189 Anmerkungen auf 19 Seiten zu Bahro-1987

 

 

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Seite 499-518

Ein Abschied — und nun?   (9-24)   Prolog

1)  Bahro: Alternative:1977a   

2)  Veröffentlicht in: Bahro: Ich werde meinen Weg fortsetzen: 1977b: S.49   

3)  Ich halte mich hier an die Einleitung von Jonas Cohn zu Toynbee's <Gang der Weltgeschichte>.  wikipedia  Jonas_Cohn  1869-1947

4)  Bahro 1982, S. 91

5)  Pascal, S. 36

6)  Goethe in: Westöstlicher Diwan, Buch Suleika

7)  Goethe im letzten Akt von Faust II 


zu:   Teil-1   Koordinaten der Lage  (27-98) 


1.1 - Wie ich die Lage sehe   27-49 

8)   E.P. Thompson, 1980.

9)   MEW Band 32, S. 32 f.  (Olf 2009: "MEW" = Marx-Engels-Werke) 

10)  MEW Band 4, S. 466.

11)  in der Zeitschrift Ökologie Nr. 26/1984. - Zieglers Aussagen korrespondieren mit den Hinweisen auf die strukturelle Zerstörung des Bodens und deren weitreichende Folgen, die Gernot Graefe in seinem Aufsatz "Die fehlenden Bindeglieder zwischen Pflanzenwurzeln und Kolloiden im Boden" gibt. (Manuskript nachzufragen in der Forschungsstelle für Bioenergie der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften, Donnerskirchen, Burgenland.)  wikipedia  Gernot_Graefe  1937-1994

12)  Die Skizze stammt aus einem mir nur fotokopiert vorliegenden unveröffentlichten Manuskript Galtungs.

13)  Siehe hierzu freilich Marshall Sahlins' Buch <Stone Age Economics>.  wikipedia  Marshall_Sahlins 1930-2021

14)  in seinem Buch <Der Mythos der Maschine>.

15)  Dort haben sie die Goldgelben ja gegenüber, und jetzt gibt es von William Irwin Thompson, der das schöne Buch vom Fall in die Zeit geschrieben hat, ein anderes, Pazifische Herausforderung, mit dem er voll in diesem Windkanal steht; er muß einiges aus seinem vorigen Werk vergessen haben, um nun anzunehmen, es könnte mit der nächsten, pazifischen Runde besser ausgehen als mit der vorigen atlantischen, wenn sich nur ein paar Denkstrukturen ändern, während es technologisch genau in der bisherigen Entwicklungs­richtung weitergeht.

16)  in Hundert Gedichte.

17)  in seinem (Gruhls) zweiten Buch Das irdische Gleichgewicht (1982).

18)  Bahro, London 1984.

 1.2. Andere Antworten  [49-77]

19)  Ich beziehe mich auf Späths Buch: Wende in die Zukunft  

20)  ebenda, S.13.

21)  ebenda, S.12.

22)  im SPIEGEL 6/1986.

23)  Späth, S. 151.

24)  Illich, S. 175 ff.

25)  in einem Interview mit der "Wirtschaftswoche" vom 10.01.1986 

26)  Biedenkopf, S. 43.

27)  ebenda, S. 45.

28)  Die Schlüsselpassage hierzu zeigt überhaupt die Richtung, in der Biedenkopfs Utopie liegt, und sie macht offensichtlich, daß ihm die Begrenzungsidee auch ein inneres Bedürfnis sein muß: Emanzipation heißt damit die Wieder­gewinnung der natürlichen Rolle der Frau. Aber nicht "natürlich" im Sinne vorgeprägter "Natürlichkeit" durch überholte Denkweisen; sondern als ordnende Kraft der Gesellschaft, vor allem der kleinen Lebenskreise. Die Zeit des Zweifelns, Fragens und Messens, die Zeit der Konfrontation von Geist und Materie, die Zeit, in der sich der Mensch die Natur unterwarf, war eher männlichen Eigenschaften gemäß.

Die Zeit der Erneuerung der Zusammenhänge des Ganzen, die Wiederentdeckung der organischen Einheit der Natur, der Dezentralisation des Lebens in kleinen Lebenskreisen, die Zeit des dynamischen Gleichgewichts unter den Menschen und zwischen Mensch und Natur und die Zeit der Wiederentdeckung der Familie und der Hauswirtschaft als Ort der Identität des Menschen wird eher den Eigenschaften der Frau zugänglich sein. Sie kann Natur und Menschsein eher miteinander verbinden. Für sie ist die von den bisherigen exakten Wissenschaften so gesehene emotionale Natürlichkeit des Menschen nicht irrational, weil nicht meßbar und "objektivierbar", sondern vernünftig ... Es wird ein neues Verstehen geben zwischen den Vertretern des "Rationalen" und den Frauen, die uns auf politisch relevante Weise das "Emotionale" und den Zugang zu den natürlichen Ordnungselementen menschlicher Gesellschaft wieder entdecken (S. 50 seines Buches).

Es kommt dann allerdings entscheidend auf die "kleinen Lebenskreise" an, nämlich auf deren Gewicht im gesellschaftlichen Zusammenhang, ihre reale Ausstattung mit Macht, d.h. Verfügungs­freiheit über den Löwenanteil der Mittel zu ihrer Reproduktion, nicht zuletzt über die jetzt so ausschließlich dem technokratischen Prinzip unterworfene Kindererziehung und -bildung. Damit die Frauen das ganze kulturelle Klima so beeinflussen können, müßten diese kleinen Lebenskreise zu den Grundeinheiten werden, von denen her das soziale Ganze, und zwar bis zum Weltmaßstab, stärker bestimmt wird als von allen übrigen sozialen Mächten. Es bedürfte umgekehrter Abhängigkeiten. Keine "höhere Ebene", keine spezialisierte Institution oder Tätigkeit dürfte mehr der Verantwortung vor dem Menschlichen und Natürlichen enthoben sein. "Freiheit der Wissenschaft" und "freie Marktwirtschaft" müßten dann ihre mephistophelischen Hahnenfedern lassen, da sie sich notorisch kolonialistisch zu dieser Lebenswelt verhalten.

29)  Biedenkopf, S. 46.

30)  Hübner, S. 364 f.

31  Galilei in dem gleichnamigen Stück von Bertolt Brecht.

32  Biedenkopf, S. 436.

33  Biedenkopf selbst erwähnt den Physiker und Ökonomen Georgescu-Roegen, dessen jenseits von Marx und Keynes angesiedeltes Lebenswerk um den Nachweis kreist, daß die menschliche Produktion grundsätzlich und unvermeidlich in die Naturgrundlage unserer Existenz einschneidet und je nach Umfang und Charakter unsere Gattungs­lebenszeit auf dem blauen Planeten mehr oder weniger verkürzt.

34  im SPIEGEL 44/1985.

35  Gerhard Mensch, S. 266 f.

36  Biedenkopf, S. 201 ff.

37  Auch Biedenkopfs Lehrer Eucken muß sich aus anderen Dimensionen als denen seiner nationalökonomischen Theorie für die "soziale Marktwirtschaft" entschieden haben. Warum etwa hat er sich für eine Struktur ausgesprochen, die auf Höchstprofit, in seiner verallgemeinernden Terminologie auf "höchstmöglichen Reingewinn" gerichtet ist,, und auf ständige Steigerung des Verbrauchs ausgeht? Schließlich berichtet er (S. 221 seines Hauptwerkes) von den Christen der Spätantike, die "nunmehr nicht unbegrenzt erwerben, sondern nur ein gleichbleibendes, bescheidenes Niveau an Bedürfnissen befriedigen (wollten), um für den Gottesdienst Zeit zu gewinnen und sich für die civitas Dei vorzubereiten (...). Verbunden war damit, daß nicht mehr die ›höchstmögliche Reineinnahme‹ wirtschaftlich erzielt werden sollte, sondern die ›bestmögliche Güterversorgung‹ (...)". Was für ein Unterschied im Menschenbild! Das war keine Wirtschaftsgesellschaft! Und. warum sollte unter solchen Auspizien der Markt zum Wachstum gezwungen haben? Die Leute werden kaum konkurriert und einander stets - mit denselben Gütern versorgt haben. Die Expansion kommt wirklich nicht vom Tausch, vom Markt als solchem, sondern vom Habenmüssen.

Sind nun die beiden Ordnungen, die "christliche" von heute und die christliche von damals, vor der Idee des ORDO gleich? Könnte es nicht sein, daß wir mit dem Streben nach dem "höchstmöglichen Reingewinn" vor Gott-Natur prinzipiell gar nicht bestehen können? Nach Christus jedenfalls gehört zum ORDO: "Ihr könnt nicht zweien Herren dienen, Gott und dem Mammon." Auch: "Ihr sollt Euch nicht Schätze sammeln auf Erden, denn wo Euer Schatz ist, da ist auch Euer Herz." Und das galt schon vor der ökologischen Krise.

