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Prolog - Über Mond und Mars, unsere Natur und Kultur 

 

 

»Wir brachen auf, um den Mond zu erkunden,
aber tatsächlich entdeckten wir die Erde.«
 Eugene Cernan, Kommandant der Apollo-17-Mission, nach seiner Rückkehr 1972 (1)

  wikipedia  Eugene_Cernan  *1934 in Chikago bis 2017  wikipedia  Apollo_17


Inhalt

1-Earthrise (17)   2-Glücksfall Erde (19)  

3-Gibt es anderswo Leben? (21)   4-Die neuen apokalyptischen Reiter (24) 

5-Kassandra und die Eulen der Minerva (27)  6-Über dieses Buch (30) 

7-Die Menschheit am Wendepunkt (37)  8-Mars? Mission Impossible (42) 

9-Es steckt in unseren Genen (45-46)


 wikipe  William_Anders *1933 in Hongkong bis 2024 (90)  
 tagesschau  earthrise-fotograf-anders-gestorben    Audio 1 min

17-29

1-  Earthrise - Erdaufgang

An Heiligabend des Jahres 1968 macht der Astronaut William Anders in der Raumkapsel der Apollo-8-Mission in 780 Kilometer Höhe über dem Mond eine glückliche, wenngleich zufällige und im Flugprogramm keineswegs vorgesehene Entdeckung. Bereits dreimal während des ersten bemannten Fluges zum Mond hat die Apollo-Kapsel den Erdtrabanten umkreist. Um Fotos von seiner Oberfläche zu machen, ist die Spitze des Raumschiffs stets zu ihr ausgerichtet. Als die Astronauten dann die Apollo-Kapsel um ihre Längsachse rotieren lassen, sehen sie plötzlich im Seitenfenster, wie die Erde als kleine, blaue Kugel, noch halb im Schatten liegend, knapp über dem Horizont des grauen Mondes auftaucht. William Anders nimmt eine Hasselblad-Kamera und macht eine historische Aufnahme.  

»Earthrise«, so der Titel des legendären NASA-Bilds, der Aufgang der Erde vom Mond aus gesehen, ist die vielleicht einflussreichste Umwelt­fotographie, die jemals gemacht wurde. Von der US-Raumfahrtbehörde unter der profanen Nummer »AS08-14-2383« veröffentlicht, hat sie erstmals die Sicht der Menschheit auf ihren Heimatplaneten verändert. Die Erde mit ihren Ozeanen wirkt wie eine blaue Murmel; unter den weißen Wolkenwirbeln sind die Kontinente kaum zu erkennen. Wie sie da im schwarzen Weltall über der Oberfläche des Mondes schwebt, wird das Foto zum Symbol für die Isolation der Erde und zugleich ihrer Fragilität. »Wir flogen hin, um den Mond zu entdecken. Aber was wir wirklich entdeckt haben, ist die Erde«, wird William Anders später in einem Interview sagen.(2)

Nachfolgende Raumfahrtmissionen liefern weitere Bilder ganz ähnlicher Art. Das bekannteste ist »Blue Marble«, von dem Geologen Harrison Schmitt während des Fluges von Apollo 17 zum Mond im Dezember 1972 aus einer Entfernung von 45.000 Kilometern aufgenommen und offiziell unter der Nummer »AS17-148-22727« geführt. Von der zu dieser Zeit aufkommenden Umweltschutzbewegung auf Postern, Fahnen und T-Shirts populär gemacht, zeigt es vor dem weiten Schwarz des Weltalls den scheinbar strahlenden, von der Sonne voll erleuchteten Erdball. Diesmal sieht man, aus leicht auf die Südhalbkugel gekippter Perspektive, von Ozeanen umgeben die Umrisse des afrikanischen Kontinents samt Arabischer Halbinsel; am nordöstlichen Horizont das asiatische Festland, die Insel Madagaskar im Bildmittelpunkt und darunter der unter Wolkenwirbeln verschwindende Südpol. Die Erde als blaue Murmel auf schwarzem Samt - ein gleichsam zeitloser Anblick.

Als Kreis in einem Quadrat gedeutet, transportiert dieses Bild unserer Welt für einige Kunsthistoriker eine bemerkenswerte Harmonie. Zugleich sehen sie darin eines der einflussreichsten Bilder der Geschichte, in jedem Fall eine »veritable Ikone des 20. Jahrhunderts«, und nehmen seine Aufnahme als welthistorisches Ereignis.3 Sie deuten die »blaue Murmel« als Weltbild und bringen eine Kaskade von Assoziationen ins Spiel, darunter die Globalisierung (obgleich doch nur eine Seite der Erde zu sehen ist) und das Fehlen alles Menschlichen, weil aus dieser Distanz Städte und Staatsgrenzen nicht mehr zu erkennen sind (aber zugleich den Umstand negierend, dass nur dank der Errungenschaften des Menschen diese Fotographie überhaupt aufgenommen wurde). Unmittelbar nachvollziehbar ist da eher der Eindruck jener Raumfahrer, denen sich dieser Anblick unserer Erde erstmals bot. »Die Welt lag ausgebreitet unter uns, doch wie verletzlich sah sie aus!«4

