11 Die ausländischen Konzessionen Von Dr. A. Melkich
Die ersten Versuche
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Bereits während der Brester Friedensverhandlungen 1918 hatte die kommunistische Regierung "Thesen über die Heranziehung ausländischen Kapitals in Form von Sachwerten zur Mitarbeit in Rußland" entworfen und veröffentlicht. Diesen war ein Radiotelegramm der Regierung mit der Bekanntgabe gefolgt, daß hinfort ausländischen Kapitalisten nach ihrer eigenen Auswahl Konzessionen überlassen werden würden.1)
Der wichtigste Schritt auf dem Gebiete der sowjetrussischen Konzessionspolitik bestand jedoch in der seitens des Rats der Volkskommissare am 25. November 1920 erfolgten Herausgabe von "Bestimmungen über die wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen der Konzessionen". In diesen Bestimmungen wurde "die Notwendigkeit der Heranziehung von technischen Arbeitskräften und materiellen Mitteln industriell entwickelter Länder ganz besonders als ein akutes und praktisches Problem betont und zwar sowohl im Sinne einer Wiederherstellung der Bedeutung Rußlands als einer der Hauptrohstoffbasen der Weltwirtschaft, als auch im Interesse der Entwicklung der eigenen, durch den Weltkrieg geschwächten produktiven Kräfte".2)
Alle diese Maßnahmen galten ausschließlich ausländischen Kapitalisten; man versuchte sie zu ködern, indem man ihnen eine schnelle Wiederherstellung der internationalen Wirtschaft mit Hilfe der russischen Rohstoffe in Aussicht stellte, und die Hoffnung auf große Unternehmerprofite bei ihnen zu wecken suchte. Diese anscheinend rein praktische. wirtschaftliche Begründung der Konzessionen genügte jedoch, um Verwirrung in den Reihen der Kommunistischen Partei hervorzurufen. Viele Mitglieder derselben stellten sich begreiflicherweise die Frage, ob es der Mühe wert war, die "Expropriatoren zu expropriieren", wenn man jetzt mit den ausländischen "Expropriatoren" Frieden machte und eine Zusammenarbeit mit ihnen anstrebte. Lenin mußte das beunruhigte "revolutionäre Gewissen" seiner Genossen beruhigen. Er suchte ihnen klarzumachen, daß "die Voraussetzung — die Gewährung von Konzessionen bedeute einen Friedensschluß mit den Kapitalisten" — einen groben Fehler enthalte.
1) Wl. Buschkowsky, "Ausländische Konzessionen in der Volkswirtschaft der USSR.". Ausgabe 1928, S. 23-26. Entnommen aus. den "Bulletins des Wirtschaftskabinetts", Prof. Prokopowitsch. Nr. 62, 1928, S. 16.
2) Sammlung der Gesetze, 1920, Nr. 91, Kap. 481.
"Die Konzessionen", sagte Lenin, "seien vielmehr nichts anderes als eine neue Kampfform, eine kriegerische Aktion zwischen zwei verschiedenen Methoden, zwischen zwei verschiedenen Wirtschaftsformen: der kommunistischen und der kapitalistischen".3) "Die Ausmaße und die Bedingungen, unter Jenen die Konzessionen uns nützlich und für uns unschädlich sein werden, hängen von dem Verhältnis der Kräfte ab, und werden durch Kampf entschieden werden, zumal die Konzessionen auch eine Kampfform, eine Fortsetzung des Klassenkampfes, in keinem Fall aber einen Frieden bedeuten. Die Kampfmethode wird die Praxis lehren."4)
Lenin suchte zu überzeugen, zu überreden, klarzumachen. Seine Absicht galt damals der Möglichkeit, in Rußland einen Staatskapitalismus" zu schaffen, allerdings nicht mit Hilfe russischer, sondern mit Hilfe ausländischer Unternehmer.
Den Weg zu diesem Ziele suchte er mit Hilfe der Konzessionen zu finden. In seiner im April 1921, also kurz vor dem Uebergang zur NÖP, erschienenen Broschüre "Ueber die Verpflegungsteuer" suchte Lenin den Beweis zu erbringen, die Konzessionen "seien ein Vertrag, ein Block, ein Bündnis der Sowjetmacht, d. h. der proletarischen Macht mit dem Staatskapitalismus, und zwar gegen das Element des (patriarchalischen und bourgeoisen) Kleinbesitzertums". "Indem die Sowjetmacht in Rußland einen Staatskapitalismus in Form von Konzessionen schafft", — schrieb Lenin ■— "unterstützt sie die Großindustrie gegen das kleine Unternehmertum, den Fortschritt gegen die Rückständigkeit, den modernen Maschinenbetrieb gegen den alten Handbetrieb, sichert sich den Besitz der Erzeugnisse dieser Großindustrie, und kämpft für staatlich geordnete, wirtschaftliche Verhältnisse gegen eine kleinbürgerliche Anarchie."5)
NÖP und Konzessionen
Diese Gedanken Lenins fielen in jener Zeit des schlimmsten Zerfalls, im Jahre 1921, auf fruchtbaren Boden. Sie wurden zum Pfeiler für das Programm der Neuen Wirtschaftspolitik (NÖP), und die Kommentatoren derselben waren bemüht, die Gedanken Lenins noch weiter zu entwickeln und zu vertiefen und sie für die Praxis nutzbar zu machen. So suchte Bucharin die Konzessionspolitik des proletarischen Staates folgendermaßen ideologisch zu begründen:
"Die Großindustrie ist die Grundlage für alle wirtschaftlichen Belange der kommunistischen Gesellschaft. Die Großindustrie ist die Stütze der sozialen Kraft, durch welche die kommunistische Revolution des industriellen Proletariats zu-
3) Lenin, Werke, Bd. XVII, S. 393—397.
4) Lenin, Werke, Bd. XVIII, Teil 1, S. 218.
5) Lenin, Werke, Bd. XVIII, Teil 1, S. 217—218.
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stände gekommen ist. Infolgedessen muß man ihre Entwicklung um jeden Preis fördern." Daher muß man auch die erforderlichen Warenvorräte, koste es, was es wolle, vermehren da man ohne Rohstoffe — nur durch Appellation an den Arbeitsenthusiasmus — nicht vorwärts kommt. Die erforderlichen Produkte können nicht aus der in den Händen des Arbeiterstaates befindlichen Großindustrie geschöpft werden sie müssen anderen, auswärtigen Quellen entnommen werden koste ihre Beschaffung noch so viel. Zu diesen Quellen gehören, neben den bäuerlichen Wirtschaften, neben der Kleinindustrie, der Pacht und dem Außenhandel auch die Konzessionen, die ihrem Wesen nach eine Pacht höherer Art darstellen, da der Konzessionär nicht nur eine gewisse Menge von Sachwerten der sozialistischen Industrie überläßt, sondern auch einen Teil des Stammkapitals, wie z. B. Maschinen, mitbringt. Freilich bedeutet die durch die Heranziehung der Konzessionäre bedingte Festigung und das Anwachsen dieser nicht proletarischen, kapitalistischen Wirtschaftsformen eine gewisse Gefahr für den Kommunismus, und zwar im Sinne einer Konkurrenz. Diese Gefahr kann jedoch durch die Anwendung einer richtigen Taktik beschworen werden.
