euch schlicht diese Information, ohne mich weiter über ihr Prinzip auszulassen), die eine Reihe bemerkenswerter Vorteile gegenüber den herkömmlichen Lithium-Ionen-Zellen besitzt. Die Ladezeit soll 1000-mal schneller sein als die anderer Batterien, ein Auto könnte in wenigen Sekunden wieder aufgeladen sein und die Lebensdauer der Batterie über eine Million Zyklen betragen. Sie ist auch sehr preiswert und einfach in der Herstellung.

Es klingt zu schön, um wahr zu sein. Hören wir, was der Direktor von NAWA selber sagt: »Für mich war es der Traum, dass wir kein Lithium, kein Kobalt, keine Seltenen Erden verwenden [...]. Diese Materialien sind umweltschädlich und sehr aufwändig zu fördern [...] Die Ultra-Kondensatoren von NAWA verwenden nur Kohlenstoff und Aluminium, unser Kohlenstoff kommt aus natürlichen und nachhaltigen Quellen, wir brauchen dafür keine Bergwerke anzulegen, und als ich NAWA gründete, war es genau das, was ich befördern wollte, ein reales und nachhaltiges Produkt, indem ich verlässlichere und sauberere Batterien entwickelte.«

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Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt — und auch hier taucht nun dieses verdammte »Aber« auf — erlaubt die Technologie nur, fünfzig bis hundert Kilometer zu fahren. Ach. Und nur eine Lithium-Carbon-Hybrid-Batterie könnte eine weitere Strecke ermöglichen, mit zum Teil ultraschneller Ladung.126 Und da wären wir wieder. Beim Lithium. Enttäuscht, weil vorher so hoffnungsvoll, kehren wir von NAWA zurück, denn mit keiner wie auch immer gearteten Lithium-Batterie ist uns gedient.

Eines steht fest, in puncto Batterien sind wir ganz entschieden noch nicht gut vorbereitet (Sagte ich euch nicht anfangs, dass wir vierzig Jahre Verspätung gegenüber allen unseren Zielen haben?). Also warten wir, was bleibt uns sonst, warten wir auf neue innovative Ideen. Für jemanden wie mich, die ich begierig bin auf Lösungen, aber auch genauso ungeduldig, ist Warten eine Erfahrung, die meine Nerven arg strapaziert, genau wie Ohnmacht (denn ich ahne dunkel, dass ich nicht in der Lage bin, heute Abend in meinem Bad jene ideale kleine Batterie zu bauen).

Biep. Ihre Ungeduld interessiert den Leser nicht im Geringsten. Kehren Sie sofort zurück.

Er ist wieder mal wach und immer noch so unversöhnlich, man kann nichts machen, um seine Tyrannei ein wenig aufzulockern. Er scheint das zu mögen.

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Und batteriebetriebene Autos erfordern eine genügende Anzahl von Ladestationen, will man keine Panne erleben. Und gerade dieser Sektor entwickelt sich nur sehr langsam. Um es am Beispiel Frankreich zu demonstrieren: Die französische Agentur für Umwelt und Energie (ADEME) verzeichnete 2018 für das gesamte Territorium 25 000 öffentlich zugängliche Ladestationen, das heißt, eine Station auf 5,7 Fahrzeuge, wobei das Netz ungleichmäßig ausgebaut ist, mit einer übergroßen Dichte in Paris und den Großstädten und einer Menge weißer Zonen. (In der bäuerlichen Gegend im Westen des Landes, in der ich in einem Umkreis von dreißig Kilometern regelmäßig herumfahre, habe ich noch nie eine einzige Ladestation gesehen.) Immerhin sollte den Menschen, die in den Städten arbeiten, aber auf dem Land leben, ermöglicht werden, sich anständig fortzubewegen.127

Die Zahl der Ladestationen zu erhöhen ist darum eine absolute Notwendigkeit. Und dazu können WIR, die LEUTE, nichts anderes beitragen, tut mir leid, als die Regierung immer wieder aufzufordern, dies so schnell wie möglich zu tun. 2018 hatte die französische Regierung angekündigt, 100.000 öffentliche Ladepunkte bis 2022 zu installieren.128 Bleibt zu prüfen, ob diese Verpflichtung eingehalten werden wird ...

Ohne mich allzu lange dabei aufzuhalten, denn sonst fällt euch das Buch noch aus der Hand, hier nur die Anmerkung, dass die Ladestationen nicht mit allen Automarken kompatibel sind. Aber warum, zum Teufel, muss man uns immer das Leben komplizieren, wo es doch um die Zukunft der Welt geht? Das GELD, immer wieder das Geld.

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Wenn diese wahnwitzige Jagd nach dem Geld schon nicht aufhören kann, könnte sie dann nicht wenigstens langsamer werden, diese Jagd, die unsere Erde auf ihren Untergang zugesteuert hat und weiterhin ungebremst mit ihr den Berg runterrast? Aber WIR, wir haben auch die Macht, uns zu wehren, wie, das werdet ihr sehen. Und dann werden wir uns die Hände reiben, das garantiere ich euch. Ich gebe euch nur ein Beispiel für diese blinde Gier nach dem Geld: Die Tesla Supercharger sind ... ausschließlich für die Kunden der amerikanischen Marke reserviert! Heißt das verant-wortungsbewusst handeln? Ist das solidarisch? Ist das eine Vision der Zukunft? Natürlich nicht. Aber es ist rentabel für Tesla, und das vor allem zählt.