Neben dieser Verletzbarkeit versinnbildlicht der Anblick der Erde aus dem All zugleich die Einzigartigkeit unseres Planeten und konnte so Ausdruck eines neuen globalen Bewusstseins werden. Nicht zuletzt weisen »Earthrise« und »Blue Marble« bis heute die revolutionär neue Perspektive aus, bei der der Mensch nicht mehr zum Himmel hinaufschaut, sondern erstmals aus dem All herab. Beide Aufnahmen sind somit auch Sinnbilder einer noch zutiefst technikgläubigen Epoche, in der der Mensch erstmals und als einzige Spezies aus eigenem Antrieb die Grenzen der Erde überwunden hat. Die Apollo-17-Mission sollte bis heute der letzte bemannte Mondflug sein. Immerhin landeten US-Astronauten bis 1972 sechs Mal auf dem Mond; sie ließen die Landestufen ihrer Mondfähren und Mondautos zurück, brachten dafür Mondgestein zur Erde, von dem sich die Wissenschaft neue Erkenntnisse über Beschaffenheit und Entstehung des Mondes erhoffte.

Als »Blue Marble« werden bei der NASA seitdem auch mehrere Serien von zusammengesetzten Satellitenfotos bezeichnet, die aus ähnlicher Perspektive eine Gesamtansicht der Erde zeigen: inzwischen technisch bearbeitet, meist wolkenbereinigt und in höchster Auflösung zur freien öffentlichen Nutzung. Auch deren Faszination ist ungebrochen - vielleicht deshalb, weil immer mehr Menschen die Erde inzwischen so sehen wie William Anders, der unlängst sagte: »Hier sind wir, auf einem unbedeutenden Planeten, der um einen nicht besonders bedeutenden Stern herumfliegt, in einer Galaxie von Millionen Sternen, die nicht bedeutend ist, wo es doch Millionen und Aber­millionen von Galaxien gibt im Universum - sind wir also so bedeutend? Ich glaube kaum.«(5)

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 2-  Glücksfall Erde  

Was wir hier unten auf der Erde so leicht vergessen, was uns der Blick von oben aus dem Orbit aber bewusst macht: dass unser Planet in der Tat eine winzige lebensfreundliche Welt ist, die allein durch einen unendlichen lebens­feindlichen Kosmos treibt; und dass er - nicht nur in unserem Sonnensystem mit seinen acht Planeten -, soweit wir das wissen können, die einzig bewohnbare aller Welten ist.

Als dritter Körper aus Gestein und Metall ist die Erde zwischen den inneren terrestrischen Planeten Merkur, Venus und Mars sowie den äußeren gasförmigen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und weit draußen Neptun platziert. Zwar kann sich das heute jeder leicht mit seinem Tablet oder dem Smartphone in der Hand vor Augen führen, doch gerät gerade dadurch ebenso leicht die wichtigste Botschaft aus dem Blick: Unsere Erde ist ein einmaliger Glücksfall, nicht mehr als das zufällige Ergebnis einer kosmischen Fügung, aber auch nicht weniger.

Denn allein unser wohlplatzierter und wohlproportionierter Planet hat den richtigen Abstand zur Sonne und kreist damit in jener lebensfreundlichen Zone, in der die Temperatur auf der Oberfläche gerade so groß ist, dass Wasser in flüssiger Form vorkommt. Nur die Erde ist nicht zu dicht an der Sonne und damit zu heiß, wie etwa Merkur und Venus; und nicht zu weit weg, wie etwa Mars oder Saturn, und damit zu kalt für organisches Leben. Ein kosmischer Glücksfall eben. Nur die Erde besitzt zudem eine Atmosphäre, die Wasser nicht sofort im Vakuum des offenen Weltraums verdampfen lässt und die aus Vulkanen produziertes Kohlendioxid zurückhält, wie in einem Treibhaus. Noch so ein Glücksfall. Deshalb gibt es Leben nur auf der Erde.

Die Oberfläche der beiden anderen inneren Gesteinsplaneten, Merkur und Venus, wird von der Sonne höllisch aufgeheizt, so dass alles Wasser verschwunden ist. Auf den äußeren Gasplaneten wie Jupiter und Saturn wäre Leben wohl nie entstanden, jedes Lebewesen würde auf ihrer Oberfläche versinken. Ihren Monden, soweit sie bisher erforscht sind, fehlt eine Atmosphäre. Auf ihnen ist jedes Wasser gefroren, sie sind komplett von kilometerdicken Eisschichten bedeckt, selbst wenn sich unter dem Eispanzer flüssige Salzwasserozeane von mehr als 100 Kilometern Dicke befinden.6

Bereits für unser Sonnensystem können wir also festhalten: Es ist kein wirklich lebensfreundlicher Lebensraum.