Worin besteht nun diese von den kommunistischen Ideologen empfohlene Taktik?
"An dieser Front des proletarischen Kampfes" — so lehren sie — "haben wir eine der Lage an der Kriegsfront während der Brester Verhandlungen sehr ähnliche Situation. Wie wir damals zum Aufbau der Streitkräfte der Roten Armee einer Atempause, des Friedens um jeden Preis, bedurften, so brauchen wir heute zum Aufbau einer sozialisierten Großindustrie eine unbedingte Vermehrung und Ergänzung der nötigen Rohstoffe, sei es auch für den Preis einer zeitweiligen Stärkung der kleinbürgerlichen und bürgerlichen Wirtschaftsformen. So wie wir damals unsere strategische Operation vollendeten, indem wir während der teuer erkauften Atempause eine Rote Armee schufen und einen entgegengesetzten Kurs einschlugen ("das Steuer herumwarfen"), — so werden wir auch hier unsere strategische Operation vollenden, indem wir auch in Bezug auf die sozialisierte Großindustrie "das Steuer herumwerfen", d. h. "mit einer allmählichen wirtschaftlichen Liquidation der privaten Großindustrie beginnen und eine wirtschaftliche Unterordnung des kleinen Produzenten unter die staatliche Großindustrie durchführen". Der Kommentator des Programms beschließt mit dieser Feststellung seine Analogie — ob absichtlich oder zufällig, sei dahingestellt. Immerhin sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß der Erfolg der Brester Verhandlungen nach den Ausführungen des gleichen Kommentators nicht nur dadurch zu erklären ist, daß eS gelungen war, während der "Atempause" die Rote Armee zu schaffen, sondern auch dem Umstände zu verdanken ist, daß der deutsche Imperialismus durch die Revolution von innen zerstört wurde".
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Das Dekret vom 23. Nov. 1920 und seine Richtlinien
Die sowjetrussischen Konzessionen konnten für ausländische Kapitalisten nur als eine Art "business" mit einem in Aussicht stehenden sicheren Gewinn in Frage kommen. Das Dekret vom 23. November 1920 und die in demselben dargelegten Richtlinien bei Vergebung der Konzessionen boten weder die Möglichkeit, auf Grund der sowjetrussischen Angebote zu verhandeln, noch ihre rein geschäftsmäßige Sachlichkeit zu prüfen. Immerhin enthielten diese Richtlinien u. a. auch Versicherungen der Sowjetregierung, welche die Konzessionäre nicht nur vor Nationalisierungen, Konfiskationen und Requisitionen (P. 4) ihres in den betreffenden Unternehmungen investierten Eigentums schützen, sondern ihnen außerdem Garantien dafür bieten sollten, daß die Konzessionsverträge durch Verordnungen und Dekrete keine einseitige Änderung erfahren würden (P. 6). Diese Versprechungen und Selbsteinschränkungen der Sowjetregierung schienen immerhin eine gewisse Grundlage für sachliche Verhandlungen zu bieten. Nach den Erklärungen sowjetrussischer Juristen6) sind diese "Garantien" der Regierung allerdings nicht höher zu bewerten, als "eine gewisse Methode zur Heranziehung ausländischen Kapitals zum Zwecke einer beschleunigten Wiederbelebung der produktiven Kräfte des Landes", und haben nur insoweit "realen Wert, als sie zum Ausdruck bringen, daß die Sowjetregierung für materielle Schäden haftet, die den Konzessionären etwa durch einseitige Aenderungen der Verträge infolge von Dekreten und Erlassen entstehen sollten". Aber die kapitalistische Welt hatte den furchtbaren Zusammenbruch des "Kriegskommunismus" vor Augen, maß den "strategischen Plänen" der Sowjetregierung keine Bedeutung bei und glaubte am wenigsten an eine bevorstehende Kursänderung. Gegen sachliche Verhandlungen mit der Regierung hatte sie jedoch nichts einzuwenden. Sie war hierzu um so eher bereit, als eine ganze Reihe in einzelnen Republiken der Union, bei einigen Volkskommissariaten und Handelsvertretungen eingeführter organisatorischer Maßnahmen den "ernsten Willen" der Sowjetregierung zu bekunden schienen, ihre Konzessionspolitik auf eine "wirklich sachliche Grund-
6) A. Karaß, "Die Konzessionen im Sowjetrecht" — siehe "Sowjetskoje Prawo", 1925, Nr. 2 (14), S. 31. Außerdem: Professor "V. N. Schroeder, "Das System des Industrierechts der USSR.", S. 80 (russisch).
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lage" zu stellen und diesbezügliche Verhandlungen zu erleichtern. So wurde die Anteilnahme des Auslandes an den russischen Konzessionen allmählich geweckt, und die Kommunisten konnten sich nicht über einen Mangel an Interessenten beklagen. Allein schon die Ergebnisse der ersten Verhandlungen entsprachen in keiner Weise den urbi et orbi angekündigten, scheinbar großzügigen Möglichkeiten. Die nachstehende kleine Tabelle möge diese Tatsache illustrieren.
1922
1923
1924
1925
1926
192?
im Gans
Anzahl der eingegangenen Angebote . .
Anzahl abgeschlossener Verträge......
338 15
607
45
311
25
253 31
506
28
196 19
2211 163
Im Laufe einer sechsjährigen Konzessionspolitik sind also im ganzen 163 Verträge abgeschlossen, mit anderen Worten also: nur 7,5 Prozent der seitens der ausländischen Kapitalisten an die Sowjetregierung gerichteten Angebote sind "realisiert" worden. Laut Mitteilung des Vorsitzenden des Hauptkonzes-sions-Kommitees, Ksandroff,7) gab es am 1. Februar 1929 im ganzen nur noch 68 in Kraft befindliche Konzessionsverträge. Das gesamte, von allen Konzessionären in Rußland investierte Kapital betrug am 1. Oktober 1928 nur 50 095 000 Rubel, also nominell ca. 102 Millionen Mark. Zum 1. Oktober 1929 waren in der U. S. S. R. nur noch 59 Konzessionen in Betrieb. Das darin investierte Kapital betrug etwa 58 Millionen Rubel oder 116 Millionen Mark. Im Laufe der letzten Jahre sind noch verschiedene Konzessionsunternehmungen liquidiert worden, darunter — wie wir noch ausführen werden — die allerwich tigste: die Lena Goldfields Ltd.