Noch so ein Ding, das mich furchtbar aufregt: Um den Besitzern eines Elektroautos zu ermöglichen, eine Ladesäule zu finden, bevor ihr Wagen stehen bleibt, hat Chargemap eine App entwickelt, die genau dies tut. Was aber alle Autofahrer verpflichtet, ein Smartphone zu haben!129 Oder von der Voraussetzung ausgeht, dass alle Welt eines hat, was nicht stimmt, sei es, dass die Leute keines wollen, und das ist ihr gutes Recht, sei es, dass sie nicht die Mittel dazu haben, sei es, dass sie nicht damit umzugehen wissen. Statt einer App sollte der Staat lieber Hinweisschilder auf die Straßen stellen, die die nächste Ladestation anzeigen.

So weit für Frankreich, das nur ein Beispiel unter anderen ist, aber viele entwickelte Industrieländer sind vermutlich in einer vergleichbaren Situation. Ende des Jahres 2017 schätzte die Internationale Energieagentur die Zahl privater Ladestationen weltweit auf fast drei Millionen, ergänzt durch 430000 öffentliche Säulen.130 Das ist wirklich nicht viel, da sollte man echt mal etwas Gas geben.

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Biep. Keine Wortspiele bitte, die braucht der Leser nicht.
Aufgeweckt, der Junge, was?

Aber nachdem wir nun die Nase gestrichen voll haben von technischen Daten, halte ich es für sinnvoll, dass wir zur Entspannung mal einen kleinen Waldspaziergang machen. Denn Wälder gibt es zum Glück noch, noch haben wir nicht alles zerstört. Und die Bewahrung dessen, was von ihnen übrig ist, ist von vitalem Interesse für alles Lebende. Die Wälder auf der Erde bedecken eine Fläche von vier Milliarden Hektar und darin eingeschlossen eine große Menge Kohlenstoff. Sie sind ein wahrer Kohlendioxid-Staubsauger und absorbieren ungefähr drei Milliarden Tonnen des vom Menschen verursachten Kohlenstoffs jährlich, was einer Menge von 30 Prozent (oder 37 Prozent) des CO2 entspricht, das wir munter in unsere Atmosphäre entlassen.131 Gegenwärtig werden jährlich dreizehn Millionen Hektar Wald vor allem in tropischen Zonen zerstört, wodurch eineinhalb Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr freigesetzt werden.132 Die Zeitschrift Science schrieb Ende 2017, dass zurzeit durch Abholzung und Beschädigung von Baumsubstanz die Tropenwälder zweimal mehr CO2 ausstoßen als sie absorbieren.133 Da begreift man, wie dringlich, ja, lebenswichtig es ist, der Zerstörung der tropischen Wälder vor allem im Amazonasbecken, in Indonesien und Afrika sofort Einhalt zu gebieten.

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Zum Beispiel dieses so fundamental wichtige Amazonasgebiet, das man nicht zu Unrecht die »grüne Lunge der Menschheit« nennt. Das Amazonasbecken erstreckt sich über annähernd 6,5 Millionen Quadratkilometer in neun südamerikanischen Staaten und macht 5 Prozent der Erdoberfläche aus. Allein in seinem brasilianischen Teil leben 24 Millionen Menschen, darunter Hunderttausende Nachfahren der Ureinwohner. Mehr als die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten sind hier zu Hause und machen das Amazonasbecken zum Reservoir einer außergewöhnlichen Biodi-versität. Es spielt eine wesentliche Rolle bei der Stabilisierung des Weltklimas, und der Amazonas versorgt ein Fünfteides Planeten mit Süßwasser, Das nur, um zu veranschaulichen, was hier auf dem Spiel steht.134 Nicht nur leistet er einen enormen Beitrag zum Abbau des Kohlenstoffs in der Atmosphäre — was allerdings schon nicht mehr der Fall zu sein scheint -, das Amazonasbecken hält auch riesige Mengen an Süßwasser zurück dank seiner Flüsse wie auch seiner Millionen Bäume, die über ihre zum Teil zwanzig Meter tiefen Wurzeln das Wasser aus dem Boden pumpen.135 Die großen Mengen Wasser, die über diesen Bäumen verdunsten, fallen als Regen wieder auf das Land.136 Die in Nature Climate Change erschienene Studie weist nach, dass die durch das Amazonasbecken ausgelösten Niederschläge nicht nur von lokalem, sondern weltweitem Einfluss auf das Klima sind. Die Abholzung des Regenwaldes würde so zu einer Erhöhung der Niederschlagsmengen in Russland und Skandinavien führen, zu einer Verringerung dagegen im Westen der USA, im Mittleren Westen und in Zentralamerika.137 Auch ein Teil Brasiliens könnte zur Dürrezone werden.

