Die Botschaft des Jahrtausends
Zeitschrift Scheidewege, 26. Mai 1997 - Amery Amery-1994 Botschaft
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Wer in unseren Tagen darüber sprechen will — in unseren Tagen, in der die Aufmerksamkeit des Politikers bis zum nächsten Wahltermin, die des Unternehmers bis zur nächsten Aktionärsversammlung, die des Autofahrers bis zur nächsten Radarfalle reicht —, der tut zunächst gut daran, seinem Publikum zu danken, das bereit ist, Erwägungen über etwas bedeutendere Zeitstrecken anzuhören. Solcher Dank sei also füglich vorweggenommen.
Es sind keineswegs nur Kalenderzahlen, die das Thema nahelegen. Gewiß, es ist durchaus nützlich, mit dem Engel der Geschichte zurückzublicken von einer nahen Daten-Wasserscheide aus (eigentlich haben wir sie längst passiert, weil der fromme Mann, der Jesu Geburt auf 753 ab urbe condita, also seit der Gründung Roms festlegte, ein paar Jahre zu spät lag und liegt) — aber es ist vor allem deshalb nützlich, weil die Botschaft dieses Jahrtausends in der Tat höchst beunruhigend und höchst wichtig ist — die wichtigste vielleicht, seit der Homo sapiens in grauer Vorzeit aus dem Tanganjika-Becken aufgebrochen ist, um die Welt zu besetzen.
Ja, wir werden zu dem Schluß gelangen, daß das Jahrtausend selbst die entscheidende Wende, der entscheidende Kreuzweg für die Menschheit geworden ist, entscheidend über ihr Leben oder ihren Tod.
Daß wir uns dabei auf Europa beschränken, hat seinen guten Grund. Es hat in diesem Zeitraum Europa bestürzend rasch nicht nur die Weltherrschaft übernommen, sondern dieser Welt seine Methoden und Standards als Weltkultur aufgezwungen oder doch aufzuzwingen versucht.
Dabei war Europa im Jahre 1000 eine ziemlich rückständige Halbinsel Asiens, dessen Großreiche über vielfach machtvollere Ressourcen und einen vielfach höheren Organisationsgrad verfügten. Die Botschaft, auf die Europa damals, am Ende des ersten Milleniums hörte, war die christliche, fundamentalistisch gedeutet und erlebt — und diese Botschaft barg die drohende Möglichkeit, daß mit dem Jahrtausendende die Wiederkunft des Herrn, der Tag des Gerichts fällig wurde. Diesen Tag erwartete man nicht mehr mit der Sehnsucht der Urchristen, man zitterte vielmehr vor ihm, vor dem Dies Irae, dem Tag des Zorns, der uns arme Sünder vor die Schranken des allwissenden Richters zitieren würde.
Es ist durchaus sinnvoll, das Ausbleiben dieses Gerichtstags als eine erste, eine sozio-psychologische Botschaft zu deuten. Der erschütterungsfreie (jedenfalls metaphysisch erschütterungsfreie) Übergang ins nächste Jahrtausend schob den eschatologischen Termin weit weg ins Ungewisse, nötigte zumindest zu einer weniger einfältigen, weniger selbstverständlichen Frömmigkeit — gab auch schon den Weg frei zu einer ersten Scheidung zwischen heilig und profan, die dann, durch die Revolution Gregors VII. im elften Jahrhundert, durch den Konflikt zwischen Papst und Kaiser, zu einem hochwichtigen, vielleicht dem wichtigsten Kennzeichen westeuropäischer Fortschrittsdynamik wurde.
Europa begriff die Lektion sehr rasch, und Italien wurde ihr gelehrigster Schüler. In seinen Stadtstaaten entstand der Frühkapitalismus, und schon im Hochmittelalter setzte eine erste Industrialisierung ein — Exportfertigung von Textilien hauptsächlich, für die mannigfache Arten von Mühlen und Hammerwerken tätig wurden.
Eine Arbeitswelt von triefenden Rädern, unerbittlich, taktgerecht, dröhnend niedersausenden Kolben und Hammerköpfen: dies war durchaus etwas völlig Neues, und es gibt Berichte von byzantinischen Reisenden, die angesichts all dessen einen sehr modernen, das heißt romantisch-modernen Zukunftsschock erlitten.
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Der Export von Barchent und anderen Tuchen ging natürlich auch nach Norden, in die Welt jenseits der Alpen, in denen sie guten Absatz fanden. Denn dort war eine Expansion der Bevölkerung im Gange, es war die Zeit der großen inneren Landnahme, der Rodungen, der Neubesiedlung bis dahin unbebauten oder bewaldeten Landes.