38  Laudse, Daudedsching, 18. Spruch
39  Laotse, S.16

 1.3.  Apo aufhalten     { BS 77-98 }    

40)  Kaltenmark, S. 91.

41)  in seiner ökologistischen Ethik (1979, S. 7 f).

42)  Rilke, Erster Band: Gedichte, S. 194.

43)  Biedenkopf, S. 47.

44)  ebenda, S. 48.

45)  ebenda, S. 191.

46)  ebenda, S. 107.

47)  Metz, S. 34.

48)  Eccles, S. 157-194.

49)  Materialismus versus Idealismus ist ein höchst bedingtes (durch die abstraktionistische Phase der Verstandesentwicklung bedingtes) Schlachtfeld. Marxens materialistische Geschichtsauffassung hat sich besonders gegen das unbewußt ego- bzw. interessen­befangene subjektivistische Überschnappen der Psyche gewandt. Vom Menschen her gesehen, dessen "Kopflastigkeit" eben grundlegender gegeben ist als das damit verbundene Risiko, ist es gewiß sinnvoller, die Einheit der Welt in ihrer Spiritualität zu sehen, d.h. den kybernetischen, den Intelligenzaspekt des Universums hervorzuheben. Auch für Marx ging der Weltveränderung Bewußtseinsveränderung voraus; und wie konnte Lenin trotz seiner Tendenz zum Rückfall in eine dualistische und mechanistische Weltsicht ausgerechnet "Bewußtheit versus Spontaneität" (letztere alias Trägheit, strukturkonservatives Verharren des Geistes) zum Angelpunkt machen, sobald es darum ging, die Partei als Instrument der Intervention zu formieren?! 

Die materialistische Geschichtsauffassung ist eine Teilwahrheit, und sie ist vor allem dadurch in sich selbst beschränkt, daß sie den Menschen in seiner Einheit von Körper-Seele-Geist nicht als den tektonisch gewichtigsten, "materiellsten" Faktor nimmt, der aller geschichtlichen Leistung zugrunde liegt. Setzt man den Akzent auf seine Entäußerungen - Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse -, so unterwirft man das Bewußtsein den Trägheitsfaktoren. Es ist das Dilemma des Marxismus und ganz besonders seines Hineinschlüpfens in die Kapitallogik, diese Entfremdung ins Gemachte, die uns radikal verdummt, als das Grundlegende anzuerkennen und dann auf ihre Überwindung zu sinnen. So hat er es de facto nicht mal zum Luzifer gebracht. Die rebellische Attitüde war dazu bestimmt, in der "gewerkschaftlichen" Arbeiterbewegung zu versacken.

50)  Ken Wilber gibt im 14. Kapitel seiner Halbzeit der Evolution einen näheren Überblick über die Gestalten — von den psychischen Phänomenen im Schamanismus über die Göttinnen und Götter zur Göttin und zu Gott, schließlich über diese Personifikationen hinaus zur Gottheit als ewigdauerndem Weltengrund -, in denen uns dieser intuitive Ganzheitsbezug erlebbar wird, wenn wir unsere Sensibilität dafür nach innen wenden.

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zu  Teil-2   Logik der Selbstausrottung  (101-197) 


 

 2.1.  Das Getriebe des rationalistischen Dämons  {101-116}    

51)  Adorno / Benjamin, S. 39  {BS 102} 
52)  Schiller in seinem Lied von der Glocke.
53)  Mumford 1977. S. 767.
54)  Eppler 1981, S. 119 f.
55)  Fromm 1985, S. 48 ff.
56)  ebenda, S. 54.
57)  Brecht "An die Nachgeborenen" in Hundert Gedichte, S. 307.
58)  "Mediatus" 4/1986, aus dem Starnberger Forschungsinstitut für Friedenspolitik.
59)  grüner basis-dienst Heft 4/1986, S. 3.

60  Kürzlich bekam ich vom Autor, Ulrich Linse, ein Büchlein zur Geschichte der ökologischen Bewegungen in Deutschland (1986) geschenkt, in dem er sich per Zitat mit einem anderen "Realisten" trifft, dem scheingrünen Josef Huber. --- Bei Linse (Seite 8) steht, nach dem ersten Schock der Ökokrise "dauerte es einige Zeit, ehe (eben von Huber) das Selbstverständliche ausge­sprochen wurde: <Es gibt Alternativen in der Industriegesellschaft, aber keine zu ihr.>" --- Dabei ist Industriegesellschaft schon verbal ein vom Industrialismus bestimmtes, abhängiges Gesellschaftssystem! So definieren wir uns gerade als industriell entfremdete Gesellschaft, die gar nicht mehr die Wahl hat, sich von der Herrschaft ihrer Energie- und Maschinensklaven zu emanzipieren. Von der Anthropologie und von der spirituellen Bestimmung des Menschen her wird überhaupt nicht erst gedacht, man bleibt intellektueller Funktionär der Megamaschine.

 2.2.  Gesellschaft als Megamaschine  {117-128}  

61) In Mumfords Lebenswerk über die Megamaschine und über die Stadt ist wie in keinem vergleichbaren Text (denken wir etwa an die Kompilation "Global 2000") der Stoff aufbereitet, mit dem wir es zu tun haben. Ich kann mir schlecht vorstellen, daß selbst ein Lothar Späth, zöge er sich acht Tage mit dem klassischen Buch vom <Mythos der Maschine> zurück, danach noch guten Mutes "Informations­gesellschaft" stiften könnte. 

Mumford beeindruckt nicht mit irgendwelchem akkumulierten Horror, sondern mit der Genesis und Struktur der modernen Industriegesellschaft, deren Selbstausrottungslogik er genau erforscht und auf den Menschen zurückführt.

Ich kann und will mir nicht die Aufgabe stellen, Mumfords Werk - das für die Ökologiebewegung dieselbe Bedeutung hat wie einst die Leistung von Marx für die Arbeiterbewegung - zu resümieren.

Aber es ist eine Grundlage, von der ich ausgehe und von der ich sicher bin, sie wird standhalten, auch wenn einzelne Schlüsse, die ich daran knüpfe, fragwürdig sein sollten. Wer das findet, möge den Mumfordschen Ansatz halt anders fortentwickeln.

62)  Fromm 1985, S.152 f.       

63)  Anders 1972, S.35 ff.

 2.3.   Der kapitalistische Antrieb  {128-148}  

64)  Ihr sowjetisches Seitenstück, an das uns Tschernobyl so eindringlich erinnert hat, ist, obwohl es nicht unmittelbar kapitalistisch betrieben wird, nur ein Nachbau, eine abhängige Variable. Die radioaktive Wolke belehrt uns über die Folgen des "Transfers", der "Proliferation" (nicht bloß von Atomtechnik und -Know how, sondern unseres ganzen zivilisatorischen Modells). Wie ärgerlich, daß sie anderswo womöglich noch etwas naiver mit den Zündhölzern spielen.

Ob sie nun Blaupausen gekauft haben oder nicht, die Kernspaltung ist in Deutschland entdeckt, die Bombe Deutschlands wegen zuerst gebaut worden. Kaltblütig auf die japanische Zivil­bevölkerung abgeworfen haben sie die Vereinigten Staaten, um Stalin über die Nachkriegsmachtverhältnisse zu unterrichten. Als Konsequenz des "östlichen" Industriesystems ist Tschernobyl ein faktisches Vexierbild. Der Kommunismus und die Russische Revolution selbst setzen den westlichen Kapitalismus, dessen mächtiges Industriesystem, voraus. D.h. der Systemunterschied ist hinsichtlich der ökologischen Krise von vornherein sekundär, so sehr er sie zusätzlich anheizt.

Es ist der seit Jahrhunderten von uns ausgesandte Impuls, aus dem sie jetzt überall in der Welt um den Verbrauch des Naturkapitals mit uns konkurrieren und, um aufzuholen, häufig noch massivere Schäden verursachen als wir. Die Bundesrepublik geht nicht so verheerend mit der Braunkohle um wie die DDR, die aber durch den "ökonomischen Wettbewerb" dazu getrieben wird. Der Smog in Norddeutschland ist auch insofern ein Bumerang. Wir haben gerade gehört, an unserem Sicherheitsstandard soll nun die Welt der Atomgemeinde genesen. Um so schlimmer, denn dann kann es ja weitergehen. Wir werden uns nicht beschweren dürfen, wenn demnächst z. B. ein französischer Atommeiler hochgeht.

