Rainer
Funk, Marko Ferst,
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2002 223 Seiten detopia |
Leseprobe mit freundlicher Genehmigung von Marko Ferst für detopia.de
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Verlagstext Als Psychotherapeut, Sozialwissenschaftler und Philosoph gehört Erich Fromm zu den wegweisenden Gestalten des 20. Jahrhunderts. Er ist ein prominenter Diagnostiker der Krisen der westlichen Welt, ein Kritiker unseres konsumistischen Lebensstils und von gesellschaftlichen Zuständen in denen nicht der Mensch sondern das schnelle Plusmachen im Mittelpunkt steht. Die Werte des Seins wollte Fromm über denen des Habens angesiedelt wissen. Er dachte so unterschiedliche Geisteswerke wie die von Sigmund Freud, Karl Marx, Baruch de Spinoza und Meister Eckhart zusammen, im Sinne des Hegelschen Aufhebens. Eine erneuerte Psychoanalyse und marxistische Soziologie bekommen bei ihm ganz eigene Wesenszüge. In dem vorliegenden Band wird eine Auswahl von Beiträgen vorgestellt, die sich mit dem Spannungsfeld „Haben oder Sein“ auseinandersetzen und welche Potentiale die innere Aufklärung, sozialpsychologischer Wandel bereithalten könnte, um die drohende ökologische Selbstzerstörung des Menschengeschlechts vielleicht noch abzuwenden zu können. Aber auch Themen wie Religion, Schule und ein alternatives Wirtschaftssystem kommen zur Sprache. Die Beiträge setzen sich mit dem Gedankengut Erich Fromms auseinander und ziehen dabei eigene Schlüsse für zukünftige gesellschaftliche Perspektiven. Gelungener Sammelband - Von helobe bei Amazon 2002 Der Sozialpsychologe Erich Fromm gehört zu den ganz besonderen Autoren. Sich mit ihm zu beschäftigen, ist beinahe ein Muß für jeden gesellschaftskritisch engagierten Menschen. Der hier vorliegende Band über sein Denken und Wirken wurde von ganz unterschiedlichen Autoren mitgeschrieben. Man findet den kirchlichen Blick, den aus kritisch sozialistischen Ambiente. Man liest über Erfahrungen aus der Pädagogik und der Philosophie, die sich auf Fromms Weghinweise beziehen, man solle die Werte des Seins über die des Habens stellen. Gefragt wird nach einer Gesellschaft, die auf Herz und Geist basiert. Dieser Gedanke wird sogar bis hin in eine neue sozialökonomische Ordnung gedacht. Einige Autoren beziehen auch die ökologische Perspektive mit ein. Sie sehen, daß eine rein auf technischen Wandel orientierte Wende hin zur Nachhaltigkeit nicht ausreichen kann. An einigen Stellen scheint man gar an eine Ökologie des Geistes zu denken, aber vielleicht lege ich jetzt zuviel Vermutung hinein. Kurz um: Der Band lohnt sich als Lektüre. |
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Marko Ferst: Einleitung (7-10)
Schriftliches Grußwort von Bundespräsident Johannes Rau
Autoren (216)
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Grußwort von JOHANNES RAU (11-11)
Ich freue mich darüber, daß die Erich-Fromm-Gesellschaft aus Anlaß seines hundertsten Geburtstages öffentlich an das Leben und das Werk Erich Fromms erinnert. Erich Fromm gehörte zu den vielen jüdischen Gelehrten, die der Ungeist des national-sozialistischen Deutschlands gezwungen hatte, ihr Vaterland zu verlassen. Allein an seiner Person kann man ermessen, welchen Schaden und welchen Verlust die braune Schreckensherrschaft ihrem eigenen Land und ihrer eigenen Kultur zugefügt hat.
Erich Fromm war ein Mann, der sein Leben lang intellektuelles Neuland gesucht und sich dabei nicht an enge Fachgrenzen gehalten hat. Er wußte, daß es viele verschiedene Blickwinkel auf die Welt gibt und darum hat er sich intensiv und mit innerer Anteilnahme mit den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Schulen, mit Kulturen und Lehrtraditionen auseinandergesetzt. So ist ein höchst anregendes, immer wieder auch überraschendes Werk entstanden.
Herausragend ist für mich Erich Fromms leidenschaftlicher Humanismus, sein Engagement für ein menschliches und menschenwürdiges Leben im umfassenden Sinne. Es ist kein Zufall, daß sein Werk von jungen Menschen immer wieder neu entdeckt wird, auf die sein lebenskluger Idealismus besonders ansteckend wirkt.