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In einer neueren Studie vom Februar 2018 aus Science Advances wurde festgestellt, dass 17 Prozent des Amazonas-Regenwaldes in den letzten fünfzig Jahren verschwunden sind. Experten sind der Ansicht, dass, wenn 20 Prozent überschritten sind, der Amazonaswald den Punkt erreichen könnte, von dem aus es kein Zurück mehr gibt, das heißt, er könnte seine Rolle (Funktion) bei der Schaffung eines klimatischen Gleichgewichts nicht mehr erfüllen.138 Was aber, wenn, wie es derzeit aussieht, 40 bis 55 Prozent seiner Fläche bis zum Jahr 2050 verschwunden sein werden?139 Dramatisch, nicht wahr? (Wartet, lasst euch nicht entmutigen, WIR können etwas dagegen tun, und WIR werden es tun.) Seit der Amtsenthebung der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff haben die konservativen Kräfte den Amazonas-Regenwald dem Agrobusiness überlassen. 8 000 Quadratkilometer Wald wurden allein 2016 gerodet, das sind 29 Prozent mehr als 2015, heißt es in einem Bericht des Nationalen Instituts für Raumfahrtforschung INPE, das den Regenwald von Erdbeobachtungssatelliten regelmäßig aufnehmen lässt. Ungerechnet der illegalen Rodungen: Danach ist 2018 eine Fläche von der Größe Frankreichs in Rauch aufgegangen. Und die Abholzung soll zwischen August 2017 und Juli 2018 noch um 14 Prozent zugenommen haben, nachdem Präsident Temer eine Reihe von Gesetzen zugunsten der Nahrungsmittelkonzerne erlassen hat.140 Diesen »Nahrungsmittelsektor«, den habe ich fest im Blick, da könnt ihr sicher sein. Zu dem kommen wir noch, und zwar auf drei verschiedenen Wegen, zum Beispiel mit der altbewährten Technik des Einkreisens. Und da brauche ich euch wirklich, denn das schaffe ich nicht

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allein heute Abend in meinem Badezimmer (was habe ich bloß immer mit diesem Badezimmer) ...

Biep. Blödes Gequatsche. Auf der Stelle umkehren.

Um dieses Übel, das den Amazonas-Regenwald zerstört, einzudämmen, hatte die NGO Conservation International den ehrgeizigen Plan, das größte Wiederaufforstungspro-jekt, das es in der Geschichte je gab, in Angriff zu nehmen. Insgesamt sollten 73 Millionen Bäume gepflanzt werden. Sie hätten bis zum Jahr 2023 eine Fläche von 30 000 Hektar neu bewaldet - nachdem die Weltklimakonferenz COP21 sich zu zwölf Millionen Hektar bis 2030 verpflichtet hatte -, aber immerhin, es wäre ein Anfang gewesen.

Aber dieses Projekt, das war vorher. Vor der unheilvollen Wahl vom 28. Oktober 2018, die Jair Bolsonaro an die Macht brachte. Ein ehemaliger rechtsextremer Militär, Rassist, homophob, gewalttätig (»Ein Polizist, der nie getötet hat, ist kein wahrer Polizist«, hat er einmal erklärt, oder zu den alten Militärdiktatoren und ihren Folterknechten bemerkt: »Die haben nicht genug Leute umgebracht.«), obendrein auch noch Klimaskeptiker, versteht sich, ein Herz und eine Seele mit Donald Trump, für den das CO2 nichts mit der Erderwärmung zu tun hat.

Bolsonaro also hat seine Absicht verkündet, das Amazonasbecken, das zu 60 Prozent brasilianisches Territorium ist, abzuholzen, um Platz zu schaffen fiir die Nahrungsmittelindustrie: für die Rinderzucht - und die Tiere sind vor allem für den Export in die fleischverschlingenden Vereinigten Staaten und die europäischen Länder bestimmt -,

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für den intensiven Anbau von Soja und anderen pflanzlichen Proteinen zur Ernährung all dieses Viehs, für die Anlage von riesigen Palmölplantagen (unter anderem für die Produktion von »Biotreibstoff«). Landwirtschaft und Viehzucht sind verantwortlich für 80 Prozent der Abholzung! Brasilien besitzt weltweit den größten kommerziellen Viehbestand (etwa 211 Millionen Tiere) und ist neben Indien Hauptexporteur von Rindfleisch und Leder in der Welt. Abgesehen davon, dass der Export sehr viel fossile Energie verschlingt (und für die Gewährleistung der Kühlketten Fluorkohlenwasserstoff benötigt), wird der kostbare Regenwald auch verwüstet für die Gewinnung von Bodenschätzen und Holz, nicht gerechnet den Bau großer Staudämme, die Hunderttausende Menschen zur Umsiedlung zwingen. Und die Indios, die dort leben? Bolsonaros Meinung in diesem Punkt ist eindeutig: »Ich werde den Indios keinen Quadratmillimeter Land lassen.« Sympathisch, nicht wahr?

Das Amazonasgebiet anzutasten wäre eine Katastrophe für die ganze lebende Welt. Es bleibt unverständlich, warum UNESCO und UNO diesen riesigen Wald nicht längst zum »Weltkulturerbe der Menschheit« erklärt haben, um solche Eingriffe zu verhindern.

Die Brasilianer und auch wir selbst müssen wissen, dass 46 Prozent der Treibhausgas-Emissionen ihres Landes ein Ergebnis der Entwaldung sind: Anstieg der CO2-Emissio-nen mangels Bäumen, die es aufnehmen könnten, Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen, Ausstoß von Lachgas und Methan aus der Landwirtschaft und der Viehzucht, zusätzlicher Methanausstoß durch die Staudämme.

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Reden wir im Einzelnen über die Gründe, die weltweit zu dieser Entwicklung geführt haben, außer dem gigantischen Raubbau, den die Lebensmittelkonzerne an der Natur anrichten. Ein erschreckendes, aber auch hoch spannendes Thema, wenn man sich genauer mit ihm beschäftigt, und das uns mit Ekel und Wut erfüllen kann. Könnt ihr euch vorstellen, dass Europa die Region auf der Welt ist, die durch ihre Importe am meisten zur Entwaldung in anderen Zonen des Globus beiträgt? Der Anbau von Soja und Palmen für die Verbraucherländer (um das begehrte Palmöl daraus zu gewinnen) ist ein weiterer Grund für die Entwaldung. In Frankreich ist Soja der Hauptverantwortliche unseres ökologischen Fußabdrucks in Sachen Wald. Es wird vor allem an die Tiere der Viehzuchtbetriebe verfüttert und zu 97 Prozent importiert!

