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1  Einführung

  Von Jonathan Aldred 2019

 

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Im Laufe der vergangenen etwa 50 Jahre haben »neue« Ideen, wie wir uns verhalten sollten, unser Denken korrumpiert. Inzwischen sehen wir Schwarz als Weiß an, Schlechtes als Gutes: Es ist moralisch, unmoralisch zu sein. Dieser Wandel hat enorme Auswirkungen, wurde jedoch durch viele kleine, kaum erkennbare Schritte erreicht.

Natürlich sind wir heute von Haus aus nicht weniger rechtschaffen als frühere Generationen. Und dies ist keine einfache Geschichte über Menschen, die sich wissentlich schlecht verhalten. Vielmehr geht es darum, dass wir in dem Glauben bestärkt wurden, bestimmte Verhaltensweisen und Aktivitäten seien akzeptabel, natürlich, rational, eingewoben in die Eigenlogik der Dinge – obwohl sie noch vor wenigen Generationen für dumm, befremdlich, schädlich oder einfach niederträchtig gehalten wurden.

Es hat sich ein Wandel vollzogen in unserem Verständnis vieler Ideen und Wertvorstellungen, an denen wir unser Leben ausrichten: Ideen über Vertrauen, Gerechtigkeit, Fairness, Entscheidungsfreiheit und soziale Verantwortung – Ideen, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft zutiefst prägen. Obwohl diese Entwicklungen relativ neu sind, haben sie sich inzwischen in unserem Alltag dermaßen ausgebreitet und so tief verwurzelt, dass sie uns kaum noch bewusst sind.

Nehmen wir zum Beispiel die globale Finanzkrise, die 2007 begann.

Es besteht weitgehend Einigkeit, dass die Verantwortung für diese Krise zum großen Teil bei den Aufsichtsbehörden liegt, bei den Menschen, die beim Staat beschäftigt sind, um die Aktivitäten von Banken und anderen Finanz­institutionen zu beaufsichtigen. Heute ist oft zu hören: »Schuld sind die Bankenaufseher« – aber das sollte uns schockieren. Wir machen ja auch nicht die Polizei dafür verantwortlich, wenn bei uns zu Hause eingebrochen wird. Warum schieben wir also den Bankenaufsehern die Schuld dafür in die Schuhe, wenn Banker sich leichtsinnig (und manchmal kriminell) verhalten haben? Die Antwort lautet im Wesentlichen: »Banker sind nun mal so«, und es sei sinnlos, sie dafür zur Verantwortung zu ziehen. Und wenn der eine Banker sich zurückhält, wird ein anderer in die Bresche springen und die sich bietende Gelegenheit ausnutzen. Die Märkte seien auf Gier angewiesen, um ordentlich zu funktionieren.

Indem wir nichts dagegen unternommen haben, dass diese gefährlichen Ideen um sich greifen, haben wir den Bankern eine Entschuldigung dafür geliefert, gierig zu sein, und die Erlaubnis, das System auszunutzen: eine Lizenz zu korruptem Verhalten.

Aber es sind ja nicht nur die Banker. Der Verfall der Sitten reicht viel weiter und tiefer. Nehmen wir das Beispiel Volkswagen:

Wie konnte der größte Automobilkonzern der Welt sich von einem bescheidenen, vorsichtigen Hersteller eines einzigen Fahrzeugmodells in ein Groß­unternehmen verwandeln, das mit ausgeklügelter Raffinesse eine zynische, breit angelegte Täuschung seiner Kunden ins Werk gesetzt hat?

Zumindest ein Teil der Erklärung ist sicherlich im Wandel der Unternehmenskultur zu finden, der von Milton Friedman vorangetrieben wurde, einem Ökonomen der University of Chicago.