Es ist interessant, den Gründen für diese geringen Erfolge der sowjetrussischen Konzessionspolitik nachzugehen. Die Sowjetwirtschaftler sehen sie teils in einer ungenügenden Tüchtigkeit der oft nur auf leichte Spekulationsprofite eingestellten Konzessionsbewerber,8) teils in der durch die Stabilisierung der Mark bedingten hohen Kapitalverzinsung9) und schließlich in ungenügender Aktivität der russischen
7) Siehe "Iswestija", Nr. 69, vom 26. März 1929. Aktivierung der Konzessionspolitik der USSR. Interview mit dem Vorsitzenden des Glawkonzeskom, W. N. Ksandroff.
8) Siehe A. Joffe, "Zur Frage der ausländischen Konzessionen!» der USSR." in der Ausgabe der Berliner Handelsvertretung "Die Volkswirtschaft der USSR." Nr. 3, 1927, S. 2—3 (deutsch).
9)(Sielie Prof. E. Varga, "Konzessionsmöglichkeiten in der Sowjetunion" in der vorhin erwähnten Ausgabe der Berliner Handelsvertretung, 1926, Nr. 17, S. 15.
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rwganisationsorgane selbst, deren Tätigkeit sich hauptsächlich auf Empfang und Durchsicht der Konzessionsangebote geschränkte.
Allein die wirklichen Gründe sind einfacher. Vor allem bestand der wahre Zweck der sowjetrussischen Konzessionspolitik weniger in einer tatsächlichen Vergebung von Konzessionen, als vielmehr "in einer Anknüpfung von politischen und Handelsbeziehungen mit den kapitalistischen Ländern".10) Hierfür spricht vor allem die Tatsache, daß es sich bei den meisten von der Sowjetunion angebotenen Konzessionsobjekten um "völlig unerforschte Gebiete" handelte. Dadurch ist es auch zu erklären, daß man meist nicht in der Lage war, den Konzessionsbewerbern auch nur die allernötigsten Angaben zu machen, derer sie als Unterlage für ihre Kalkulationen unbedingt benötigten, ehe sie sich zu einer Investierung von Kapital überhaupt entschließen konnten. Kam es aber wirklich einmal zu einem Vertragsabschluß, so wurde das Angebot des betreffenden Konzessionärs seitens der russischen zuständigen Stellen "fast ausschließlich durch die Interessenbrille der sowjet-russsischen staatlichen Produktions-Organisationen betrachtet", die ihre Monopolstellung auf dem inneren Markt eifersüchtig bewachen. Wenn ausländische Firmen für diese oder jene Objekte Interesse bekundeten, erwies sich häufig, daß dieselben nicht vergeben werden konnten, da dieser oder jener Sowjet-Trust gegen die Vergebung der betreffenden Konzession Einspruch erhob. An Stelle des gewünschten Objekts wurden dem ausländischen Unternehmer "regelmäßig solche Objekte angeboten, welche die Investierung kolossaler Kapitalien erforderten, in den abgelegensten Landesteilen lagen und die schwierigsten Arbeitsbedingungen boten". — "A ußeidem waren die sich aus den Konzessionsplänen ergebenden Bedingungen derart starr, daß auf Gewinne nicht zu hoffen wa r."
Im Zusammenhang mit der Ausarbeitung des grandiosen "Fünfjahresplanes" für die Industrialisierung der Wirtschaft beschloß die Sowjetregierung im Juli 1928 Maßnahmen zur "Aktivierung" der Konzessionspolitik zu treffen.11) Bereits früher waren dahingehende Anregungen erfolgt, die aber nicht zu praktischen Resultaten geführt hatten. Daher ist es wichtig zu ermitteln, was dieses neue, von der in- und ausländischen Presse eifrig propagierte Angebot der Sowjetregierung den
10) M. Joelson, "Die Wege der Aktivierung der Konzessionsarbeit", "Ekonomitscheskoje Obosrenije", 1928, Nr. 10, S. 42-43.
11) Siehe "Ekonomitscheskaja Shisn", Nr. 215 vom 15. September 1928.
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Konzessionsbewerbern wirklich Neues brachte, und ob es geeignet war, die Vertragsabschlüsse irgendwie zu fördern.
Laut der umfangreichen "Orientierungs-Liste", welche vom Hauptkonzessionskomitee im Auftrage der Sowjetregierung zusammen mit den Bedingungen für Konzessionsabschlüsse in einer besonderen Broschüre der Öffentlichkeit vorgelegt wurde, sind fast in allen Zweigen der Sowjetwirtschaft Konzessionen zu vergeben. Etwas rätselhaft erscheint die Bezeichnung "alternative Orientierungslist e". Nach den Erklärungen der Konzessionswirtschaft nahestehender Personen wollte diese Bezeichnung besagen, daß die Liste nur eine "Aufzählung der Konzessionsobjekte vorstellte, an Hand derer die Vertreter des ausländischen Kapitals sich für diese oder jene Unternehmung entscheiden konnten. Dabei konnte die Liste bei Verwirklichung von Konzessionen einer Bevision unterzogen und eine Heranziehung von weiterem ausländischem Kapital als unerwünscht erklärt werden."12) Im übrigen war ja bei Nachfrage seitens der Konzessionäre die Veröffentlichung der "alternativen" Orientierungsliste durchaus kein Hindernis für die Vergebung auch solcher Konzessionsobjekte, die in der Liste nicht vorgesehen waren, vorausgesetzt, daß ein diesbezügliches Angebot seitens des Konzessionärs erfolgte und das Geschäft sich für den Staat lohnte.13) Ein besonderes Entgegenkommen gedachte die Sowjetregierung solchen Konzessionsangeboten gegenüber zu zeigen, deren Verwirklichung "Pionierarbeit" auf irgend einem Gebiet bedeutete; ferner auch solchen gegenüber, bei denen die Erschließung einiger speziell vom Industrialisierungsplan vorgesehener Industriezweige in Betracht kam, wie die Verarbeitung farbiger Metalle, Maschinen- und Drehbankbau, Automobilbau, Kunstseidefabrikation und dergl.
