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Teil  2

02   03   04   05 Zen 

2.1 - Was will die humanistische Psychologie

 

 

 

28-46

Beide Autoren verdanken der humanistischen Psychologie wertvolle Anregungen für ihr theoretisches und praktisches Arbeiten. Wir betrachten sie jedoch nicht als unser Credo. Im Vordergrund unserer thera­peutischen Arbeit steht der Umgang mit Beziehungen, Familien und anderen sozialen Systemen: wir versuchen, konstruktive Konfliktbearbeitung zu ermöglichen. Wir meinen damit, daß sowohl Therapeut und Klienten die Fähigkeit erwerben müssen, direkte und indirekte Feindseligkeit in nicht verletzender Weise zu bearbeiten.

Der Name Humanistische Psychologie, von Maslow als <dritte Kraft oder dritte Psychologie> in Absetzung zu Psychoanalyse und Behaviorismus bezeichnet, führt unserer Meinung nach allerdings leicht zu Mißverständnissen. Vertreter anderer Schulen bemängeln mit Recht, daß darin eine Diskriminierung liege, nämlich die Unterstellung, Psychoanalyse und Behaviorismus seien inhuman. In Kalifornien gebrauchen einige Verhaltenstherapeuten bewußt die Bezeichnung <humanistische Verhaltenstherapie>. Dabei ging es ursprünglich nicht um eine andere oder Konkurrenzpsychologie, wie die heutige leider allzuoft polemisch geführte Auseinandersetzung von allen <drei Seiten> vermuten läßt.

Es ging und geht heute noch um eine Erweiterung psychologischer Theorienbildung und therapeutischer Praxis. Nur wenn Theorie und Praxis in einen sich gegenseitig bedingenden Austausch gebracht werden, können Psychologie und Therapie Fortschritte machen. Die gegenwärtige psychologische Szene krankt daran, daß nicht therapeutisch praktizierende Akademiker und einige <Psychojournalisten> und <Psycho­touristen> sich anmaßen, praktisches Arbeiten zu beurteilen, ohne ihre Position, d.h. den Bezugs­rahmen, der ihrer Beurteilung zugrunde liegt, klar aufzuweisen. 

Wie borniert sich manche Akademiker verhalten, zeigt folgende, leider nicht anekdotische Begebenheit. Eine junge Psychologieassistentin bat ihren Professor um Sonderurlaub für eine gruppendynamische Fortbildung. Seine Antwort: »Solche Schweinereien hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.«

Umgekehrt müssen wir zugeben, daß viele Praktiker psychologisch gesehen sich wie Analphabeten verhalten, sie hinken hinter der Theorienbildung her und klammern sich an einmal gelernte orthodoxe Schulmeinungen.

Die an der humanistischen Psychologie orientierten Psychologen und Therapeuten bemühen sich um eine Metapsychologie oder Lebensphilosophie, welche einmal angenommene eigene Positionen überschreitet. Weiter benutzen sie das <Grundwissen> anderer Wissenschaften: Geschichte, Anthropologie, Philosophie und Soziologie. Sie wollen bewußt nicht rein akademisch bleiben, sie fordern Konsequenzen für Erziehung, Politik und Gesellschaft.

Abraham Maslow hat neben anderen darauf hingewiesen, daß das, was die akademischen Psychologen normal, sprich gesund nennen, in Wirklichkeit eine <Psychologie von Durchschnittswerten> ist.14)  D.h., Normen werden als Maßstab genommen, welche der persönlichen Entwicklung zu wenig Spielraum lassen. Gesundheit, die an statistischen Mittelwerten gemessen wird, fördert Anpassung und nicht persönliche Entwicklung: dann muß ein Kind eben mit 2 Jahren <stubenrein> sein oder schon mit fünf Jahren mit Messer und Gabel essen können. Solche Schlußfolgerungen werden aus <unschuldigen> Zahlen in psychologischer <Kochbuchmanier> gezogen.

Anstatt von einer Psychologie der Krankheit, welche den Menschen den Kategorien eines <Krankheit-Diagnose-Reparatur-Modells>15) unterwirft, spricht die humanistische Psychologie programmatisch von einer Psychologie der Gesundheit. Maslow schreibt: 

»Um die Sache stärker zu simplifizieren: Es ist, als hätte Freud uns die kranke Hälfte der Psychologie geliefert, die wir jetzt mit der gesunden Hälfte ergänzen müssen. Vielleicht räumt uns diese Psychologie der Gesundheit mehr Möglichkeiten ein, unser Leben zu kontrollieren, zu verbessern und aus uns bessere Menschen zu machen. Vielleicht ist das fruchtbarer als danach zu fragen, wie man nicht-krank wird.«16) 

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In der humanistischen Bewegung einer Sektion (AHP) innerhalb der Amerikanischen Psychologischen Gesellschaft (APA)17 haben sich Psychologen und Therapeuten zusammengeschlossen, welche in Theorie und Praxis mit den traditionellen Psychologien unzufrieden sind. Sie werfen die alten Erklärungs- und Behandlungsmuster nicht einfach über Bord, sondern überprüfen und kritisieren ihre Hypothesen und Konsequenzen und leiten dadurch Weiterentwicklungen ein. Es handelt sich um einen Verdichtungsprozeß vielfältiger Einflüsse. Geistige Väter waren Psychoanalytiker und Therapeuten, die die Tradition Freuds fortsetzten oder sich von ihm abgewandt hatten. Ideen und Methoden der Adlerianer, Rankianer und Jungianer wurden ebenso aufgegriffen und verarbeitet wie die der Post- und Neofreudianer, z.B. die Ichpsychologie Hartmanns und Sullivans oder die Arbeiten Fromms.

