Ken Wilber

Integrale Spiritualität

  Spirituelle Intelligenz rettet die Welt

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Lesebericht 2009 Von Wabizumai (Bayreuth, Bayern) bei amaz

Dieses Buch von Ken Wilber ist m.E. eine hervorragende Zusammenfassung seiner bisherigen Werke. Sinnvoll erscheint mir jedoch die vorangehende Lektüre seiner anderen Grundlagenwerke, denn der vorliegende Band setzt viel voraus und ist in gewohnter Wilberscher Manier auch sehr "amerikanisch"-plakativ geschrieben. Dadurch liest es sich allerdings auch flüssig, griffig, amüsant. Allein der Untertitel "Spirituelle Intelligenz rettet die Welt" ist - wie so oft - eine übel verkaufsanbiederne Konsession.

Im Original heisst es nämlich wesentlich seriöser: "A Startling New Role for Religion in the Modern and Postmodern World" Das impliziert doch wesentlich anderes.

Schade, das auch der Köselverlag es nötig hat, dieses Buch marktschreierisch so runterzutiteln. Nichtsdestotrotz: klar für den Inhalt alle Sterne ! 

 


 

Lesebericht 2008 Von Dr. Christoph Lübbert (Darmstadt) bei amaz

 

Hat man sich an KWs etwas "schnodderigen" Stil gewöhnt und gelernt, seine Bücher als Drafts (Entwürfe) zu lesen, so bemerkt man einen gewissen "Fortschritt" im Buch "Integrale Spiritualität" z.B. gegenüber den früheren Werken [1]"Eros, Kosmos, Logos" und [2]"Eine kurze Geschichte des Kosmos".

1. Er wirft nicht mehr so häufig mit seinem schillernden Holon-Begriff um sich.
2. Die Einteilung "der Welt" in KWs "Vier Quadranten" wird nicht mehr in der ehemaligen unsinnigen Weise unbedingt auf "alles" (z.B. auch auf Atome und Galaxien) ausgedehnt, sondern konzentriert sich mehr auf sein eigentliches Hauptthema: das Menschliche.
3. Die Aspekte (oder Perspektiven) der vier Quadranten werden noch einmal in je eine "Innenansicht" und eine "Außenansicht" differenziert.
4. Er unterscheidet endlich, endlich klar zwischen (temporären)"Zuständen" und "Entwicklungsstufen". (Genau die beiden letzten Punkte hatte ich in [1]EKL und [2]KGK vermisst!)
5. Die Erzeugung von "Schatten" (z.B. durch falsch angewandte spirituelle Praktiken) sowie die Möglichkeit ihrer Auflösung durch "Erkennen / Wiederaneignen / Transzendieren" wird recht schön und einfach beschrieben (ist ja auch längst bekannt und keine Erfindung von KW!).
5. Die Einbeziehung der sog. "Postmoderne" ist ein wichtiger Beitrag.

Allerdings sind auch in diesem Buch m.E. einige unverzeihliche "Schlampereien" zu bemerken:

1. Seine sehr unprofessionelle Einführung in die sog. "integral Maths." stiftet mehr Verwirrung als Klärung. (Er scheint keine Ahnung zu haben, wie man einen beliebigen Sachverhalt "mathematisiert")

2. KWs Bausch-und-Bogen-Behauptung, die (spirituellen) "Traditionen" hätten keine Ahnung gehabt von Zone 2, bleibt ohne die Angabe konkreter Beispiele einfach in der Luft hängen und ist damit wertlos (bereits im Sutta-Pitaka des Pali-Kanon kann findet man Beispiele, die KWs Behauptung widerlegen - nur, dass die einfache Pâli-Sprache noch nicht so gekonnt mit Ausdrücken wie "Spiral Dynamics" oder Schemata wie dem "Wilber-Combs-Raster" etc. um sich werfen konnte!).

Schließlich geht einem KWs "Integraler Reklamefeldzug" ziemlich auf den Geist; das ist "Internet-Stil" und nicht "Buch-Stil". Man hat dadurch doch den Eindruck, dass er genau denselben Fehler macht, wie alle anderen "Metaphysik-Fanatiker" auch: Alles in ein einziges Schema pressen zu wollen - und wenn's nicht klappt, anfangen zu schimpfen (KWs Schema: die 4Qs, die 8 Zonen sowie Zustände & Ebenen).

Aber wenn man den guten KW nicht ganz so ernst nimmt, ist das Buch doch recht erfrischend.

 


 

Zukunftsweisend    2008 Von Media-Mania.de

Auf Wilbers gewohnt frische und unkonventionelle Art, jedoch wissenschaftlich gründlich und fundiert, kommt sein Buch "Integrale Spiritualität" daher. Wilber selbst beschreibt seine Sprache als "salopp und frivol". Er brilliert mit gewohntem Witz, nichts ist ihm heilig, frei nach dem Motto "Wenn du Buddha triffst, dann töte ihn". Dies sei der einzig mögliche Umgang mit einem Thema, so behauptet er, bei dem es um nichts Geringeres geht als höchste Anliegen wie Gott und GEIST, Erlösung und Befreiung, Sünde und Rettung der Seele.

Wilber gibt zunächst einen Überblick über die Grundlagen und die Theorie, um die Voraussetzung zu schaffen für ein Verständnis integraler Spiritualität. Die Leser seiner früheren Bücher und diejenigen, die seine Arbeit im Internet mitverfolgen, finden hier Altbekanntes.

Als erstes geht er darauf ein, was ein "Integraler Ansatz" generell bedeutet und was im Hinblick auf verschiedene Gebiete wie Medizin, Ökologie oder Spiritualität. Ziel ist die aktive Entfaltung von Körper, Geist und Seele in Selbst, Kultur und Natur und diesen Beweis tritt er auf den nächsten Seiten an.

