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5. Massenmedien 

  Glossar  

 

 

  Die Droge Fernsehen 

Haben Sie schon einmal an einem Sonntagnachmittag fünf Stunden am Stück in die Glotze geschaut? Ich wette um einen Kasten Sekt, daß Sie diese totale Hingebung an diese mediale Medienberieselung schon praktiziert haben. Und wie haben Sie sich nach diesen fünf Stunden gefühlt? Ich wette mit Ihnen um drei Kästen Sekt, daß Sie sich unbefriedigt gefühlt haben. Ihnen ist bestimmt auch schon aufgefallen, daß hoher Fernsehkonsum tiefe Leere mit sich führt. Aber haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, warum dies wohl so ist? Der Hauptgrund ist in der Vorführung unerreichbarer Ziele zu suchen.

Nehmen wir doch einmal als Beispiel Jennifer Beals in ihrem Film Flashdance, welche die Postwoodstock-Generation in Breakdancestulpen auf der Kinoleinwand bewundern konnte. Ist sie nicht eine bewundernswerte Frau? Sie hat ein Antlitz, das selbst die coolsten Typen heiß macht. Ihr perfekter Körperbau besitzt den absoluten Überbau! Nicht zu viel und nicht zu wenig. Sie hat ein wohltemperiertes Gemüt, das sich harmonisch in die Stampfkadenzen der spätsiebziger Night-Fever-Music einfügte. Und welch ein Multitalent: Sie vermochte ebensogut zu tanzen wie zu schwingen, zu schweißen und zu schwitzen.  wikipedia  Flashdance 1983

Wenn Lieschen Normalverbraucher solch ein Supergirl vor Augen gehalten bekommt, muß es natürlich spätestens beim Blick in den Toilettenspiegel zum frustrierenden Schneewittcheneffekt kommen. Denn wenn dann aus Hasenschartenmund verzweifelt die Frage erschallt:

Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die Schönste im Abendland? 

so wird nach einiger Reflexion die Antwort zurückschmettern:

Wahrlich, Ihr seid keine Zier,
denn Jennifer Beals, in dem großen Reich,
über dem großen Teich,
die ist noch tausendmal schöner als Ihr!

Was unsere frustrierte Kinogängerin leider nicht weiß, ist, daß unsere Flashdancekönigin in Wahrheit eine Synthese aus zwei Personen darstellt.

Passagen, in denen vor allem das Gesicht präsentiert wird, spielt Jennifer Beals selbst. Szenen, in denen der knackige Körper erotische Tanzakrobatiken ausführt, werden von einer anderen unbekannten Tänzerin gespielt, deren Visage scheinbar filmunwürdig war. Selbst unter den circa 150 Millionen Amerikanerinnen haben die Regisseure Hollywoods scheinbar keine Schauspielerin auftreiben können, bei der sowohl der Körper als auch das Gesicht und das schauspielerische Talent dem Film angemessen waren.

Wen wundert es da noch, daß unser Lieschen N. aus Hinterknottelsbach beim Selbstvergleich mit jener wahrhaft schizophren fabrizierten Pseudoperson Suizidgelüste verspürt.

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Oder nehmen wir Marlon Brando als männliches Gegenstück. Locker vom Hocker und cool vom Stuhl seiner Harley blickt er mit magnetischem Schlafzimmerblick auf die betörten weiblichen Fans. Leider sitzt gerade unter dieser angetörnt-betörten Weiblichkeit auch unsere Lieschen N., deren Gatte namens Hans-Otto Normalverbraucher leider eine eifersüchtige Natur ist. Wie wird sein Blut beim Anblick der Funkelaugen seiner Gattin kochen; um so mehr, da Hans-Otto genau weiß, daß er sich weder mit dem Charme eines Marlon messen lassen kann noch mit der Urgewalt eines Schwarzenegger oder der Schläue eines Michael J. Fox. 

Er kommt sich daher oft sehr minderwertig vor. Rein objektiv gesehen, bräuchte Herr Normalverbraucher jedoch keine besonderen Minderwertigkeitskomplexe zu haben, denn schließlich ist er ein gutaussehender und obendrein sympathischer Mann, der eine Musterkarriere hinter sich hat. Doch — tja — im Schatten solcher maßgeschneiderter Zelluloid-Supermänner verblaßt halt selbst die Crême de la Crême.

