Start     Weiter 

6.  Die Entstehung der zwei Menschheiten und ihre Beziehungen zueinander

 

 

103-111

Es wurde bereits erwähnt, daß sich zwischen den gegensätzlichen Kulturgebieten nur wenig institutionelle Kontakte entwickeln. Auch der Verkehr zwischen den Einöden oder kargen Ländern und den klimatisch zwar mehr begünstigten, aber durch den immer noch fortgesetzten Umwelt-Raubbau immer neu geschädigten Ländern bewegt sich in engen Grenzen. Aber andererseits entwickeln sich zahlreiche individuelle Kontakte.

Veranlassung gibt die evidente Verschiedenheit nicht nur der Kulturen, sondern der Menschheiten, denn diese ist bis ins Körperliche wahrnehmbar und erregt Interesse bei allen, die darauf aufmerksam werden. Sie prägt sich mit jeder Generation deutlicher heraus, denn sie ist anthropologischer Natur, bedingt durch die Entwicklung des Sinns für das Kommende einerseits, und durch die Folgen, die sich bei den Menschen einstellen, denen dieser Sinn nicht kommt.

Die gegenseitige Wahrnehmung der Unterschiedlichkeit wird zahlreiche individuelle Schicksale bestimmen, alle möglichen persönlichen Beziehungen, erfreuliche, unerfreuliche, zwischen den Angehörigen der zwei Menschheiten erzeugen. Seien einige typische Abläufe skizziert.

Manche Angehörige der aus dem 20. Jahrhundert weiterrollenden Kultur werden beim Zusammentreffen mit Vertretern der Kultur des 21. Jahrhunderts verständnislos, eventuell ärgerlich reagieren und sie Idealisten ohne Boden unter den Füßen schelten, auch wenn noch so klare Tatsachen bezeugen, daß diese «Schwärmer» ihr Leben meistern, während die Gläubigen des Materialismus und der «Segnungen der Technik», wie bereits heute, so dann erst recht, hinter zur Schau getragener Arroganz nur Ratlosigkeit verbergen, die sich mit Angst mischt und die der unbewußten Wahrnehmung entspringt, daß im Leben der Erde nun zahlreiche Phänomene auftreten, die der materialistischen Welterklärung spotten und die Gläubigen des Materialismus in Verzweiflung treiben.

103/104

Solche Phänomene sind z.B. die sich häufenden reaktiven Naturkatastrophen, von denen die Rede war, die man lange mit dem berühmten «Zufall» wird erklären wollen, bis die Studenten und die Gassenjungen darüber lachen.

Ein anderes Phänomen, das sich häufen wird, zeigt sich, wenn Menschen, die sonst keine besonderen Talente aufweisen, vor Gefahrabwendungs­aufgaben plötzlich einer Intelligenz, Beherztheit und auch Stärke mächtig sind, die ihnen niemand zugetraut hatte und die sie, sobald die Gefahr dadurch gemeistert wurde, zugleich wieder verlieren.

Dieses Phänomen ist auch heute keineswegs unbekannt, aber man nimmt es nicht ernst. Es wird dahin kommen, daß man es ernst nehmen muß, weil man wird zugeben müssen, daß das Phänomen mit einer Art von Systematik und Logik auftritt und daß es immer mehr sich als das einzige erweist, was hilft. Während gleichzeitig sich immer deutlicher herausstellt, daß der gescheite technologische Verstand nur noch Gefahren heraufzu­beschwören, nie mehr sie zu meistern weiß. — Für das beschriebene Phänomen wird man unterschiedliche Erklärungen geben. Diejenigen, die es selbst an sich erleben, werden sagen: «Es hat einer mich geführt und an meiner Stelle gehandelt.» — Auch ein Gegenphänomen wird sich einstellen, etwa wenn ein Mensch im Begriff ist, eine Tat von weitreichend-schlimmen Folgen zu begehen — daß ihm dann etwa die Hand von einem Hebel weggerissen oder er selbst wie zu Boden geschlagen stürzt, ohne nachweisbare Ursache. — Auch persönliche Unfälle werden auf diese Weise verhütet. Ein Phänomen, über das bereits heute manchmal berichtet wird. 

