4.3 Die Friedensinitiative
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Das von der europäischen Sozialdemokratie angebotene Entspannungsspiel kam also der Sowjetunion sehr zustatten. Alle Hindernisse für eine sowjetische »Friedensinitiative« waren aus dem Weg geräumt. So konnte Breschnew, als er auf dem 24. Parteitag der KPdSU im März 1971 sein »Programm des Friedens« startete, die Feststellung treffen: »Das Kräfteverhältnis in der Welt hat sich zugunsten des Sozialismus verschoben.«
Man muß jedoch daran erinnern, daß in der kommunistischen Terminologie »Frieden« absolut nicht das bedeutete, was normale Menschen unter diesem Wort verstehen, sondern lediglich den Sieg des Kommunismus in der ganzen Welt. Die Dokumente des ZK lassen keinen Zweifel daran, daß der »Klassencharakter der Außenpolitik der UdSSR« sich in der Periode der Entspannung keineswegs geändert hatte. Die Entspannung stellte nach sowjetischer Auffassung »eine Form des Klassenkampfes dar, der auf die Festigung des Weltsozialismus, der internationalen kommunistischen Bewegung, der Arbeiter- und nationalen Befreiungsbewegungen, der gesamten antiimperialistischen Front ausgerichtet ist.«24)
Entgegen der gängigen Auffassung strebte Moskau keinesfalls in erster Linie den rein militärischen Sieg über den »Klassenfeind« an. Die Doktrin verlangte die »Befreiung der Menschheit vom Joch des Kapitalismus« durch »Klassenkampf« und nicht durch einen atomaren Vernichtungskrieg. Er setzte Revolution oder Revolutionskriege voraus, und zwar solche, nach denen das »siegreiche Proletariat«, das heißt ihre fünfte Kolonne, an die Macht kommen sollte.
Von einem rein pragmatischen Standpunkt aus gesehen, brauchten sie vom Westen Anfang der siebziger Jahre das industrielle Potential und nicht riesige Gebiete verbrannter Erde. Die »Befreiung« sollte also mit den Kräften der »Freunde« vor Ort erfolgen, und die siegreiche Sowjetarmee brauchte sie dann nur triumphal zu vollenden, indem sie den Klassenbrüdern zu Hilfe kam.
Dementsprechend bestand das Ziel der sowjetischen Außenpolitik stets in der »Stärkung der Position des Sozialismus in der Welt, der Schaffung günstiger Bedingungen für die Tätigkeit der internationalen kommunistischen Arbeiterbewegung und der nationalen Befreiungsbewegungen.«25)
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Das Hauptobjekt ihrer Begierde war stets Europa mit seinem Industriepotential.
Strenggenommen war es aus Versehen in Rußland zu einer bolschewistischen Revolution gekommen.
Nach der Vorstellung von Lenin und Marx hätte sie in den industriell entwickelten Ländern stattfinden müssen, wodurch eine Basis für den nachfolgenden Sieg des Sozialismus auf der ganzen Welt geschaffen worden wäre. Als Lenin seine Revolution in Petersburg inszenierte, wollte er damit nur die Revolution in Europa beschleunigen — aber er verrechnete sich. Die Arbeiterunruhen in Deutschland, Italien und Frankreich gediehen nicht zu einer Revolution, und die Rote Armee blieb bei Warschau stecken. So baute also Rußland seinen »Sozialismus in einem Land« auf.
Die Konfrontation der Nachkriegszeit änderte die Ziele der sowjetischen Außenpolitik nicht, sondern verschob nur den Akzent. An eine Destabilisierung Europas war nicht zu denken, solange seine Stabilität und Sicherheit durch die amerikanische Präsenz, durch den atomaren Schutzschild und den wirtschaftlichen Einfluß Amerikas (zum Beispiel den Marshallplan) gewährleistet war. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß dadurch das Nachkriegseuropa vor dem Kommunismus bewahrt wurde.
Deshalb wurden die USA zum Feind Nummer eins für die sozialistische Völkergemeinschaft, und der »Kampf gegen den amerikanischen Imperialismus« — wie auch der »Kampf für den Frieden« und die atomare Abrüstung, der gegen die reale Überlegenheit der Amerikaner gerichtet war — wurde zur Hauptaufgabe. Das Ziel des Kampfes war weniger die Veränderung der sozialen Ordnung in Amerika oder die Untergrabung des amerikanischen Einflusses in anderen Regionen der Erde als die Verdrängung der Amerikaner aus Europa. Aber die globale Konfrontation hatte ihre eigenen Gesetze. Wie sich jetzt herausstellte, hat Stalin die Berlin-Krise heraufbeschworen, um die Kräfte der USA vom Korea-Krieg abzuziehen.26) Aber erst der Vietnamkrieg, selbst wenn er nicht zu diesem Zweck angezettelt wurde, führte zur Schwächung des amerikanischen Einflusses in Europa.
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Besser gesagt, nicht der Krieg selbst, sondern die von ihm verursachte Antikriegshysterie bewirkte das. Sie führte zur Annäherung der europäischen Sozialisten an die Kommunisten sowie zur Ausbreitung prosowjetischer Stimmungen in der amerikanischen Gesellschaft. Die USA waren kein wirkliches Gegengewicht mehr zur UdSSR und erlaubten es dieser somit, zum »friedlichen« Angriff überzugehen. Wenn Moskaus Verbündete in Europa die Sozialdemokraten waren, so waren es in den USA die linksliberalen Kreise, auf die sich die sowjetische Politik bewußt orientierte. Lange vor der Annahme des »Friedensprogramms« erhielten die sowjetischen Delegationen schon ihre entsprechenden Instruktionen:
»Der Aufenthalt in den USA ist dazu auszunutzen, die Kontakte zu liberalen und oppositionellen Kreisen zu erweitern, die für eine Normalisierung der Beziehungen auf Grund des Verzichts der USA auf die Politik des Kalten Krieges und des Wettrüstens eintreten«, sowie »das Interesse der Geschäftskreise zu aktivieren« und »die Hindernisse, die die USA der Verbesserung der Beziehungen in den Weg legen, in erster Linie das Wettrüsten, die Intervention in Südostasien und die Unterstützung Israels«,27) in möglichst breitem Ausmaß zu kritisieren.
In diese Zeit gehören auch die im ersten Kapitel genannten »Maßnahmen zur Verstärkung und Ausweitung der Protestbewegung der Schwarzen in den USA«, die die Kreml-Strategen nur so weit interessierte, als sie »gewisse Schwierigkeiten für die herrschenden Kreise in den USA schafft und die Nixon-Administration von der Verfolgung einer aktiven Außenpolitik ablenkt«.28)
Alles war darauf ausgerichtet, Amerika die Entspannung aufzudrängen oder es zumindest in die Isolation zu treiben. Im Jahre 1973, als die »Grundsätze der wechselseitigen Beziehungen zwischen der UdSSR und den USA« und das »Abkommen über die Verhinderung eines Kernwaffenkriegs« feierlich unterzeichnet wurden, verschärfte sich die Lage noch mehr. Der arabische Ölboykott verschlechterte die wirtschaftliche Lage des Westens, und der Krieg in Südostasien wurde noch aussichtsloser.
»... Die Wende zur Entspannung der internationalen Lage geschieht in einem für uns strategisch günstigen Moment«, resümierte das ZK,29)
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»— unter den Bedingungen einer weiteren Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, einer erzwungenen Anpassung des modernen Kapitalismus an die neue Lage, die infolge der zahlreichen Niederlagen der aggressiven imperialistischen Politik, der Krise des Währungs- und Finanzsystems des Kapitalismus, einer relativen Schwächung der Position des amerikanischen Imperialismus in der Welt und des Prestigeverlusts des politischen Systems der USA entstanden ist — einer Verschärfung der Widersprüche zwischen den Klassen, Nationen und imperialistischen Mächten und eines wachsenden Interesses der Wirtschaftskreise der kapitalistischen Länder an der Errichtung von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit der Sowjetunion.«
Dementsprechend nahm das ZK nach Breschnews Besuch in den USA ein umfangreiches Programm zur Durchführung propagandistischer Maßnahmen an, in dem diese Strategie deutlich zu erkennen ist. Eine eilig vom ZK einberufene Konferenz aller Leiter »sowjetischer gesellschaftlicher Organisationen und sowjetischer Vertreter in internationalen demokratischen Organisationen« erteilte Anweisungen »bezüglich ihrer Aufgaben unter den gegenwärtigen Bedingungen und bei der Entwicklung der Kontakte zu den gesellschaftlichen Organisationen und Bewegungen der USA und der Verstärkung unseres Einflusses auf weite Kreise der amerikanischen Öffentlichkeit.«
»Alle Organisationen, die Informations- und Propagandaarbeit leisten, müssen den offensiven Charakter unserer Propaganda in jeder Weise verstärken«, instruierte das ZK.30)
»Die tiefgreifenden Veränderungen der internationalen Lage sollten keine unbegründeten Illusionen, keine Selbstzufriedenheit und Passivität aufkommen lassen. Es muß gezeigt werden, daß es in der Welt gewisse Kräfte gibt, die gegen die Entspannung der internationalen Lage arbeiten, und daß es gefährliche Aggressions- und Kriegsherde gibt. Die Klischees der Zeit des >Kalten Krieges< sind zu vermeiden und die Aufmerksamkeit auf eine vergleichende Analyse der beiden Systeme zu richten. Die Vorzüge des Sozialismus, der sozialistischen ideale, seiner sittlichen und geistigen Werte und Ideen sollen in jeder Weise aufgezeigt werden, wobei die realen Schwierigkeiten auf unserem Wege nicht verschwiegen werden sollen. Gleichzeitig soll das uns feindlich gegenüberstehende System
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des Imperialismus, das System der bürgerlichen geistigen und sittlichen Werte und Ideale der sogenannten Konsumgesellschaft, einer aktiven durch Argumente untermauerten Kritik unterzogen und entlarvt werden ... Für diese Zwecke sollen geschickt ausgewählte operative Informationen über die wirtschaftliche Instabilität, Arbeitslosigkeit, Inflation und so weiter, über die sozialen, nationalen und politischen Antagonismen und Übel des Kapitalismus, insbesondere konkrete Angaben über Arbeitslosigkeit, Rassismus, Kriminalität, die Krise der bürgerlichen Kultur, die barbarische Zerstörung der Umwelt et cetera, in weitem Umfang genutzt werden.