Es gibt biologische Puristen, die im Niederlegen unserer Wälder die Ursünde Europas sehen: wir hätten, so meinen sie, keine Ernährungstechnik anwenden dürfen, die aus semiariden Breiten des Nahen Ostens und Südostens stammt; wir hätten lernen sollen, "den Wald zu essen".
Nun, wie immer es sei oder gewesen sei — die Rodungskolonisation entsprach dem Pioniergeist der Zeit, entsprach dem himmlischen Befehl, sich die Erde untertan zu machen, entsprach den großartigen Möglichkeiten, welche vor allem die straffe Disziplin der Klöster hervorbrachte — und wohl auch der jetzt allenthalben angewandte Scharpflug.
Industrie in Italien; innere Kolonisation und Landnahme nördlich der Alpen, überwölbt von einem deutlich wärmeren Himmel; schwindende Furcht vor dem Tag des Gerichts; zunehmende Festigung eines eigenständigen weltlichen Bereichs gegenüber der Sakralmacht — die Kräfte der Beschleunigung waren am Werk.
All dies wurde an Zukunfts-, an erdgeschichtlicher Bedeutung weit übertroffen von einem Ereignis, das unsere Juristen »Höhere Gewalt«, das ältere englische Recht noch Act of God, also eine Tat Gottes nennen.
Diese Gottestat hat ein moderner französischer Historiker in unübertrefflicher Sachlichkeit die »Internationalisierung der Mikroben« genannt. Dabei lassen sich deutlich zwei Wellen unterscheiden, die scheinbar völlig gegensätzlich liefen, aber zusammen zu einer höchst komplizierten Botschaft wurden.
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Die erste Welle der Mikroben-Internationalisierung betraf eindeutig Europa — die Schwarze Pest. Sie wurde nicht durch einen Kriegszug ausgelöst wie die meisten Epidemien der Vergangenheit, sondern durch sein Geschwister, den Handel. Ihre Kriegshorde war eine neue Rattenart, die über Schiffs- und Karawanenwege eindrang und einen neuen Erreger einschleuste — einen Erreger, auf den der kleine Erdteil völlig unvorbereitet war.
Was kam, wissen wir: bis zu zwei Drittel der Bevölkerung wurden hinweggefegt, Dörfer verödeten, in den Gassen der Städte häuften sich die Leichen, und die Gesamtseele des Jahrhunderts, jenes »Herbstes des Mittelalters«, war versehrt. Die Spätfolgen dieser Verheerung wirkten auf das Lebensgefühl, auf das Körperbewußtsein, auf den Stil der Frömmigkeit, — und sie reichen bis in die Zeit unserer Väter.
Ja, vielleicht reichen sie bis in unsere Tage. Ihr Vermächtnis ist unter anderem die unendliche Verbitterung, mit welcher wir gegen den Tod als unser Schicksal kämpfen. Die Pest machte ihn als kollektives Gemetzel von blendender Härte fühlbar, sie löste, so vermuten viele, eine langfristige europäische Neurose, eine Todespanik aus, die sich schließlich in die grimmige und kaum mehr hinterfragte Entschlossenheit der modernen Medizin verwandelte.
Sehr zwiespältig wird die Botschaft der Pest allerdings, wenn wir den Blick vom unmittelbaren Leid ab- und den Folgen für die gesamte europäische Lebenswelt zuwenden. Die sah nämlich im 14. Jahrhundert schon reichlich zerschunden aus, dank der Pioniertaten des Hochmittelalters. Der Ertrag war immer ärmlich, die Ernährung erbärmlich gewesen, immer um die Hungermarke oszillierend. Jetzt, im geleerten Land, brauchte man nur mehr die besseren Böden anzubauen. Moor, Wald und Heide war eine Erholungspause gegönnt.
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Und solche Erholung bezog auch die Armen ein. Sobald das große Sterben vorbei war, erwischte es nachträglich die Reichen genau in dem Punkt, wo es ihnen am meisten wehtat: beim Reichtum. Die Zeugnisse der Zeit sagen, daß die Tagelöhner plötzlich ein Vielfaches von dem verdienten, was man ihnen vor der Pest gezahlt hatte, und es setzen auch bewegte Klagen über die plötzliche Dreistigkeit des Personals ein — die Pest hat also die Mächtigen wenn nicht vom Thron gestürzt, so doch ihren Abstand zu den Niedrigen erheblich verringert.
Viel folgenschwerer wurde die zweite Welle. Sie überflutete allerdings in der Hautsache nicht Europa, sondern sie ist bekannt als die Epoche der großen europäischen Entdeckungen und Erschließungen, vor allem in Amerika und auf der Südhalbkugel.
Die Rattenart, die diesmal zum Werkzeug der großen Mikrobenwanderung wurde, trug Musketen und Brustpanzer und hieß, je nachdem, Spanier, Portugiesen, Holländer, Franzosen oder Engländer. (Auch Deutsche machten mit, siehe die Welser in Venezuela.)
