|
Hans JonasUmweltphilosoph |
wikipe Autor
*1903 in dnb Nummer (312) detopia: Umweltbuch |
Wie
kein anderer zeitgenössischer Philosoph |
1993 Dem
bösen Ende näher - Gespräche über 1992 Fatalismus wäre Todsünde (Rede 1992) 1980 Audio 2018 / 1980 Gespräch über das Das Prinzip Verantwortung |
»Hans
Jonas’ Einfluss
|
1979 Das Prinzip Verantwortung
Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation
dnb Buch Inhalt pdf wikipe Buch-1979 Mit einem Nachwort von Robert Habeck
Als <Das Prinzip Verantwortung> 1979 wenige Wochen vor der Gründung der Grünen erstmals erschien, war der Treibhauseffekt noch nicht im allgemeinen Bewusstsein angekommen. Heute sind die Auswirkungen des Klimawandels evident: Überflutungen in warmen Wintern, Waldbrände in trockenen Sommern. In seinem Standardwerk der Umweltethik formulierte Jonas allerdings schon vor vier Jahrzenten Antworten auf drängende moralische Fragen, die nun dank der »Fridays for Future«-Bewegung wieder ganz oben auf der Agenda stehen: Sind wir verantwortlich für den Fortbestand der Menschheit auf der Erde? Ist jeder Einzelne in der Pflicht? Und wie lassen sich Staaten und deren Institutionen zum Handeln bewegen? Jonas argumentiert für eine radikale Ethik der ökologischen Verantwortung, der Individuen, Unternehmen und Regierungen gleichermaßen unterworfen sind. Dabei geht er mit unserem bedingungslosen Technikglauben genauso hart ins Gericht wie mit den Dynamiken des Machterhalts in demokratischen Systemen, in denen Zukunft höchstens bis zur nächsten Wahl gedacht wird. Sein Plädoyer für den »Vorrang der schlechten vor der guten Prognose« ist aktueller denn je.
Inhalt
1 Das veränderte Wesen menschlichen Handelns (15) 2. Grundlagen- und Methodenfragen (61) 3. Über Zwecke und ihre Stellung im Sein (103) 4. Das Gute, das Sollen und das Sein: Theorie der Verantwortung (149) 5. Verantwortung heute: Gefährdete Zukunft und Fortschrittsgedanke (237) 6. Kritik der Utopie und die Ethik der Verantwortung (303)
|
|
Fatalismus wäre Todsünde Ansprache von Hans Jonas - Berlin 1992
Verehrter
Herr Bundespräsident Begreiflicherweise überwältigt von dem, was ich hier in den letzten zwei Stunden gehört habe, was an mich gerichtet war oder über mich gesagt wurde, überwältigt sowohl vom Inhaltlichen wie von der Wärme und Großzügigkeit des Gesagten, rechne ich auf Ihr Verständnis dafür, daß ich nur mit wenigen dürftigen Worten antworten kann. Eine Ehrung wie die hier mir so verschwenderisch zuteil gewordene erzeugt in ihrem Empfänger eine Mischung von Glück, Stolz und Verlegenheit. Glück und Stolz brauche ich nicht zu erklären. Wen beglückte es nicht, sein Lebenswerk von kundiger Seite so anerkannt zu hören und es in dieser Hinsicht als geglückt ansehen zu dürfen? Und wen erfüllte es nicht mit Stolz, daß dies an so rühmlicher Stelle und vor einer so glänzenden Versammlung geschieht? Als mich besonders bewegend darf ich hier die Anwesenheit des Herrn Bundespräsidenten hervorheben, für den ich seit langem Gefühle persönlicher Verehrung hege. Was aber die Verlegenheit betrifft, so wurzelt sie in dem Zweifel meines Herzens, den keine Kompetenz und keine Aufrichtigkeit der mich Ehrenden stillen kann, ob ich so viel Lob, auch abzüglich der solchen Gelegenheiten schuldig erachteten Übertreibungen, wirklich verdiene. Es ist dies, ich versichere Sie, keine