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7.  Kommunismus als Beamtenherrschaft  

 Von  Prof. Iwan Iljin  

 

     Panpolitismus  

119-142

Das Wesen der kommunistischen Doktrin besteht vor allem darin, daß die Privatinitiative und das mit ihr zu­sam­m­en­hängende Privateigentum — das Prinzip des Schädlichen und des "Übels" im menschlichen Sozial­leben ausmachen:1) dieses Prinzip müsse dement­sprechend unterdrückt und abgeschafft werden. 

An seine Stelle würde dann das heilbringende Prinzip des planmäßigen Regulierens treten, das Prinzip des willens­kräftigen, zentralisierenden, politischen Verordnens — ein wirtschaftlicher und kultureller Panpolitismus.

Alles das, was der Mensch aus der "anarchischen" Selbsttätigkeit seines Selbsterhaltungstriebes tut und leistet, würde dann auf der "höheren Stufe" des menschlichen Voraussehens, Wollens und Entscheidens — höchst rationell, kraftsparend und zweckmäßig — geschehen. Dann erst könnte die Wissenschaft — eine neue Lebens­technik, und der Staat — eine neue Lebensordnung schaffen; die Klassenpolitik des Proletariats würde aber für die "Gerechtigkeit" der neuen Daseinsweise bürgen.

   Die Idee der Sowjetbürokratie  

Die Grundidee dieses Systems besteht also darin — die Natur im menschlichen Sozialleben durch Gutdünken und Willkür zu ersetzen; die spontane Initiative des Privatmenschen auszuschalten und den entstandenen Riß mit Staats­verordnungen auszufüllen; an die Stelle des irrational-zweckmäßigen Instinktes den Zwang und den Terror einzusetzen; das Prinzip der wett­eifernden Vielheit zu unterdrücken und das Prinzip der zentralistischen Einheit ausschlaggebend zu machen; das Organische des gesellschaftlichen Wesens zu mechanisieren und die kulturelle Schicht der Klassenfeinde durch die frischen und richtig eingestellten Kräfte des kommunistischen Proletariats zu verdrängen.

Diese Grundidee ist schon seit 12 Jahren nicht nur als Idee führend, sondern zum reellen Schema der Wirklich­keit in Sowjet­rußland geworden. Die Kommunisten haben ihre Idee realisiert und dement­sprechend ein merkwürdiges Bild geschaffen, nämlich ein nie dagewesenes System der revolutionären und kommun­istischen Bürokratie, einer Beamtenschaft, welche aus der ungebildetsten und politisch aller­uner­fahrensten sozialen Schicht rekrutiert wird.

1)  Vgl. bei Trotzky z.B. "Der Satan des Marktes",  2. KK. , S. 306.


Diese Bürokratie sucht in Sowjetrußland nicht nur als primum movens, sondern als solum movens aufzutreten und zu fungieren: die sozialen Kräfte, die von ihr noch nicht unterjocht und verschlungen sind, werden systematisch einer Zersetzung und einer Neugestaltung entgegengetrieben; sie sucht nicht die Einheitlichkeit im sozialen Leben, sondern eine systematische Einzigkeit und Ausschließlichkeit zu erreichen. Sie will, ihrer Idee nach — "alles in allem" werden. Und es wäre vielleicht von großem Interesse zu verfolgen, ob und inwiefern es ihr gelingt. Ich versuche im folgenden, ausgiebiges authentisches Material zusammen­zustellen und die Kommunisten selbst über die Resultate ihres bürokratischen Experimentes sprechen zu lassen. Man kann sicher sein, daß in der kommunistischen Presse durchaus nicht alles gesagt und erzählt wird, was den Tatsachen entspricht, wohl aber, daß die Tatsachen nicht besser aussehen können, als sie von den Kommunisten selbst in ihrer erzwungenen "Selbst­kritik" geschildert werden.

 

    Die Vollmacht   

In ihrem riesigen, bürokratischen Experimente werden die Kommunisten durch nichts gestört oder behindert: sie können und machen nach ihrem freien Gutdünken, alles was sie wollen. "Worin besteht unsere Kraft und was fehlt uns? Politische Macht haben wir vollauf genügend. Die wirtschaftliche Grundmacht — ist auch gänzlich in unseren Händen."2) — "Was die Macht anbetrifft, so hat jeder von uns, um es aufrichtig zu sagen, zu viel davon und niemand sehnt sich nach Macht";3) - auch könnten "wir" darum "ohne weiteres mit einem Federstrich den Privathändlern Feuer und Wasser verbieten" ... usw. Kurz, der Mißerfolg der ganzen Büro­kratisierung ist nicht auf eine politische Unmöglichkeit im Sinne eines "Nichtdürfens" oder eines "Gestört­werdens" zurückzuführen, sondern auf ein sachliches — wirtschaftliches und geistiges — Scheitern.

 

    Die ehemaligen Beamten  

Die Kommunisten haben mehrmals versucht, die Mißleistungen ihrer Bürokratie durch "Sabotage" und Ränke der noch nicht abgebauten, vorrevolutionären Beamtenschaft zu erklären.4) An allem wäre das "jämmerliche Erbe des Zarismus schuld".5) Daneben sehen sie sich aber gezwungen, ohne weiteres festzustellen, daß der Prozentsatz der alten Beamtenschaft im Verhältnis zum neuen Personal überaus gering ist:

2)  Lenin, Werke, Bd. XVIII, T. 2, S. 59; Rede vom 27. März 1922. 
3)  Sinowjew, 12.KK, S. 202.
4)  Das findet man noch bei Lenin, Werke, Bd. XVIII, T l S. 277 T. 2, S. 45.
5)  Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 424. 

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— im Durchschnitt nicht über 4,2 v.H.; daß diese "alten Beamten" aus dem "zaristischen Apparate" fast ausschließlich die niedrigsten Dienststellen innehaben (Wächter, Pförtner, Aufräumer u.a.); und daß sie im übrigen pflichttreu und loyal arbeiten.6) Dementsprechend müssen wir feststellen, daß das kommunistisch-büro­kratische System von einer neuen, nachrevolutionären Beamtenschaft geschaffen ist und verwirklicht wird: wir haben vor uns die sogenannten "Hervorgeschobenen", eine neue aus den Betrieben herangezogene Arbeiter-Elite — die allerbeste Auslese der revolutionären Schichten, was die Kommunisten selbst offen zugeben und gerne unterstreichen: "Wir wissen, daß die Auslese für die wirtschaftlichen Organe und für die Sowjetbehörden keine schlechte gewesen ist: es ist das Beste, was in unserer Partei und in unseren Organisationen zu finden war."7) Oder noch entschiedener: "die besten Vertreter des Proletariats regieren jetzt in Rußland".8)

Was hat nun in Wirklichkeit diese neue kommunistische Beamtenschaft aus ihrer ganzen diktatorialen Vollmacht geschaffen und geleistet?

 

   Bürokratismus als Wunde  

Alle stenographischen Berichte, alle Reden, alle Zeitungen der Kommunisten wimmeln von Klagen über die "Bürokratie" und den "Bürokratismus". Schon Lenin ärgerte sich fortwährend über das, was er "bürokratische Perversität"9) oder "das Übel des Bürokratismus"10) nannte. "In unserer Staatsordnung ist der Bürokratismus zu so einer Wunde geworden, daß unser Partei­programm sich darüber ausspricht."11) "In der Menge unserer Kongresse übertreffen wir alle Staaten der Welt."12) "Was sind aber alle unsere Sitzungen und Ausschüsse? Sehr oft nur ein Spiel."13) "Es sind schon 5 Jahre, daß wir uns an der Aus­besserung unseres Staatsapparates abmühen"; es ist "aber nur ein Anschein der Arbeit"; wir stecken noch immer in einem "Gefummel"; wir "backen" zahlreiche Behörden, und im Grunde genommen sieht die Sache nicht nur "traurig", sondern "abscheulich" aus.14)

6)  Selbstverständlich ist dieser Prozentsatz höher: in Banken (17 %), in Finanzbehörden (16,2 %), aber auch im Kontrollamt (9,5 %), im Gerichtswesen (8,5 %). Dieselben Schlüsse werden auch aus den statistischen Angaben über die Altersstufen der Sowjetbeamtenschaft gezogen. Vgl. 15.KK., S. 468/69; Iswestija vom 14. April 1929.
7)  Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 447.
8)  Lenin, Werke, Bd. XVIII. T. l, S 556.
9)  Lenin, Bd. XVIII, T. l, S. 12, 55, 155.
10)  Ebendaselbst, S. 226.
11)  Ebendaselbst, S. 122.
12)  Ebendaselbst, S. 579.
13)  Ebendaselbst, XVIII, T. 2, S. 15; vgl. XVIII, T. l, S. 87.