Für sie, die intelligenten und energischen Säuger, war diese Entdeckung und Erschließung natürlich alles andere als ein Fluch; für sie wie für uns war sie eines der segensreichsten Ereignisse der Geschichte. Da stiegen gedeckte Tische aus der See empor, vor allem das riesige Amerika — ein gottgesandter Ausweg für die Millonen, die seit der großen Pest schon wieder zugewachsen waren; zweifellos eine Großtat Gottes an seine Erwählten — Magnalia Christi Americana, so lautete die Überschrift des ersten, von einem puritanischen Pastor verfaßten Geschichtsbuchs auf neuenglischem Boden. Er wie alle anderen Frommen stürzte sich mehr oder weniger gewalttätig in dieses Manifest Destiny, das sie in wenigen Generationen bis zum Pazifik trug.
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Die Eindringlinge handhabten Stahl und Pulver, Säbel und Peitsche, Feuerwasser und verlogene Juristerei energisch genug; aber alle diese Waffen erklären nicht die Geschwindigkeit, mit der die indianische Bevölkerung schrumpfte:
Als Kolumbus die westindischen Inseln erreichte, lebten auf ihnen etwa fünfzehn Millionen Tainos. Vierzig Jahre später gab es sie nicht mehr.
Zwanzig oder dreißig Jahre nach der Eroberung Mexikos durch Cortes war das Land von noch höchstens einem Zehntel der Menschen bewohnt, die der Eroberer dort vorgefunden hatte. '
Schon zur Zeit der sogenannten Pilgerväter, also zu Beginn des 17. Jahrhunderts, verschwanden ganze Algonkinstämme — die Kolonisten fanden ihre Friedhöfe, als sie anlandeten.
Was geschah, war klar. Riesige Heere von Mikroben waren aus den Biolabors der schmutzigen europäischen Städte und Dörfer aufgebrochen — kein einheitlicher Schwarzer Tod mehr, sondern eine Kollektion mit Typhus, Blattern, Cholera, Ruhr, Masern — bis hinunter zum ordinären Schnupfenbazillus. Und sie stießen auf Völker, deren Immunsystem auf sie völlig unvorbereitet war.
Gottestat für wen? Es gab spanische Priester, die daraus das Wohlgefallen Gottes mit seinen christlichen Kindern herauslasen: Er entferne eben rechtzeitig die weniger wohlgefälligen Rothäute, damit sie der Ausbreitung spanischer Macht und damit des Reiches Gottes nicht im Wege stünden.
Andere, etwa die Jesuiten in Kanada und Paraguay, waren ehrlich und tief betrübt, daß ihre Träume von wehrhaften christlichen Indianernationen auf so unerklärliche Weise zerrannen.
Segen oder Fluch? Zorn oder Wohltat Gottes? Stellen wir einfach fest, daß ein Erdteil, der wesentlich größer ist als Europa, einen wesentlich größeren Anteil der Bevölkerung verlor als Europa unter der Schwarzen Pest; daß die mikrobische Revanche Amerikas, die Syphilis, wesentlich
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weniger wirksam war (wenn sie auch den Lusthimmel auf Jahrhunderte verdüsterte und als unmittelbare Strafe für Unzucht eine beliebte Bußgeißel wurde). Stellen wir fest, daß die Weiten der gewonnenen Länder den Aufbau der bisher wohlhabendsten Gesellschaft der Welt ermöglichte — und zwar nicht nur in Amerika, Australien, Neuseeland selbst als auch bei uns im alten Land.
Jeder zweite Europäer lebt heute in anderen Erdteilen als Europa. Nicht nur wurden sie zu einem großartigen Ventil für die übervölkerten Stammlande; nicht nur boten sie dem Auswanderer Chancen, von denen er zuhause nicht zu träumen wagte. Wesentlicher noch, so ist zu fürchten, ist das, was sie unserer Gesamtseele angetan haben.
In Amerika, Australien, weiten Teilen Afrikas konnten uralte europäische Sehnsüchte und Begierden ausgelebt und sogar wiederbelebt werden, die aus der Zeit der Völkerwanderung, der großen Eroberungen, der Beutezüge der Nordmänner stammten. Weiter Ausgriff in den Raum, die fast absolute Unabhängigkeit von irgendwelchen Autoritäten oder Kontrollen, der einsame Held im Angesicht der einsamen Gefahr: das wars, was sich das europäische Herz durch die Jahrhunderte der Unterdrückung, der geistlichen und weltlichen Oberaufsicht, des Hungers und der engbrüstigen Nachbarschaften bewahrt hatte: das Wissen vom rauhen, gefährlichen, aber unendlich weiten Paradies, das sich etwa in den Prosageschichten der Island-Sagas erhalten hat und im klassischen Western wiederbelebt wurde. Amerika etwa war genau das, was der Europäer wollte — genauer gesagt: was der nicht ganz erwachsene, der prahlerische und rechthaberische Europäer wollte. Das galt und gilt ebenso für den Schweinehirten aus der Estremadura wie für den See- und Prärie-Vaganten aus britischem oder schottischem Blut.
