Frau Laurie Garrett

Die kommenden Plagen

Neue Krankheiten
in einer gefährdeten Welt

1994   1017 Seiten

 

Aus dem Amerikanischen

1994 bei Garrett

1996 bei S.Fischer

2018 im Fischer-TB

dnb.person *1951, Biochemikerin

dnb.nummer (6)   dnb.name (10) 

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Bedrohungen des globalen Dorfes
12. Februar 1996
Von Florian Rötzer

In Terry Gilliams neuem Film "12 Monkeys" verkriechen sich die Menschen unter der Erde vor einem Virus, der sie heimsucht. Nicht aus der Natur kommt die Katastrophe, sie ist von Menschen, den Frankensteins der Kleinstlebewesen, in die Welt gebracht worden und aus ihr nicht mehr vertreibbar.

Garretts Buch beschreibt die neuen Plagen der Menschen und weist auf ihre gesellschaftlichen Ursachen hin.

Vor dem magischen Datum der Jahrtausendwende gedeihen die Ängste und die Szenarien des Niedergangs. Seitdem der AIDS-Virus die Menschen befällt, geht die Furcht vor neuen Epidemien um, die von der modernen Medizin nicht mehr in den Griff zu bekommen sind. Im Zeitalter der Gentechnik beherrscht uns nicht mehr die Sorge vor Monstern, die durch Mutation riesengroß und gefährlich geworden sind, oder vor Außerirdischen, auch wenn diese ebenso wie die Engel noch ein faszinierende Kraft ausüben.

Nachdem die Menschen so gut wie alle anderen Arten besiegt oder vernichtet haben, sind es jetzt die sich schnell an neue Bedingungen anpassenden Viren und Bakterien, die uns mit neuen und alten Seuchen zu bedrohen scheinen. Durch Mutation, schnell ablaufende Selektionsprozesse und dem Austausch von Genen tricksen sie die natürlichen und künstlichen Abwehrsysteme aus, überspringen Artenschranken und ökologische Nischen. Mikroparasiten werden immun gegen die Wunderwaffen, Infektionskrankheiten, die schon ausgelöscht schienen, verbreiten sich wieder.

Sechs Milliarden Menschen stellen in einer globalen Welt einen idealen Nährboden für die Mikroben dar.

In den optimistischen Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg glaubte man, daß alle Probleme zu lösen seien. Während man die Menschen aus der Armut und Unterdrückung herausführte, würde man alle bedrohlichen Parasiten, Bakterien und Viren auslöschen.

Der Erfolg der Antibiotika und der Impfstoffe schien dies nahezulegen. Und noch vor 20 Jahren sah alles ganz anders aus.

1978 wurde die Deklaration von Alma Ata unterzeichnet, bei der man davon ausging, daß bis zum Jahr 2000 die Menschheit gegen die meisten Infektionskrankheiten immunisiert sein und jedem Menschen eine medizinische Grundversorgung zur Verfügung stehen sollte. Doch bald darauf kamen die ersten Anzeichen, daß dies nur ein schöner Traum war, denn die Schere zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern öffnete sich immer mehr, und mit dem Ende des Kalten Krieges flammten vermehrt Kriege auf, setzten Wanderungsbewegungen ein und schritt die Globalisierung zügig voran.

Zwischen 1980 und 1989 stieg die Zahl der Menschen stieg, die vor Naturkatastrophen, Kriegen, Hungersnöten oder Unterdrückung flohen, auf 75 Prozent jährlich.

Die Biochemikerin Laurie Garrett hat ein wahrhaft erschlagendes Werk über die möglicherweise kommenden Plagen geschrieben, das vor allem auf die sozialen Ursachen der neuen Epidemien hinweist.

Die Mikroben, in denen wir schwimmen, sind nicht nur Teil der von den Menschen immer weiter zerstörten Ökosphäre, die Verbreitung ihrer bösartigen Formen sind auch abhängig von den Verhaltensweisen und Lebensbedingungen der Menschen. Kriege, Armut, Vertreibung, globale Wanderungen und weltweiter Reiseverkehr, Promiskuität, Prostitution, die Explosion der Städte, das Leben in deren Gettos und die "Verdritteweltlichung" eines Teils ihrer Bewohner, Obdachlosigkeit und überfüllte Wohnungen, Wiederverwendung von Spritzen und der Handel mit Blutkonserven, aber auch die Resistenz gegen Medikamente, Eingriffe in die Biosphäre, Klimaanlagen, Verschmutzung der Gewässer oder der Luft bedingen die Wiederkehr der Seuchen.

Die Lage sei bedrohlich, das Schickal der Menschen im globalen Dorf in ihrer eigenen Hand. Man müsse handeln, denn die Krisengebiete, die Megastädte und die vielen bereits Erkrankten seien just jener Nährboden, den die wimmelnde Welt der Mikroben benötigen, um ihr gefährliches Potential zu entwickeln. Die Menschen trampeln nach Laurie Garrett "säbelrasselnd herum und machen sich ihren Weg mit den Ellbogen frei - ohne Rücksicht aufeinander oder auf die Ökosphäre."

Kleine Veränderungen aber können ein ganzes System in eine neue und unerwartete Richtung treiben. Wenn die Menschen sich darüber nicht klar werden und entsprechend handeln, so liege der Vorteil auf seiten der Mikroben, ihren Beutejägern.

Vielleicht flüchten wir uns in der Absenz von sozialen Utopien deswegen nicht mehr auf das Land, wie einst die Menschen vor der Pest, sondern in den keimfreien Cyberspace, der es uns gestattet, mit Menschen zu kommunizieren, ohne ihnen zu nahe zu treten und zum Opfer der biologischen Viren zu werden.

