Herausgegeben
vom "Komitee für die Freilassung Rudolf Bahros", Berlin
Bahro-Kongreß
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1979 255 Seiten wikipedia Komitee für die Freilassung.... roland-wehl.de/bahro-komitee Zeitzeugenseite mit Fotos
detopia Bahrobuch |
Inhalt
Vorbemerkung Eröffnungsveranstaltung (7)
Abschlußveranstaltung Karl Marek (246) Resolution (248) Schlußbemerkung (249)
Berger, Fuchs, Dutschke,
Steinke |
1.
Podiumsdiskussion (24) Elmar
Altvater (FU Berlin) 25,
Boris Weil (Sowjetunion, heute Kopenhagen) 26,
2.
Podiumsdiskussion (56) Renate Damus (Uni Osnabrück) 57, Rossana Rossanda (II Manifeste, Rom) 57,Zdenek Hejzlar (Charta 77) 59, Mihaly Vajda (Ungarn, heute Uni Bremen) 61, Rudi Dutschke (Arhus, Dänemark) 63, Jiri Pelikan (Charta 77) 65, Luigi Covatta (PSI) 66, Jean Pierre Faye (Russell-Jury, Paris) 68, Diskussion 70
3.
Podiumsdiskussion (73) Alfred
Krovoza (Uni Hannover) 74, Ute Narten (Uni Berlin) 75, Arbeitsgruppe.1 — Arbeiter und Intelligenz im Prozeß krisenhafter Aufbrüche in Osteuropa (92) I. M. Vajda - Zur Situation in Ungarn 92II. Gabriel Berger - Opposition in Polen 94 III. Ludvik Kavin - Bericht über die CSSR 100 IV. Boris Weil - Bericht zur SU 101 V. Zusammenfassung der Diskussion 105 AG.2 — Die Rolle des Staatsapparates und der osteuropäischen KPs unter den Bedingungen von Revolution und Reform (109) AG.3 — Ökonomie als "organisierte Verantwortungslosigkeit"? Alternative einer sozialistischen Wirtschaft - Thesenentwurf von Renate Damus (125) AG.4 — Sozialistische Strategie und ihre Bedeutung für vorindustrielle Gesellschaften (132) Vorbemerkung (132) II. Willfried Spohn (Thesen) (134) III. M. Massarrat (Thesen) (142) IV. Schwerpunkte der Diskussion (147) AG.5 — Stalinismus und westeuropäische Parteien (154)
AG.6 — Sozialismus und psycho-soziale Emanzipation (171)
AG.7 — Patriarchat in den nichtkapitalistischen Gesellschaften. Frauen in der DDR (199) AG.8 — Wachstums-, Technik- und Konsumkritik bei Bahro (218) AG.9 — Die Aufhebung der Arbeitsteilung und die Rolle des Staates auf dem Weg der sozialistischen Veränderung (236) |
Pressestimmen:
"Die europäische Linke ist aus der Defensive zum Anspruch auf ihre Utopie zurückgekehrt. Nach diesem Kongreß wird es schwer sein, jemanden, der sich einen Sozialisten nennt, mit dem Hinweis auf dessen heutige Realität in Verlegenheit zu bringen, denn dem Schreckensbild des Kapitalismus steht nun zumindest das des despotischen Bürokraten des Ostens gegenüber." Süddeutsche Zeitung
"Es scheint so, als sei die Linke wieder im Kommen, nach einem Jahrzehnt, in dem man sie totsagte." Frankfurter Rundschau
"Immerhin hat es Bahro zuwege gebracht, daß in Berlin Vertreter der europäischen Linken aller Schattierungen nicht nur zusammentrafen, sondern auch eine gemeinsame Schlußresolution verabschiedeten." Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt
"Es war ein Novum, in einer Podiumsdiskussion Peter von Oertzen, Parteivorstandsmitglied der SPD, neben einem Trotzkisten, Ernest Mandel, und Repräsentanten der SPI und der KPI zu sehen. (...) Der Vorzug der gegenwärtigen Debatte ist die Frontabklärung, nicht die Fraternisierung." Vorwärts
"Über 3.000 Menschen — mehr als eine Partei oder Liza Minelli in ihre Säle zu locken vermögen — nahmen am Bahro-Kongreß teil. Mandel saß neben Flechtheim, von Oertzen neben Dutschke, Pelikan neben Biermann, der RIAS übertrug das Solidaritätskonzert. Die Zeit
Vorbemerkung der Herausgeber
5-6
Zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Buches liegt der Bahro-Kongreß bereits fast ein Jahr zurück. (Ein aktueller Bericht über den Kongreß findet sich in der Nr. 19 der Zeitschrift kritik.) Versuchen wir nochmals zu rekapitulieren, was dieser Kongreß wollte und was er erreicht hat.
Nach der Verurteilung Rudolf Bahros zu acht Jahren Haft und der erfolgten Ablehnung seiner Berufung durch den Obersten Gerichtshof der DDR wurde endgültig deutlich, daß es großer Anstrengungen der aufkeimenden internationalen Protest- und Solidaritätsbewegung bedurfte, um die Freilassung Rudolf Bahros zu erreichen. Zugleich wurde uns selbst mit der Verurteilung deutlich, daß Appellen an die DDR-Regierung oder diskreter Einflußnahme auf besondere Kontaktpersonen in der DDR wenig Hoffnung auf Erfolg beschieden war.