Im Jahr 1970 veröffentlichte Friedman – der später als Berater des US-Präsidenten Ronald Reagan und der britischen Premierministerin Margaret Thatcher fungierte – in der New York Times einen einflussreichen Artikel mit der Überschrift »The Social Responsibility of Business is to Increase Its Profits« (»Die gesellschaftliche Verantwortung eines Unternehmens besteht darin, seine Gewinne zu steigern«). Um Missver­ständnissen vorzubeugen: Friedman vertrat darin die Auffassung, dass Profit die einzige Verantwortung eines Unternehmens sei.

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Und der Einfluss solcher neueren ökonomischen Ideen erstreckt sich nicht nur auf die Welt der Industrie-und Finanzkonzerne. Etwa zur gleichen Zeit, als Friedman die Verantwortlichkeiten von Unternehmen umdefinierte, wurden auch die Verantwortlichkeiten des einzelnen Bürgers durch neu aufkommende Ideen geprägt.

Nehmen wir eine Idee, die als »Free-Riding« (Trittbrettfahren) bekannt ist. Diese Theorie impliziert, dass kooperatives Verhalten in vielen Fällen irrational sei, und zwar aus folgenden Gründen: Selbst wenn der Einzelne sich kooperativ verhält, wird es niemand anders tun – und auf jeden Fall sei der Beitrag des Einzelnen zu klein, um einen Unterschied zu machen.

Obwohl der Einfluss dieser Theorie auf die gesellschaftliche Entwicklung bis heute nicht allgemein anerkannt ist, haben die ihr zugrunde liegenden Ideen unser alltägliches Denken durchdrungen und das verbreitete Gefühl, jeder müsse »einen Beitrag leisten«, verdrängt. Wir alle sind korrumpiert worden, bis hinunter auf die Ebene kleiner, alltäglicher Entscheidungen. Mittlerweile glauben wir, dass es sinnlos sei, wählen zu gehen, und harmlos, Musikdateien, Nachrichtenseiten und andere Online-Inhalte zu nutzen, ohne dafür zu bezahlen. Wir halten es für selbstverständlich, dass viele Menschen routinemäßig Versicherungsschäden zu hoch angeben und Steuern vermeiden, wann immer es möglich ist. Und während wir im dichten Gedränge an verstopften Großstadtstraßen entlanggehen, starren wir auf unser Smartphone, ohne ausreichend darauf zu achten, Kollisionen mit anderen Fußgängern zu vermeiden. In all diesen Fällen verlassen wir uns darauf, dass »die anderen« schon ihren Beitrag leisten und aufpassen werden, weil sonst so eine gemeinschaftliche Aktivität unmöglich wäre.

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Bei anderen Gelegenheiten kommt es gar nicht erst zu einer wirklich gemeinschaftlichen Aktivität, weil wir aufgrund der vorherrschenden Trittbrett­fahrer-Mentalität die Hoffnung schon aufgegeben haben, bevor wir überhaupt anfangen. Das führt zum Beispiel dazu, dass viele Menschen angesichts der Klimaveränderung verzweifeln.

Wie ist es so weit gekommen?

Und wie sind wir zu einer Welt geworden, in der die reichen Länder immer reicher werden, während immer mehr ihrer Bürger auf Suppenküchen und gemeinnützige Tafeln angewiesen sind?

Könnte es unter anderem daran liegen, dass uns gesagt wurde, die Reichen noch reicher zu machen, sei gut für die Wirtschaft, aber die Armen reicher zu machen, sei schlecht?

Wie kommt es, dass so viele von uns all diese Dinge glauben, obwohl es noch gar nicht so lange her ist, dass wir ganz andere Überzeugungen und Wertvorstellungen hatten?