Laurie Garrett versucht in ihrem dickleibigen Buch die Fakten und Prognosen durch das Erzählen von dokumentarischen Geschichten zu veranschaulichen. Sie führt den Leser an die Orte des Geschehens und stellt die Menschen vor, die die neuen Seuchen untersuchen und bekämpfen.

Aber so interessant das Buch auch sein mag, es ist einfach zu dick und zu umständlich. Es enthält zu viele ungeordnete Details und ist vermutlich nur ein Zusammenfügen von journalistischen Beiträgen. Streichen, Verdichten und Systematisieren hätten dem Buch und damit dem Thema gut getan. Schade darum.

 

Das Ende der
Gesundheit

Bericht über die
medizinische Lage der Welt

deutsch 2001

 

goog.Garrett+gesundheit

 

 

 

KLAPPENTEXT

Schlaglichter einer globalen Katastrophe: In Indien bricht die Pest aus. Ärzte fliehen aus Angst vor Ansteckung, die Behörden erklären die Stadt Surat zum Sperrgebiet. Tausende von Menschen sterben aus Unwissenheit in einem Land mit einem der höchsten Rüstungsetats der Welt. In Zaire, der heutigen Volksrepublik Kongo, und in Uganda greift 1995 das Ebola-Virus um sich. Die Sterbenden bringt man in die überfüllten Krankenhäuser des unterentwickelten Landes, wo die Viren monatelang wie in einem Inkubator auf andere Patienten übergreifen.

In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion trifft Laurie Garrett auf umweltverseuchte sibirische Städte, tuberkulöse Gefängnisse, biologische Kriegslaboratorien aus der Zeit der UdSSR, Heime für verwahrloste Kinder, defekte Operationssäle und Klinikräume.

In den USA wird die medizinische Versorgung immer stärker einkommensabhängig. Medizinische Fortschritte kommen nur wenigen zugute, während die anderen von Behandlung und Prävention ausgeschlossen bleiben, eine Kluft, die sich im globalen Maßstab zwischen den reichen Ländern des Nordens und den armen Ländern des Südens wiederholt.


URL  perlentaucher.de/buch/laurie-garrett/das-ende-der-gesundheit.html 

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 22.03.2001

Zuviel des Guten meint der Rezensent Werner Bartens und hätte das vorliegende Buch gerne bei Seite 258 - knapp der Hälfte seines Umfangs - geschlossen. Denn bis dahin bescheinigt er der Autorin einen tadellosen Beitrag im besten Sinne einer "gut recherchierten Aufklärung" geleistet zu haben. "Umfangreiches Wissen über Infektionswege und Keimnachweise" erhält der Leser und damit nicht genug: "Der Autorin gelingt es, den Zusammenhang von Armut und Krankheit, politischer Entwicklung und Vorsorge anschaulich zu machen", lobt der Rezensent.

Dies gilt aber eben nur bis Seiten 258. Bis hierhin ein "spannend geschriebener und gut recherchierter Beitrag über die Ausbreitung von Epidemien in politisch wie wirtschaftlich instabilen Regionen." Der Rest, der von Amerika und biologischen Waffen handelt, so der Rezensent, ersticke in "Zahlenhuberei" und vor allem in dem etwas anmaßenden Anspruch der Autorin, "die medizinische Lage der Welt" erklären zu wollen. Manchmal scheint weniger wohl doch mehr zu sein, zumindest für den Rezensenten.

 

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.03.2001

Laurie Garrett hat "ein Aufsehen erregendes, ein alarmierendes Buch" geschrieben, wie Heidrun Graupner lobt. Darin beschreibe Garrett den weltweiten Zusammenbruch der Gesundheitssysteme unter Kostendruck und Korruption. Was um 1900 gegolten habe, nämlich das Wissen um die politisch und sozial stabilisierende Wirkung einer umfassenden und allgemeinen Gesundheitsversorgung, existiere am Ende des 20. Jahrhunderts nicht mehr.

Anhand von Beispielen wie dem Ausbruch der Pest 1994 in Indien oder dem Ausbruch des Ebola-Virus 1995 in der Republik Kongo, damals Zaire, zeige die Autorin die verheerenden Folgen einer total vernachlässigten Gesundheitspolitik. Ihr "düsterer Bericht" ist eine Mischung aus "Analyse und Reportage", so die Rezensentin. Auch Osteuropa und Amerika halte die Autorin für gefährliche Seuchenherde. Dort breiteten sich durch die Vernachlässigung des allgemeinen Impfschutzes und mangelnde Hygiene Diphterie, Tuberkulose und Aids ungehindert aus.

Garretts Bericht enthält Zahlen, nach denen allein in den Vereinigten Staaten jedes Jahr 150.000 Menschen an Infektionen sterben, mit denen sie im Krankenhaus in Berührung gekommen sind, wie die Rezensentin schreibt. Wie Garrett weiter berichtet, lässt die Pharmaindustrie die Gesundheitskosten explodieren, so dass an eine allgemeine Versorgung oder gar einen Export bestimmter Medikamente in die Dritte Welt nicht zu denken ist.

Durch die Vernachlässigung des Gesundheitswesens in fast allen Ländern der Erde sei die Ausbreitung von Seuchen immer wahrscheinlicher, so der Schluss der Autorin.

Und auf die Bekämpfung von Epidemien sei heute niemand mehr vorbereitet.

    

 

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