Wir sind schon dabei, das Palmöl zu ächten, verbannen WIR, DIE LEUTE und die Viehzüchter, so bald wie möglich auch den Verbrauch von Soja. Mithilfe der Käufer (> Verbraucher?) haben wir es zwischen 2010 und 2018 schon erreicht, den Verbrauch von Palmöl zu Nahrungszwecken um 25 Prozent zu senken. Das ist gut, aber es ist noch nicht genug. Überprüfen wir bei allen Produkten, die wir kaufen, wie viel Palmöl drin ist, denn es versteckt sich überall, vom Diesel über Kosmetika bis hin zu Keksen.141 Im gleichen Zeitraum, das sollte uns dabei bewusst sein, stieg der weltweite Verbrauch dieses Öls um 325 Prozent aufgrund seiner Beimischung zu Treibstoffen, die man zu Unrecht für »sauber« hält. Die Verwendung von Biotreibstoffen wird von einer europäischen Direktive gefördert, und Palmöl ist der erste unter ihnen.142 Schlichtweg »gefördert«! Begreift ihr, was das bedeutet? Da glauben

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wir, mit »saubererem« Sprit zu fahren, und beteiligen uns aktiv an der Zerstörung von Wäldern, die wir so dringend brauchen! Ich glaube, wenn ihr das gelesen habt, werdet ihr nicht mehr ganz ohne Hintergedanken euren Tank mit Biotreibstoff füllen ... Zu dem Punkt, wo WIR handelnd eingreifen können, komme ich noch, da könnt ihr sicher sein.

Eine weitere Ursache der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes (wie auch der Wälder in Indonesien, Afrika und Asien) ist natürlich die Holzindustrie. Ich will hier eine kleine, sehr begrüßenswerte Initiative erwähnen: Lapeyre in Frankreich, das führende Unternehmen des Holzhandels für den Innenausbau, war der Spezialist für tropische oder die sogenannten »exotischen« Hölzer, die es aus Asien, Afrika und Brasilien importierte. Doch 2012 beschloss das Unternehmen, diesen Raubbau zu beenden. Seitdem baut es Fenster und Türen aus Kiefern- und Eichenholz, die aus zertifizierten europäischen Wäldern und von ökozertifizier-ten Herstellern stammen. Es ist lebensnotwendig, ich kann es nicht oft genug wiederholen, dass wir uns beteiligen an diesem Boykott tropischer Hölzer - der nächsten möglichen Aktion nach dem Boykott von Soja und Palmöl -, indem wir die Herkunft der Dinge kontrollieren, die wir für unser Wohnumfeld kaufen.

Es ist wenig bekannt, doch im Kongobecken gibt es eine zweite »grüne Lunge des Planeten« von einer Fläche von über zwei Millionen Quadratkilometern, ebenso bedeutsam wie der Amazonas-Regenwald und ebenfalls ein Opfer der Abholzung. Im September 2014 verpflichtete sich die Demokratische Republik Kongo, dreißig Millionen Hektar

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verschwundenen oder verwüsteten Wald wiederherzustellen, ein allerdings noch reichlich utopisches Vorhaben, da das Land »nicht über die nötigen Gelder verfügt. Und selbst wenn es dieses Kapital hätte, besäße es nicht die menschlichen und technischen Kapazitäten, um Pflanzungen von solcher Größenordnung auszuführen. Das Land ist wenig organisiert und erlebt seit fünfzehn, zwanzig Jahren einen tiefen Einbruch seiner menschlichen Kompetenzen.«143

Unsere Aufgabe als reiche Importländer wäre es darum auch hier, uns das totale Verbot des Einkaufs tropischer oder »exotischer« Hölzer aufzuerlegen. Hinzugefügt sei, dass der Handel mit tropischen Hölzern den Arbeitern vor Ort nicht einmal viel einbringt, sie werden schlecht bezahlt und berauben sich gleichzeitig ihrer natürlichen Ressourcen wie der Stabilität ihres Klimas.

Es gibt in Europa durchaus Alternativen, sich mit Holz zu versorgen, wenn es aus ökologisch zertifizierten Wäldern kommt. Und für eure Möbel, da vergesst mal nicht, dass man auch alte Möbel kaufen kann, die zu lächerlichen Preisen angeboten werden! Diese alten Büfetts, Schränke, Tische, Stühle haben den Vorteil, dass sie meist viel schöner sind als das, was man in den Möbelgeschäften findet, und auch sehr viel stabiler.

Sehen wir uns eine weitere Alternative an, von der seit Jahren viel die Rede ist: der Bambus mit seinen wunderbaren Eigenschaften. »Er ist mit seiner holzigen Struktur sogar das ökologische Material an sich: Er bindet bis zu 30 Prozent mehr CO2 als Bäume und setzt folglich 30 Prozent mehr Sauerstoff als diese frei. Darüber hinaus hat sein Wurzelnetz

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den Vorteil, die Bodenerosion einzugrenzen, und seine schmalen Blätter lassen mehr Regen durch als Bäume, sodass der Boden zweimal mehr Wasser erhält als in Laubwäldern. Er braucht keinen Dünger oder anderes, um sich zu entwickeln.«144 »Seine Verwendung wird immer vielfältiger: in der Möbelindustrie, als Fußbodenbelag, für Bekleidung und selbst in der Küche (Bambusspitzen, ganz hervorragend!). Sehr widerstandsfähig, gedeiht Bambus im Übrigen schnell. Er wächst innerhalb eines Jahres und gelangt zur Reife in drei Jahren. Er kann somit schon nach vier Jahren als Baumaterial eingesetzt werden. Und zwar mit solchem Erfolg, dass kleine ökozertifizierte Betriebe und/oder Fairhandelsunternehmen schon nicht mehr ausreichen.«145 Aber (und hier kommt unser gutes altes »Aber«) der massive Anbau dieses Gewächses zieht, vor allem in Asien, den Rückzug anderer Arten nach sich. Fazit: Nicht der Bambus an sich ist nicht umweltverträglich, sondern seine exzessive Produktion und Verarbeitung.