Wie auch immer Sie zu Bankern stehen mögen, zu den Profiten großer Konzerne, zu Wahlen, kostenlosen Online-Inhalten, zur Klimaveränderung oder zu gesellschaftlichen Ungleichheiten – nur allzu oft scheinen wir in unserer heutigen Weltanschauung gefangen zu sein (manche Kommentatoren haben sie »Neoliberalismus« genannt, aber dieses Wort wird Ihnen in diesem Buch nicht noch einmal begegnen).*

Die Wirtschaftswissenschaften scheinen unsere Entscheidungsmöglichkeiten einzuschränken. Darüber hinaus prägen sie die Fragen, die wir stellen, und die Probleme, die wir sehen. Welche Antworten akzeptabel sind, wird von unseren aus der Ökonomik abgeleiteten Moralvorstellungen beeinflusst. Wenn wir uns also gesellschaftlichen Wandel erhoffen, ist der entscheidende erste Schritt zu verstehen, wie es so weit kommen konnte – wo diese machtvollen neuen Ideen herkamen und wie sie es geschafft haben, uns so fest in ihren Bann zu schlagen.

* Ich meide dieses Wort, weil kaum jemand es verwendet und alle anderen sich nicht auf seine Bedeutung einigen können.

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Die Antwort ist keineswegs offensichtlich, denn schließlich haben wir die Ökonomik mal ins Lächerliche gezogen und uns ihr ein andermal gebeugt. Unsere aktuelle Weltanschauung haben wir uns nicht aus freien Stücken zugelegt, aber sie ist auch nicht von ungefähr gekommen – sie war nicht das Ergebnis einer Verschwörung, obwohl es aus mancherlei Sicht so wirkt.

Um zu sehen, wo das alles begann, müssen Sie ins schweizerische Genf reisen. Nehmen Sie einen Zug, der nach Osten fährt, an den Ufern des Genfersees (Lac Léman) entlang. Steigen Sie in Vevey aus und nehmen Sie dort die Seilbahn, die am Hang des Mont Pèlerin nach oben fährt. Ihr Hotel ist nur zwei Gehminuten von der oberen Endhaltestelle der Seilbahn entfernt. Im Jahr 1947 machten etwa 50 Personen die Reise zu diesem Hotel, das damals »Hôtel du Parc« hieß. Die meisten von ihnen waren Universitätsprofessoren, neben einigen Journalisten und Geschäftsleuten. Was sie verband, waren ihre Befürchtungen und ihr Abscheu gegen die Richtung, die viele Länder einzuschlagen schienen.

In fast allen Ländern strebte damals der Staat eine wichtigere Rolle an als zuvor. Die Weltwirtschaftskrise und die Massen­arbeitslosigkeit der 1930er-Jahre waren noch immer in lebhafter Erinnerung; die wirtschaftliche Krise hatte beim Aufstieg des Faschismus und der darauf folgenden Katastrophe des Zweiten Weltkriegs eine wichtige Rolle gespielt. Als in Europa wieder Frieden einkehrte, wollte niemand, dass auch die Massenarbeitslosigkeit zurückkehrt, und mit seiner neuen Ökonomik zeigte John Maynard Keynes, dass eine Regierung durchaus die Macht hat, das zu verhindern. Keynes, der die Fundamente der modernen Makroökonomik legte, war der wahrscheinlich einflussreichste Ökonom des vergangenen Jahrhunderts. Es war Keynes, auf den die heute allgemein bekannte Idee zurückgeht, dass eine Regierung in einem wirtschaftlichen Abschwung die Staatsausgaben erhöhen oder die Steuern senken sollte, um die Wirtschaft anzukurbeln.

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Die keynesianische Volkswirtschaftslehre ergänzte die »New Deal«-Politik der Vereinigten Staaten und die Schaffung des Wohlfahrtsstaats in Großbritannien, nachdem 1942 der Beveridge Report veröffentlicht worden war. Der Ökonom William Beveridge war von der britischen Regierung beauftragt worden, das Problem der Arbeitslosen­versicherung und der damit zusammenhängenden Sozialleistungen zu untersuchen und entsprechende Empfehlungen auszusprechen. In seinem bahnbrechenden Bericht befürwortete er eine staatliche Sozialversicherung »von der Wiege bis zur Bahre«.