Ein Autofahrer berichtete: «Ich fuhr in Amerika an der Küste an einer Stelle, wo die Küstenstraße sich eintönig und in Windungen an der zerrissenen Küste entlangschlängelt. Plötzlich stand unmittelbar vor dem Kühler auf der Fahrbahn ein alter Mann. Ich bremste scharf, nicht rasch genug, und er wurde — so schien mir — überfahren. Ich schrie vor Entsetzen. Mein Beifahrer begriff nicht, er hatte nichts gesehen. Dann stiegen wir beide aus und stellten fest, daß unser Auto hart an einer Abgrundkante stehengeblieben war. Die Straße war durch Bergrutsch abgestürzt. Der <alte Mann> war nirgends. Er war ein Warnphänomen.» Es ist ein typisches Phänomen, heute noch selten. Es wird häufig werden.

104


All den Phänomenen und aller innerlichen Lebensangst zum Trotz bleibt ein Teil der Menschheit dennoch zum Umdenken unfähig, weil diese Individuen anders als materialistisch nicht zu denken vermögen. «Es fehlt ihnen das Organ.» Wie der Blindgeborene nicht erfährt, was Sehen ist, und wenn noch so viele Leute es ihm zu demonstrieren suchen. Andererseits wird es immer wieder Angehörige der Degenerationskultur geben, die vom Zusammentreffen mit Vertretern der neuen Kultur der Wildnisse sich eigentümlich im Innersten berührt fühlen, etwa mit dem Gedanken: «Der sieht die Welt mit anderen Augen an. Könnte ich doch sein wie dieser!» Solche Menschen werden versuchen, sich dem Vertreter der neuen Kultur anzuschließen, um von ihm zu lernen, ihm zu dienen oder nur, ihm nahe zu sein. Treffen Mann und Weib in dieser Weise zusammen, so mögen sich daraus Ehen entwickeln, deren Kinder häufig in die Kultur des Kommenden hinüberstreben werden, auch wenn sie etwa in der Degenerationskultur geboren wurden.

Jene Sehnsucht, «Ach könnte ich sein wie dieser!», entspringt einer Ahnung von dem in dem anderen vorhandenen Sinn für das Lebendige und Kommende. Denn dieser Sinn ist die Überwindung der Öde, die der Materialismus beschert. Er ist erwünschte Zielgebung, innere Sicherheit und Lebensfreude. Jene Sehnsucht will sagen: «Ach könnte ich doch diesen Sinn, dessen Vorhandensein und Wert ich ahne, entwickeln!»

Die Ahnung ergibt sich aus der Seele des solche Sehnsucht empfindenden Menschen. Doch die Sehnsucht bleibt in den meisten Fällen zunächst unerfüllt, sie wird durch nähere Verbindung mit dem andersgearteten Menschen nur gemildert. Denn das Aufgewachsensein in der degenerativen Nachfolgekultur des 20. Jahrhunderts wird in fast allen ihrer Angehörigen die leiblichen Voraussetzungen zur Entwicklung des Sinns für das Kommende wie mit Glüheisen ausgebrannt haben, durch eine mit verbohrter Systematik dahin wirkende Pädagogik sowie, um es zu vollenden, durch bestimmte pharmazeutische Chemikalien, die man den Kindern «von Staats wegen» in der Schule verabreichen wird und die das Nervensystem der Schulkinder entropisch verändern. Damit will man erreichen, daß auch die letzte Anlage einer Empfindung für höhere Mächte ausgetrieben oder breitgewalzt werde.

