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7. Therapie mit einem erfahrenen Patienten 

 

 

 

139-177

In diesem Kapitel bringen wir ein Beispiel für das in einer Therapiesitzung tatsächlich Augenblick für Augenblick ablaufende Geschehen. Das Beispiel wurde dem Protokoll eines Therapeuten entnommen, der Therapie mit einem anderen Therapeuten machte1). Aus diesem Protokoll ist viel zu lernen, denn der Therapeut, der hier Patient ist, erlebt viel mehr vollständige Gefühle, als gewöhnlich in einer einzelnen Sitzung mit einem neueren Patienten auftauchen.

Aber vor allem ist daraus zu entnehmen, daß der ablaufende Prozeß derselbe ist, selbst nach mehreren Jahren der Therapie braucht ein Patient immer noch Hilfe, um durch die Abwehr hindurchzugelangen, und er muß immer noch, die Wahl treffen, ob er für die Hilfe offen sein will. Er muß bereit sein, sich aus der Sicherheit defensiver Ersatzformen in die Unsicherheit führen zu lassen, wo er nicht weiß, was geschehen wird, wenn er fühlt. Der erste Tag des Fühlens kommt immer wieder.

Die Sitzung kann in dieselben Phasen des Gefühlszyklus unterteilt werden, die wir in Kapitel 3 in bezug auf Ramon beschrieben haben: Erste Phase — Integration, das Gefühl in der Gegenwart finden; zweite Phase — Gegenaktion, die Abwehr fühlen und beuwßt zum Ausdruck bringen; dritte Phase — Abreaktion, das Gefühl in die Vergangenheit hinein ausdehnen und den Patienten wieder für den Ausdruck des Gefühls aufgeschlossen machen trotz regressiver Abwehr; vierte Phase — Proaktion, Wechsel zwischen Gefühlen der Vergangenheit und der Gegenwart, um sie zu entmischen; und fünfte Phase — Reintegration, eine Einsichts-Kontakt-Phase auf einer neuen Gefühlsebene.

Wir zitieren Auszüge aus der Tonband-Aufzeichnung und aus dem Tagebuch des Patienten und fügen unseren Kommentar über die Arbeit des Therapeuten hinzu.

 

Erste Phase: Integration das Gefühl in der Gegenwart finden

 

P: Oh ... (seufzen) ... Ich fühle mich wirklich nicht so schlecht. Ich fühle mich wirklich nicht so schlecht. Nur wußte ich, daß etwas im Hintergrund vorging, über mich. Irgend was ging vor.  
T: Du sagst, du fühlst dich jetzt nicht so schlecht?  
P: Ja, weißt du, ich habe mit Joe gesprochen und diesen Roboter bearbeitet, und ich ...  
T: Ich weiß, aber warum sprichst du nicht von dem, weswegen du dich vorher schlecht gefühlt hast?  


P: Na ja, okay. Als ob ich nicht ... ich weiß nicht, weswegen ich mich schlecht fühle ... Ich weiß nur, daß ich nach meinem Patienten heute vormittag regelrecht gezittert habe, wirklich gezittert. Als ob ich nicht viel Gefühl für Hank hätte, für das, was er tun wird. Ich glaube, er kommt Montag wieder, so tot wie immer, und ich werde etwas anderes mit ihm machen.  

Hier ist offensichtlich, daß der Patient, obwohl er sagt, er wisse nicht, weswegen er sich schlecht fühlt, sich bemüht, dem Ursprung seines Gefühls nachzugehen. In Wirklichkeit sagt er: "Ich weiß nicht, warum ich mich schlecht fühle." Es ist unwichtig, ob ein Patient zuerst über das Warum eines Gefühls Bescheid weiß, solange er ehrlich genug ist, offen über alles zu sprechen, was ihn bekümmert. Neue Patienten bedienen sich häufig der Abwehr, daß sie nicht über das sprechen, was sie nicht erklären können — diese Neigung schiebt ihre Gefühle vom Ausdruck weg zu Erklärungen.

T: Wie steht s mit dem Gefühl, das du hattest, in dir drin, nachdem du mit Hank gearbeitet hast?  
P: Na ja, ich habe, hm, gezittert ... Ich habe gezittert, . weil ich wirklich wütend auf ihn geworden bin, ihn wirklich angeschrien und ihm wirklich zugesetzt und ihn mit diesen Bataca-Dingern geschlagen habe, und dann habe ich ihm tatsächlich mit der Hand ins Gesicht geschlagen, weil er sagte: "Ich will dich nicht schlagen", und so habe ich ihn dann geschlagen, habe ihm einfach eine Ohrfeige gegeben, und nichts kam dabei heraus. Deswegen hatte ich eigentlich nicht so viele Gefühle, ach, ich habe mehr ... das, worüber wir gestern abend sprachen, war wirklich wichtig für mich, und ich dachte heute immerzu, ich wollte mich hinlegen, ohne mich wirklich schlecht zu fühlen, weil ich es seit einer Woche nicht getan habe, und dann nehme ich es auch noch in die zweite Woche mit rüber und fühle mich dann wirklich schlecht, und ... uh ...  
T: Na, als ich dich da im Therapeutenzimmer sitzen sah ...  
P: Uh, hhhm .....  
T: Du sahst aus, als hättest du gerade eine Menge Gefühle ... Du brauchst nicht Gefühle über Hank zu haben. Ich möchte, daß du über die Gefühle sprichst, die du in bezug auf dich hast.

Der allgemeine Gefühlsbereich ist schon sichtbar, aber der Patient ist noch nicht darin. Er hat auf ein einschneidendes Erlebnis in der Gegenwart hingewiesen, sich aber noch nicht darauf konzentriert. Beachten Sie indes, daß es wenig Retrogression gibt; der Patient geht stetig dem Fühlen entgegen, indem er so viel zum Ausdruck bringt, wie er kann.

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P: (seufzend) Aeh, ich war erschüttert, ich war wirklich durcheinander ... ich war erschüttert über das, was ich getan hatte"... weißt du, weil ich wirklich wütend auf ihn wurde und ihm sagte (schreiend): "Verschwinde ... raus ... verschwinde und komm Montag wieder ... du ... SCHWINDLER" (leiser) und ich war wirklich wütend auf ihn ... und vermutlich war ich ...  
T: Sag es wirklich so, wie du es heute vormittag gesagt hast, damit du fühlen kannst, wie du warst ...  
P: Ich ... uh ... (laut und wütend) Du Heuchler ... du Schwindler ... rede nur ... fang an zu reden ... tu was (er schlägt leicht)
T: Nimm beide.  
P: (schlägt mit beiden Fäusten und schreit) Tu irgendwas ... du weißt das, du kleiner Furz ... du stehst bloß rum ... du bist ein Schlappschwanz ... ein richtiger kleiner Schlappschwanz (spricht zum Therapeuten) und er stand da und duckte sich gewissermaßen und sagte (weinerlich): "Ich will dich nicht schlagen ... ich will dich nicht schlagen ... weiß du," und ich dann (schreiend): Nun tu was. Was willst du tun? Und ich ging richtig auf ihn los ... Ich schlug ihn ein paarmal mit dem Ding auf die Beine ... Ich wollte ihn nicht auf den Kopf schlagen ... Ich hatte Angst ... Ich bekam Angst (weinend) ich bekam Angst, ihn zu schlagen ... Ich wußte, er könnte ... er könnte ... er könnte ... mich in einem Kampf wahrscheinlich unterkriegen ... und ich hatte Angst, er würde wirklich fest zuschlagen ... weißt du, wenn er das Ding aus der Hand legte und wirklich körperlich auf mich losginge .... und bekam wirklich Angst (weinend). Dabei tat ich's doch für ihn ... ich konnte bloß sein Totsein nicht mehr ertragen. Eine Stunde lang hatte ich ihn über dieses oder jenes reden hören, und er war einfach tot ... schlichtweg tot ... (lauter) und er ist kaputt und tot ... (weinend) ... Ich sagte (wütend): "Ich hab was für dich" und ging raus und holte diese Dinger und brachte sie rein und - ah - (weinend) ... ich hielt sie ... weißt du, zuerst hatte ich Angst, ihm eins zu geben und schlug ihm nur ein bißchen an die Beine ...   

Der Persönlichkeitsausdruck des Patienten hat immer noch die Oberhand über den Ausdruck seiner Gefühle. Da ist mehr Persönlichkeit als Unsinn oder Fühlen.

T: Hmm ......   
P: Und ich sagte (wütend): "Macht dir das was aus? Macht dir das was aus? Wie ist es hiermit? Und hiermit?" (Die weinerliche Stimme des Patienten nachahmend) "Ich mag es nicht, wenn du mich schlägst ... Ich mag ... schlag mich nicht," mit dieser weinerlichen, toten, klagenden Stimme ... einfach tot. Und ich sagte (wütend): "Nimm das, du 'ich will dich nicht schlagen1" ... (wütend) Er will überhaupt nichts tun. (Wütend und schlagend) Ich hatte Angst.

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T: Sag es so, wie du es innerlich fühlst.  
P: (weinend) Ich hatte Angst. Er würde mich wirklich schlagen ... ich wollte ihm helfen, aber ich hatte Angst, er würde mich wirklich schlagen ... (schluchzend) weil ich glaubte, er sei verrückt ... (schluchzend) Ich weiß, ich hatte Angst, er würde mich schlagen ... (weiterredend) so - ich hatte wirklich solche Angst, daß ich ihm nicht sofort eins von den Dingern gab, so daß es ein fairer Kampf wäre ... Ich dachte, na ja, mal sehen, ob ich eine Reaktion von ihm kriege, wenn ich ihn bloß so schlage ... und er reagierte überhaupt nicht, so gab ich ihm einfach das Ding ... und ich bekam wirklich Angst, denn als ich ihn schlug, wurde er regelrecht wütend, und ich ... (weinend) .....  
T: Wie war das mit der Angst? Konntest du so sein, wie du sein wol1test?  
P: Nein ... (leise weinend) weißt du ... (lauter und wütend) in einer Beziehung will ich den Scheiß aus ihm herausprügeln, aber ich hatte Angst, er würde zurückschlagen und mich wirklich verletzen, denn ich weiß, er ist wirklich sehr, sehr wütend, wirklich wütend innerlich ... einfach tot .....   
T: Konntest du denn wirklich tun, was du wolltest, um ihm zu helfen?  

*

Wir sollten hier zur Erklärung erwähnen, daß der Therapeut den Therapeuten-Patienten nicht ermutigt, seinen Patienten zu verprügeln. Er versucht, ihm zu helfen, zu den Gefühlen zu gelangen, die hinter seinem Zurückhalten liegen. Die Therapeuten in der Feeling Therapie gehen manchmal sehr handfest mit Patienten um, weil die Therapie eine Ausdrucks-Reaktions-Therapie ist, keine Einsichts-Erklärungs-Therapie. 

Wenn die eigenen, retrogressiven, verworrenen Gefühle des Therapeuten einem Patienten gegenüber wachgerufen werden, verschwindet die Gegenübertragung nicht durch Analyse und Erklärung. Der Therapeut muß Therapie für sich selber bekommen, und das geschieht in dieser Sitzung. Der Therapeuten-Patient muß imstande sein, zu. seinem eigenen Patienten Hank zurückzukehren und ohne Zurückhalten auf ihn zu reagieren — wenn er es nicht kann, wird Hank keine neue Wirklichkeit zu fühlen bekommen, auf die er reagieren kann, sondern nur eine Bestätigung der vertrauten Gefühlsverwirrung, die er als — real akzeptiert.

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Der Patient des Therapeuten-Patienten, Hank, war ein außerordentlich abgestorbener junger Mann, der Jagdflieger in Vietnam gewesen war. Um seine Feindflüge durchführen zu können, hatte er sich gegen all seine Ängste abgestumpft und die rasende Wut auf seine Vorgesetzten zurückgehalten, wie er schon früher in seinem Leben die Wut auf seinen Vater zurückgehalten hatte. Die einzige Hoffnung für ihn, wieder zum vollständigen Fühlen zu gelangen, bestand darin, ihn zur Wut auf eine Autorität zu provozieren. 