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Einmal ging er in seinem hilflosen Ärger so weit, daß er vorschlug, die ganze Beamtenschaft aus den Moskauer Behörden "in das allerschlechteste Moskauer Gefängnis für sechs Stunden einzusperren", und die Genossen aus dem Kommissariate des Außenhandels — "für 36 Stunden".15)

Drei Jahre verstrichen nach Lenins Tod, und Dsershinsky, der damals auch schon vor dem Ende stand, klagte und zürnte über die gleichen Erscheinungen. "In unserer bürokratischen Verwaltungsorganen und Kanzleien wird sehr viel Energie verbraucht, aber Nutzen, das muß ich offen gestehen, Nutzen haben wir davon abscheulich wenig."16) — "Wir leiden an einem Organisations-Fetischismus";17) und "wenn ich mir unseren ganzen Apparat, unser ganzes Verwaltungssystem, unseren unerhörten Bürokratismus vergegenwärtige, so ergreift mich davor direkt ein Grauen".18) Diese "unendlichen kollegialen Sitzungen, Ausschüsse, Beratungen usw." müssen unbedingt auf ein Minimum zurückgeschraubt werden, sonst "wird die Arbeit unmöglich"19) usw.

Es geschieht immerfort ein und dasselbe: "Der Bürokratismus füllt unvermeidlich unsere Parteiapparate" und "die Sowjetorgane aus";20) "wir müssen einen lebendigen Apparat aus ehrlichen Menschen schaffen";21) und in Wirk­lich­keit "taugt unser Apparat, hol ihn der Teufel, gar nichts";22) wir haben überall entweder Büro­kratismus oder Chaos.23) Dadurch wird die Partei von den Massen getrennt und ihnen gegenübergestellt;24) und für die "kolossale Menge" der von uns begangenen "Fehler, Dummheiten und Widrigkeiten" werden wir kräftig von den Bauern gescholten.25) Der obere und der untere Staatsapparat sind in dieser Hinsicht gleich: auch "in unseren untersten Behörden gibt es einen Bürokratismus, in der verkehrtesten, in der häßlichsten Form — wie viel sie wollen".26)

14)  Ebendaselbst, T. 2, S. 118, 120, 116, 60.
15)  Lenin, Bd. XVIII, T. 2, S. 44.
16)  Dsershinsky, Die drei letzten Reden, 1926, S. 19 (russ.).
17)  Ebendaselbst, S. 52.
18)  Ebendaselbst, S. 54.
19)  Ebendaselbst, S. 33.
20)  Trotzky, 11. KK, S. 119; vgl. bei Maharadze, 15. KK, S. 223.
21)  Kamenef, 12.KK, S. 411; vgl. die Beschlüsse des Kongresses, S. 619/20.
22)  Bumashnv, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 98.
23)  Nogin, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 67.
24)  Trotzky, Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, S. 154.
25)  Molotof, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 1065.

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Statistisch wäre festzustellen, daß z.B. im Jahre 1924  51 Gouvernements 17.000 Privatklagen zu verzeichnen hatten, darunter 61 Prozent, also rund 10.370 Klagen über den Bürokratismus der Sowjetbehörden.27) Und nur in einem Punkte sind die Kommunisten uneinig, nämlich ob der bürokratische Apparat in den bürgerlichen Staaten besser oder schlechter arbeitet als im Sowjetstaate ...28)

Man darf durchaus nicht denken, daß die Kommunisten den Bankrott ihres Apparates nur feststellen und nicht zu bekämpfen suchen. Nein! Fast jedes Jahr werden großartig angelegte "Säuberungen" des Apparates durchgeführt. Aber dieser Kampf wird von ihnen geführt als Verzweiflungskampf. Nach 12 Jahren sieht man in den führenden Zeitungen der Kommunisten den Aufruf fett gedruckt: "Hetzt die Bürokraten!"29) Die Kontrolle wird plötzlich und konvulsiv vorgenommen; sie wird gewöhnlich "Überfall" genannt,30) und ihre Resultate kommen oft in die Zeitungen.

Das, was diese Kontrolle feststellt, ist, wie ein führender Kommunist (Kujbyschef) gesteht, "nicht zu erzählen". Es wäre "unendlich viel",31) aber das Hauptsächlichste ist doch herauszugreifen.

 

Die Zahl der Angestellten 

Erstens — die Zahl der Angestellten. Sie ist nicht nur unverhältnismäßig groß, sondern zeigt noch eine beständige Tendenz zum Steigen. Dies ist leicht zu verstehen und zu erklären: denn nie hat es noch einen Staat gegeben, der es versucht hätte, das ganze private und halbprivate Leben seiner Bürger in die öffentliche Hand zu nehmen; die Zahl der Angestellten, der Behörden, der Staatsorgane muß immer zunehmen, je nachdem neue Seiten und Funktionen des Lebens "sozialisiert", "munizipalisiert", "kollektiviert" werden. .... Die herausdifferenzierte Funktion muß doch von jemandem besorgt — registriert, organisiert, in Gang gesetzt werden usw.

Per 1. Oktober 1922 zählten die Kommunisten 1.320.000 Sowjetbeamte.32) Nach anderthalb Jahren, also am 1. Mai 1924, stellten sie fest, daß die Zahl der Angestellten rund 1.500.000 Menschen erreicht hat.33)

26) Ordschonikidze, 15. KK., S. 555; vgl. bei Jakowlef, ebendaselbst, S. 514.
27)  Kujbyschef, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 558.
28)  Stalin meint — schlechter, 14. KK, S. 32; Ordschonikidze meint aber, der Sowjetapparat tauge nichts, wäre aber doch besser als in Deutschland, Frankreich usw., 14. KK, S. 395.
29)  z.B. Iswestija, 16. Mai 1929.
30)  Russisch "nalöt", ein terminus technicus aus dem Argot der Räuberbanden. Siehe z. B. Iswestija, 1929, 24. April, 17. Mai usw.
31)  Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, S. 303.
32) Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 207.

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Etwa im Dezember 1925 berichtete man über 1.850.000 Beamte des Staatsapparats;34) diese Zahl wurde aber bestritten: es wäre richtiger mit rund 2.500.000 Angestellten zu rechnen.35) Aber schon in den nächsten Jahren (1926/27) mußten die Kommunisten feststellen, daß der Staatsapparat in Sowjetrußland aus 3.722.000 Menschen besteht, worunter rund 2.000.000 rein administrative Posten bekleiden.36) Seitdem ist der soge­nannte "sozialistische Sektor" weiter gewachsen, und die Zahl der Angestellten hat weiter zunehmen müssen, allein schon in den so stark wachsenden Kollektiv­wirtschaften. Am 27. Juni 1930 berichtete Stalin dem XVI. Kommunistischen Kongresse, daß der Sowjetstaat über 4.596.000 Angestellte verfügt, die in Lohndienst stehen und eine nicht-körperliche Arbeit leisten (Prawda, 29. Juni). Die Sozialisierung war aber noch lange nicht zu Ende. ... 

 

Der systematische Abbau 

Es ist recht interessant hervorzuheben, daß die Sowjetmacht jahraus jahrein an dem Abbau ihres Apparates systematisch arbeitet;37) jedoch ohne Erfolg. Es wurde daran im Zentrum schon in den Jahren 1918-1922 gearbeitet; die Zahl der Beamten wuchs aber immerfort.38) Fast jede Parteikonferenz und jeder Parteikongreß beschließen einen harten Abbau durchzuführen;39) er wird auch immer von neuem vorgenommen.40) Es hilft nichts; kaum hat man hier abgebaut, siehe da, in einem Monate oder in einem halben Jahr ist die Zahl der Angestellten wieder angeschwollen.41) Wie kommt es dazu? Es wird viel zu viel "leere, unnütze Arbeit" gemacht, die von "gänzlich unnützen Menschen" emsig verrichtet wird — versucht ein führender Kommunist zu erklären.42)

 

Die Überkompliziertheit des Apparates  

Der Staatsapparat der Kommunisten ist eben überkompliziert und ungefügig: der Zentralapparat, die Partei­behörden, die Sowjet­behörden, die wirtschaftlichen Organe, die GPU-Agentur; und alles dies in den erkünstelten "National-Republiken" und "Provinzial-Staaten" getreu abgespiegelt und wiederholt.43)

33)  Stalin, 13. KK. , S. 120. 
34)  Molotof, 14.KK, S. 73; vgl. auch bei Kujbyschef, S. 541.
35)  Sinowjef, ebendaselbst, S. 120.
36)  Ordschonikidze, 15.KK, S. 399; vgL bei Stalin, ebendaselbst, S. 61.
37)  Teilweise "auf dem Papier", 11. KK, S. 319.
38)  Lenin, Bd. XVIII, T. 2, S. 77; siehe Prawda, 1930. VIII. 13 — nach dem Abbau wächst der Bestand weiter.
39)  z.B. Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, S. 274, 637.
40)  Vgl. den grundlegenden Bericht des Kommunisten Ordshonikidze in den Sitzungen des XVI. K. Kongresses, Prawda, 5.7.1930.
41)  Festgestellt von Ordshonikidze, Kotoff, Satonsky; 15. KK, S. 551, 433, 425.
42)  Satonsky, Ebendaselbst, S. 425; Tgl. Lenin, Bd. XVIII, T. 4, S. 249.

