15. Die Realisierung der Panokratie
Hybrid-Realisierung
Bei der Hybrid-Realisierung stehen Sie mit einem Bein in der Panokratie und mit dem anderen in der demokratischen Marktwirtschaft. Sie ist daher nicht viel mehr als ein Kompromiß, stellt jedoch derzeit den einzig gangbaren Sonnenweg dar, auf dem sie schon heute wandern können.
Bilden Sie möglichst bald gemeinsam mit 15 bis 50 FreundInnen eine Moyzelle. Kaufen Sie sich gemeinsam ein Stückchen Land, ein paar Ziegen und versuchen Sie so schnell wie möglich, autark zu werden. Damit Ihr Projekt nicht an den Anfangskosten scheitert, sind ideenreiche Improvisationen gefragt. Eine leerstehende Fabrikhalle, ein abgeschiedenes Bauernhaus oder ein einsturzgefährdetes Loire-Schloß sind oftmals recht billig zu haben, wenn die Renovierung von Ihnen selbst durchgeführt wird.
Notfalls tut’s auch eine Wagenburg oder gar ein selbstgebasteltes Riesenzelt aus imprägniertem Leinen. Die Finanzierung der letzteren der beiden Möglichkeiten dürfte selbst in schwindsüchtige Portemonnaies passen. Zudem ist ihnen eine höhere Mobilität und Flexibilität zu eigen. Allerdings dürften sie infolge ihres geringen Komforts nur für Hardcore-PanokratInnen geeignet sein.
Fast wichtiger als das Gebäude ist der Landbesitz, denn je kleiner sich Ihre finanziellen Möglichkeiten ausnehmen, desto weiter muß das Land von Agglomerationen entfernt sein. Viele Quadratmeter könnten eingespart werden, wenn Sie eine polystrukturelle Landwirtschaftsform wählen. Das bedeutet beispielsweise, daß im Getreidefeld zusätzlich verschiedene Obstbäume und Bienenstöcke stehen oder Hühner, Ziegen und Kühe sich auf der gleichen Weide tummeln, auf der des weiteren Obst- und Nußbäume vorhanden sind.
Eine solche polystrukturelle Landwirtschaft ist obendrein ökologisch gesünder. Allerdings fordert sie mehr Arbeit heraus, da keine Hilfe von geräumigen Maschinen mehr möglich ist. Tiefe botanische und zoologische Kenntnisse sind hierbei notwendig, da sich manche Pflanzenarten und Tierarten nicht gegenseitig vertragen. Auch können Sie eventuell das Dach des Moyzellengebäudes als Garten verwenden.
Eine solche polystrukturelle Landwirtschaft kann Sie und Ihre MoyzellistInnen in einem gewissen Rahmen vor Hungersnöten bei einer etwaigen Klimakatastrophe bewahren. Dadurch daß die Landwirtschaft direkt bei den Verbrauchern angesiedelt ist, vermag Ihre Moyzelle schnell und flexibel Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Wenn beispielsweise die UV-Strahlung zunähme, so daß Pflanzen verdorrten, könnten Sie sie durch Glasdächer in der Mittagszeit schützen, denn normales Glas ist undurchlässig für UV. Wenn die Treibhaushitze zunähme, könnte die flexible Umstellung auf tropische Pflanzenarten helfen. Bei einem leichteren nuklearen Fallout ließen sich die Haine mit Folie abdecken, die nach der Katastrophe vorsichtig entsorgt werden muß.
Bei einem nuklearen Winter wäre aber auch eine solche Landwirtschaftsform aufgeschmissen, denn es lassen sich schwerlich einige Hektar über ein Jahr beheizen. Höchstens eine größere Vorratshaltung mit Stroh, Getreide, Buttermilchpulver und Vitaminen könnte Ihr Überleben sichern. Aber selbst ohne Vorratshaltung gilt, daß Tiere und Pflanzen in einer solchen Landwirtschaft widriger Umstände überleben könnten, da sie nicht durch Massentierhaltung beziehungsweise Monokulturen geschwächt sind.