Erich Fromm zieht in seine Betrachtungsweise des Menschen biologische und soziokulturelle Determinanten mit ein: Dank seiner einzigartigen Stellung in der Evolution hat der Mensch die Entscheidungsfreiheit, zwischen der Sicherheit instinktiver Kontrolle und der Suche nach individueller Freiheit zu wählen. Der Preis dafür: der Mensch fühlt sich einsam und isoliert, wenn er nicht in einer soziokulturellen Umgebung leben kann, die es ihm erlaubt, soziale Zugehörigkeit bei Anerkennung seiner Individualität zu erfahren und zu vermitteln.

Weitere Beiträge stammen aus der organismischen Psychologie Kurt Goldsteins, der Lewinschen Feldtheorie und ihrer Verarbeitung im Bereich der Gruppentherapie (Bach), Morenos Psychodrama, der von Fritz und Laura Perls initiierten Gestalttherapie und Carl Rogers' nondirektivem Therapiekonzept.

Angeregt durch die Arbeiten Alfred Korzybskis, schenken humanistisch orientierte Psychologen dem Gebrauch von Wörtern und Symbolen innerhalb des therapeutischen Prozesses eine verstärkte Aufmerksamkeit: eine ungenaue Sprache weist auf ein die persönliche Entwicklung hemmendes Verhalten hin, sie verrät fehlendes Verständnis der verwandten Worte und Symbole. Menschen mit einer ungenauen Sprache haben ihre Wirklichkeit nicht im Griff. Unter den Persönlichkeitstheorien haben die Arbeiten Gordon Allports, Gardner Murphys und H. A. Murrays bis heute Einfluß.

Weitere Einwirkungen leiten sich von den europäischen Existenzialisten in Philosophie und Psychiatrie ab: Sartre, Camus, Heidegger, Binswanger, Boss. Beredte Vertreter heute sind Rollo May, existenzielle Psychologie und Victor Frankl, Logotherapie. Husserls Phänomenologie half mit, die rein behavioristisch-positivistische Sichtweise der akademischen Psychologie zu überwinden: subjektives Erleben und Erfahren sowie die Methode der Beschreibung kehrten zurück in die amerikanische Psychologie.

In den letzten Jahren haben, ausgelöst durch die Schizophrenie- und Familienforschung Gregory Batesons und seiner Mitarbeiter, kommunikations­theoretische Überlegungen einen festen Platz in den System- und Familientherapien gefunden. Wir glauben persönlich, daß weiterer klinischer Fortschritt gerade aus dieser Richtung kommen wird.18)

In der Gesellschaftskritik der humanistischen Psychologie spielt das Gedankengut Marcuses, Szaszs und Laings eine große Rolle.

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2 Selbstverantwortung statt Konformismus  

 

Wir sehen die Ausbreitung der humanistischen Psychologie in den sechziger Jahren auch im Zusammen­hang mit der politischen Lage der USA. David Riesman19) hatte den Amerikaner in seinem Buch <Die einsame Masse> als durchweg <außengeleitet>, unsichtbar gelenkt bezeichnet. »Big brother is watching you.« 

Die von ihm prophezeiten Jahre des Überflusses sind nicht eingetreten. Die Verstrickung der USA in den Vietnamkrieg mit seinen Folgen bis hin zu Watergate hat viele in hilflose Ohnmacht fallen lassen. Führende Psychologen, Skinner und Clark, trugen durch ihre Schriften und öffentlichen Verlautbarungen zu der Horrorvision bei, daß die Kontrolle des Verhaltens jeder Person der einzige Ausweg sei, die Industriegesellschaft überleben zu lassen.

Clark,20) Präsident der APA (Amerikanische Psychologische Vereinigung), vertrat auf ihrer Versammlung 1971 die Ansicht, daß man auf administrativem Wege Drogen gegen Feindseligkeit verteilen solle. Neurologen schlossen sich dieser Meinung an. Das Wort von der Psychokratie mit wohldressierten Psychorobotern ging um.

Der Neurologe Jose Delgado21) propagierte die Elektro-Stimmulation des Gehirns (ESB = Electrical Stimulation of the Brain), eine subtile Form der Lobotomie (operativer Eingriff ins Gehirn). Die Orwellsche Vision schien im Bereich des Möglichen.