65  Mumford 1977, S. 313.

66  Für die "monetaristischen" Grundlagen unseres zivilisatorischen Modells verweise ich auf den roten Faden, der sich durch die Werke von George Thomson (Die ersten Philosophen), Alfred Sohn-Rethel (Körperliche und geistige Arbeit u.a.) sowie Rudolf Wolfgang Müller (Geist und Geld) zieht: Der erste Abschnitt des letztgenannten Buches gibt eine übersichtliche Rekonstruktion der Marxschen Geldtheorie, nützlich auch für jene, die sich damit auseinandersetzen und dabei nicht so unseriös sein wollen wie der Freiwirtschaftler Yoshito Otani (bestimmt kein echter Japaner).

67  Lutzenberger bei einem Vortrag in der Findhorn-Community in Schottland im Oktober 1986.

68  Mumford 1977, S. 524.

69  ebenda, S. 315.

70  ebenda, S. 316.

71  Schmölders, S. 28 f.

72  ebenda, S.21 f.

73  ebenda.

74  In den Klöstern aller Hochkulturen hingegen war diese Grundsicherung dann schon wieder direkt gegeben oder mindestens kollektiv und Institutionen verbürgt: Ein Mönch oder eine Nonne verhungern nicht, auch in einem Bettelorden nicht, im Gegenteil. Hier war also das Wagnis, "der Menschensohn hat nicht, wo er sein Haupt hinlege", schon nicht mehr im Spiel.

75)  Das (heute) konservative Motiv der Selbstbehauptung und der Eigenverantwortung für die eigene Grundversorgung hat nach rückwärts sein Recht. Die Menschen müssen lernen, auf eigenen Beinen zu stehen, sich nicht in elterliche Arme irgendwelcher Art zurückfallen zu lassen. 

Nach vorwärts ist aber eine Konstruktion von Solidarität und Subsidiarität unhaltbar, die den Bedürftigen zum gedemütigten Bettler macht, der seine Mittellosigkeit beweisen muß. 

In einer hinreichend individualisierten Gesellschaft kann das Angebot einer Grundversorgung, eines "Bürger-" oder vielmehr "Menschenlohns" die geistige Evolution fördern, den Konformismus mildern. 

Es bleibt allerdings an den Sozialstaatsaspekt der Megamaschine gebunden und mit der Ungerechtigkeit im Weltmaßstab verknüpft.

 

 2.4   Europäische Kosmologie  { 148-159 }   

76) Rolland 1966, S. 19 f.  

 

 2.5. Der männliche Logos  { 159-176 }  

77) Schubart, S. 205 und 269.  

78) Hier ist nicht der Rahmen, das umfassend darzustellen, ich will aber wenigstens die Autoren nennen, deren Arbeiten mir - zusammengesehen - die Wurzeln des Patriarchats erklärt haben, während sie gar nicht auf dieses Thema allein konzentriert waren, es andererseits nicht etwa en passant behandelten. In diesem Sinne verweise ich auf die Werke von Erich Neumann (dessen Ursprungsgeschichte des Bewußtseins mir den ersten Lichtblick bot), Jean Gebser, Julian Jaynes, William Irwin Thompson (er demonstrierte am Gilgamesch-Epos die heroische Psychologie nach dem Eintritt in die städtische Zivilisation und ihren Konflikt mit der weiblichen Kosmologie), Ken Wilber (Halbzeit der Evolution) und erneut Friedrich Heer, dessen Buch ich schon zitierte.

Am außerordentlichsten aber fand ich Walter Schubarts Werk 'Religion und Eros', schon in den 30er Jahren geschrieben. Schubart ging der Differenz der weiblichen und männlichen Kosmologie auf den Grund, zeigte ihre Richtung zum Pol des Lebens bzw. des Todes. Für ihn müssen Frau und Mann in ihrer Verschiedenheit jede(r) sich selbst finden, aber seine rettende Utopie ist die Vereinigung, letztlich das liebende Paar, und ich denke, was immer "androgyn" oder "transsexuell" darüber hinaus vorstellbar ist, wird sich als illusionär erweisen, solange das Urproblem der Geschlechter nicht zurückgeholt und neu gelöst ist. Obwohl Schubarts Buch in manchem Detail auch positionell ein wenig altmodisch ist, hat es mir wie kein anderes klar gemacht, wieviel Flucht vor der Frau und damit wieviel Nichtbewältigung jenes Urproblems in allen männlichen Kulturleistungen, nicht zuletzt in allen patriarchalen Hochreligionen liegt und daß an aller Spiritualität etwas Grundlegendes falsch ist, die den Eros nicht nur partiell sublimieren, sondern letztlich überwinden will.

Es sind lauter Männer, auf die ich mich hier berufe. Doch konzentriert sich die feministische Literatur, die ich las, viel mehr auf die Aufdeckung des Skandalons als auf die Erklärung des Patriarchats. Erst jüngst fand ich ein Buch, mit dessen Perspektive ich — unbeschadet der offenen Frage, ob das Christentum feministisch gerettet werden kann — inhaltlich und emotional sehr übereinstimme, Elga Sorges 'Religion und Frau'.

79  Schubart, S. 111 f.

80  Rund um die Welt werden von den Produkten der Industriegesellschaft zuerst die Männer angezogen, korrumpiert, sei es durch Feuerwasser und Gewehr bei den nordamerikanischen Indianern, sei es durch Transistorradio oder Motorrad heute irgendwo in Lateinamerika, Asien oder Afrika. "Entwicklungshilfe" zerstört überall den eigentlichen, von den Frauen gehaltenen Lebensbereich, anstatt ihn zu stützen. Was heißt da "angepaßte Technologie" ?! Die vom weißen Mann bestimmte Zivilisation gibt ihre Werte und Prioritäten weiter, macht den nichtweißen Mann zu ihrem Komplizen. Der weitet seinen Aktionsradius aus, wird kosmopolitisch. Er bekommt natürlich nicht genug, wird nur angefüttert. Erde, Leben, Frauen, Kinder werden weiter an den Rand gedrückt. Auch Richard von Weizsäcker hat das nach seiner Asienreise so gesehen, nur nicht den Schluß ziehen wollen, daß sich hier alles ändern muß, sonst gibt es auch dort kein Halten, und zuletzt wird uns der Bumerang, den wir ausgesandt haben, um so sicherer treffen.

81  Damit korrespondiert Schubarts Einschätzung der "modernen Frauenemanzipation": "Diese bedeutet eine Unterwerfung der Frau unter die männliche Weltbewertung. Die Emanzipierte versucht nicht die eigentümlich-weibliche Art gegen die männliche durch­zusetzen (Demut gegen Hochmut, Schöpfertum gegen Kritik, Ganzheitsdrang gegen Teilungsmanie, organisches Empfinden gegen Mechanik). Sie geht vom (angeblichen) Vorrang der männlichen Werte aus und möchte der Frau lediglich den vollen Mitgenuß dieser Werte und die Teilnahme an ihrer Ausgestaltung sichern. Das ist kein Kampf um die Ebenbürtigkeit der Geschlechter, um die Gleichwertigkeit der männlichen und weiblichen Typik, sondern nur ein Kampf um die äußere Gleich­berechtigung der Frau in einer männlichen Welt. Die Frauenemanzipation streitet für ein Nicht-Weibliches, und sie streitet überdies mit männlichen Waffen. In beiden gleicht sie dem antiken Amazonentum, diesem frühesten Verrat des matriarchalischen Gedankens, daß Frauen wie Männer werden und wie Männer behandelt werden wollen, sprechen sie ihre Geringschätzung des eigentümlich Weiblichen aus. Insofern teilt die Emanzipierte der Neuzeit die Grundansicht des - christlichen Asketen." (S. 260 f.).

 2.6  Conditio humana  {176-197}  

82  Schubart, S. 114.
83  Koestler, S. 93.
84  Wilber, Halbzeit, S. 182.

85  Berman hat referiert, was hier in Europa seit dem 13. Jahrhundert vorgegangen ist. Er erinnert daran, daß J. B. Watson, der Begründer der Verhaltenspsychologie, aus der Distanz der Mutter zum Kind, aus einer rigiden Reinlichkeitsdressur geradezu ein Ideal gemacht hatte, weil das den Kindern die Eroberung der Welt ermögliche. Dazu müßten sie "so frei wie möglich von der Sensitivität für andere Leute" sein. Berman (S. 185) resümiert: Wir haben eine Charakterstruktur typisch werden lassen, "die sich entwickelte, um über den Weg der Beherrschung Liebe in einer lieblosen Welt zu gewinnen", während doch Liebe und Herrschaft physiologisch nicht vereinbare Ziele sind.

86  Das gilt sowohl im Positiven (für das ozeanische Gefühl, das sich auf die Geborgenheit im Mutterleib während der Schwanger­schaft, und für das prometheische Gefühl, das sich auf die letztliche Befreiung aus dem Geburtskanal bezieht) als auch im Negativen (für die depressive Erfahrung, die daran anknüpft, was der Fötus erfährt, wenn biochemische Veränderungen und erste Kontraktionen den Geburtsvorgang ankündigen, während der Ausgang noch völlig verschlossen ist: ein feindliches und bedrohliches All; sowie für die Mischung von Schmerz, Lust und Kampf, die der Fötus, nun aktiv mitbeteiligt, beim Durchgang durch die Vagina in der eigentlichen Geburtsphase erlebt).