19/20

Anders ist es nur hier auf unserem Heimatplaneten. Erde, das ist eigentlich der falsche Name für diesen Ort im Weltall; immerhin besteht ihre Oberfläche wenigstens zu 70 Prozent aus Ozeanen und damit freiem Wasser. Mag für die Namensgebung die irdische Natur dieses festen kosmischen Körpers hinreichend Rechtfertigung sein (tatsächlich macht Wasser nur 0,1 Prozent der Erdmasse aus) - es sind diese obersten, wassergesättigten Schichten der Erde, die ihr ganzes Geheimnis bergen. Sie allein ermöglichen Leben, wie wir es kennen und das diesen Namen verdient. Das war während der Erdgeschichte durchaus nicht immer so. Nach allem, was wir wissen, fror die Erde wenigstens einmal sogar vollständig zu, und es ist einem weiteren geologischen Glücksfall (dem Zusammenspiel von Kohlenstoffdioxid ausstoßenden Vulkanen und der Sonneneinstrahlung) zu verdanken, dass unser blauer Planet nicht ewig als weißer Schneeball durchs All geistert.

Nimmt man einerseits die Unendlichkeit des Weltraums als Maßstab, sind wir praktisch wie faktisch allein im Universum. Nichts hat sich je weiter von der Erde entfernt als die beiden »Voyager«-Sonden der NASA, die vor über vierzig Jahren, im August und September 1977, gestartet wurden, um die vier äußeren Planeten unseres Sonnensystems - Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun - zu erkunden. Mittlerweile mit komplett veralteter Technik unterwegs (der Bordcomputer hat den Stand des ersten Apple-Rechners mit 64 Kilobyte Arbeitsspeicher), sind beide Sonden inzwischen taub, blind und stumm. Als irdische Flaschenpost rauschen sie - mit einer Datenplatte aus vergoldetem Kupfer als Botschaft an Außerirdische in Bild und Ton - durch den interstellaren Raum. Obgleich sie dabei jeden Tag 1,4 Millionen Kilometer zurücklegen, haben sie sich mit ihrem an sich rasanten Tempo von 60.000 Kilometer pro Stunde gerade einmal 17 bzw. 21 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt.7 Gewaltige Distanzen nach menschlichem Ermessen, und doch haben sie kaum mehr als den Vorgarten der Erde erreicht.

Nimmt man andererseits die biologische Wahrscheinlichkeit paralleler Evolution zum Ausgang, sind wir Erdlinge erst recht allein und alle Hoffnungen, eines fernen Tages auf eine andere Zivilisation zu treffen, vergebens. Mögen Astronomen angesichts der jüngsten Entdeckungen von Exoplaneten auch davon ausgehen, dass die Anzahl potenziell lebensfreundlicher Planeten in der Milchstraße größer ist als bislang angenommen - gänzlich irrig bleibt die Schlussfolgerung, »dass wir in einem Universum leben, in dem es vor Leben wimmelt«, wie sich einige Forscher zitieren lassen.8

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Leben gibt es nachweislich allein auf unserem Planeten Erde als Ergebnis einer einmaligen Evolution. Das macht unser Sonnensystem einzigartig, wie viele andere sonnengleiche Sterne und erdähnliche Planeten auch gefunden werden mögen. Dass es andere erdähnliche Exoplaneten gibt, heißt nicht notwendiger­weise zugleich, dass dort auch Leben sein muss. Das aber wird zumeist angenommen oder unterstellt. Zwar sind Physik und Chemie überall im Universum gleich. Doch das gilt eben nicht auch für die Biologie und insbesondere nicht für die Evolution.

 

     3-  Gibt es anderswo Leben?    

 

Gibt es also gar kein Leben irgendwo dort draußen? Diese Frage kann bis heute niemand wirklich beantworten, egal, wie lange und mit welchem Aufwand Astronomen, Astrophysiker und Astrobiologen ihr auch nachgegangen sind. Theoretisch ist es zwar nicht unwahrscheinlich oder gar ausgeschlossen, dass sich chemische Elemente und Verbindungen unter lebensfreundlichen physikalischen Bedingungen in einem anderen als unserem Sonnen­system zu biotischen Verbindungen geformt haben. Doch wissen wir es nicht und werden es auf unabsehbare Zeit auch nicht mit Gewissheit nachweisen können.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert fahnden SETI-Forscher (Search for Extraterrestrial Jntelligence), wenngleich wohl mit unzureichenden technischen Mitteln, nicht nur nach Leben an sich. Sie jagen vielmehr der irrigen Annahme nach, es müsse sich um eine Form von höherem oder gar intelligentem Leben handeln; noch dazu solchem, das mittels Radiosignalen zur Kommunikation mit uns fähig wäre, nur weil wir es sind. Doch »zu intelli­genten Lebensformen kann man wissenschaftlich keine sichere Aussage machen«, sagen sogar beteiligte Forscher.9 Wo die Wissenschaft aus gutem Grund schweigt, blühen Fantasie und Wunschvorstellungen umso mehr.