Die Neue Welt: das war für immer mehr europäische Neuerer von nun an die eigentliche, die »normale« Welt, die Welt ohne die Erblasten der kläglichen Vergangenheit.
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Rousseau fand in ihr seinen Edlen Wilden, die Aufklärer fanden eine ideale Republik mit Menschenrechten und Verfassung. Der »Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit« (Kant) wurde um vieles leichter, wenn man wußte, wie viele unbewachte und unkontrollierbare Ausgänge in die Weiten der Berge und der Pampas immer noch und immer wieder zu finden waren. (Und 1944, gestehen wir das offen, kehrte diese Welt der unbegrenzten Möglichkeiten an den Strand der Normandie zurück und hat seither das Lebensgefühl Europas bestimmt — ab 1989 bis an den Ural.)
Was nun in Europa, speziell in Westeuropa, geformt wurde, war die Seemacht-Welt, welche die großen Imperialismen des 19. Jahrhunderts gebar. In ihren inneren Systemen waren und sind sie die freiheitlichsten, die es (mit Ausnahme kleiner, überschaubarer traditioneller Gesellschaften und Republiken) je gegeben hat. Ihr Wohlstand und ihre Freiheit wurden allerdings fast immer mit Praktiken erkauft, die unterhalb hochzivilisierter Gesellschaften tief ins »Herz der Finsternis« führten und führen.
Voraussetzung dafür war die restlose Säkularisation, die klinisch genaue Trennung von beilig und profan. Der letzte europäische Krieg, der noch unter konfessionellen Vorzeichen begann (der Dreißigjährige), enthüllte sich mehr und mehr als die erste und brutalste Auseinandersetzung um barocke Staatsraison zwischen den beiden Seemächten Spanien und Frankreich. Und der Konfessionskonflikt selbst hatte dafür gesorgt, daß sich die hohen Intelligenzen Europas mehr und mehr den Naturwissenschaften zuwandten, mit dem proklamierten Ziel, das diesseitige Leben soweit wie möglich zu verbessern.
Solche Lebensverbesserung jedoch ist ein durch und durch biologisches Programm. Es ist die alte, uralte Regel der Evolution — die Regel des Opportunismus. Jede Lebensform strebt danach, das eigene Leben oder das Leben ihrer Gruppe sicherer zu machen, Leiden möglichst zu vermei-
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den, Hunger- und Durst möglichst bald zu stillen, alle erreichbaren Ressourcen zur eigenen Reproduktion und zur Reproduktion der Spezies an sich zu ziehen, um innerhalb ihres Habitats (und wenn möglich darüber hinaus) in den alleinigen oder möglichst alleinigen Genuß ungestörten Lebens zu gelangen. Das Programm reicht von der Bierhefe bis zum Homo sapiens.
Der Haken dabei ist, daß dieser prachtvolle Opportunismus, der ja nach Darwin zum Überleben der Fittesten (nicht der Stärksten) führt, und aus dem sich das ganze Ast- und Zweigwerk des Lebensbaums der Biosphäre entfaltet, eben durch diese Biosphäre strengen Regularien unterworfen ist. Vermehren sich die Schneehasen zu stark, vermehren sich auch die Füchse. Hat die Bierhefe allen erreichbaren Zucker in Alkohol, also in ihre Exkremente, verwandelt, geht sie in eben diesem Alkohol zugrunde. Einer einzigen Spezies, die sich deshalb Krone der Schöpfung nannte und nennt, bleibt es vorbehalten, dieses Grundgesetz von Leben und Tod aufgrund ihrer überlegenen Ausrüstung (die wir einmal den überorganischen Faktor nennen wollen) vor sich herzuschieben, die Bedingungen ihres Über- und Weiterlebens so zu modifizieren, daß der Opportunismus der Einzelnen und der Gruppe weit über jede bisherige Grenze vorangetrieben werden kann — insbesondere dann, wenn dieses Ingenium, dieser überorganische Faktor zielbewußt und ohne jede traditionelle Bindung an irgendwelche metaphysische oder ontologische Deutungen auf diesen einen Punkt, auf das möglichst glanzvolle Weiter- und Höherleben der Gruppe gerichtet ist.
Eben dies war neu, war die Errungenschaft der zweiten Jahrtausendhälfte. Und eben dies wird heute, am Ende dieses Jahrtausends, zum Predicament of Mankind, zum Dilemma der Menschheit.