»Als Baumaterial verbraucht er ein Zehntel der Energie, die eine Zementkonstruktion erfordert, und fast fünfzigmal weniger als eine Stahlkonstruktion. Und im Unterschied zu beiden Materialien lässt sich Bambus vollständig recyceln. Die Abfälle von recyceltem Bambus werden weitgehend in der Kultur anderer Pflanzen und sogar für die Düngemittel-Produktion verwendet.«146

Mit einem Wort, Bambus scheint ein geradezu idealer Stoff zu sein, mit der Einschränkung, dass er bei massivem Einsatz ökologische Nachteile hat. Außerdem ist er eine invasive Pflanze, was zu Lasten der Biodiversität geht. »Ein weiterer Nachteil, Bambus kommt zumeist aus China, In-

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dien, Vietnam und Lateinamerika. Die Notwendigkeit, ihn erst überall in die Welt versenden zu müssen, macht ihn in puncto CCh-Bilanz folglich auch zu einem weit weniger umweltfreundlichen Material, als man meinen könnte.«147 Es bleibt also uns überlassen, wenn wir seine Expansion einschränken wollen, auch unsere Einkäufe zu reduzieren und bei jedem Kauf darauf zu achten, woher die Ware kommt.

Übrigens, es ist interessant zu wissen, dass, wenn man Textilien aus Bambus kauft, man leicht an Bambus-Viskose gerät. Die aber bedeutet umweltschädigende chemische Behandlung.148 Denn um die Viskose aus dem Bambus zu gewinnen, muss man die Bambus-Zellstoffe in Natronlauge tauchen; die so gewonnene Alkalizellulose wird anschließend mit Natriumsulfat und Kohlenstoffdisulfid behandelt.149 Schauen wir also auch da aufs Etikett: Ich denke, von dieser Viskose werden wir uns bald verabschieden. Später werde ich euch noch etwas über den umweltschädigenden Aspekt von Kleidung aus synthetischen Fasern erzählen - ihr werdet staunen -, aber Vorsicht, springen wollen wir lieber nicht von einem Thema zum anderen, sonst steht gleich mein Zensor wieder auf der Matte.

Ich bleibe also auf meinen Waldwegen und wende mich nun nach Südostasien. Wir sahen, dass der Anbau von Öl-palmen sich katastrophal auf den Amazonas-Regenwald auswirkt, aber nicht nur dort. »Er ist eine der Hauptursachen der Entwaldung in Südostasien, vor allem in Indonesien und Malaysia, aus denen 85 Prozent der Weltproduktion kommen.«150 Dennoch subventioniert die EU, die das sehr wohl weiß, Palmöl als »Bio-Treibstoff«! Man glaubt

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zu träumen! Die Europäische Union könnte es verbieten, aber sie ist abhängig von - ratet mal, wem - den Lobbyisten der indonesischen und der malaysischen Regierung, die damit drohen, andernfalls das Freihandelsabkommen nicht zu unterzeichnen. So verbrennen wir die tropischen Regenwälder zu Milliarden Litern in unseren Autotanks151 ... Und mit ihnen verschwinden die schon vom Aussterben bedrohten Orang-Utans. Ich erwähne sie, weil ich eine ganz spezielle Zuneigung für sie habe. An einen erinnere ich mich, den mochte ich besonders, er legte sich mit würdevoller Miene ein Salatblatt auf den Kopf, während er uns direkt in die Augen sah und ...

Biep. Ihre persönliche Affare mit diesem Orang-Utan interessiert keinen Menschen, kehren Sie auf der Stelle um.

Na gut, dann werdet ihr nie meine faszinierende Liebesgeschichte mit diesem herrlichen großen Affen erfahren, dessen Lebensraum mit der Abholzung verschwindet.

Auch der Raps liefert ein Öl, das für die Treibstoffproduktion verwendet wird, nun in direkter Konkurrenz zum Anbau von Lebensmitteln. Aber Achtung: Auch Raps ist ein großer Waldvernichter! Biodiesel, so meint die Agentur für Umwelt und Kontrolle des Energieverbrauchs, verringere den Treibhausgasausstoß um 60 bis 90 Prozent, aber das stimmt nicht! Für die NGOs sind Biotreibstoffe alles andere als gut für den Planeten. »Palmöl hat eine dreimal höhere Negativbilanz für das Klima als fossiles Dieselöl«, erinnert die Zuständige für Biotreibstoffe in der NGO Transport und Umwelt.152

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»Ein Liter Biodiesel aus Raps bedeutet 1,2-mal mehr Emissionen als ein Liter Diesel; aus Soja sind es 2-mal mehr Emissionen und bei Palmöl die dreifache Menge.«153 Was uns den Appetit darauf vollends nehmen sollte.