Sehr großzügige Konzessionspläne sind von der Sowjetregierung für die Vergebung von Kommunalbauten ausgearbeitet worden. In erster Beihe war eine Vergebung von 91 Konzessionen im Gesamtwerte von 412,6 Millionen Bubel vorgesehen, die, laut Voranschlag, zum 1. Januar 1929 Investierungen von insgesamt 14,150 Millionen Bubel beanspruchten.11)
Die Sowjetregierung ließ hierzu durch den Mund ihrer prominenten Vertreter mitteilen, daß sie nichts gegen bedeutende Gewinne einzuwenden haben
12) Siehe den oben erwähnten Artikel von M. Joelson, S;< 46; ferner "Die Aktivierung der Konzessionspolitik in USSR.' -8 Iswestija Nr. 259.
1S) "Ekonomitscheskaja Shisn" Nr. 215, 1928.
") Siehe "Iswestija", Nr. 234 vom 7. Oktober 1928, "Aktivierung der Kommunalpolitik der USSR."
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werde, vorausgesetzt, daß dieselben nicht durch "Ausnutzung von Eigentümlichkeiten der Sowjet-Konjunktur oder des großen Warenhungers" entstanden wären.15) — Wie das Vorstandsmitglied des Obersten Volkswirtschaftsrates, Aralof,16) in diesem Zusammenhang zur Warnung der Konzessionsbewerber mitteilte, "sind aus der Praxis bereits Fälle von Valuta-Operationen bekannt, die von Konzessionsunternehmungen vollzogen wurden und rein kriminellen Charakter trugen". — Ein nachsichtiges Verhalten gegenüber den Gewinnen der Konzessionäre wird von der Sowjetregierung auch nur unter der Voraussetzung versprochen, daß sie aus Investierungen von bedeutenden Kapitalien und Unternehmungen mit technisch vollkommener Ausrüstung geschöpft werden, und daß keine Abweichungen von den grundlegenden Richtlinien der Sowjet-Wirtschaftspolitik festgestellt werden können.17)
Die Einhaltung dieser Richtlinien aber wurde durch eine Reihe von Bedingungen sichergestellt, die meist in die Konzessionsverträge eingeschlossen werden, und im Laufe einiger Jahre sowjetrussischer Konzessionspraxis ziemlich detailliert ausgearbeitet worden sind. Die Verordnung des Rates der Volkskommissare vom 24. Juli 1928 hat diesen in der Praxis bewährten Bedingungen nichts wesentlich Neues hinzugefügt. Eine ausführliche Besprechung und genaue Analyse dieser Bedingungen würde über den Rahmen dieser Ausführungen hinausgehen, und wir wollen uns darauf beschränken, ihre unseres Erachtens wichtigsten Bestandteile herauszugreifen.18)
Wichtig und charakteristisch ist: 1. daß der Konzessionär in der Regel verpflichtet wird, das ganze, für das betreffende Unternehmen erforderliche Kapital aus dem Auslande einzuführen. Soweit bares Geld in Frage kommt, muß dasselbe durch Vermittlung der
15) Siehe den Artikel von J. Seglin, "Der Plan der Konzessionen" in der "Ekonomitscheskoje Obosrenije" Nr. 3 vom März 1929, S. 87 (russisch).
16) Siehe "Iswestija" Nr. 234 vom 7. Oktober 1928, "Aktivierung der Kommunalpolitik der USSR."
") Siehe Gr. Nesterenko, "Von der Heranziehung ausländischen Kapitals für die Landwirtschaft". "Ekonomitscheskaja Shisn", Nr. 227 vom 2. Oktober 1929.
18) Auf diese üblichen Bedingungen für Konzessionsverträge ist ausführlich in einem Artikel von Prof. A. Worms, "Die üblichen Grundlagen der ausländischen Industriekonzessionen in der USSR." hingewiesen. Siehe Ausgabe der Berliner Handelsvertretung "Die Volkswirtschaft der Union der Soz. Sow. Republiken", Nr. 17/18, 1929. — Siehe gleichfalls die oben angeführten Artikel von Gr. Nesterenko.
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Die üblichen Bedingungen der Konzessionsverträge
Sowjet-Kreditbehörden überwiesen und unbedingt nach dem amtlichen Sowjetkurs in russische Rubel umgewechselt werden. Solch eine Operation bedeutet für den Konzessionär unter den gegenwärtigen Bedingungen den Verlust eines großen Teils seines Vermögens. Von einer Kompensation dieses Verlustes durch das den Konzessionären in der Regel zugebilligte Recht, den Reingewinn in ausländischer Währung ins Ausland zu überführen, kann wohl um so weniger die Rede sein, als ihnen der Reingewinn durch das Finanzkommissariat wiederum nach dem offiziellen Kurs berechnet und ausgezahlt wird, und nur ein bestimmter Teil des Gewinnes (15—20 Prozent) dem Konzessionär als Verzinsung des investierten und aus dem Auslande eingeführten Kapitals"19) unverkürzt überlassen wird. Der restliche Teil des Gewinnes wird als "U ebergewinn" bezeichnet und entsprechend den konkreten Bedingungen des Vertrages zwischen dem Konzessionär und der Sowjetregierung verteilt, wobei der Anteil der letzteren, progressiv ansteigend, 65 Prozent und mehr erreichen kann. Nach Ansicht von Professor Worms wird "dadurch eine elastische Regulierung des Gewinnes des Konzessionärs und eine Anregung zu billigen Absatzpreisen erreicht". Vielleicht wird dadurch aber auch ein Anreiz zum Verschleiern der Gewinne, und eine Prämie auf einen gewissen technischen Quietismus gesetzt. . . . Doch das bleibe dahingestellt.
Dazu kommt noch der von Professor Worms erwähnte Umstand, daß das Recht der Ausfuhr des Reingewinnes in ausländischer Währung "in Anbetracht der genauen gesetzlichen Normierung des Devisenmarktes in der UdSSR. "... "im Konzessionsvertrag ausführlich geregelt werden muß".
Wichtig und charakteristisch ist des weiteren:
2. daß der Konzessionär in der Regel verpflichtet wird, inländische Rohstoffe zu verarbeiten. Die Benutzung ausländischer Rohstoffe zu Produktionszwecken ist nur im Notfall zulässig und zwar: wenn es die betreffenden Rohstoffe in der Sowjetunion überhaupt nicht gibt; oder wenn die inner russischen Preise im Vergleich zu den ausländischen gar zu hoch sind; oder wenn der Konzessionär sich verpflichtet, an Stelle des einzuführenden Rohstoffes, für dessen Ankauf ihm ausländische Va-
10) Siehe den bereits angeführten Artikel von Prof. Worms, S. 74.
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luta zum offiziellen Kurs überlassen wird, einen anderen nach Rußland einführbaren Rohstoff im Lande selbst zu gewinnen; oder endlich, wenn er sich verpflichtet, eine bestimmte Menge seiner Erzeugnisse ins Ausland zu exportieren und dadurch die ihm zum Rohstoffankauf eingezahlte Valuta zu kompensieren.