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Fassen wir dieses Dilemma genauer ins Auge. Der Expansions- und Herrschaftsdrang des biologisch angelegten Opportunismus, seine Raffgier, seine Ausnützung jeder ökologischen Nische, verwebt sich unterhalb der Spezies Mensch zu einem komplexen kybernetischen Spiel — und soweit der Mensch Biologie ist (und das sind die 98,8 Prozent Genom, die er mit den Schimpansen teilt), nimmt er selbstverständlich auch an diesem Spiel teil.
Nur (hier taucht sein entscheidendes Anderssein auf) vermag der Mensch etwas zu leisten, was jedenfalls nach unserem Wissen keiner anderen Art vergönnt ist. Er vermag zu reflektieren.
Schon der Urzeitjäger, von einem fallenden Stein verletzt, bekämpft seine Panik, bekommt sie unter Kontrolle. Er kann von sich selbst zurücktreten, kann sich außerhalb dieses panischen Selbst stellen, kann sein Trauma, sein Unglück objektiv betrachten, oder doch so objektiv, daß es ihm möglich ist, daraus seine (richtigen oder falschen) Folgerungen zu ziehen. Derselbe Urzeitjäger, der den Tod seines Bruders erlebt hat, aber diesen Bruder in zahlreichen Träumen wiedersieht und seine Stimme hört, formt daraus vielleicht seine Urangst vor dem Doppelgänger. Zunächst zweckfreies Bewußtsein also, das unzähligen widersprüchlichen Eindrücken ausgesetzt ist und (mehr oder weniger erfolgreich, mehr oder weniger mißleitet) versucht, sie zu einem sinnvollen Muster zu ordnen.
Es ist also nicht der bomo faber, der den Menschen vom Tier abhebt — Schimpansen können Kisten aufeinanderstellen, Geier können Schildkröten auf die Autobahn schmeißen, so lange, bis sie aufknacken und eßbar werden. Nein, den Menschen zeichnet einzig die Reflexion aus, die Möglichkeit, von seinen eigenen Trieben zurückzutreten und sie einem Ordnungsversuch zu unterwerfen.
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In diesen Reichen und Bereichen schlummern Verstandesschärfe und Phantasie, Spekulation und Wahnsinn. Aus ihnen entfaltet sich die Möglichkeit zu großer Kunst und desinteressierter Forschung — aber auch die Möglichkeit, paranoide Beziehungs- und Erklärungsnetze zu weben. Der Anthropologe Edgar Morin hat uns darauf aufmerksam gemacht, daß der Homo sapiens von seiner ganzen Anlage her auch und immer der homo demens, der verrückte Mensch, gewesen ist, heute ist und sein wird.
Sinnsuche und Sinnfindung: Auf seiner Wanderung durch die Rätselwüsten der Welt und der Geschichte hat der Mensch diese Notwendigkeit über jede andere gestellt. Sicher, der steinerne Druck der Materie (des Hungers etwa, der Gefahr durch Feinde) hat auf die Sinnsuche immer zurückgewirkt; dennoch mag ein Sinnzusammenhang (ein wirklicher oder wahnhafter) einleuchtend genug zu sein, um ihn auch in Zeiten bitterer Not festzuhalten, ja im äußersten Fall für diesen Sinnzusammenhang zu sterben. (So kommen Märtyrer und Selbstmord-Attentäter zustande ...)
Die Falle jedoch, in die die Menschheit heute zu tappen droht (oder schon halb hineingetappt ist) hat einen grundsätzlich anderen Charakter. Ein Teil der Menschheit — und zwar der Teil, der sich in diesem Jahrtausend als ihr umtriebigster erwies — hat sich von allen altmodischen Sinngebungen gelöst und beschlossen, das bisherige Verfahren, Stetigkeit des Lebens durch Sinnsuche zu erreichen, grundsätzlich umzukehren. Sinn als solchen sieht er nur in der Suche selbst, und zwar in der grundsätzlichen und vollständigen Bejahung des weitgefaßten biologischen Programms: Suche nach dem Glück (pursuit of bappiness). Dafür werden alle Kräfte des überorganischen Faktors eingesetzt. Was darüberhinaus noch an vereinzelten Sinnbedürfnissen herumliegt, wird in die Ecke der Sozialbetreuung, der geisteswissenschaftlichen Lehrstühle und des Kulturbetriebs gefegt, zu dem auch die Kirchen gerechnet werden.
Dieses neue Programm war über alle Maßen erfolgreich. Der Reichtum der Welt und die Zahl der Menschen haben sich vervielfacht, und wenigstens für einen, nämlich für den genannten umtriebigsten Teil der Menschheit, haben sich Lebensverhältnisse von einer Bequemlichkeit ergeben, wie sie noch niemand, auch die Despoten der Vorzeit nicht, je erreicht hat.