Gegen die antikommunistischen, antisowjetischen, zionistischen und militaristischen Kräfte, gegen alle diejenigen, welche die Entspannung zu verhindern suchen und für die Rückkehr zum >Kalten Krieg< und das Wettrüsten eintreten sowie Feindschaft und Mißtrauen zwischen den Völkern säen, muß ein entschiedener Kampf geführt werden.
Ständiges Augenmerk muß darauf gerichtet werden, daß die von den feindlichen ideologischen Zentren unternommenen Versuche, die auf die <Erosion> der sozialistischen Ideologie (darunter die <Konvergenztheorie> und die Entideologisierung in ihren verschiedenen Varianten) ausgerichtet sind, entlarvt werden. Den Versuchen, die Entspannung der internationalen Lage als Bestätigung dieser Theorie hinzustellen, muß eine Abfuhr erteilt werden. Dabei muß nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß es unzulässig ist, den <Kalten Krieg>, der eine bestimmte und keinesfalls unausweichliche Etappe in den Beziehungen zwischen den Staaten ist, mit dem ideologischen Kampf, der eine Form des Klassenkampfes des Proletariats gegen die Bourgeoisie darstellt und durch die Gegensätze zwischen den beiden sozialen Systemen bedingt ist, zu vermengen.
Der provokatorische Sinn, den die bürgerliche Propaganda der bekannten These vom >freien Austausch von Gedanken, Informationen und Menschen< verleiht, muß durch geschickte Argumentation entlarvt, und es muß an konkreten Beispielen gezeigt werden, daß die Sowjetunion stets für die Entwicklung der kulturellen Bande, die die gegenseitige geistige Bereicherung der Völker fördert, eintrat und bedeutende Erfolge auf diesem Gebiet erzielt hat. Es muß klargemacht werden, daß eine solche Zusammenarbeit, ein solcher Ausbau der Kontakte und des Meinungsaustauschs unter strikter Wahrung der Prinzipien der Souveränität und der Nichteinmischung, unter strikter Einhaltung der Gesetze und der gegenseitigen Respektierung der
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Sitten und Traditionen vonstatten gehen muß. Gegen Versuche der Abkehr von diesen Prinzipien muß mit Entschiedenheit angegangen werden, und sie sind als 'Rückkehr zu den Praktiken des >Kalten Krieges< zu entlarven,
In der gesamten propagandistischen Arbeit müssen die Unhaltbarkeit verschiedener kleinbürgerlicher linker Strömungen, die bei einem bestimmten Teil der Jugend in den Ländern der kapitalistischen Welt Verbreitung gefunden haben, und die Aussichtslosigkeit des sogenannten >Aufruhrs der Jugend< ohne Bezug zum Befreiungskampf des Proletariats und aller Versuche, den realen Problemen und Widersprächen der kapitalistischen Gesellschaft zu entfliehen, aufgedeckt werden.
>Technokratischen< und anderen Theorien und Ansichten, die den Anspruch der Intelligenz auf eine besondere Rolle bei der Führung der modernen Gesellschaft begründen, und allen Spekulationen hinsichtlich der >Freiheit der schöpferischen Tätigkeit< unter den Bedingungen des Sozialismus muß eine entschiedene Abfuhr erteilt werden.«
Es wurde ein »Organisationsplan für propagandistische Maßnahmen« bestätigt, der praktisch alle Tätigkeitsbereiche und Sphären der gegenseitigen Beziehungen umfaßte. Der zentrale Punkt darin war die weitgehende Ausnutzung der westlichen Massenmedien für die Verbreitung der sowjetischen Propaganda. So wurde das Staatliche Fernseh- und Rundfunkkomitee der UdSSR angewiesen:
»— Die sich bietenden Gelegenheiten zur Ausweitung der Kontakte und Verbindungen, insbesondere mit den Rundfunkgesellschaften der USA, Frankreichs und der BRD, zwecks Verbreitung von sowjetischem Fernsehmaterial und der Produktion gemeinsamer Programme auszunutzen, wobei der Errichtung direkter Beziehungen zu den lokalen Fernseh- und Rundfunkgesellschaften gebührende Aufmerksamkeit zu widmen ist.
— Einladungen an namhafte amerikanische Rundfunkjournalisten zwecks Produktion von Radio- und Fernsehsendungen über die Sowjetunion unter der Kontrolle und unter Beteiligung des Staatlichen Rundfunkkomitees zu organisieren.
— Im Einvernehmen mit der Propagandaabteilung des ZK der KPdSU und der Abteilung für Kultur des ZK der KPdSU Konsultationen mit den Rundfunkorganisationen der brüderlichen sozialistischen Länder durch-
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zuführen zu Fragen der Koordinierung, insbesondere von propagandistischen Beiträgen, die auf die USA und andere kapitalistische Länder abzielen, sowie zu Fragen der grundlegenden propagandistischen Ausrichtung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der einzelnen europäischen Länder und des Zeitplans für die Sendungen.
— Regelmäßige kontrapropagandistische Beiträge zur Entlarvung der aus maoistischen, zionistischen und revisionistischen Anschauungen stammenden Verleumdungen und Unterstellungen der bürgerlichen Rundfunkpropaganda zu erstellen.«
Die Presseagentur »Nowosti« erhielt folgende Anweisungen:
»- Den einflußreichen amerikanischen Presseorganen Artikel zur Verfügung zu stellen, in denen Persönlichkeiten der Partei, des Staates und des gesellschaftlichen Lebens der UdSSR die verschiedenen Aspekte der Innen- und Außenpolitik der KPdSU erläutern.
- Den namhaften amerikanischen Journalisten bei der Beschaffung von Material, das von ihnen gewünscht wird, behilflich zu sein.
- Die Produktion von gemeinsamen Reportagen, Informationssendungen und Fernsehprogrammen, die über die Errungenschaften und das Leben des sowjetischen Volkes berichten, mit den amerikanischen Fernsehgesellschaften ABC, CBS, NBC sowie dem Femsehdienst der Agentur UPI fortzusetzen, die Fernsehfilme >Die Zeitung Prawda<, >Der Oberste Sowjet<, >Der Sekretär des Parteikomitees <, Fortschritt und Umweltschutz < und andere zur Sendung im Ausland bereitzustellen.'"
Das Staatliche Filmkomitee erhielt zum Beispiel folgende Aufgabe:
»- konkrete Vorschläge über die gemeinsame Produktion von sowjetisch-amerikanischen Filmen auszuarbeiten.«
Das Staatliche Pressekomitee bekam die Anweisung:
»— Systematisch Übersetzungen von Büchern fortschrittlicher amerikanischer Schriftsteller und Publizisten, Sammelbände mit Aufsätzen namhafter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Journalisten, die die politischen, sozialen und ökonomischen Prozesse in den USA objektiv darstellen und für die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion eintreten, herauszugeben,
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Die Akademie der Wissenschaften wird angewiesen:
»— Die Möglichkeiten der Einbeziehung bedeutender Persönlichkeiten Amerikas in die Pugwash-Bewegung zu untersuchen, wobei die individuelle Einwirkung seitens namhafter sowjetischer Wissenschaftler in Betracht zu ziehen ist.
— Untersuchungen zur wirtschaftlichen, politischen und sozialen Lage der USA, zum Kampf der Arbeiterbewegung, der kommunistischen, nationalen und anderer Massenbewegungen in den USA in größerem Ausmaß durchzuführen, das Studium des gegenwärtigen Zustands der amerikanischen Philosophie, Wirtschaftswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Soziologie, Rechtswissenschaft, Psychologie, Literatur und Literaturwissenschaft sowie des ideologischen Kampfes auf dem Gebiet der Wissenschaft und Kunst zu intensivieren.
— Eine Zustandsanalyse der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen, ausgehend von ihrer aktuellen Entwicklungsstufe und ihres gegenwärtigen Einflusses auf die Lage in der Welt, sowie der Beziehungen der USA zu den westeuropäischen Verbündeten unter den neuen Bedingungen zu liefern.
— Die Kontakte mit den wissenschaftlichen Einrichtungen Frankreichs, der BRD, Japans und anderer Länder auf dem Gebiet der Amerikanistik zu intensivieren.»
Den vom Geheimdienst gekürten Akademiemitgliedern Arbatow, Primakow (der derzeitige Chef des Aufklärungsdienstes Rußlands), Inosemzew und Millionschtschikow wurde aufgetragen, regelmäßig die amerikanische Elite zu bearbeiten, wofür periodisch sowjetisch-amerikanische »wissenschaftliche« Kolloquien und Symposien zu Fragen der bilateralen Beziehungen und verschiedenen Problemen der Gesellschafts- und Geisteswissenschaften veranstaltet wurden.