105


Denn man sieht in dieser weitergetriebenen Kultur des 20. Jahrhunderts jede Ehrfurcht vor Höherem als eine «Krankheit» an, die zugleich die Wurzel aller Übel von Anbeginn an gewesen sei. Diese Paroxysmen des Materialismus gehören zu denjenigen Ungeist-Phänomenen, gegen welche «Götter selbst vergebens kämpfen».

Hinzu kommt in nicht mehr ferner Zukunft ein bestimmtes verderbliches Ereignis, von dem zu sagen sein wird, es geht die ganze Menschheit an.

Es bewirkt, daß diejenigen Angehörigen der kommenden Generationen, die unter die Gewalt der Nachfolgekultur des 20. Jahrhunderts geraten, diesen Mißhandlungen wehrlos ausgeliefert bleiben und nie erfahren, daß sie das Produkt verderblicher, in Wahrheit verbrecherischer Manipulationen sind. Vergleichbar etwa dem berüchtigten Verbrechen der Janitscharen-Erziehung, als in den islamischen Ländern kriegsgefangene europäische Knaben zu fanatischen Hassern des Christentums und unerbittlichen Kämpfern gegen die Europäer, in denen sie nicht ihre Eltern und Geschwister vermuteten, erzogen wurden.

Die «Janitscharen»-Erziehung der Degenerationskultur vermag indessen nur die leiblichen Grundlagen, nicht die tieferen Substanzen der Seelen — nicht die denkende Beobachtung als solche anzugreifen, wenn diese geistige Regung in einem bestimmten Menschen ist.

Ist sie im Menschen, so ist sie immaterielle Substanz, in beständigem Gegensatz zur materiellen. Dieser Gegensatz ist der Wille. Abgeschwächt empfunden ist der Gegensatz bloße Gefühlsregung. Auch sie indessen ist immer Gegensatz von immaterieller gegenüber materieller Substanz. — Sieht sich der Wille der materiellen Substanz so gegenübergestellt, daß er gewissermaßen immer zu kurz greift, in Nichts greift, nicht zureicht, so ergibt sich aktive Unzufriedenheit. Resigniert der Wille in solcher Lage, so wird er unbefriedigtes Gemüt.

Zahllose Angehörige der Degenerationskultur werden sich unbefriedigt fühlen und unzufrieden reagieren, wie bereits jetzt so manche in der Kultur dieses 20. Jahrhunderts, deren Degenerationsphase jedoch soeben erst begonnen hat.

Nur verhältnismäßig wenige sind es zunächst, die jenen Wunsch empfinden, «Ach könnte ich sein wie jener Angehörige der Kultur der Wildnisse!» Die Angehörigen dieser Kultur, die Sinn für das Kommende entwickelt, werden diesen Wunsch jedesmal sorgfältig beachten und als Ausdruck einer ganz bestimmten Schicksals­gegebenheit interpretieren.

106


Sie werden sagen: «Hier ist Schicksal in Unordnung. Eine zur Weiterbildung fähige Seele befindet sich verirrt in einem für den Stillstand ausgesonderten Körper.» Und sie werden versuchen, dieser Seele zum Anschluß an die Weiterentwicklung zu verhelfen.

Es ist jedoch im allgemeinen in diesem Leben nicht zu vollenden, denn was durch die pädagogische und pharmakische Mißhandlung des Kindes physisch zerstört ward, läßt sich nicht wieder herstellen. Doch werden solche Menschen in den Kulturgebieten des Sinns für das Kommende liebevoll aufgenommen werden, um in ihnen ein zukünftiges Schicksal zu veranlagen, das diesen Sinn noch zu entwickeln erlaubt. Was damit gemeint ist, steht in einem späteren Kapitel ausgeführt. Viele von diesen Unzufriedenen aus der Degenerationskultur werden in den Gebieten, wo Sinn für das Kommende herrscht, Zuflucht suchen und finden, obwohl sie an der Kultur, die dieser Sinn schafft, keinen Anteil haben können. Die Zufluchtssuche ist entweder von dem Gegensatz und Widerspruch zur früheren Umgebung, teils auch von erlittener Verfolgung bedingt. Denn die Degenerationskultur wird ihre Unzufriedenen aktiv verfolgen.