Dabei glauben wir, daß Skinner persönlich mißverstanden wurde. Die Auffassung, die er etwa in »Jenseits von Freiheit und Würde« oder »Walden two« vertritt,22) versucht eine Antwort zu geben auf jene Paradoxie, daß absolute Freiheit unfrei macht, d.h. Freiheit kann nur in einem strukturierten sozialen Bezugsrahmen gelebt werden.

Max Horkheimer, der gezwungenermaßen amerikanische Erfahrungen machen mußte, sprach in einer kritischen Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklung vom »Erlöschen der Aura der Person. Mit der Kollektivierung der Gesellschaft, ihrer übermächtigen Dynamik, die immer mehr das Leben aller regelt, wird der Spielraum zur Gestaltung eigenen Lebens und der besonderen gemeinsamen Interessen enger.« 23) 

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Dieser >Auflösung des Ich<24) stellt die humanistische Psychologie die Wiederherstellung des Selbst, das Wiederfinden und Festigen der Identität entgegen, damit der Mensch lernt, Selbstverantwortung für sein Tun zu übernehmen, anstatt sich resignierend inneren und äußeren Zwängen zu beugen und sich total von seiner Situation abhängig zu machen. Die existenzialistische Lebenseinstellung Sartres und sein Einfluß auf die humanistische Psychologie werden hier besonders deutlich: 

»Ich habe mich immer mit der Idee auseinandergesetzt, daß letzten Endes jeder dafür verantwortlich ist, was aus ihm gemacht wurde. Selbst wenn man nichts anderes tun kann als diese Verantwortung zu übernehmen. Ich glaube fest daran, daß man jederzeit etwas aus dem machen kann, was aus einem gemacht wurde. Heute erfährt die Freiheit jedoch eine Einschränkung, da ist ein bißchen Spielraum drin, der aus einem total konditionierten sozialen Wesen jemanden macht, der nicht vollständig das zurückgibt, was seine Erziehung ihm gegeben hat. Daher wurde Genet ein Dichter, obwohl er mit aller Macht zu einem Dieb konditioniert wurde.«25)  

Allerdings hat die kalifornische humanistische Psychologie dem Existenzialismus Sartrescher Prägung die drückend schwere Last der Lebensangst genommen. Sie betont mehr die hedonistische Seite der menschlicher Existenz: Schlag- und Reizwörter sind: freie Gefühle, Entscheidung, Selbst­verwirklichung, Spontaneität, Liebe, Kreativität, Eigenverantwortung, Authentizität, Sinn im Leben, transzendentale Erfahrung, Risikobereitschaft, Spielen, Freude u.a.

Die Hippiebewegung der sechziger Jahre griff diese Lebensphilosophie auf, lebte sie in extrem gegenläufiger Weise zum damals herrschenden politischen Klima. Im Januar 1975 interviewten wir dazu den Soziologen Lewis Yablonski, einen alten Freund Bachs, in dessen Haus in St. Monica. Yablonski hatte zwei Jahre unter den Hippies in San Franzisko gelebt.26

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»Der ganze Hippietrip hat natürlich mit dem Austrocknen eines Sozialsystems zu tun, das sich immer unmenschlicher gebärdete. Der Höhepunkt kam mit Nixon und diesem ganzen Phänomen. Die radikale Presse sprach damals davon, daß die Regierung Pläne hatte, Konzentrationslager einzurichten, die Hippies aus dem Land zu werfen, überall Abhöranlagen zu installieren. Selbst ich lachte damals über diese Leute, das kam mir doch zu komisch vor. Heute wissen wir, die jungen Leute damals hatten recht. Wir waren blind.

Besonders für alles, was damals in diesen Hippiekreisen geschah — und das wird meistens übersehen, es begann schon mit Timothy Leary anfang der 60er —, nämlich kommunale Aktivitäten, Lockerung der sexuellen Sitten, ohne daß das zum letzten Schrei gemacht wurde, dort zeigte sich gleichsam symbolisch humanistisches Verhalten in Ansätzen. Leute trafen sich, umarmten sich und meinten es auch wirklich so. Ich kann dieses <Haight-Ashbury>-Volk nicht nur als asozial oder kulturzerstörerisch betrachten. Dort begann so etwas wie ein Sich-öffnen, von den Jungen, den Blumenkindern, mehr als von den Alten.«  

 

Die Opposition aus Systemkritikern, Bürgerrechtlern, Vietnamgegnern und Ausgeflippten ist mit der Beendigung des Vietnam­krieges zusammengebrochen. In den USA wie in Westeuropa zeichnet sich unter den Jugendlichen eine Tendenzwende ab. Yablonski sagte uns, daß ihn die Passivität, Konsumhaltung und Kritiklosigkeit seiner heutigen Studenten ängstige. Die <Fleißigen> nennt man die neue Studenten­generation, die heute in den Hörsälen sitzt und konsumiert. Studienverkürzung und Numerus clausus fördern diese Haltung in der BRD. 