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Das Fatale: es ist ein Bierhefe-Programm geblieben. Und das besagt, daß die Menschheit, wenn sie an ihm festhält, in kurzer Zeit das Schicksal der Bierhefe teilen wird: in den eigenen Exkrementen zu ersticken. Das, und nichts anderes! ist das Wesen der Gattungsfrage, wie die Gegenwart sie stellt, wie sie an der Wand des scheidenden Jahrtausends zu lesen ist — für jeden, der nicht angestrengt wegschaut:
IST DIE MENSCHHEIT IMSTANDE IHRE ERRUNGENSCHAFTEN ZU ÜBERLEBEN?
In der Tat: im Lichte dieser Frage, in den Dunkelheiten, die dahinterliegen, offenbart sich die letzte supreme Ironie unserer Lage. Wir haben die Mikroben gejagt; wir haben die alten Feinde, die Taten Gottes (oder die apokalyptischen Reiter, wenn man will) in die Finsternis zurückgeschoben. Wir haben unsere Lebenserwartung um zehn, um fünfzehn, um zwanzig Jahre verlängert. Wir haben eine Zivilisation geschaffen, in der der Hunger in der alten, brutalen, zerschmetternden Form nicht mehr bekannt ist. Und wir wissen genau, daß damit und erst damit die Gattungsfrage in ihrer ganzen Härte gestellt ist: SIND WIR IMSTANDE, UNSERE ERRUNGENSCHAFTEN ZU ÜBERLEBEN?
Dies ist eine Frage an unsere Lebensart. Die meisten von uns halten von dieser Lebensart ohnehin nicht mehr allzuviel. Die Meisten von uns, jedenfalls wenn sie ehrlich sind, wissen auch, daß es enorm schwierig ist, von dieser Lebensart loszukommen. Und es wird unmöglich sein (diese Bedingung wage ich auszusprechen), wenn wir an der Innenwelt des Bierhefe-Programms festhalten. Die machtvollen Impulse des biologischen Programms treiben uns unerbittlich weiter auf dem Weg in die Expansion, in den restlosen Verschleiß der Ressourcen, den uns eine überorganische Privilegierung, eine besondere Huld des Schöpfers (wenn wir religiös reden) ermöglicht.
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Gleichzeitig aber können wir uns von der Reflexion unseres Dilemmas nicht drücken — so wenig, wie es der verwundete Jäger der Vorzeit konnte. So widersprüchlich das zunächst klingt: es ist die Blindheit des biologischen Programms, die unseren fatalen Triumphalismus als Krone der Schöpfung erst ermöglicht, aber dieser blinde Triumphalismus ist gleichzeitig der sicherste Weg, eben diesen Triumph in einen katastrophalen Abgrund stürzen zu lassen. Reflektierte Anerkennung unserer Kreatürlichkeit — das ist der erste Schritt.
Ich habe das in den paradoxen Leitsatz zusammengefaßt:
Der Mensch kann die Krone der Schöpfung bleiben — vorausgesetzt, er weiß, daß er sie nicht ist.
Nun, Sie merken schon, jetzt wird es religiös. Das ist auch gar nicht zu vermeiden, und das ist gut so. Unsere jüdisch-christliche Religiosität hat sich (zunächst völlig geschichts-logisch) von den magischen Verkehrsformen der sogenannten Naturreligiosität gelöst und ihren Kampf ums Heil in die Seelen bezw. die sozialen Bezüge verlegt. Parallelwelten sind so entstanden, die immer stärker auf reine Innerlichkeit drängten; und diese Entwicklung wurde natürlich durch die schon erwähnte scharfe Trennung von heilig und profan gefördert: der Christ im Weltgetriebe braucht, solange er seiner Glaubensüberzeugung treu und den ethischen sozietalen Werten seines Glaubens verbunden bleibt, keine anderen Praktiken zu verwenden als sein skeptischer oder agnostischer Zeitgenosse; ja, irdischer Erfolg wurde und wird teilweise sogar als Gnaden-Ausweis betrachtet. Dem Zug der Lemminge zum Meer konnte eine solche Religiosität nichts entgegensetzen.
