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6  Frühreife, eine Methode der Erhaltung  

 

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Die Natur hat in ihrem gefühllosen Spiel mit den Möglichkeiten des Lebens unvermittelte Neuheiten in der Entwicklungsgeschichte produziert, indem sie die Befruchtung und Ausreifung des Eis im Verhältnis zu den übrigen Phasen des Lebenszyklus beschleunigt. 

Wir müssen uns bei diesen Fragen stets vor Augen halten, daß wir einen vollständigen Lebenszyklus erben und nicht irgend eine fixierte Erwachsenenform. Und ein ums andere Mal hat die Natur eine Erwachsenenform ganz aus der Entwicklungsgeschichte gestrichen, hat sie ausgetilgt und aus irgendeinem Larvenstadium die geschlechtsreife Form gemacht. 

In einer frühen Phase der Geschichte waren die Stachelhäuter, der Seestern und so fort, mit ihrem strahlenförmigen Bau die Herren der Schöpfung. Sie hatten in ihrem Erwachsenenstadium wenig oder gar keine freie Beweglichkeit, und viele, wie die Haarsterne, waren an den Felsen festgeheftet. Unter anderen strahligen Formen kehrten die Manteltiere zur Erzeugung von Zellulose zurück und waren in ihren Lebensgewohnheiten ausgesprochen vegetativ. Sie stießen ihre befruchteten Eier ins Wasser aus, und deren Ausbreitung wurde sehr befördert durch die Entwicklung von Hilfsgerüsten, welche die treibenden Larven versteiften und ihrer Bewegung einen selbständigen Impetus gaben. 

Das Rückgrat dieser umherreisenden Absonderungen hat man Chorda dorsalis oder Rückenstrang genannt, und die neuen Vor- und Nachformen des Lebens, deren Vorläufer sie waren, heißen Chordata oder Chordatiere, im Gegensatz zu der Klasse von Formen ohne Chorda dorsalis, den Seesternen, Seeigeln, Seegurken und so fort, welche bis dahin Herren der Schöpfung gewesen waren.

Die ganze riesengroße Welt der Wirbeltiere einschließlich unser selbst verdankt ihr Dasein dieser Zufallsbildung der Natur. Sie hatte gar keinen tieferen Sinn. Es kam so.

Die Chorda dorsalis taucht in der Entwicklung aller Wirbeltiere auf, aber in sämtlichen höheren Formen dringt Knorpel- oder Knochensubstanz in sie ein und verdrängt sie. Sie bleibt während des ganzen Lebens erhalten im Schleim-Aal und in der Lamprete, und in dieser kommt sie auf unseren Tisch.

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H. G. Wells 1945