Wichtig und charakteristisch ist weiterhin:
3. daß der Konzessionär verpflichtet wird, sein unbedingt nach den neuesten Erfahrungen der Technik einzurichtendes Unternehmen dauernd auf der gleichen technischen Höhe zu erhalten und nach einem bestimmten Produktionsprogramm zu arbeiten. Daher wird in den Konzessionsverträgen nicht nur "eine bestimmte Produktionsfähigkeit des Unternehmens" fixiert, "das heißt eine maschinelle Ausrüstung des Unternehmens, die pro Schicht eine bestimmte Produktionsmenge garantiert", sondern manchmal auch "eine bestimmte jährliche Minimalproduktion20) verlangt.
Wichtig und charakteristisch ist:
4. daß der Konzessionär in der Regel nur russische Arbeiter und Angestellte einstellen darf. Nur in einigen Ausnahmefällen wird ihm das Recht zugestanden, einen bestimmten Teil ausländischer Arbeiter und Angestellter einzustellen, und zwar gilt diese Ausnahme nur für besonders qualifizierte Spezialisten. Der Konzessionär ist verpflichtet, sich nach dem "Arbeitskodex" zu richten, wobei er außerdem einen Tarifvertrag (Kollektivvertrag) mit den in Frage kommenden kommunistischen Gewerkschaften abschließen muß. Um die Bedeutung dieser Verpflichtung für den Konzessionär richtig bewerten zu können, muß man nachstehende Entschließung des VIII. Kongresses der kommunistischen Gewerkschaften vom Januar 1929 zur Kenntnis genommen haben: "In Anbetracht dessen, daß die Arbeiter in den privaten und konzessionierten Unternehmungen eine Reihe von Vorteilen und Privilegien genießen, deren die Arbeiter von Staatsunternehmungen entbehren, sowie des Umstandes, daß der Gewinn der konzessionierten Unternehmungen einen privatkapitalistischen Charakter hat, müssen die Gewerkschaften in konzessionierten und privaten Unternehmungen ein erhöhtes Lohnniveau im Vergleich zu ähnlichen Unternehmungen der Staatsindustrie anstreben."
20) Siehe "Trud" vom 13. Januar 1929, Nr. 11. Auch Professor Worms im bereits zitierten Artikel, S. 75.
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Wichtig und charakteristisch, ist:
5. daß dem Konzessionär zwar das Recht des freien Verkaufs seiner Erzeugnisse auf dem inländischen Markte zugestanden wird, jedoch mit der Einschränkung, daß er durch die Ausübung dieses Rechts nicht zum Konkurrenten der Staatsunternehmungen wird. — Um die Monopolstellung der letzteren auf dem russischen Markt sicherzustellen, wird in die Konzessionsverträge häufig eine Klausel eingeschlossen, die der Sowjetregierung in bezug auf die Waren des betr. Konzessionärs das Verkaufsrecht gewährleistet undzwar zu im voraus festgesetzten Preisen.
Wichtig und charakteristisch ist:
6. daß der Konzessionär in der Regel die gleichen Steuern und Abgäben zahlt wie die Staatsunternehmungen. Dabei wird aber seit einigen Jahren in Anbetracht der für die Konzessionäre sehr lästigen Vielfältigkeit und Unbeständigkeit der Steuern vertraglich festgelegt, daß "eine bestimmte Pauschalsumme" zu zahlen ist, "in der sämtliche Steuern einbegriffen sind, und die nicht geändert werden kann".21) Aber abgesehen von der Zahlung der allgemeinen Steuern und Abgaben wird der Konzessionär noch verpflichtet, einen gewissen Prozentsatz vom Umsatz, der 4—10 Prozent erreicht, und den vorhin bereits genannten Anteil des "Uebergewinnes" an die Regierung abzuführen.
Wichtig und charakteristisch ist:
7. daß de r ganze Besitz des Kon z e ssionsunter-n e h m e n s mit Ausnahme des Betriebskapitals und des Gewinnes als Eigentum des Staates gilt. Infolge dieses Umstandes kann er weder verkauft, versetzt oder gepfändet werden, noch auf andere Weise in fremden Besitz übergehen. Kraft dieser Bestimmung geht das ganze Unternehmen nach Ablauf des Vertrages oder bei "böswilliger" Vertragsverletzung seitens des Konzessionärs entschädigungslos und in vollem Betriebe in den Besitz des Staates über.
Di es sind die hauptsächlichsten Bedingungen der Konzessionsverträge, die die Arbeit des Konzessionärs "im Rahmen der sowjetrussischen Wirtschaftspolitik"22) sicherstellen sollen, die
21) Prof. Worms im bereits zitierten Artikel, S. 73.
22) Siehe Gr. Nesterenko, den bereits zitierten Artikel in Nr. 227 der Ekonomitscheskaja Shisn vom 2. Oktober 1929.
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aber im Gegensatz zu der optimistischen Auffassung des Herrn Prof. Worms wohl kaum geeignet sein dürften, zur Schaffung "lebensfähiger und rentabler Konzessionsunternehmungen" beizutragen.23)
Die in der Sowjetunion üblichen Konzessionsunternehmungen lassen sich ihrer Form nach in folgende Gruppen teilen:
a) einfacheKonzessionen — dem Konzessionär wird das Recht der Organisation, der Einrichtung und der selbständigen Ausbeutung des Unternehmens zuerkannt; oder
b) gemischte Gesellschaften — der Konzessionär bekommt das Recht, das Unternehmen gemeinsam mit den Sowjetorganisationen einzurichten und auszubeuten; oder
c) Kredit- und Lieferungskonzessionen — der Konzessionär finanziert oder organisiert nur das Unternehmen, die Ausbeutung aber bleibt in den Händen der Sowjetorganisationen; und schließlich
d) die sogenannte "technische Hilfe" — der Konzessionär wird nicht nur als technischer Berater für die Organisation des Unternehmens konsultiert, sondern er verpflichtet sich auch, in seinem Besitz befindliche oder evtl. künftig von ihm zu erwerbende technische Erfindungen auf seinem Gebiete — zur Verfügung zu stellen. In manchen Fällen übernimmt er außerdem noch die Verpflichtung, das Unternehmen zu finanzieren und auszurüsten.