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Alles verzweigt sich ins Unendliche: so stellte man z.B. fest, daß nur eine einzige Kommission des Sownarkoms44) (genannt "Sto") 120 untergeordnete Ausschüsse bei sich führte;45) oder noch: die Geschäfts­führung im sogen. "Prom-büro"46) wurde so verwickelt, daß Woroschilof vorschlug, einen besonderen "Verwaltungs­apparat für die Verwaltung dieses Verwaltungsapparats" zu schaffen.47) Jeder neue Entwurf hat bis 16, ja bis 20 behördliche Instanzen zu durchwandern.48) Der Etat einer "föderativen Republik" muß aber mit 65 Instanzen rechnen.49) Und jede Instanz hat schwere, unendliche, tagelange Sitzungen abzuhalten.50)

Im Moskauer Zollamt hat z.B. jedes Zollaktenstück 110 verschiedene Operationen durchzumachen, an denen sich 35 Menschen beteiligen müssen51) usw. Es überwiegt überall zahlenmäßig das Kanzleipersonal (im Durch­schnitt 60 %); das operative Personal tritt aber bedeutend zurück (im Durchschnitt nur 40 %).52) Und so kommt es dazu, daß der ganze "vielstöckige Apparat"53) gewissermaßen zu einem "Selbstzweck" wird,54) der sich selbst ohne weiteres genügt.

 

Die riesigen Unkosten  

Es ist ohne weiteres klar, daß dieser ganze Apparat ungeheuer kostspielig wird und einen riesigen Aufwand an Geldmitteln erfordert. Die Kommunisten sehen sich genötigt, immerfort von einer Verbilligung ihres Apparates zu sprechen,55) können aber auch in dieser Hinsicht keinen Erfolg buchen. Im Dezember 1927 berichtete ein führender Kommunist in den Sitzungen des XV. Kongresses, daß die 2.000.000 Beamte des rein admin­istrativen Apparates dem Sowjetstaate rund 2 Milliarden Rubel kosten.56)

43)  Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 413/14. 
44)  Sownarkom entspricht etwa einem Ministerrat. 
45)  Lenin, Bd. XVIII, T. 2, S. 53.
46)  Eine Behörde für die Industrie des Südostens.
47)  Erzählt von Stalin; 12.KK, S.55. Stalin fügt hinzu: "Solcher Tatsachen gibt es eine Unmasse, mehr als bei mir Haare auf dem Kopfe".
48)  Vgl. "Torgowo-Promyschlennaja Gaseta" vom 19. Nov. 1926; 15.KK, S. 508.
49)  Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 508.
50)  Siehe z.B. Iswestija vom 18. April 1929.
51)  Ordschonikidze, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 408.
52)  14. KK, S. 610. - In Westeuropa steht es umgekehrt.
53)  Karajef, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 507. 
54)  Stalin, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 55. 
55)  Siehe z.B. in den Beschlüssen des XII. Kommun. Kongresses, S. 212, 619.
56)  Ordschonikidze als Berichterstatter; 15. KK, S. 399.

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Das macht rund 1000 Rubel jährlich pro Kopf. Daraus wäre zu schließen, daß der gesamte Apparat (4.596.000 Menschen) im Jahresbudget einen Satz von mehr als 4 1/2 Milliarden ausmacht ... Das Steigen der Indexe muß aber ein entsprechendes Steigen der Gehälter nach sich ziehen; im Jahre 1924 machte diese Steigerung gegen das Vorjahr 72 % aus.57) Auch relativ ist der Sowjetapparat ungeheuer kostspielig: die sogenannten "allgemeinen Verwaltungs­ausgaben" der Industrie machen durchschnittlich 20 % des geleisteten Arbeitswertes und bis 100 % der Auslagen für den Arbeitslohn aus.58)

Nun drängt sich von selbst die Frage auf: Was leistet eigentlich dieser ungeheure, überkomplizierte und kostspielige Verwalt­ungs­apparat? Wie arbeitet er? Was gelingt ihm? Wer sind die Menschen, die seine Reihen füllen? Bei der Beantwortung dieser Fragen benutze ich wieder nur authentisches Material aus kommunistischen Quellen.

 

Formalismus

Die ganze Arbeit des Sowjetapparates verläuft formalistisch und mechanisch. "Es wird nicht das Wesen der Sache behandelt, sondern die Form ihrer amtlichen Behandlung"; und "alle Entscheidungen werden in summarischer Weise getroffen."59) "Trocken" und "formalistisch" verläuft die ganze Arbeit;60) jeder "kennt nur seine eigene Stellung, seine amtlichen Angelegenheiten; wir besitzen weder Verbindung noch Zusammenhang; es fehlt uns die Perspektive" ...61)

So arbeitet man überall, oben und unten: im Rate der Volkskommissare, wo jeder nur sein Amt, nur seine Behörde im Auge hat, — "alles übrige ist gleichgültig";62) und in der allerletzten "kooperativen" Staatsbude: "offiziell", "verächtlich" (besonders den "ärmer gekleideten" Käufern gegenüber), "beamtenmäßig", ohne jegliches Interesse.63) Dieser Bürokratismus "verwischt die lebenden Menschen"; und dadurch wird die ganze "Leitungs- und Verwaltungsarbeit mechanisiert".64) Schließlich "nimmt der Bürokratismus eine Form an, die eigentlich nicht anzukritteln ist: der Form nach ist alles richtig, aber dem Wesen nach ist es Spott und Hohn".65)

57)  Kujbyschef, Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, S. 297.
58)  Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 412; vgl. S. 438.
59)  Trotzky, Stenogr Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 119.
60)  Kulikoff, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 229.
61)  Ossinsky, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 121.
62)  Ossinsky, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 77.
63)  Vgl. Andrejef, 13. KK, S. 446; und Lebed, 15. KK, S. 1046. Der Passus von den "ärmer gekleideten" wurde in der Plenarsitzung von Zwischen­rufen "richtig" begleitet.
64)  Dsershinsky, Die drei letzten Reden, S. 33.

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Papierflut  

Dementsprechend arbeitet die kommunistische Bürokratie vorwiegend auf dem Papier und mit Worten; der Lebenserfolg aber läßt auf sich warten. "Uns liegen Papierberge vor ..., aber praktisch ... können wir nichts erreichen", seufzte schon Lenin.66)

Es wird etwa so gearbeitet: "man schreibt einen Papierfetzen" und läßt "ihn immer weiter herumspazieren";67) oder, man hat über etwas zu berichten: da läßt man sich von einem dienstfertigen Spezialisten "einen ganzen Band schreiben", von dem "neun Zehntel überflüssig sind"; einen Band, den niemand lesen kann und wird.68) "Ich bin gezwungen", seufzte Dsershinsky, als Leiter des "Höchsten Volkswirtschaftsrates", "auf Papierstößen zu sitzen"; "ich bin gar nicht im Stande", "alle mir zugesandten Papiere" "durchzusehen"; "auch hätte ich sie auf Schritt und Tritt gar nicht verstanden" ...69)

"Nehmen wir die Berichte, die ich formell unterschreibe; es könnte scheinen, daß es in der Welt keinen klügeren und allwissenderen Menschen gibt, wie Dsershinsky. Er schreibt Berichte über Zündhölzchen, über Gold, über Erdschätze, er schreibt absolut über alles ..."70) Und in Wirklichkeit "wissen wir nicht, was wir machen — es wissen andere Menschen und die Papiere in unseren Mappen".71)

"Was für einen Sinn haben solche Folianten? Mit ihnen kann man die Sache nur verwirren";72) sie "könnten etwa tausendfach abgekürzt werden".73) "Das Papier verschlingt uns".74) "Wir verderben nur Papier, Tinte und Luft", indem wir "uns selbst und untereinander Papierfetzen schreiben".75) Und noch eins: "unsere Führer reden viel, und alles, was sie gesprochen haben, wird aufgeschrieben".76)

65) Lenins Worte zitiert von Kuibyschew, 14.KK, S. 539.
66)  Lenin, Werke, Bd. XVIII, T. 2, S. 15.
67)  Dsershinsky, Die drei letzten Reden, S. 20, 34.
68)  Dsershinsky, Die drei letzten Reden, S. 23, 34.
69)  Ebendaselbst, S. 33.
70)  Ebendaselbst, S. 21.
71)  Ebendaselbst, S. 34.
72)  Ebendaselbst, S. 41.
73)  Ebendaselbst, S. 42.
74)  Ordshonikidze, 15.KK, S. 401; vgl. Prawda, 1930, V. 22 "Papier anstatt wirkliche Leitung".
75)  Satonsky, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 423.
76) Mikojan, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 190.