Viele Ihrer Freunde dürften vor der Vorstellung zurückschrecken, in der Moyzelle wie heutige LandwirtInnen von morgens bis abends in stinkenden Kuhfladen zu waten. Dieser flätige Vergleich hinkt jedoch auf zwei Beinen:
Zum einen Bein produziert eine Moyzelle im wesentlichen nur für den Eigenbedarf. Schon alleine die Produktionsquantität ist somit um etliche Größenordnungen geringer.
Zum anderen Bein hat eine Moyzelle wesentlich mehr HelferInnen als ein Bauer und eine Bäuerin. Bei guter Absprache verteilt sich die Arbeit auf alle MoyzellistInnen gleichmäßig.
Die durchschnittliche Arbeitszeit für die landwirtschaftliche Autarkie dürfte zwischen zwei und drei Arbeitsstunden pro Tag und pro MoyzellistIn betragen. Ein durchaus akzeptabler Wert als Ausgleich für gesünderes Essen, artgerechte Tierhaltung, sowie Sicherheit vor Wirtschaftskrisen und Klimakatastrophen!
Der bisherige Besitz der einzelnen MoyzellistInnen geht bei der Initiationsfeier zu Gemeinbesitz über, sofern er nicht vorher als Individualgut deklariert wurde. Er sollte mit dem Namen gekennzeichnet werden, so daß er wieder an die betreffende Person zurückfallen kann, falls er oder sie wider Erwarten aus der Panokratie austreten möchte. Wertminderungen durch Verschleiß oder versehentliche Zerstörung muß der Austretende jedoch in Kauf nehmen.
Natürlich ist Ihre Moyzelle vorerst auf gewisse Produkte aus dem Wirtskapitalismus angewiesen. Daher müssen in der Hybridrealisierung einige MoyzellistInnen einem ganz normalen Job nachgehen. Drei Personen mit normaler Arbeit dürften dafür dicke ausreichen. Diese sollten von sonstigen moyzelleninternen Arbeiten verschont werden.
Hat sich Ihre Moyzelle etabliert, suchen Sie den Kontakt zu ähnlichen Moyzellen in Ihrer Nähe. Beraten Sie mit ihnen über die gemeinsame Bildung einer Poyzelle. Eine solche Poyzelle macht Sie etwas unabhängiger.
Haben sich genug Poyzellen gebildet, vereinigen sie sich zu Fayzellen usw. und die Panokratie wird stückchenweise vervollständigt.
Eine Panokratische Partei (PAPA) ist zwar ein Widerspruch in sich selbst. Pragmatisch gesehen, könnte sie bei der Hybridrealisierung allerdings dafür verwendet werden, im Grundgesetz den Schutz der Panokratie zu verankern. Die Wirtsdemokratie hängt ansonsten ständig wie ein Damoklesschwert über der Panokratie. Sie könnte die Panokratie mit schikanierenden Gesetzen oder gar militärisch torpedieren.
Die Hybridrealisierung ist ein einziger Kompromiß zwischen demokratischer Marktwirtschaft und purer Panokratie. Ganz befriedigen dürfte sie daher nicht. Derzeit stellt sie jedoch die einzige realistische Option dar. Wie wär’s jetzt mit einigen Telefonanrufen?
Revolutionsrealisierung
Der Alptraum in einen Orwellstaat à la Hitler Nummer Zwo zu schlittern, wird mit zunehmender Machtkonzentration einzelner Personen durch Hochtechnologie und Kapital leider enorm wahrscheinlich. Unsere aktuellen demokratischen Marktwirtschaften sind zwar ebenfalls implizit totalitär, jedoch nicht so sehr, daß sie eine Revolution rechtfertigen würden. Der Unterschied ist vor allem gradueller Natur.