Diese letzte Form ist natürlich keine Konzession im üblichen Sinne dieses Wortes. Im Sinne des ganzen sowjetrussischen Systems könnte sie aber doch insoweit als Konzession bezeichnet werden, als sie einer ausländischen Firma eine Erlaubnis erteilt, sich gegen eine bestimmte Entschädigung am Aufbau des kommunistischen Staates zu beteiligen, und dem Konzessionär bestimmte Verpflichtungen auferlegt. In den Jahren 1929—1930 hat diese Konzessionsform eine immer weitere Verbreitung in der sowjetrussischen Praxis erfahren. Nach den Angaben des Leiters des Obersten Volkswirtschaftsrats24) sind bisher circa 70 solcher Verträge abgeschlossen worden, und von diesen 30 mit deutschen Firmen. Gezahlt wurden auf Grund dieser Verträge 1929 ungefähr 40 Millionen Rubel. Bei der gegenwärtigen schwierigen Lage der europäischen Industrie erscheint es manchem Vertreter der letzteren viel vorteilhafter und verlockender, diese Millionen für den Verkauf von Produktionsgeheimnissen an die
23) Prof. Worms in dem bereits zitierten Artikel, S. 76.
24) Siehe "Ekonomitscheskaja Shisn" vom 29. September 1929, "Deutschland und die ausländische technische Hilfe in der USSR."
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Die Formen der Konzessionen
Die Verträge über technische Hilfe
U. S. S. R. zu erhalten, als eigene Mittel in sowjetrussischen Konzessionen zu investieren. Aber schon äußern weiterblickende Industrielle die Befürchtung, daß durch diese "technische Hilfe", besonders auf dem Gebiete der Herstellung von Fertigfabrikaten, der russische Markt für die westeuropäische Industrie verloren gehen wird, und daß dieser Verlust kaum durch die Millionen für geleistete Hilfe aufzuwiegen sein dürfte. Vom Standpunkte der Leiter der sowjetrussischen Wirtschaftspolitik aus bedeutet diese Befürchtung nur einen weiteren Beweis für die Richtigkeit ihrer neuesten Errungenschaft auf dem Gebiete der Konzessionspraxis.
Wie wir bereits erwähnten, bestanden zum 1. Oktober 1929 in Sowjet-Rußland im ganzen nur 59 Konzessionen mit einem Kapital von insgesamt 58 Millionen Rubeln.25) Wie groß zu diesem Zeitpunkt die Zahl der tatsächlich abgeschlossenen Konzessionsverträge und der Gesamtbetrag aller auf Grund derselben investierten Kapitalien war, ist uns nicht bekannt. Uns genügt die Tatsache, daß die Zahl der abgeschlossenen Verträge Ende 1927 16326) betrug, um festzustellen, daß die tatsächlich bestehenden Konzessionsunternehmungen ihrer Zahl nach kaum ein Drittel (27,6 Prozent) der bis zu diesem Zeitpunkt erteilten Konzessionen erreichten. Der Abschluß eines Konzessionsvertrages bei dem sowjetrussischen Bürokratismus ist an sich sehr kompliziert und schwierig, und gibt dem Konzessionär auch durchaus keine Garantie für seine erfolgreiche Verwirklichung.
"UeberblickenwirdiebisherigeArbeitder landwirtschaftlichen Konzessionsunternehmung e n", schreibt ein Sowjetwirtschaftler,27) "so sehen wir, daß sie in einigen Fällen mit wenig Erfolg, in anderen mit Verlust gearbeitet habe n." — Von den 39 durch das Hauptkonzessionskomitee seit 1922 bis zum 1. Juni 1929 vergebenen landwirtschaftlichen Konzessionen wurde ein ansehnlicher Teil "infolge einer Reihe von Umständen" liquidiert. Heute sind von ihnen nur noch 14 übriggeblieben und zwar: 4 rein landwirtschaftliche Konzessionen, 4 Forstkonzessionen, 1 Jagdkonzession und 5 Fischereikonzessionen. "Während der ersten Periode — seit Beginn der
25) yergi. "Bulletins des Wirtschaftskabinetts" des Prof. Prokopo-witsch, Nr. 77, März 1930.
26) Siehe das "Bulletins des Wirtschaftskabinetts von Prof. S. N. Prokopowitsch", Nr. 62, vom Oktober 1928, S. 21—22. Angaben von W. Butkowsky in "Die ausländischen Konzessionen in der "Volkswirtschaft der USSR."
27) Nesterenko in der "Ekonomitscheskaja Shisn" vom 2. Oktober 1929, Artikel "Über die Heranziehung ausländischen Kapitals für die Landwirtschaft".
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Die Ergebnisse der Konzessionswirtschaft
Konzessionswirtschaft bis zum Jahre 1928", so berichtet derselbe Schriftsteller, "blieb die Arbeit der landwirtschaftlichen Konzessionsbetriebe ohne Erfolg, und erst seit Anfang der zweiten Periode, vor einem Jahr, begannen die Konzessionsbetriebe sich zu erholen, und sind nun auf dem Wege, rentable Unternehmungen zu werden. Dadurch wird aber das Problem der Vergebung landwirtschaftlicher Betriebe noch keineswegs gelöst. . . . Wir können unsere Wirtschaft auch ohne ausländisches Kapital wieder aufbauen. Fraglich ist lediglich das Tempo der Entwicklung. Bei uns sind nur solche Konzessionen zulässig, die geeignet sind, unseren wirtschaft-lichenWiederaufbau zu forciere n." — "In unserer Volkswirtschaft ist das spezifische Gewicht der Konzessionen äußerst unbedeutend", lesen wir in einer anderen Sowjetzeitung.28) "Die Konzessionsinvestierungen belaufen sich ungefähr auf 45 Millionen Rubel (d. h. circa 0,5 Prozent unserer Investierungen)", aber "die Konzessionsproduktion machte zusammen mit der Privatproduktion im Jahre 1924/25 im ganzen nur 4,3 Prozent, im Jahre 1926/27 2,5 Prozent und im Jahre 1927/28 nur 2,2 Prozent der Gesamtproduktion aus." . . . "Nach unserem Plan besteht die Absicht, in Industrieunternehmungen 20 Milliarden Rubel zu investieren. Selbst in dem Falle, daß es uns gelingen sollte, ausländisches Kapital in einem seiner Beteiligung während des Krieges gleichkommenden Maße heranzuziehen, würde dieses in seiner Gesamtsumme nicht mehr als 2 Prozent unserer Investierungen betragen." — Solcher Art sind die Zahlen und Erwägungen, mittels derer die Sowjetführer bemüht sind, in erster Linie die vollkommene Ungefährlichkeit einer "Aktivierung" ihrer Konzessionspolitik zu beweisen und sich gegenüber den Beschuldigungen wegen "Verschleuderung der Sowjetreichtümer an die Kapitalisten*' zu rechtfertigen. — "Wenn die Konzessionspolitik erfolgreich ist, dann wird dank ihr eine Menge, im Vergleich zu den unseren, mustergültiger Unternehmungen entstehen, die mit den zeitgenössisch-kapitalistischen auf einem Niveau stehen werden." Dieser Ausspruch Lenins erfolgte auf Grund einer Beobachtung der Arbeit ausländischer Firmen im Vorkriegsrußland. Wer sich aber dieser Worte Lenins erinnert, für den werden die vorhin genannten Zahlen nur ein Zeugnis für zerschlagene Hoffnungen und unerfüllbare Pläne.