Das zeigen auch jüngste Umfragen. Jeweils mehr als die Hälfte der (knapp 1200) Befragten in Deutschland, Großbritannien und den USA ist überzeugt, dass es außerirdisches intelligentes Leben gibt. Und ebenfalls etwas mehr als die Hälfte antwortete auf die Frage, warum denn bisher dieses nicht gefunden wurde, dass »intelligentes außerirdisches Leben zu weit entfernt [sei], um uns zu kontaktieren« und »unsere Kommunikations­technologie nicht ausgereift genug [sei], um mit Außerirdischen zu kommunizieren«.

In den USA war es bei dieser letzten Frage allerdings kaum mehr als ein Drittel der Befragten. Umgekehrt ist hier, wo Verschwörungstheorien seit jeher Konjunktur und damit Tradition haben, ebenfalls ein Drittel der Befragten, und damit deutlich mehr Menschen als anderswo, der Ansicht, Außerirdische hätten uns bereits kontaktiert, »aber die Regierung hält dies unter Verschluss«.10

Selbst wenn wir diese spezifische Sicht auf Außerirdische einmal ausblenden - natürlich fasziniert die Suche nach außerirdischem Leben an sich.

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Doch was wäre gewonnen, wenn es nachweislich anderswo im Universum ebenfalls Leben gäbe? Es verblüfft, dass diese Faszination für alles Extraterrestrische in keinerlei Verhältnis zum tatsächlich Nachweis­baren der Astronomie, dem Machbaren der Raumfahrt oder gar einem konkreten Nutzen steht.

Man muss sich nur vor Augen führen, dass kein Astrophysiker die unlängst gemeldeten Exoplaneten wirklich gesehen hat und dass sich Leben auf einem dieser Erdzwillinge selbst mit einer neuen Generation von Wel­traum­teleskopen nicht wirklich wird nachweisen lassen. Zudem senden die kleinen Himmelskörper anderer weit entfernter Galaxien neben ihren wesentlich leuchtkräftigeren Sternen viel zu wenig Licht aus. Nur mehr aus winzigen Veränderungen der Helligkeit und Bewegung von Sternen schließen Astrophysiker bislang auf die Existenz von sie umkreisenden Planeten. Selbst der geplante verfeinerte Blick in die Atmosphäre erdähnlicher Planeten würde eventuell vorhandenes extraterrestrisches Leben nur indirekt, durch chemische Veränderungen ihrer Hülle, nachweisen.

Der Hinweis, dass Astrophysiker bei ihrer Forschung auf indirekte Methoden und komplizierte technische Verfahren angewiesen sind, soll ihre Arbeit keineswegs diskreditieren. Es soll hier betont werden, wie wenig wissen­schaftlich Greifbares wir überhaupt über die Welt dort draußen wissen, wie vage insbesondere die Spekulationen über Leben auf unerreichbar weit entfernten kosmischen Körpern sind, wie wahrscheinlich auch immer es in der Theorie sein mag. Ungleich spekulativer noch und tatsächlich nichts anderes als Science-Fiction ist die Vorstellung, einmal selbst den nächstgelegenen dieser Exoplaneten erreichen zu können.

Was dagegen feststeht: Wir sind Erben der Entstehung des Lebens und Enkel von dessen weiterer Evolution allein auf dieser unserer Erde. Vor allem sind wir Kinder unseres Sonnensystems und des einzig habitablen Planeten darin; Er allein ist unser Kosmos. Leben anderswo als hier ist für uns Erdlinge nicht wirklich eine Option - nicht für den Homo sapiens, mag er auch noch so sehr nach dem Mond schielen oder gar zum Mars wollen; und auch nicht für Millionen anderer Spezies, über deren Schicksal zu bestimmen wir uns aufgeschwungen haben. Die Evolution menschlichen Lebens fand einzig und allein auf der Erde statt; sie allein ist unsere Bühne für die weitere Entwicklung und die Zukunft des Lebens.   wikipedia_Habitable_Zone 

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Deshalb gilt: Auf unabsehbare Zeit haben wir nur diesen einen Planeten. Angesichts dieser unleugbaren Gewissheit sind zwei Entwicklungen höchst unverständlich, die es hier zu konstatieren gilt: Zum einen ist unser eigener Heimatplanet chronisch unterforscht, das Leben auf ihm noch immer in vielen Teilen unerforscht, während Regierungen rund um den Globus Milliardenbeträge für die Erkundung des Weltalls ausgeben. Zum anderen tun wir so, als hätten wir noch einen zweiten Planeten in Reserve.