Fazit: Werden solch maßgeschneiderte Idole regelmäßig vor Augen gehalten, so gräbt sich dieses unerreichbare Idealbild unbewußt tief ins Freudsche Über-Ich ein. Dort, in den tiefsten Kammern unseres grauen Labyrinths, findet dann ein permanenter Vergleich des Ichs mit dem vorgehaltenem Idealbild, dem Über-Ich statt. Natürlich wird das Ego hierbei den kürzeren ziehen. Denn alle Attribute eines solch makellosen Übermenschen können gar nicht erworben werden.

Schließlich handelt es sich um eine von Managern, Medienpsychologen und Regisseuren erstellte fiktive Persönlichkeit, hergestellt durch Selektion und Kombination zwischen allen Schönheiten dieser Welt, kombiniert mit der Intelligenz, Schlagfertigkeit und Coolness eines reiflich durchdachten Drehbuches.

Aber wenn regelmäßiges Filmeansehen Unzufriedenheit mit sich selbst verursacht, warum wird trotzdem immer mehr in die Röhre gestarrt? Die Antwort steckt schon in der Frage! Unzufriedene Menschen möchten ihre eigene fiktive oder wahrhaftige Unzulänglichkeit gewöhnlich für ein paar Minuten vergessen und flüchten dafür in die Scheinwelt des Hollywoodglamours. Zumindest für die Dauer des Filmes können sie sich mit dem Filmheld beziehungsweise der Heldin identifizieren und sich endlich einmal genauso stark, cool und intelligent fühlen wie jener Star. Sie können mit dieser Hauptperson mitfühlen, ja sich eins fühlen und die Minderwertigkeitskomplexe im Vorspann herunterscrollen lassen. Leider nur bis zum Abspann.

Hier schließt sich der Teufelskreislauf: Häufiges Filmesehen erzeugt Unzulänglichkeitsgefühle. Um diese wieder zu unterdrücken, muß immer häufiger in die Welt des Filmes geflüchtet werden. Kurzum — Filmesehen ist eine Sucht.

 

Fernsehen ist eine harte Droge. Kino ist ein Genußmittel. Die unterschiedliche Gefährlichkeit zwischen Bildschirm und Leinwand findet ihren Grund darin, daß der Abusus von Kinofilmen schon von sich aus limitiert ist. So werden selten mehr als eine Handvoll einigermaßen attraktiver Kinofilme pro Woche und pro Gemeinde angeboten. Außerdem verbietet die Begrenzung durch das schwindsüchtige Portemonnaie bei jungen Leuten eine hohe Kinogangfrequenz.

Videofilme dagegen werden 24 Stunden pro Tag für nur eine müde Mark angeboten. Es existiert weder eine zeitliche noch eine finanzielle Beschränkung. Einige “Perfideotheken” scheuen dabei noch nicht einmal davor zurück, blutrünstige Hardcorefilme an Jungspunde zu verkaufen, die gerade mal ihr Stupsnäslein über die Theke strecken können. Doch bald haben es die Pimpfe sogar noch bequemer. Geostationäre Satelliten senden via “Salatschüsseln” marktorientierte Filme aus aller Welt frei Haus. Splattermovies aus Übersee könnten dann so manches niedliche Kinderzimmer blutrot erleuchten. Wir sollten danach kräftig unsere unverletzten Daumen drücken, daß es hoffentlich nur das Playmobil sein möge, das die Kids hämisch mit der Axt zerstückeln.

Auch andere Massenmedien wie Radio, Zeitungen und Zeitschriften sind bei weitem nicht so gefährlich wie das Fernsehen, da jeweils nur ein Sinn — entweder der Gesichts- oder der Hörsinn — angesprochen wird. Bei Zeitschriften und Zeitungen kommt der Umstand hinzu, daß gerade leicht beeindruckbare Kinder noch nicht lesen können und daher diese literalen Medien keine schädliche Prägung verursachen.

Die Suchtgefahr der Massenmedien könnte in Zukunft noch zunehmen, wenn Medien entwickelt werden, die außer dem Gesichts- und dem Hörsinn auch noch andere Sinne ansprechen, beziehungsweise die Präsentation der bisherigen Sinneskanäle realistischer gestaltet.