»Die politische Unruhe unter den Studenten, Seismograph für die gesamte politische Lage der 60er, ist einem Stillhalten gewichen. Strebsam, angepaßt, weniger politisch und weniger kritisch als die vorige Generation, sachlich, umgänglich«,27) so wird die heutige Studentengeneration teils mit Erleichterung und teils mit Enttäuschung charakterisiert.

Salopp pessimistisch beurteilt die Filmschauspielerin und Politaktivistin Shirley McLaine auch die Lage der heutigen amerikanischen Jugend: »Die jungen Leute sind an Sex interessiert, sie verlieben sich, heiraten und genießen das System. Sie sind mehr auf einem esoterischen Trip. Das hat mit Realität nicht allzuviel zu tun.«28) 

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3 Vergötzung des Selbst  

 

Auch in der humanistischen Psychologie zeichnet sich diese <Tendenzwende> ab. An der <California-Universität> Los Angeles z.B. finden neuerdings regelmäßig Vorlesungen in <Transpersonaler Psychologie> statt. Im Wintertrimester 1975/76 habe ich eine solche Vorlesungsreihe besucht. Oft hatte ich den Eindruck, es handele sich um theologische Vorlesungen, Sermone religiöser Esoteriker. Maslow selbst hat diesen Umschwung gegen Ende seines Lebens noch mit vorbereitet. Er sprach von der <transpersonalen Psychologie> als einer notwendigen <Vierten Kraft>.

Der transpersonalen Psychologie geht es um das transpersonale Selbst, oder einfacher: die Seele. Nach Anthony Sutich, dem Herausgeber der Zeitschrift <Journal of Transpersonal Psychology>, gilt ihr Interesse den höheren und höchsten Fähigkeiten, Potentialen und Seinsweisen, die bisher keinen systematischen Platz in Behaviorismus, Psychoanalyse oder humanistischer Psychologie haben. 

Sie studiert die höchsten Werte, Gipfelerlebnisse (peak experiences), die Einheit des Bewußtseins, Ekstase, Mystizismus, Sinn im Leben, Wonne und Seligkeit, Wunder, Transzendenz, kosmisches Bewußtsein. Transpersonale Psychologie transzendiert das individuelle Selbst, fragt nach dem letzt­wirklichen Sinn im Leben, nach Vollendung, nach spirituellen Dimensionen. Mit spirituell ist alles gemeint, was Werte einschließt, die über Alltagswerte hinausgehen wie Empathie (verständnisvolle Wärme), altruistische Liebe, tiefe Weisheit, kreative Inspiration, Sinn für das Schöne, Gute, Wahre, Sinn für Verantwortlichkeit und die mystische Erfahrung der Universalität, Einheit mit dem Kosmos.29) Die Arbeit des transpersonalen Therapeuten besteht darin, dem Klienten bewußt zu machen, daß das alles in ihm steckt, und daß er diese spirituellen Dimensionen für sich gebrauchen kann.

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Ben, der seine Jugend teilweise in Deutschland verbrachte, ein ehemaliger Thora-Schüler, mit dem ich mich im Laufe der Vorlesung anfreundete, sieht sich von den Praktikern der humanistischen Psychologie getäuscht. Er hat die ganze Encounter­bewegung mitgemacht: Er hat sich nun der transpersonalen Psychologie zugewandt. 

»Ich glaube, das Hauptmotiv, an diesen Encountergruppen teilzunehmen, ist die sprichwörtliche amerikanische Einsamkeit als Folge des hoch­industri­alisierten technisierten Zeitalters. Die Geborgenheit und Liebe, die ich in diesen Gruppen erfahren habe, haben sich als falsche, heuchlerische und irreführende Zustände herausgestellt. Es war eine einmalige Zuwendung in der Woche oder ein Wochenende lang. Dann wurde ich wieder in die Einsamkeit zurückgeworfen. Wenn das alles wirklich echt gewesen wäre, dann hätten sich daraus zumindest Wohngemeinschaften entwickelt, die das fortgesetzt hätten, was in den Gruppen als Leben, Befreiung von Zwängen und Ausleben der Gefühle hingestellt wurde. Ihnen fehlte einfach das, was wir in der transpersonalen Psychologie Spiritualität nennen. Deshalb möchte ich ein transpersonaler Psychologe werden.«30)

Die transpersonalen Therapeuten umarmen die Theologie und Esoterik. Ihre psychologische Absicherung ziehen sie dilettantisch und willkürlich eklektizistisch aus dem Schrifttum C. G. Jungs und aus dem Hauptwerk seines Freundes Roberto Assaglio <Psychosynthese>.31)

Die humanistische Psychologie befindet sich heute in einer tiefen Krise und an einem Wendepunkt in ihrer Theorie und Praxis. Die teilweise oberflächliche und überzogene Betonung der Selbstverwirklichung, wie sie ihren Ausdruck etwa in einem wahn­sinnigen Kreativitätsfimmel gefunden hat — heute muß alles kreativ sein! — oder in dem falschverstandenen Perlsschen <do your own thing>, hat eine seltsame Mischung von Encountergeschädigten hervorgebracht

Die <do your own thing>-Philosophie leben einige mit <kümmere dich um deine eigene Angelegenheit>. Was dabei herauskommen kann: eine Art freies Psychounternehmen, das auf persönlich emotionaler Ebene geführt wird, wo letztlich der gewinnt, der die größte Show abzieht. Eine psychologisch verbrämt gerechtfertigte Aufteilung in Gewinner und Verlierer.