87  Grof gibt u. a; auch Charakterstrukturen an (S. 347 ff.), für die die Methode nicht oder schlecht anwendbar ist, weil sie u. U. nur als "Einladung zu einer Fahrt in die Hölle" empfunden werden kann, gerade infolge von Nachwirkungen aus der ursprünglichen zweiten, der einleitenden Phase des Geburtsvorgangs.

88  siehe dort S. 112 bis zum Schluß. Er konzentriert sich darin auf die individualpsychische Seite dieser Erscheinung, während mich hier die gattungsmäßige interessiert. Nicht nur individuell, auch kollektiv fungiert die Projektion als mächtiger Abwehrmechanismus gegen die Innenschau, bei der wir uns als beteiligt an allem Unheil der sozialen Welt und selber unheil erkennen würden.

89  "Der Mensch", S. 336.

90  ebenda, S.303.
91  Yoga dagegen ist ein Weg inneren Handelns (in Indien ähnlich einseitig beschritten wie bei uns der andere - Reinhard Täube hat das in einer schönen Dissertation über "Innere Erfahrung und Gesellschaft" mit Nutzanwendung für uns herausgearbeitet), eine Praxis der Selbstveränderung, und - konnte man sagen - der "Psychosynthese", der - wenn der Adept will - selbstbestimmten Integration.
92  Bahro 1977/2, S. 16.  

93  Wilber geht in der Halbzeit der Evolution davon aus, daß wir zwei Wege haben, mit der Endlichkeit, Teilheit, Abgetrenntheit unserer sozialisierten Existenz vom All, vom Ganzen umzugehen. Wir können uns entweder auf die Wiedervereinigung mit dem "Atman" (wie er auf Indisch das All-Eine nennt, Laudse nennt es Dau) orientieren, d. h. zu erfahren, zu erleben suchen: Im Urgrund sind wir selber eins damit. Oder wir konzentrieren uns auf das "Atman-Project" als Ersatz dafür, auf die kompensatorische Jagd nach Bedeutsamkeit und Lebenskrücken. In dem letzteren seien wir größtenteils befangen, sogar bis in die egozentrische, gierige, genußsüchtige Spiritualität der New-Age-Mode hinein (die er S. 370 ff. der "Halbzeit" treffend kritisiert).

94  Eckhart, Meister Eckharts mystische Schriften, herausgegeben von Gustav Landauer, S.43.
95  ebenda.
96  Wilber, Halbzeit, S. 326 f.

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 Teil-3   Richtung der  Rettung  (201-321)


 3.1 - "Logik der Rettung"  (201-236)

 

97 Mumford 1981, S. 216.  {Buchseite 205}

98)  Seve, <Marxismus und Theorie der Persönlichkeit>.

99)  Auch ich habe dies einmal für eine superbürokratische Perspektive gehalten, für eine Potenzierung des Ungeheuers Nationalstaat, dabei aber vergessen, daß die Machtkonkurrenz, der äußere Feind Bedingung des Despotismus nach innen ist. Bei einer Weltinnenpolitik entfällt diese Bedingung. Die Menschheit braucht ein Organ für ihre gemeinsamen Angelegenheiten, und als Weg dahin nicht zuletzt eine entschiedene Unterordnung der nationalen Souveränitäten. Denn der Interessenausgleich zwischen Nationalstaaten kann, wenn er der höchste Mechanismus ist, nur auf das Nullsummenspiel hinauslaufen, das den Namen UNO trägt und die Idee der Vereinten Nationen blamiert. Diese Idee kann nur zu ihrem Recht kommen, wenn Institutionen dargestellt und verwirklicht wird, daß ein Ganzes mehr als die Summe seiner Teile ist. Als erstes dürfen die nationalen Delegierten gerade keine Vertreter der nationalen Staaten mehr sein, sondern Abgeordnete der Menschen eines Landes bzw. Volkes, einer Region bzw. Ethnie usf.

100) Die Experten, die da miteinander in Wettstreit treten werden, um sich die Mittel fürs Weitermachen zu sichern, wissen schon überhaupt nicht, wissen jedenfalls noch weniger als die Politiker um den gesamtkulturellen Bezug, in dem sie "abschätzen" sollen. Ihre Fachkompetenz ergibt grundsätzlich keine soziale, geschweige denn eine natur­gerechte Grundposition, sondern ist am Gegenpol dazu angesiedelt. Ein einziger Blick zurück auf die Geschichte der Physik in diesem Jahrhundert sollte lehren, daß deren grundlegende Entdeckungen nicht hätten gemacht werden dürfen, wäre es wirklich darum gegangen, ihren "Mißbrauch" (ein völlig verlogenes, apologetisches Schlagwort, denn die Atombombe und das Atomkraftwerk sind die denkbar legitimsten Kinder dieser Wissenschaft) auszuschließen. Die Wissenschaft ist eine durch unsere exterministische Gesamtkultur bedingte Institutio­nalisierung unseres Erkenntnisprozesses und kann so gar nicht anders als fortwährend mehr und größere Probleme zu schaffen als zu lösen. Der Mensch als Wissenschaftler (nicht gleich "Wissende(r)") will die Wunden heilen, die er schlug, ohne die Position des Top-Parasiten aufzugeben. Der Wissenschaftler als Mensch könnte freilich dazu übergehen, die Folgen der Technologie nicht en detail, sondern im Ganzen abzuschätzen. Dann würde er erkennen, daß der Mensch sich übernommen hat, als er nicht nur dazu überging, die Steuerung aus den Evolutionsgesetzen durch die Steuerung aus dem subjektiven und interessenbefangenen Geist zu ersetzen, sondern die damit unvermeidlich gegebene Störkapazität technisch und materiell auch noch um Zehnerpotenzen aufzustocken.

101)  Wenn - beispielsweise - die Aufsichtsräte, Vorstände, Topmanager und Betriebsräte der Chemiekonzerne nicht willens und nicht fähig sind, die allgemeinen Lebensinteressen über die Profitinteressen ihrer Wirtschaftseinheit zu stellen, indem sie Gefahrenpotentiale schon auf bloßen Verdacht zurücknehmen, und koste es die Massenproduktion als solche, dann muß ihnen rigoros diktiert werden. Und die Gesellschaft muß sich die entsprechenden institutionellen Werkzeuge schaffen, mag diesbezüglich über Ökodiktatur lamentieren wer da will. Die Wirtschaft muß gezähmt, muß untergeordnet werden, und die alternativen Softies, die sich in Stilkritik an einer "harten" Sprache üben wollen, die das Wörtchen "muß" noch kennt, mögen sich lieber fragen, vor welchen Notwendigkeiten sie selber kneifen, vor welchen sie selbst bewahrt werden möchten. Ihr wirklicher Tenor oder auch Sopran dürfte häufig, einmal mehr, lauten: "Hindert uns nicht daran, so zu leben, wie wir es gewohnt sind."
Es ist eine ganz andere, berechtigte Frage, wie individualethisch und verfassungsmäßig gesichert werden kann, daß diese Eingriffserfordernisse nicht zur Pfründe privater Machtgelüste werden können. Die "Aufklärung nach innen", die in der psychospirituellen Szene läuft und bereits in große Teile der aktiven Eliten hineinstrahlt, findet hierin einen Prüfstein. Daher kommt es sehr darauf an, innerhalb dieses Milieus soviel Kontrolle und Selbstkontrolle, Kritik und Selbstkritik aufrechtzuerhalten, daß Dompteurallüren und Seelenmanipulation nicht um sich greifen.

102)  Nehmen wir das Waldsterben. Diejenigen Ursachen, die ich, ohne das Waldsterben besonders zu erwähnen, im II. Teil generell behandelt habe, sind viel grundlegender als die naturwissenschaftlich ermittelbaren, wo die Forschungen viel zu langsam auf den simplen Schluß zulaufen, daß der Wald das Industriesystem in seinem derzeitigen Umfang einfach nicht aushalten kann. Und den Bäumen in der Zwischenzeit helfen können wir offenbar viel eher mit Methoden, die aufgrund einer anderen Weltsicht und -Wahrnehmung intuitiv gefunden, angewandt und dabei erforscht werden, wie Maria Felsenreich in Österreich mit ihrer Initiative beweist, Wurzelschäden mit Gesteinsmehlen und Trauben­tresterkomposten zu heilen.