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Statistisch sieht dieses Papiermeer etwa so aus. Zwischen dem IX. und X. Parteikongreß bekam das Zentral­komitee der Partei aus der Provinz 35.000 "schriftliche Materialien" zugesandt; zum XI. Parteikongreß waren es schon 120.000 Berichte.77) Im Jahre 1927 hat jedes Mitglied des Politbüros rund 6000 Seiten Material und 75 Protokolle zugesandt bekommen.78) Das Verkehrskommissariat verbrauchte jährlich 6.888.000 kg Papier, d.h. ein Viertel der ganzen Landespro-duktion;79) usw. Aufrichtig und naiv berichtet darüber Kalinin, die personifizierte Spitze des Staates: "Soeben war ich drei Wochen abwesend. Als ich zurückkam, brachte man mir aus dem Zentralkomitee solch einen Haufen von allerhand Instruktionen und Beschlüssen, daß ich bei seinem Anblick erschrak, und, ohne zu lesen, ihn in meinen Schrank hinlegte."80)

Kurz, man schreibt, um nicht zu lesen; man unterschreibt, ohne gelesen zu haben; man schreibt viel, um wenig zu denken;81) man liest nicht, um überhaupt leben zu können.82)

 

Worte ohne Ende  

Ähnlich steht es mit Worten und Reden. Die Revolution hat von Anfang an mit einem wüsten, allgemeinen Herumreden begonnen: "sie konnte sich nicht anders entwickeln, als eben durch die Periode eines allgemeinen, universellen Meetingierens, hinsichtlich aller Fragen";83) nun gilt es aber daneben noch "ohne geringste Unentschlossenheit die Verwaltung zu führen".84) Diese entschlossene, selbstsichere Verwaltung äußert sich aber in Reden und Worten, deren Unzulänglichkeit durch harten Zwang ausgefüllt und ausgebessert wird. Die kommunistische Bürokratie versteht nur zu schreiben, zu reden und zu zwingen; das große Geheimnis der schaffenden Arbeit bleibt ihr verschlossen. "Praktisch verrichtet niemand das Geschäft, alle erwägen nur".85) "Hauptschwätzer" nennt sie das Volk.86)

77) Molotof, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 46. 
78)  Kursky, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 108. 
79)  Ordschonikidze, 15.KK, S. 407, 410. -- In russ. Gewicht 420.000 Pud. -- 1 Pud macht 16,4 kg aus.
80)  Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 396.
81)  Vgl. bei Dsershinsky, "Einer kennt gar nicht die Frage, darum macht er sich eben ans Papierbeschreiben". Die drei letzten Reden, S. 21.
82)  Vgl. bei Lenin, Bd. XVIII, Teil l, S. 131, 135: "Müßte ich an allem, was ich unterschreibe, mich mit der Hand oder telephonisch beteiligen, wäre ich schon längst wahnsinnig geworden". Hier und da spielt man sich auch witzige Possen, so z. B. kommt es vor, daß jemand, ohne zu lesen, eine Selbstdenunziation unterschreibt. Vgl. Iswestija, 11. 5. 1929.
83)  Lenin, Werke, Bd. XVIII, Teil l, S. 378. 
84)  Ebendaselbst, S. 379.
85)  Lenin, XVIII. Teil 2, S. 36.
86)  Ebendaselbst, S. 37.
87) Tomsky, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 732.

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Ganze Behörden arten in ein "leeres Geschwätz" aus;87) und "wichtige Kongreßbeschlüsse" werden "nur zu einem geringen Teil erfüllt".88) Im Dorfe aber hat der Kommunismus nur "eine schlechte Gewohnheit zu dilettantischen Gesprächen und Beschlüssen" ins Leben gerufen.89) Die Sowjetbürokratie leidet an einer wahren Sitzungspsychose;90) an einer enormen Überschätzung des Wortes; an einer unersättlichen Geschwätzigkeit. Man spricht ohne Ende, um die eigene Hilflosigkeit zu verhehlen und um den Ernst der Tat zu verschieben.

 

Der Unfug der Projekte  

Das äußert sich auch in mancher anderen Hinsicht, z.B. in der Neigung, immerfort neue Projekte zu machen, zu kalkulieren und sich mit den weitschweifigsten Plänen herumzutragen, ohne jedoch ernste und ausgearbeitete, reelle Entwürfe zu Grunde zu legen.91) Dabei werden aber die Unmöglichkeiten und die Mißerfolge übersehen oder weggeheuchelt.

"Man sucht etwas Besonderes und Weises zu erfinden", klagte Lenin, "und man rechtfertigt sich damit, daß eine neue ökonomische Politik eingeführt ist, und daß man deswegen etwas Neues ersinnen muß".92) Man schafft Entwürfe, die ganze Zentner wiegen;93) und nimmt sie ernst, als wären sie lebensfähig und an die Realität angepaßt. Es ist merkwürdig, wie z.B. Lenin selbst den Elektrifikationsplan einer extra geschaffenen Behörde, "Goelro" genannt, als "eine vortreffliche, wissenschaftliche Arbeit" pries, und die "genauen Berechnungen der Spezialisten" (wie Rußland in 10 Jahren zu elektrifizieren wäre) ernst nahm; daneben aber unmittelbar die "Projektenmacherei der Intellektuellen und der Bürokraten" verhöhnte94) ...

 

Die Kalkulation  

Der kommunistische Bürokrat "kalkuliert". Was bringt er zustande? - "Etwa bis zu 80 % ist unsere Kalkulation willkürlich und für die übrigen 20 % ist sie vollständig unbefriedigend", schilderte Trotzky die Angelegenheit im Jahre 1923.95) "Ich behaupte", rief Dsershinsky im Jahre 1926 aus, ..daß die Zahlen, die uns die Kartelle liefern, aufgeblasen, daß sie phantastisch sind."96) ... "Bei uns gibt es keine Verantwortlichkeit für die Zahlen".

88)  Andrejew, Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, S. 452.
89)  Lebed, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 609.
90)  Vgl. den Aufsatz "Mikrobus" in der Prawda, 27.5.1930, wo ein führender kommunistischer Schriftsteller die Ausdrücke "Sitzungs-Mikrobe" und "Sitzungskrankheit" prägt.
91)  Siehe z.B. für die letzte Zeit Prawda, 11.5.1930. Aufsatz von Beljawsky; Prawda, 14. 5. 1930. Aufsatz: "Man baut ohne Projekte".
92)  Lenin, Bd. XVIII, Teil 2. S. 16.
93)  Dsershinsky, Die drei letzten Reden, S. 41.
94)  Lenin, Bd. XVIII, Teil l, S. 85—86.
95)  russisch: "hinkt auf beiden Beinen".12. KK, S. 300.
96)  Alle sogenannten "Kartelle" in Sowjetrußland sind nur kommunistische Behörden.

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"Unser System ist so beschaffen, daß es diese Phantasterei fördert"; es ist nämlich ein System von Behörden, welche die gegebenen Kalkulationen gegenseitig immerfort ändern und "ausbessern".97) Und so kommt es dahin, daß "du soviel flunkern kannst, wie du willst";98) und Jeder weiß "von Anfang an", daß der andere einen Quatsch vorbringt.99) Genau so ist es auch jetzt geblieben (1929), wo das zweite kommunistische Experiment, geführt von Stalin, in vollem Gange ist. Nur eines hat sich geändert: ein offizieller Optimismus diesen Kalkulationen gegenüber ist zum Merkmal der Parteiloyalität geworden; Pessimisten werden nicht geduldet, sie werden kaltgestellt oder abgebaut.100) Lenin wußte, was dieser "Optimismus" wert ist; er nannte ihn: "das süßliche kommunistische Gelüge des Alltags, von dem es einem übel wird, zuweilen bis in den Tod".101) Der weniger gebildete Stalin "kalkuliert" entschlossen, mit einem rücksichtslosen "Optimismus".

 

Die Unwirtschaftlichkeit  

Die Unwirtschaftlichkeit,102) die daraus entsteht, will ich hier nur ganz kurz vermerken.103) Diese Unwirtschaftlichkeit wird als "äußerste" bezeichnet104) und bringt "kolossale Verluste".105) Der riesige, überkomplizierte Apparat schafft solche Absatz­unkosten, daß der Privathandel, sowie er nur ein bißchen Freiheit bekommt, sofort über den kommunistischen Handel den Sieg davonträgt.105a) - "Erdrosseln müssen wir den Keim des Privatkapitals, weil sein Apparat billiger ist, als der unsrige, weil er bequemer und rascher zirkuliert", forderte ein rechts stehender Kommunist.106)

97)  Siehe z.B. Prawda, 1930, 11. V., für das Gebiet der Chemie. 
98)  Dsershinsky, Die drei letzten Reden, S. 40. 
99)  Im Original heißt es "lügt" (russisch: "ty wrösch"). Dsershinsky, ebendaselbst, S. 40.
100)  Dieses Schicksal traf am 23.l.1930 die statistische Zentralbehörde; im August 1930 eine ganze Reihe von Fachleuten und Professoren, die abgesetzt und verhaftet wurden.
101)  Lenin, Bd. XVIII, Teil 2, S. 58.
102)  Authentische Bezeichnung der Kommunisten. Siehe z. B. 11.KK, S. 499, Beschlüsse; des XIII. Kommun. Kongresses, S. 505 u. a.; fürs letzte Jahr siehe z. B. Prawda. 1930. V. 8, kurzer Bericht "isklütschitelnoje golowotjapstwo"; Prawda. 1930. V. 10 "Paiki w koljossa"; 1930. V. 14 "umerte swoj pyll"; Prawda. V. 16 über den Bau der Staatsküche in Lugansk; Prawda. 1930. V. 18 über die Säuberung des Gewerkschafts­apparats; Prawda. 1930. VII. 5. über Aufbewahrung von Gemüse usw.
103)  Siehe die Aufsätze von Dr. Hoeffding und Dr. Melkich.
104)  Kujbyschef, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 544.
105)  Ebendaselbst, S. 545.
105a)  Vgl.12. KK, S. 515 und 516, 297; des XIV. Kommun. Kongresses, S. 540.
106)  Preobrashensky, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 130.