Aber die vor 1 ½ Jahren begonnene Diskussion über <Die Alternative> machte auch noch eine weitere Dimension deutlich: Es bestand die Möglichkeit, in der kontroversen Debatte um und über dieses Buch neue Elemente der Strategie und Kooperation der gesamten west- und osteuropäischen Linken zu erreichen. Eine Zielsetzung, die elementar mit den Vorstellungen Rudolf Bahros selbst verbunden ist, der sein Buch als einen theoretischen Beitrag für die programmatische Diskussion der europäischen Linken versteht.
Der <Internationale Bahro-Kongress> darf deshalb nicht isoliert gesehen werden. Er war und ist ein Kettenglied in der bereits seit längerer Zeit intensiv laufenden Diskussion über die Einschätzung der Länder des "real existierenden Sozialismus" und der politischen Auseinandersetzung mit ihnen. Dies nicht in einer propagandahaften, anklagenden Form, sondern als Selbstverständigung über die eigene Geschichte, eigene Tradition, die eigenen Fehler, ein Selbstreflexionsprozeß der politischen und kulturellen Grundauffassungen der eigenen Position.
Darüber hinaus sollte der Kongreß - und er hat dies zumindest in Ansätzen auch vermocht - ein altes Prinzip der internationalen sozialistischen Bewegung praktizieren: die kontroverse Debatte der Fragestellung. Orientierende Theorie und Praxis kann nicht aus der Deduktion einmal gefundener oder bestimmter Grundprinzipien erfolgen, sondern nur im ständigen Prozeß der - auch polemischen - gegenseitigen Kritik und Debatte. Wenn insbesondere die bürgerlichen Medien oft auf den Punkt der Zerstrittenheit des Kongresses verwiesen, so machen sie es sich sehr einfach. Sicherlich, es gab sehr viel unfruchtbare Polemik und auch Schaufensterreden, aber — im Gegensatz zu der jüngsten Vergangenheit der westdeutschen Linken — doch eine weitaus stärker aufeinander bezogene Debatte und Verständigung, als gemeinhin üblich.
Daß die osteuropäische Opposition bei der Linken in der Bundesrepublik oft auf Unverständnis stieß, ist elementar mit ihrer eigenen Geschichte verknüpft: Einerseits kristallisierte sich hier erst im Gefolge der Studentenbewegung eine unabhängige marxistische Linke heraus, die als gesellschaftliche Kraft auch erkennbar wurde. Andererseits bestand unter den besonderen Bedingungen des Antikommunismus in der BRD allein schon die ungeheure Schwierigkeit, die Diskussion über die DDR vorurteilslos zu führen — im negativen wie im positiven Sinne. Mit dem Wiedererwachen einer sozialistischen Opposition in Osteuropa, beginnend mit dem Prager Frühling, hat sich diese Situation schrittweise verändert. Im Zusammenhang mit der Studentenbewegung im Westen, besonders in Frankreich, lösten die Ereignisse in Prag 1968 unmittelbare Betroffenheit und Interesse aus.
Dies war der politisch-theoretische Ausgangspunkt des Internationalen Bahro-Kongresses. Inzwischen sind unserem Kongreß bereits eine Reihe von Tagungen, Konferenzen, Aktionen, Unterschriftensammlungen u.a. gefolgt. So die Konferenz in Mailand (im Januar 1979), die selbst wiederum die Fortsetzung der Konferenz von Venedig war und wo man über den 10 Jahre zurückliegenden Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die CSSR und dessen internationale politische Auswirkungen diskutiert hat. Konferenzen haben in Kopenhagen, Paris, London und Amsterdam stattgefunden.
Alle diese Tagungen standen in einem engen Zusammenhang mit dem "Internationalen Kongreß" in Westberlin, erhielten Anregungen von dieser Manifestation oder versuchten, die Fragestellungen fortzuführen. Darüber hinaus ist ganz offensichtlich, daß vor allem auch mit den jetzt vorliegenden Übersetzungen der Alternative (in italienisch, französisch, norwegisch, schwedisch, dänisch, englisch) und den noch folgenden (spanisch, japanisch) die Ideen und Vorstellungen Rudolf Bahros ein internationaler Bezugspunkt der Diskussion geworden sind.
So kann die Bahro-Solidarität inzwischen auf eine Kette von Komitees, Kontakten und Verbindungen aufbauen (in Skandinavien am intensivsten; darüber hinaus gibt es Komitees in den Niederlanden, verschiedene in Frankreich, in Spanien, in Italien, in den Vereinigten Staaten, in der Schweiz und Österreich, in Kolumbien und Island). Die sich hieraus entwickelnden Kontakte, Korrespondenzen u.v.a. sind nicht nur formelle Solidarität, sie sind gleichzeitig Bezugspunkte der Diskussion über und um Die Alternative.
Auch wenn die sich dabei beteiligenden Kräfte politisch und ideologisch sehr heterogen sind, so verknüpfen sie sich doch in dieser Diskussion. Der "Internationale Appell für die Freiheit Rudolf Bahros — Amnestie der politischen Häftlinge in der DDR" aus Anlaß des 30. Jahrestages der DDR-Gründung zeigt diese gewachsene Kooperationsbereitschaft.
Zur Einführung in die Lektüre des Buches empfehlen wir, zunächst noch das Nachwort zu lesen, in dem die Konzeption des Kongresses in geraffter Form zusammengefaßt ist.
6
Kristina Mänicke, Rudi Steinke und Walter Süß, (Bahro-Komitee)