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   Strategie 

 

180.

Die Anhänger der Technologie stürzen uns alle in ein äußerst unberechenbares und unbekanntes Verhängnis. Viele Menschen haben eine Vorstellung davon, was technologischer Fortschritt uns antut, bleiben aber passiv, weil sie es als unausweichlich ansehen.  

Aber wir (FC) glauben nicht, daß es unvermeidbar ist. Wir meinen, daß man es stoppen kann und geben hier einige Hinweise, was man dafür tun kann.

181.

Wie wir in Paragraph 166 festgestellt haben, bestehen die beiden Hauptaufgaben gegenwärtig darin, den sozialen Druck und die Instabilität der industriellen Gesellschaft zu verstärken und eine Ideologie zu entwickeln, die sich gegen die Technologie und das industrielle System richtet. 

Erst wenn das System unstabil wird und unter Druck gerät, wäre eine Revolution, die sich gegen die Technologie richtet, möglich. Es wäre dasselbe Muster, wie die Französische und die Russische Revolution.

Die französische und die russische Gesellschaft haben in den Jahrzehnten vor dem Ausbruch ihrer Revolutionen wachsende Anzeichen von gesellschaftlichem Druck und Schwäche gezeigt. Inzwischen haben neue Ideologien zu einem anderen Weltbild geführt, das sich von dem alten stark unterscheidet. Im damaligen Rußland waren die Revolutionäre aktiv an der Zerstörung der alten Ordnung beteiligt. Als dann das alte System unter genügend zusätzlichen Druck geriet (in Frankreich durch die Finanzkrise, in Rußland durch die militärische Niederlage), wurde es von der Revolution hinweggefegt.

182.

Man wird einwenden, daß die französische und die russische Revolution beides Fehlschläge waren. Aber die meisten Revolutionen haben zwei Ziele. Eines liegt darin, die alte Gesellschaftsform zu zerstören und das andere darin, eine neue Gesellschaftsform nach den die Visionen der Revolutionäre aufzubauen. Die französischen und russischen Revolutionäre scheiterten (glücklicherweise) daran, die neue, von ihnen erträumte Gesellschaft zu schaffen, aber sie waren durchaus erfolgreich damit, die alte Gesellschaft zu zerstören.

Wir machen uns keine Illusionen über die Durchführbarkeit, eine neue ideale Form der Gesellschaft aufzubauen. Unser Ziel besteht einzig darin, die existierende Gesellschaft zu zerstören.

183.

Wenn man für eine Ideologie begeisterte Unterstützung bekommen will, muß sowohl ein positives wie ein negatives Ideal existieren, das FÜR etwas und GEGEN etwas steht. 

Das von uns vorgeschlagene positive Ideal ist die Natur, nämlich die URSPRÜNGLICHE Natur, die Lebensformen der Erde, die unabhängig von menschlicher Lenkung, Eingriffen und Kontrolle existieren. Zur ursprünglichen Natur gehört auch der Mensch, wobei wir die physischen Aspekte des menschlichen Individuums meinen, die nicht einer Regulierung durch die organisierte Gesellschaft unterliegen, sondern vom Zufall, dem freien Willen, oder Gott (je nach den religiösen und philosophischen Vorstellungen) abhängig sind.

 

184.

Die Natur ist aus verschiedenen Gründen ein perfektes Gegenbild zur Technologie. Natur (die außerhalb der Macht des Systems existiert), ist der Technologie (die ihre Macht innerhalb des Systems unendlich auszuweiten sucht) entgegengesetzt. Die meisten Menschen werden darin übereinstimmen, daß Natur schön ist; sie hat eine unglaubliche Anziehungskraft. Die radikalen Umweltschützer haben SCHON eine Ideologie, die die Natur als erstrebenswertes Ziel der Technologie entgegensetzt.[1] 

Um der Natur willen ist es nicht notwendig, eine phantastische Utopie oder eine neue Gesellschaftsordnung zu entwerfen. Die Natur sorgt für sich selbst. Sie war eine spontane Schöpfung, die lange vor jeder menschlichen Gesellschaftsordnung existiert hat und Jahrhunderte lang haben viele Gesellschaften im Einklang mit der Natur gelebt, ohne große Zerstörungen anzurichten. Erst durch die industrielle Revolution haben die Auswirkungen der menschlichen Gesellschaft in der Natur unermeßlichen Verwüstungen angerichtet. Um die Natur von diesem Druck zu befreien, ist es nicht nötig, ein besonderes Gesellschaftssystem zu schaffen, sondern sich von der industriellen Gesellschaft zu befreien. 