Nach dieser Sitzung vermochte Hanks Therapeut ohne Zurückhalten auf ihn zu reagieren und nicht nur die Wut hervorzurufen, sondern auch die Verzweiflung und das Verletztsein darunter. Weil Therapeuten so oft auf intensive Weise den verworrenen Gefühlen anderer Menschen entgegentreten, brauchen sie tatsächlich eher Therapie, als wenn sie einen anderen Beruf hätten. Ein Therapeut ist wie ein Bergmann, der in der dunklen Tiefe mit anderen Menschen arbeitet, um ihnen zur Rückkehr in eine sonnige und grüne Welt zu verhelfen. Wenn unsere Therapeuten arbeiten, erhalten sie regelmäßig einmal oder mehrmals wöchentlich Therapie für sich; wenn sie nicht therapeutisch tätig sind, können sie mehrere Wochen oder einen Monat ohne Therapie auskommen.  

 

Der Therapeuten-Patient in diesem Beispiel klingt in seinem Verhalten seinem Patienten Hank gegenüber vielleicht nicht sehr "therapeutisch" — er ist es auch nicht, er ist aufgeschlossen. Nur war er nicht vollständig aufgeschlossen, er hielt zurück. Unter den falschen Vorstellungen und Überzeugungen, mit denen Patienten zur Therapie kommen, befinden sich viele darüber, was ein "Therapeut" ist und was für sie "therapeutisch" ist. In der Feeling Therapie kann der Therapeut auf eine Weise reagieren, die sich stark von den stereotypen Vorstellungen von einem Therapeuten unterscheidet, der "freundlich" oder "gut" ist, "real" oder "verständnisvoll", "klug" oder "fühlend". 

Manchmal wird der Therapeut den Patienten anschreien, ein andermal sanft zu ihm reden, fluchen, ihn abschieben oder sich weigern, ihm zu helfen. Keine dieser Reaktionen soll "therapeutisch" sein. Sie wollen überhaupt nichts sein; sie sind bloß wirkliche Reaktionen. Nur eine echte Reaktion von einem Feeling-Therapeuten kann Gefühlskontakt mit einem abwehrenden Patienten herstellen. Ein Feeling-Therapeut ist heraufbeschwörend, denn er verlangt und zeigt Gefühle. Zum erstenmal in seinem Leben wird dem Patient vielleicht mehr abverlangt, als er weiß — seine Gefühle —, und zum erstenmal in seinem Leben werden ihm keine Pseudogefühle entgegengebracht.

P: Nun, die ganze Stunde über tat ich genau, was ich tun wollte, um ihm zu helfen ... Ich nahm die Art auf, wie er sich vom Fühlen entfernte, und ahmte sie nach, um ihn zu einem Fühlen zurückzubringen, und da begann er, wütend zu werden, und dann hörte er auf ... und zappelte ... und später, als ich im Therapeutenzimmer saß und mit Joe sprach, wurde mir klar, daß sein Zappeln seine Verrücktheit ist .... er zappelt.

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T: Okay, aber jetzt gehst du von dem weg, worüber wir gerade sprachen. Als du diese Batacas in der Hand hattest, hast du da mit ihm getan, was du tun wolltest? Oder mußtest du zurückhalten?  
P: Ich hielt zurück ... ich hielt zurück ... ich habe es nicht getan. Ich habe nicht einfach draufgedroschen und ihm welche verpaßt ... einfach draufgedroschen und ihm welche verpaßt.  
T: Wie ist dir innerlich zumute, wenn du zurückhälst?  

Jetzt ist das Fühlen viel klarer, und der Patient ist dicht daran, es zu empfinden. Der Therapeut bemerkt dazu: "Alle seine Gefühle drehten sich um sein Zurückhalten, und ich begann jetzt, mit seinem Körper zu arbeiten, um die Intensität des Gefühls zu steigern. Er mußte fühlen, was das Zurückhalten ihm jetzt antut — ehe er fühlen kann, woher das Zurückhalten kommt."

P: Nun, ich wollte gerade sagen, es fühlt sich schlecht an ... aber ich weiß nicht, was das genau bedeutet ... Ich ... ah ... als ich Angst hatte, er würde mich wirklich verletzen, wenn ich richtig ausholte ... habe ich ihn nur andeutungsweise geschlagen ... ihn nicht wirklich verdroschen ... ich hatte wirklich Angst, das zu tun ...  
T: Mach tatsächlich das, was du tun wolltest!  
P: (wütend und um sich schlagend) Ich wollte es ihm geben, ihm hier eins duschen und da, nimm dies und dies, du Nichtsnutz, du Idiot ... du wimmerst bloß ... du sagst überhaupt nichts ... du bist so verdammt tot ... und dann sagst du zu mir: "Ich weiß, ich weiß." Mir ist es scheißegal, was du wei ßt, du weißt überhaupt nichts ... du reagierst mit keinerlei Gefühl ... du kriegst bloß zappelige Finger und tänzelst im Raum rum ... du Arschloch, Kriecher, Idiot ... Idiot ... du Scheißkerl ... du bist nichts weiter als ein stummes Stück Holz... (imitiert das Wimmern des Patienten) "Ich weiß, ich weiß". Und was weißt du schon. Du sagst uns nicht einmal, daß dein Vater gestorben ist ... du könntest ebenso gut tot sein und dein Vater am Leben ... deine Gruppe hat recht ... du stirbst ... du bist tot ... du hast deine Chance verpaßt, Blödmann ... du bist jetzt genau nur siebenundzwanzig Jahre alt ... du wartest nur darauf, daß du siebenundsiebzig bist wie dein Vater.  
(redend) Ich konnte ihn heute anschreien, ich konnte schreien, aber ich konnte einfach nicht handgreiflich' gegen ihn werden ... einfach (wütend um sich schlagend) richtig handgreiflich ... ihn zusammenschlagen ... weißt du, ich bekomme wirklich Angst, weil ich niemanden zusammenschlagen kann ...  

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Der Therapeut, verläßt das Zimmer und kommt mit Batacas zurück. 

T: Steh auf ... werde so handgreiflich, wie dir zumute ist, wie dir mit ihm zumute war.  
P: Mit dir?  
T: Schlag mich ... tu es nur ... fühle es in deinem Körper.  
P: (schlägt mit Batacas) Das macht mir Angst, das zu, tun ... ich will nicht ...  
T: (laut) Tu es nur!  
P: Ich will dir nicht weh tun.  

An diesem Punkt hat der Therapeut die vernünftige Verrücktheit aufgedeckt, und jetzt herrscht für den Patienten der Unsinn vor. Er verliert buchstäblich den Verstand. Er weiß nicht, was eigentlich vor sich geht — er fühlt seine Abwehr. Wenn die Abwehr der Persönlichkeitsschicht gestoppt wird, nimmt der Unsinn zu, angetrieben von dem unter Druck gesetzten Fühlen. Die Energie, die aufgewendet wurde, um die Persönlichkeit zu verteidigen, ist jetzt frei für Unsinn und Fühlen.

T: Tu es nur ... fühl das in deinem Körper ... Tu es! ... Nein, du hälst zurück. Du hälst jetzt zurück.  
P: Ich will dir nicht weh tun, Lee.  
T: Nein ... fühl du das, Dom, und tu es ... fühl du es ... du bist es, unfUen du besorgt warst ... Ich we~FcTe mich fühlen .  
P: (schlägt fester zu)  
T: Du halst noch immer zurück.  
P: (schlagend) Ich will dich nicht auf den Kopf schlagen.  
T: (schreit) Komm schon, fester, FESTER.  
P: (schlagend und schreiend) Arschloch, Arschloch ... verdammtes Arschloch . . .  
T: Du halst es immer noch in der Kehle zurück ... laß es raus.  
P: Arschloch ... du blöder Scheißkerl ... komm ins Leben und schau dir an, wie man zur Abwechslung mal wirklich lebt, du gottverdammter Idiot ... du Idiot ... du Külcen-Arsch loch ... du Küken.  
T: Du bist immer noch richtig zurückgenommen.  
P: Ich will dir nicht wehtun, Lee.  
T: Mach dir keine Sorgen um mich ... du machst dir Sorgen um mich ... das ist genau das, was dich davon abhält, dich zu fühlen ... das ist genau das, was du bei ihm tust ... fühle, dich.  

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P: (schlagend und schreiend) Du verdammtes Arschloch ... Schleimscheißer ...  
T: Wie fühlst du dich? Wie fühlst du dich?  
P: Ich hasse dich ... Ich hasse dich ... verdammt nochmal ich hasse dich ... ich hasse dich ... ichhasse dich ... ich hasse dich ...  
T: Ich kann es fühlen, du hä'lst immer noch zurück ... ich kann es fühlen ...  
P: Ich hasse dich ... ich hasse dich ... ICH HASSE DICH ... ich möchte dich umbringen ...  
T: Fester, fühl es in deinem Körper ... Du schlägst mich nicht fest. Du schlägst mich kaum. Fühle es in dir ... da halst du zurück ...  
P: Meine Güte, ich kann es nicht glauben, daß ich nicht fest zuschlage.  
T: Du tust es nicht ... ich kann dich kaum fühlen.  
P: Ich hasse dich ... ich hasse dich ... ich hasse dich ... ich hasse dich ... ich hasse dich ... ich ... ich... ich ... ich hasse dich ... Mistkerl ... Arschloch .. du weicher Haufen ... du verdammter totgeprügelter Hund ... du brinst keine Gefühle heraus ...  
T: Wie sehr fühlst du das? Fühlst du so, wenn du mit ihm redest? Denn du fühlst nicht, wie du mich schlägst ... du schlägst mich ... fühle es nur, daß du jemanden schlägst ... damit ... schlag so fest wie du kannst ... und spüre es in deinem Körper ... in deinem Körper ... wenn du schlägst ... fühle das ...  
P: Ich kann fühlen, wie meine Beine angespannt werden ...  
T: Fühle alles ... tu es nur ... du schlägst mich, Dom, und fühle das in dir ...'los ...  
P: Und nicht mit Hank reden?  

Hier bringt der Therapeut das Fühlen noch mehr in die Gegenwart; nun spürt der Patient sein Zurückhalten jetzt und hier mit dem Therapeuten.

T: Nein! Rede mit mir. Darüber, was du fühlst ... los ... fest ... FESTER ... FESTER ...  
P: Ich kann es ...  
T: FESTER ... FESTER ... du schlägst nicht wirklich ... fester ... Was fühlst du? FESTER ...  
P: Ich fühle gar nichts. Ich fühle nur meine Arme, genau hier.  
T: Stimmt, du fühlst es nicht ... fühlst es nicht richtig ... los ... sieh mal einer an, du machst dir Sorgen um mich ... wie kannst du etwas fühlen, wenn du dir Sorgen um mich machst?

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P: Ich habe mir keine Sorgen gemacht, ich habe bloß gedacht, was zum Teufel ich eigentlich tue.  
T: Stimmt, was tust du? Was tust du?  
P: Ich schlage mit diesem Ding.  
T: (laut) Dann tu es ... Tu, was du tust.  
P: (schlagend und schreiend) Na schön, dann verdammt nochmal, Lee, ich werde dich schlagen ... Ich werde dich schlagen ... Lee, ich schlage dich ... ich schlage dich ... Lee, ich schlage dich ... ich schlage dich ... ich schlage dich ... ich schlage dich ... ich schlage dich..  
T: Ich spüre es kaum ... Na komm schon, komm schon ... mach schon.

Der Patient schlägt immer noch nicht mit vollem Ausdruck; deshalb provoziert ihn der Therapeut, genau wie der Therapeut am Vormittag versucht hatte, die Aggression seines Patienten zu mobilisieren. Das ist ein außerordentlich schwieriges Unterfangen, denn niemand will wirklich gewalttätige Gefühle bei einer anderen Person hervorrufen; es war beängstigend für den Therapeuten, das zu tun. Sein Kommentar: "Eine Minute später hielt ich zurück und bekam Angst, er würde mir weh tun."

P: Greif mich nicht an ... au ... au ... au ... (weinend) das tut da wirklich weh ... es tut weh ... mein Handgelenk tut weh ... mein Handgelenk tut weh ... da tut's, weh . . .  
T: Komm schon, komm schon ...  
P: (schlagend) Ich will nicht schlagen ... ich hasse das ... ich hasse es, wenn du mich schlägst ... verdammt nochmal, Lee, schlage mich nicht ... verdammt nochmal, Lee, schlage mich nicht ...  
T: Ganz langsam, du machst es viel zu schnell, um es zu fühlen ... viel zuschnell ... schlage richtigfest... ganz langsam ... fühle deinen Körper wirklich zuschlagen ...  
P: (schlagend) Aah ... er fühlt sich nicht an, als ob ich dich fest schlage ... fühlt sich nicht an, als ob ich schlage ...  
T: Du tust es auch nicht ... du tust es nicht ... kannst du es nicht tun?  
P: Es scheint, daß ich es nur tun kann, wenn ich auf jemanden rasend wütend bin, und ich habe Angst» ich .könnte ihn umbringen ... Ich habe keine solche Wut in mir ...  
T: Was?  