Das war ein massiver Angriff der sowjetischen Propaganda und Desinformation, in den alle möglichen Kanäle und Methoden, gesellschaftlichen und staatlichen Strukturen einbezogen wurden. Hierzu gehörte die Ausweitung des Systems der »Partnerstädte« und die »Schaffung einer großen gesellschaftlichen Organisation in den USA, die für die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zur Sowjetunion eintritt«.
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Einbezogen wurde buchstäblich alles: die Jugend- und die Frauenorganisationen, die Gesellschaft der Kriegsveteranen und die Gewerkschaften. Alle wurden sie eingesetzt für die Durchführung »praktischer Maßnahmen zur Festigung der Zusammenarbeit mit den demokratischen Organisationen und Bewegungen der USA sowie zur Herstellung von Verbindungen zu den gesellschaftlichen und politischen Kräften des Landes, die für eine weitere Normalisierung der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen eintreten, mittels bilateraler Konsultationen, Begegnungen, Symposien und anderer Veranstaltungen, die dazu angetan sind, unseren Einfluß auf die amerikanische Öffentlichkeit zu stärken.«
Sogar die Hauptverwaltung für Tourismus wurde verpflichtet:
»... Maßnahmen zu einer breit angelegten Aufklärungsarbeit unter den Touristen aus den USA und anderen Ländern zu ergreifen, die diesen die Erfolge des sowjetischen Volkes beim Aufbau des Kommunismus und die praktischen Schritte des ZK der KPdSU und der sowjetischen Regierung zur Verwirklichung des Friedensprogramms nahebringen sollen, wobei Propagandavorträge, Treffen mit Vertretern der sowjetischen Gesellschaft, Filmvorführungen und Besuche kultureller Veranstaltungen in großem Maße einzubeziehen sind.«
Andererseits wurden die sowjetischen Touristen in Amerika dazu verpflichtet, sich an der »Informations- und Propagandaarbeit unter der Bevölkerung der USA zu beteiligen, worunter die Durchführung von Begegnungen mit Vertretern der amerikanischen Öffentlichkeit, Pressekonferenzen, Vorträge und Vorlesungen sowie Auftritte im Rundfunk und Fernsehen zu verstehen sind.«
Gleichzeitig wurden gründliche Vorkehrungen getroffen, um jeglichen Einfluß des Westens auf die sowjetische Bevölkerung zu verhindern. Jeglicher »Kulturaustausch« verwandelte sich unter der unermüdlichen Kontrolle des Ministeriums für Kultur, das über seinen »ideellen Inhalt« wachte, in Betrug. Sowjetische Propaganda wurde gegen die »fortschrittliche Kultur« des Westens »eingetauscht«. Die Repressionen gegen Andersdenkende ließen nicht nach.
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Die von Moskau festgelegten Spielregeln waren, wie Ronald Reagan treffend feststellte, wirklich wie eine »Einbahnstraße«. Die sowjetische Propaganda, Desinformation und ihre subversive Tätigkeit waren gleichsam »legalisiert« unter dem Aushängeschild des »freien Austauschs von Menschen und Gedanken« und wurden zu völlig legalen Mitteln des »ideologischen Kampfes«. Jeder Versuch des Westens, sich dem zu widersetzen oder seinen »ideologischen Kampf zu führen«, wurde als unzulässig betrachtet und galt als »Einmischung in die inneren Angelegenheiten der UdSSR« und »Rückkehr zur Praxis des Kalten Krieges«.
4. Die Kapitulanten
Als die Entspannungsperiode schon vorbei war, 1980, schrieb einer ihrer Väter, der ehemalige US-Präsident Richard Nixon:
»Die Sowjetunion ist heute die mit den mächtigsten Waffen ausgerüstete, von Expansionsstreben beherrschte Nation, die die Welt je gekannt hat. Ihr Rüstungsaufbau geht mit einem Tempo vonstatten, das ungefähr doppelt so groß ist wie das der Vereinigten Staaten. Es steckt kein Geheimnis hinter den sowjetischen Absichten. Die Kreml-Herrscher wollen keinen Krieg, aber sie wollen die Welt. Und sie rücken schnell in Positionen, die es ihnen ermöglichen können, das zu erreichen, was sie erreichen wollen.
In den achtziger Jahren wird sich Amerika zum erstenmal in der modernen Geschichte mit zwei harten Tatsachen konfrontiert sehen. Die erste lautet: Wenn es einen Krieg gibt, könnten wir ihn möglicherweise verlieren. Die zweite Aussicht ist wahrscheinlicher als die erste und fast ebenso beklemmend.
Die Gefahr, der sich der Westen für die restlichen Jahrzehnte dieses Jahrhunderts gegenübersieht, ist weniger die eines nuklearen Holocaust als die des Driftens in eine Situation, in der wir nur noch die Wahl zwischen Kapitulation und Selbstmord haben — zwischen rot oder tot.«31)
Schade ist nur, daß ihm diese Erkenntnis erst so spät kam, als die von ihm mitbegründete Entspannungspolitik bereits Früchte getragen hatte. Aber selbst 1980 wollte er den Zusammenhang zwischen der Entspannung und ihren Ergebnissen nicht wahrhaben.
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Wenn die Situation nicht so tragisch gewesen wäre, würden seine Erklärungen komisch klingen. Einerseits schien er zu verstehen, daß sich das kommunistische System, seine Ideologie und die Ziele seiner Führer im Grunde nicht geändert haben, denn, wie er es ausdrückt, »weder Breschnew noch seine Vorgänger gingen Verhandlungen ein, um den Frieden als Ziel zu erreichen. Sie strebten eher einen Frieden an, den sie nutzen konnten, um die kommunistische Herrschaft auf die ganze Welt auszudehnen.«32)
Andererseits erklärte Nixon aber 1972 nach seiner Rückkehr aus Moskau vor dem Kongreß — fast wie einst Chamberlain 1938: »... daß wir aus Moskau nicht das Versprechen sofortigen Friedens mitbringen, sondern wir bringen den Anfang eines Prozesses mit, der zu einem dauerhaften Frieden führen kann.«33)
Danach gab er der »unberechtigten Euphorie« der westlichen Öffentlichkeit die Schuld für seinen Mißerfolg. Was hätte man sonst auch von ihm erwarten können, wenn er, der Präsident der USA, mit dem Ruf eines Antikommunisten, daran glaubte, daß ein dauerhafter Frieden mit der UdSSR sich durch Vereinbarungen erreichen ließe? Nachdem er alle westlichen Positionen preisgegeben hatte, rechtfertigte er sich damit, daß man ihn falsch verstanden habe. Die Entspannung sei keinesfalls als Alternative zum Kalten Krieg gedacht gewesen, sondern nur als Ergänzung zu ihm.
»Die Bedeutung von Entspannung, wie sie ursprünglich von meiner Administration ins Auge gefaßt wurde, ist derartig verzerrt worden, sowohl durch sowjetisches Verhalten als auch durch Mißverständnisse in den Vereinigten Staaten, daß dieses Wort seine Brauchbarkeit als Bezeichnung für die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen verloren hat. Wenn behauptet wird, die Entspannung sei die >Alternative zum Kalten Krieg<, wird dieses Wort sogar zum Hindernis für klares Denken.«34
Wer war aber schuld an diesem Mißverständnis, das der Menschheit beinahe die Zukunft gekostet hätte? Die Sowjetführer mit ihrem unzuverlässigen Verhalten? Nixon schreibt schon auf der übernächsten Seite:
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»Wenn die Russen glauben, es sich erlauben zu können, die Entspannung als Vorwand für Aggression zu benutzen, entweder direkt oder indirekt, werden sie es versuchen. In den letzten Jahren haben sie es nicht nur versucht, sondern sie hatten Erfolg, genauso wie es ihnen gelang, Aggression als einen Deckmantel für die Verschiebung des militärischen Gleichgewichts zu ihren Gunsten einzusetzen.«
Das heißt doch, daß man von ihnen nichts anderes erwarten konnte. Dann ist somit das »Mißverständnis«, das in den USA entstand, schuld? Aber gerade Nixon hat doch zusammen mit Kissinger dieses Mißverständnis in die Welt gesetzt. Er schreibt:
»Man hegt dabei die Hoffnung, daß, wenn die Vereinigten Staaten ihre eigene Rüstung beschränkten, andere Staaten — insbesonders die Sowjets — folgen würden. Aber die Sowjets warfen alle Spekulationen über den Haufen. In Wirklichkeit wurden zur selben Zeit, als diese Rüstungskontroll-Doktrin zunehmend Anhänger unter den amerikanischen Theoretikern fand und diese selbst an Einfluß gewannen, in den sowjetischen Fünfjahresplänen noch weitere Erhöhungen der Rüstungsausgaben ausgewiesen, die eindeutig von kohärenten strategischen Zielen bestimmt waren. Die Sowjets waren nicht in Theorien steckengeblieben, sondern steuerten die Vorherrschaft an.«35
Wer aber, wenn nicht Kissinger und Nixon, hat alle diese »Theorien«, diese verrückte Philosophie der »Rüstungskontrolle« durch Verträge, Abkommen und ähnlichem, die Sowjets zu nichts verpflichtendem Unsinn hervorgebracht?