Bleiben wir für den Moment beim ersten Punkt. Während wir Unsummen in die Erkundung des Weltalls und die Suche nach Leben und Wasser auf eindeutig für uns zu weit entfernten Planeten stecken, die wir in diesem (und wohl auch im nachfolgenden) Jahrhundert nicht erreichen werden, geben wir deutlich weniger Mittel, in jedem Fall viel zu wenig der verfügbaren Etats für die biologische Erforschung unseres Heimatplaneten aus.

Um diesen Punkt zu betonen, müssen wir gar nicht die enormen Kosten der prestigeträchtigen Mond- oder gar Marsflüge aufrechnen; einzelne astrophysikalische Missionen verschlingen bereits Milliarden Dollar, Yen und Euro. Allein das Weltraumteleskop »Kepler« war eine halbe Milliarde Euro teuer.11 Und als 2014 die Sonde Rosetta auf dem rund eine halbe Milliarde Kilometer entfernten Kometen Tschurjumow-Gerassimenko (kurz Tschuri) den kühlschrankgroßen Miniroboter »Philae« absetzte, verschlang dies knapp 1,3 Milliarden Euro.12 Gleichzeitig können in der Biologie viele Projekte zur systematischen Erkundung der irdischen Natur allein wegen mangelnder Finanzmittel nicht durchgeführt werden. Es geht mithin um die Frage ausgewogener Mittelverteilung und durchdachter Prioritätensetzung.

Sosehr Weltraummissionen unser Wissen vom Werden des Sonnensystems auch erweitern mögen - es gibt buchstäblich näherliegende und für unser Überleben auf der Erde in nächster Zukunft weitaus wichtigere Forsch­ungs­felder. Die Biologie, insbesondere die Erkundung der Biodiversität, der biologischen Vielfalt des Lebens auf der Erde, wird seit Langem mit deutlich weniger Finanzmitteln betrieben als Astronomie und Astrophysik. Das war durchaus nicht immer so; doch es soll hier nicht weiter untersucht werden, warum es heute so ist und ob der Schritt ins All zugleich der richtige für unsere Zukunft ist. Es mag uns vorläufig die Feststellung dieser Tatsache genügen; und der viel wichtigere Hinweis, dass der Versuch der Eroberung des Universums durchaus zur Pioniermentalität des Homo sapiens passt, wie gleich noch zu zeigen sein wird.

Von zentraler Bedeutung ist hier noch die zweite Beobachtung, die gerade angesichts des kosmischen Glücksfalls der Alleinstellung unserer Erde ihre Brisanz entfaltet. Wir sind, wie sämtliche andere Lebewesen dieses Planeten auch, das Produkt eines einmaligen Evolutionsablaufs auf dieser einen Erde. Nur verhalten wir uns nicht danach. Darum, um unsere Stellung im Kosmos ebenso wie um die Rolle des Menschen in der Natur und seinen Umgang mit ihr, wird es letztlich in diesem Buch gehen.

***

Vor rund 14 Milliarden Jahren entstand mit dem Urknall das Universum, vor etwa 4,6 Milliarden Jahren formte sich gemeinsam mit den übrigen Planeten unseres Sonnensystems die Erde. Seit etwa drei Milliarden Jahren gibt es erste Spuren des Lebens auf unserem Planeten, doch erst seit 540 Millionen Jahren nachweislich erste fossile Zeugnisse einer vielfältigen Organismenwelt in den Ozeanen. Dann, erst nach einem weiteren unendlich langen Zeitraum von mehr als einer halben Milliarde Jahren, betraten vor etwa sieben Millionen Jahren erstmals menschenaffenähnliche Hominiden die Bühne dieser Evolution. Seit etwa vier Millionen Jahren gehen die ersten Menschenahnen aufrecht. Vor nur zwei Millionen Jahren entstand vermutlich in Ostafrika die Linie unserer Gattung Homo.

Der moderne Mensch Homo sapiens ist erst etwa 300.000 Jahre alt. Vor knapp 70.000 Jahren verließ auch er seine afrikanische Heimat (zuvor hatte dies bereits eine andere Frühmenschenform getan, der Homo erectus). Innerhalb nur weniger Generationen und Jahrtausende besiedelte er schließlich die gesamte Erde. Wir haben es wahrlich weit gebracht. Eine evolutive Erfolgsgeschichte einerseits - obgleich wir andererseits im kosmischen Maßstab kaum mehr sind als eine Eintagsfliege der irdischen Evolution.