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P: Ich habe keine Wut ... ich bin nicht rasend wütend wie heute vormittag, als ich anfing, ihn zu schlagen, aber dann nicht die Kraft in mir hatte, weiterzumachen und zu schlagen, ohne Angst zu haben, daß ich verletzt werden könnte ... Ich habe zurückgehalten ... du hast recht ... alles, was du sagst, ist richtig ... ich hielt zurück ... weil ich Angst hatte, er würde mir weh tun ... er ist innerlich wirklich wütend, weißt du, richtig wütend innerlich ...  
T: Das kannst du nicht fühlen, ehe es passiert ist ... da ist schon ein Gefühl in dir ... wenn du zurückhälst.  

Hier wirkt der Therapeut wieder der vernünftigen Verrücktheit — "weil ich Angst hatte, er würde mir weh tun" — mit "Das kannst du nicht fühlen, ehe es passiert ist" entgegen. Würde der Therapeut den Fluß und die Verwirrung des Fühlens nicht genau verfolgen, könnte man leicht nur die vernünftigen Worte "Ich hatte Angst, er würde mir wehtun" hören und akzeptieren. Täte er das, dann könnte der Patient eine Szene aus der Vergangenheit wieder wachrufen, daß er Angst gehabt hatte, von seinem Vater oder von Schulfreunden verletzt zu werden, und es könnte zu einer scheinbaren Abreaktion mit viel Geschrei und Weinen kommen. Aber all dieses leere Toben und Rasen würde nur bedeuten, daß der Patient und der Therapeut sich durch vernünftige Verrücktheit täuschen ließen, die wie Therapie aussieht.

P: Nun, das ist immer so, wenn ich zurückhalte, weil ich nämlich an jemand anderen denke. Das ist wirklich wahr. Das stimmt wirklich für mich.  
T: Ja, aber das ist deine Abwehr ... das ist nicht dein Fühlen. An jemand anderen zu denken ist nicht dein Fühlen dein Fühlen ist etwas in dir.  
P: Ich weiß das ...   
T: Du weißt das bei der Sache mit Jane, und es ist dasselbe mit Hank. Es ist etwas in dir.  
P: Ja, ich weiß ... ich komme immer wieder auf die Angst zurück, verletzt zu werden. Das ist es, worauf ich immer zurückkomme, daß ich Angst habe, verletzt zu werden, und dann zurückhalte ... das zeigt sich immer wieder. Wie gestern, da sprach ich vom Stockballspielen gestern, und da halte ich mich immer ein bißchen zurück ... es ist nur ein bißchen, aber es ist so ... ich halte mich ein bißchen zurück, so daß ich den Ball zwar schlage, aber nicht weit genug, oder ich schlage ihn, und er geht seitlich ins Aus ... es ist einfach nicht richtig da ... es ist nicht richtig ...  

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Zweite Phase: Gegenaktion — die Abwehr fühlen   

 

T: Ich möchte, daß du das hier schwingst ... schwinge es einfach gegen die Wand, aber höre auf, ehe du die Wand erreichst ... Setze dich jetzt auf. 
P: Hier draußen?  
T: Ja, fühle einfach, wie es ist, wenn man zurückhält ... schwinge wirklich fest, aber halte an! Fühl das ... halt an ... fühl das ... fühle diese Empfindung.  
P: (stöhnend) So ist das ... u ... u ...

Hier läßt der Therapeut nicht zu, daß sich der Patient dem Nebengefühl überläßt, nämlich der Angst vor einer Verletzung; vielmehr bringt er ihn dahin zurück, die Hauptabwehr zu fühlen, das Zurückhalten, und was es ihm antut. Der Therapeut tut das, indem er an Ort und Stelle eine Technik erfindet, die auf die besondere Abwehr und das Fühlen dieses Patienten zugeschnitten ist. Er läßt ihn heftig schwingen und dann den Schwung bewußt anhalten. Er läßt den Patienten die Abwehr übertreiben. 

Der Therapeut notierte darüber: "Die Angst, es könnte einem wehgetan werden, ist kein Gefühl, sondern eine Abwehr. Wenn er dranbleibt und dann Schmerz empfindet, würde es ein Gefühl sein. Er mußte die Folgen des Zurückhaltens spüren statt der Abwehr: "Es wird mir weh tun". Tatsächlich hängen seine Abwehr und sein Fühlen eng zusammen, denn das Zurückhalten tut ihm weh — er tut sich selbst weh, indem er zurückhält, wenn es nicht nötig ist."

T: Wie empfindest du das?  
P: Als Spannung ... ich spüre, wie sich mir die Kehle zusammenschnürt.  
T: Richtig ... dein ganzer Körper ist angespannt ... nichts von dem Schwingen ist fließend, weil du immer bereit bist, zurückzuhalten ... fühl das in deinem ganzen Körper.  
P: Ja, ich fühle es hier oben ... ich fühle mein ...  
T: Berichte es mir nicht. Drück das Gefühl aus.  

Diese Interaktion zeigt, worauf in der Feeling Therapie stets der Nachdruck gelegt wird — auf den Ausdruck und nicht auf das Berichten. Die Menschen können aus sich herausgehen, um mit völliger Ehrlichkeit jede Einzelheit von dem, was sie getan oder nicht getan haben, zu berichten; aber es ist viel schwieriger, innen zu bleiben und jedes kleine Gefühl oder jede Abwehr zum Ausdruck zu bringen. Das Berichten ist an sich selbst eine wichtige Abwehr und kann nur mit einer expressiven Therapie überwunden werden.  

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Ehrlichkeit im Fühlen ist antwortend, nicht beschreibend. Ein Grund, warum ein Therapeut in der Feeling Therapie manchmal einen Patienten ermutigt, "wie ein Kind zu handeln", obwohl er sich nicht wie ein Kind fühlt, ist, daß solche Handlungen dem defensiven Berichten des Patienten über sich entgegenwirken. In manchen Therapien wird das "Wie-ein-Kind-Handeln" fälschlich für Abreaktion gehalten. Handeln ist nicht wiedererleben, es ist nur eine Möglichkeit, dem defensiven Berichten des Patienten entgegenzuwirken. Es spielt keine Rolle, ob einem Patienten gesagt wird, er solle "verrückt spielen" oder "dumm tun" oder "sich tot stellen", denn alle diese Anweisungen sind Gegenmaßnahmen gegen das "Berichten" und "Verstehen", die den Ausdruck von Gefühlen ersetzen.  

P: (laut stöhnend) Ahh.... das tut mir im Arm weh ... aahh ... aahhh ... aaggghhh ... oh, mein Arm ... das ist ... aggghhh ... ich will loslassen ... ich will jetzt wirklich draufhauen ...   
T: Nein, fühle nur, wie das jetzt ist.  
P: AAHH ... aahh, es fühlt sich wirklich angespannt an ... es ist ein scheußliches Gefühl ... wirklich angespannt ...  
T: Es fühlt sich scheußlich an ...  
P: Ich möchte wirklich zuschlagen ... Mit meiner Hand auf die Wand knallen ... und ...  
T: Nein, das is.t nur ... tu das nicht. Laß sie nur richtig schwingen und hör dann auf.  
P: Aaahh ... aaaghhh ...  
T: Schwing richtig, nimm den Arm zurück und schwinge ... hör auf. Fühle es, wie du wirklich auf die Wand schlagen willst... aber hör auf..Laß es raus.  
P: (schluchzend und rülpsend)  
T: Du mußt wirklich aufrecht stehen. F.ühle, wie dein ganzer Körper angespannt ist, wenn du einen Teil von ihm einfach nicht bewegen kannst.  
P: (laut stöhnend) uhhhh ...  
T: Sag, wo du es fühlst.  
P: Ich fühle es alles im Arm, in der Schulter, bis rauf zum Hals ... aahh ... aagghh ... oh, das fühlt sich wirklich scheußlich an ... verspannt meine ganze Schulter ... aagh ... aaagghhh ... oh, mein Arm tut so weh. Meine Schulter ist hier richtig verkrampft, da drinnen, genau da.  
T: Fühle das. Bleib dabei. Laß dieses Geräusch von da herauskommen.  
P: Aaghh ... es ist ein richtiger Krampf.  
T: Berichte mir das nicht ... berichte nicht ... Bringe es zum Ausdruck. 
P: Ich will schlagen. Ich will schlagen ... 

150


T: Nein, nein, bring den Schmerz in deinem Körper zum Ausdruck. Schlage nicht aus Frustration, sondern äußere den Schmerz.  
P: Aaghhh ...  
T: Fühle das ... fühle das ... 
P: Ich' kann es nicht fühlen, wenn ich nicht schlage ... agghh ... es tut einfach weh.  
T: Das stimmt.  
P: (laut stöhnend) Es tut weh, tut weh ... tut wirklich weh ... weh ...  
T: Schwinge wirklich richtig fest. Und halt an.  
P: Das tut wirklich weh. Agghh ... es tut so weh, wirklich weh, hier in meiner Schulter tut's weh-(stöhnend) Agghh ... ich will ... ich will das nicht fühlen ...  
T: Bleib bei dem Schmerz in dir ... sage nicht, was du da drau3en tun willst. Komm schon, schwinge. Jetzt möchte ich, daß du schwingst ... drehe deinen ganzen Körper, mach deinen ganzen Körper bereit. Dreh deinen ganzen Körper zur Seite und stoppe dann ... so ist's gut ... so ist's gut.  
P: Oh, das tut so weh.  
T: So ist's richtig ... mach das ... mit dem ganzen Körper ... Mach ihn bereit. Die Beine auch ...  
P: ahhh ... aahh- ...  
T: Schlag ni cht . . .  
P: Oh, ich will schlagen . agghh ... agghh ...  
T: Der ganze Körper, komm schon ... mach ihn krumm, mach dich bereit für einen großen Schlag ...mach alles bereit, und jetzt laß ihn kommen ... Halt an.  
P: Ahhhh.  
T: über deinen Kopr ... mach einen Buckel ... fühle deine Beine unter dem Körper ... SCHWING ... Halt an.  
P: Agghh ... Ich habe Angst, das z.u tun ... oh ... meine Schulter tut weh, mein Gott, sie tut weh ... ahhh ... ahhh ... aahhh ... das tut so weh ...  
T: Ich tue so weh.  
P: Ich tue so weh.  
T: Sage es nicht hart ... sage es nicht wütend, weil du weh tust. Sage es so, wie du weh tust.  

151


Der Therapeut bleibt dem Patienten, nah auf den Fersen, daß er ihm nicht die mindeste Abweichung von dem Hauptgefühl durchgehen läßt. Das bedeutet, daß der Patient jetzt einen qualvollen körperlichen Schmerz, empfindet. Immer wieder fühlt er, was er sich selbst antut, und alles, was er tut. um von dem Schmerz wegzukommen, der eine Folge des Zurückhaltens ist. 

In seinem Tagebuch schrieb der Patient: "Es war ein unglaubliches Gefühl für mich, wie entsetzlich schmerz­haft und lähmend das Zurückhalten war. Gewöhnlich empfinde ich nur einen leichten Schmerz, wenn ich zurückhalte, aber in der Sitzung war es, als ob ich die Anhäufung von Tausenden kleiner schmerzhafter Augenblicke fühlte." Das ist genau das, was geschah — der Therapeut hatte den Patienten in eine Lage gebracht, in der er nicht von einer Abwehr zur anderen überwechseln konnte, sondern die totale Wirkung einer Abwehr fühlen mußte. Das ist das Wichtigste, was ein Therapeut in der Gegenaktionsphase eines Gefühlszyklus tut: er isoliert eine Abwehr oder ein Abwehrmuster und verstärkt den Ausdruck der Abwehr, bis der Patient vollständig fühlt, was er sich antut2).