103  Siehe hierzu Günther Anders in seinem nach wie vor aktuellen Buch von der Antiquiertheit des Menschen.

104  Damit es sich hierbei um einen Befreiungsvorgang handelt, darf er nicht im Zeichen einer 5-vor-12-Panik vorangetrieben werden. Auf diesem Felde liegt die Versuchung nur allzu nahe, individuelle Wandlungen psycho­terroristisch forcieren zu wollen. Es muß einen ethischen Kodex geben, der darauf verpflichtet, jeden noch so freundlich begründeten Versuch zu unterlassen, Menschen "zu ihrem Glück zu zwingen", "Außenseiter" hereinzuzwingen usw. Wir müssen nicht um jeden Preis überleben. Wer da anders denkt und egoistisch ungeduldig ist, eignet sich nicht zum Therapeuten bzw. spirituellen Lehrer. Canetti sieht mit gutem Grund in denen, die unbedingt überleben müssen, die für die Gattungszukunft gefährlichste Spezies. Das Überleben regiert nur den niedrigsten Schaltkreis der menschlichen Existenz (Robert Anton Wilson, Der neue Prometheus, anknüpfend an die Einblicke Timothy Learys), und die Fixierung darauf ist gerade der Grund, der uns in diesen exterministischen Typ von sicherheitsbesessener Akkumulation hineingetrieben hat. Überleben als Hauptlosung bedeutet Bürgerkrieg um Bunkerplätze und Lebensmittelreserven, Aussortieren der Schwachen und Kranken usw. Es ist diejenige Antwort auf die ökologische Krise, die mit der Logik der Selbstausrottung völlig konform geht.

105  Thompson, Der Fall in die Zeit, S. 168.  {BS 233}

 

 3.2. Subjektivität  { 237 } 

106) Das sofortige Abschalten sämtlicher bundesdeutscher Atomkraftwerke war genau deshalb nicht möglich, weil diese Kupplung fehlt oder nicht betätigt wird. An sich kann ein Volk in so einem Fall sämtliche Juristereien und die Regreßansprüche der Megamaschine, ihrer Teilsubjekte, von den Richtertischen wischen. Das Prinzip der Rechtskontinuität muß punktuell durchbrochen werden können, wenn man nicht will, daß es demnächst im ganzen über Bord geht.

107) Mumford 1981, S. 213 f.
108  Orientieren kann man sich diesbezüglich u. a. an Wilber (Halbzeit, S. 50 f.), auch an Anand Margo Naslednikows Tantra - Weg der Ekstase (das Siebente Kapitel); geschlossen behandelt das Thema Sam Keen, und zwar auch auf politische Verhaltens­konsequenzen hin, in dem bereits erwähnten Buch über die sieben Königreiche der Liebe.

109) Timothy Leary hat unter dem Titel <Spiel des Lebens> eine Landkarte der Bewußtseinsevolution, des Aufstiegs über eine Stufenfolge von Gehirngebrauchsweisen, vorgeschlagen (die in Robert Anton Wilsons Buch Der neue Prometheus noch weiter ausgeführt und popularisiert wird; leider bleiben die beiden einer scientistischen und technokratischen Perspektive verhaftet und möchten verschärft Herrgötter spielen, aber sie haben etwas "gesehen"). Leary zählt in Korrespondenz mit dem alten yogischen Wissen acht aufeinanderfolgende neurale Schaltkreise zu je drei, insgesamt also 24 Stufen. Er nennt das "neurologisches Tarot", wobei sich Tarot auf jenes alte spirituelle Kartenspiel bezieht, das jetzt wieder viel benutzt wird. Natürlich geht es ihm nicht ums Kartenschlagen, sondern um die Grundlagen der Symbolsprache in den Tarottrümpfen, den sogenannten Großen Arcana.
Bei Leary korrespondieren mit den Tarotkarten, die die Evolutionsstufen des Bewußtseins (er spricht diesbezüglich auch von "Kasten", in dem sozialstrukturellen Sinne) widerspiegeln, die Buchstaben des hebräischen Alphabets, die Tierkreiszeichen, die Titanen der griechischen Mythologie. Nicht zuletzt korrespondieren seine 8 Schaltkreise mit dem Mendelejewschen Periodensystem der Elemente, auch mit dem Do-re-mi-fa-so-la-ti-do der Oktave. Die 24 Tarotkarten selbst (er hat den überlieferten Kartensatz um 2 ergänzt) stehen wie gesagt für aufeinanderfolgende Stufen organismischer Informationsverarbeitung (siehe hierzu auch die beiden Bücher von Klix).

Es gibt auch, angedeutet über die Parallele zwischen den 7+1 Tönen der Oktave und den 7 (+ 1) Chakras im Kundalini-Yoga, eine Querverbindung zu diesem sehr alten neurologischen Schulungssystem. Diesbezüglich ist es spannend, die zwei gleichfalls auf Stufenfolgen abhebenden Bücher von Sam Keen Die Lust an der Liebe und Königreiche der Liebe. Die sieben Stufen der Ekstase, die theoretischer sind als die Titel klingen, mit dem Konzept von Leary und Wilson in Beziehung zu setzen. Weitere Korrespondenzen bestehen zu Ken Wilbers Stufenfolge in der Halbzeit der Evolution und damit zurück zu Jean Gebsers Vorleistung, auf die sich Wilber stützt. Schließlich fügt sich auch der Aufbau von Lewis Mumfords The Transformation of Man (deutsch Hoffnung oder Barbarei) dazu und die Grundlagen des ganzen Problemkomplexes werden noch umfassender sichtbar durch Erich Neumanns Ursprungsgeschichte des Bewußtseins einerseits, Batesons (Ökologie des Geistes) und Bermans (Wiederverzauberung der Welt) lerntheoretische Analysen bzw. Darstellungen andererseits. Alle genannten Werke sind konvergent im Hinblick auf den notwendigen evolutionären Sprung.

110)  S.104 ff. ihres Tantra-Buches

111)  ebenda, S.167

112)  Sie so zu bezeichnen, darauf kommt Leary aus seiner bis zum dreifachen Schrei nach Challenger-Hardware gesteigerten Obsession für die Auswanderung ins Kosmische Schwarze Loch. Mit dieser Regression zahlt er offenbar für seinen Drogentrip, dem wir gleichwohl sein "neurologisches Tarot" zu danken haben.

113)  Novalis, S. 58.

114)  Mumford sagt direkt, auch im Hinblick auf die Megamaschine: "Die Maschine ist der Teil des Organismus, der vom Verstand allein entworfen und kontrolliert werden kann. Indem er ihre Organisation und ihr Verhalten im Entwurf festlegt, wird der Verstand eine Gesellschaft konstruieren, ähnlich jenen Insektenstaaten, die sich seit sechzig Millionen Jahren in ihrer Struktur nicht verändert haben" (S. 142).

115) "In die Bahn zurücksteuern" meint nicht an irgendeinen zeitlichen Anfang der Bahn zurück, sondern jetzt auf den in uns gegenwärtigen Genotyp zurückgehen, wie er unter dem jetzt versagenden konkreten zivilisatorischen Muster verborgen liegt als "immer da".

116) Mumford 1981, S. 161

117)  ebenda, S.167.

118)  ebenda, S.168.

119)  ebenda, S.168 f.

120)  Gebser, S. 685.

121)  Gebser, S. 213

122)  Ich empfinde das durchaus auch bei der Arbeit an diesem Buch. Über Monate und dann nach einer Pause noch einmal über Monate hin mit der Schreibmaschine zu leben, ist mir früher leichter gefallen. Es schwächt schließlich die Kommunikation mit der Mitwelt und mit den eigenen körperlichen und seelischen Ursprungskräften, und die Quälerei, die es abgesehen von gewissen lichten Momenten eben auch ist, trägt gewiß nicht dazu bei, die Weltharmonie aufrechtzuerhalten. Freilich, die ist ohnehin gestört, und das zwingt uns ja gerade zu einer äußersten Anstrengung auf einen Umbruch hin, der vielleicht näher denn je ist.

123)  Ken Wilber gibt S. 11-29 seines Buches <Wege zum Selbst> eine klare Übersicht hierzu.

124)  Aber Asien, zumindest das Indien der Upanishaden, spricht nicht unbedingt anders. Ein paar Worte aus Tagores Sadhana: "Diese Sehnsucht des Menschen nach Selbstverwirklichung ist es, die ihn dahin führt, Reichtum und Macht zu suchen. Aber er muß lernen, .... daß des Menschen höchste Offenbarung Gottes eigene Offenbarung in ihm ist." - "Das wahre Elend des Menschen besteht darin, daß es ihm nicht ganz gelungen ist, sein eigentliches Wesen zum Ausdruck zu bringen, daß es durch sein Ich getrübt und in seinen eigenen Wünschen und Begierden verloren ist." (S. 60 f.) - "Beim ersten Blick sieht es so aus, als bedeute Freiheit für den Menschen das, wodurch er unbegrenzte Möglichkeiten erhält, sein Selbst zu befriedigen und zu vergrößern. Aber die Geschichte belehrt uns eines anderen. Die Träger der Offenbarung waren immer die, die ein Leben der Selbstaufopferung führten." (Sagen wir statt dessen weniger märtyrerhaft, ein Leben des Dienstes; daß man den Dienst an einer Sache verdammt, hat mit dem projizierten Charakter der Sache und mit dem nichtauthentischen, dem Ersatzcharakter des Engagements zu tun, kann dies Prinzip gar nicht treffen.) "Wir können unser Selbst in zwei verschiedenen Erscheinungsformen betrachten. Wir sehen das Selbst, das sich ausbreitet, und das Selbst, das über sich hinausgeht und dabei seinen eigentlichen Sinn enthüllt." (S. 105) 

Je mehr wir auf das in uns setzen, worin wir mit allen Menschen eins sind, um so mehr kommt unsere existentielle Individualität heraus.