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Denn nun ereignete sich in diesem Jahrhundert das, was wir als die wichtigste Botschaft des Jahrtausends erkannt haben: das unabweisliche Eindringen der Gattungsfrage ins allgemeine Bewußtsein. Und damit tritt die nichtmenschliche Biosphäre, bis hinab in die Welt der Rohstoffe und Ressourcen, überfallartig auch ins religiöse Bewußtsein ein. Das Leben in seinen bisherigen Formen, insbesondere das Überleben der Menschheit selbst steht auf dem Spiel: das ist die ungeheuerliche Unheilsgeschichte, das Dysangelium, die Drohung mit einer Apokalyptik und Eschatologie, die sich grundlegend von unseren jüdisch-christlichen Kategorien unterscheidet.
wikipedia Eschatologie Die Lehre von den letzten Dingen
Was ist nun Hölle? Was Fegefeuer? Ist Erbsünde nicht in Wahrheit eine Erblast — die Begrenztheit unseres Erkenntnisvermögens und der stetige Versuch, diese Begrenzung zu überlisten? Und was ist das Gericht? Was sind seine Kriterien und Paragraphen? Wird es uns den anerzogenen Beichtspiegel abfragen — oder werden in seiner Jury vielleicht die Delphine und Wale, die Robben und Nashörner sitzen, die wir ausrotten?
Es gibt eine Art von Gläubigen, denen diese Fragen gleichgültig sind: die Fundamentalisten jeder Spielart, ob Krieger Allahs, Zeugen Jehovas, katholische Engelwerker oder Scientologen.
Ihre Systeme sind, wie alle paranoiden Systeme, in sich geschlossen, man geht einfach hinein und haut die Tür hinter sich zu. Was solls, wenn uns die Trümmer der Welt um die Ohren fliegen? Sie ist ohnehin nur Schall und Rauch, und wir werden einzig nach den Kriterien gerichtet werden, die in unserem jeweiligen fundamentalistischen Ambiente vorkommen. (Vergessen wir übrigens nicht den wichtigsten Fundamentalismus von allen: den ökonomistischen. Er ist zur Zeit das wahrhaft herrschende, das hegemoniale Credo der Zivilisation.)
Geben wir zu: bis vor kurzem war ein geschlossenes, ein fundamentalistisches System Allgemeinglaube der Christenheit. Die Großkirchen, die keine Sekten werden wollten, haben es Stück für Stück zurückgenommen, haben Heil und Heilsgeschichte immer innerlicher definiert, als Seelenheil und Seelengeschichte. Den Geschäften des Bierhefe-Programms stand man gleichgültig bis wohlwollend gegenüber.
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Das sind schlechte Voraussetzungen, um den Neo-Kannibalen, die heute unsere Geschicke bestimmen, in den Arm zu fallen.
Und so ergab und ergibt sich die heutige Zwickmühle der Kirchen. Während die Fundamentalismen gedeihen wie der grüne Lorbeer, weil die Zeitgenossen die Wahrheiten des Dysangeliums einfach nicht aushalten wollen und lieber in geschlossene Treibhäuser einziehen, werden die Gestalten und Bezüge der sogenannten Heilsgeschichte in unseren Herzen und Hirnen blasser und blasser, haben weniger und weniger Kraft, den Hunger der Menschen nach Sinn und Deutung zu sättigen.
Nun stellt sich die Frage: Ist überhaupt eine Religiosität denkbar, die den neuen Einsichten der Lebenswissenschaften standhält — ja, sie zu ergänzen und zu bereichern vermag?
Ich sage ja. Die reine Diagnose, die wissenschaftliche Diagnose wird niemals genügen, Überleben, nachhaltiges und einigermaßen würdiges Überleben zu sichern. Wir brauchen Kulturen, die eine solche Zukunft bereiten können und sollen; eine Zukunft nicht in dumpfer tribalistischer Angst, nicht in zähneknirschender Unterwerfung unter eine Öko-Diktatur oder ein eitel-zynisches planetarisches Management, Kulturen ohne Verzicht auf die Souveränität des Menschen, auf die in Jahrtausenden errungene Vielfalt der Möglichkeiten und die innere Ausweitung unserer Grenzen und Gerüste.
Und dazu ist Sinnbestimmung nötig, welche die Wissenschaft grundsätzlich nicht geben kann und darf. Die ist Sache der Philosophie und der Theologie. Die Frage lautet also: Welche Bestimmung, welche causa finalis vermag der Mensch, vermögen wir hinter dem strengen Antlitz des Dilemmas der Menschheit zu erkennen oder doch zu ahnen? Welche Eigenschaften muß eine Religiosität haben, die dieser Herausforderung gerecht wird?
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Zunächst und vor allem: Mit allen Sorten von metaphysischem Tauschhandel, mit salvatorischen Formeln und Ablaßwesen muß Schluß sein. Das lebendige, durch Milliarden Rückkopplungen ständig neugewebte Netz unseres Daseins läßt sich nicht durch Handelschaften mit außerirdischen Instanzen verändern — keine Verbeugung in Richtung Rom wird die Halbwertzeiten des Plutoniums verkürzen, keine nach Mekka wird das Ozonloch schrumpfen lassen. Hier sind wir in eine Verantwortung gerufen, welche sich weder durch Einladungen in christliche Akademien noch durch Hirtenworte wegeskamotieren läßt. Das Wort Schuld gewinnt in solchem Zusammenhang seine rein wissenschaftliche Bedeutung zurück: Bezeichnung eines Auslösevorgangs. Und kein neg-entropischer Weg führt auf dem Zeitpfeil zurück.