Das Wesen der in Rede stehenden zwei Menschheiten besteht in der Tat darin, daß derjenige Teil der Menschheit, der durch die in absurdum führende Kultur des Materialismus irreversibel geschädigt worden ist, eben durch diese Schädigung sich von der fortschreitenden Entwicklung abtrennt und in einen Entwicklungs-Stillstand übergeht, vergleichbar dem Stillstand in den übrigen Naturreichen. So wie einst die Pflanzenformen und Tiergestalten in reger Entwicklung entstanden und sich umbildeten, dann aber stillstanden und nun seit beträchtlich langen Zeiträumen sich nicht mehr wesentlich ändern, so auch geht nunmehr das Menschen­geschlecht, das sich bisher in beständiger geistiger Entwicklung befand, in Stillstand über, der sogar ein Zurückfallen oder Versacken der Intelligenz mit sich bringt, die dann in einen stationären Zustand übergeht, ohne fernere wesentliche Änderung.

Zugleich aber entläßt die Menschheit aus ihrem Schöße eine Anzahl von Individuen, die den Keim einer Weiterentwicklung in sich bergen und ihn entdecken — dies sind jene Flüchtlingsgruppen in den Wildnissen, welche flohen, weil der in ihnen erwachte Sinn für das Kommende es ihnen gebot, wie einst dem Noah ein solcher Katastrophenwarnungs-Sinn gebot.

107


Und es ist eben dieser Sinn, der sie zur Schöpfung einer neuen Kultur dort in den Einöden befähigt, in welcher die Menschheit als solche weiterlebt und Menschheit bleibt dadurch, daß sie eine neue geistige Fähigkeit aufnimmt. Es ist im Grunde nicht Erwerbung, es ist nur, daß dieser Teil der Menschheit sich dem Kommenden nicht verschließt.

Andererseits sinkt die Degenerationskultur um eine Stufe unter die Menschheit hinab. Es geschieht bereits heute allenthalben. Vergleicht man die jetzige Durchschnitts-Menschheit z.B. mit derjenigen zur Zeit Goethes, so ist die Degradation evident. — Ist Menschsein «das intelligente Streben nach Herrschaft über sich selbst» (Plato), so ist die heutige Durchschnittskultur bereits weit auf dem Wege in das Gegen-Ideal: Genuß des Sichgehenlassens, Kapitulation des Willens vor sich selbst.

Diese Kapitulation ist und wird der Stillstand, und sie zieht den Niedergang der Intelligenz nach sich. Dieser greift epidemisch um sich bei allen, die sich nicht zur Wehr setzen. Erschwert wird die innere Selbstbehauptung, wenn das Nervensystem unter den toxischen Eingriffen oder deren Nachwirkungen leidet. Das Nervensystem ist zwar nicht der Mensch selbst, wohl aber ein körperliches Glied seiner selbst wie Hand und Fuß. Ein Instrument, das gebrauchsfähig sein muß, soll der Mensch sich wehren. Wer begreift oder ahnt, was angerichtet werden kann durch toxische Einwirkungen, wird sich hüten, nicht nur vor Rauschgift-Angeboten, sondern vor jederlei angeblich harmlosen Beimischungen zur Nahrung, zum Wasser, zur Luft, und er wird an keine «Toleranzdosis» glauben. Die vielen, die an die unpersönlichen Autoritäten (Wissenschaft, Industrie, Staat) blind glauben, machen sich wehrlos durch diesen Glauben. Das Ende ist dann, daß die gesteigerten toxischen Eingriffe jene körperliche Degeneration bewirken, welche den freien Blick in die Alternativen der Zukunft hemmt oder blendet.