P: (sanfter) Oh, mein Arm tut weh ...  
T: Ich tue wirklich weh ...  
P: Ich tue weh ... Oh, ich will einfach schlagen ... Ich ...  
T: Nein, das ist außerhalb von deinem Schmerz ... bleibe bei deinem Schmerz ... Jetzt schlage wieder ... FEST. Fühle diesen Arm ... geh mehr in das Gefühl ... fühle diesen Arm, wie er sich wirklich krümmt ... mach dich bereit ... mach dich bereit ... mach dich bereit ... mach dich bereit ... zeig's ihr ... schlag zu ... nein, schlag nicht auf die Wand ... fühle, wie es ist, du kannst nicht auf die Wand schlagen. Los, mach dich bereit ... laß es raus ... laß das Gefühl raus ... in dir ... in dir.  
P: (stöhnend) aahh ... uhhuhhh ... ich kann kaum meinen Arm hochhalten, so weh tut er ...  
T: Richtig ... berichte es mir nicht ... fühle es und drück es aus ... Ich tue so weh ... ich tue so weh. Sage das.  

Auf ihren subtilsten Ebenen ist die Therapie auch höchst fundamental. Hier bemüht sich der Therapeut gerade, dem Patienten zu helfen, eine vollkommene Übereinstimmung zwischen seinem Gefühl (Schmerz) und seinem Ausdruck herzustellen. Er läßt ihn nicht einfach nur die Worte sagen; sie müssen mit überein­stimmendem Gefühl gesagt werden. Nicht das mindeste Berichten, Verhärten oder Verspannen ist erlaubt.

P: (wütend) Ich tue so weh. 
T: Du hast es hart gesagt.

Der Patient ist gedrängt worden, bis die Abwehr empfunden wird, und jetzt ist er für seine Gefühle offen.

152


P: (wütend) Ich tue weh ... mein Arm tut weh, ich will schlagen.  
T: Nein, du tust das jetzt im Moment, du tust sq. weh ... du tust wirklich weh ... sage es ... bringe es heraus.  
P: (sanfter) Ich tue weh ... ich tue weh  
T: So ist's richtig ... sage es wirklich ... fühle dieses Wehtun ... fühle es in deinen Armen ... sage es jetzt.  
P: (verspannt) Ich tue weh.  
T: Nein, nicht so.  
P: (verspannt) Ich tue weh.  
T: Nein, laß das raus in deiner Stimme ... nein, lockere die Stimme, fühle es wirklich.  
P: Ich tue weh.  
T: Sei sanft mit deinem Körper.  
P: (schluchzend) Ich kann nicht ... oh, mein Körper tut weh ... oh, ich kann nicht sanft sein ... (schluchzend).  
T: So ist's recht, laß es heraus.  
P: (weinend) Es tut weh, nicht ganz durchzuziehen ... Ich ♦kann nicht ganz durchziehen ... ich tue weh.  
T: Richtig, bleibe dabei ...  
P: Ich tue weh ... ich tue weh ... ohhh ... ich tue weh ... ich tue weh ... ich tue jetzt weh, wenn ich nicht durchziehe ... es tut weh ...  
T: Geh nicht weg davon ... bring es herauf ... fühle, was du verlierst, wenn du nicht durchziehst.  
P: Ich bin verspannt ... mein Arm ... ich kann ihn kaum hochhalten.  
T: Was ist unter dieser Verspannung?  
P. Es tut weh .  
T: Richtig. Hole es herauf.  
P: (schluchzend) Ohhh ... ohhh ... ooohhhh, ich tue weh ... ich tue wehv.  
T: Laß all das heraus.  
P: Ohhh ... oohh ... das tut weh ...  
T: Laß es heraus. (  
R: (schluchzend) Ich tue weh ... ich tue weh ... ich tue weh ... ich tue weh ... ich tue weh ... ich tue weh ... es tut > so weh, zurückzuhalten ... ich halte vor dir zurück ... ich halte for Jane zurück ... ich halte, vor Hank zurück ... ich tue weh ... (schluchzend) ohhh ...  
T: Was bringt dich dazu?  
P: (schluchzend)

153


T: Was für ein Gefühl hast du dabei? Wie fühlt sich das an? Innen drin?  
P: (hustend und rülpsend) Es tut jetzt da drinnen nicht mehr so weh ... aber da ist noch eine kleine Verspannung  
T: Du halst eben jetzt zurück, wenn du es so sagst ... diese kleine Verspannung... wenn du nicht darüber redest, . halst du zurück.  
P: Ohhh ... ohhh ... mein Arm tut weh.  
T: Richtig.  
P: Mein Arm tut weh ... er tut weh ... meine Hand ist ganz verkrampft und steif ... steif....  
T: Was möchtest du statt des Zurückhaltens tun?  
P: (weinend) Ich will die Hände ausstrecken.  
T: Tu es nur.  
P: (weinend) Ich will wirklich die Hände ausstrecken.  
T: Mit einer Hand? Oder hälst du zurück? Das ist Zurückhalten.  
P: (schluchzend.) . . .   
T: Bewege deine Hände nach innen und nach außen ... ganz langsam, ganz langsam ... erst nach innen ... und dann strecke sie aus ... so ... fühle das jetzt ganz langsam  
P: (weinend) ...  
T: So ist's richtig. Fühle diesen Teil ... streck weiter aus, geh ganz durch, bleib dabei, hör nicht auf ... nein, du hast wieder innegehalten ... zieh sie jetzt ganz zurück ... und jetzt wieder vor.... jetzt streck sie aus ... ganz weit aus ... ganz weit aus ...  
P: (weinend) Ich fange an, darüber nachzudenken, daß ich zurückhalte ... Ich denke darüber nach, was jemand anderes darüber denken würde, was ich hier tue ...  
T: Nein, nein, ... wie fühlst du dich, wenn du zurückhälst? Geh dahin zurück.  
P: Ohhh ... Ich bin wirklich verspannt in der Schulter und im Arm ... Ich tue wirklich weh ... mein Körper tut weh.  
T: Sage es.  
P: Ich tue weh ... (weinend) ... mein Körper tut weh.  
T: Das ist richtig.    
P: Mein Körper tut weh, und ich halte zurück.  
T: Das ist es, was weh tut ....  
P: (weinend) Ich halte zurück ... halte zurück ... tue weh ... aahhh .... Ich tue weh .... mein Körper tut weh.  
T: Nein, das denkst du ... und so hälst du zurück.  

154


Routinemäßiger Ausdruck ist dasselbe wie Denken anstelle von Fühlen. Nur bedeutungsvoller, gefühlter Ausdruck hilft einem Patienten, seine Abwehr zu fühlen. Es gibt viele Körpertherapien und Encounter-Therapien, die expressive Übungen anwenden wie "Kontakt-Machen" oder "Zurückhalten", und weil jeder Gefühle und Abwehrformen hat, die sich auf diese Ausdrucksweisen beziehen, rufen die Übungen etwas in den Teilnehmern wach. 

Das geschieht hier nicht. Der Therapeut ermutigt nur den Ausdruck, der hinter der Abwehr hervortritt; er schreibt dem Patienten keinerlei Ausdrucksform vor. Manchmal wird ein Therapeut Formen des Nicht-Ausdrucks (Abwehrübertreibungen) vorschreiben, damit dem Patienten das Unbehagen beim Abwehren deutlicher bewußt wird, wie es auch dieser Therapeut zu einem früheren Zeitpunkt in der Sitzung tat; aber er wird niemals Formen des Gefühlsausdrucks vorschreiben — die kommen ganz von selbst. Der Therapeut braucht nichts zu tun, als jedem Abweichen oder Verschieben entgegenzuwirken, die den Patienten vom vollen Ausdruck wegbringen.

P: Mein Daumen tut weh ... mein Daumen tut weh.  
T: Bring das richtig zum Ausdruck.  
P: Mein Daumen tut weh ... ich ... mein Daumen tut weh ...  
T: Halte nicht zurück, wenn du das sagst ... sag es wirklich ... sag es wirklich.  
P: Mein Daumen tut weh ... mein Daumen tut weh ... er tut wirklich weh ... genau da drinnen ... oh ... oh ... ohhh ... mein Daumen tut weh ... ohhh ... wirklich ....  
T: Sage das.  
P: Oh, mein Daumen tut wirklich weh ... tut wirklich weh ... tut wirklich weh ... oh ... oh ... er tut wirklich weh ... mein Arm tut wirklich weh.  
T: Du bist ganz verspannt ... laß das heraus ... sei wirklich sanft zum Schmerz in deinem Körper.  
P: (weinend) Mein Daumen tut weh.  
T: Das stimmt ?.. sage es sanft.  
P: (weinend) Mein Daumen tut weh...  
T: Stimmt ... du bist so hart mit dir selber ... du bist ganz verspannt ... du bist gegen deinen eigenen Schmerz verspannt ... sei sanft mit deinem Schmerz, sage es wirklich, wie du ihn fühlst.

155


Das Fühlen einer Abwehr muß schrittweise vor sich gehen: erstens die Abwehr erkennen; zweitens sich bewußt dafür entscheiden, die Abwehr zum Ausdruck zu bringen, ohne sie auszuagieren; und drittens den Schmerz des Abwehrens spüren. Hier ist der Patient eindeutig beim dritten Schritt, er fühlt den Schmerz, den seine Abwehr ihm zufügt. Von diesem Schritt aus ist er dicht daran, den Übergang in die Vergangenheit zu vollziehen, denn der Abwehrschmerz in der Sitzung hängt eng zusammen mit den ursprünglichen Schmerzen beim Zurückhalten seiner Gefühle in der Vergangenheit.

P: Oh, mein Daumen tut weh ... mein Daumen tut weh ... mein Daumen tut weh (schluchzend) ohhh ... mein Daumen tut weh ...  
T: Du bist wieder ganz verspannt. Gehe mit deinem Schmerz mit.  
P: (schluchzend) Gerade jetzt fing ich an, über diesen Traum nachzudenken, den ich letzte Nacht hatte, und mir wurde klar, daß ich so allein war. Alles, was ich hatte, war, immer nur mit einem Haufen Leute zusammen zu sein, die alle zurückhielten ... und sie hielten alle zurück (weinend) und in meinem Traum hielten sie alle zurück. 
T: Wer hielt immer zurück? Wer hielt immer zurück?  
P: (weinend) Ich dachte in der letzten Nacht an meine Freunde, die in meinem Traum vom Jesuitenorden vorkamen. 

 

Dritte Phase: Abreaktion, das Fühlen in die Vergangenheit erstrecken 

 

Hier findet eine natürliche Verschiebung des Fühlens in die Vergangenheit statt. Der Patient hat völligen Kontakt und Ausdruck in der Gegenwart hergestellt und ist jetzt bereit, dasselbe in bezug auf Personen aus seinem früheren Leben zu tun. Der Therapeut beginnt die Erinnerung für ihn in den Brennpunkt zu rücken, indem er Fragen stellt, die gefühlte Einzelheiten zutage treten lassen. Nur Einzelheiten können gefühlt werden. Gefühle betreffen spezifische Dinge. Halbe Gefühle sind Wörter — sie dringen in alle Lebens­bereiche eines Menschen ein. Er "fühlt sich schlecht" oder "fühlt sich mies" oder "fühlt sich aufgeschmissen", aber er fühlt nicht wirklich, was und wo und wie und warum er so ist, wie er ist.

Stimmungen wirken sich auf die Menschen aus; nur Gefühle können gelebt werden. Viele Menschen sind in bezug auf ihre Gefühle dumm und erkennen sie gar nicht richtig. Fragen Sie jemanden, wo er wohnt und wie seine Telefonnummer ist, und er wird sich "dumm" vorkommen, wenn er keine Antwort geben kann. Aber fragen Sie ihn, nach Einzelheiten seines Fühlens, und er wird sich mit einer all gemeinen Antwort und einem partiellen Fühlen begnügen.

156


In der Feeling Therapie verlangen wir, daß die Patienten ein ebenso exaktes Wissen davon halben, was in ihnen vorgeht, wie von dem, was um sie herum passiert.