Als eine der Hauptursachen der Mißerfolge bezeichnen die Sowjetwirtschaftler meist die unbedeutenden Mittel, die in den Konzessions-Unternehmungen investiert werden. Dieser Hinweis entspricht in gewisser Hinsicht der Wahrheit. Die Unternehmertätigkeit in Rußland
28) Iswestija, 1928, 6. November, Nr. 289.
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Die Gründe der Erfolglosigkeit der Konzessions-politik
erforderte auch schon vor dem Kriege zum Teil ganz unver- ! hältnismäßig große Investierungen. So stand es besonders in einigen Industriezweigen wie z. B. im Bergbau, und zwar infolge ungenügender Verkehrswege und Zufuhrstraßen, infolge mangelhafter Erforschung der Industrieobjekte und anderer \ Ursachen. In dieser Hinsicht ist die Lage heute nicht besser, sondern vielmehr noch bedeutend schlechter geworden. Dies ist auch durch die hohen Anforderungen zu erklären, die seitens der Sowjetregierung an die Konzessionäre gestellt werden. Es ist festzustellen, daß selbst die größten Investierungen im Verhältnis zum Umfang der Konzessionsobjekte und zu den hohen \ technischen und sonstigen Anforderungen tatsächlich sehr unbedeutend erscheinen. Als Beispiel sei hier das Konzessionsunternehmen der "Lena Goldfields-Ltd." angeführt, das 1930 infolge der völligen Rücksichtslosigkeit der Sowjet-Behörden auch schon liquidiert werden mußte. Laut Angaben des Vorsitzenden des Glawkonzeskoms, Ksandroff,29) betrug das in diesem Unternehmen investierte Vermögen 18 129 000 Rubel, also über 36 Prozent des ganzen, von sämtlichen Konzessionären investierten Kapitals (50 095 000 Rubel). Diese Konzession umfaßte aber nicht nur die ganze Gold-industrie der Lena-Witimsker Taiga mit der dazu gehörigen Schiffahrt und Eisenbahn, sondern auch die Syssertschen Kupferbergwerke und die Rewdinsker Eisenbergwerke im Ural, und außerdem die Erzverarbeitung und die Forstwirtschaft im Altaj. Da ist es nicht wunderbar, wenn auch dieses weitaus reichste Konzessionsunternehmen sich genötigt sah, die Hilfe staatlicher Subsidien in Anspruch zu nehmen und seine Goldausbeute nur auf die reichsten Goldfelder zu beschränken. Die Gesellschaft war ja gezwungen, das gewonnene Gold zu Vorkriegspreisen abzuliefern, während die Kaufkraft des Tscherwonez bedeutend tiefer steht als damals.30)
Daß die Investierungen der Konzessionäre im Verhältnis zum Umfange der Konzessionsobjekte und zu den ihnen gestellten Aufgaben gering sind, läßt sich also nicht leugnen. Eine Heranziehung größerer Mittel wäre aber nurdannmöglich, wennsiewirtschaftlichvor-teilhaft wäre. Dies ist jedoch zu bezweifeln. Eine Reihe von Beispielen aus dem Gebiete der Konzessionspolitik ist geeignet, die Berechtigung solcher Zweifel zu erweisen. Die Sowjetwirtschaftler suchen hinsichtlich des Harrimanschen Konzessionsunternehmens, "Tschiaturski Marganez ', dessen Arbeitsbedingungen den deutschen Industriellen un-
29) Siehe "Iswestija", 1929, Nr. 69 vom 26. März, "Aktivierung der Konzessionspolitik der USSR."
30) Siehe "Sozialistitscheckoje Chosajstwo", 1928, Band I, Artikel von L. Soldanoff: "Hat sich der Wert des Goldes in der Kriegs- und Nachkriegsperiode geändert?", Seite 44—45.
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erfüllbar erscheinen, in sehr beredter Sprache zu beweisen, daß »bei gleichen technischen Bedingungen der Produktion, des Erzwaschens und des Transports die Erzlager von Indien und Brasilien sehr schwer mit Tschiaturi konkurrieren gönnen".31) Als Kaution für die vertragsmäßige Erfüllung der yon ihm übernommenen Verpflichtungen und Regelung diverser Zahlungen deponierte Harriman bei der Sowjetregierung im ersten Jahr seiner Konzessionsarbeit sehr beträchtliche Summen (4 200 000,— Rubel), und investierte außerdem ein Stammkapital von 2 700 000,— Rubel in dem Unternehmen.32) Aber bereits im September 1928 sah sich Harriman zur Liquidierung seines Unternehmens genötigt.
Die Firma Krupp, die durch einen landwirtschaftlichen Konzessionsvertrag im Jahre 1923 im Ssalsker Kreise im nördlichen Kaukasus 31 912 Hektar Land übernahm, verpflichtete sich, eine Getreidewirtschaft mit den modernsten Maschinen und Traktoren einzurichten und zu führen. Die Kosten der Bodenbearbeitung mittels Traktoren beliefen sich jedoch auf 30,— Rubel pro Desjatine, während sie sich bei Benutzung von Ochsen nur auf 5,— Rubel stellten.33) Selbstverständlich hätte der Konzessionär gern zu dieser billigeren Arbeitskraft gegriffen, wenn er nicht vertragsmäßig gebunden gewesen wäre. Nach Ablauf einiger Verlustjahre, also mit anderen Worten, nach teilweiser Einbuße des investierten Vermögens, wurde der Konzessionsbetrieb im September 1928 in eine "Russisch-Deutsche Landwirtschaftliche Genossenschaft" Manytsch-Krupp umgewandelt und zwar mit Beteiligung des Gosselj-syndikats (Staatl. Landwirtschaftl. Syndikat). Diese Genossenschaft befaßt sich jetzt mit Merino-Schafzucht, und nur noch 5 450 Hektar Land sind der früheren Getreidewirtschaft verblieben.34)
Schon diese Beispiele zweier finanziell leistungsfähiger Unternehmungen beweisen mit ausreichender Deutlichkeit, daß der Vorteil von Kapitalinvestierungen in Konzessions-unternehmungen zum mindesten zweifelhaft ist; auch schon deswegen, weil jedes Konzessionsunternehmen — wie wir gesehen haben — nach Ablauf des Vertrages mit seiner in den meisten Fällen höchstens 25—35 jährigen Gültigkeitsdauer — in vollem Betrieb und entschädigungslos der Sowjet-
31) Siehe "Die Volkswirtschaft der UdSSR.", Nr. 6, 1927. Artikel von A. Swanidse: "Zur Frage der Manganerzkonzessionen von Tschiaturi", S. 7.
