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2.  Der gequälte Planet    Hiller-1994

 

 Der Müll  

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Als Hausmüll werden feste Abfälle bezeichnet, wie sie in einem normalen Privathaushalt entstehen und von der Müllabfuhr weggebracht werden. Im Jahr 1987 lag das Aufkommen an Hausmüll in Westdeutschland bei 20 Millionen Tonnen. Ende der achtziger Jahre waren es in Gesamt­deutschland rund 24 Millionen Tonnen.

Der größte Teil des Hausmülls wird auf Deponien gelagert; in Westdeutschland sind dies 70 Prozent. Weitere 25 Prozent werden verbrannt, nur ein geringer Teil wird sortiert und kompostiert. Mit etwa 30 Gewichtsprozent verursachen die Verpackungs­materialien den größten Teil des Hausmülls. Davon wiederum entfallen 16 Prozent auf Papier und Pappe, 9 Prozent auf Glas und 5,5 Prozent auf Kunststoffe. Rund 30 Prozent der gesamten Müllmenge sind organische Abfälle aus Küche und Garten.

Gewerbeabfälle sind Rückstände der Industrie. Da ihre Zusammensetzung entsprechend der Produktion sehr vielfältig mit unterschiedlichen Schadstoff­gehalten ist, können diese Abfälle nicht gemeinsam mit dem Hausmüll entsorgt werden. Im Jahr 1987 fielen in Westdeutschland 61 Millionen Tonnen Gewerbemüll an. Der weitaus größte Teil davon wird durch die chemische Industrie verursacht. Die Menge an Bauschutt, Bodenaushub und Straßenaufbruch dürfte bei weiteren 60 Millionen Tonnen liegen. 

    

Sonderabfälle, oft auch Giftmüll genannt, umfassen einen weiten Bereich von Stoffen, die entweder direkt oder über Luft und Wasser gesundheits­schädigend wirken. Weit über die Hälfte der Sonderabfälle kommen aus der chemischen Industrie. Sonderabfälle werden in ober- oder unterirdischen Sondermülldeponien oder in Sondermüllverbrennungsanlagen entsorgt.

In Deutschland stehen einer wachsenden Abfallmenge begrenzte Entsorgungskapazitäten gegenüber. In Westdeutschland führte das zu einem legalen Abfalltourismus einstmals in die damalige DDR, bis 1992 auch nach Frankreich. Weltweit nimmt Deutschland als Müllexporteur die erste Stelle ein.

 

Bei der Müllverbrennung wird das ursprüngliche Gewicht auf 30 bis 40 Prozent Reststoffe verringert. Etwa ein Drittel dieser Rückstände kann im Straßenbau verwendet werden. Der Rest muß deponiert werden. Die Rauchgase, die bei der Müllverbrennung entstehen, enthalten zahlreiche giftige Stoffe wie Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Stickoxide, Salzsäure, Schwermetallverbindungen und sogar Dioxine und Furane. Daher müssen die Rauchgase gereinigt werden, wobei giftige Rückstände anfallen, die wiederum als Sondermüll deponiert werden müssen. Hier zeigen sich die Schwierigkeiten der Müllbeseitigung: Zwar wird die Menge durch die Verbrennung erheblich verringert, dafür fällt giftiger Sondermüll an, der aufwendig deponiert werden muß.

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Dennoch gilt die Müllverbrennung gegenwärtig als das beste aller Verfahren der Beseitigung. Die Bürger sind auch sehr dafür - nur sollte dieser Vorgang nicht in ihrer Nähe stattfinden. Aber überall, wo Müll verbrannt wird, leben Menschen, die zwar ebenfalls für Müllverbrennung sind, nur eben nicht in ihrer Nähe. Muß der Abfall in der Landschaft gelagert werden, wehren sich die unmittelbar betroffenen, in der Umgebung lebenden Menschen in zunehmendem Maße gegen dieses Vorgehen. Tatsache ist - in Mitteleuropa leben immer Menschen in der Nähe.

Große Probleme bereiten die Industrieabfälle. Die Industrie sucht dringend nach Wegen, ihre Abfälle ohne negative Folgen für die Umwelt zu beseitigen und unschädlich zu machen. Da dies aber schwierig und teuer ist, werden immer wieder Gifte illegal abgelagert oder gegen geringes Entgelt in ärmere Staaten verbracht. In der Vergangenheit wurden giftige Stoffe oftmals unkontrolliert abgelagert, was zur Vergiftung des Bodens führte.

Von diesen Altlasten gibt es in Deutsehland mehrere zehntausend. Über diesen oft verdeckten Lagerstätten wurden Wohnsiedlungen, Sport- und Spielplätze errichtet. Niemand weiß, wie das Geld für die kostspielige Sanierung aufgebracht werden soll. Allein für die Sanierung von 10.000 der schlimmsten Sonder­müll­deponien in den USA zum Beispiel werden Kosten von 100 Milliarden Dollar angenommen. Da dieses Geld natürlich nicht verfügbar ist, werden jene Lagerstätten für alle Zeiten so gefährlich bleiben, wie sie es heute schon sind.

Mögen im Westen folgenschwere Fehler und sogar Verbrechen bei der Beseitigung aller Arten von Müll gemacht worden sein, so ist der Zustand in den ehemaligen Ostblockstaaten noch weitaus kritischer. Ausgelöst durch Mißwirtschaft, aber auch bedingt durch ethnische Eigenheiten wurde ohne Rücksicht auf die Umwelt produziert. In den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, von den europäischen Industriegebieten bis in die äußersten Winkel Sibiriens, befinden sich überall riesige verseuchte Flächen.

Aufs schlimmste wird auch Schlesien geschädigt: Da die finanzschwache polnische Regierung keine Mittel für den Umweltschutz zur Verfügung stellen kann, wird das Land durch die Industrie in Oberschlesien und den Kupferbergbau in Niederschlesien stark mit industriellen Giften belastet. In den Ländern der Dritten Welt wird ein großer Teil des Hausmülls überhaupt nicht beseitigt. Vom anfallenden Müll werden in Jakarta 30 Prozent, in Daressalam vier Fünftel und in Karatschi mehr als zwei Drittel nicht eingesammelt.

In den Städten Südamerikas hingegen ist meist eine bessere Müllabfuhr gewährleistet. So etwa in Caracas, Santiago de Chile, Buenos Aires, Sao Paulo und Rio de Janeiro, wo zwischen 91 und 99 Prozent des Mülls beseitigt werden. Allerdings leben in diesen Städten viele Menschen auf und von diesem Müll.

In den Slums fallen zwar die geringsten Müllmengen an, hier ist jedoch die Entsorgung auch am schlechtesten. In vielen Ländern der Dritten Welt besteht die Entsorgung in der Ablagerung auf offenen Schutthalden. Hygienisch einwandfreie Deponierung ist die Ausnahme. Zwangsläufig verursacht Müll, der herumliegt oder in Wasserläufe gekippt wird, gefährliche und ansteckende Krankheiten, vor allem, wenn sich Müll und menschliche Exkremente vermischen.

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    Der Smog    

 

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Dr. Horst Hiller 1994  Der gequälte Planet  Die Bestandsaufnahme eines Wissenschaftlers