Natürlich werden damit nicht alle Probleme gelöst. Die industrielle Gesellschaft hat der Natur bereits unermeßlichen Schaden zugefügt, und es wird lange dauern bis diese Narben verheilt sind. Auch vorindustrielle Gesellschaften können der Natur bedeutenden Schaden zufügen. Dennoch wird erst durch das Verschwinden der industriellen Gesellschaft etwas wesentliches erreicht werden. Damit wird die Natur vom schlimmsten Druck befreit, so daß die Narben verheilen können. Die organisierte Gesellschaft wird nicht mehr fähig sein, die Natur zu kontrollieren (einschließlich die menschliche Natur). 

Ganz gleich welche Gesellschaft nach der industriellen Gesellschaft entstehen wird, werden die meisten Menschen dann in der Natur leben, denn eine fortgeschrittene Technologie wird es nicht geben, die Menschen KÖNNEN dann nicht anders leben. Um sich zu ernähren, müssen sie Bauern, Hirten, Fischer oder Jäger sein. Die lokale Autonomie würde zunehmen, wenn es keine Technologie, großen Organisationen und schnelle Kommunikation mehr gibt, um lokale Gemeinwesen zu kontrollieren.

185.

Was die negativen Folgen angeht - nun ja, man kann nicht zwei Dinge zugleich haben - um das eine zu bekommen, muß man das andere aufgeben.

 

186.

Viele Menschen fürchten sich vor psychologischen Konflikten. Deshalb vermeiden sie es, ernsthaft über die gesellschaftlichen Schwierigkeiten nachzudenken und ziehen es vor, diese in leicht verständlicher Form, am besten im Schwarz-Weiß-Muster, präsentiert zu bekommen: DIES ist vollkommen gut und JENES ist vollkommen schlecht. Die revolutionäre Ideologie muß daher auf zwei Ebenen entwickelt werden.

187.

Die höheren Ebene sollte sich an diejenigen richten, die intelligent, nachdenklich und rational sind. Das Ziel sollte sein, auf der Basis rationaler Vernunft eine Kerngruppe von Menschen zu bilden. Sie sollten sich völlig über die Probleme, über die Vieldeutigkeit im klaren sein und auch über den Preis, der dafür gezahlt werden muß, daß man das Systems abschafft. Es ist besonders wichtig, diese Menschen dafür zu gewinnen, da sie fähig und in der Lage sein werden, andere zu beeinflussen. An diese Menschen sollte man sich auf einer absolut rationalen Ebene wenden. Tatsachen sollten niemals absichtlich verdreht und sprachliche Übertreibungen vermieden werden. Dennoch kann man sich durchaus an die Gefühle wenden, jedoch ohne die Wahrheit zu unterlaufen oder etwas, das das intellektuelle Ansehen der Ideologie beschädigen könnte.

188.

Auf der zweiten Ebene sollte die Ideologie in vereinfachter Weise verbreitet werden, damit die gedankenlose Mehrheit den Konflikt <Technologie versus Natur> in eindeutiger Begrifflichkeit verstehen kann. Aber auch auf dieser zweiten Ebene sollte die Ideologie in einer angemessenen Sprache verbreitet werden, unter Verzicht auf primitive, übertriebene oder irrationale Ausdrucksweise, damit nicht rational denkende Menschen davon abgestoßen werden.

Billige Propaganda kann zwar vorübergehend erfolgreich sein, auf lange Sicht gesehen ist es aber vorteilhafter, die Loyalität einer kleinen Gruppe intelligenter Menschen zu behalten als die Leidenschaften eines gedankenlosen, unbeständigen Mob, der seine Haltung schnell ändern wird, wenn ein anderer mit besseren Propagandatricks daherkommt. Dennoch ist es möglich, daß man auch diese Art von Propaganda anwenden muß, wenn sich der Zeitpunkt des Zusammenbruchs nähert und es zum Endkampf zwischen beiden Ideologien kommt, der entscheidet, welche von beiden sich behaupten wird, nachdem das alte Weltbild untergegangen ist.

189.

Vor diesem Endkampf sollten die Revolutionäre nicht annehmen, daß sie die Mehrheit auf ihrer Seite haben würden. Die Geschichte wird von aktiven und entschiedenen Minderheiten gemacht, nicht von der Mehrheit, die selten eine klare und deutliche Idee ihrer eigenen Wünsche hat. Bevor es zum entscheidenden Durchbruch der Revolution kommt [2], besteht die Aufgabe der Revolutionäre weniger darin, die oberflächliche Unterstützung der Mehrheit zu erhalten als darin, einen kleinen Kern von wirklichen Anhängern der Ideologie zu bilden.

Bei der Mehrheit ist es ausreichend, sie mit der Existenz der neuen Ideologie bekannt zu machen und sie öfter daran zu erinnern. Natürlich ist es trotzdem wünschenswert, von der Mehrheit weitgehend unterstützt zu werden, ohne aber dadurch den inneren Kreis von Menschen zu schwächen, die hauptsächlich beteiligt sind.

190.