125  Yoga der Erkenntnis, des Wissens - siehe dazu das angegebene Buch gleichen Titels von Vivekananda.
126  Luhmann, S. 208.
127  ebenda, S. 46.
128  ebenda, S. 198.

129  Das Geschehen in der heutigen Sowjetunion muß ganz unverständlich bleiben - für alle, die es vornehmlich soziologisch begreifen möchten, und die daher wissen wollen, wo denn nun in der Auseinandersetzung um die Perestrojka der Parteiapparat, der Staatsapparat, die Generalität und der Staatssicherheitsdienst stehen (wenn schon mit Klassenbegriffen nichts anzufangen ist). Dort kämpfen aber Bewußtseinsfraktionen, und deren Träger sind nicht an der Stellung in den Apparaten zu erkennen. Man ist nicht für oder gegen Gorbatschow, wen man Militär ist, obwohl die besonderen damit verbundenen Interessen modulieren mögen. Im Grunde ist das eine weltweite Konstellation. Bereits überall stellt sich denn auch ein bestimmter Menschentyp - unbeschadet konkreter sozialer Verortung - auf Gorbatschow als den Hoffnungsträger eines Menschheitsinteresses ein.

130  Genau genommen hätte ich diesen starken Pfeil auch weiter hinab verzweigen müssen, weil er nicht nur über rationale Einsicht umgesetzt wird. Trotz aller analytischen Wahrnehmung der exterministischen Symptome sind es in den meisten Fällen doch nicht unmittelbar sie, die die Bereitschaft zur Verwandlung auslösen. Es ist eher umgekehrt. Die Krisensymptome liefern willkommene Argumente dafür, sich auf die Selbsterfahrung einzulassen, der Sehnsucht nach Selbstbegegnung gegen den Einspruch der Ängste nachzugeben.

131  In zwei Kapiteln seines metapolitisch angelegten Buches Das dritte Ohr -"Warum die Frauen die höheren Stimmen haben" und "Das Hören ist weiblich" - hat Joachim Ernst Berendt viel Einleuchtendes über den weiblichen Urgrund der Kultur zusammengetragen, durch den wir neu hindurchmüssen. Berendt macht rational deutlich, warum es bei der Integration weithin um geistige Aktivitäten arationaler (nicht irrationaler) Art geht. Einer der wichtigsten Wege entlang meiner gebogenen Pfeile ist der Weg des Hörens, unseres rezeptivempfänglichsten Sinnes, der Weg des Klanges, der Musik wie auch des gesprochenen Logos der Urworte. Überhaupt müssen die Künste in ihrer ursprünglichen Funktion als Mittel gesteigerter Selbsterfahrung und Weltanverwandlung dem bzw. der einzelnen wiedergewonnen werden.

132  Tarthang, Tulku, S. 279.

133  Laudse, 13. Spruch.

134  ebenda, 69. Spruch.

135  ebenda, 30. Spruch.

135a  Eben bin ich erneut im Schwarzwald bei ihnen gewesen und fand das Klima wärmer als damals, den Zusammenhalt dichter. Anscheinend gelingt da etwas, was über bisherige Experimente mit der freien Liebe egozentrischer Individualisten hinausführt. Offenbar werden sie nicht an Eifersucht scheitern.

136  Sam Keen, S. 98, 99 und 114.

137  Siehe hierzu die angegebene Dissertation von Reinhard Täube.

138  Siehe den Fichte-Aufsatz in dem angegebenen Buch von Weischedel. [ls293]

 3.3. Axiome  {300}  

139  Mumford 1977, S. 817 und 831 f. {BS 303}

140  ebenda, S. 833.

141  Bateson, S. 647.

142  Zitiert nach Gebser, S. 561.

  ^^^^ 


zu Teil-4    Der Fürst der ökologischen Wende  (325-496)


 

 4.1. Vorspiel   {325-347}  

143)  Bahro 1977a, S. 523.   {BS 329}

144)  Leary, S. 156

145)  Ohne Zweifel hat der ursprüngliche Echnaton erst einmal bewiesen, daß man mit dem Durchbruch auf diese Stufe tatsächlich von Einsicht verzehrt wird und keinen Staat machen bzw. bewahren kann. Der König war der Euphorie seines Nervensystems erst einmal ausgeliefert, und seine Aufmerksamkeit war so von den inneren wie äußeren machtpolitischen Realitäten abgelenkt, daß er — selbst zuvor terroristisch bei der Durchsetzung des neuen Sonnenkultus — einer Katastrophe zumindest die Bahn freigab.

Ohnehin trat diese damals völlig neue Bewußtseinsstufe zuerst auf der Grundlage instabiler Nervensysteme, ja von Degenerations- und Dekadenz­phänomenen hervor. Das war noch immer nicht anders bei dem viel späteren römischen Kaiser Heliogabal, und es hat überhaupt keinen Zweck, diese Gestalten einerseits aus pragmatisch-politischem, gar spießbürgerlich-moralistischem Motiv zu verdammen oder sie andererseits für ihren psychischen Durchbruch zu preisen. 

Passierte er auf der für den Bienenstock verantwortlichen kaiserlichen Ebene, mußte es tragisch werden, weil der ganze Zwischenbau, sozial mehrere Stufen abwärts, fast völlig fehlte, während er selbst in der Psyche des herausgehobenen Individuums fragil genug war. Heute aber können solche Leistungen des Nervensystems Momente "einer integrierten Struktur und die Spitze einer soliden Stufenpyramide von "Bewußtseins­kasten" sein, sowohl im Individuum wie in der Gesellschaft.

146)  Zu finden etwa in: Deutscher Geist. Ein Lesebuch aus zwei Jahrhunderten. Erster Band, Frankfurt 1982.
147)  Biedenkopf, S. 211.

148)  Biedenkopf bezieht sich denn auch auf die Kirchen, geht aber nicht bis zu der naheliegenden Frage, wie deren neues Grün fundiert ist - nämlich höchst unsolid! Das christlich-abendländische Gottesbild, das grundlegend für unsere spätere Wissenschaft und Technik wurde, ist genuin expansionistisch gewirkt. Sonst hätten wir nicht auf dem ersten Höhepunkt unserer Zivilisation eine Kreuzritterkirche gehabt, stünden heute nicht vor dem selbstfabrizierten Jüngsten Gericht. Deshalb gibt diese Tradition in ihrer nie revidierten offiziellen Gestalt keinen Stand her, um etwas gegen die entfesselten Mächte von Wissenschaft-Technik-Kapital auszurichten, die ja notwendigerweise aus ihr ausgebrochen sind. Christus könnte angesichts "seiner" Kirchen nur erneut auf den Gedanken kommen, den Tempel abzureißen, um ihn neu zu errichten.

149)  Rohrmoser, S. 330.

150)  Ich benenne die Gestalten männlich, weil es zunächst um ein staatsbezogenes ökologisches Ordnungsschaffen, um den Stop der Megamaschine geht. Frauen nehmen inzwischen maßgeblicheren Anteil auch an diesen immer noch patriarchalen Funktionen, die - obwohl absolut nichts gegen ihre Partizipation zu sagen ist, sie müssen halt wenigstens teilweise auch da durch - jedoch nicht ihre eigentliche Domäne sind. Dies ist vielmehr die kulturelle Erneuerung, die viel tiefer geht. Natürlich könnte es nicht schaden, würden auch politische Funktionen konventionellen Typs von vornherein zugunsten jener Tiefenveränderung, also weiblich besetzt, was aber nicht unbedingt auch Besetzung mit Frauen heißen muß. Es kommt vielmehr auf den verstärkten gesellschaftlichen Einfluß des weiblichen Verhaltensmodus als auf solche Dinge wie Quotierung in Funktionen, die zur Megamaschine gehören, an.

151)  Biedenkopf, S. 223.    152)  ebenda, S. 102   153) ebenda, S. 189.   

154)  ebenda, S. 209.   155)  ebenda, S. 157.   156)  ebenda, S. 201.  157)  ebenda, S. 202 f.