Wilber gibt in seinem Buch immer wieder kurze und präzise Überblicke über allgemein bekannte Methodologien und macht dann Vorschläge, wie sie in einen integralen Ansatz einbezogen werden können, und verdeutlicht dies durch zahlreiche Abbildungen und Tabellen.

Kurz erläutert er sein AQAL-Modell (Abkürzung für alle Quadranten, alle Ebenen, alle Linien, alle Zustände, alle Typen), welches eine Art Landkarte darstellt für quasi alles und jedes. AQAL ist ein theoretischer Ansatz zur Erfassung von Wirklichkeit und betrachtet das Ich, das Es, das Wir und das Sie jeweils aus der inneren Sicht und der äußeren.

Ebenso widmet Wilber ein Kapitel den verschiedenen Modellen zur Erklärung von Entwicklungsstufen. Im Folgenden bezieht er sich meistens auf Spiral Dynamics von Graves, oder die ego-, ethno- und weltzentrische Sicht, etwa des Individuums, der Gesellschaft oder der Religion. Jeder Mensch durchläuft die gleichen Entwicklungsstufen, beginnend auf Punkt eins, wobei man Entwicklungsstufen nicht überspringen, aber sie schneller durchlaufen kann, etwa indem man Meditation praktiziert. Das allein reicht allerdings nicht aus, sondern es gilt auch, andere relevante Bereiche der Lebenswirklichkeit einzubeziehen, eben alle Gebiete der AQAL-Karte.

Ken Wilber versteht es hervorragend, komplexe Sachverhalte in verständlichen Worten darzustellen und anhand von Beispielen zu verdeutlichen sowie neue Zusammenhänge herzustellen. Er beweist einmal mehr seine profunden Kenntnisse in Philosophie, Bewusstseinsforschung, Religionswissenschaften und spiritueller Praxis. Schlüssig beantwortet er die Frage: Wie kann ein integraler Ansatz in Bezug auf Spiritualität aussehen? Das kann beispielsweise eine "sozial engagierte Spiritualität" sein oder auch "Beziehung als spiritueller Weg". Wichtig ist, dass Spiritualität in allen Bereichen, im Ich-, Wir- und Es-Bereich gelebt wird, das volle Leben eben und nicht ein vertrocknetes und humorloses isoliertes. Dann kann Religion das "Förderband" sein, um Entwicklungsstufen zügig zu durchlaufen, eine Art "Aufzug zur Erleuchtung" sozusagen.

Um die konkrete Praxis geht es im letzten Kapitel. Hier beschreibt Wilber, wie sämtliche Aspekte einer integralen Praxis im täglichen Leben angewendet werden können, nennt zahlreiche Methoden der verschiedenen Bereiche und gibt Hinweise, wo man weitere Informationen hierzu findet.

Kommentierte Vorschläge zu ergänzender und vertiefender Literatur finden sich im ganzen Text, sowie Internetadressen der von ihm mitgegründeten integralen Institute, an denen zahlreiche Wissenschaftler und spirituelle Lehrer aus aller Welt mitarbeiten. Dort kann der interessierte Leser sich weiter informieren. Hilfreich ist auch die Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse an jedem Kapitelende. Eine kritische Auseinandersetzung und die Vertiefung einzelner Punkte hat Wilber ans Ende des Buches gestellt, um den Lesefluss und das Verständnis des Textes nicht zu stören. Die Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel "Integral Spirituality. A Startling New Role for Religion in the Modern and Postmodern World."

Auch geisteswissenschaftlich nicht vorgebildete und philosophisch unvorbelastete Leser sollten sich nicht abschrecken lassen, das Buch zu lesen, denn es enthält zahlreiche Hinweise, um die eigene spirituelle Praxis zu verbessern oder persönliche Transformation zu fördern, die auch ohne den theoretischen Unterbau verstanden und angewendet werden können. 

 


 

Visionär, inspirierend, herausfordernd...,

2008 Von Markus Sikor "Bücher für eine Welt, in der .....

Wilber ist einer meiner Lieblingsautoren, weil er mich immer wieder auf einer Ebene herausfordert, die mich wirklich weiterbringt. Die Kombination von, um es mal so zu sagen, tiefer Spiritualität (ohne seichtes New-Age-Geblubber) in Verbindung mit messerscharfer Rationalität ist für mich ein seelischer und geistiger Kompass in dieser oftmals so tief verwirrten, unsicheren und richtungslosen (Post-)Moderne. Es ist wahrscheinlich kein Buch, um sich mal ebene einen einfachen Überblick über die Integrale Denkweise zu verschaffen, dafür setzt es meines Erachtens zu viel voraus - dafür lieber "Eine kurze Geschichte des Kosmos" lesen. Der Blick auf die Rolle von Religion für eine gesündere, menschlichere Welt ist meines Erachtens sehr fundiert, sehr anregend, auch herausfordernd (Religionen als das mögliches "Förderband" für eine gesunde Entwicklung der Menschheit durch die großen Entwicklungsebenen). Mich beschäftigt das Buch auf jeden Fall immer wieder und empfehle es gerne weiter! Das Buch hat für meinen Geschmack nur leider einen bescheuerten Untertitel, der es wahrscheinlich in die Händer derer locken soll, die damit aber dann wenig anfangen können (nämlich derer, die noch keine Ahnung von Integraler Theorie haben). Der englische Titel ist da wesentlich ehrlicher und genauer ("A startling new role for for religion in the modern and postmodern world").

 

 

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