»Handel mit den Sowjets, ob direkt oder indirekt, stärkt sie militärisch. Selbst Außenhandel mit nichtstrategischen Gütern setzt Reserven für sie frei, die sie anderweitig nutzen können. Wir dürfen niemals vergessen, daß Geschäfte mit den Sowjets diese Kosten einschließen; sie sind nur gerechtfertigt, wenn die Gewinne die Kosten übertreffen. Der Handel mit den Russen muß als Waffe benutzt werden, nicht als Geschenk.«36)
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Aber selbst 1980 versuchte er noch zu beweisen, daß sein Vorhaben, der UdSSR den Status der Meistbegünstigung im Handel zu gewähren, gerechtfertigt war, obwohl dieser Status dem Kreml praktisch unbegrenzten Zugang zu billigen Krediten verschafft hätte. Offensichtlich um uns völlig zu verwirren, fügte er hinzu:
»Solange die Sowjets sich aktiv weltweit in aggressiver Politik engagieren, sollten wir ihnen unter keinen Umständen die Meistbegünstigung gewähren, denn das wäre gleichbedeutend mit der Erklärung, daß Aggression sich bezahlt macht.«37)
Das Paradoxon der Politik Nixons und Kissingers bestand darin, daß sie einerseits die ganze Absurdität der Entspannung begriffen und sogar die mit diesem Spiel verbundene Gefahr erahnten, aber andererseits wie hypnotisierte Kaninchen in den Rachen der Boa krochen.
38)»Hauptzweck der Rüstungskontrolle ist die Verringerung der Kriegsgefahr. Aber Rüstungskontrolle an sich kann dieses Ziel nicht erreichen. Politische Meinungsverschiedenheiten, nicht die Waffen sind die Grundursachen von Kriegen, und solange sie nicht gelöst sind, wird es genügend Waffen für den verheerendsten Krieg geben, ganz gleich, wie viele Abkommen über Rüstungskontrolle geschlossen wurden.
Handel an sich wird die Gefahr des Krieges nicht verringern. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg zogen Nationen, die miteinander Handel getrieben hatten, wegen politischer Meinungsverschiedenheiten gegeneinander in den Krieg.
Handel und Rüstungskontrolle müssen mit der Lösung politischer Meinungsverschiedenheiten verbunden werden, wenn die Kriegsgefahr verringert werden soll. Nur wenn wir die Verkettung auf diese Weise einsetzen, können wir den Grundursachen des Krieges zu Leibe rücken.«
Damit könnte man sich einverstanden erklären, wenn man sich klar darüber ist, daß der wichtigste »politische Unterschied« in diesem Fall in der marxistisch-leninistischen Ideologie bestand, die die Sowjetführer um nichts in der Welt abzuschaffen bereit waren. Auch Nixon schien das zu verstehen, jedenfalls erwähnt er das in dem Buch immer wieder. Worin lag dann aber nach Auffassung der Nixon-Administration der Nutzen der Entspannung, der größer als die »Kosten« sein sollte?
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Ich fürchte, daß die Realität weit nüchterner war als die ganze Dialektik, die der ehemalige Präsident zu seiner Rechtfertigung zusammenphantasierte. Amerika war ganz einfach in eine schwierige Lage geraten und versuchte, sich vom sowjetischen Aggressor loszukaufen.
»Während der Übergangszeit zwischen meiner Wahl im Jahre 1968 und meinem ersten Amtsantritt im Jahre 1969 entwickelten Henry Kissinger und ich das, was jetzt allgemein als das Konzept der >Linkage<, der Verkettung, bezeichnet wird. Wir beschlossen, daß die Dinge, die die Sowjets gerne haben wollten, die guten Public Relations, die solche Gipfeltreffen bieten, die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Abkommen über die Begrenzung strategischer Waffen, ihnen nicht zugestanden werden sollten ohne eine Gegenleistung. Zu dieser Zeit waren die wichtigsten Gegenleistungen, an denen wir interessiert waren, Unterstützung beim Zustandebringen einer Vietnam-Regelung, Zurückhaltung der Russen im Nahen Osten und eine Lösung der immer wieder auftauchenden Probleme in Berlin.«39
Die »Schwierigkeiten« in diesen verschiedenen Regionen waren den Amerikanern bewußt durch die sowjetische Aggressionspolitik bereitet worden, und für ihre Beseitigung einen Preis zu zahlen war um nichts klüger, als Schutzgelder an die Mafia zu entrichten. Es war ein selbstmörderisches Unterfangen, da die Zahlung eines solchen Preises mit einschloß, daß der UdSSR strategische Vorteile — die militärische Überlegenheit, Kredite, Technologie, das Image eines friedliebenden, vom Westen geschätzten Partners — zugestanden wurden. Dieses seltsame Geschäft konnte zwar dem Westen eine kurze Atempause verschaffen, legte aber die Zukunft der Menschheit in die Hände der Kreml-Banditen.
Wie das aber mit Banditen zu sein pflegt, gewährten sie die versprochene Atempause nicht. Nachdem die sowjetischen Führer das »Lösegeld« erhalten hatten, dachten sie nicht daran, ihre Versprechen einzulösen. Die USA mußten den bitteren Kelch bis zur Neige leeren. Sie wurden in Südostasien besiegt und in die Flucht geschlagen, wobei sie ihre Verbündeten der Willkür des Feindes überließen. Der sowjetische Einfluß in Europa erreichte in jenen Jahren seinen Höhepunkt, und die von den Sowjets unterstützten terroristischen Bewegungen wurden zu einer Gefahr für die politische Stabilität.
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Auch im Nahen Osten hielt sich die UdSSR in jener Zeit nicht zurück. Man braucht nur an ihre massive Unterstützung Syriens, des Irak und der palästinensischen Terroristen zu erinnern sowie an die Rolle, die sie bei der Zerstörung des Libanon und im Krieg gegen Israel 1973 spielte. Und das Berlin-Problem bescherte bekanntlich der DDR einen permanenten Strom von harter Währung.
Was kosteten nun diese zehn Jahre der Entspannung die Menschheit?
— Während gegen Ende der sechziger Jahre ein ungefähres Gleichgewicht bei den strategischen Waffen zwischen Ost und West bestand, hatte Ende der siebziger Jahre die UdSSR ein klares Übergewicht errungen.
— Während in den beiden ersten Nachkriegsjahrzehnten das sowjetische Imperium eine Krise durchmachte und Unruhen in Osteuropa (1953 in der DDR, 1956 in Ungarn, 1968 in der Tschechoslowakei und in Polen) unterdrücken mußte, stabilisierte es sich während des Jahrzehnts der Entspannung.
— Während sich in den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg der Kommunismus nur auf zwei weitere Länder (Kuba und Nordvietnam) ausbreitete, eroberte er im Jahrzehnt der Entspannung etwa ein Dutzend Länder (Angola, Äthiopien, Afghanistan, Südjemen, Somalia, Mocambique, Laos, Kambodscha, Südvietnam, Birma, Nicaragua).
Dazu kommen noch die prokommunistischen Regime in Ländern, die kaum einer kennt, wie Grenada, Kap Verde oder Madagaskar und die »nationalen Befreiungsbewegungen« in weiteren Ländern (El Salvador, Guatemala, Libanon, Namibia, Chile und andere), die ihren Kampf verstärkten. Mehr als hundert Millionen Menschen waren betroffen.
Aber das schrecklichste Resultat der Entspannung war, daß der Wille des Westens, gegen den kommunistischen Einfluß Widerstand zu leisten, gelähmt wurde. Es war eine Art moralischer AIDS-Infektion, durch die an sich gesunde Länder ihre Widerstandskraft gegen feindliche Bakterien verloren. Dies geschah nicht zuletzt infolge der Haltung der USA. Die europäischen Sozialdemokraten hätten das allein nicht geschafft.
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»Andere Nationen haben eine weitaus längere Erfahrung als wir im Einsatz von Macht für die Erhaltung des Friedens. Aber sie besitzen keine Macht mehr", schrieb Nixon. »Deshalb schaut die Welt auf die Vereinigten Staaten. Sie tut es heute mit nervöser Besorgnis, während in einer Nation nach der anderen die Bollwerke gegen die sowjetische Expansion zerbröckeln und die Vereinigten Staaten so unsicher, so sehr durch Gefühle der Wohlanständigkeit gelähmt sind, daß sie entweder unfähig öder nicht willens sind, zu handeln.«40)
Soviel Nixon und Kissinger auch falsch gemacht hatten, konnte man ihnen doch nicht allein die Verantwortung zuweisen. Die Nixon-Administration kam zum Höhepunkt der Antikriegshysterie an die Macht, genauer gesagt zum Höhepunkt der Rebellion, als die alte »Elite« praktisch schon kapituliert hatte und die neue um jeden Preis die führenden Positionen besetzen wollte. Sie versuchte, die Lage durch einen Kompromiß zu stabilisieren — einen Kompromiß vor allem mit der letzteren. Die sowjetische Expansion, selbst die in Europa und erst recht die in der Dritten Welt, trat in den Hintergrund. Diese Länder wurden geopfert. Amerika, das buchstäblich in zwei Teile zerrissen war, mußte gerettet werden. Daher der schizophrene Charakter der Außenpolitik der USA zu jener Zeit.