Entwicklungen, die in diese Richtung weisen, sind zum Beispiel das Drei-D-Fernsehen, das Hochzeilenfernsehen HDTV und die Digitalisierung der Tonübertragung. Eine weitere in dieser Hinsicht höchst brisante Neuentwicklung ist der Cyber-Space, an dem unter anderem am Frauenhofer-Institut gearbeitet wird. Cyber-Space besteht aus einem Datenhandschuh (Data Glove), einer Monitorbrille und einem Computer. Ziehen die PerzipentInnen den Datenhandschuh und die Monitorbrille über, bewegen sie sich in einer virtuellen Drei-D-Welt. Ihre Handbewegungen werden mittels Datenhandschuh erfaßt und an den Computer weitergeleitet. Der Computer modifiziert mit diesen Eingangsdaten seine Simulation und generiert die zwei Monitorbilder für die Monitorbrille. Die PerzipentInnen haben dann den Eindruck, sie bewegten sich in einer realen Welt. Die zwei errechneten Monitorbilder für die beiden Augen erzeugen einen Drei-D-Effekt, der um so realistischer erscheint, da diese fiktive Simulationswelt auf Handbewegungen sinnfällig reagiert.

Neuerdings werden in den Datenhandschuh auch steuerbare Luftpolster eingebaut. Wird in der Computerscheinwelt ein virtuelles Objekt berührt, aktiviert der Computer diese Luftpölsterchen an den Fingerkuppen und hinterläßt bei den PerzipentInnen einen Berührungseindruck. Auch wird an weiteren Verbesserungen wie Datenschuhen in Verbindung mit einem in allen vier Himmelsrichtungen bewegbaren Laufband gearbeitet. Die fiktive Computerwelt wird also immer realistischer — so realistisch, daß sie kaum noch von der realen Welt unterscheidbar ist.

Wird der Data-Glove erst einmal auf dem allgemeinen Markt zu erträglichen Preisen erhältlich sein, können seine gravierenden Konsequenzen schon erahnt werden. Die Menschen werden immer mehr vor den Alltagsproblemen in diese simulierte Zweitwelt flüchten. Schöne  neue  Welt!

 

 

Massenmedien als Informationsfilter
(oder: Alles unter der Regenbogenpresse!)

Auch die Information leidet unter dem Prokrustesbett der Profitmaximierung. Jegliche Information wird in den ökonomischen Kontext eingezwängt. Nur solche Nachrichten werden gedruckt beziehungsweise gesendet, die eine hohe Kaufrate beziehungsweise Einschaltquote  mit sich führen. Das bedeutet, daß selbst hochkomplexe Nachrichten auf das dürftige geistige Niveau des gemeinen Pöbels reduziert werden.

Und was interessiert Hans-Otto und Lieschen NormalverbraucherIn hierbei wohl ganz besonders? Hans-Otto fühlt sich von der nackten Diva auf der Titelseite der Boulevardzeitung angezogen. Trotz dieser untreuen Blicke ihres titellüsternen Gatten hat Lieschen gegen die Regenbogenpresse nichts einzuwenden, denn sie möchte ja schließlich wissen, warum Prinz Charles seiner Lady Di (beziehungsweise Ex and Die) nun unbedingt einen goldnen Nachttopf schenken mußte.

Wie leicht zu sehen ist, können unsere Beispielpersonen, Hans und Lieschen, wichtige Nachrichten nicht mehr von unwichtigen Leserattraktoren unterscheiden. Es sollte ihnen deswegen kein Vorwurf gemacht werden. In einer Medienwelt, in denen die Weltpolitik gleichrangig mit Werbung, Pornographie, Kaffeeklatsch und Witzseiten präsentiert wird, können normale Sterbliche die harte Realität nicht mehr von unwichtigen Histörchen oder Manipulationsprodukten unterscheiden!

Die Reizüberflutung impliziert sowohl eine emotionale Sensibilitätsabstumpfung als auch eine zunehmende Abneigung gegen intellektuelle Themen.

Um die Weltpolitik für die LeserInnen interessant zu machen, werden die Nachrichten radikal auf ein Minimum reduziert. Dies gilt ganz besonders für das Fernsehen, das infolge der Sendezeitbeschränkungen auf ganz besondere Kürze angewiesen ist. Die so erhaltenen Minimalnachrichten werden dann oft noch emotional aufgemotzt, um die FernsehkonsumentInnen bei der Stange zu halten.