Und Skepsis ist auch angebracht bei einer anderen Generation von BiotreibstofFen, an denen derzeit gearbeitet wird und die auf der Basis von Algen hergestellt werden. Der Energieversorgungskonzern GDF Suez hofft, diesen Biosprit in allernächster Zeit auf den Markt bringen zu können.154 Nein! Glaubt das bloß nicht! Die Bilanz eines Biotreibstoffs aus Algen ist noch viel schlimmer! Erst einmal ist seine Herstellung sehr energieintensiv, aber was noch schwerer wiegt, es braucht dafür Unmengen von Phosphor und Wasser (diesen beiden lebensnotwendigen Elementen, die so dringlich geschützt werden müssen!). Ich sprach bereits von den zu Ende gehenden Phosphor-Vorräten, und auf diesem Hintergrund wäre es geradezu Wähnsinn, ja Gewissenlosigkeit, diese kostbare Ressource in die Treibstoffindustrie zu stecken, während doch jedes Gramm davon gehütet werden müsste - wie auch das Süßwasser, ein ebenso lebensnotwendiges Gut, das schon in fünf bis sechs Jahren knapp werden könnte. Und es braucht 3 650 Liter Wasser, um einen Liter Algentreibstoff herzustellen! Gegenüber zwei Litern Wasser für einen Liter Benzin.155

Das Resultat ist eindeutig: Füttern wir unser Auto vor allem nicht mit Biotreibstoffen, welchen Ursprungs sie auch immer sein mögen!'Wenn wir alle, wie wir da sind, WIR, die LEUTE, aufhören, sie zu verbrauchen, werden schwerwiegende Probleme wie die Entwaldung, die Zunahme der

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CO2-Emissionen und der Verlust ganzer Lebensmittel-Kulturen für ihre Bewohner in der Tat weniger werden. So einfach ist das — als ich euch sagte, dass man viel tun kann, wenn man erst einmal weiß, und es vor IHNEN tun kann. Wenn keiner mehr danach fragt, wird Europa (und werden hoffentlich auch andere Länder) kein Interesse mehr daran haben, Palmöl oder Raps zu importieren. Wenn wir in einem Jahr den neuen »Algentreibstoff« ablehnen, der unseren Phosphor und unser Wasser verschlingt, nun, dann wird seine Produktion sofort eingestellt werden, was eine großartige Nachricht wäre. Und ich wette, dass ihr im Besitz solcher Informationen bald schon keine Lust mehr haben werdet, euch an der Zapfsäule daran zu bedienen ...

Wie gesagt, so getan, vergessen wir also diese Biotreibstoffe, damit haben wir schon mal etwas Wichtiges erledigt. Wenn man sich vorstellt, dass SIE uns nichts über diese Auswirkungen gesagt haben! Dass SIE sie sogar subventionierten! Findet ihr das normal? Damit aber will ich unseren Ausflug zu den »Biotreibstoffen« beschließen, in die wir Unwissende so große Hoffnung gesetzt hatten.

Da wir gerade von Wasser, von Phosphor, von Landwirtschaft und Lebensmittelvorräten sprechen, machen wir doch schnell noch einen Abstecher zur Intensivtierhaltung und der angeschlossenen Landwirtschaft zur Ernährung all dieser Tiere. Auch da könnt ihr euch auf eine Überraschung gefasst machen. Sogar auf zwei. Für mich war es schon mal eine, und da ich von Natur aus ein aufopferungsvoller, em-pathischer Mensch bin, teile ich sie noch mal mit euch.

Auch in dieser Frage nämlich ist die Unwissenheit, in der wir gehalten werden, nachgerade kriminell.

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Bevor ich mich in die Tiefen des Themas versenkte, ahnte ich nicht, wie gewaltig die Auswirkungen dieses Nahrungsmittelsektors (den man so freundlich den »konventionellen« nennt) in einigen entscheidenden, ja, lebenswichtigen Bereichen auf die Umwelt sind, noch wusste ich etwas über seine Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Und das war ein erster Schock. Nachdem ich dieses Wissen erst einmal verdaut und seine Einzelheiten überprüft und nochmals überprüft hatte, bekam ich den zweiten Schock, der einer Art Umsturz all meines Denkens glich und auch nicht leicht zu verkraften war.

Biep. Ihre persönlichen Empfindungen lassen Sie mal bitte außen vor. Beim Kreisverkehr nehmen Sie die vierte Ausfahrt rechts, und dann geradeaus.
Nervensäge! Aber es stimmt, ich bin schon über Seite 80 hinaus und muss mich ein bisschen ranhalten.

Im Nebel unserer Ignoranz haben wir, glaube ich, alle gedacht, dass die Industrie und der Straßenverkehr die Hauptursachen der Treibhausgas-Emissionen sind. Seht ihr, und genau das stimmt nicht. Die Industrie steht zwar an der Spitze mit 32 Prozent dieser Gase, aber gleich nach ihr kommen Viehzucht, Landwirtschaft und Entwaldung mit 25 Prozent der Emissionen, weit vor dem Straßenverkehr (außer Viehtransporten), der mit 14 Prozent ins Gewicht fällt. Für manche Forscher ist der Sektor Viehzucht und Landwirtschaft, wie er heute betrieben wird, sogar die Hauptursache der Erderwärmung (mit 33 Prozent). So sieht es aus.

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Vom Konsum besessen, sind wir wahnsinnig geworden: Zwischen 1950 und 2000 ist der Verbrauch von Fleisch weltweit auf das Fünffache gestiegen, während sich die Bevölkerung »nur« verdoppelt hat. In Frankreich, zum Beispiel, ist seit den »Trente Glorieuses« (den dreißig »glorreichen« Nachkriegsjahren von 1945 bis 1975, die man eher die »Trente Calamiteuses«, die »Verhängnisvollen« nennen sollte) der Fleischkonsum in einem Maß explodiert, dass heute in vielen Haushalten zweimal pro Tag Fleisch gegessen wird.