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Zumindest ein Flügel der humanistischen Psychologen, die Transpersonalen, tendiert dahin, sich noch weiter dem inneren Selbst zuzuwenden. Transzendenz dient als Vorwand, die rauhe Realität der sozialen Wirklichkeit zu verniedlichen. Andere arbeiten dafür, das Selbst so zu stärken, daß es aktiv an der Veränderung einer krankmachenden Umwelt mitarbeiten kann, wie es z. B. die Familientherapeuten und Vertreter der radikalen Therapie fordern.

Es gehört nicht viel Prophetengabe dazu, ähnliche Tendenzen in Westeuropa vorauszusagen. Bei den Studenten z.B. als Antizipatoren gesellschaftlicher Strömungen künden sich die Anzeichen deutlich an. Die Kommunen weichen christlichen Wohngemeinschaften, das politische Engagement wird umgeleitet in die <Pfingst- oder charismatische Bewegung>: nun »spielt die charismatische Gruppe eine ähnliche Rolle wie die Therapiegruppe oder die vielen Spielarten der Gruppendynamik, der Urschreitherapie oder Encounter-Groups, die überall aus dem Boden schießen. Ja, sie hat in verblüffender Weise die Erkenntnisse dieser Methoden vorweggenommen: Daß man es lernt, die Alltagsbarrieren niederzureißen, die anerzogenen Hemmungen zu überwinden, die Gefühle herauszulassen und nicht zu verstecken, aufeinander zuzugehen, ein Klima des Vertrauens herzustellen. Und sie weiß, wie wichtig für all das der körperliche Ausdruck ist: das Handauflegen, die Hände erheben, sich an Händen fassen.«32) Der Umarmung folgt hier die Hochzeit.

 

  4 Ein alter Geist geht um     

 

Die Stern-Zeichen stehen besonders günstig für ein solches Flitterwochenklima. Nach einer repräsentativen Umfrage von Gallup im Oktober 1975 glaubt jeder fünfte Amerikaner, daß sein Leben von der Stellung der Sterne beeinflußt wird. Die Umfrage differenzierte weiter, daß die Bereitschaft, an Astrologie zu glauben, bei Frauen doppelt so groß ist wie bei Männern. Jeder vierte Amerikaner liest regelmäßig die astrologischen Spalten einer Zeitung, bei den Frauen sogar jede dritte.33)

Von der wissenschaftlichen Seite her weben sensationell aufgemachte Berichte aus der Parapsychologie einige Muster mit in die Szene hinein, die auch den kritischen Laien zum Staunen bringen. Das Phänomen <Uri Geller> oder die teilweise bis zur Massenpsychose geratene Begeisterung für den Film <Exorzist> gehören dazu und lassen sich zudem gut in klingende Münze umsetzen. Workshops von sogenannten <Psychies>34) (Gesundbeter, Hellseher, Handaufleger) werden in Los Angeles mit der gleichen Selbstverständlichkeit angeboten wie Encountergruppen. Astrologie, Hand- und Kartenlesen, Wahrsagerei, Phrenologie und andere okkulte Wissenschaften kommen groß in Mode.

Zu diesem Kreis gesellen sich noch Trends wie makrobiotische und vegetarische Ernährung, die Idee von organischen Gärten und die Erforschung des Seelen­lebens der Pflanzen. Dabei ist es schwer, zwischen ernsthafter wissenschaftlicher Forschung etwa im Bereich der Parapsychologie, der Biofeedback-Forschung oder der Noetic zu unterscheiden. So hat der Astronaut Edgar D. Mitchel nach seinem Ausscheiden aus der NASA in Berkeley das >Institute of noetic Sciences< gegründet.35) Er möchte mit dazu beitragen, die Erkenntnisse der Weltraumforschung in den Dienst persönlicher Entwicklung zu stellen. Oder C. F. von Weizsäcker interessiert sich ernsthaft für <Kundalini>. 

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Er arbeitet zusammen mit Gopi Krishna, einem Yogi, Wissenschaftler und Philosophen in Kashmir, der die Hypothese aufgestellt hat, daß >Kundalini<, ein Sanskrit-Ausdruck für verborgenes Kraftreservoir von Energien sowohl der psycho-physische Mechanismus ist, der jede menschliche Entwicklung vorantreibt, als auch jene subtile Bioenergie, welche die Basis ist für alle geistigen Fähigkeiten und übersinnlich-spirituellen Erfahrungen.36) 

Stanley Krippner und Thelma Moss, führende Parapsychologen in den USA, wiederholen, erweitern und überprüfen Experimente auf parapsychologischem Gebiet. 