»Die größte institutionelle Änderung innerhalb Amerikas führender Schicht war die Entwicklung einer gewaltigen neuen Macht in den Händen der Medien«, schreibt Nixon. »Aber die Mißerfolge der führenden Schicht gehen über die Elite des Intellekts und der Medien hinaus. Die Führer des Big Business waren einmal ein Bollwerk für die amerikanische Stärke, genauso wie sie einmal strikt unabhängig waren. Nun, abgesehen von einigen bewundernswerten Ausnahmen, sind sie ängstlich geworden und sträuben sich, bürokratische Wasser aufzuwühlen oder Sprecher der Verbraucher zu kränken; riesige Körperschaften wurden zu riesigen Bürokratien, und gleichzeitig wurden die Körperschaftsführer selbst zu Bürokraten. Es gibt wenige Führer des Big Business, die ich mit einem gesunden Breschnew in den Ring gestellt hätte.«41)
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Diese in der Sünde der antiamerikanischen Kampagne, das heißt in der Sünde des Verrats der westlichen Interessen und insbesondere der Interessen des eigenen Landes, geborene neue amerikanische Elite war prosowjetisch eingestellt. Nicht einmal Nixon, der bei der Beschreibung der neuen »Elite« nicht zimperlich war, geht so weit:
»Wenn Amerika den dritten Weltkrieg verliert, dann wegen des Scheiterns seiner führenden Schicht. Insbesondere wegen der Aufmerksamkeit, des Ruhmes und der Legitimität, die man den >Trendsetters< gewährte - diesen verherrlichten Dilettanten, die mit dem neuesten Gedanken posieren, die jeden gerade modischen Protest aufziehen und die von den Medien, deren Schöpfungen sie hauptsächlich sind, vergöttert werden. Die ihnen und ihren Anliegen gewährte Aufmerksamkeit macht das Triviale romantisch und das Ernsthafte belanglos. Sie drückt die öffentliche Diskussion auf das Niveau von Comic strips herab. Welches neuestes Anliegen sie sich auch zu eigen machen - sei es gegen den Krieg, gegen die Kernkraft, gegen das Militär, gegen den Handel — es ist so gut wie sicher, das es sich gegen die Interessen der Vereinigten Staaten im Kontext des dritten Weltkrieges richtet.
Diese Modernen haben am Mikrofon prompt eine Meinung parat, und ihre Meinungen werden wie Nachrichten behandelt — nicht weil sie Sachverständige, sondern weil sie Berühmtheiten sind. Ihre Gedanken sind unempfindlich gegen Einwände, und ihre Argumente können von Tatsachen nicht erschüttert werden. Die Pose ist das wichtigste. Manche betrachten ihr Gehabe als eine Verschwörung, die sehr wahrscheinlich von Moskau gesteuert wird. Aber das trifft den Kern der Sache nicht. Es ist keine Verschwörung, sondern eine Konformität. Wäre es eine Verschwörung, dann wäre es leichter gewesen, ihr entgegenzutreten. Die Modernen sind eine Armee der Einfältigen, die sich nach dem Stern der Mode richten und vom Lärm des Beifalls angezogen werden.«42)
Das scheint alles richtig zu sein, doch die »Moden« entsprachen aus irgendeinem Grund stets den sowjetischen Interessen und oft der Grundrichtung der massiven sowjetischen Propaganda, wie sie oben beschrieben wurde. Ob man das nun Verschwörung nennt oder nicht, ist unwesentlich. Wenn die meisten der jeweiligen Mode auch nur aus Konformismus gefolgt sind, so wußten die »Modeschöpfer« doch genau, was sie taten.
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Allzu offensichtlich ist ihre Verlogenheit, allzu beharrlich und konsequent hämmerten sie in die Köpfe der Amerikaner die prosowjetischen »Theorien«, mit denen alle Verbrechen des Kommunismus gerechtfertigt wurden. Sogar die Anfangsperiode der »Kälte« nach dem Krieg, als Stalin nicht nur sechs europäische Länder (nicht mitgezählt die baltischen Staaten und ein Drittel Deutschlands) verschlang, sondern sich auch aktiv auf die nächste Runde der »Befreiung« Europas vorbereitete, wird von ihnen als »westliche Paranoia« angesehen. Der arme Stalin habe sich doch nur verteidigt, und Truman und Churchill haben das völlig mißverstanden.
Die Entspannung wurde von ihnen als Beweis der sowjetischen Friedensliebe, mit der die Sowjets auf die Paranoia der USA reagierten, angesehen. Im besten Fall beschreiben sie die Lage als Kampf zweier »Supermächte« um die Weltherrschaft statt als Gegenwehr der Menschheit gegen den Kommunismus, so daß beide Seiten gleichsam auf dieselbe Stufe gestellt werden. Hier ein aufs Geratewohl herausgegriffenes Beispiel:
»Trotz der Ablenkung durch den Bruch zwischen China und der Sowjetunion blieb der Kalte Krieg im wesentlichen ein Duell zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten. Die Elite jedes der beiden Länder ... hatte ihre Augen auf die Weltherrschaftsansprüche ihres jeweiligen Systems gerichtet, als ob sie Scheuklappen trügen. Während die Mittel wechselten (zum Beispiel Wechsel von Spannung und Entspannung), blieb das Ziel der Triumph der eigenen Ideologie. Bei der Verfolgung dieses Ziels versuchten sie, ihrer eigenen Bevölkerung, ihren Satelliten und den mit ihnen kooperierenden Staaten ein bestimmtes Verhalten aufzuzwingen. Ihr ideologischer Eifer, mit dem sie für die <freie Welt> oder den >Weltkommunismus< fochten, nahm ihnen alle Skrupel, ihre Bürger irrezuführen und ihn Satelliten zu manipulieren.«43)
Diese Art der Lüge, die später die Bezeichnung »Doktrin von der moralischen Äquivalenz« (moral equivalence doctrine) erhielt, ist überaus typisch für die Linken, besonders in den akademischen Kreisen. Diese Methode wurde von ihnen auch in den achtziger Jahren verwendet, als zum Beispiel die sowjetische Okkupation Afghanistans der amerikanischen Militäroperation in Grenada gleichgesetzt wurde.
5. Das JACKSON-Amendment
Wenn ich an diese Zeit zurückdenke und die Dokumente des ZK durchsehe, habe ich keine Zweifel mehr, daß die Periode der Entspannung die gefährlichste in der Geschichte der Zivilisation war. Nur ein halber Schritt fehlte dem Kommunismus bis zur Erringung der Weltherrschaft. Da die sowjetischen Führer jedoch von ihrem Endsieg überzeugt waren und meinten, daß die Zeit für sie arbeitete, beeilten sie sich nicht und warteten geduldig auf den günstigsten Moment, während sie die letzten Hindernisse aus dem Weg räumten.
Es erscheint seltsam, aber wir waren mit unserer Menschenrechtskampagne zu jener Zeit fast das einzige Hindernis auf ihrem Weg, ein für sie um so ärgerlicheres Hindernis, als es in ihren Augen wirklich unbedeutend war. Denn nach der marxistischen Sichtweise (eine andere hatten sie nicht) hatten sie den Westen bereits in der Tasche, da die »Kapitalisten« und die »ihnen hörigen regierenden Kreise« schon kapituliert hatten.
Es war jedoch ein sehr schwieriges Spiel, das sie trieben. Es erforderte Vorsicht, damit das Opfer nicht erwachte. Und wir waren die Bremse, die um die Stirn des schlafenden Opfers kreiste. Totschlagen konnte man sie nicht, und sie unbeachtet zu lassen, war gefährlich. Zudem zwangen wir die sowjetische Führung, aus der Offensive in die Defensive überzugehen, was angesichts unserer verschwindend geringen Kräfte einfach ein Wunder war. Verteidigen konnten sich die Kommunisten nie. Wie ist Verteidigung in einem ideologischen Kampf möglich? Wer sich verteidigen muß, hat schon verloren.
Hier zeigte sich natürlich auch ihr einseitiges »marxistisches« Verständnis der westlichen Demokratie, das solche nicht klassengebundenen Kräfte, wie die öffentliche Meinung oder das menschliche Gewissen, außer acht ließ. So seltsam es für unsere heutige zynische Zeit klingen mag, damals — in den sechziger und siebziger Jahren — gab es noch viele Menschen, für die der Begriff »Menschenrechte« keine hohle Phrase war. Was vielleicht noch wichtiger war — solche Idealisten gab es links und rechts, oben und unten, das heißt völlig unabhängig von irgendeinem Klassenstandpunkt oder einer politischen Überzeugung. So zynisch sich die Führungen der europäischen Sozialdemokraten (erst recht der Kommunisten) auch verhielten, in ihren Parteien und besonders unter ihren Wählern gab es genügend solcher Idealisten, die die Führungen zwangen, auf sie Rücksicht zu nehmen.
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Unsere damalige Bewegung war äußerst bunt und paßte absolut nicht in das gewohnte Schema von »Links« und »Rechts«. Während sich in Frankreich zum Beispiel die »rechte« Regierung von Giscard d'Estaing Breschnew an den Hals warf, erwies sich die »linke« Intelligenz als unser engster Verbündeter. Frankreich war somit das erste westliche Land, das sich auf die eigene Verantwortung für die Verbrechen des Kommunismus besann. Diesen Prozeß hatte die Gruppe der »Neuen Philosophen« unter dem Einfluß von Solschenizyns »Archipel GULAG« in Gang gesetzt. Während Breschnews Besuch in Paris 1977 erreichte diese Bewegung ihren Höhepunkt, der durch den »Handschlag des Jahrhunderts« symbolisiert wurde. Auf einem Empfang im Salle Recamier, der von den französischen Intellektuellen für uns veranstaltet wurde, gaben sich Jean-Paul Sartre und Raymond Aron zum erstenmal die Hand.