P: Sie saßen alle an einem Tisch und redeten nicht einmal mit mir ... alle saßen da und guckten ... (schluchzend) redet mit mir ... Ich will, daß sie reden, und sie sitzen bloß da. Ich will, daß sie reden.  
T: Was wolltest du?  
P: Ich wollte-, daß sie mit mir reden.  
T: Hast du das im Traum gesagt?  
P: Nein, wir saßen alle an diesen Tischen und aßen, und mein Bruder saß neben mir, und ich erinnere mich an zwei von den Jungs, die rechts neben mir saßen, und sie waren nicht mal ... als ob ich nicht da wäre ... es waren Freunde von mir, die nicht mal richtig da waren, sie saßen bloß da, und wir aßen (schluchzend) ...  
T: Nun, was tut dir weh ... was tut weh, wenn sie ... nichts sagen?  
P: Ich weiß, im Traum, in meinem Traum dachte ich ...  
T: Das ist Zurückhalten.  
P: Ich dachte: "Was ist denn los, warum reden sie nicht? Wir dürfen doch reden." Ich weiß, daß wir reden durften, es war ein Sonntagsessen oder dergleichen.  
T: Als du im Jesuitenorden warst, bedeutete das für dich Zurückhalten?  
P: Ich habe immer alles zurückgehalten.  
T: Richtig, .das stimmt. Fühl das, sag es.  
P: (weinend) Es war immer nur ein Zurückhalten. Ich mußte alles' zurückhal ten.  
T: Sag das wirklich  
P: Ich habe das Gefühl, daß meine Hände taub sind.  
T: Stimmt.  
P: Sie fühlen sich dick an ... als ob ich Handschuhe anhätte ... ich konnte niemanden berühren,  
T: Richtig. Du müßtest zurückhalten.  
P: (weinend) Ich konnte niemanden umarmen ... Reden durfte ich, nur in den Pausen, und dann konnte ich in den Pausen nur mit bestimmten Leuten reden.  
T: Was durftest du nicht mit deinen Händen tun? Fütil nur jetzt diese Taubheit.

157


P: (schluchzend) Ich durfte- niemanden berühren ... ich durfte niemanden berühren ... ich konnte nach niemandem die Hände ausstrecken ... ich durfte niemanden erreichen ... ich will nur berühren.  
T: Werd' nicht hart. Fühle einfach den Schmerz in deinen Händen.  
P: Oh, ich habe das Gefühl, als wären meine Hände Wachs. Sie werden mit Wachs nach unten gehalten.  
T: Sieh dich wieder dort. War da jemand, den du berühren wolltest? ... erinnerst du dich an einen von ihnen?  
P: Ja in meinem Traum war es Tom Baxter.  
Ti Nein, an was erinnerst du dich von den Jesuiten? Mußtest du alles zurückhalten?  
P: Ich durfte keinen berühren ...  
T: Sage das.  
P: Ich durfte keinen berühren ... ich durfte keinen berühren .  
T: Was für ein Gefühl hast du in deinen Händen?  
P: Taub ... meine Hände fühlen sich taub und steif an. Sie fühlen sich richtig steif an. Sie fühlen sich richtig steif an. Sie fühlen sich an, als wären sie aus Holz. Sie sind taub und steif.  
T: Du bewegst sie zu schnell ... bewege sie ganz langsam ... deine Finger ... strecke deine Finger von dir weg ... dreh sie weg ... jetzt bewege sie ganz langsam ... fühle den Schmerz in den Händen.  
P: Sie sind taub ... sie sind wirklich ...  
T: Is.t das ein gutes Gefühl?  
P: Nein ...  
T: Sage das.  
P: (weinend) Es ist kein gutes GefüM ... es ist kein gutes Gefühl.  
T: Ist es ein gutes Gefühl, die Hand nicht auszustrecken?  
P: Nein.  
T: Was für ein Gefühl hatte man also bei derv Jesuiten? 1  
P: Ein schlechtes Gefühl..  
T: Sage das.  
P: Ein schlechtes Gefühl ... ein wirklich schlechtes Gefühl. Und niemanden zu berühren ... ein Spielkamerad von mir war mit mir zusammen im Jesuitenorden. Ich durfte nicht einmal Tommy berühren. Wir waren zusammen aufgewachsen. Ich hatte drei vierjährige Spielgefährten. Ich durfte nicht einmal Tommy berühren. Ich pflegte viel von ihm zu träumen.  

158


T: Richte deine Finger auf Tommy, aber du darfst ihn nicht berühren. Fühle jetzt, wie es ist, wenn man es nicht zu Ende führt, und wie du ihn vermißt.  
P: (schluchzend)  
T: Richte deine Hände auf Tommy.  
P: Sie sind irgendwie ... irgendwie taub.  
T: Ist das ein gutes Gefühl?  
P: Nein. Ein schlechtes.  
T: Sage es nicht so hart.  
P: Es ist ein schlechtes Gefühl.  
T: So ist's recht.  
P: Ein schlechtes Gefühl.  
T: Sieh Tommy an.  
P: (schluchzend) Ohhh ... Mein Daumen fängt wieder an, weh zu tun ... er tut wirklich weh ... da drinnen tut mein Daumen weh ... er ist ganz kalt ... er tut weh.  
T: Geh wirklich mit deinem Fühlen bis.'zu- Ende mit. Er war ein Freund, seit ihr ganz klein wart ... das hätte es da sehr viel leichter machen können, nicht wahr? Wenn du ihm hättest nahe sein können.  
P: Ich versuchte, mit ihm zu reden, aber sie hatten ihn wirklich im Griff. Ich habe manchmal mit ihm über die alten Zeiten gesprochen, dann hat er es jedesmal verpetzt ... wir wurden verpetzt, wenn wir über alte Zeiten sprachen, wenn wir es nicht durften ... (weinend)  
T: Das ist also der Grund ... und du hast versucht, trotzdem deinem Gefühl zu folgen?  
P: Ich wollte es ... ich versuchte es oft, und zuletzt landete ich in irgendwelchem Unsinn und wurde deswegen gemeldet ... ich hätte gegen die Regeln der Bescheidenheit verstoßen und das Schweigegebot gebrochen ... und ich hätte gegen die Regeln der Berührung "verstoßen.  
T: Aber was hast du versucht zu tun?  
P: Ich wollte die Hand ausstrecken ....   
T: Richtig.  

Hier könnte man dem Therapeuten vorwerfen, daß er den Patienten dirigiere oder lenke. Aber er führt ihn nicht zu etwas Äußerem hin, sondern hilft ihm nur, zu fühlen, was in seinen eigenen Aussagen verborgen ist. Feeling-Therapeuten sind weder direktiv noch non-direktiv; sie reagieren aufgeschlossen und das kann beide Extreme, sowohl direktives wie auch non-direktives Verhalten bedeuten. 

159


Die Frage nach direktivem oder non-direktivem Verhalten ist ein unechtes Problem, als Folge einer mangelnden Unterscheidung zwischen Selbst-Berichten und Selbst-Ausdruck. Ein Therapeut, der aufgeschlossen reagiert, tut alles, was er kann, um einen Patienten vom Berichten zum Ausdrücken zu bringen — und das kann ein Übermaß an direktivem Verhalten einschließen, zum Beispiel: "Sag' es oder verschwinde!" Aber wenn ein Patient seine Gefühle ausdrückt, braucht der Therapeut nur anwesend zu sein, um ihm zu helfen, bei seinem Fühlen zu bleiben. Er hält den Ausdruck der Gefühle in Gang, lenkt ihn aber nicht.  

P: Ich wollte John berühren. Ich wollte so viele Jungen berühren, Leute, die ich mochte, wie Tom ... (schluchzend)  
T: Aber fühle den Schmerz in deinen Händen, fühle sie, denn da tut's weh, und du konntest sie nicht ausstrecken.  
P: Ich habe das Tonbandgerät bemerkt.  
T: Merke, wie hart du klingst, wenn du das sagst. Das ist genau eine Art, nicht durchzuziehen ... nur für dich ... für dein Gut-Sein und Gut-Fühlen. f  
P: Ohhh ... ohhh ... es tut mir leid, ich bin jetzt irgendwie hart ... ich fühle nichts.  
T: Stimmt.  
P: Mein Daumen tut wirklich weh.  
T: Okay, was ist das für ein Gefühl, wenn du hart wirst?  
P: Dann i st mir kalt.  
T: Ist es ein schlechtes Gefühl?  
P: Nein» mein, Körper wird kalt ... kalt.  
T: Dir ist kalt? Wie kommt's ... sag mal, wie war das, wenn du immer zurückhieltest ... Tu die Hände runter ... tu die Hände so runter, aber halte sie weiter ausgestreckt.  
P: Ach, das war schlimm, sehr schlimm .... ich hielt alles zurück. Und gab mich einfach Tagträumen hin. Ich weiß nicht, dachte bloß über alles mögliche nach.  
T: Ungefähr das, was du jetzt auch tust ... verlierst jetzt gerade ein bißchen den Kontakt mit dir selbst.  
P: (weinend)  
T: Was war das? Was ist dieser kleine Schmerz?  
P: (weinend) Ich dachte daran, daß ich Stunden damit verbrachte, über alles mögliche nachzudenken ... dummes Zeug, stundenlang.  
T: Das stimmt ... wegen dem, was wirklich in deinem Körper vorging? Was ging wirklich in deinem Körper vor?

160


P: Nichts. Alles war in meinem Körper angehalten.  
T: War das ein gutes Gefühl?  
P: Nein, scheußlich.  
T: Mach den Mund auf. Komm her und lehne dich zurück. Sag es richtig.  
P: Es war ein scheußliches Gefühl ... ein scheußliches Gefühl.  
T: Aber sei nicht hart mit dir.  
P: Oh, ich weiß nicht, wie ich sanft sein soll ... Ich weiß im Moment nicht, wie ich sanft sein soll.  
T: Doch, du weißt es, doch, du weißt es. Sei sanft mit deinem Körper.  
P: (weinend)  
T: Sieh Tommy wieder an ... strecke ihm deine Hände entgegen.  
P: (schluchzend) Oh, ich fing an zu denken und stieg aus ...   
T: Okay, geh wieder dahin zurück ... geh wieder dahin zurück. ...  
P: Ich erinnere mich, als Tommy und ich klein waren (weinend) und wir ... und er wohnte fast nebenan ... er wohnte direkt hinter mir (schluchzend). Wir spielten im Sandkasten und backten Kuchen ... und dann durften wir uns nachher nicht mal berühren ... wir durften uns nicht an den Händen halten ... wir durften nicht einmal die Hände des anderen berühren. Ich durfte ihm nicht übers Haar streichen und fragen: "Wie geht's Tommy?" Ich mußte mit Bruder Samuels gehen. Ich durfte nicht mehr mit Tommy gehen. Es war mein alter Freund Tommy. Es ist Bruder Samuels.  
T: Und wo tut dir das weh?  
P: (weinend) Es tut mir in der Brust und in den Armen weh.  
T: Fühle es richtig ... so ist's recht ... fühle es da ... fühle diese Leere.  
P: (schluchzend und dann hustend) ...  

Abreaktion geht wie die Gegenaktion schrittweise vor sich. Die einzelnen Stufen folgen dabei nicht ganz regelmäßig aufeinander, so daß manchmal auf die erste Stufe nicht die zweite folgt; vielmehr springt der Patient zur dritten Stufe und zurück zur ersten und so weiter. Folgerichtig ist nur die Vertiefung des Gefühlsausdrucks. Auf der ersten Stufe der Abreaktion wird gefühlt, wie die Abwehr, die in der Gegenwart angewandt wurde, sich in der Vergangenheit entwickelt hatte; beim zweiten Schritt wird der Impuls hinter dieser Abwehr gefühlt, und er und nicht die Abwehr wird zum Ausdruck gebracht; beim dritten Schritt wird zugelassen, daß sich die Impulse stärker entwickeln, als sie es in der Kindheit taten. 

161


Wir verändern die Vergangenheit des Patienten beim dritten Schritt nicht; wir ermöglichen den Impulsen, die sich nie ganz entwickelten, zum Bewußtsein und zum Ausdruck zu gelangen. Tatsächlich ist der Patient noch ein Kind im Bereich der unvollständigen Gefühle, denen in seiner Vergangenheit Einhalt geboten wurde. Wir brauchen seine Vergangenheit in der Therapie nicht zu ändern; wir müssen ihm nur ermöglichen, zu wachsen. 

In diesem Abschnitt der Aufzeichnungen findet eine Vor- und Rückbewegung zwischen dem ersten und dem zweiten Schritt der Abreaktion. Beachten Sie, daß der Patient in der abreaktiven Phase einer Sitzung nicht ohne Abwehr ist, aber sie ist viel kindlicher und nachgiebiger.