 

     4-   Die neuen apokalyptischen Reiter    

24/25

Anderswo als auf der Erde zu leben ist für uns keine Option, wie wir gesehen haben; in jedem Fall keine, auf die wir setzen sollten und der wir uns mehr widmen sollten als dem weitaus aussichtsreicheren Versuch, das Leben auf unserem Heimatplaneten zu erkunden und es vor allem zu bewahren. Das aber vergessen wir offenbar, ebenso wie wir eine weitere unangenehme Wahrheit verdrängen:

Dass wir inzwischen mehr als siebeneinhalb Milliarden Menschen auf diesem Planeten zählen; am Ende dieses Jahrhunderts werden es voraussichtlich elf Milliarden Menschen sein. Schon vorher, bis etwa Mitte des 21. Jahr­hunderts, werden wir voraussichtlich die natürlichen Ressourcen fast vollständig geplündert haben.

Obgleich wir nur diese eine Erde besitzen, leben wir längst in einer Weise über unsere Verhältnisse, die befürchten lässt, dass das Ende der Evolution nahe sei - nicht nur eines Großteils aller anderen Arten, mit denen wir diese Welt teilen, sondern auch unserer eigenen. Das ist die zentrale These dieses Buches.

Seit der biblischen Überlieferung (im 6. Kapitel der Offenbarung des Johannes) wird vor den »Reitern der Apokalypse« als Boten des Jüngsten Gerichts gewarnt. Diese Reiter, das waren Krieg und Gewalt, Hunger, Krankheit, Seuchen und Tod. Zu Recht fürchten wir jene apokalyptischen Reiter seit jeher als reale Gefahren. Sie sorgen für Chaos und Zerstörung; und oft genug haben sie in der Geschichte der Menschheit Leid und millionenfachen Tod gebracht. Nur eines von vielen Beispielen für eine solche historische Katastrophe ist der Dreißigjährige Krieg. Er begann im Mai 1618 mit dem berühmten Prager Fenstersturz, forderte während dreier Jahrzehnte Millionen Menschenleben und verwüstete weite Teile Mitteleuropas.

Heute jedoch heißen die neuen und wahren apokalyptischen Reiter Bevölkerungsexplosion, Ressourcenverknappung, Umweltzerstörung - und in der Folge davon Biodiversitätskrise und Artensterben. Tatsächlich sind wir Zeuge und zugleich Verursacher des größten weltweiten Rückgangs der biologischen Artenvielfalt seit dem Ende der Dinosaurier. In sämtlichen Lebensräumen der Erde verschwinden erst Hunderte, dann Tausende, schließlich Hunderttausende von einmaligen und unwiederbringlichen Tier- und Pflanzenformen. Dabei machen die großen allbekannten Säugetiere wie Elefant, Eisbär, Löwe, Tiger oder Nashorn nur den Anfang. Immer mehr Arten an Vögeln, Reptilien und Amphibien, vor allem aber ein weitgehend unbekanntes Millionenheer oft namenloser Tiere wird ihnen folgen. Bevor der Mensch umlenken kann, werden ihre Lebensräume verschwunden sein, so steht ernsthaft zu befürchten. Bald werden sämtliche Ökosysteme - egal, ob Regenwälder oder Riffe, Savannen oder Seen, Flüsse oder Meere, Gebirge oder Inseln - ihre Natürlichkeit und mit dieser die in ihnen lebenden Organismen eingebüßt haben. Mit den Arten aber verlieren die ökologischen Netzwerke des Lebens immer mehr Knoten und Maschen; am Ende werden es zu viele sein, so dass sie keine weitere Veränderung und Belastung mehr aushalten.

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Das Anthropozän - unser durch den Menschen geprägtes Erdzeitalter - wird durch ein weltweites Massenaussterben der Arten, das sechste in der Erdgeschichte, markiert werden. Es wird das Ende der Evolution auf der Erde sein, so wie wir Menschen sie kennen.

Dagegen ist der inzwischen viel beachtete Klimawandel lediglich einer der Nebenschauplätze. Zwar steht die Debatte um das Erdklima gegenwärtig im Fokus, tatsächlich aber ist es nicht wirklich das drängendste Problem und die größte Gefahr für die Menschheit; keineswegs das zentrale Zukunftsthema, wie meist behauptet wird. Denn auch ohne den Klimawandel arbeiten wir uns derzeit in eine Krise des Lebens: Wenn wir weiterhin sämtliche Lebensräume der Erde übernutzen, vor allem in den Tropen die Wälder vernichten und Ozeane plündern, dann wird selbst eine menschengemachte Klimaveränderung kaum noch etwas zur ökologischen Apokalypse beitragen können, was die Artenkrise nicht schon mit sich gebracht hätte.

Wenn unsere lange steil nach oben weisende Bevölkerungskurve irgendwann endlich kippt, wenn unsere Form der Bewirtschaftung von Landschaften zur Ernährung des Menschen an ihre letzten Grenzen stößt, wird die Menschheit längst ein Artensterben globalen Ausmaßes verursacht haben.