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So ist nun einmal "der Babelturm des bürokratischen Wirtschaftsapparats beschaffen"107) mit "seiner Vielstöckigkeit",108) mit seiner riesigen Behördentreppe109):  die Preise wachsen wie eine Schneelawine, und wir sind gezwungen, "im Winter in einem Hemde herum­zugehen, und im Sommer Pelze anzuziehen."110) "Wenn wir die Post verpachten würden, wäre sofort ein Einkommen zu verzeichnen; uns bringt sie einen Verlust"111) usw. Man muß feststellen: es ist eine selbstbewußte Unwirtschaftlichkeit, die zu einem System geworden ist.

 

Die Schlepperei  

Im innigsten Zusammenhang mit dieser Unwirtschaftlichkeit steht die sogenannte "bürokratische Schlepperei" des Sowjet­apparates.112) Äußerlich sieht es so aus, als ob der ganze Apparat "in ewiger Hast und Eile113) angestrengt arbeitet": jeden Augenblick wird nach der Armbanduhr geguckt; es wird rasch gelaufen, viel und nervös gesprochen; atemlos verbringt man den Tag, erschöpft ist man abends ...

Aber innerlich und sachlich wird alles ungeheuer geschleppt und "unglaublich"114) verschleppt. Noch im Jahre 1923 wurde beschlossen, "dieser, jeder Beschreibung spottenden, Schlepperei ein Ende zu machen".115) - Jahre verstrichen und alles blieb wie früher. Die Beantwortung einer amtlichen Anfrage erfordert 200 bis 240 Tage.116)

Um einen Schacht vor dem drohenden Versaufen zu retten, muß eine Pumpe bestellt werden; erst nach 8 Monaten geht die Bestellung an die betreffende Fabrik ab.117) Um zu einer Prothese zu gelangen, muß ein Invalide 7 Jahre hintereinander sich abplacken.118) Eine ungeheure Verschleppung herrscht auch in den Sowjetgerichten119): ein Prozeß um die Brandstätte eines Hühnerhäuschens dauert mehr als 3 Jahre120) usw.

107)  Trotzky, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 297.
108)  Karajew, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 507.
109)  Andrejew, Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, S. 444.
110)  Karajew, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 507.
111)  Kisselew, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, < 292.
112)  Russ. "wolokita". Siehe noch bei Lenin, Bd. XVIII, Teil 1, 383, Teil 2, S.15 u.a.; vgl. die Karikatur in der Prawda. 1930. V. 28.
113)  Trotzky, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 119.
114)  Ordshonikidze, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 401.
115)  Rykof, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 438.
116)  Kuibyschew, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 559.
117)  Ebendaselbst, S. 539/40. 
118)  Ebendaselbst, S. 160. 
119) Ebendaselbst, S. 407, 553.

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Für die Rechtzeitigkeit des amtlichen Verfahrens ist niemand verantwortlich.121) Es herrscht überall "eine verbrecherische Nachlässigkeit" — im Gericht, in der Verwaltung, im Versicherungswesen, in der Sowjetkooperation usw.;122) ein "ungeheuer langsames Tempo in der Entfaltung der Arbeit".123) — "Wir können dem Leben nicht nachkommen, wir verlieren das Tempo";124) wir handeln — gesetzmäßig — und bringen die widerlichste Schlepperei zustande".125) Und für diese Schlepperei "werden wir kräftig, kernig, aufs Gemeinste von den Arbeitern und Bauern niedergeschimpft, und zwar mit Fug und Recht".126)

 

Die Zentralisation  

Es ist ohne weiteres anzunehmen, daß die Ursache dieser Eigenschaften und Mißleistungen des Sowjet­apparats auch in seiner grundlegenden Struktur zu suchen ist. In dieser Hinsicht unterstreichen die Kommunisten folgendes: Erstens die allgemeine, alles überwältigende Zentralisation. Es ist ohne weiteres klar, daß diese Eigentümlichkeit des Sowjetapparats durch die Grundidee des Kommunismus ins Leben gerufen ist und zur straffen, politischen und wirtschaftlichen Diktatur notwendigerweise gehört.127) Der Kommunismus, als solcher, muß entweder alles zentralisieren, oder zusammenbrechen. An der Spitze der Verwaltung steht das Politbüro, "dieses allmächtige Institut"128) oder, noch richtiger — der Partei- und Staatsdiktator in Person. Vor diesem Zentrum bebt das ganze Land; ängstlich schielen nach ihm alle Behörden. Vergebens haben Trotzky129) und Rykof130) diesen "bürokratischen Zentralismus" als "Utopie", als "Chimäre" und als "Unmöglichkeit" bezeichnet und verurteilt; alles bleibt beim alten und wird beim alten bleiben müssen.

120)  Satonsky, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses. S. 425.
121)  Lebed, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 610.
122)  Stalin, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 65. 
123)  Ordschonikidze, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 412.
124)  Dsershinsky, Die drei letzten Reden, S. 22.
125)  Satonsky, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses. S. 426.
126)  Ebendaselbst. Russisch "krepkij, jadrenij, raboce-krestjansky mal", "wissit nad nami", S. 426.
127)  Siehe den Aufsatz von Prof. Timaschew.
128)  Rjasanof, 11.KK. S. 69; vgl. S. 75, 78, 100, 112. Lenin, Bd. XVIII, Teil 2, S. 44; Kamenef Stenogr. 12.KK, S. 141.
129)  Trotzky, 11. KK, S. 245. des XII. Kommun. Kongresses, S. 306, 376.
130)  Rykof, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 429. 

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Man hat es wohl versucht, eine sogenannte "Rayonierung", eine "differenzierte Distriktverwaltung" in der Wirtschaft herzustellen;131) aber sie galt nur provisorisch, nur als Vorbereitung zu einer neuen Zentralisation:132) der einheitliche Wirtschaftsplan und die ihm entsprechende Zentralisierung des ganzen Lebens im Lande — bleibt als Hauptzweck bestehen.133)

Daneben lamentieren aber die Kommunisten unaufhörlich: "Unser Apparat ist zu sehr zentralisiert; über Jede Kleinigkeit muß im Zentrum angefragt werden".134) "Es hat sich bei uns ein hoffnungsloser Zentralismus entwickelt; wenn. aber alles im Zentrum beschlossen werden muß, so muß Ja das Zentrum auch alles bis in die Kleinigkeiten wissen".135) "Wir beobachten eine bestimmte Tendenz zu einer außerordentlichen Zentralisation, die bei uns immer zunimmt . . ."; man sucht alle Schwierigkeiten "durch eine Konzentration" in einer bestimmten Behörde zu überwinden136) usw. Auch "ist es sehr schwer, diese übermäßige Zentralisation zu bekämpfen, weil hier der Bürokratismus am meisten maskiert erscheint".137) Oder, wie Lenin sich einmal ausdrückte; "Das Übel des Bürokratismus konzentriert sich natürlich im Zentrum".138)

 

Die ungenügende Differenzierung  

Es wäre kaum möglich, in diesem zentralisierten Babelturm der Sowjetbürokratie eine richtige Gliederung der Ämter und eine richtige Kompetenz­differenzierung der Behörden herzustellen. Selbstverständlich fehlt in Wirklichkeit diese Gliederung auch. Der Sowjetapparat ist "undifferenziert, ungegliedert, ohne Spezialisierung".139) Hier "kümmern sich alle um alles", und daraus entstehen immerfort Parallelismus in der Arbeit und "fortlaufende Konflikte".140) "Die Funktionen und die Befugnisse verschiedener Behörden sind nicht genügend fest und klar geschieden";141) und es ist nicht schwer sich vorzustellen, was daraus entsteht.

131)  Ruchimowitsch, 12.KK, S. 335; auch Rykoff, S. 435.
132)  Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 184.
133)  Siehe den Beschluß des XII. Kommun. Kongresses, S. 619. 
134) Ordshonikidze, 15. KK, S. 401.
135)  Satonsky, ebendaselbst, S. 424.
136)  Kondratjew, Iswestija vom 1929, 12. V. Aus seiner Rede in der Sitzung der XIV. Sowjettagung.
137)  15.KK, S. 435; siehe bei Dsershinsky, Drei Reden, S. 22, 40.
138)  Lenin, Bd. XVIII, Teil l, S. 226.
139)  Trotzky, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 119.
140)  Sinowjef, ebendaselbst, S. 558; vgl. z. B. in der Prawda 1950. V. 4: "Parallelismus in der Verwaltung der Holzindustrie"; 
        vgl. das neue Reformprojekt in der Prawda. 1930. V. 22; auch VII. 17; VII. 50 usw.
141)  Iswestija, 1929. 18. IV. Aufsatz von Bykoff.