Koketterie der Bescheidenheit, sondern die immer heikel bleibende Bilanz von Vollbringen und Versagen, zu der allein es eine einigermaßen ehrliche Selbstprüfung am Ende einer langen Bahn bei mir bringen kann. An dieser Stelle schweife ich von meinem vorbereiteten Text ab, um angesichts dessen, was ich heute gehört habe, in freier und hoffentlich nicht zu stammelnder Rede noch etwas hinzuzufügen. Die Verlegenheit, von der ich sprach, hat außer dem erwähnten subjektiven auch noch einen viel ernsteren objektiven Grund: Und das ist die Befürchtung oder der Verdacht einer Vergeblichkeit des Wortes, selbst des wahren Wortes, wenn es zu sehr in Widerspruch gerät mit den Zwängen, den Nöten, den Interessen, den Mächten des Augenblickes und wenn es zu weit in die Zukunft greift - daß es dann ohnmächtig wird für die Gegenwart. Es gibt Gründe genug für eine solche Befürchtung und infolgedessen Gründe genug für einen tiefen Zweifel am schließlichen Ausgang der Sache, an der man wirkt. Die jetzt stattfindende Gipfelkonferenz in Rio ist eine Probe aufs Exempel, deren Ausgang ich mit einigem Bangen entgegensehe. Er wird wahrscheinlich die Art von Zweifel, die ich eben äußerte, bestärken, so fürchte ich oder so sehe ich voraus, würde das aber nicht für einen Grund halten, die Flinte ins Korn zu werfen. Da hier zu meiner Freude die Studentenschaft zu Wort gekommen ist, wollte ich eben hier in improvisierter Rede sagen, daß Fatalismus die eine Todsünde des Augenblicks wäre. Das bevorstehende Schicksal, das uns droht, das wir uns selber bereiten würden, wenn wir die Erde weiter schlecht verwalten, wie wir es im Augenblick tun, dieses Unglück werden wir nur um so sicherer machen, als je unausweichlicher wir es ansehen. Ich warne daher vor der inneren Gefahr des Fatalismus, die fast so groß ist wie die äußere Gefahr, die ohnehin durch unsere Schuld besteht. Fatalismus - d.h. das Schicksal für unausweichlich zu halten, nicht wendbar, ist selbsterfüllend und wird das gewiß zustande bringen, was eben der Rat der Verzweiflung als unabwendbar ansieht. Ich möchte Ihnen daher als alter Mann, der oft erfahren hat, daß das Wort ohnmächtig ist, zurufen: Oh, glauben Sie nicht, glaubt nicht daran, daß Dinge unausweichlich sind, und laßt Euch nicht verführen vom Rate angeblich objektiver Notwendigkeit, der wir hilflos gegenüberstünden. Haltet daran fest, daß wie man denkt, was man denkt, was man sagt und wie man in der wechselseitigen Kommunikation Ideen verbreitet, einen Unterschied ausmacht im Gang der Dinge. Erfolg ist nicht garantiert; aber sicher ist, daß die Anstrengung unterlassen, die Bemühung aufgeben, ganz bestimmt das Unheil werden läßt, das wir voraussehen können und dessen Voraussehen es ja doch verhindern soll.
Verzeihen Sie mir, daß ich in dieser mahnenden Weise - nicht nur an Sie, sondern auch noch an mich selbst gerichtet - Ihnen predige. Betrachten Sie also bitte die zuvor von mir beschriebene Verlegenheit und auch die soeben skizzierten objektiven Bedenklichkeiten als mit eingeschlossen in den tieffühlenden Dank, den ich hiermit all denen, die gesprochen habe, für ihre Worte und die darauf verwendete Mühe ausspreche. [...]
Aus: >Herausforderung Zukunftsverantwortung. Hans Jonas zu Ehren.< Hrsg. v.Dietrich Böhler und Rudi Neubert. EWD-Band 1. Münster: Lit 1992, S.49-51. Hans-Jonas-Zentrum.de |