32) Siehe W. Butkowski: "Ausländische Konzessionen in der Volkswirtschaft der UdSSR.", S. 73. Aus dem "Bulletins des Wirtschaftskabinetts" von Prof. Prokopowitsch, Nr. 62, S. 24.
33) Siehe das gleiche Bulletin, S. 29.
34) Siehe den bereits erwähnten Artikel von Nesterenko in der "Ekonomitscheskaja Shisn", Nr. 227, 1928.
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regierung überlassen werden muß. Um die Kosten zu decken und das investierte Vermögen herauszuwirtschaften, muß der Konzessionär daher einen weit über dem Durchschnitt liegenden Gewinn erzielen. Je größer das investierte Kapital, desto höher natürlich der erforderliche Gewinn. Besonders fühlbar macht sich bei allen Konzessionsunternehmungen ein Mangel an Betriebskapital. Gerade dieser Mangel wurde auch zur unmittelbaren Ursache der Liquidierung des bekannten Konzessionsunternehmens "Mologoless", auf welches zu Beginn der deutschrussischen Wirtschaftsbeziehungen so große Hoffnungen gesetzt wurden. Der bereits erwähnte Umstand, daß der gesamte Besitz der Konzessionsunternehmungen — mit Ausnahme des Gewinns und des Betriebskapitals __
als Eigentum des Sowjetstaates gilt, erschwert nicht nur langfristige (Hypotheken), sondern sogar kurzfristige Kredite, die in der Regel nur von ausländischen Banken gewährt werden. In den Fällen, in denen sich wenigstens die Möglichkeit kurzfristiger Kredite bietet, sind dieselben außerordentlich teuer. Ein in Ausnahmefällen von der Sowjetregierung selbst gewährter Kredit aber beschleunigt nur den entschädigungslosen Uebergang des Unternehmens in ihre Hände.
Die geringen Investierungsmöglichkeiten der Konzessionäre sind jedoch nur eines der vielen Hindernisse auf dem dornenvollen Pfade des konzessionellen Unternehmertums in Sowjetrußland. Die Haupthindernisse entstehen durch die geradezu unmöglichen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes. Ein Vertreter des schwedischen Konzessionsunternehmens der A. S. E. G. (Allgemeine Schwedische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft) äußerte sich darüber folgendermaßen: "Es gibt eine Reihe Fragen, deren Regulierung sowohl im Interesse des Konzessionärs, als auch in dem der Regierung außerordentlich wichtig ist. Daher ist es erwünscht, daß der bisweilen bestehende Mangel an Einheitlichkeit in der Behandlung dieser Fragen seitens verschiedener Regierungsorgane durch die Schaffung zweckmäßigerer gegenseitiger Beziehungen beseitigt wird, als sie in den Konzessionsverträgen und Regierungserlassen über die Aktivierung der Konzessionspolitik gegeben sind."35) — Nach der Aeußerung eines anderen Konzessionärs (der polnischen Firma "A. Nowik" — Filzfabrikate) ist die Lösung der Arbeitsfrage ein besonders schwieriges Problem und zwar infolge des Gegensatzes zwischen der individualistischen Einstellung des ausländischen Unternehmers einerseits und dem kollektivistischen Standpunkte der von Arbeitern geleiteten kommunistischen Gewerkschaften andererseits. Ungeachtet der Beteuerungen der
35) Siehe "Iswestija", 1928, Nr. 234.
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Sowjetregierung, daß "die Konzessionsunternehmungen ihrem Kerzen ebenso nahe ständen wie die Staatsbetriebe", hat der VII. Kongreß der roten Gewerkschaften im Januar 1929 den Beschluß gefaßt, die Konzessionsbetriebe als private Unternehmungen zu betrachten und sie hinsichtlich des nach dem Kollektivvertrag zu bestimmenden Arbeitslohnes nicht zu schonen. Besonders grell und in die Augen springend wurden die unmöglichen Arbeitsbedingungen für ausländische Konzessionsunternehmungen in Sowjet-Rußland bei der kürzlich in London durchgeführten Auseinandersetzung und Vermögensabwicklung in Sachen "Lena Gold-fields Ltd." umrissen. Die Sowjet-Regierung lehnte es nämlich ab, einen Vertreter zu diesem Abwicklungsverfahren zu entsenden, und begründete diese Absage damit, daß der Konzessionär nach dem Vertrag nicht das Recht hatte, die Arbeit einzustellen und damit faktisch den Vertrag vor dem Spruch des Schiedsgerichts zu zerreißen.38) Dabei hatte sie selbst dem Konzessionär die Möglichkeit zur Fortführung der Arbeiten genommen, indem sie eine Reihe führender Angestellter des Konzessionsbetriebes hatte verhaften und unter Anklage wegen "Wirtschaftsspionage" und Teilnahme an einer "Schädlingsorganisation" stellen lassen.37) Als aber im August 1930 der Spruch des Schiedsgerichts in London für die Sowjetregierung ungünstig ausfiel, erklärten die kommunistischen Zeitungen, daß der ganze Prozeß eine "Gerichtskomödie" wäre und die anklagende Lena-Goldfields-Gesellschaft aus "kapitalistischen Piraten bestünde".38)
Das sind die schon bei flüchtigem Ueberblick erkennbaren Hindernisse auf dem Wege des konzessionellen Unternehmertums in der Sowjetunion, die zu beseitigen wohl kaum in der Macht der Sowjetregierung liegt. Ja, dies ist wohl auch nicht ihr Wunsch. Die Beseitigung dieser Hindernisse wäre ja für die Regierung gleichbedeutend mit einer Aufgabe ihres eigenen Selbst, gleichbedeutend auch mit einem endgültigen Aufgeben der langgehegten Hoffnung, den folgerichtigen Kommunismus in der ganzen Wirtschaft einst wirklich durchführen zu können.
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36) Siehe den Artikel von A. Gurewitsch: "Der völlige Bankerott der Lena-Goldfields-Konzession", "Iswestija", Nr. 151 v. 31. Juli 1930.
37) Siehe "Iswestija", Nr. 124 vom 7. Mai 1930, Nr. 125 vom 8. Mai 1930, Nr. 126 vom 9. Mai 1930 und Nr. 127 vom 10. Mai 1930: "Die Sach-Mitarbeiter der Lena-Goldfields".
38) Siehe "Prawda" und "Iswestija" von Ende August 1930.
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