In Deutschland und England dagegen, wo die Regierungen »links« waren, war eher die konservative Opposition unser Verbündeter, obwohl bei weitem nicht allein sie. Es fanden sich in jedem politischen Lager ehrliche Menschen.
Besonders deutlich zeigte sich dies in Italien. Dort hielten es sogar die Kommunisten für ihre Pflicht, gegenüber Moskau ihre Unzufriedenheit zu demonstrieren. Liberale, Sozialisten und später auch Radikale — sie alle engagierten sich für unsere Sache. Die öffentliche Meinung des Westens war in diesem Krieg zum großen Teil auf unserer Seite, ob das nun dem Establishment gefiel oder nicht.
Auch in den USA, wo die »Elite« nach der Freundschaft mit Moskau gierte, mußte mit unserer Bewegung der Menschenrechtsfrage gerechnet werden. Sie erwies sich dort als Katalysator für die verschiedensten Kräfte und Tendenzen, und der Kampf konzentrierte sich auf das sogenannte Jackson-Amendment, das es der Regierung verbot, der UdSSR den Status der Meistbegünstigung zu gewähren. Es ging um eine Menschenrechtsfrage, und zwar um die Behinderung der Emigration aus der UdSSR. Obwohl das Problem nur eine bestimmte Gruppe von Personen betraf, verstanden alle seine prinzipielle Bedeutung.
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Da dieser Status der Meistbegünstigung einerseits der UdSSR die Möglichkeit gegeben hätte, unbegrenzt Kredite aufzunehmen, hätte er damit ihr militärisches Potential gestärkt. Andererseits lag die Idee, die Entspannung mit politischen Veränderungen in der UdSSR zu verbinden, in der Luft, und es schien logisch, die Erweiterung der Kontakte zwischen Ost und West, besonders auf dem Gebiet der Wirtschaft, von der Wahrung der Menschenrechte abhängig zu machen. Wie sich das Establishment auch sträubte und die Sowjets sich anstrengten, sie konnten das Jackson-Amendment nicht aus der Welt schaffen.
Das Schicksal der Entspannung schien vom Ausgang dieser Debatten abzuhängen. Mitten in dieser Auseinandersetzung und kurz vor der Abstimmung im Kongreß tauchte wie auf Bestellung der Biologe Schores Medwedjew auf, dessen Ideen rein zufällig häufig mit denen Andropows übereinstimmten, und er wurde sogleich vor den außenpolitischen Ausschuß des Senats geladen, von dessen Vorsitzenden, dem bekannten »liberalen« Senator Fulbright. Dort erklärte er zunächst, daß er nicht für sich selbst spreche, sondern »in Wirklichkeit eine bestimmte Gruppe von Liberalen in der Sowjetunion« repräsentiere (wen meinte er damit wohl — vielleicht seinen Bruder, den Historiker Roy Medwedjew, der längst kein Dissident mehr war, sondern dem Regime nahestehende Positionen vertrat?). Dann berichtete er den Senatoren:
— Der Druck auf die sowjetische Führung aus dem Ausland sei nur dann effektiv, wenn er von einem »befreundeten« Land, das ein wichtiger Handelspartner der UdSSR sei, ausgehe.
— Die Abhängigkeit der UdSSR von ausländischer Hilfe werde stark übertrieben, und unter Handelsbeschränkungen leiden hauptsächlich die einfachen Leute.
— Das Jackson-Amendment werde also von der sowjetischen Regierung und der Mehrheit der Bevölkerung als ein bewußter Affront betrachtet.»Es wird von der sowjetischen Regierung als eine Art Provokation angesehen, die der positiven Entwicklung, die ein Ergebnis der amerikanischen Politik der letzten Jahre war, ein Ende setzt.
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«44)Deshalb glaube ich, daß diese Ergänzung, sollte sie angenommen werden, die Sowjetunion dazu veranlassen wird, keine weiteren Zugeständnisse zu machen, sondern ihre bisherige Position aufzugeben, so daß die Emigration allmählich auf Null zurückgehen wird. Andere liberale Reformen würden erschwert, und ich glaube, daß die Folgen in der Sowjetunion eher negativ als positiv sein würden.
Außerdem versicherte Schores Alexandrowitsch Medwedjew den Senatoren, daß die Berichte von politischen Repressionen in der UdSSR stark übertrieben seien:
»... weil das Ausland ganz einfach dem Leben in der Sowjetunion sehr viel Aufmerksamkeit schenkt, um die Verfolgten zu unterstützen, und dabei auch unbedeutende Fälle als Beispiele für totalitäre Praktiken in der Sowjetunion verwendet ... Ich glaube, daß die Tatsache, daß die Sowjetunion kein demokratisches System besitzt, bekannt ist und auch, daß die sowjetische Regierung immer noch Gewalt gegen einige Gruppen von Dissidenten anwendet. Wir können jedoch nicht übersehen, daß andere Dissidenten, die die Regierung von einem politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Standpunkt aus kritisieren, was vor einigen Jahren noch undenkbar war, die Möglichkeit hatten, frei ihre Kritik zu äußern und ihre Arbeiten in der ausländischen Presse zu publizieren, ohne daß sie deshalb ernsthafte Schwierigkeiten bekamen.« (Wer anders konnte damit gemeint sein als sein Bruder?)
All das sei selbstverständlich durch die Entspannung möglich geworden, die »die liberale Haltung der Regierung verstärkt, und für Menschen, die jetzt Schwierigkeiten haben, wird es weniger gefährlich sein, die Regierung in politischen Fragen innerhalb der Sowjetunion zu kritisieren.« Sogar die Zensur, die immer noch wütet, werde immer weniger effektiv, und sobald die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und anderen Ländern verbessert werden könnten, werde die Zensur eine immer geringere Rolle spielen. Das einzige Ziel der Entspannung sei die Verbesserung des Lebensstandards für die einfachen Menschen gewesen.
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»Die herrschende Gruppe, die Chruschtschow seines Amtes enthoben hat, unternahm ernsthafte Schritte zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und zur Erhöhung des Lebensstandards in der Sowjetunion. Ich glaube, das ist der Hauptgrund dafür, daß die sowjetische Regierung die Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten und anderen Ländern verbessern will.«
Nun, und die kommunistische Ideologie existiere nur für die Verwendung im Inland als Mittel zur Kontrolle der Bevölkerung.
»Sie benutzen sie für innenpolitische Zwecke und nicht so sehr in den außenpolitischen Angelegenheiten,« Die anderen Länder brauchten also nichts zu befürchten, und im inneren werde in Zukunft »eine organisierte Opposition, vielleicht in form einer kleinen sozialistischen Partei, auch toleriert werden ... als ein Zeichen von selten der Regierung, daß sie eine loyale und legale Opposition zu ihrer Politik duldet.
Die Partei als Ganzes ist nicht mehr so monolithisch wie vor zehn Jahren oder zu Stalins Zeiten. Selbst in dieser Partei kann man verschiedene Haltungen in der Außen- und Innenpolitik finden. Man kann Liberale, Konservative und Neostalinisten finden ...
Deshalb glaube ich, daß die Sowjetunion jetzt ein Land ist, in dem sich die politische Situation langsam, sehr langsam in Richtung auf eine Demokratisierung verändert, und enttäuschend ist nur, daß es so langsam geht. Diese Enttäuschung kommt in dem Aufschrei des Westens und der russischen Liberalen zum Ausdruck, die schnelle Veränderungen wollen, leb glaube aber, daß es unrealistisch ist, auf schnelle Änderungen zu hoffen, und wir müssen doch zugeben, daß selbst eine langsame Demokratisierung in der Sowjetunion ein sehr gutes Zeichen für einen Fortschritt in der Welt und die einzige Hoffnung für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Amerika in der Zukunft ist.
Ich hoffe, daß ich Zeuge dieser Ergebnisse sein werde, weil ich weiß, daß sie zwar langsam, aber doch nicht zu langsam kommen werden, und ich glaube, daß wir in drei oder vier oder fünf Jahren Zeugen von tiefgreifenden Veränderungen in der Sowjetunion sein werden. Ich glaube, wenn die andere Seite dieser Entwicklung keine unnötigen Hindernisse, die weder den amerikanischen nationalen Interessen noch den russischen dienen, in den Weg legt, werden sich die Beziehungen zwischen unseren Ländern langsam verbessern.«
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Wenn jedoch unnötige Hindernisse (wie zum Beispiel das Jackson-Amendment) geschaffen würden, »könnte ein Scheitern in dieser Beziehung dazu führen, daß Hardliners« bei einem Wechsel in der sowjetischen Führung an die Macht kämen.
In einer schriftlichen Erklärung, die Schores Alexandrowitsch Medwedjew dem Senatsausschuß vorlegte, war er noch offenherziger:
»Die Grenzen der Demokratie, die es in der Sowjetunion gibt, Fälle von Impression und Verfolgung von Dissidenten, übertriebene Zensurmaßnahmen und andere bedauerliche Erscheinungen sind kein notwendiges Merkmal des Sozialismus als eines Systems, sondern Überbleibsel der Vergangenheit, eine Folge der Trägheit. Die pathologische Angst vor einer kommunistischen Aggression, die in den USA mitunter zu spüren ist, ist ebenfalls ein Überrest aus den Jahren des Kalten Krieges, als auch in Amerika viele demokratische Prinzipien verletzt wurden ... Die Trägheit der Vergangenheit, besonders die der Furcht vor engerer Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern, wird in Zukunft nachlassen.