Leider läßt sich eine Begebenheit fast nie ohne Kontext verstehen oder bewerten. Doch im Zuge der Medien­kommerzialisierung werden gerade jene Hintergrundinformationen unter den Tisch der RedakteurInnen fallen, da sie teure Sendezeit kosten und hohe Abschaltraten mit sich führen.

So werden Nachrichten auf einen kurzen Slogan oder zumindest auf eine Handvoll erklärender Sätze reduziert. Um hohe Einschaltquoten zu gewährleisten, werden diese Schlagworte noch auf ein dem gemeinen Pöbel angemessenes Niveau vereinfacht. Komplexe Themen mutieren zu emotionsgeladenen Slogans, die der wahren Tiefschichtigkeit aktueller Probleme nicht gerecht werden können. Es läßt sich beispielsweise das hochbrisante Reizthema Verteidigungspolitik weder mit Frieden schaffen ohne Waffen! auf linker Seite noch mit Panzer her für uns’re liebe Bundeswehr! auf rechter Seite ausschöpfen.

Manch wichtige Themenbereiche werden erst gar nicht angeschnitten, wenn das Gros der Bevölkerung kein Interesse dafür zeigt. Im Klartext bedeutet dies, daß nur solche Nachrichten gesendet werden, die entweder anzüglich, skandalumwittert, blutstrotzend oder zumindest aufsehenerregend sind.

Die soziale Ursache einer Demonstration beispielsweise wird höchstens mit einem Sätzchen erwähnt — wär’ ja sonst viel zu kompliziert!

Den einzigen steinewerfenden Demonstranten blendet die “Media-Mafia” dagegen groß und lang ein — am besten aus der Froschperspektive mitsamt per Computeranimation eingeblendetem Feuer — das macht sich gut!

Richtig gefesselt wird der geschockte Zuschauer aber erst, wenn nach dem Schnitt die unzähligen friedlichen Demonstranten aus der Vogelperspektive gezeigt werden und der Eindruck entsteht, wegen nichts und wieder nichts bedrohten Tausende von blutrünstigen Verirrten unseren lieben Rechtsstaat.

Bei solchem “FlimmerJunkFood” fürs Auge führt FernSehen geradewegs zur politischen “KurzSichtigkeit!”

 

Pressekonzentration

oder Wunder! — Unbefleckter Verleger wurde schwanger!

 

Die Medien sind in den kapitalistischen Wirtschaftssystemen ebenso den Gesetzen des freien Marktes unterworfen wie andere Produkte auch. Diese Markteingebundenheit hat fatale Folgen für den Pluralismus des Presseangebotes. Denn nur Presseverlage, die systemkonform sind und ein hohes Kapital besitzen, sind in Marktwirtschaften auf Dauer überlebensfähig. So bildet sich in Marktwirtschaften automatisch ein Spektrum systemkonformer, pseudokritischer Medienkonzerne aus, die den Markt dominieren.

In den achtziger Jahren verstärkte vor allem das Aufkommen der neuen Medien die Medienkonzentration, die sich unter anderem in der Beteiligung von großen Presseverlagen an Kabel- und Satellitenfernsehprogrammen, sowie in einer zunehmenden internationalen Medienverflechtung äußert.

Die vielgerühmte Meinungsvielfalt wird in unseren kapitalistischen Systemen zur reinen Farce. Die Medienlandschaft wird von ein paar gigantischen Verlagsunternehmen beherrscht, denen natürlich ganz und gar nicht daran gelegen ist, etwas wirklich Kritisches gegen unser Wirtschaftssystem zu äußern, denn schließlich wollen sie ja nicht am eigenen Verlagschefsessel sägen.

Allein dem Springer-Konzern unterliegen etwa ein Drittel aller Zeitungen. Zusammen mit dem Verlag Bertelsmann-Gruner/Jahr beherrschen die drei Pressegiganten über 92 Prozent aller Rundfunkprogramm­zeitschriften!

Die Medienkonzentration in Deutschland erscheint in noch kohärenterem Licht, wenn Sie bedenken, daß alle drei Pressegiganten mehr oder weniger dieselbe konsumtive Meinung vertreten.