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Einerseits hat jedes Amt das Interesse, sich zu erweitern, sich "aufzublasen";142) daraus entstehen unzählige Reibungen und Strittigkeiten zwischen Amt und Amt, zwischen Behörde und Behörde.143) Die Staatsbank führt z.B. einen Prozeß gegen das Kommissariat für Landwirtschaft wegen 43 Kopeken144) ... Andererseits kommt es zu einer ewigen Desorganisation in Verwaltung und Wirtschaft. Alle "Krisen" der kommunistischen Wirtschaft entstehen aus einer "Hilflosigkeit im Organisieren";145) "wir haben es nicht verstanden, die Provinzialgegenden zu organisieren";146) "auf dem Gebiete des Arbeitslohnes herrschen an vielen Orten eine Systemlosigkeit, ein Chaos, eine Desorganisation, die es gar nicht gestatten, die Arbeit des Staatsapparates richtig in Gang zu bringen";147) und "die verfluchte Post ist bei uns, wie alles übrige, unorganisiert".148)

 

Desorganisation  

Immerfort stellt es sich heraus, daß verschiedene Behörden dieselbe Arbeit verrichten — ein eigentümlicher Parallelismus, eine Verdoppelung und sogar eine Konkurrenz in Wirtschaft und Verwaltung.149) Es gelingt dem Sowjetstaate nicht, die Einheitlichkeit des diktatorialen Willens in ein einheitliches System der Ämter und der Behörden zu gestalten. Noch im Jahre 1927 schilderte ein führender Kommunist die ganze Sachlage mit folgenden Worten: "man kommt in ein Amt, und niemand weiß genau, was seine Pflicht ist, wozu er befugt ist. und was er nicht machen darf";150) und etwa dieselben Schilderungen finden sich in der Sowjetpresse auch im Jahre 1929.151)

 

Die Verantwortlichkeit  

Besonders schlimm steht es aber mit dem Problem der amtlichen Verantwortlichkeit. Dies ist leicht zu erklären: die riesigen Schwierigkeiten des allgemeinen Wirrwarrs sieht jeder ein; an die Möglichkeit, diese Schwierigkeiten nach einem einheitlichen Plane kommunistisch und bürokratisch zu bewältigen — glauben nur ganz verbissene oder ganz naive Kommunisten; alle werden aber genötigt, eifrig und entschlossen zu verwalten, und sind sich dabei vollständig bewußt, daß ein Mißerfolg — für sie einen Abbau, eine Kaltstellung152) oder (für den Nichtkommunisten) eine Verhaftung, einen Prozeß und sogar eine Hinrichtung bedeuten kann.

142)  Lenin, Bd. XVIII, Teil 2, S. 106.
143)  Kotof, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 430.
144)  Moroß, 15. KK, S. 500. In deutscher Währung bei al pari 86 Reichspfennige.
145)  Trotzky, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses. S. 308.
146)  Rykof, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 457. 
147)  Kujbyschew, Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, .S. 297.
148)  Kassier, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 117. 
149)  Vgl. bei Kursky und Ordschonikidze,15. KK, S. 110, 406-407, 412 u. a.
150)  Satonsky, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 424.
151)  z.B. Iswestija, 1929. 18. IV.

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Hieraus entsteht das allgemeine krampfhafte Bestreben, die Verantwortlichkeit zu verlegen und zu verschieben. Da aber keiner sie übernehmen will, so entsteht daraus ein bürokratisches System der Zerstäubung der Verantwortlichkeit.

Schon Lenin ärgerte sich darüber (1922): "In den Ausschüssen wird sich der Teufel das Bein brechen, niemand kann feststellen, wer da die Verantwortung trägt: alles ist verworren, und schließlich wird ein Beschluß gefaßt, nach dem alle verantwortlich sind".153) "Es gibt keine Schuldigen, es gibt nur Gefummel, Herumrennen und Unsinn".154) So stand es im Zentrum und auch im Sownarkom155). — "Niemand ... hält sich für verantwortlich"; im Gegenteil, viele versuchen noch in die höhere Behörde "hinein­zuschlüpfen, um die Verantwortung von sich abzuschütteln".156) Die ungenügende Differenzierung der Funktionen und ein "unkompetentes Eingreifen" verschiedener Behörden machen die Verantwortung der einzelnen Beamten ganz verschwommen,157) unbestimmt,158) zerstäubt159) und nichtig.160)

Drastisch schilderte dieses System Dsershinsky (1926): "Das ist eben der Ausdruck unseres bürokratischen, unseres nichts­nutzigen Systems, daß derjenige, der da tatsächlich arbeitet, der die Fragen durcharbeitet, nirgends zu sehen ist; er bleibt verborgen."161) Der eine schreibt, ohne zu unterschreiben, der andere unterschreibt, ohne geschrieben zu haben, mehrere stimmen ab, ohne gelesen zu haben; wer trägt die Schuld?162) — "Wir haben kein genügendes gegenseitiges Vertrauen";163) wer wird da die Verantwortung übernehmen wollen? Im Gegenteil, alle suchen den Entschluß und die Verantwortung nach oben zu verlegen, um sich selbst dadurch zu sichern und gewissermaßen zu verschanzen.164)

152)  Dsershinsky nannte das "vertreiben" ("gnatj won"). Drei Reden, S. 42.
153)  Lenin, Bd. XVIII, Teil 2. S. 15, 55.
154)  Ebendaselbst, S. 45. Russisch: "sutoloka, sumatocha i jerunda".
155)  Ossinsky, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 78.
156)  Trotzky, ebendaselbst, S. 119, Sinowjef, S. 558.
157)  Siehe in den Beschlüssen des XL Kommun. Kongresses, Stenogr. Bericht, S. 509.
168)  Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 412.
159)  Kuibyschew und Trotzky, Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 518.
160)  Ordschonikidze, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 401.
161)  Dsershinsky, Drei Reden, S. 21. 
162)  Ebendaselbst, S. 21, 35, 34, 35, 39. 
163)  Ebendaselbst, S. 42.

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Die Rechenschaften  

Daraus erwächst auch ein entsprechendes System der Rechenschaftsablegung, nämlich ein "zu viel", welches einem "zu wenig" gleichbedeutend ist.

Schon Lenin klagte über eine "allzu große Menge der Rechenschaften";165) daneben lautete ein Beschluß des XI. kommunistischen Kongresses auf Bekämpfung der "Rechenschaftslosigkeit".166) — Im Jahre 1925 berichtete Trotzky: "Wir besitzen eine Bude,167) welche den sechsten Teil der Erdoberfläche einnimmt, haben aber bis jetzt keine Rechenschaftsablegung eingerichtet; kein Wunder, wenn wir schlechte Geschäfte machen werden"; ... "das ist aber eine direkte Provokation zum Stehlen, eine Schule der Sittenverderbnis"168) usw. — Ihm erwiderte sofort Lomof: "Nein, wir haben zuviel Rechenschaften und darin besteht unsere Not"; "wir klügeln zuviel", "wir sind zu aberwitzig"; die Buchhalterei ist "bei uns" übermäßig und zu verwickelt — "keine einzige von ihren Formeln kann ohne die Anwendung der höheren Mathematik gelöst werden"169) ...

Merkwürdig ist, daß beide Gegner damals recht hatten und auch jetzt recht behalten. Die Rechenschafts­berichte der Sowjet­behörden sind wirklich riesig. Z.B. kostete die Drucklegung des Berichts der Kiewschen Abteilung des kommunistischen Zuckerkartells für das Jahr 1925 rund 500.000 Rubel.170) Es gibt Berichte einzelner Behörden, welche 20-27.000 Fragen zu beantworten suchen.171) Berichte, die 100-300 Kilo wiegen, werden nicht notiert; man entsetzt sich nur über Berichte im Gewicht von 600 kg und 2000 kg. ... Das Zentrum erläßt statistische Formulare mit 19.000 auszufüllenden Quadratstellen.172)

164)  Dies vom Jahre 1929. Iswestija, 18. April. Aufsatz von Bykoff; siehe für das letzte Jahr Prawda. 1930. V. 22 den Aufsatz "Wir müssen die Arbeit des Staatsapparates umbauen". Dieser Aufsatz bringt gleichsam einen synthetischen Überblick über alles, was wir hier festgestellt haben. Siehe auch den Aufsatz "Ohne Verantwortung und Strafe". Prawda. 1930. VII. 25.
165)  Lenin, Bd. XVIII, Teil l, S. 285.
166)  Stenogr. Bericht, S. 499.
167)  Russisch "lawotschka" — eine Bezeichnung für das russische Reich.
168)  Stenogr. Bericht des XII. Kommun. Kongresses, S. 300. 
169)  Ebendaselbst, S. 345. 
170)  Ekonomitscheskaja Shisn, 1926. 30. IV. 
171)  Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 407. 
172)  Laritschew, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 452.

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In den Sitzungen des XV. Parteikongresses gab es ein unaufhörliches Wehklagen über diese Rechenschaften; und inmitten dieser Wehklagen erzählte man, daß das Finanzamt eine "parallele Rechenschaftsablegung" einführt, wodurch die schon vorhandene Arbeit und Mühe um 56 % wird zunehmen müssen.173) Es wird überall alles berechnet, und über alles wird dem Zentrum berichtet. Wenn eine Dürre entsteht, so kommt eine Anfrage aus dem Zentrum, wieviel Gottesdienste von den Bauern bestellt wurden;174) oder es wird im ganzen Lande angefragt, wieviel Wildschweine es in der Gegend gibt, und wie zahlreich die zu erwartende Brut wäre175) usw. Dann schreiben die Sowjetzeitungen von einem "statistischen Bacchanal", von einer "Rechenschaftsepidemie"; und — alles bleibt beim alten.