Es ist unmöglich, einen Gedanken, der oft von Gegnern normaler Handelsbeziehungen zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten vorgebracht wird, außer acht zu lassen. Es ist die Auffassung, daß die UdSSR großen Vorteil aus einer positiven Entwicklung der Handelsbeziehungen zieht, wodurch ihr militärisches Potential gestärkt wird, was letztlich die Stärkung eines unkontrollierbaren militärischen Feindes bedeutet. Dieser Gedanke wurde am 21. August 1973 von Andrej Sacharow in einem Interview mit westlichen Korrespondenten geäußert.
Dieser Gedanke ist zu abstrakt ... Kann die westliche Politik gegenüber der Sowjetunion als ein >neues München< bezeichnet werden? Ich glaube, das ist falsch.Abgesehen von der Sowjetunion kann man zahlreiche Beispiele in der Geschichte dafür finden, daß wirtschaftliche Probleme in einem totalitären System, die dieses nicht selbst lösen kann, zu einer Militarisierung und schließlich zu militärischen Konflikten geführt haben. Ein Land, das seine wirtschaftlichen und internen Probleme zu lösen imstande ist, kann nicht aggressiv sein.
Diese Art globaler Zusammenarbeit der beiden Systeme hält die Wahrscheinlichkeit einer militärischen Konfrontation zwischen ihnen sehr gering, und das Hauptziel der sowjetischen Politik ist offensichtlich ein Gleichgewicht der Kräfte und nicht die alleinige Dominanz.«
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Konnte es noch deutlicher ausgedrückt werden? Dem Senator Fulbright aber reichte das noch nicht.
»DER VORSITZENDE: Darf ich eine Feststellung treffen? Sie haben das Gefühl, daß allseitige bessere Beziehungen zwischen der Sowjetunion und unserem Lande allmählich zu einer Demokratisierung — wie ich glaube, sagten Sie — in der Partei führen werde. Es werde keine Opposition geben, aber die Partei selbst werde sich ändern, was zu einer weniger repressiven Innenpolitik führen werde, wenn ich Sie richtig verstanden habe.
DR. MEDWEDJEW: Ja, ich glaube, daß das Scheitern der Entspannung zu einer negativen Entwicklung innerhalb der führenden Gruppe der Kommunistischen Partei in der Sowjetunion führen wird ... deshalb glaube ich, daß eine Verbesserung der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen jenen Gruppen in der Partei Auftrieb geben würde, die liberaler sind als andere ...
DER VORSITZENDE: Sie sagen, innerhalb der Partei und selbst in den höchsten Rangen dieser Organisation gebe es beträchtliche Unterschiede. Sie sind also nicht alle von der gleichen Art? Es ist gar keine monolithische Regierung?
DR. MEDWEDJEW: Ja, es ist keine monolithische Regierung ... Im Politbüro gibt es Moderate, die als proamerikanisch angesehen werden können, Anhänger der Entspannung, und Hardliner, die immer noch glauben, daß die Sowjetunion einen starken Führer und eine monolithische Partei braucht ...
DER VORSITZENDE: Sie wollen mich glauben machen, daß die sowjetische Regierung nicht an Revolutionen in anderen Ländern interessiert sei, es sei kein revolutionäres Land. Sie wolle Stabilität in anderen Ländern, ist das richtig?
DR. MEDWEDJEW: Ja, ich glaube, sie will Stabilität in anderen Ländern ...
DER VORSITZENDE: Ich glaube, daß Erich Fromm vor nicht allzu langer Zeit die Sowjetunion reaktionär und konservativ genannt hat. Meinen Sie, daß das ein zutreffendes Porträt ist?
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DR. MEDWEDJEW: Daß die Sowjetunion reaktionär ist?
DER VORSITZENDE: Reaktionär, konservativ - auf diese Weise charakterisierte er sie, glaube ich ...Er sprach von den Außenbeziehungen. Mit anderen Worten, seine Ansicht widerspricht dem, was Sie sagten. Sie will also keine Instabilität bewirken. Sie wünscht, daß befreundete Länder stabile Regierungen haben. Sie versucht nicht, Revolutionen in diesen Ländern herbeizuführen?
DR. MEDWEDJEW: Ja, ich glaube, das ist der Fall. Sie würde stabile Regierungen vorziehen, aber der demokratischen Art, wie zum Beispiel in Großbritannien, Amerika oder anderen Ländern. Sie will keine Stabilität wie in Spanien oder -
DER VORSITZENDE: Portugal?
DR. MEDWEDJEW: Ja, oder in Uganda oder anderen Diktaturen ...
DER VORSITZENDE: Die Emigration ist in diesem Land ein so wichtiges Thema, und Sie haben einiges darüber gesagt, welche Wirkung unser großes Interesse an der Emigration bat. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, so sagten Sie, daß die Emigration nicht so wichtig sei; wichtig sei die allgemeine Freiheit, zu kommen und zu geben, vor allem zurückzukehren. Sie halten das für weit wichtiger. Ich nehme an, daß Sie das Gefühl haben, daß das, was im Kongreß geschehen ist, eine negative Wirkung auf die sowjetische Regierung habe und daß das Jackson-Amendment eine Herausforderung für sie gewesen sei; und Sie spüren, daß das nicht zu besseren Beziehungen führe, ja nicht einmal zu größerer Freiheit in der Emigration beitrage. - Ist das eine richtige Feststellung?
DR. MEDWEDJEW: Ja, das ist richtig.DER VORSITZENDE: Glauben Sie, daß die Meistbegünstigung so wichtig für die Russen ist? Spielt sie für ihren Handel eine große Rolle, oder ist sie eine Prestigeangelegenheit?
DR, MEDWEDJEW: Ich glaube, sie ist eine Prestigeangelegenheit nicht nur für die sowjetische Regierung, sondern für ganz Rußland, für die offizielle Einschätzung der amerikanischen Regierung ... Wenn dieses Amendment angenommen wird, würde das nicht vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen werden, sondern als ein Sieg der konservativen und reaktionären Kräfte in der amerikanischen Politik gegenüber der Sowjetunion. Das wäre, wie ich glaube, der Fall, und es wäre ein Vorzeichen dafür, daß sich alle Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf lange Zeit hinaus spürbar verschlechtern ...
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DER VORSITZENDE: ...Um auf eine Frage zurückzukommen, die wir schon diskutiert haben. Sie haben das Gefühl, daß das Konzept, das wir Entspannung nennen — normalere Beziehungen zwischen unserem Land und Rußland —, nicht zu stärkerer Repression in Rußland führt, während die Gegner der Entspannung das Gegenteil behaupten. Ich glaube, Sie sind der Meinung, daß normalere Beziehungen zu größerer innerer Freiheit und zum Beispiel größerer Reisefreiheit führen würden. Ist das richtig?
DR. MEDWEDJEW: Ja, das ist richtig, und ich glaube, daß das bedeuten würde, Sie könnten mehr Einfluß in dieser Frage ausüben, und Ihre Institutionen, wie die American Academy und andere, hätten mehr Einfluß, wenn sie gegen die Verfolgung von Intellektuellen in der Sowjetunion protestieren. Deshalb glaube ich, daß bessere Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Amerika die Repressionen in der Sowjetunion verringern würden, aber verschlechterte Beziehungen könnten die Sowjetunion dahingehend beeinflussen, daß sie ein geschlosseneres Land wird, in dem die Repression mit größerer Wahrscheinlichkeit ein Mittel der Innenpolitik ist - ganz zu schweigen von der Möglichkeit, daß die Macht der konservativen Kreise zunimmt.»
Wenn man im nachhinein diese Aussagen liest, kommen sie einem kurios vor. Jedoch damals, mitten in der Auseinandersetzung, war das nicht zum Lachen, denn hier sprachen nicht Arbatow oder Primakow, sondern es sprach ein bekannter »Wissenschaftler und Dissident«, der es nicht unterließ, von Zeit zu Zeit auf seine Freundschaft mit Sacharow und Solschenizyn hinzuweisen. Und das alles wurde nicht irgendwo, sondern im Senat der USA, von dessen Meinung das Schicksal der Entspannung abhing, gesagt.
6. Rückschlag
Es war natürlich genau das, was das linksliberale Establishment der USA hören wollte. Und die gesamte Sowjetologie schrieb nun hurtig von den »Tauben« und »Falken« im Politbüro und von ihrem Kampf, in dem man — Gott behüte! — den »Tauben« nicht in den Arm fallen dürfe. Obwohl auch Dr. Medwedjew selbstverständlich nicht verraten wollte, wer »Taube« und wer »Falke« ist. Aber wir wissen jetzt, nachdem wir die Protokolle der Debatten im Politbüro gelesen haben, daß die größte »Taube« und gleichzeitig der größte »Falke« — Andropow war.
Glücklicherweise gab es auch andere Leute in Amerika und nicht nur solche, die davon träumten, in Zusammenarbeit mit dem Kreml die menschliche Natur radikal zu verbessern. Dank dieser Leute wurde das Jackson-Amendment trotzdem angenommen, und die Kampagne für die Menschenrechte in der UdSSR verstärkte sich. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde in die Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von Helsinki 1975 als integrierender Bestandteil die Verpflichtung zur Wahrung der Menschenrechte aufgenommen.