Beide Autoren haben an Treffen, Seancen von <Psychies>, teilgenommen. Wir wurden immer sehr herzlich aufgenommen. Wir hatten einige Mühe, daß unser Erscheinen nicht als Billigung der angewandten Methoden mißverstanden wurde. Bei allen registrierten wir ein starkes Verlangen, von anerkannten Therapeuten <abgesegnet> zu werden. C.G. Jung mußte im Gespräch wieder dazu herhalten, alte esoterische Weisheiten verballhornt mit oft drolligen <selbstgestrickten> Lebensphilosophien als Krönung der Wissenschaft hinstellen zu lassen. 

Viele dieser Leute sind harmlose Spinner oder begabte >Hexen< im alten Sinne des Wortes: weise Frauen, die über erstaunliches Einfühlungsvermögen, Intuition und Menschenkenntnis verfügen. Andere suchen sich ihren Marktanteil in der neuen Abteilung des Psychomarktes zu ergattern. Sie verkaufen <Methoden>, die unser Bewußtsein erweitern, verändern und kontrollieren sollen. Alle <Wunderheiler> betonen, daß sie uns nur <Werkzeuge> in die Hand geben wollen, welche nicht die Schädlichkeit der psychedelischen Drogen haben.

Manche Wege, die dabei als neu angepriesen werden, gehören zum alten Schatz des jüdisch-christlichen Kulturkreises. Wir werten als weiteren Beweis für die Tendenzwende oder die Wiederbelebung eines alten Zeitgeistes, daß das, was noch bis Anfang der 70er Jahre als weltfremd und Flucht vor der Realität verurteilt wurde, heute als Paradiesvorstellung — Harmonie mit sich und dem Kosmos — propagiert und verkauft wird. Ähnlich sehen es auch Watzlawick und seine Mitautoren: »Wir leben in einer utopischen Zeit. Grandiose, esoterische Programme sind nicht einfach eine Spielerei, sie sind Ausdruck unseres Zeitalters. Alle möglichen meist selbsternannten Gurus bieten stupide Weisheiten und Lehren an.«37) 

Noch schärfer formuliert es der Philosoph Ernst Bloch: »Der Okkultismus ist die Metaphysik des dummen Kerls. Das ist ein unausrottbarer Zustand.«38) 

Als Handlanger dieses okkulten Booms steht auch die bundesrepublikanische Klatsch- und Sensationspresse nicht zurück. Hier eine Kostprobe: 

— Neue Serie im Express — Ritualmord — Verbrechen im Zeichen des Satans — 

Wir leben in einer Zeit, die von technischem Fortschritt geprägt ist. Es werden Herzen verpflanzt, künstliche Nieren konstruiert, Mondexkursionen durchgeführt oder Menschen durch Computer ersetzt. Aber trotz allen technischen Fortschritts ist das finstere Mittelalter noch mitten unter uns. Verborgene Mächte und unerklärliche Kräfte mobilisieren immer wieder Menschen zu unheimlichen Taten. Die Sehnsucht nach dem Guten geht mit einer verhängnisvollen Neigung zum Bösen Hand in Hand. 39)  

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5  <Zen>-losigkeit im Psychoboom     

 

Seit dem psychologischen Kommentar C.G. Jungs zu der Übersetzung <Das Geheimnis der goldenen Blüte> aus dem Chinesischen von Richard Wilhelm (1929)40) wird in der westlichen Psychotherapie verstärkt die Diskussion geführt, inwieweit die Lehren von Hinduismus, Buddhismus, Vedanta, Jogi und Taoismus mit psychotherapeutischen Zielsetzungen zu vergleichen und in Austausch zu bringen sind.41)  

Die größte Gemeinsamkeit besteht darin, daß beides Wege sind, Bewußtsein und Verhalten zu verändern. Die Veränderungen beziehen sich darauf, wie wir unsere Existenz erleben und erfühlen, wie wir unsere Beziehungen zum anderen und der Umwelt gestalten. Allerdings kennen die östlichen Richtungen nicht die Kategorisierungen Verstand, Materie, Seele und Körper. Ihre Sicht des Menschen ist ganzheitlich und nicht wissenschaftlich-kausalistisch orientiert.

Neuere therapeutische Richtungen wie Gestalttherapie, Bioenergetic und Feelingtherapie übernehmen ausdrücklich diese Grundeinstellung und berufen sich darauf. Die Therapien analytischer und behavioristischer Richtungen leisten mit ihren Erklärungen oft zuviel >Kopfarbeit<. Das, was als Erklärungsmodell gedacht war, kann zu leblosen Benennungen einfrieren: Sie kategorisieren, analysieren und soziologisieren den Menschen. Dadurch geraten Qualitäten wie Irrationalität, Gefühl, Kreativität oder Intuition leicht ins psychologische Abseits. Es bleibt zu wenig Raum für Sehnsüchte, die den >Suchenden< erlauben, rationale Lebensmuster zu überschreiten. Aus unserer Sicht bietet die heute in den USA und in Westeuropa wieder hoch in Mode gekommene östliche Meditationsbewegung einen neuen Festhalteversuch, die am eigenen Leib erfahrbare Irrationalität in den Griff zu bekommen. 