Die heutigen westlichen Politsysteme mögen zwar starke implizit totalitaristische Tendenzen haben, intuitiv stimmen Sie bestimmt auch zu, daß sie sich keinesfalls mit den Schreckenssystemen von Stalin, Hussein oder Hitler messen lassen. Dies heißt aber keinesfalls, daß die Bundesrepublik in näherer Zukunft nicht in extremtotalitäre Barbarei zurückfallen könnte. Möglich wäre beispielsweise ein Putsch einer ultrarechten Gruppe, eine Okkupation einer fremden Tyrannis oder schlicht und einfach die krasse Verschlimmerung der bestehenden totalitären Tendenzen ins Unerträgliche.
In diesem Fall würde auch die Panokratie als Hybridrealisierung keine Chance mehr haben. PanokratInnen müßten daher — genauso wie DemokratInnen, die in diesem Fall mit uns am gleichen Strang zögen — einen extremtotalitaristischen Staat durch eine Revolution zu Fall bringen.
Da — wie schon gesagt — die Grenze zwischen einer Demokratie mit implizit totalitären Tendenzen und einem extremtotalitaristischen Orwellstaat undefinierter schwammiger Natur ist, ist es nicht ganz einfach den Unterschied zwischen einem impliziten und einem absoluten Totalitärstaat festzustellen.
Wir können jedoch eine recht genaue Trennlinie dort ziehen, wo der Staat beginnt, den bekannten Satz von Rosa Luxemburg Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden! ins Gefängnis zu verbannen, dort wo ein Staat nur noch seine eigene Meinung zuläßt, wo er die Menschenrechte vernachlässigt, wo immer mehr Menschen in die Gefängniszelle anstatt in die Moyzelle wandern, nimmt der extremtotalitäre Staat Gestalt an.
Dies ist zwar auch in unseren aktuellen demokratischen Marktwirtschaften der Fall (deswegen sind sie unter anderem implizit ebenfalls totalitär), aber nicht in der Weise, daß der Andersdenkende um Leib und Leben fürchten muß. Die Grenzen zwischen unseren implizit totalitären Staatsformen und einem absolut totalitären Staat sind zwar fließend, jedoch durchaus vorhanden.
Am einfachsten läßt sich die Grenzlinie folgendermaßen ziehen. Wenn der Staat anfängt, friedliche PanokratInnen nur aufgrund ihrer Meinung beziehungsweise Meinungsverbreitung einzusperren oder sonstwie zu verfolgen, haben wir einen extrem totalitaristischen Staat vor uns, denn in PanokratInnen konzentriert sich der Archetyp des friedlichen Andersdenkenden. In diesem Fall — und nur in diesem Fall! — sollten Sie mit den folgenden Vorbereitungen zur Revolution beginnen.
Sie mögen sich fragen, ob eine Revolution in einem Orwellstaat denn überhaupt eine Chance habe, denn schließlich wird unser allerwertester Großer Bruder dann die Polizei, die Armee, die Gerichte den Verfassungsschutz zentral und hierarchisch kontrollieren. Big Brother wird Hochtechnologiewaffen, psychologisch manipulierende Medien und allgegenwärtige Überwachungsgeräte in seinen Pranken halten.
Demgegenüber steht das aufmüpfige Volk mit seinen kläglichen Molotowcocktails und archaischen Pflastersteinen.
Das Volk ist vergleichbar mit Streichhölzern in der staatlichen Streichholzschachtel. Würden sie im Freiheitsdrang ausbrechen und sich an der alten Schachtel reiben, fingen sie Feuer und verlören durch die Schachtel Ihren Kopf! Die alte Schachtel würde dabei höchstens etwas angekokelt und bräuner. Hat unter diesen Umständen das Volk überhaupt eine Befreiungschance?
Genau in dieser hierarchischen Zentralisierung liegt aber auch die “HierArchillesFerse” des Totalitärstaates. Ein System, das hochgradig zentralistisch und hierarchisch strukturiert ist, beherbergt mehrere neuralgische Punkte. Schalten Sie einige dieser Punkte gleichzeitig(!) aus, bricht das System zusammen.