Selbst in den apolitischen Zeitschriften wird der Leser subtil manipuliert. Mit tiefenpsychologischen Tricks wird der Leser zu einem braven Konsumenten und systemkonformen Trottel degradiert. Damit die Zeitschrift auch weiterhin den Ruf genießt, kritisch zu sein, wird — Hocus Focus — ab und zu künstlich ein Problem herbeigezaubert, das von den wahren Weltproblemen ablenkt: Skandal! Kannibalen zerfleischten deutsche Touries!

 

Politische Medienmacht

(oder: Haben Sie ‘ne A-meise?)

Anhand des Beispieles der Bild-Zeitung werden wir aufdecken, welch destruktive Macht Zeitungen schon heute haben. Neben Ablenkungsüberschriften wie: Papst will Außerirdische taufen, peitschte die Bild-Zeitung die Bevölkerung nach ihren nationalbeschränkten Wünschen auf. Hier ein winziger, aber schlagender SchlagZeilen-Extrakt, aus einem einzigen Jährchen:

Demnach wissen geBILDete LeserInnen spätestens im Herbst 1992, daß AsylantInnen wie Ameisen Deutsche bedrängen; vermutlich haben die “AmeisantInnen” ebenfalls sechs Beine und ihnen muß daher Beine gemacht werden. Und wer A-meise sagt, muß auch B-meise sagen und bekommt ‘ne Meise unter den gestäubten oder kurzgeschorenen Haaren.

Beachten Sie bitte dabei die unterschwellige Manipulation durch die Wortwahl. Die Zeitungen sprechen von Schein- und Wirtschaftsasylanten anstatt von Kriegs- und Armutsflüchtlingen. Dabei sind nicht nur die Vorwörtchen Schein- und Wirtschaft- eine verallgemeinernde Verdrehung der Tatsachen, sondern ebenfalls das Primärkompositum Asylant. Wenn schon das zwar mitleiderregende, aber wahre Wort Flüchtling peinlich vermieden wird, so hätte die Presse doch wenigstens Asylsuchende ins Bild bringen können. Schließlich ist ja das Postfix -ant in Asylant werbepsychologisch extrem negativ besetzt. Es weckt die Assoziation mit “Spekulant”, “Schnorrant”, “Musikant”, “Intrigant”, “Bummelant”, “Querulant”, “Fabulant”, “Infiltrant”, “Papptrabant”, “Feuerhydrant” und “Asylheimbrand!”

Wir sollten die unterschwellige Macht der Wortdeformationen nicht unterschätzen, die auf das kollektive Unterbewußtsein der BundesbürgerInnen einprasseln! Wir können uns noch nicht einmal ausreichend dagegen wehren, denn die Titelseiten der Bild-Zeitung lauern uns heimtückisch an jeder Straßenecke, an jedem Kiosk, in Bussen und Bahnen und jedem sonstigen Fleckchen Deutschlands auf, um sich durch unsere weiten Pupillen zu zwängen.

Wenn Abermillionen von Bild-Zeitungen mit Schlagzeilen wie “Schreckensasylant” die BundesbürgerInnen bombadieren, kann die Redaktion die öffentliche Meinung nach Belieben lenken.

ZeitungsleserInnen werden geschickt manipuliert und zum “Lichterhagel” in “RohStock” getrieben. Selbst Goebbels hätte keine bessere profaschistische Propaganda hingebogen.

Bravo! “BILDbürgerInnen” können zu den Asylheimbränden applaudieren — sind ja schließlich nur brutzelnde Kanakenkinder!

 

Nachrichtenverfälschung

oder Der Vampir von Sachsenhausen

 

Um die LeserInnen zu manipulieren, wird oft schon nicht mehr vor Lügenmären und haarsträubenden Verdrehungen zurück­geschreckt. So wurde ein armer Student aus Frankfurt-Sachsenhausen vermutlich blaß wie Dracula, als ihm morgens die schaurige Schlagzeile der Bild-Zeitung entgegengriente: Der Vampir aus Sachsenhausen, stand dort in fetten Lettern. Darunter ein Konterfei unseres blassen Studenten.