Ironischerweise war es Beveridge, der 1931 einen Mann eingestellt hatte, der sein Leben der Aufgabe widmen würde, so gut wie alles, woran Beveridge glaubte, infrage zu stellen. Als Beveridge in seiner Funktion als Direktor der London School of Economics einem kaum bekannten österreichischen Ökonomen namens Friedrich August von Hayek eine Dozentenstelle anbot, konnte er nicht ahnen, welche Folgen das haben würde. Es war von Hayek, der 1947 die Zusammenkunft auf dem Mont Pèlerin organisierte.

Von Hayek hatte sich aus nahezu totaler Anonymität ins Rampenlicht katapultiert, als 1944 sein Buch The Road to Serfdom (deutsche Ausgabe: Der Weg zur Knechtschaft) veröffentlicht wurde. Darin sagte er im Wesentlichen, dass Großbritannien durch den vorherrschenden Trend zu mehr zentraler Planung und stärkerer Einmischung der Regierung in die Wirtschaft auf einen Weg geraten werde, der letzten Endes in einen totalitären Staat nach dem Beispiel Nazideutschlands führen werde.

Innerhalb weniger Tage nach Erscheinen war Der Weg zur Knechtschaft ausverkauft, und weil im Krieg das Papier knapp war, konnten auch die im folgenden Jahr aufgelegten Nachdrucke die ungebrochene Nachfrage nach dem Buch nicht decken. Wegen seiner kontroversen Botschaft wurde das Buch von drei US-Verlagen abgelehnt, bis ein Ökonom in Chicago – der auf den passenden Namen Aaron Director hörte – die University of Chicago Press überzeugte, das Buch zu verlegen.

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Director hatte unter seinem eigenen Namen relativ wenig publiziert, doch er hatte – neben seiner Rolle bei der Veröffentlichung von Der Weg zur Knechtschaft – maßgeblichen Einfluss auf die Arbeit einiger wichtiger Ökonomen, etwa seines Schwagers Milton Friedman. Während seines Grundstudiums an der Yale University war Director ein Anti-Establishment-Bilderstürmer gewesen, der zusammen mit einem engen Freund, dem Maler Mark Rothko, eine Underground-Zeitung namens Yale Saturday Evening Pest produziert hatte. Gleichwohl war Director in seinem späteren Leben konservativ genug, um Friedman – der ja immerhin als Berater der Konservativen Reagan und Thatcher fungiert hatte – als »meinen radikalen Schwager« zu bezeichnen.1

Der Weg zur Knechtschaft war auch in den Vereinigten Staaten ein großer Erfolg. Ebenso wie in Großbritannien hatte der Verlag mit den Behörden zu kämpfen, die für die Rationierung von Papier zuständig waren, um genug Exemplare des Buches drucken zu können, damit die Nachfrage gedeckt werden konnte. Doch dann veröffentlichte Reader’s Digest eine gekürzte Fassung von 20 Seiten in einer Auflage von mehreren Millionen Exemplaren. Zu diesem Zeitpunkt befand sich von Hayek auf einem Schiff, das nach New York unterwegs war. Nachdem es dort angelegt hatte, wurde ihm gesagt, die bescheidene, für seine US-Reise geplante Vorlesungsreihe sei gestrichen worden, weil er stattdessen eine Vortragsreise durchs ganze Land machen sollte. Die erste Vorlesung hielt er in der New York Town Hall, deren 3000 Plätze vollständig ausverkauft waren; in den Gängen und Nebenräumen drängten sich viele weitere Zuhörer.

Aufgrund seines wachsenden Einflusses und Ruhmes war es kein Wunder, dass von Hayek für den Vordenker der Gruppe gehalten wurde, die später auf dem Mont Pèlerin zusammenkam (und bald als »Mont Pèlerin Society« bekannt wurde).

Sowohl Friedman als auch Director saßen im Publikum. Am 1. April, dem Tag ihrer ersten Begegnung, hatte von Hayek die Aufgabe umrissen, die sich ihnen stellte – nämlich Großbritannien, die Vereinigten Staaten und andere Länder vor dem zu retten, was er und seine Reisegefährten für einen Abstieg in den Totalitarismus hielten.