Nach dem Krieg haben seine Werke gerade in Deutschland, aus dem er flüchten mußte, eine unüberschaubare Schar von Leserinnen und Lesern gefunden. Ob „Die Kunst des Liebens", die „Anatomie der menschlichen Destruktivität" oder das Buch, das die grundlegende Alternative des menschlichen Lebens skizziert, „Haben oder Sein": immer wieder sind Menschen durch das Denken Erich Fromms angeregt worden, ihre eigene Existenz zu reflektieren und sich der Sache des Menschen anzunehmen.
Ich wünsche mir, daß die Auseinandersetzung mit dem anregenden Werk Erich Fromms weitergeht, damit seine Leidenschaft für menschenwürdiges Leben und menschenfreundliche Lebensverhältnisse weiterwirkt. Ich wünsche mir vor allem, daß die Frage nicht verstummt, die er mit „Haben oder Sein" formuliert hat. Sie rührt auch heute - vielleicht sogar mehr denn je - an die Grundlagen der persönlichen Existenz jedes Einzelnen, aber auch an die Grundlagen unseres gesellschaftlichen und politischen Zusammenlebens.
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Schriftliches Grußwort von Bundespräsident Johannes Rau zum Festakt aus Anlaß des 100. Geburtstages von Erich Fromm
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Erich Fromm in Zitaten: „Der Weg der Liebe ist dem Weg der Gewaltausübung entgegengesetzt. Liebe versucht zu verstehen, zu überzeugen, zu beleben. Aus diesem Grund verwandelt sich der Liebende ständig selbst. Er spürt mehr, beobachtet mehr, ist produktiver, ist mehr er selbst. Liebe bedeutet weder Sentimentalität noch Schwäche. Sie ist vielmehr eine Methode, etwas zu beeinflussen und zu verändern, ohne daß es zu den gefährlichen Nebenwirkungen wie bei der Gewaltanwendung kommt. Anders als bei der Gewalt, setzt Liebe Geduld, innere Anstrengung und vor allem Mut voraus." (1967e, CA XI, S.243) „Die Voraussetzungen für die Existenzweise des Seins sind Unabhängigkeit, Freiheit und das Vorhandensein kritischer Vernunft. Ihr wesentlichstes Merkmal ist die Aktivität, nicht im Sinne von Geschäftigkeit, sondern im Sinne eines inneren Tätigseins, dem produktiven Gebrauch der menschlichen Kräfte. Tätigsein heißt, seinen Anlagen, seinen Talenten, dem Reichtum menschlicher Gaben Ausdruck zu verleihen, mit denen jeder - wenn auch in verschiedenem Maß - ausgestattet ist. Es bedeutet, sich selbst zu erneuern, zu wachsen, sich zu verströmen, zu lieben, das Gefängnis des eigenen isolierten Ichs zu transzendieren, sich zu interessieren, zu lauschen, zu geben." (1976a, GA II, S.334) „Das sogenannte Pflichtgefühl jedoch, wie es von der Reformation bis heute in seinen religiösen und weltlichen Rationalisierungen das gesamte Leben der Menschen durch-dringt, ist stark von Feindseligkeit gegen die eigene Person gefärbt. Das „Gewissen" ist ein Sklaventreiber, den der Mensch in sich selbst hineingenommen hat. Es stachelt ihn an zu Wünschen und Zielen, von denen der Betreffende glaubt, es seien seine eigenen, während es sich tatsächlich um die lnternalisierung äußerer, gesellschaftlicher Anforderungen handelt." (1941a, GA I, S.271) „Die Religion des Industriezeitalters stützt sich auf einen neuen Gesellschafts-Charakter, dessen Kern aus folgenden Elementen besteht: Angst vor mächtiger männlicher Autorität und Unterwerfung unter diese, Heranzüchtung von Schuldgefühlen bei Ungehorsam, Auflösung der Bande menschlicher Solidarität durch die Vorherrschaft des Eigennutzes und des gegenseitigen Antagonismus. „Heilig" sind in der Religion des Industriezeitalters die Arbeit, das Eigentum, der Profit und die Macht, obwohl sie - in den Grenzen ihrer allgemeinen Prinzipien - auch den Individualismus und die persönliche Freiheit förderten." (1976a, GA II, S.373) „Das oberste Ziel des Marketingcharakters ist die vollständige Anpassung, um unter allen Bedingungen des Persönlichkeitsmarktes begehrenswert zu sein. Der Mensch dieses Typus hat nicht einmal ein Ich, an dem er festhalten könnte, das ihm gehört, das sich nicht wandelt. Denn er ändert sein Ich ständig nach dem Prinzip: „Ich bin so, wie du mich haben möchtest." Menschen mit einer Marketing-Charakterstruktur haben kein Ziel, außer ständig in Bewegung zu sein und alles mit größtmöglicher Effizienz zu tun." (1977a, GA II, S.374) |