Ohne Zweifel war dieses Zugeständnis an die öffentliche Meinung nicht viel mehr als Heuchelei. Beide Seiten wußten sehr wohl, daß es nur ein leeres Versprechen war. Genau zu dieser Zeit informierte Andropow, wie wir uns erinnern, das Politbüro darüber, daß das sowjetische Regime ohne Repressionen nicht existieren könne,45) und zwei Jahre später rief die Verhaftung der »Helsinki-Gruppe« zunächst nur eine »Beunruhigung« bei den westlichen Regierungen hervor. Aber die öffentliche Entrüstung war seinerzeit so mächtig in den USA, daß die Menschenrechte in diese Vereinbarung einbezogen werden mußten.
Zudem waren die Menschenrechte in der Periode nach Vietnam und Watergate die einzige Idee, die das gespaltene Land einte. So wurde zumindest damals der Erfolg von Carters Wahlkampf bewertet, der sie zu seinem Leitgedanken gemacht hatte. Auch die neue amerikanische »Elite«, die sich vor allem durch den Kampf um die Bürgerrechte für die Schwarzen formiert hatte, konnte sie nicht außer acht lassen. Es kam somit zu der paradoxen Situation, daß die Verhaftung der kleinen »Helsinki-Gruppe« zu einer Herausforderung an die ganze Welt wurde und den ganzen Entspannungsprozeß und alle seine Errungenschaften in Gefahr brachte.
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»Der Kreml ließ den Westen wissen, daß die Menschenrechte seine eigene Sache sind«, schrieb die »International Herald Tribüne«. »Hier hat der Kreml vielleicht einen Fehler begangen ... Indem der Kreml ganz einfach ein Drittel des Helsinki-Abkommens für ungültig erklärte, zerriß er auch den Rest und schuf einen Graben zwischen Ost und West.«46)
Tausende von westlichen Wissenschaftlern erklärten der UdSSR den wissenschaftlichen Boykott und überhäuften sie mit parlamentarischen Protestresolutionen. Im amerikanischen Kongreß wurde ernsthaft die Aufkündigung des Helsinki-Abkommens durch die USA, die Einstellung des Kulturaustauschs und sogar der Abbruch der Gespräche über die Verringerung der Kernwaffen (SALT-II) erwogen.
erklärte Senator Packwood.47 »Die UdSSR verhält sich nicht so, wie sie es versprochen hat, und deshalb müssen die USA zusammen mit ihren Verbündeten das Helsinki-Abkommen für das erklären, was es immer war, für null und nichtig.«»Ich glaube, daß Helsinki den Versuch wert war. Die Sowjets wollten die mit Gewalt errichteten Grenzen sichern, und wir ließen uns - wenn auch ungern - darauf ein, weil wir meinten, wir könnten auf dem Gebiet der Menschenrechte etwas erreichen«,
Schließlich schlug der amerikanische Senat auf Anregung von Senator Jackson die »Helsinki-Gruppe« für den Friedensnobelpreis vor, was von Parlamentariern zahlreicher Staaten unterstützt wurde.48 Die Reaktion in den USA war weit stärker als in Europa, so daß sich die amerikanischen Vertreter auf der Konferenz von Belgrad praktisch in der Isolation befanden. Sie forderten als einzige eine offene Verurteilung der UdSSR. Der der Delegation angehörende Vertreter der amerikanischen Gewerkschaften AFL-CIO Sol Chaikin wurde sogar von den sowjetischen Vertretern ausdrücklich wegen des »Versuchs, die Atmosphäre zu vergiften«, kritisiert. Er hatte lediglich eine Einladung des Gewerkschaftsvorsitzenden George Meany für Sacharow zum bevorstehenden Gewerkschaftskongreß der USA übergeben und — welche Unverschämtheit! — eine Antwort verlangt.49
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Nicht die Kapitalisten und nicht die »Reaktionäre« stellten sich in Amerika der Entspannung in den Weg, sondern Menschen aus dem Volk — Gewerkschafter wie George Meany, der als erster das Urteil über diese Politik des Kapitulantentums und Verrats sprach: »Die Entspannung ist ein Betrug.«50
Dieser starke alte Mann, der seine Laufbahn als einfacher Rohrleger begonnen hatte und am Ende an der Spitze einer Organisation von 16 Millionen amerikanischen Arbeitern stand, war in meiner Vorstellung die Verkörperung jener Festigkeit und Würde, die dereinst dieses große Land formten und durch die dem Land die Führungsrolle in der freien Welt zuteil wurde.
"Wir leben in seltsamen Zeiten. Wir leben in einer Zeit, in der ein Mann, dessen politische Karriere sich auf einen radikalen Antikommunismus gründete, Präsident wurde und sich dann über Nacht in den stärksten Befürworter einseitiger Konzessionen an die Sowjetunion verwandelte«, sagte er auf derselben Anhörung im Außenpolitischen Ausschuß des Senats, wo Schores Medwedjew von den »Tauben« im Politbüro erzählte.
"Wir leben in einer Zeit, in der der Direktor von Pepsi-Cola in Begeisterung über Leonid Breschnew gerät, von dem er sagt, daß er ihn in höchstem Maße beeindruckt habe >durch die Offenherzigkeit und Aufrichtigkeit dieses Mannes und sein klares Bekenntnis nicht nur zum Frieden, sondern auch ... zur Verbesserung des Lebens in seinem Land<.«51
So seltsam es scheinen mag, Meany hatte keine Universitätsdiplome und keine wissenschaftlichen Titel, doch er verstand mehr von internationaler Politik als alle amerikanischen Professoren zusammen.
52)"Ich möchte Henry Kissinger nicht die Schuld für alles Elend auf der Welt geben, aber feststellen, daß letzten Endes die Menschenrechte in dieser Welt von der Stärke, der wirtschaftlichen, militärischen und moralischen Stärke der Vereinigten Staaten von Amerika abhängen. Wenn wir zurückweichen, ist die Freiheit überall in Gefahr ...«
Der Erfolg währte nicht lange. Ende 1979 waren das sowjetische und das westliche Establishment erneut zu Kräften gekommen. Carter hielt dem Druck von allen Seiten nicht stand und »milderte« seinen Kurs.
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»Dieser Kurs wurde zum Teil deshalb gemildert, weil Washington mehr und mehr verstand, daß der Kreml nicht davon ablassen wird, mit denen, für die die Amerikaner sich einsetzen, hart ins Gericht zu gehen«, schrieb die »Washington Post«.
»Das Eintreten für die Menschenrechte muß mit dem Verständnis für die Bedingungen, unter denen sie verwirklicht werden können, einhergehen. Das erfordert eine gewisse Selbstdisziplin bei Meinungsverschiedenheiten über Mißstände in anderen Ländern, besonders in der UdSSR, die den Zorn der Amerikaner hervorrufen. Die USA sollten nicht dazu beitragen, Märtyrer zu schaffen. Das einzige, was getan werden kann, ist die Erweiterung der individuellen Freiheiten, und zu diesem Zweck müssen die Möglichkeiten, auf anderen Gebieten Fortschritte zu erreichen, bewahrt werden.« 53)
Es triumphierte also offensichtlich der Standpunkt, der sich nicht sehr von dem eines Schores Medwedjew und seiner »liberalen« Freunde unterschied. Aber es ging nicht um Ideen, sondern darum, daß das linke amerikanische Establishment und seine sozialistischen »Verbündeten« in Europa sowie auch die sowjetische Führung dieselben Interessen verfolgten.
Carter kapitulierte ganz einfach unter ihrem gemeinsamen Druck.
Sogar der wissenschaftliche Boykott, der ein noch nie dagewesenes Ausmaß angenommen hatte, war bis 1979 bereits umgangen worden. Auf Beschluß des ZK der KPdSU wurde es sogar
Wissenschaft und der Zusammenarbeit mit unseren wissenschaftlichen Einrichtungen zeigen ...»für zweckmäßig erachtet, sich auf eine Polemik mit den Organisatoren der neuen antisowjetischen Kampagne einzulassen, weil »viele führende Wissenschaftler und wissenschaftliche Zentren Interesse an der sowjetischen
Ende 1978 / Anfang 1979 führte die Akademie der Wissenschaften der UdSSR Gespräche mit der Führung der Nationalen Akademie der Wissenschaften der USA, dem Amerikanischen Rat der Bildungsgesellschaften, dem Nationalen Standardisierungssamt der USA und der Firma >Philips Petroleum<. Es fand eine Sitzung der gemeinsamen sowjetisch-amerikanischen Weltozeankommission statt. In diesen Gesprächen zeigte die amerikanische Seite Interesse an einer weiteren Entwicklung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit und eine konstruktive Haltung in dieser Frage. Es wurden neue langfristige Abkommen unterzeichnet.« 54)
Was also weder Lenin mit seiner Weltrevolution noch Stalin mit seinem »Befreiungskrieg« gelungen war, hätte Breschnew mit seiner Entspannung durchaus glücken können. Aber es war zu spät. Die kurz darauffolgende Okkupation Afghanistans und dann die polnischen Ereignisse von 1980-1981 rüttelten die Welt auf.
Die Entspannung fand ihr Ende. Es brachen neue Zeiten an — die Epoche Reagans und Thatchers mit ihrem Rüstungsprogramm, ihrem aktiven Antikommunismus und der Demontage des Kommunismus im Westen. Für die Welt brach die letzte Etappe der Konfrontation an.
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