Neuralgische Punkte sind beispielsweise: Stromzufuhr zum Polizeihauptpräsidium; Überwachungsanlagen politischer Gefängnisse; militärische Waffenlager; Fernseh- und Rundfunkstationen; Reifen und Motoren der Piratensender-Ortungsfahrzeuge; Kanonenrohre der militärischen Panzerfahrzeuge; Telefonkabel zu Verwaltungspräsidien; Polizeifunkfrequenzen; Einsatzwagen-Depots; Staatliche Datenbanken; Fahndungscomputerprogramme; Munitionsfabriken; Rotationsmaschinen systemkonformer Zeitungsverlage; Regierungspräsidium; Führerbunker beziehungsweise Einheitsparteibüro und Werkzeuge systemkonformer Autoritäten (je höher in der Hierarchie desto besser für die Revolution).
Wichtig ist hierbei vor allem die Gleichzeitigkeit. Nur wenn sich das Volk synchron gegen die Tyrannei aufbäumt, hat es eine Chance. Um diesen Synchronismus zu bewerkstelligen, muß schon vor dem Beginn einer eventuellen Tyrannis der Revolutionsbeginn definitiv festgelegt werden. Dies werden wir hiermit machen.
Eine panokratische Revolution sollte jeweils am Tage vor einer totalen Sonnenfinsternis und am Tag der totalen Sonnenfinsternis stattfinden. Zwei Tage Partisanenkampf dürften ausreichen, um ein totalitäres Regime zu destabilisieren. Totale Sonnenfinsternisse sind unübersehbare Startzeichen am Himmel. Weiterhin hilft die Dunkelheit bei den Machenschaften der Revolution mit. Sonnenfinsternisse lassen sich darüber hinaus (im Gegensatz zu Feiertagen, bestimmten Uhrzeitdurchsagen) nicht verbieten — logisch, ne?
Totale Sonnenfinsternisse sind auch deswegen günstig für eine Revolutionssynchronisation, da sie eine tiefere archetypische Symbolik beinhalten. Indem sich der Mond (das Volk) mittels der Sonne-Mond-Ekliptik (des Karmas beziehungsweise der öffentlichen Meinung) über die Sonne (die Autorität, den Zentralismus) schiebt und sie gleichsam ausschaltet, wird schon implizit eine gelungene Revolution symbolisiert.
Die nächste totale Sonnenfinsternis ist übrigens am 11. August 1999. Das hieße, eine eventuelle panokratische Revolution würde am 10. August 1999 um 0 Uhr 00 beginnen und mindestens bis zum 11. August 1999 um 24 Uhr 00 dauern.
Die Information für die Revolution sollte mittels einer sogenannten EpIdeeMia-Strategie verbreitet werden, um einen Großteil der widerstandsbereiten Bevölkerung zu erreichen. Jeder, der die Revolutionsidee erhält und mit ihr einverstanden ist, kopiert sie, so oft er kann und verbreitet sie wahllos unter der Bevölkerung. Das Ganze wird schon bald zur Informationslawine, die fast das ganze Volk mitreißt.
Die entsprechende Information könnte in etwa folgendermaßen aufgebaut sein:
Entwurf
Dies ist ein Schlachtplanblatt für eine panokratische Revolution, die am 10. August 1999 um 0 Uhr beginnt. Wenn Sie nicht länger als Sklave des Terrorsystems fungieren wollen, wenn Sie in einer Panokratie leben wollen, helfen Sie Sich mit dieser Information.
Vervielfältigen Sie diese Information, so oft Sie können, sobald Sie sie gelesen haben entweder mit Kopierer, Handschriftlich in großen Blockbuchstaben, als großes Werbeplakat, als bunt-auffälliges Graffiti, als Schablonensprühung oder sonstwie!
Verteilen Sie die Information in der Bevölkerung, möglichst so, daß die zufälligen Adressaten förmlich darüber stolpern müssen. Selbst wenn nur ein Bruchteil der Adressaten bei der Informationsverbreitung mitmacht, wird sich ein Schneeballeffekt einstellen, der zur Informationslawine der Revolution anschwillt.