T: Schluck das nicht hinunter ... Was hast du gerade gefühlt?  
P: Ich dachte an Dave, mit dem ich in der Oberschule zusammen war. Wir waren gute Freunde, und Dave wurde im Jesuitenorden ganz unzugänglich. Er wollte einfach unbedingt ein Heiliger werden. Er war der sittenstrengste Junge der ganzen Klasse.  
T: Bist du bei ihm beharrlich geblieben?  
P: Nein, mit Dave konnte man nicht mal reden ... er war so ernsthaft. Er war so ernsthaft.   
T: Und wo fühlst du das?  
P: Ich fühle das im Kiefer. Da fühle ich s. Ich presse sie zusammen.  
T: Okay, laß ihn locker und laß das heraus.  
P: (weinend)  
T: Gut so, laß ihn locker. . /  
P: (schluchzend)  
T: Mach ihn auf.  
P: (schluchzend)'  
T: Mach ihn auf ... was geschah damals mit deinem Körper?  
P: Ich mußte alles zurückhalten.  
T: Stimmt, alles. Alles.  
P: Weißt du, ich war die ganze Zeit in der Oberschule mit Dave zusammen, und wir waren gute Freunde, und nun redete er nicht mal mehr. Er sah niemanden an. Er sah mich nicht an. Er ging durch die Flure und hatte die Augen fest auf den Boden geheftet.  
T: Du sagst das so, wie Dave es sagen würde. Aber wie wirkte sich das auf dein Fühlen aus? Was fühltest du dabei? Wolltest du, daß er so war?  

162


Es besteht ein großer Unterschied zwischen aufrechterhaltener Retrogression und momentaner Retro­gression. Dieser erfahrene Patient hat viele Augenblicke wie diesen, in dem er sich kurz von seinen Gefühlen entfernt, aber er wirkt diesem retrogressiven Schritt gleich selbst entgegen oder akzeptiert die von seinem Therapeuten angebotene Gegenwirkung. Von neueren Patienten wird defensives Nicht-Ausdrücken oder partielles Ausdrücken viel länger beibehalten, gewöhnlich durch einen Wechsel von einer Art Retrogression zu einer anderen, bis der Betreffende jedes Gespür dafür verliert, wohin sein Gefühlsausdruck gehen könnte. Die häufigste Methode, die Retrogression beizubehalten, ist, die Abwehr zu verteidigen, zum Beispiel: "Ich kann nichts anderes tun" oder "Ich weiß nicht, was du meinst" oder "Ich fühle es einfach nicht", statt die erste Gegenmaßnahme gegen die erste Abwehr zu akzeptieren. Diese Art pyramidenförmig aufgebauter Retrogression kommt bei diesem erfahrenen Patienten fast nie vor.

P: Nein, ich wollte nicht, daß er so war.
T: Wie wolltest du ihn haben?
P: Ich wollte, daß er warm und freundlich war, lachte und Spaß machte und mir den Arm um die Schultern legte.
T: Wie fühlst du dich innerlich, wenn er es nicht tut?
P: (weinend) Verletzt und einsam ... verletzt und ganz allein ... Ich war wirklich verletzt. Ich fühlte mich wirklich schlecht.
T: Richtig.
P: (schluchzend) Ich fühlte mich wirklich schlecht. Richtig schlecht ... Ich dachte ...
T: Bist du bei ihm beharrlich geblieben?  
P: Nein, ich konnte bei keinem beharrlich bleiben. Es war gegen die Regeln, doch dabei zu bleiben ... Verstehst du denn nicht, wir hatten die Regel 32.
T: Nein, was war die Regel 32?  
P: Man sollte niemanden berühren, man darf niemanden berühren.
T: Sag' das.
P: Niemand darf einen anderen berühren außer mit einer freundlichen Geste der Begrüßung oder des Abschieds, wenn jemand kommt oder das Haus verläßt.
T: Was für ein Gefühl ruft das bei dir hervor? Nicht ganz mit deinem Körper mitzugehen? Jedesmal, wenn du jemanden siehst und darfst ihn nicht umarmen, gehst du nicht ganz mit deinem Körper mit ... Was für ein Gefühl ruft das hervor?
P: Das bewirkt, daß meine Hände kalt und taub werden ... es ist ein schlechtes Gefühl.  

163


Aus diesem Gespräch können wir heraushören, daß der Patient die spezifischen Folgen seiner Abwehr ("meine Hände werden kalt und taub") fühlt. Auch tut er in der Therapiesitzung etwas, was er früher im Leben, nicht zu tun vermochte (die Hand ausstrecken). Das ist eine kleine Abreaktion, aber eine entscheidend wichtige. Dieser Typus der Abreaktion kann mit dem Vorstellen von Szenen verglichen werden, die in der Schreitherapie, Primärtherapie und Hypnotherapie berichtet werden. 

Bei vorgestellten Abreaktionen schauspielert der Patient gewöhnlich. Obwohl die vorgestellten Szenen oft dramatisch sind und vorübergehend Entspannung bewirken können, tragen sie nichts zur Umwandlung der Gefühlsebene des Patienten bei. Der Patient ist gewöhnlich außerhalb von sich, und er stellt sich sein Leben vor, statt innerlich von sich aus seinen Gefühlen heraus zu reagieren. 

Nur in der Vorstellung vorhandene Abreaktionen sind gewöhnlich Pseudo-Abreaktionen; sie unterscheiden sich auf zweierlei Weise von integralen Abreaktionen: 1) bei Abreaktionen, die das vorgestellte Gefüh-1 in Szene setzen, fühlt der Patient seine eigene Abwehr nicht, sondern umgeht sie; 2) die Bedeutungen And Äußerungen sind generalisiert und nicht spezifisch. Bei den absurdesten Inszenierungen, etwa in der Schreitherapie, wird den Leuten bloßgesagt, sie sollen brüllen: "Mammi , tu mir nicht weh", oder "Pappi, hilf mir", ohne jeden dem Zusammenhang entsprechenden Szenenaufbau.

Die Feeling-Therapie ist eine expressive Therapie, die sich bemüht, spezifische Ausdrucksformen, Empfindungen und Bedeutungen aus dem Leben des Patienten miteinander in Einklang zu bringen. In dieser Beziehung unterscheidet sie sich von den Körpertherapien (wie die Bioenergetik), die jeweils eignen generalisierten Körperausdruck hervorrufen und von Primär-Therapien, die generalisierte Bedeutungen und Empfindungen wachrufen.

T: Sag es so, da£ es sanft klingt ... so, wie du es fühlst, wenn du Tommy die Hände entgegenstreckst ... streck die Hände aus, streck sie Tommy entgegen.  
P.: (hustend) .... .  
T: Streck sie Tommy entgegen ... Was fühlst du dabei?  
P: Ich fühle eine Taubheit. Ich fühle meine Arme bis hin zu den Handgelenken, und dann kommt es mir vor, als hätte ich Handschuhe an ... wie dicke Micky-Maus-Handschuhe ... (weinend) ... ich kann es kaum fühlen, daß du. mich berührst, und das macht mich traurig ...  

164


 

Vierte Phase: Proaktion, Hin und Her zwischen Vergangenheit und Gegenwart

 

Wichtig ist in der vierten Phase, daß die Gefühle des Patienten die Oberhand haben und er beginnen kann, neue Ausdrucksformen mit Gefühlsimpulsen zu verknüpfen, die in der Vergangenheit blockiert waren.

T: Richtig ... bring das heraus   
P: (schluchzend) Das macht mich traurig ... (weinend) ... Geh nicht weg ... Ich kann das kaum fühlen. Ich möchte, daß du das noch weiter tust.  
T: Streck die Hand richtig aus ... denn meine Hände sind noch da.  
P. (schluchzend) Ich fing an zu denken ... (weinend) ...  
T: Weil es zu weh tut. Was hast du gefühlt?  
P: (weinend) Ich hatte niemanden, den ich berühren konnte.  
T: Stimmt.  
P: Niemanden- ... (weinend) ... Ich wurde verrückt, weil niemand da war ... (innehaltend) Ich fange an zu denken ... ich weiß- nicht ... Ich begann zu denken.  
T: Was hast du gefühlt? Was hast du gefühlt? Was tut so weh?  
P: Ich war weg ... ich war weg ...  
T: Was tut so weh? Was fühlst du jetzt? Was fühlst du?  
P: Ich fühle, daß deine Finger meine berühren.  
T: Richtig. Das ist so schmerzhaft, daß du zu denken anfangen mußtest.  
P: Ich bin noch in meinem Kopf ... ich fühle.  
T: N e i n .  
P: Mir ist kalt.  
T: Konntest du Tommy überhaupt berühren?  
P: Nein, ich konnte Tommy nicht .berühren.  
T: Richtig. Konntest du ihn so berühren?  
P. Ich wollte es so sehr ... weißt du . .. ich wollte es so sehr (weinend) .. .  
T: Und wenn ihr euch gegenübergestanden und an den Händen gehalten hättet?  
P: (weinend) Das wäre ein so schönes Gefühl ... (schluchzend) ... sich berühren ... Wärme ... sich berühren ...  
T: Sage es Tommy.  
P: (schluchzend) Es tut weh, dich meine Hände berühren zu lassen ..... gerade als ob wir uns an den Händen hätten halten können ... (schluchzend)  

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Dieser Abschnitt der Aufzeichnungen zeigt, daß Phasen der Vervollständigung eines Gefühls nicht als genau irreversibel angesehen werden sollten. Hier bewegt sich der Patient zwischen proaktivem Ausdruck dem Therapeuten gegenüber und abreaktivem Ausdruck Menschen aus seiner Vergangenheit gegenüber hin und her. Auf dem Tonband sind die beiden verschiedenen Ausdrucksarten genau zu unterscheiden, weil der Patient abwechselnd wie ein Erwachsener und wie ein Kind klingt.

T: Fang nicht an zu denken. Fang nicht an zu denken. Fühle nur, wie weh der Verlust von soviel Kontakt getan hat.
P: (seufzend) ... oh, mein Hände sind kalt (schluchzend). Wir werden nie miteinander warm werden ... rühr mich nicht an, Tommy ... ich will nicht weh tun ... Berühr mich ... ohhh ... (weinend) ... oh, ich tue weh. Ich möchte warm zusammen sein mit dir hinter dem Baum. Als ob sie nicht einmal meine Hände wären. Meine Hände wurden mir weggenommen.
T: Nicht ganz. Tu das einzige, was sie dich mit deinen Händen tun ließen.
P: (schluchzend) die Hände wie beim Gebet?
T: Was fühlst du dabei?
P: Das fühlt sich nach nichts an.
T: Das haben sie dir gegeben.
P: Ja, ich weiß, daß sie da sind, aneinander gepreßt. Ich dachte, sie würden mich mit meinen Händen gesegnet sein lassen, beten und meine Hände Gott geben lassen ...
T: Richtig ...
P: Und mich ijn meine Hände weinen lassen ... aber wir durften uns nicht berühren ...
T: Aber wofür sind Hände da?
P: Sie sind da zum Berühren.
T: Sage es ihnen.
P: (weinend) ohhh . . .
T: Wofür sind sie da?
P: Hände sind zum Berühren da ... (weinend) Hände sind zum Berühren da. Hände sind zum Berühren da. (schluchzend) Hände sind zum Berühren da.
T: Meine Hände ...
P: Meine Hände sind zum Berühren da ... Hände zum Segnen ... Hände von Priestern werden gesalbt (weihend) ... sie sind nicht zum Festhalten und Streicheln und Lieben da (schluchzend) ....  