158Ich finde es gefährlich, wenn Richard von Weizsäcker, der die ungeheure Schere sieht, den Weg unserer Kultur dennoch als "eine unumkehrbare weltzivilisatorische Entwicklung" betrachtet (SPIEGEL 12/1986). Sie ist es - wenn wir nicht umkehren -, aber zu einem allgemeinen Unglück, für dessen Ausmaß es kein Beispiel geben wird. --- Die heimische Umweltkrise ist in Wirklichkeit der geringste, wenn auch der unmittelbar wirksamste Anlaß, die Kleinen Lebenskreise tatsächlich so in die Mitte eines ökologischen Wendeprojekts zu rücken, wie ich es, Biedenkopfs Lizenz gewiß überziehend, angedeutet habe. 

Übrigens war ein Wilhelm Röpke der Meinung, daß Städte über 50-60.000 Einwohner, gelinde gesagt, keine guten Orte sind und sukzessiv abgebaut werden sollten. Wir könnten zum ersten Mal in der Weltgeschichte bewußt und präventiv zu so fundamentalen Änderungen unserer Kultur schreiten.  wikipedia  Wilhelm_Röpke *1899 bei Hannover bis 1966

 

4.2 - Die Matrix der politischen Umkehr   374 -428

159)  Bahro 1980, S. 126 ff.

160)  Anläßlich eines von Alexander Langer in Bozen zustande gebrachten Dialogtreffens zwischen Grün und Konservativ, an dem u.a. sowohl italienische Kommunisten als auch Südtiroler "schwarze" Volksparteiler teilnahmen, fragte die "Tageszeitung" (TAZ am 15.4.1987) Herbert Gruhl, den einstigen Mitbegründer der deutschen Grünen, ob da sein grün-konservatives Wunschprojekt wieder­auferstünde.

 wikipedia  Alexander_Langer  1946-1995 

"Gruhl: ja, mein Wunschprojekt war es zweifellos. Wir haben natürlich zehn Jahre verloren, da diese Position damals nicht anerkannt worden ist. Die Lage ist insofern schwieriger geworden, als daß die Grünen leider das Ohr der Konservativen und christlichen Kreise weitgehend nicht gewonnen haben. Man schaltet dort ab, wenn man was aus grüner Richtung hört. Das ist das Bedauerliche, daß die Grünen in einen klassisch sozialistischen Verdacht geraten sind, den sie nicht leicht werden abstreifen können. - Auf der anderen Seite nehmen konservativ-bürgerliche Kräfte aufgrund der Ereignisse von Tschernobyl und Basel (Gruhl meint die Rheinvergiftung durch den Brand bei der Firma Sandoz - R. B.) die Dinge schärfer wahr. Von da kommt eine positive Entwicklung, doch an das Ohr der Konservativen heranzukommen. Das können aber nicht die Grünen, das müssen andere besorgen - ob über eine Partei wie die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDO, von Gruhl gegründet) oder über andere Wege der Öffentlichkeit.

TAZ: Gehen wir davon aus, es funktioniert, was heißt das für die ÖDP?

Gruhl: Wenn es zu einem großen Einfluß der Ökologen auf die Politik kommen sollte, dann müßte dies in zwei Richtungen erfolgen. Einmal von der linken Seite, also von den Grünen, und einmal von der rechten, der ÖDP. Erst dann könnte man soviel Wählerabwanderungen bei CDU/CSU und auch FDP bewirken, daß ein zweiter Oppositionsblock entstünde. Erst dann wären Möglichkeiten anderer Koalitionen gegeben, auch mit der SPD. Bisher ist ja das Auftreten der Grünen ein Bumerang gewesen. Der SPD wurden Stimmen genommen und der Rechtsblock, der sich verhärtet, wurde gestärkt. Deshalb muß gerade jetzt an diesem rechten Flügel angesetzt werden.

TAZ: Sind in der CDU Entwicklungen denkbar, die eine solche Debatte befördern? 

Gruhl: Das ist zur Zeit überhaupt nicht vorstellbar. Die Lage ist seit meinem Austritt, möchte ich beinahe sagen, unverändert. Insofern bin ich voll bestätigt, daß ich nicht in der CDU bleiben konnte. Es hat sich überhaupt nichts bewegt. Der einzige, der versucht, ökologische Diskussionen in die CDU hineinzubringen, Kurt Biedenkopf, ist völlig isoliert und verliert den Einfluß, den er früher mal hatte. Die Aussichten sind aber so schlecht wiederum auch nicht. Wir kriegen ohne Zweifel neue Umweltkatastrophen. Die Frustration der Menschen, sich immer wieder von Kohl, Strauß und anderen belügen zu lassen, hat Grenzen. Die kann man nicht überstrapazieren. Leute wie Wallmann (der erste Umweltminister der CDU in Bonn, neuerdings Ministerpräsident in Hessen -R.B.) können sich nicht hinstellen und sagen, sie wollten die Umwelt retten und mit allen juristischen Maßnahmen das Gegenteil durchdrücken. 

TAZ: Kommt also nach dem Debakel von Rot-Grün in Hessen das Thema Schwarz-Grün auf die Tagesordnung?

Gruhl: Es ist dringend nötig, daß dieselbe Diffusivität, die zwischen SPD und Grünen herrscht, auch bei den C-Parteien um sich greift. Die Bewegung, die in die SPD, vor allem in ihren linken Flügel gekommen ist, muß es auch bei den C-Parteien geben. Dann können wir zu anderen Teilungen in der Mitte kommen, zu anderen Mehrheiten, früher nicht."

161)  Siehe S. 192 ff. des C. G. Jung Lesebuchs von Franz Alt.

162)  Ellul, S. 150 ff.

163)  Bahro, Pfeiler am anderen Ufer, S. 58.

164)  d.h. 1983, als jene Rezension entstand.

165)  Lafontaine, S. 195.

166)  ebenda, S. 183.

167)  Biedenkopf, S. 45.

168)  S. 189 des C. G. Jung Lesebuchs von Franz Alt.

169)  Lafontaine, S. 197.

170)  Rohrmoser, S. 255 ff.

171)  Jonas, S. 9.

172)  Bahro 1980, S. 119.

173)  Daß sich heute eine neofaschistische Gruppe in Italien ebenso nennt, soll mich nicht abschrecken. Wir werden es ohnehin vermehrt auch mit solchen Ordnungsforderungen bzw. -angeboten zu tun bekommen, falls wir nicht rechtzeitig eine Verfassung zustande bringen, die für eine grundsätzliche Kursänderung gut ist. Andernfalls wird sich die zivilisatorische Krise so weit zuspitzen, daß sie zum Ausnahmezustand treibt. -- Die Affinität zu faschistischen "Lösungen" drückt auf eine bereits geschädigte Weise das Bedürfnis nach einer Ordnung aus, die der anonymen Vernichtungsmächte Herr wird. Jetzt tritt zu den sozialen Bedrohungen, die wir in die Dritte Welt abdrängen konnten (wie die Kriegsdrohung mit Hilfe unserer atomaren Abschreckung auch - jetzt finden dort "konventionell" unsere Kriege statt), die neue ökologische Dimension hinzu. Wer keine neue Ordnung ins Auge faßt, oder bloß die gescheiterten alten Rezepte dafür, sollte aufhören, sich über profaschistische Ressentiments im Volke aufzuregen.

(174)  Es ließe sich sicher mehr dazu sagen. Es gibt auch andere Zugänge, ähnlich und doch verschieden zum Beispiel Hubertus Mynareks Buch über Ökologische Religion. -- Ich will auch Alan Bleakleys Früchte des Mondbaumes hervorheben - die Wiederkehr der Göttin wird einer der Grundzüge der neuen Seelenverfassung sein, weil Voraussetzung für eine neue Verständigung zwischen Mann und Frau jenseits des Patriarchats und des amazonischen Kampfes dagegen.   qwant  alan+bleakley+fruechte+mondbaumes

 

 4.3.  Das Fundament der neuen Ordnung   {429-496}     

 

175)  Wir sind natürlich die ganze Zeit versucht, dies vorziehen, endlich "zu Potte kommen" zu wollen. Doch wäre es der größte Fehler, erneut die Geduld für das entscheidende Vorfeld nicht aufzubringen und die Zeit nicht haben zu wollen, um die neue Bewußtseinsverfassung von innen aufzubauen. Politik unmittelbar ist immer ein Machtspiel, sei's auch ein alternatives, bei dem weiter "um Herrschaft und um Freiheit wird gerungen". Es kann nur untergeordnet werden durch einen Vorgang spiritueller Reinigung - nicht perfektionistisch, sondern als ständige Priorität - im Sinne der bewußten Erhebung auf die Stufe eigentlich menschlichen Verhaltens. Diese Reinigung ist die erste Forderung einer Verantwortungsethik. Das Beschwören der "faschistischen Gefahr" schon bei dem leisesten Knopfdruck auf arationale Motive ist hauptsächlich der Ausdruck dieser Ungeduld und des zugehörigen aufgeklärten Pharisäertums: "Herr, ich danke Dir, daß ich nicht bin wie jene anderen Leute, die da aggressive, vergewaltigende und sadistische Motive haben." Allerdings: Bei jedem direkt politischen Spiel, das sich um den Durchgang durch die Innerlichkeit, durch die Selbsterfahrung in den Dimensionen der Macht und der Liebesfähigkeit drückt, muß es relativ ungünstiger ausgehen, weil die faschistoiden Tendenzen dann größere Chancen haben. Wir brauchen trotz des Zeitdrucks, den uns die ökologische Krise macht, die "eilelose Eile". Meist ist die Eile, politisch zu Potte zu kommen, ohnehin neurotisch mitbedingt, weniger objektiv begründet, als zugegeben. Wer sieht schon gern in den dunklen Spiegel seiner Selbst.