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Von Hayek war davon überzeugt, dass die zunehmende Einmischung von Regierungen in die Wirtschaft eine direkte Bedrohung individueller Freiheiten darstelle – Freiheiten, die nur wiederhergestellt werden könnten, indem man die Einmischungen des Staates beharrlich, langsam und geduldig zurücknähme und letzten Endes zu einer echten freien Marktwirtschaft zurückkehrte.

Von Hayek ließ keinen Zweifel an dem gewaltigen Umfang der Herausforderung.

Aus von Hayeks Sicht war die keynesianische Wirtschaftslehre weit mehr als nur ein Sortiment politischer Empfehlungen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit. Es entstand sehr schnell ein Konsens, dem zufolge die wichtigste Pflicht einer Regierung darin bestand, für Vollbeschäftigung zu sorgen.

(Selbst die Banker schienen das so zu sehen: In einem für die britische Regierung bestimmten Memo wies Keynes darauf hin, dass internationale Finanziers eine signifikante Arbeitslosigkeit in Großbritannien missbilligen würden.)2

Darüber hinaus bestand Keynes darauf, dass eine Regierung die Aufgabe habe, die Kräfte des Marktes zum Nutzen der gesamten Gesellschaft zu regulieren und zu ergänzen. Und es galt als selbstverständlich, dass Regierungen in der Regel kompetent und kenntnisreich seien und sich zuverlässig für das Gemeinwohl einsetzen würden. Dies war die Brille, durch welche die Menschen die Wirtschaft inzwischen sahen.

Von Hayek hatte erkannt, dass es eine ganz andere Perspektive erfordern würde, die keynesianische Lehrmeinung umzustoßen – dafür müsste die Sicht der Menschen von Wirtschaft und Staat auf fundamentaler Ebene verändert werden. Er kam zu dem Schluss, dass die Mont Pèlerin Society »sich weniger damit beschäftigen sollte, was unmittelbar praktikabel wäre, sondern vielmehr mit den Überzeugungen, die wieder die Vorherrschaft erringen müssen«.3 Es sei ein langfristiges Projekt, die Überzeugungen zu verändern, die dem »gesunden Menschenverstand« der Leute zugrunde liegen. Anders ausgedrückt: uns zu einer anderen Weltanschauung hinzuführen.

In dieser Hinsicht würden von Hayek und seine Kollegen von der Mont Pèlerin Society letzten Endes weit erfolgreicher sein, als sie es erwartet hatten. Sie wussten, dass es eine enorme Herausforderung sein würde, die vorherrschende Weltanschauung zu verändern. Hinzu kam noch, dass 1947 die Mont-Pèlerin-Gruppe weit abseits des politischen und wirtschaftlichen Mainstreams stand – zwar wurden sie nicht unbedingt als Spinner angesehen, aber doch belächelt. Es würde weitere drei Jahrzehnte dauern, bis ihre Ideen sich durchsetzen konnten. Rückblickend ist es leicht, den Wendepunkt zu erkennen.

Niemand bezweifelt heute, dass es einen fundamentalen politischen und wirtschaftlichen Einschnitt bedeutete, als 1979 in Großbritannien Margaret Thatcher an die Regierung gewählt wurde und kurz darauf in den USA Ronald Reagan. Als Thatcher und Reagan die Führung übernahmen, wurde der keynesianische Konsens der Nachkriegszeit hinweggefegt. Thatcher wurde im Februar 1975 zur Vorsitzenden der British Conservative Party gewählt. Die Konservativen drängte es zur Macht, und auf einer Strategiesitzung im Sommer jenes Jahres wurde vorgeschlagen, dass die Parteipolitik fortan ausdrücklich einem »Kurs der Mitte« folgen solle, unter Vermeidung von zu links- oder rechtsextremen Positionen.

Thatcher ergriff das Wort, zog ein Buch von Hayeks aus der Aktentasche und hielt es hoch, sodass es alle sehen konnten. »Das ist es, woran wir glauben«, verkündete sie und knallte das Buch auf den Tisch.4

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