Der Mensch selbst — jeder — reagiert auf diese Eingriffe verschieden. Diejenigen, die sich dagegen zur Wehr setzen, sind zunächst diejenigen, die sich durch Flucht entziehen, um die säkularen Widerstandsnester aufzubauen. Diejenigen, die gerne fliehen würden, aber nicht können — z.B. diejenigen, an denen der Eingriff im Kindesalter würgt —, können sich nur in der inneren Abwehr halten, die zunächst kaum laut zu werden vermag, weil das Organ mangelt oder zu sehr geschwächt worden ist, um eigentlich zu wissen, was geschieht.

108


Sie werden die Unzufriedenen, von denen dann manche, allmählich mehr und mehr, zu der Kultur des Kommenden in der beschriebenen Weise übergehen und innerhalb derselben etwas wie eine besondere soziale Schicht bilden, mit all den üblichen Eigenschaften solcher Schichtenbildung in den früheren Kulturen.

Andere Angehörige der Degenerativkulturen fühlen sich zwar unbefriedigt, vermögen sich aber nicht aus der Umgebung, die ihnen die Entwicklungs­möglich­keiten zerstörte, zu lösen. Auch ihnen mag eine zukünftige Existenz den Wiederanschluß an das eigentliche Menschsein, das heißt, an die geistige Weiterentwicklung, gewähren.

Anders diejenigen, die sich in der weiterrollenden Kultur des jetzigen 20. Jahrhunderts unbekümmert wohl fühlen. Sie werden sich auch in den Degenerationsphasen wohl fühlen, inskünftig ohne Trieb, davon wegzustreben. Sie verlieren das eigentliche Menschsein, ohne ins volle Tierdasein abzusinken. Doch diese Nachfahren der jetzigen Kultur werden sein, was die verschiedenen Darwinismen seit jeher sich als ein wüstes Ideal vorgesetzt haben: Affen mit hypertrophischem Großhirn und beschränkter Intelligenz.

Diejenigen wiederum, die sich den verderblichen Eingriffen beizeiten entzogen, unterscheiden sich ebenfalls in anthropologisch-körperlicher Hinsicht von den übrigen. Da sie beizeiten flüchteten, haben sie bestimmte körperliche Organe, die während des 20. Jahrhunderts in der Menschheit keimen, in sich unzerstört bewahrt, so daß diese sich nun entfalten können. Es sind gewisse Anlagen im Nervensystem, welche dem Sinn für das Kommende die materielle Grundlage bieten, damit er in das irdische Leben einwirken kann. Dieser Sinn selbst ist nicht materieller Natur, er kann, hat er einmal Platz gegriffen, nicht zerstört werden. Er ist Bestandteil der Intelligenz selbst, die auf das Sinnes-Nervensystem insofern angewiesen ist, als sie ohne es am Zugriff gehindert bleibt, die aber mit dem zerstörbaren Nerven- und Gehirnsystem keineswegs identisch ist. Die sorgfältige Beobachtung lehrt es.

Diejenigen, die sich in der im Materialismus versinkenden Kulturumgebung unzufrieden und unbefriedigt fühlen, ohne doch Sinn für das Kommende und Lebendige in sich zu entdecken, haben in der Tat in sich die geistige Anlage dieses Sinnes, doch es mangelt ihnen das körperliche Organ, um ihn auf dem Felde dieses irdischen Lebens zu brauchen.

109/110


In dieser Lage sind bereits heutigentags die allermeisten derer, die sich im Materialismus der Gegenwartskultur dieses späten 20. Jahrhunderts unbefriedigt und abgestoßen fühlen. Denn das körperliche Organ des Sinns für das Kommende ist im unmittelbar jetzigen Jahrhunderts-Augenblick zwar in der Menschheit vorbereitet, doch ist die Anlage jetzt noch nicht entfaltet. Die Entfaltung steht bevor.