Ebenso wichtig ist die Einsicht in die Kreatürlichkeit unserer Erkenntnis — wir sagten es. Erbsünde soll und muß als Erblast begriffen werden, als die offensichtliche Last unserer Grenzen, wenn es um den Blick auf die volle Wahrheit geht.
Aber Religion beginnt erst da, wo solche Einsichten in Schuld und Last nicht mehr als Minderung empfunden werden, sondern als Mehrung unserer Menschlichkeit; wo sie uns eine Souveränität gibt, die unter der alten Todespanik des Bierhefe-Programms nie zu erreichen ist. Das Wissen, daß man nicht Krone der Schöpfung ist, aber auch das Wissen, daß man sich eben durch dieses Wissen von allen anderen Lebewesen unterscheidet, ist der unerhörte Kreuzungspunkt von Souveränität und Demut, der der zeiträumliche Ort künftiger Religiosität sein muß.
Und jetzt kommt natürlich die entscheidende Frage: Sind in der Geschichte unserer Art Anzeichen dafür zu finden, daß eine solche Religiosität, eine solche anthropologische Möglichkeit besteht?
Die Antwort lautet Ja. Es gab und gibt auf der ganzen Welt Menschen, welche die eben formulierten Bedingungen in sich vereinigen. Menschen von fast völliger Unabhängigkeit vom Bierhefe-Programm, die ihre scheinbar so schwierige Existenz als Reichtum, ja als fast unendliche Ausweitung ihrer Souveränität empfinden. Man nennt sie Heilige.
Entkleiden wir das Wort jeder amtlichen Definition, des ganzen Krimskrams von Kanonisierungen und Weihrauchpfannen. Vergessen wir für einen Augenblick auch die Differenzen in der Kultur, in den Doktrinen, in den jeweiligen Wegen der Spiritualität. Die Heiligen, die wir meinen, leben in Himalaya-Klöstern und in Indianerschwitzhütten, in christlichen Klöstern und Familien, in jüdischen Gemeinschaften, in den Traditionen der islamischen Mystiker. Diese Heiligen sind keine Übermenschen; im Gegenteil: das »Übermenschen«-Ideal der Moderne, etwa Shaws oder Nietzsches, ist im Vergleich zu ihnen etwas ziemlich Lächerliches, nichts als eine überhöhte Version des Bierhefe-Programms, ein Modell des dümmlichen Eroberers, der zuletzt in der Sinkgrube seines eigenen Sondermülls zu ersticken bestimmt ist.
Diese Heiligen sind Zielvorstellung nicht nur für uns als Individuen, sondern auch als Kristallisationspunkte des notwendigen gesellschaftlichen Wertekatalogs. Und es ist nicht zu erwarten, daß sie die vorhandenen religiösen Gemeinschaften abschaffen werden. »Abschaffen« kam eigentlich keinem großen Stifter in den Sinn. Es wird vielmehr darum gehen, auf dem Felsengrund einer einzigen Einsicht, eben des Wissens vom notwendigen Weg zur Pforte der Freiheit, vom Weg des großen, großen Freiheitsgewinns aus dem Abschied vom Bierhefe-Programm, einen neuen Bund für alle zu errichten, die von Mittag und Mitternacht, von Aufgang und Niedergang kommen, um den wirklichen, den entscheidenden Sieg über den Tod zu erringen: den Sieg, der aus der Gelassenheit, aus der Einsicht in die Notwendigkeit des Todes als einer Verkehrsform des Lebens entsteht.
Wie wahrscheinlich ist das? Sind die Menschen imstande, durch dieses Nadelöhr zu kommen? Ich weiß es natürlich nicht. Das Gericht im Geist dieser neuen Religiosität wird in nichts anderem bestehen als im Erreichen oder Nicht-Erreichen, im Durchkommen oder im Nicht-Durchkommen. Und es wird aufzeigen, ob sich die Evolution mit uns etwas Sinnvolles geleistet hat oder nicht.
Vorläufig jedoch: auf unserem Abschnitt der Wüstenwanderung, ungetröstet durch die Lappalien des Zivilisationsbetriebs, rechts und links begleitet von den Skeletten und dem Schrott der Neo-Barbarei, blicken wir empor und gewahren die gekreuzten, zu Fäusten geschlossenen Hände des abwesenden Gottes: Wählt!
Das ist die Botschaft des Jahrtausends.
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