Im Ganzen ist es eine "leere, unnütze Arbeit";176) und das, was sie herstellt, ist nach Dsershinskys Ausdruck "ein qualifiziertes Gelüge".177) Man hat mehrmals versucht, diesem Unfug ein Ende zu machen, aber es hilft nichts. Und im Jahre 1929 lesen wir: "Der Staatsapparat ist nach wie vor von Rechenschaftsberichten überladen, welche unnütz und lästig sind — und oft gar nicht gebraucht werden"178) usw.

Es bleibt nur noch übrig, den Personalbestand der Sowjetbürokratie und sein intellektuelles, politisches und moralisches Niveau kurz zu schildern.

 

Der Personalbestand  

Wie gesagt, gehört die Hauptmasse der Sowjetbeamten (bis 96 %) zu der neuen, revolutionären Elite; es sind die sogenannten "Hervorgeschobenen",179) deren Anzahl, absolut genommen und verhältnismäßig, immer zunimmt.180) Lenin hat es schon verstanden, daß alles darauf ankommt, "Menschen auszusuchen", da ja die Revolution gezeigt hat, wieviel von der schaffenden Person und von ihren Leistungen abhängt.181) Hieraus das sogenannte "Kadre-Problem",182) die unermüdlichen "Säuberungen" des Staatsapparates183) und die unlängst formulierte Forderung: "wir müssen uns das Ziel setzen — an die Stelle einiger Zehner von Weggesäuberten mehrere Zehntausende von Proletariern anzustellen"184) (Sic!). "Das Hervorschieben (scilicet — neuer proletarischer Beamter) kann und soll zum allerwirksamsten Mittel im Kampf gegen den Bürokratismus werden"185) (Sic!).
     Wie sieht das aber in Wirklichkeit aus?

173)  Ebendaselbst, S. 440.
174)  Satonsky, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 424.
175)  Ebendaselbst, S. 424; vgl. die Schilderungen von Ordschonikidze, ebendaselbst, S. 414, 415; Moroß, S. 500. 
176)  Satonsky, ebendaselbst, S. 425.
177)  Dsershinsky, Drei Reden, S. 40. Vgl. bei Trotzky, 12. KK, S. 300.
178)  Iswestija, 1929. IV. 18. Aufsatz von Bykoff.
179)  Russisch: "wydwyshenzi"; man bezeichnet diesen Prozeß als "orabotschenije", d. h. als das Durchsetzen des Staatsapparates mit Arbeitern, mit industriellem Proletariate, Prawda. 1930. V. 18.
180)  Siehe meine Aufsätze "Die Ziele und die Hoffnungen" und ..Die Arbeitsniethoden".
181)  Lenin, Bd. XVIII, Teil 2, S. 50.
182)  z.B. Prawda. 1930. V. 18; VII. 7.
183)  Vgl. z. B. Iswestija, 1929, IV. 19, Prawda, 1930. V. 6. Siehe den Aufsatz von A. v. Bunge "Die Kommunistische Partei".

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Bildung und Kultur  

Was an erster Stelle den Sowjetbeamten fehlt, ist Bildung und Kultur.186) - "Was fehlt uns?", fragte Lenin, und antwortete: "der verwaltenden Schicht der Kommunisten fehlt es an Kultur".187) - "Um aus der hoffnungslosen Not und Bettelei heraus­zukriechen, muß man wohlbedacht, kulturell und ordentlich sein — das verstehen die Kommunisten nicht".188) "Wir müssen zu allererst lernen — lesen, schreiben, und das Gelesene verstehen".189)  

Die Sozialisierung der Wirtschaft ist uns nicht gelungen, warum? "Es hat sich nämlich herausgestellt, daß wir nicht genügend vorbereitet" und "kulturell" sind;190) "wir sind gezwungen, bei den Bourgeois zu lernen".191) - Dies alles erklärt z.B. "den katastrophalen Mangel der qualifizierten, kommunistischen Kräfte auf den ideologischen Kommandoposten".192) Jahraus, Jahrein wächst die Partei zahlenmäßig; entsprechend "fällt das theoretische Bildungsniveau der Partei ungeheuer".193) "99% unserer Genossen haben vor der Revolution nie gelernt, wie man den Staat verwaltet".194) Jetzt werden fast alle wirtschaftlichen Behörden von Kommunisten geführt: "sie besitzen meist weder technische Bildung, noch genügend technische Kenntnisse"; und dennoch versuchen sie, technische Probleme zu lösen und die Verantwortung auf sich zu nehmen.195) "Gebt uns Menschen, Menschen, Menschen."196) "Wir haben aber nicht die Möglichkeit, die neu Hervorgeschobenen auszubilden" ... 197)

184)  Jakowlew, Iswestija, 1929. 28. IV.
185)  Bogdassarof, Iswestija, 1929. 11. V.; vgl. Iswestija, 18. und 23. IV. 1929; siehe auch in Stalins maßgebender Rede in den Sitzungen des XVI.  Kommun. Kongresses. Prawda. 1930. VI. 29. S. 4. Abschn. 9 a.
186)  Siehe den Aufsatz von A. v. Bunge über "Die Kommunistische Partei".
187)  Lenin, Bd. XVIII, Teil 2. S. 59-40; vgl. S. 17.
188)  Ebendaselbst, S. 45.
189)  Ebendaselbst, S. 95.
190)  Trotzky, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 240.
191)  Trotzky, ebendaselbst, S. 245—44. vgl. Lenin Bd. XVIII, Teil l, S. 87.
192)  Beschluß des XIII. Kommun. Kongresses, Stenogr. Bericht, S. 715.
193)  Rjasanof, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 691.
194)  Ordshonikidze, 15.KK, S. 596. Vgl. bei Lenin, Bd. XVIII, Teil l, S. 401—8.
195)  Rykof, Stenogr. Bericht des XV. Kommun. Kongresses, S. 1045.
196)  Sinowjef, Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, S. 98.
197)  Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 606.

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Daraus ist schon das allgemeine Niveau der Sowjetbeamten ersichtlich; denn wahrlich, wenn die leitende Schicht der Partei solche Qualifikation verdient, was ist da von den unteren Schichten des Neubeamten­tums zu erwarten? "Unsere verfluchte Grundkrankheit ist — die Windbeutelei, der Dilettantismus.198) Dem Sowjetbeamten fehlt von oben bis unten die sachliche Kompetenz,199) die Urteilsfähigkeit. "In 99 Fällen von 100 sind die verantwortlichen Kommunisten nicht bei der Sache angestellt, zu der sie angeblich taugen, sie verstehen ihre Sache nicht zu führen, sie müssen jetzt lernen."200) Man hat aber keine Zeit zu lernen, man herrscht und verwaltet, ohne das politische und technische "Wie" sich angeeignet zu haben. Ein unfähiger, unkompetenter Parteibeamter, der mit seiner Aufgabe nicht fertig wird, wird auf einen anderen Posten geschoben, als bekäme er dadurch sofort "eine geweihte Salbung".201) Und so geht es weiter.

Diese sachliche Unkompetenz, dieser Mangel an Urteilsfähigkeit und Lebenserfolg, machen dem Sowjetbeamten, ganz besonders dem Kommunisten, wenig Sorge: weder Mäßigung noch Bescheidenheit zieren seinen Charakter. Im Gegenteil, er bleibt immer eingebildet, dünkelhaft202) und aufgeblasen; äußerst selbstsicher und selbstzufrieden. 

Schon Lenin hielt es für nötig, den "kommunistischen Hochmut", daß Großtun der Kommunisten zu rügen.203) Und dieser Hochmut und Dünkel gehen Hand in Hand mit einem fortwährenden Mißbrauch der Gewalt, mit Willkür und Ausschreitung.204) Und alles artet immerfort in ein unendliches Gezänk aus, welches von den Kommunisten selbst mit einem häßlichen Wort, mit "Beißerei" bezeichnet wird.205)

 

198)  Trotzky, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 118.
199)  Vgl. Kossior, 11.KK, S. 116; Preobrashensky, Stenogr. 12.KK, S. 152.
200)  Lenin, Bd. XVIII. Teil 2, S. 53.
201)  Trotzky, 11.KK, S. 119; vgl. Lenin, Bd. XVIII, Teil 2, S. 14; vgl. in der Prawda. 1930. V. 12 — den typischen Fall mit dem "Akademiker" Joseph Franz, der in Wirklichkeit nur Autodidakt war.
202)  Lenin, Bd. XVIII, Teil l, S. 82.
203)  Ebendaselbst, S. 23, 384, Teil 2, S. 37.
204)  Russisch: "samodurstwo". Lenin, Bd. XVIIL Teil l, S. 30.
205)  Russisch: "Skloka". Eigentlich für Hunde gebraucht.
206) In den Sitzungen des XVI. Kommun. Kongresses hat Krylenko soeben festgestellt, daß es Kommunisten gibt, die auch jetzt der Ansicht sind, daß die Gesetze ohne weiteres zu vernachlässigen und zu verletzen sind. Prawda. 1930. VII. 6.