Die Viehzucht in Verbindung mit dem Ackerbau zur Ernährung des Viehs setzt 37 Prozent Methan frei — aus den Gärungsvorgängen im Darm der Wiederkäuer und ihren nicht entsorgten Ausscheidungen —, das sich in der Atmosphäre verteilt mit einem 25- bis 28-mal höheren Erwärmungspotenzial als CO2, das sagte ich schon. Landwirtschaft und Viehzucht sind auch Hauptverursacher von Distickstojfmonoxid, Lachgas, dem zweitwichtigsten unter den für die Erderwärmung verantwortlichen Gasen, das durch übermäßige Verwendung von Stickstoffdüngern und die ungenügende Verwertung der tierischen Ausscheidungen entsteht.156 Und obendrein setzt sie auch noch CO2 frei (9 Prozent aller Emissionen157) durch den Treibstoffverbrauch für den Betrieb des Hofes, die Beheizung der Infrastrukturen, den Transport des Getreides, den Fleischtransport (häufig über sehr lange Strecken) und die für den landwirtschaftlichen Maschinenpark aufgewendete Energie.158 Und da wir nun schon mal dabei sind, fügen wir auch noch die beachtliche Menge von Kohlenwasserstoffen hinzu, die in der Kühlkette für die Lagerung und den

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Transport des Fleisches verbraucht werden. Geflügel hat, nebenbei bemerkt, zwar einen sehr geringen Methanausstoß, ist aber dennoch nicht CCh-neutral, weil es mit Getreide gefüttert und transportiert wird.159 Habt ihr euch das vorgestellt? Ich nicht.

Heutzutage beläuft sich der Bestand an Nutztieren weltweit auf 28 Milliarden. Mit anderen Worten, auf einen Menschen kommen vier Tiere.160 Was eine dramatische Belastung für die Umwelt darstellt. Und so erstaunt es uns nicht, wenn wir erfahren, dass die Länder mit dem größten Fleischkonsum auch die größten Umweltsünder sind161: an der Spitze die USA, nach ihnen Brasilien, die Europäische Union und China.162

Wie der Weltklimarat in seinem letzten Bericht erinnert, müssen, um die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, die jährlichen Treibhausgas-Emissionen weltweit bis zum Jahr 2050 von 51 Gigatonnen auf 13 Gigatonnen sinken. Wenn nun in den entscheidenden nächsten dreißig Jahren zwar alle anderen Sektoren es schaffen, ihre Emissionen zu reduzieren (nehmen wir es einfach mal an ...), aber die Viehzucht weiterhin expandiert, wird dieser Sektor dann 10,53 Gigatonnen Treibhausgase ausstoßen, das heißt, er allein wird 81 Prozent des »Emissions-Budgets« ausschöpfen, das nicht überschritten werden darf. Damit aber wären die Ziele unmöglich einzuhalten, die zur Reduzierung des Temperaturanstiegs gesteckt waren.163 Laut der Umweltschutzorganisation WWF »setzt die Produktion eines Kilos Kalbfleisch die gleiche Menge an Treibhausgasen frei wie eine Autofahrt über 220 Kilometer!« Ein Kilo! Auf Kalbfleisch folgen in ihrer umweltschädigenden Wirkung

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Lamm (mit 180 km), Rind (70 km), Schwein (30 km) und Huhn (7 km).164

Und das gilt erst mal nur für die freigesetzten Gase. Noch sind wir längst nicht am Ende mit der industriellen Viehzucht, aber schon jetzt begreift man, dass ihre massive Einschränkung, wenn nicht gar ihre totale Aufgabe unumgänglich geworden ist.

Man schätzt, dass 83 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Fläche für die Viehzucht genutzt werden (oder 70 Prozent nach Meinung der Welternährungsorganisation FAO, aber diese Zahl stammt schon von 2006;165), wobei man wissen muss, dass man für die Produktion von einem Kilo Rindfleisch sieben Kilo Getreide braucht.166 Der Konsum von Fleisch erbringt dagegen nur 18 Prozent der nötigen Kalorien und 37 Prozent der Proteine.167

Im Jahr 2002 war ein Drittel des weltweit angebauten und geernteten Getreides direkt an das Vieh verfüttert worden. Das bedeutet im Weltmaßstab 670 Millionen Tonnen, das heißt, genug, um drei Milliarden Menschen zu ernähren\ Wenn man wenigstens das gewusst hätte, hätte man vielleicht den Fleischkonsum in unseren reichen Ländern reduziert, um auch anderen die Möglichkeit zu geben, sich ausreichend zu ernähren! Aber wir haben von solchen Zahlen nichts gewusst, absolut nichts. Was empfinden wir bei dem Gedanken? Trauer, Zorn, Fassungslosigkeit. Und die werden noch zunehmen, glaubt mir, bei allem, was folgt.