Lange übersehen, ist der Mensch längst zu einer Evolutionskraft sui generis geworden, der Klimawandel davon nur eine der vielen Konsequenzen. Gravierender ist, dass Homo sapiens mit seiner nach Milliarden zählenden Weltbevölkerung zum stärksten Treiber vieler geologischer und biologischer, insbesondere ökologischer Prozesse auf der Erde geworden ist; dass sein grenzenloser Hunger nach Rohstoffen und seine Land- und Waldwirtschaft schuld am globalen Artentod sind. Darum wird es hier gehen.

Vor allem, und das ist die zweite zentrale Botschaft dieses Buches, weil der Mensch dank seiner Natur und evolutionsbiologischen Wurzeln so ist, wie er ist, verursacht er mittlerweile globale Probleme für die Zukunft der Menschheit und der Tier- und Pflanzenarten auf der Erde. Er kann von seiner Evolution her gar nicht anders; aber das verdrängen wir. Die einfache Frage dieses Buches lautet daher:

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 5-  Kassandra und die Eulen der Minerva  

 

Die Vorhersage, dass der Mensch viele Lebensformen dieser Erde unwiederbringlich vernichten wird, das Aussterben einzelner Arten und ganzer Arten­gemein­schaften verantwortet und letztlich damit auch sein eigenes Überleben gefährdet, ist durchaus nicht neu. Ebenso wenig neu ist, dass sämtliche Mahnungen dazu kaum wirklich ernst genug genommen wurden und weitgehend ungehört verhallten. Man kann sicher nicht behaupten, die Frage nach dem Überleben des Menschen sei nicht gestellt worden. Verändert aber hat sich wenig.

Auch Kassandra - jene tragische Figur, die immer Unheil vorhersah, aber niemals Gehör fand - hat eine lange Geschichte. An frühen Warnungen hat es durchaus nicht gefehlt. Weder der Raubbau des Menschen an der Natur, noch dass er damit sein eigenes Überleben gefährdet, ist also eine neue Erkenntnis, ökonomische Unkenrufe von den Grenzen des Wachstums und ökologische Horrorszenarien haben mittlerweile Tradition.

Zwar ist der drohende Kollaps der Erde bereits vielfach verkündet worden; eine regelrechte Besorgnisindustrie hat sich etabliert. Gleichwohl haben ökologisch verbrämte Endzeitszenerien keine wirkliche Fangemeinde. Vom allgegenwärtigen Artentod aber sprach lange niemand; zunehmend erreichen die Meldungen die Abendnachrichten.

Mir geht es einerseits darum, auf diese Artenkrise in ihrer ganzen Tragweite aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, was wir dazu bereits wissen, was sich absehen lässt. Und andererseits darum, dies in den evolutions-biologischen Kontext zu stellen, in den der Natur des Menschen und der Natur anderer Arten.

Viele nehmen die weit verstreuten Hinweise auf das Verschwinden der Arten wahr; schwerer fällt es, diese nicht nur als isolierte Begebenheiten zu sehen, sondern in ihrer Bedeutung wirklich einzuordnen. Es ist nicht übertrieben: In zwanzig oder dreißig Jahren könnte es sein, dass es weltweit keine größeren Säugetiere mehr in der Wildnis gibt, keine von der Größe und Art eines Elefanten, Nashorns, Tigers oder Jaguars jedenfalls. Bis Ende des 21. Jahrhunderts könnte die Hälfte oder gar mehr aller Tier- und Pflanzenarten verloren sein.

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Die Vielfalt an Vögeln und Fröschen, an Schmetterlingen und Samenpflanzen wird drastisch geschrumpft sein; ganze Areale könnten abgesehen von Aller­weltsarten verarmt sein. Der Mensch, der sich zum Beherrscher der Welt aufgeschwungen hat, verprasst das evolutive Erbe dieser Erde. Aus Kurzsichtigkeit und Unkenntnis, sicher; aber auch, weil er es in seiner Evolution nicht anders gelernt hat, den Nutzen von Nachhaltigkeit nicht wirklich versteht und lebt. Dadurch kommt es zu einer Krise von planetarer Dimension.

Nein, mir geht es nicht darum, in alarmistischer Weise Panik zu verbreiten und Ängste zu schüren.

Und ja, natürlich gibt es auch die gute Nachricht und die Erfolge im Umweltschutz. In den Industriestaaten verpesten wir die Luft weniger mit Schadstoffen, Flüsse werden wieder sauberer. Seit der Ausstoß von schädigendem FCKW drastisch reduziert wurde, verkleinert sich das Ozonloch wieder. Wir produzieren mehr Strom aus regenerativen Energien; wir recyceln in Deutschland wie die Weltmeister und verbrauchen weniger Trinkwasser. Noch nie gab es so viele Vögel gerade in großen Städten, so hört man. Viele Menschen hierzulande engagieren sich im Naturschutz; viele sind für »Bio« und »Öko« zu haben.