Unterschieden werden muß also die anthropologische Entwicklung der Menschheit als körperlicher Organismus, diese teilt sich in zwei Äste, unterschieden durch Besitz oder Nichtbesitz des körperlichen Organs, das dem Sinn für das Kommende dient. Der anthropologische Unterschied begründet zwei Menschheiten, die nicht bloß zwei «Rassen» bilden, sondern sich in Wirklichkeit weit tiefer unterscheiden als z.B. die historischen Hautfarbe-Rassen.

Von dieser Entwicklung der Körperlichkeit ist zu unterscheiden die Entwicklung der Bewohner und Gebraucher des körperlichen Instruments. Auch sie, die Menschen-selbst, teilen sich in zwei Lose. Manche von ihnen haben die Intelligenz dieses neuen Sinnes entwickelt, andere nicht oder in zu schwachem Maße. Von den ersteren finden manche sich in Menschenorganismen inkarniert, die den neuen Sinn zu gebrauchen erlauben, andere wieder haben solche Körper, die den Sinn für das Kommende, obwohl er geistig tätig ist, nicht zu Bewußtsein kommen lassen. — Die letztere Gruppe schließlich, die gar keinen Sinn für das Kommende hat, oder zu wenig davon hat, sie «lebt in den Tag hinein», ob sie nun ein Organ dafür hätte oder nicht.

Diese letztere Gruppe gerät in die aus der Menschheit herausführende Entwicklung, wird zum «beschränkt intelligenten Tierreich» und ist es zufrieden. Die mittlere Gruppe strebt zur Gruppe derer, die Sinn für das Kommende haben, hinüber. Kann sie auch erst in zukünftigen Existenzen in sie eintreten, so erstrebt sie doch unmittelbaren Lebenskontakt mit jener anderen Menschheit.

Diese Lebenskontakte werden gewährt werden und zu allen möglichen individuellen Schicksalsabläufen führen. Gute Bilder solcher Schicksale bieten jene vielen Märchen von Prinzessinnen oder Prinzen, die im Lande der Riesen, der Ungeheuer und Menschenfresser, in prächtigen Schlössern oder wüsten Höhlen gefangengehalten, verzaubert, verwünscht, verwandelt leben müssen, bis etwa ein Prinz oder eine Prinzessin aus anderem Lande, meist dem eigentlichen Heimatland der Gefangenen, sie erlöst, befreit, heimbringt, heimführt. Wobei etwa ein Drache oder sonst ein schädliches Ungeheuer zuvor zu besiegen ist. Oft wird durch den Drachensieg das Land befreit, das der Drache zuvor verwüstete.

Dieses letztere Märchenmotiv deutet auf einen der bisher kaum in Betracht gezogen wurde, aber mit dem fortschreitenden 21. Jahrhundert und ins 22. hinein in Betracht kommt: allmähliche Wiedereroberung der klimatisch günstigeren Länder für die menschlich fortschreitende, die mit der Naturumwelt befreundete und verbündete Kultur.

Diese «Eroberung» geschieht nicht durch Kriegszüge, sondern durch Gewinnung der Bewohner für die bessere Kulturgesinnung, zunächst durch Gewinnung derer, die in der Degenerationskultur sich wie «gefangengehalten» empfinden, sowie derer, die sich darin mindestens unbefriedigt fühlen, ohne aktiv zu reagieren.

Die letzteren bilden in der Menschheit im Grunde die Mehrzahl, und es werden immer mehr und mehr, je weiter die Degeneration der Kultur des Materialismus fortschreitet. Aber diese Mehrzahl der Menschheit rührt sich nicht, ehe sie Hoffnung sieht. Wie die Leute im Märchen, die dem Drachen ihre Töchter opfern, bis einer das ihnen längstverhaßte Ungeheuer erschlägt.

110-111

#

 

 

 www.detopia.de       ^^^^