Solche Sehnsüchte verbergen sich hinter dem Betreiben von Yoga, Karate, Tai Chi, sofern sie nicht als reine Sportarten anstelle von Waldlauf, Tennis oder Fußball ausgeübt werden. Es geht um die Kontrollierbarkeit des <Irrationalen>. 

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Hausfrauen, Studenten, Akademiker, Priester, meist Angehörige der Mittel- und Oberschicht, zeigen ein immer stärkeres Interesse an buddhistischem Gedankengut. Ein Beispiel unter vielen:

Za-Zen, wörtlich übersetzt: <Sitz-Meditation>, wird in Deutschland in steigendem Maß geübt, seit Pater Hugo Lassalle 1968 damit begonnen hat, Zen-Exerzitien (ses-shin genannt) auch in Deutschland zu erteilen. Die Zahl der Übenden wird auf einige Tausend, von anderen auf Zehntausende geschätzt.42) 

Willi Massa hat 1975 ein Zentrum für Zen-Meditation in Tholey, Saarland, gegründet. Die Leute, die dort an den Zen-Exerzitien teilnehmen, sind Christen aller Konfessionen, aber nicht unbedingt Menschen, die sich an eine Kirche gebunden fühlen. 
Im Meditationssitz hocken sie 30 bis 40 Minuten auf ihren Kissen, täglich 8- bis 10mal. Sie haben die Augen halb offen auf einen Punkt vor sich gerichtet, ruhig atmend, ohne einen Gegenstand zu erwägen, vielmehr (ohne sich deshalb anzustrengen oder gar verkrampft zu mühen) die Gedanken auslaufen, leerlaufen lassend, eben nichts denkend. 
<Denke das Nichtdenken>, sagt der Meister, den Text eines Abendgesanges zitierend. Es handelt sich sozusagen um <entschiedenes Nicht-Denken> dessen Gegensatz nicht das konzentrierte Denken, sondern das loslassende Vor-sich-hin-Dösen ist.
43)  

Zen läßt sich nicht <auswendig> lernen, buddhistische Übungen sollen zur Erkenntnis verhelfen, wer wir in Wirklichkeit sind. Alles, was der Zen-Meister erzählt, ist nichts wert, wenn der Übende es nicht an sich selbst erfährt. Nur wenn er ganz bei sich selbst ist, kann er sich selbst verwirklichen. C. G. Jung warnte in seinem Kommentar vor dem Mißverständnis westlicher Imitation:

»Nicht darum handelt es sich, daß man unorganisch Fremdes imitiert oder gar missioniert, sondern, daß man die abendländische Kultur, die an tausend Übeln krankt, an Ort und Stelle aufbaut und dazu den wirklichen Europäer herbeiholt in seiner westlichen Alltäglichkeit, mit seinen Eheproblemen, seinen Neurosen, seinen sozialen und politischen Wahnvorstellungen und mit seiner ganzen weltanschaulichen Desorientiertheit.« 44) 

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Wir beobachten, daß leider viele sich den Zen und andere Meditationsverfahren wie modische Kleider anziehen. So wie es noch bis vor zehn Jahren als schicklich und gebildet galt, sich in Abendgesellschaften über den Ödipuskomplex auszulassen, so gehört es heute zum feinen Ton, ein paar >Koan<, paradoxe Gedankenmuster, mit in die Unterhaltung einfließen zu lassen. 

Wenn diese Entwicklung - eine Variante des Psychobooms - so weitergeht, werden die Reiseveranstalter wohl bald ein Schnellprogramm für Zen-Fans anbieten: »Japan, Land des Zen. Erfahren sie in nur 21 Tagen Zen am eigenen Leibe. Drei Stockschläge von eigens ausgewählten Zen-Meistern garantiert.« 

Mitverantwortlich für diese Misere sind auch jene <Meister< aus Ostasien, die die Einfachheit abgelegt haben und angeblich dem westlichen Menschen das Licht bringen wollen. Der Psychologieprofessor Donald Michael, der unter Anleitung des Oberhauptes der tibetanischen Nyingma-Meditation Lama Tarthang Tulku Rinpoche im <Nyingma Center> in der Nähe Berkeleys, Kalifornien, tibetanischen Buddhismus studiert, beschreibt seine <Erleuchtung> so: 

»Ich kam zum <Center>, weil wir Institutionen nicht ändern können, es sei denn, die Menschen verändern ihre Auffassung über sich selbst und ihre Beziehung zur Welt. Das Studium des tibetanischen Buddhismus gab mir das Gefühl, darin könne ein humaner und konstruktiver Weg liegen.«45) 