176)  Ob es sich um dezentrale Energieerzeugung, um sanfte Chemie oder um Ersatzmethoden für Tierversuche dreht - die alternativen Experten haben sich nur in den seltensten Fällen von dem Kodex des wissenschaftlichen Zeitalters gelöst, von jener Grundhaltung, die bei Heidegger "abendländische Seinsvergessenheit" heißt. Sie helfen diesen Kodex vielmehr retten, weisen ihren Kontrahenten Unwissenschaftlichkeit nach, verhalten sich in dieser Zeitenwende noch, als sei nur einmal mehr ein wissenschaftliches Paradigma durch ein anderes abzulösen.
Am durchschaubarsten ist dieses alternative Expertentum in der Friedensfrage, wo viele nicht einmal wissen möchten, daß die Kritik an diesem oder jenem Waffensystem überhaupt nicht an die Friedensfrage rührt. Von der alternativ erfundenen "defensiven" bis hin zur bei den Grünen so beliebten "sozialen" Verteidigung - welche Augenwischerei! Auch sollen die US-Truppen möglichst verschwinden, aber die Bundeswehr soll - "umgerüstet" werden. Der Rückzug der USA würde sich demnächst von selbst ergeben, wenn die Völker Westeuropas klarmachen würden, daß sie nicht mehr militärisch verteidigt werden wollen. Noch aber beteiligen sich allerliebste Friedensfreunde, die dem Volke "legitime Sicherheitsinteressen" zusprechen, an Bedrohungsanalysen, untersuchen ihrerseits die Feindlage. Es bedarf heute keinerlei Studium des faktischen Militarismus mehr, um begründen zu können, daß wir buchstäblich ohne jegliche Rüstung leben müssen. Aber wem die Notwendigkeit des militärischen Gewaltverzichts, des Verteidigungsverzichts in diesem Sinne, evident wäre, dem verfiele halt die Spezialistenqualifikation.

177Jaynes zeigt, daß der soziale Prozeß, der in die städtische Zivilisation und den königlichen Despotismus hineinführt, die soziale Kommunikation so verändert, daß das bisherige Zusammenwirken zwischen den Leistungen unserer beiden Hirnhälften nachhaltig gestört wird. Der "Zweikammergeist" bricht zusammen. Die linke Hirnhälfte, in der wir den begrifflichen, diskursiven, Teile herausschneidenden Verstand lokalisieren können, übernimmt einseitig die Handlungsführung. Die rechte Hirnhälfte, die das Organ unseres intuitiven, körper-seelisch vermittelten Evolutionswissens, also der vertrauensvollen Kommunion mit dem Ganzen ist, wird weitgehend untergeordnet, unterdrückt, durch Nichtbenutzung unentwickelt gelassen, zum Ausdruck dumpfen Unbehagens gemacht. Aus dieser Hälfte hat in der archaischen Zeit unbewußt der Logos der Evolution uns gesteuert, der dann in der magischen Zeit unsere machtvolle spezifische Intervention überwölbt, in der mythischen Zeit mit Götterstimmen unser schon konstituiertes gewaltiges Ich konterkariert hat. 

So wie wir nachher unsere Werkzeuge und zuletzt die Megamaschine dazu benutzt haben, unsere Verstandesfunktion, eine Funktion unserer komplexen Psyche, durch immer erneute positive Rückkopplung zu verstärken, so haben wir zunächst die Kopplung der abstrakten Leistungen unserer linken Gehirnhälfte, die Verknüpfung der Begriffe, zu einer objektiven Macht aufgebaut, die das Ungleichgewicht in unseren Hirnfunktionen weiter verstärkt. Die rationale Gesellschaft sitzt in dem Teufelskreis des Rationalismus fest.

Die Wissenschaft kommt auf, weil dadurch die Notwendigkeit besteht, additiv, diskursiv, Teilwahrheit für Teilwahrheit, Schritt für Schritt jenes Ganze zu rekonstruieren, zu dem wir den intuitiven Zugang weitgehend verloren haben (mehr noch, wir haben jene, besonders die Frauen, die nicht oder nicht so total in die neue Einseitigkeit mitgerissen wurden, so diskriminiert, daß die allenfalls aufsteigenden Intuitionen als Marotten und Aberglauben verlacht werden konnten - alles "Unaufgeklärte" galt schließlich als minderwertig und minderbemittelt).

So steht über dieser Wissenschaft vom Ursprung an das "Ihr werdet's nie erjagen". Sie kann die verlorenen Stimmen der Götter nicht ersetzen, und die Gottheit, statt sich mehr und mehr zu entbergen, verbirgt sich ihr erst recht immer mehr. Jaynes erinnert an die mystischen Ambitionen eines Newton etwa, die aber historisch gesehen hoffnungslos in den Positivismus hinein gescheitert sind. Das Buch von Jaynes müßte unbedingt übersetzt werden.

178)  Revolutionäre Parteien, die sich selbst dann mehr oder weniger als "Parteien neuen Typus" verstehen (wie in statu nascendi auch die deutschen Grünen), sind im Idealfall Aspekte und Organe, "politische Arme" der Bewegung (ich habe den Grünen angehört, solange ich sie überwiegend in dieser Rolle sah). Andererseits kann die Bewegung, wie es exemplarisch mit der nationalsozialistischen geschah, gerade über diese dem alten System zugewandteste Seite geentert werden, wozu allerdings das nationalistische Element, das stets viel eher Staats- als volksorientiert wirkt, ganz besonders einlädt.

179)  Alliata, S. 44 ff. ihres Buches Harem.

180)  Hölderlin in seinem Gedicht "Die Eichbäume":

"Aber ihr, ihr Herrlichen! steht, wie ein Volk von Titanen
In der zahmeren Welt und gehört nur euch und dem Himmel,
der euch nährt' und erzog, und der Erde, die euch geboren.

Keiner von euch ist noch in die Schule der Menschen gegangen,
Und ihr drängt euch fröhlich und frei, aus der kräftigen Wurzel,
Unter einander herauf und ergreift, wie der Adler die Beute,
Mit gewaltigem Arme den Raum, und gegen die Wolken
Ist euch heiter und groß die sonnige Krone gerichtet.

Eine Welt ist jeder von euch, wie die Sterne des Himmels
Lebt ihr, jeder ein Gott, in freiem Bunde zusammen."

Und Shelley, wie um fortzusetzen, in seinem "Entfesselten Prometheus":
"... und königlose Throne. .. und daß die Menschen
Nun friedlich einer mit dem ändern gingen,
So wie's die Geister tun. Und keiner kroch
Und keiner trat den ändern; weder Haß
Noch Furcht noch Stolz noch eitel Eigensucht
Noch Selbstverachtung standen mehr geschrieben
Auf Menschenstirnen ... keiner
In banger Furcht erhob nach eines andern
Gebieterischem Äug' den scheuen Blick...
... Keiner frechen Hohns
Zertrat die Funken in dem eignen Herzen
Von Lieb' und Hoffnung, bis nur bittre Asche
Zurückgeblieben in der Seele Rest...
Befreit nun bleibt der Mensch und scepterlos,
Beengt durch keine Schranke, jeder gleich
Dem ändern, ohne Rang und Stamm, gebunden
An keine Scholle - Bürger nur der Welt. ..
Sein eigner König, mild, gerecht und weise."

181)  Siehe das Kapitel "Eine Politik des Bewußtseins" in Bermans Buch Die Wiederverzauberung der Welt.

182)  Teilhard de Chardin, S. 323 f.

183)  ebenda, S. 337.

184)  im SPIEGEL 34/1986.

185)  Adelgundis Führkötter, OSB, in ihrer Biographie der erleuchteten Frau in: Die großen Deutschen, 5. Band, Gütersloh 1978, S.45

186)  Chrysanthemen im Spiegel, S. 167.

187)  Schiller, Band 2, S. 887.

188)  Rohrmoser, in Hohenheimer Protokolle S. 61.

189)  Ranke-Graves, S. 578.

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