Diese maßlose Nachfrage nach Ackerflächen für die Viehwirtschaft ist es nämlich, die die Abholzung von Wäldern vorantreibt. Die unheilvollen Konsequenzen sehen wir jetzt schon: 91 Prozent des durch Rodung im Ama-

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zonas-Regenwald »gewonnenen« Landes dienen als Weidefläche oder für den Anbau von Soja und zumeist sogar genmodifiziertem Getreide, gedacht für die Ernährung der Rinder. Ohne intensive Viehwirtschaft würden auf diesen Böden Gemüse, Obst, Getreide für die örtliche Bevölkerung wachsen oder neue Bäume gepflanzt werden. Pflanzliches Leben würde wieder die Oberhand gewinnen und die Auswirkungen der Klimaerwärmung bremsen.168 Die Viehzucht dagegen übt einen unhaltbaren Druck auf die Böden aus, die bereits in kritischem Zustand sind.169

Wartet, das ist längst noch nicht alles. Diese intensive, industrielle Viehzucht verschlingt auch den Phosphor der Menschheit, denn mineralischer Dünger wird — wie alles natürlich im Übermaß - in den Düngemitteln für das Getreide der Tiere verwendet. Ich habe es schon mehrmals gesagt, und ich lasse nicht locker: Phosphor ist neben Wasser eine nicht erneuerbare lebensnotwendige Ressource, die wir nicht herstellen können und mit der es sehr bald zu Ende sein wird. Wir müssen darum zwingend, es führt kein Weg daran vorbei — ich wiederhole mich bewusst ein weiteres Mal -, Schluss machen mit dem unkontrollierten Ausbringen von Phosphatdünger in Ackerböden.170 Es ist mittlerweile eine Frage von Leben oder Tod. Und das betrifft ebenso alle Stickstoffdüngemittel, die das gefährliche Lachgas (oder Distickstoffmonoxid, das die Ozonschicht zerstört) freisetzen: Die Landwirtschaft ist verantwortlich für 86,6 Prozent seiner Emissionen!171 Und um das Maß vollzumachen: Auch 94 Prozent der Emissionen von Ammoniak gehen auf das Konto von Massentierhaltung und intensiver Landwirtschaft172'173 (zu einem großen Teil hervorgerufen

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durch nicht verarbeitete Exkremente sowie Stickstoffdünger). Ammoniak ist der Hauptverursacher des berüchtigten sauren Regens und belastet die Luft durch Feinstaub. Dieser Regen zerstört die Nährstoffe im Boden, löst das Waldsterben aus und beeinträchtigt die Wasserqualität.174

Außer diesen bereits so vielfältigen und dramatischen Folgeerscheinungen, dass sie uns verblüffen oder entsetzen, bedeutet unser übermäßiger Konsum von Fleisch eine große Gefahr für unsere Ressourcen an Wasser, und dieses Wasser wird schon in fünf bis sechs Jahren anfangen, knapp zu werden] Ja, ihr habt richtig gelesen, in fünf bis sechs Jahren! Und die industrielle Produktion von einem Kilo Rindfleisch verschlingt 13 500 Liter Wasser (Habt ihr euch das vorgestellt? Ich denke, wir werden unser Pfeffersteak fortan wohl mit anderen Augen sehen, so viel steht fest) gegenüber 1200 Liter für ein Kilo Weizen! Und die Produktion von einem Liter Milch erfordert im Schnitt 990 Liter Wasser!175

Noch sind wir nicht am Ende: Die ungenügende Verarbeitung der tierischen Ausscheidungen in der intensiv betriebenen Viehzucht führt dazu, dass Nitrate und krankheitserregende Substanzen ausgewaschen werden und ins Grundwasser gelangen, wo sie die Trinkwasserreserven gefährden. Damit ist diese Form der Viehwirtschafi die Hauptquelle von Schadstoffen, die das Wasser verunreinigen, hauptsächlich durch tierische Abfallprodukte, Antibiotika, Hormone, Gerberei-Chemikalien, Dünger sowie alle für den Futtermittelanbau verwendeten Pestizide.176 Diese im Übermaß eingesetzten Düngemittel, unter anderem Stickstoff, Phosphate und Nitrate, gelangen mit der ebenfalls reichlichen Bewässerung in den Boden, und da weder Pflanzen noch Erdreich solche Mengen aufnehmen können, gerät überschüssiges Wasser von den Feldern über die Flüsse ins Meer und stellt auf diese Weise eine weitere, gravierende Ursache für Umweltverschmutzung dar, bis ins Grundwasser hinein (das in Frankreich bereits zu 43 Prozent den europäischen Nitratgrenzwert überschreitet). Und, haltet euch fest, während es uns bald schon an Wasser fehlen wird, erfahren wir, dass die gewinnorientierte intensive Landwirtschaft mit ihrer unkontrollierten Bewässerungspraxis der größte Verbraucher von Süßwasser auf dem Planeten ist, mit 70 Prozent der Wasserentnahmen (in manchen Entwicklungsländern sogar bis zu 95 Prozent)]

Ich komme später noch einmal auf das entscheidende Problem mit dem Wasser zurück, ich sag's lieber gleich, damit ihr nicht denkt, ich erzähle euch immer wieder dasselbe Zeug, ohne es zu bemerken. Aber in diesem Punkt, stimmt, da bin ich hartnäckig und schlage den Nagel lieber dreimal ein.

Unglaublich, diese Zahlen, wahnwitzig, nicht wahr? Da ist man einfach platt, aber das hatte ich euch ja gesagt.

Der Vollständigkeit halber will ich auch noch die »grüne Flut« erwähnen, die zum Beispiel immer wieder die bretonische Küste in Frankreich überzieht, Algenansammlungen, die ein tödliches Gas verströmen. Sie stammen von Güllerückständen, vor allem von den Exkrementen von Schweinen, die reich an Stickstoff sind und sich in der Folge in Nitrate verwandeln, und damit sind sie indirekt wieder einmal auf den exzessiven Einsatz von chemischem Dünger (Nitraten, Phosphaten) auf den Getreidefeldern zurückzuführen, die der Ernährung des Viehs dienen.177,178 Es ist ein

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