Lama Rinpoche fühlt sich berufen, diesen Weg zu weisen: 

»Wir sagen, wir leben im Kali Yuga, einer Zeit wirtschaftlicher Rezession, negativer Einstellung und aller möglichen Probleme. Aber gerade in der dunkelsten Zeit leuchtet das Licht heller als in jeder anderen Zeit. Selbst in der schlimmsten Wirtschafts­krise, oder wenn die schlimmsten Dinge passieren, erscheint das Licht, in einem Gedanken. Du kannst es finden ... dein wahrer Führer ist da. Dein wahrer Führer, das ist die Lehre, besteht in deiner eigenen Selbstverwirklichung ... du mußt dir um deinen Körper und deine Gedanken keine Sorgen machen ... alles ist vollkommen. Das ist keine Einbildung oder Phantasie. Obwohl wir in einer Energiekrise und in ökonomischen Problemen stecken und manche Leute keine Arbeitsstelle Obwohl finden, und jeder viele Beschwerden hat ... kann doch das Wesen deines Bewußtseins Frieden werden. Dein Kopf kann klar sein, und die Welt kann dir nichts anhaben.«46)

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So einfach ist das — nun aber auch nicht. Alle meditativen Techniken verblassen in ihrer Wirkung, wenn sie als Wunderpille oder — auf westliche Weise — als innere Medizin morgens und abends verabreicht — mißbraucht werden. Sie sind nicht loslösbar von einer Lebenseinstellung, welche den Meditierenden motiviert, den >Zen< in den Alltag zu integrieren. Meditation setzt ein Umdenken, das biblische Metanoia, durch strenge Selbstdisziplin voraus.

Für gefährlich halten wir die politischen Implikationen, welche solche >Vertreter< aus ihrem kosmischen Harmonieidyll ableiten. Lama Rinpoche z. B. macht den Amerikanern zum Vorwurf: sie seien von einer solchen Unruhe gepackt und so unzufrieden mit ihrem eigenen Land, daß sie völlig vergessen, daß sie in einem Zeitalter des Überflusses und der religiösen Freiheit leben. Diese Sicht kann für einen tibetanischen Flüchtling angemessen sein, erscheint uns aber als naive Groteske angesichts der drängenden ökonomischen und sozialen Probleme: Vietnamdesaster, Watergate und kein Ende, Minderheitsprobleme, Rezession und weltweite Verstrickung durch Powerplay.

Unser Skeptizismus richtet sich nicht gegen die ganzheitliche Sicht des Menschen, die zu einem Infragestellen alter Normen führt und damit Raum schafft für schöpferisches Tätigwerden. Hier sehen wir die Nahtstelle zur humanistischen Psychologie und zur Encounterbewegung. Eine solche Lebenseinstellung hilft, Gefühle, Absichten und Gedanken auszudrücken und zu verwirklichen, die bisher hinter rigiden Strukturen wie Managertum, Pseudointellektualismus und überholten Anstandsnormen versteckt bleiben mußten.

Aber eine Antwort oder Lösungsmöglichkeit für politische Probleme bieten diese <östlichen Psycho­therapien> so wenig wie die westlichen. Die Auffassung, daß Leiden unausweichlich zur menschlichen Existenz gehört und als Kharma (Schicksal) hingenommen werden muß, macht politisch blind. Die Menschen können daraus die Rechtfertigung ableiten, die bestehenden Strukturen nicht einmal in Frage zu stellen, denn <alles ist vollkommen>.

Der <Salon-Guru> Maharishi Yogi gab im Nov. 1975 in der <Merv Griffin Show>, einer täglich in ganz USA gesendeten Talkshow, seine politische Naivität preis. Nach den Worten <seiner Heiligkeit> hat jedes Volk die Regierung, die es verdient. Welch ein Trost für alle Ausbeuter und Diktatoren! — Spärliche und verhaltene Buhs erntete Maharishi erst, als er seine politische Auffassung durch eine Allegorie erläuterte: jedes Kind, das von seinem Vater geschlagen wird, wählt sich dieses Schicksal selbst, es möchte geschlagen werden, denn es hat sich seine Eltern selbst gewählt.

Einer ähnlichen <Zen-Losigkeit> begegneten wir auch bei Graf Wenzel von Stosch, Reisender in Sachen <Zen>: In einem Vortrag in der Kölner Volks­hochschule am 23.03.1976 konfrontierte er die Zuhörer mit einem leuchtenden Beispiel: Wie nämlich der Chef von Mitsubishi, dem größten japanischen Konzern, sich die Zeit nehme, seinen Gästen grünen Tee in einer vierstündigen Zeremonie zu servieren, ...

»um los zu werden den ganzen Mitsubishikomplex aus seinem Denken und Planen, um eins zu werden mit dem grünen schaumig geschlagenen Tee in der Jahrhunderte alten Keramikschale. Diese seinen Gästen nach dreimaliger Drehung dieser Schale zu kredenzen, wobei jede Handbewegung festgelegt ist seit Jahrhunderten.« 

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