Seien Sie dabei vorsichtig, hinterlassen Sie keine Fingerabdrücke! Vermummen oder verkleiden Sie sich, um fotografische Datenerfassung via Satellit zu vermeiden! Erzählen Sie nicht jedem X-Beliebigen von ihren Aktionen! — Kurz gesagt, lassen Sie sich nicht schnappen!
Bereiten Sie vor der Revolution alle Hilfsmittel zum Sturz vor. Bedenken Sie auch, daß nach der Revolution die Grundnahrungsmittel knapp werden können.
Am 10. August 1999 um 0 Uhr 00 geht es los!
Ist die Regierung gestürzt, verbreiten Sie die panokratische Idee und bilden Sie aufwärts Ihre persönlichen Ich-Zellen, um eine dauerhafte Panokratie zu errichten.
Landes-Realisierung
Die Panokratie hat nur dann Chancen, nach einer Revolution verwirklicht zu werden, wenn die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung von der Panokratie überzeugt ist!
Ist diese allgemeine Überzeugung in der Bevölkerung nicht vorhanden, sollte nicht versucht werden, die Panokratie dem Volk zwangsweise überzustülpen.
Wenn nicht mindestens 80 Prozent des Volkes von der Panokratie vollkommen überzeugt sind, wird sie nach einer Revolution kläglich scheitern. Panokratie, muß sich — wie das Infix -ano- schon andeutet — von unten hinauf etablieren.
Von unten her gruppiert sich die Gesellschaft zu Moyzellen. Die Moyzellen eines kleinen Dorfes oder befreundete Moyzellen eines gemeinsamen Stadtteils formieren sich zu Poyzellen. Kleinstädte, größere Stadtteile und Dorfgemeinschaften zu Fayzellen usw. Bei der Bildung der Hyperzellen werden unter anderem die ethnischen Grenzen berücksichtigt.
Bis die Moyzellen in den Städten autark sind, wird auf Hyperzellebene die Nahrungsmittelversorgung überwacht.
Ein panokratisches Land würde ein Dorn in den Augen der imperialistischen Länder sein. Eine militärische Intervention muß daher aus politomorphischen Gründen ausgeschlossen sein.
Auch wenn innerhalb des Landes möglicherweise viel Haß auf die Privilegierten des bisherigen Wirtschaftssystems vorhanden ist, werden mittels Individualwacht jegliche Rachegelüste unterdrückt. Keinem einzigen Menschen sollte auch nur ein gesträubtes Haar gekrümmt werden.
Ebenso unterbindet die sofort einsetzende Individualwacht die zu erwartenden Unterminierungsmaßnahmen der PlutokratInnen. Dies schließt auch eine gewaltsame Entwaffnung mit ein. Die sich widersetzenden Privilegierten werden einzig und allein durch die Individualwacht wirtschaftlich und sozial isoliert. Spätestens nach dem kapitalistischen Kollaps werden auch sie die Vorzüge der Panokratie anerkennen.
Insel-Realisierung
Sozial viel einfacher, technisch jedoch schwerer ist die Etablierung der Panokratie als sogenannte Inselrealisierung. Tjo ist bei der Inselrealisierung eine Art High-Tech-Arche-Noah. Sie ist die idealere Lösung, da nicht auf die vom Kapitalismus vorgegebene Bevölkerungsverteilung und Infrastruktur zurückgegriffen werden muß. — Allerdings auch die utopischste. Sie ist wohl in der Praxis unmöglich zu realisieren, trotzdem soll sie der Vollständigkeit halber skizziert werden.
Jede Moyzelle stellt zwei künstliche Plattformen her. Sie schwimmen durch luftgefüllte stabile Kissen oder Kammern floßähnlich auf dem Ozean. Ihre Form ist sechseckig mit einer Kantenlänge von 150 Metern, so daß sie sich wabenförmig zu Poyzellen gruppieren können. Dazu hat jede Moyzelle an allen sechs Seiten ein genormtes Interface, das nach Andocken die Kommunikationsinfrastruktur und die Verbindung des Materioportes sicherstellt. Eine der beiden Moyzellen ist eine Dummymoyzelle, die andere wird als Agrar- und Wohnmoyzelle genutzt.