166


T: Wie würden sie dich deine Hände benutzen lassen? Zeige einige der Bewegungen ...  
P: Ja, so ... 
T: Fühlst du dabei etwas? 
P: Nein.  
T: Mach es ganz langsam ... fühlst du dann etwas? Was noch?   
P: Nein.  
T: Mach es andersherum ... Ist das ein gutes Gefühl? 
P: Nein, das ist bloß eine Bewegung.  
T: Richtig. Was ließen sie dich sonst noch mit deinen Händen tun? 
P: Geißeln ... (weinend) 
T: Ist das ein gutes Gefühl?
P: (schluchzend) Nein, es ist kein gutes Gefühl, sich selbst zu geißeln.  
T: Was ließen sie dich sonst noch ...  
P: Ich kann diese Frage kaum beantworten ... diese Frage kann ich kaum beantworten.  
T: Was ließen sie dich sonst noch mit deinen Händen machen?  
P: Noten schreiben.  
T: Ist das ein gutes Gefühl?
P: Nein ... ich bekam immer Krämpfe im Arm vom Schreiben ... wir mußten jeden Sonntag zwei Stunden lang schreiben ...
T: Also was glaubst du, ganz tief in dir, wofür Hände wirklich da sind? \.
P: (seufzend) Sie sind zum Berühren da ... sie sind zum Durchhalten da. Zum Ausstrecken und Durchhalten sind sie. da. Um richtig zu greifen.
T: Durchhalten heißt also, das zu tun, was du wirklich willst  
P: Stimmt. Denn ich tue nie, was ich überhaupt wirklich wollte.
T: Das ist richtig.
P: Hab nie getan, was ich überhaupt wirklich wollte.  
T: Du hast deinen ganzen Körper weggegeben.  
P: Ja, das stimmt. Ich gab meinen Körper weg.  
T: Fü.hle, wie schlimm es ist, deine Hände wegzugeben.  
P: Meine Hände fühlen sich immer noch an, als ob sie nicht ganz meine wären ,,. als ob ich ...

167


T: Was mußt du tun, damit sie sich anfühlen, als ob sie deine wären?  
P: Nun ja, manchmal denke ich, ich sehe Karens Brüste an, und dann will ich Karen wirklich richtig berühren.  
T: Was kannst du gleich jetzt tun, um deine Hände wirklich zu haben?  
P: Hm ... ich ... ich ... mein Daumen ist wirklich kalt.  
T: Was kannst du gleich jetzt tun? Wofür sind deine Hände da?  
P: Sie sind zum Berühren da, nehme ich an.  
T: Nimmst du an? Das ist Zurückhalten.  
P: Nein, sie sind wirklich zum Berühren und Ausstrecken da.  
T: Nach wem kannst du sie also jetzt ausstrecken?  

Es ist wichtig zu verstehen, daß selbst die einfachste Bewegung, wenn sie mit vollem Gefühl ausgeführt wird, neu und schwierig sein kann. Dieser Patient fordert Teile von sich zurück, die in der Vergangenheit nicht entwickelt waren. Innerhalb des Gefühlszyklus bezeichnen wir diesen Vorgang als Proaktion — der Patient tut etwas in der Gegenwart mit Gefühlen aus der Vergangenheit und der Gegenwart.

In unserer Theorie besteht der Unterschied zwischen Veränderung und Transformation darin, daß der Patient, wenn er sein Fühlen in die Gegenwart zurückbringt, sein Gefühlsniveau erhöht. Dieses neue Gefühlsniveau lenkt weiterhin sein Handeln außerhalb der Sitzung.

Weil ein Patient nicht alle seine Abwehrformen und blockierten Gefühle auf einmal empfinden kann, hat er weiterhin seine Abwehr und Unsinns-Schichten, auch nachdem er einen Gefühlszyklus in einer Sitzung vollendet hat. Aber er ist offener und reagiert aufgeschlossener als zuvor, weil ein ganzer in Unordnung geratener Bereich in seinem Körper geordnet und von der Vergangenheit befreit wurde. Der Patient ist von einer bestimmten Blockierung seines Fühlens befreit und lernt Ordnung statt Verwirrung kennen; jedes Freiwerden von Gefühlen ruft eine spezifische und eine allgemeine Wirkung hervor. Beide sind Wichtig. Der Patient wird die Aufhebung dieser bestimmten Blockierung nur aufrechterhalten können, wenn er später all seinen spezifischen Abwehrformen, mit denen er zurückhält, entgegenwirkt und sie hinter sich läßt, wie in dieser Sitzung. Er wird nur den Sinn für Ordnung und Vollständigkeit behalten, wenn er diesen Sinn als seinen inneren Wegweiser benutzt, wie er leben soll, statt zu alten Ebenen der Verwirrung zurückzukehren.

168


P: Ich kann meine Hand nach dir ausstrecken. Ich. kann dich berühren.  
T: Ich möchte, daß du dich umdrehst. Setz dich auf. So ist's recht.  
P : (weinend) ...  
T: Ganz langsam.  
P: (weinend und schluchzend) ...  
T: So ist's recht.  
P: (schluchzend, hält dann inne, um die. Nase zu putzen) ...  
T: Okay, mach dir keine Gedanken um deine Nase. Komm jetzt, bekomm' jetzt wirklich deine Hände zurück. Da ist noch so viel mehr, mach es jetzt wirklich langsam.  
P: Ich kann kaum da bleiben ... ich denke ...  
T: Ich weiß, das stimmt. Denke nicht. Fühle nur wirklich mit deinen Händen. Was fühlen sie?  
P: (weinend) Sie fühlen weiche und warme Haut ... das ist so gut (schluchzend) ...  
T: Geh nicht weg.  
P: Ich tu's aber ... ich geh weg.  
T: Das stimmt. Sag, was du jetzt fühlst, was ist alles, was du tun mußt.  
P: Ich weiß es gar nicht ... es ist einfach ein gutes Gefühl ... ein gutes Gefühl ...  
T: Was fühlst du?  
P: Daß ich deine Arme berühre und deine Schultern ...  
T: Fühle das ... mach nicht zuviel ... fühle jetzt mit den Fingerspitzen ... entdecke richtig ... bekomm deine Hände wieder.  
P: Ich dachte gerade daran, als ich ein Kind war ... ein kleiner Junge ... (weinend)  
T: Kannst du deine Hände fühlen, wenn du von der Zeit .sprichst, als du ein kleiner Junge warst?  
P: Hm ... ich weiß nicht ... ich ...  
T: Fühle, was du gerade jetzt tust.  
P: Ich kann meine Fingerspitzen fühlen ... die Enden, die Ballen meiner Finger und die Unterseite meiner Finger.  
T: Hmm, und was fühlst du?  
P: Das Haar auf deinen Armen ...  
T: Eine andere Person hier.  

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P: Und Haut, sie ist warm ... deine Haut ist warm ... du bist warm. 
T: Was war das?  
P: (weinend) Ich hab hingesehen. 
T: Sieh weiter hin. 
P: (weinend) 
T: Sieh dir an, was du fühlst.
P: Ich hatte die Augen geschlossen, ich konnte nur fühlen, daß ich warme Haut fühle ... (schluchzend)
T: Nun sieh dir an, was du fühlst.
P: (schluchzend)
T: Sage, was du siehst.
P: (schluchzend)
T: Sage, was du siehst.
P: (weinend) . . .
T: Mach die Augen auf.
P: (schluchzend) Ich sehe Lee ... Ich sehe einen Menschen ... ich sehe Lee ... ich sehe Lee ... (schluchzend)
T: Sieh weiter hin.
P: (schluchzend) Ich sehe dich ... ich sehe ... ich sehe ... wenn ich das sag'e, muß ich noch mehr weinen (weinend)
T: Sieh mich immer an. Sieh, wo deine Hände sind, damit du siehst, was deine Hände berühren.
P: (weinend) Wenn ich genau hinsehe, ist es, als müßte ich wirklich hingucken, um zu sehen, daß es meine Hand auf deinem Arm".ist (weinend), es kommt mir wie ein Bild vor ... es kommt mir seltsam vor.
T: Hmm ... sieh nur hin und hole soviel Realität heraus wie du kannst. Versenke dich wirklich in das, was du tust.
P: (weinend und ein paar Minuten berührend) Ich fange an, über etwas nachzudenken und dann zu meinen Händen zurückzugehen ...
T: Du brauchst nur hinzusehen ... Du brauchst nur an das zu denken, was du siehst. Dann brauchst du dir keine Sorgen zu machen, daß du abschweifst. Denk nur an das, was du siehst.
P: (weinend) ...
T: Darum schweifst du ab ... es tut weh, das zu erfahren ... jetzt geh da ganz durch. Sieh deine Hände, an und gehe wirklich durch.
P: Ich weiß nicht, was du meinst.

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T: Was wollen deine Hände tun?  
P : (wei nend) ...
T: Sieh sie an ... sieh sie an ... sieh dir dieses Bedürfnis in den Händen an ... komm ... geh da wirklich durch. Sieh sie an ... was sind sie? ... richtig ... sieh dir das an. Sieh dir das an. Richtig.
P: (schluchzend) ...
T: Geh nicht weg ... jetzt sieh sie dir richtig an und bleib wirklich dabei. Sieh sie dir an. Sieh dir an, was sie tun. Was haben sie vorher getan?
P: Sie haben festgehalten. Sie haben wirklich festgehalten, Sie haben richtig berührt ... sie haben richtig gefühlt (weinend), sie haben vii f kl ich' gefühlt.
T: Sie werden vertraut damit, nicht wahr? Fühle nur, wie sehr du das mit diesen .Händen willst.
P: (schluchzend) Ich ... ich gehe weg ... ich kann das nicht alles fühlen .
T: Das ist Weggehen ... dasselbe tun, statt zu dem zurückzugehen, was du fühlen kannst, ist nicht dabeibleiben ... Sage das nicht ... geh zurück zu dem, was du fühlen kannst. Hast du Angst bekommen?  

Jetzt beginnt der Patient, sich fühlend jeder kleinen Einzelheit dessen, was er tut, bewußt zu sein. Der Therapeut fördert das, um das gegenwärtige Gefühl zu verstärken; er hilft dem Patienten jetzt die Kontinuität des Fühlens, die zur Integration notwendig ist, aufrechtzuerhalten. Beachten Sie, daß das Offensein nicht bedeutet, ohne Angst oder Abwehr zu seih. Es bedeutet, jede kleine Entfernung von der gegenwärtigen Realität (Gefühlsverwirrung) zu bemerken und nicht innerlich wegzugehen. Viele Leute kommen zur Therapie- und glauben, sie würden nachher nur "gute Gefühle" haben und brauchten nie wieder ängstlich oder wütend zu sein. Natürlich ist das Gegenteil wahr. Ein offener Mensch fürchtet sich jedesmal, wenn es etwas zu fürchten gibt, und jedesmal, wenn ein altes beängstigendes Gefühl wachgerufen wird. Der Unterschied ist nur, daß sie diese Gefühle eingestehen und sie auseinanderhalten kann und durch sie nicht verwirrt wird.

P: Ja ...  
T: Dann sage das ... sage es.  
P: (weinend) Ich hatte Angst, mein Bart würde dich kratzen.  
T: Nein, das ist bloß ... du hast einfach Angst ... weißt du, ich werd's dir sagen. Du gehst aus dir heraus, und dann bleibst du nicht dabei .... Dein Bart wird mich kratzen. Da machst du dir Sorgen "über mich ... ja ...  
P: (weinend) ...  

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T: Kannst du fühlen, wenn ich gekratzt werde?  
P: Ah, hmm ... ich kann es fühlen, wenn dein Bart mich kratzt.  
T: Du kannst es also nur fühlen, wenn mein Bart dich kratzt. Stimmt s?  
P: Stimmt.  
T: Stimmt. Du kannst es nicht fühlen, wenn dein Bart mich kratzt, nicht wahr?  
P: Nein ... (weinend)  
T: Richtig. Und du kannst dabeibleiben, wenn es das ist, was du tun willst. Bleib dabei. Geh ganz hindurch.  
P: (ein paar Augenblicke weinend und schluchzend) ...  
T: Bist du gerade ein bißchen weggegangen?  
P: Ja, mein Bein fängt an zu kribbeln, weil ich so sitze.  
T: Na, was willst du da tun?  
P: Ich will meine Beine auf die andere Seite legen (weinend ) Oh ...  
T: Was ist das?  
P: Weißt du, ich habe dich berührt ... ich habe eine Person berührt ... Ich habe einen Körper berührt.  
T: Richtig. Was wolltest du da wirklich tun?    

 

Fünfte Phase: Reintegration  

 

Hier findet eine gelinde Verschiebung statt, um die Gefühlseinsichten der Sitzung zu vereinigen. Der Patient versucht nichts zusammenzufassen; er ist an diesem Punkt integriert genug, um für sich selbst in der Gegenwart zu sprechen, ohne in die Regression zurückzufallen. Psychotherapeutische Einsichten sind über Gefühle, aber um nützlich zu sein, müssen sie aus dem Fühlen hervorgehen. Verstandesmäßige Einsichten tragen wenig zur Veränderung bei, denn die Person fühlt die Konsequenzen nicht, wenn sie nicht das tut, was sie weiß. Nur affektive Einsichten haben Konsequenzen.