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Als die entsetzlichste Frucht dieser Sowjetbürokratie erscheint aber doch das ewige Rechtsverletzen,206) die vollständige Zertretung jeder Rechtmäßigkeit und Rechtsordnung,207) und, ganz besonders, die Bestechlichkeit, das Bestehlen der Staatskasse und die Notzucht der Frauen.

Man kann weder Zeit noch Raum finden, um diese Laster des Sowjetbeamtentums ausreichend zu schildern und zu belegen. Wer aber die Sowjetzeitungen aufmerksam liest, der hat Schilderungen und Belege die Fülle.

 

Die Bestechlichkeit  

"Drei Hauptfeinde" hat der Kommunismus, schrieb Lenin: "den kommunistischen Dünkel, das Analphabeten­tum und die Bestechlichkeit"; wo aber "Bestechlichkeit herrscht, da kann man an die Politik gar nicht herantreten".208) Seitdem hören die Klagen über die Bestechlichkeit, und das Eruieren der entsprechenden Bekämpfungsmöglichkeiten gar nicht auf.209) Von Zeit zu Zeit werden "ganze Nester" von bestechlichen Sowjetbeamten ausgehoben; und dennoch bleibt alles beim alten.

 

Unterschlagungen  

Veruntreuungen und Unterschlagungen sind zu einer verbreiteten Form der Selbstbereicherung im Sowjetstaate geworden; wer als Schieber210) oder als Wucherer keine Erfolge zu haben hofft, der wählt den sog. Weg "der kriminellen Kapital­anhäufung". Dies "Stehlen und Rauben"211) wird sehr verschiedenartig gehandhabt: zuerst hieß es: "er requiriert"; dann kam die Epoche, wo man sagte: "er spekuliert"; endlich hieß es: "er hat sich etwas zusammenkalkuliert".212) Nur wegen Mangel an Zeit verzichten die Kommunisten darauf, diese verschiedenen Schleichwege zu schildern.213)

207)  Vgl. in der Prawda 1930. V. 28 die Schilderung eines nächtlichen Überfalls ("Naijot") auf die Kaufleute in Sewero-Dwinsk, der von einem "Stoßtrupp der Staatsanwaltschaft" (sic!) vorgenommen und durchgeführt wurde. Den Überfallenen wurde einfach "alles enteignet" — bis zu den Kopfkissen und dem Küchengerät — und dann verkauft. Der Überfall zog nur kleine Disziplinarstrafen nach sich.
208)  Lenin, Bd. XVIII, Teil l, S. 384—85.
209)  Vgl. z.B. 11.KK, S. 180, 181, 184, 397; des XII., S. 539; des XIII, S. 174 usw.
210)  Über die Spekulation und die Schieberei der Sowjetbehörden siehe z. B. Torgowo-Promvschlennaja Gaseta 1925 Nr. 247. Ekonomit-scheskaja Shisn 1925 Nr. "246 usw.
211)  Trotzky, 12. KK, S. 501-02; vgl. Stalin, XIV. Kommun. Kongreß, S. 52; Prawda. 1950. V. 12 über die Zustände in den Genossen­schaftsläden Moskaus: "Die Unterschlagungen dauern fort; das Rauben hört nicht auf"; Prawda. 1930. V. 15 Gerichtsverhandlungen über Unterschlagungen in der Moskauer Branntweinbrennerei; siehe im selben Blatte den Jammerruf über die Mißbrauche in den Moskauer Genossen­schaftsbehörden. 1930. V. 15 usw.
212)  Trotzky, ebendaselbst.

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Von Zeit zu Zeit türmen sich Wellen von Unterschlagungen auf und rollen durch das ganze Land;214) wenn es einem Arbeiter passiert, so ist die Strafe recht milde;215) die Unterschlagungen in den "roten Banken", in der "roten Kooperation" und in "anderen Behörden"216) werden natürlich unendlich härter bestraft. Die führende kommunistische Zeitung "Prawda" formulierte diesen traurigen Tatbestand folgendermaßen: "Nimm, wen du willst — es stehlen ja alle," - "Die Angestellten kommen und gehen, die Unterschlagungen dauern fort."217)

 

Die Notzucht der Frauen  

Ein Kapitel für sich bildet die Behandlung der Frauen. Bei den Sowjetbeamten ist die Unsitte entstanden, die unterstellten Frauen durch Drohungen, durch Peinigungen, durch Betrug und Vergewaltigung zum sexuellen Verkehr zu zwingen; das wird überall beobachtet: in den Städten, auf den Fabriken, in Krankenhäusern, in Schulen, auf dem Dorfe.218)"Ein administrativer Sadismus und eine Jagd nach lebenden Menschen kommt bei uns nicht selten vor", liest man in der Zeitschrift <Der Volkslehrer>.219.   Die äußerst verbreitete Trunksucht der Sowjetbeamten sei hier nur nebenbei notiert.

 

Zusammenfassung  

Ein führender Kommunist, Jaroslawsky, versucht das ganze Bild so zusammenzufassen: 

"Die Feinde werden triumphieren, sie werden sagen: seht, was die Kommunistische Partei und ihre Mitarbeiter vorstellen, was die Sowjetmacht eigentlich ist: Trunkenbolde, Wüstlinge, Vergewaltiger, Unterschlager, Diebe; Menschen, die jeglichen Zusammenhang mit der Masse, das Gefühl der Klassensolidarität mit der Arbeiterklasse verloren haben; Menschen, welche ihre ganze Arbeit auf einem Nepotismus, auf der Unterstützung der eigenen Clique,220) auf einem prinzipienlosen Eigennutz aufbauen. ... Dadurch wird die Organisation durch untaugliche Menschen ausgefüllt und verunreinigt, durch zermürbte, lasterhafte Menschen, die durch Macht und Straflosigkeit verdorben sind".221)

Zu diesen Worten wäre nichts mehr hinzuzufügen. Nur eines vielleicht, nämlich, daß man am Folterbette eines großen Volkes nicht "triumphieren" kann. Aber lernen muß man auch hier. Ein anderer Kommunist versucht auch noch einen lehrreichen Schluß zu ziehen: 

"Die Arbeiterklasse wird sich in allen Ländern - auch da, wo sie viel kultureller ist - überzeugen müssen, daß die Fertigkeiten und Qualitäten, die notwendig und genügend waren, um die Bourgeoisie auf den Boden zu werfen, noch nicht ausreichen, um sofort am folgenden Tage sich das ganze Erbe der Bourgeoisie anzueignen." 222) 

Kommunismus ist nicht nur eine Beamtenherrschaft; er hat ein neues Staatswesen und ein neues Beamtentum geschaffen; und dieses neue Beamtentum wird augenscheinlich nicht nur von unten gehaßt und beschimpft, sondern auch von oben, von kompetenter Seite disqualifiziert. 223)

 

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213)  Kujbyschew, Stenogr. Bericht des XIII. Kommun. Kongresses, S. 303, Vgl. S. 175.
214)  Tomsky, Stenogr. Bericht des XIV. Kommun. Kongresses, S. 726.
215)  Abbau und Rückkehr in die Fabrik. Tomsky, 14. KK, S. 729.
216)  Rjasanof, ebendaselbst, S. 783.
217)  Prawda, 1928. 31. V. Dies auf dem Gebiete der kommun. "Arbeiterkooperation".

218)  Siehe z.B. für das Jahr 1928: 
"Bednota": 10.7., 22.7., 2.8.; 
"Trud": 19. Juni; 
"Prawda": 9. Juni, 17. Juni, 23. Juni, 8. August, 30. Dezember; 
Iswestija: 13., 24., 28. Juni, 24., 31. Juli, 2., 21. September.  

219)  "Narodnij Utschitel". 1928. Nr. 8 und 9.
220)  Diese Gegenseitigkeit der Sowjetbeamten in der Verhehlung der Verbrechen schildert auch Stalin, 15. KK., S. 70, 72. 
221)  Wetschernjaia Moskwa, 1928. VI. 18.
222)  Kossior, Stenogr. Bericht des XI. Kommun. Kongresses, S. 116. 

223)  Siehe in Stalins maßgebender Rede, gehalten in den Sitzungen des XVI. Kommun. Kongresses: 

"Die Gefahr kommt nicht nur und nicht so sehr von den alten Bürokraten, die in unsern Behörden stecken geblieben sind, sondern ganz besonders von den neuen Bürokraten, von den Sowjetbürokraten, unter denen die <kommunistischen> Bürokraten durchaus nicht die letzte Rolle spielen. Ich meine diejenigen <Kommunisten>, die sich Mühe geben mit Kanzlei-Verordnungen und mit Dekreten, an deren Kraft sie wie an einen Fetisch glauben, die schöpferische Initiative und Selbsttätigkeit der Millionenmassen der Arbeiterklasse und des Bauerntums zu ersetzen."

Diesen Bürokratismus gedenkt Stalin, nach wie vor, mit seinen traditionellen Mitteln zu bekämpfen: Selbstkritik, nachträgliche Kontrolle, Säuberung des Apparates und "Hervorschieben" neuer Arbeiter aus den Betrieben. Prawda, 1930. VI. 29. S. 4.  Das bedeutet, daß alles beim Alten bleibt und bleiben wird.

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