Die Moyzellen sind, wenn technisch möglich, hermetisch abgeschlossen. Es findet kein Luftaustausch mit der Außenwelt statt. Jede Moyzelle kann mit Ausnahme des Interfaces und der wabenförmigen Grundstruktur die Moyzellenform selbst gestalten. Im oberen Stockwerk der Moyzellen wird Erde aufgeschüttet und eine Ökosphäre gepflanzt, die sowohl die MoyzellistInnen mit Sauerstoff als auch mit Grundnahrungsmitteln versorgt. Das Ökosystem sollte von der Fauna und Flora so beschaffen sein, daß es autonom ohne menschliche Eingriffe funktioniert, nicht umkippen kann und gleichzeitig die Ernährung der MoyzellistInnen garantiert.
Die Inselrealisierung sollte den vorherigen Realisierungen vorgezogen werden, da bei der Inselrealisierung die Panokratie stringent von Grund auf organisch wachsen kann!
Bei der Landesrealisierung übernehmen wir dagegen die Infrastruktur und die Charaktere des Kapitalismus, was ein großes Handikap für das Gedeihen der Panokratie darstellt.
Raumrealisierung
Die Inselrealisierung kann in einigen Jahrhunderten, wenn die Gorgonen ihre Umgehungsstraße beginnen, zu einer Raumrealisierung modifiziert werden. Jede autarke Moyzelle entspricht hier einer Raumstation, die als Modul an anderen Moyzellenstationen andocken kann. Sie hat eine zylindrische Form, wobei an den beiden Enden genormte Schnittstellen vorhanden sind. Die Erdgravitation wird durch die Zentrifugalkraft infolge Drehens der Moyzelle um ihre eigene Achse simuliert. Jede Moyzelle hat, ähnlich wie die Inselplattform eine eigene Ökosphäre, welche die Moyzelle mit Sauerstoff und Nahrungsmitteln versorgt. Die PanonautInnen können dann in aller moyzellarer Gemütlichkeit zu fernen Sonnensystemen aufbrechen.
In absehbarer Zukunft wird die Raumrealisierung allerdings nichts weiter sein als hypothetische Zukunftsmusik in de Luxe.
Die Subpräferenz
oder: Vom Aufschwung Ost in den Absprung West
Bis Tjo vollkommen autark ist, betreibt es Außenhandel mit der kapitalistischen Außenwelt, darf aber nicht in finanzielle Abhängigkeit geraten. Deshalb werden keine Kredite aufgenommen.
Beim Import muß eine sogenannte Subpräferenz stattfinden. Das heißt, es dürfen nie aus Luxusgründen raffinierte und komplizierte Maschinen importiert werden, sondern höchstens Rohstoffe und die wichtigsten Werkzeuge. Es werden beispielsweise keine komplizierten Turbinen importiert, sondern zunächst nur einfache Fräsen, Spülmaschinen und Metalle. Damit lassen sich nach einiger Zeit auch die Turbinen herstellen. Außerdem können mit den Fräsen weitere Fräsen fabriziert werden, so daß diese beim nächsten Mal nicht mitimportiert werden müssen.
Exportiert werden dagegen nur komplexe Produkte, die am Ende der Produktionskette stehen. So läßt sich schrittweise eine Autarkie herstellen.
Tjo muß aber immer das Ziel vollkommener wirtschaftlicher Unabhängigkeit im Auge behalten. Denn bevor einst die Banken einen “RiesenLombardSatz” machen, um vom Cash in den Crash zu springen, muß die tjonische Totalautarkie erreicht sein. Ansonsten würde Tjo genauso mit in die globale Katastrophe hineingerissen werden, wie die ver- und zersprungene kapitalistische Welt.
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