7 Der Antagonismus zwischen Alter und Jugend
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Der Verfasser nimmt diese Gegebenheiten der Natur mit Ruhe hin und wünscht sie sich nicht anders. Er glaubt jedoch nicht, daß irgendein junger Mann, sagen wir, jemand, der weniger als höchstens fünfunddreißig Jahre alt ist, sie im gleichen Geiste hinnehmen wird.
Bis ungefähr zu diesem Alter steht jeder jüngere Mensch in Konflikt mit dem Universum und sucht sich ihm gegenüber durchzusetzen.
Er muß in der Tat schon sehr wenig mit Lebenskräften begabt sein, wenn er bereit ist, nachzugeben und "die Dinge zu nehmen, wie sie sind".
Der Verfasser jedoch steht in seinem neunundsiebzigsten Jahr. Er hat vergnügt und gut gelebt. Wie Landor hat er sich beide Hände am Feuer des Lebens gewärmt, und nun, da es in eine zaghafte Hinfälligkeit absinkt, ist er bereit, Abschied zu nehmen.
Er erwartet sein Ende, die Menschheit beobachtend, immer noch voll Eifer darauf bedacht, in dieser Zeit geistiger Verwirrung für die von ihm angesammelten Erfahrungen nutzbringende Verwendung zu finden, doch ohne jenes ungestüme Drängen, sich mit dem Leben zu messen, das in keinem normalen jungen Menschen, ob männlich oder weiblich, fehlen darf.
Jeder Mensch, der die Entwicklungszeit hinter sich hat, ist in dem gleichen Falle wie der Verfasser. In jenen Lehrjahren formte er sich. Später hat er, wie alle älteren Menschen, die Denkformen, in die er seine Überzeugungen goß, lediglich ausgearbeitet und verfeinert, was in den meisten Fällen mit einem gewissen Nachlassen der Intensität vor sich geht.
Er neigt zu dem Gedanken, daß sein unablässiges Interesse an der biologischen Wissenschaft ihn vielleicht in engerem Kontakt mit den lebendigen Realitäten gehalten hat, als es bei Politikern oder Spekulanten oder Theologen oder betriebsamen Geschäftsleuten der Fall ist, doch dies trägt nichts zu einer Überbrückung der Kluft zwischen einem alten Mann und der Jugend bei.
Hoffnungsvoll oder hämisch, eifersüchtig oder neidlos schauen wir Alten zu und können auch nichts Besseres sein als Zuschauer.
Wir haben im wesentlichen vor etlichen vierzig Jahren gelebt. Die Jugend ist das Leben, und nur bei ihr ist Hoffnung.
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