Nur ändert das alles nichts an der globalen Lage, um die es hier geht.

Natürlich sind immer schon Arten in der Erdgeschichte ausgestorben; auch entdecken und beschreiben Biosystematiker beinahe täglich neue, ihnen bislang unbekannte Tier- und Pflanzenarten.

Nur ändert das nichts an der derzeit rasant schwindenden Biodiversität.

Das Buch mit der durchaus provokanten These vom Ende der Evolution will nicht simple Endzeitszenarien durchspielen, über die Ökonomen wie Ökologen bereits seit Langem streiten. Vielmehr sollen - diesmal explizit aus dem Blickwinkel der Evolutionsbiologie - die verfügbaren Fakten zur Lage auf unserem Planeten zusammengetragen und beleuchtet werden. Sie sind im Zusammenhang betrachtet erschreckend genug.

Der Schlüssel zu allem ist Wissen; ohne Kenntnis der Fakten und Hintergründe, der Daten und Quellen ist ein sicherer Umgang mit den komplexen Szenarien unserer Gegenwart nicht möglich, geschweige denn, dass sich die Herausforderungen der Zukunft meistern lassen. Nur aus diesem akkumulierten Wissen lassen sich dann in einer Gesamtschau aus der Biodiversitätsforschung und der Evolutionsbiologie des Menschen belastbare Vorher­sagen über die Zukunft der Arten und auch über unsere eigene Zukunft ableiten.

Es ist nicht die Gegenwartsanalyse eines Wissenschaftlers, der hier nur mehr sein Bauchgefühl zur Wissensautorität erhebt. Vielmehr sollen Evidenzen gesichtet und gesicherte Kenntnisse über den Gegen­stand zusammen­getragen werden.

Zwar glauben auch viele Wissenschaftler gern, dass sich durch ihre Arbeit Vermutungen ein für alle Mal bestätigen oder widerlegen lassen. Moderne Wissenschafts­theoretiker sehen das mitunter eher kritisch. Und doch betonen sie als das Gute an Wissenschaft, dass wir ein Verfahren haben, den Gegenständen unserer Forschung gerecht zu werden, und unsere Ansichten, Befunde und Meinungen methodisch zu testen gelernt haben, statt uns im Vagen und im Wunschdenken zu verlieren. Wissenschaft ist unersetzlich und das Beste, was wir haben, wenn uns an der Wahrheit liegt, so eine aus der Wissenschafts­theorie gewonnene Überzeugung.

Wenn wir uns dem Thema Evolution und Artensterben wissenschaftlich nähern, hilft ein Seitenblick auf eines der großen Gleichnisse der Weltliteratur zu Rationalität und Verstand. Seit der Antike gelten Eulen als ein Symbol von Klugheit und Weisheit. So war etwa der Steinkauz Athene noctua der griechischen Göttin Athene heilig, jener Stadtgöttin Athens und zugleich Göttin der Weisheit. Auch in der römischen Mythologie, die ihre Göttin Minerva mit der griechischen Athene gleichsetzte, stand die Eule für Weisheit und Klugheit (obgleich sie auch als Unglücks- und Todesvogel gefürchtet wurde).

Sehr viel später dienten diese Eulen der Minerva dann dem deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel zu einer seitdem berühmten Metapher für das Geschäft von Weisheit, Wissenschaft und Vorhersage. Wie Eulen, die erst in der Abenddämmerung, wenn der Tag zu Ende geht, zu fliegen beginnen, kann Wissenschaft wirklich verlässlich nur Vergangenes und bereits Geschehenes deuten. Wissenschaft setze mithin Wirklich­keits­erfahrung voraus. Stets könne Wissenschaft erst Erklärungen liefern, wenn die zu erklärenden Phänomene bereits Geschichte sind, meinen Philosophen. Hegels Eulenmetapher habe zugegebenermaßen etwas Resignatives, da demnach wenigstens sie aus sich selbst heraus nichts Utopisches und Fantastisches entwickeln können, so eine ihrer gängigen und noch unmittelbar verständlichen Interpretationen. 

Gleichwohl sollen die wissenschaftlichen Befunde, die hier zusammengetragen werden, nicht nur die Geschichte des Menschen und seines Umgangs mit der Natur beleuchten; sie sollen stattdessen auch befragt werden hinsichtlich dessen, was wir aus ihnen lernen können, und mithin Vorhersagen erleichtern. Letztlich durchaus in der Hoffnung und mit dem Ziel, dass wir am Artenschwund etwas ändern können, bevor alle Eulen verflogen sind.

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Glaubrecht, Prolog, 2019