P: (weinend) Ich dachte daran, als ich in Seattle Philosophie studierte ... daß ich immer versuchte, Kontakt zu bekommen, wenn ich dem: Priester zuhörte, der mit mir sprach. Er war wirklich ein guter Mensen, wirklich ein warmherziger Mann. Er pflegte mit mir zu reden und wirklich davon zu sprechen, ich sollte versuchen, es zu-be-greifen, aber allen Kontakt, den ich erhalten konnte, war aus seinen Worten ... Ich hörte Jim reden (weinend), ich hörte ihm zu, und er war so freundlich ...

172


T: Aber was hast du wirklich davon gehabt? Bist du bei deinem Gefühl geblieben?  
P: Nein.  
T: Also was hast du dann gefühlt?  
P: Ja, als ich aufhörte, mit ihm zu reden, da fühlte ich mich wirklich allein ... ich fühlte mich wirklich allein.  
T: Wärest du dir damals deines Körpers bewußt gewesen, was glaubst du, empfindet man, wenn man nicht mit seinem Gefühl voll mitgeht?  
P: Es ist ein schlechtes Gefühl. Man ist verspannt. Ich war so verspannt, daß ich nachts nicht schlafen konnte.  
T: Richtig.  
P: Ich lag die ganze Nacht wach (weinend) ...  
T: Richtig, weil du den ganzen Tag zurückgehalten hattest, da mußtest du auch die ganze Nacht zurückhalten. 
P: (weinend) Mein Körper tat so weh, als ich da Philosophie studierte. Ich wurde ganz krank ... ich bemühte mich zwei oder drei Nächte und konnte nicht schlafen. Und ich mußte ins Krankenzimmer gehen, und der Bruder gab mir dann eine Spritze, damit ich schlafen konnte ... bloß damit ich schlafen konnte ... mein Körper wollte unbedingt jemandem nahe sein ... und ich hatte all diese homosexuellen Phantasien, weißt du, aber ich wollte sie nie ausagieren, das wollte ich nie tun, aber ich dachte, ich wollte mit jemandem schlafen, wie einer der Brüder dort.
T: Aber was wolltest du wirklich?
P: Ich wollte jemanden berühren ... ich wollte berührt werden.
T: Das ist alles, was du wolltest ... das ist alles.
P: (schluchzend) Ich wollte berührt werden ... ich wollte berührt werden. Ich wollte jemandem nahe sein ... Ich möchte irgendwie auch darüber nachdenken, was mir widerfuhr ... Ich will jetzt nicht voll da sein (weinend)
T: Was denkst du gerade jetzt?
P: Ich dachte an deine Finger.
T: Richtig ... das ist gut.
P: (lachend) Ach, es ist verkehrt ...
T: Nein, es ist das einzige, woran du denken konntest, wenn du voll da bist. Es ist kein Zufall ... nein, uh, wirklich, uh, kein Zufall, daß du der Körper-Experte hier bist.  

173


P: Nein, uh, keineswegs ...flachend) ...  
T: Das ist eben eine Möglichkeit, Kontakt zu bekommen. 
P: Stimmt, das ist wirklich wahr.  
T: Das ist wirklich traurig.  
P: Es ist, als hätte ich meinen Körper weggegeben und versuchte, ihn wiederzubekommen.  
T: Den Körper von allen anderen ...  
P: Richtig ... ich versuche, anderen Leuten zu helfen, ihre Körper zurückzubekommen, und ich will wirklich, ganz wirklich eine Menge körperlichen Kontakt ... (weinend) ... Aber ich verstehe jetzt besser, worüber ich gestern abend mit dir sprach ... zuzulassen, daß ich dich will ... es nicht zu blockieren, daß ich dich will oder einfach physischen Kontakt mit anderen Menschen will.  
T: Oder wie wenn du Jane wirklich willst ...  
P: Ja, richtig ... denn das tue ich, wenn ich anfange, weh zu tun ... Ich halte mich davon ab, sie zu wollen.  
T: Stimmt ... Ich habe gesehen, wie du das an dem Abend tatest, als ich in deinem Haus war. Du hattest sie den ganzen Nachmittag gewollt ... 
P: Stimmt.  
T: Und als sie dann kam, hast du nicht zugelassen, daß du. sie wolltest.  
P: Stimmt, stimmt.  
T: Du hast über jenen Nachmittag oder nächsten Monat geredet.  
P: Stimmt ... das ist genau ... das stimmt (weinend) das ist wirklich wichtig ... es ist so wichtig für mich ... denn ich mache mein ... ich habe wirklich immer Schlimmes durchgemacht, wenn ich bei Jane nicht meinem Gefühl folge ... dasselbe passierte mir vorgestern abend, es war in der ... ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen ... (weinend) ich ging allein schlafen.
T: Hast du geschlafen?  
P: Erst nach langer Zelt.  
T: Was hättest du statt dessen tun können?  
P: Ich hätte Jane anrufen können.  
T: Und was hättest du ihr gesagt?  
P: Ich hätte ihr gesagt, daß ich sie wirklich wolle ... ich will sie (weinend) .... ich will sie ... ich will ... ich will ... ich begann, es ihr irgendwie zu sagen, als wir draußen standen, vor dem Haus. Wir hatten den Müll rausgebracht... und ich stand da und sagte es ihr und begann zu weinen ... ich sagte: ihr nicht genug ... ich hielt nicht durch mit Berühren ... und weiter berühren.  

174


T: Stimmt, das hast du nicht getan ... durchhalten und ans Ziel kommen.  
P: Stimmt ... ich versuchte es ... ich ...-es ist erstaunlich, als ob ich sogar versuchte, nur mit meinen Worten zu bekommen ... als ob ich sah, was ich wollte.  
T: Aber was hast du gerade ...  
P: Statt zu bekommen ... durchzuhalten.  
T: Das ist wie damals mit Pater Callaham in Seattle ... und so hast du da auch nicht durchgehalten ...  
P: Stimmt ... glücklich (weinend)  
T: Was?  
P: (weinend) Ich bin irgendwie glücklich ... ich bin wirklich glücklich, aber ich bin auch traurig ... ich war .... (schluchzend) ...   
T: Das ist etwas, was du tun kannst,.wenn ich irgendwann mal auf Janes Seite bin und du wirklich ... und du anfängst, deine Gefühle zu fühlen ...  
P: Geh auf die andere Seite ... (lachend)   
T: Oder du könntest mitmachen. Wir könnten alle drei ... du könntest diesen ganzen Kontakt fühlen ...  
P: Das stimmt, daran habe ich nie gedacht. Ich ... mir gefällt diese Sitzung wirklich sehr ... (lachend)  
T: (lachend) ....  
P: (lachend) Ich mag dich wirklich gern ... ich mag dich sehr ... ich mag dich wirklich ... mhmm. (lachend) ohhh, alles ist mir jetzt so klar... nicht dabeibleiben war einfach die größte Abwehr ... das verletzte mich immer wieder ... ich habe dann ein schlechtes Gefühl über mich, wie wenn ich anfange, etwas zu schreiben und nicht dabeibleibe und mir Sorgen mache ...  
T: Da machst du dir selbst etwas vor, wenn du sagst, du hast ein schlechtes Gefühl über dich ... wenn all das passiert, fühlst du dich einfach schlecht.  
P: Stimmt ... das stimmt ... so ist es. Ich fühle mich schlecht, wenn ich nicht dabeibleibe.  
T: Mehr brauchst du nicht zu wissen.  
P: Das ist wirklich gut ... das. ist wirklich wichtig für mich.  
T: Nicht, daß du schlecht bist ... oder daß jemand anderes schlecht ist. Du fühlst dich bloß schlecht.
P: Ja, ich fühle mich schlecht, wenn ich nicht durchhalte. Ja, vor allem kann ich fühlen, daß hier so viel drinnen ist, in meinem Arm, meiner Schulter ... als du mich das zurückhalten ließest.  

175/176

Der Unterschied zwischen einem neuen Patienten und diesem erfahrenen Patienten besteht darin, daß der neue Patient lernt, vollständige Gefühle zu erkennen, so daß eine tiefergehende Therapie möglich wird, während der erfahrene Patient bereits aus seinen vollständigen Gefühlen heraus lebt, so daß die Transformation seines Gefühlsniveaus möglich ist. Wir betonen die Wichtigkeit von vollständigen Gefühlen und Gefühlszyklen, denn ohne ein Gespür dafür, was Gefühle sind, das von vollständigen Gefühlen herrührt, und ohne alle Phasen des Gefühlszyklus zu durchlaufen, ist es unmöglich, ein neues Gefühlsniveau aufrechtzuerhalten. 

Wenn Patienten die Therapie bei uns beginnen, haben sie sich oft in den Kopf gesetzt, sie wollten intensive Gefühle haben, je intensiver, um so besser. Dabei begreifen sie nicht, daß wirkliche Intensität von der Anhäufung eines vollständigen Gefühls nach dem anderen an jedem Tag herrührt und daß eine wirkliche Transformation aufrechterhalten und nicht erreicht wird. Der erfahrene Patient muß mit so viel Gefühl, wie er hat, leben. Der neuere Patient muß aufhören, die Spiele und Rollen zu spielen, die ihn davon abhalten, so viel zu fühlen, wie er schon kann.

Wenn wir sagen, es gebe Realitätsebenen in der Therapie, dann meinen wir genau das. Die Welt des erfahrenen Patienten ist völlig anders als die des neueren. Es gibt keine Ähnlichkeiten außer in den Veränderungsprozessen. Jeder wählt und fühlt. Der eine entscheidet sich mehr für Fühlen und mehr Offenheit, während der andere sich dafür entscheidet, zu behalten, was er schon hat, aber die Gefühlsverwirrung aufrechterhält. Jedes Individuum hat ein Gefühlsniveau, auf dem es lebt. Ein gut Teil der Therapie wird darauf verwandt, daß die Patienten sich nicht mehr gegen die Bewußtheit und das Fühlen, das sie schon haben, verschließen — sobald sie davon ablassen, können sich ihnen neue Ebenen der Gefühlsrealität eröffnen. Damit die Therapie zur Transformation wird, muß der neue Patient das auf sich nehmen, was er am meisten fürchtet — Ehrlichkeit und Verletzlichkeit.

 

Die folgenden Tage  

Die Sitzung ist vorbei, aber in einer Beziehung wird sie niemals enden. Wir wissen nicht, wie lange dieser Patient brauchen wird, um ganz zu fühlen, wie es ist, wenn man ohne Zurückhalten lebt, und es ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, daß er jetzt auf einem intensiveren Niveau des integralen Fühlens leben kann. Seine Einsichten werden nicht verhindern, daß er bei irgendeiner Gelegenheit wieder zurückhält, aber nach dieser Sitzung wird er das Zurückhalten erkennen und ihm entgegenwirken können, indem er Kontakt herstellt. Andernfalls wird die Abwehr die Oberhand bekommen, und er wird wieder fühlen, welchen Schmerz ihm das Zurückhalten zufügt.

Gefühle haben Konsequenzen. Sobald jemand für seine Gefühle offen ist, tut es ihm weh, sich wieder zu verschließen. Sobald er den Impuls verspürt, vorzugehen und durchzuhalten, zu berühren und Kontakt herzustellen, wird es schmerzhaft sein, wenn er weniger als das tut. Der Therapeut bemerkt dazu: 

Die Einsichtsphase schuf die Grundlage für seine neue Einstellung zur Gegenwart, um seine realen Kontakte mit Menschen zu verstärken. Ohne diese neue Einstellung würde seine Gefühls­freisetzung nur Spannung raussickern lassen. So, wie er ist, und so, wie er nach dieser Sitzung allein und für sich wählt, wird das sein Leben wieder umändern. Ich werde sehen und fühlen können, was er tut, denn ich sehe ihn jeden Tag. Kein Wunder wird geschehen, er wird bloß mehr voll da sein.  

Es gibt kein Endstadium der Integration, das erreicht und beibehalten werden kann. Es gibt keine vorstellbare Behandlung, die einen für immer vollkommen macht. Es gibt nur diesen Mann, der sein Leben in einer Gemeinschaft von Menschen führt, die auf seine Offenheit reagieren können.

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