Die Blässe des vermeintlichen Vampirs kam bestimmt nicht durch das morgendlich-grelle Sonnenlicht, welches seine Strahlen an jenem 9. Januar durch die Skyline von “Bankfurt” zwängte. Weder Kruzifix noch latenter Knofigestank waren deren Ursache, sondern vielmehr die ungeheuerlichen Anschuldigungen, die gegen ihn erhoben wurden: Deutscher Schüler trank Mädchenblut. Statt Blumen schenkte er Blut. Er sah aus wie Rasputin. Der titulierte Vampir fletschte seine Hauerchen und hatte den Biß, gegen Bild juristisch vorzugehen.

Die Horrornachrichten waren von der Redaktion frei erfunden und der Student gewann die anschließende Gerichtsverhandlung. Doch wir dürfen getrost anzweifeln, ob dies den guten Ruf des Studenten wieder aufpolierte, wo er doch in den Luftschlössern der Bild- und Biederdeutschen unsterblich als Blutsauger herumspukte. Bei diesem Fall war insbesondere erschreckend, daß die Fotografen in die Studentenbude eingebrochen waren, um an das Bild für BILD zu gelangen.

 

Hier ein weiteres sehr symbolträchtiges Beispiel für die Lügenverdrehung: Im Sommer 1968 demonstrierten in verschiedenen deutschen Großstädten StudentInnen und SchülerInnen gegen die Pressekonzentration in der Bundesrepublik (mit Recht, wie wir gesehen haben).

Hauptziel dieser Demonstration war das Verlagshaus Axel Springer. Die Bild-Zeitung verfälschte in der Ausgabe vom 16. April 1968 ihre Berichterstattung dadurch, daß sie den Brand eines Möbelhauses mit der Demonstration in Verbindung brachte. Der Brand hatte jedoch in Wirklichkeit gar nichts mit der Demonstration zu tun. Das Inferno wurde durch die Unvorsichtigkeit eines Einbrechers verursacht. Nach typischer Bild-Manier putschte Bild ihre Lügenverdrehung mit emotionalen Schlagzeilen auf. Da wurde von Nackter Zerstörungswut und Anschlag auf privates Eigentum seitens der Studenten gefaselt. Eine Berichtigung seitens Bild ist bis heute unterblieben.

Unser Beispiel Bild ist auf viele andere Zeitungen der kapitalistischen Welt übertragbar. Aber Bild ist mitsamt der grellen englischen SUN eine Regenbogenzeitschrift für das BILDerbuch.

 

Manipulation durch Massenmedien 

oder Video ergo est

 

Die Behauptung, in der Bundesrepublik und anderen marktwirtschaftlich orientierten Ländern existiere eine freie Medienlandschaft, ist nur auf den ersten Blick haltbar. Die Massenmedien unterliegen ebenso den Gesetzen des freien Marktes wie jedes andere Konsumprodukt auch. Sie sind daher durch das kapitalistische Wirtschaftssystem versklavt und keineswegs frei. Die Versklavung äußert sich vor allem darin, daß nur jene Medienkonzerne eine Überlebenschance haben, die möglichst viel Profit mit wenigen Mitteln erzielen. Dies ist nur durch eine Totalanpassung an die profanen Gelüste des gemeinen Pöbels zu erzielen.

Nur solche Presseverlage werden erfolgreich sein, die sich auf das stupid animalische Niveau der Volksmehrheit herablassen. Dies bedeutet, daß Nachrichten und Kommentare mehr und mehr von Übertreibungen, Halbwahrheiten und Minimalreduzierungen geprägt sein werden.

Themen werden immer oberflächlicher, sensationslüsterner und kompakter behandelt. Die intellektuelle Tiefschichtigkeit wird überflogen.

Durch die Konkurrenzselektion entstehen Quasimonopole. Die entstandene Medienkonzentration bleibt dem gemeinen Volk aber durch die große Produktpalette der Mediengiganten verborgen. Mensch hat somit den Eindruck, als gäbe es Myriaden von Zeitungen, Zeitschriften, Nachrichten und Politsendungen unterschiedlicher Couleur. In Wahrheit entspringen sie jedoch alle einer Quelle.

Sie, mein verehrter Leser und meine verehrte Leserin, werden demnach subtil vom System manipuliert, wo auch immer Sie sich Ihre täglichen Informationen besorgen! — Mit Ausnahme von Büchern, da Sie hier persönlich ihre individuelle Informationsauswahl treffen können.

Von Pressefreiheit kann also nicht gesprochen werden, weder in Deutschland noch in anderen Ländern. Und mit der Negation der Pressefreiheit wird auch die verbriefte Meinungsfreiheit zur Ironie degradiert! Was nutzt Ihnen noch die Meinungsfreiheit, wenn systemkritische Meinungen nicht verbreitet werden können?

 

Panokratische SID-Medienwelt

oder Fahren Sie doch Ihr eigenes Programm!

 

Wie kann in einer Panokratie der Medienmanipulation und Pressekonzentration entgegengewirkt werden? - Die Antwort ist absolut banal. Die Pressekonzentration wird automatisch ausbleiben, da keine Währung existiert. Wo kein Geld existiert, gibt es naturgemäß weder Bankrott der Pressezwerge noch “ZusammenBankRottung” der Pressegiganten. In der Panokratie werden die Fäden der Medienmacht auf alle Personen gleichmäßig verteilt. Dabei wird die einzelne Person um so mehr Einfluß auf die Medien haben, desto tiefer die Subsidiarebene liegt. Es entsteht vom topologischen Standpunkt aus gesehen eine subsidiar-independent-dezentralisierte Medienlandschaft. Wir werden im folgenden eine solche SID-Medienlandschaft skizzieren.

Auf Moyzellenebene wird lediglich ein Schwarzes Brett oder eine große Tafel benötigt, auf der die Ideen der MoyzellistInnen vermerkt werden. Ein richtiges Informationsmedium lohnt sich auf dieser kleinsten Subsidiarebene von rund 25 Personen noch nicht. Das Gros des Informationsaustausches geht mündlich vor sich.

Das gleiche gilt für die Poyzelle und die Fayzelle. Allerdings sollte sich hier das Schwarze Brett größer und luxuriöser gestalten und übersichtlich in viele verschiedene Spalten unterteilt sein wie Verschenke, Brauche, Individualwachtaufrufe, Glossar, Ideen, Veranstaltungskalender. Ein elektronisches Schwarzes Brett, das per Computer von jeder Moyzelle aus abrufbar ist, bietet sich an.

In der Surzelle sollte eine Lokalzeitschrift und/oder Lokalradios eingerichtet werden. Ein Lokal-TV wäre auch nicht schlecht, ist jedoch nicht unbedingt erforderlich. Eine Informationsauswahl muß noch nicht erfolgen, da es voraussichtlich im Verhältnis zur Sendezeit zu wenige Informationen gibt. Es wird also jede Einreichung gedruckt und gesendet.

Auch hier sollte ein Schwarzes Brett eingerichtet werden. Wenn es der technische Fortschritt in der Panokratie zuläßt schon als elektronische Datenbank, deren Datensätze parallel von jeder Moyzelle aus abrufbar sind.

In Hyperzellen und in Exozellen sollten jeweils sowohl mehrere Zeitungen als auch mehrere Fernsehanstalten und Radios disponibel sein. Die Entscheidung, welche Informationen gesendet werden, ermitteln panokratische Auswahl- und Normierungsvolksentscheide. Die Installation einer für alle HyperzellistInnen zugänglichen Datei zur Beschleunigung der Schenkwirtschaft sollte mindestens folgende Felder beinhalten:

Während die Information in den unteren Poyzellebenen in der jeweiligen Landessprache verfaßt werden kann, bietet sich ab Exozellebene an, die Information freiwillig in der internationalen Kunstsprache Tjonisch zu halten. Schließlich werden hier meist verschiedene Sprachgruppen angesprochen. Dasselbe gilt natürlich auch auf tieferen Subsidiarebenen, falls sie von mehreren Sprachgruppen bevölkert sind.

Ein angenehmer Nebeneffekt der SID-Medienlandschaft dürfte auf allen Subsidiarebenen für Informenten das Fehlen von lästigen Werbeunterbrechungen sein. Weiterhin braucht wohl nicht erwähnt zu werden, daß die SID-Topologie wesentlich pluralistischer sein wird als die bisherige durch den kapitalistischen Einheitsbraunfilter zensierte.

In einer SID-Medienlandschaft wird eben vom SIDney-Report bis zu SID Vicious alles Platz finden.

 

 

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www.detopia.de   #  panokratie von tobi blubb