Jeder gesellschaftliche Konflikt trägt dazu bei, das System zu destabilisieren, aber man sollte genau überlegen, welche Art von Konflikten man unterstützt. Man sollte dabei eine Grenze zwischen der die Macht ausübende Elite der industriellen Gesellschaft (Politiker, Wissenschaftler, wichtige Vertreter des Wirtschafts- und Verwaltungslebens, Regierungsbeamte usw.) und der allgemeinen Bevölkerung ziehen. Diese Grenze sollte NICHT zwischen den Revolutionären und der Masse der Bevölkerung bestehen.

Es wäre eine schlechte Strategie der Revolutionäre, die Amerikaner wegen ihrer Konsumhaltung zu verurteilen. Vielmehr sollte der Durchschnittsamerikaner als Opfer der Werbe- und Marketingindustrie dargestellt werden, die ihn dazu verführt, eine Menge unnötigen Kram zu kaufen, den er nicht benötigt und für den er im Gegenzug seine Freiheit verliert. Beides ist Tatsache, es hängt davon ab, ob man die Werbeindustrie beschuldigt die Allgemeinheit zu manipulieren oder die Allgemeinheit dafür, daß sie sich manipulieren läßt. Aus strategischen Gründen sollte man vermeiden, die Allgemeinheit zu beschuldigen.

191.

Man sollte sich zweimal überlegen, ob man irgend etwas anderes als einen gesellschaftlichen Konflikt zwischen der Machtelite (die die Technologie benutzt) und der allgemeinen Masse (die durch Technologie kontrolliert wird) unterstützt. Einmal wird durch andere Konflikte von der Aufmerksamkeit der wichtigen Auseinandersetzung abgelenkt, die zwischen Elite und der allgemeinen Bevölkerung, zwischen Technologie und Natur, stattfindet. Zum anderen könnte durch andere Konflikte die Technologisierung noch verstärkt werden, weil beide Seiten versuchen würden, mit Hilfe der Technologie Vorteile für sich zu erlangen. Das wird auch bei Auseinandersetzungen zwischen Nationen oder ethnischen Konflikten innerhalb von Nationen deutlich.

In Amerika wollen viele schwarzen Führer für die Afro-Amerikaner Einfluß erlangen, indem sie versuchen, ihre eigenen Leute innerhalb der technologischen Machtelite aufsteigen zu lassen. Sie streben an, daß es möglichst viele schwarze Regierungs­beamte, Wissenschaftler, Verwaltungsangestellte gibt. Damit unterstützen sie die Auflösung der afro-amerikanischen Kultur, die durch das technologische System absorbiert wird. Deshalb sollte man nur jene gesellschaftlichen Konflikte unterstützen, die sich im Rahmen der großen Auseinandersetzung zwischen Machtelite versus allgemeiner Bevölkerung, Technologie versus Natur abspielen.

192.

Ethnische Konflikte können NICHT durch militantes Eintreten für Minderheitenrechte gelöst werden (vgl. § 21, 29). Die Revolutionäre sollten betonen, daß trotz der Benachteiligung von Minderheiten dies nur von untergeordneter Bedeutung ist. Unser wirklicher Feind ist das industrielle-technologische System und im Kampf gegen das System sind ethnische Unterscheidungen unbedeutend.

193.

Die von uns beabsichtigte Revolution muß nicht notwendigerweise ein bewaffneter Aufstand gegen eine Regierung sein und es muß nicht unbedingt physische Gewalt angewendet werden, jedenfalls wird es keine POLITISCHE Revolution sein. Im ihrem Zentrum steht nicht Politik, sondern Technologie und Wirtschaft. [3]

194.

Die Revolutionäre sollten eher VERMEIDEN politische Macht zu übernehmen, weder mit legalen noch illegalen Mitteln, bis der Druck auf das industrielle System einen kritischen Punkt erreicht hat und es selbst von der Mehrheit der Bevölkerung als Fehlschlag angesehen wird. Wenn man sich vorstellt, daß eines Tages irgendeine "grüne" Partei im U.S. Kongreß bei den Wahlen die Mehrheit bekommt, würde diese versuchen das Wirtschaftswachstum einzuschränken, um das Ansehen ihrer Ideologie zu erhalten. Dem Durchschnittsbürger würden die Folgen katastrophal erscheinen: es gäbe dann Massenarbeitslosigkeit, Engpässe bei der Versorgung usw. 

Selbst wenn man die schlimmsten Folgen durch übermenschlich geschicktes Management verhindern könnte, würden die Menschen eine Menge Luxus aufgeben müssen, an den sie gewöhnt sind. Die Unzufriedenheit würde wachsen, die "grüne" Partei würde abgewählt werden und damit hätten die Revolutionäre einen ernsten Rückschlag erlitten. Deshalb sollten die Revolutionäre nicht versuchen, politische Macht zu erlangen, bis sich das System von selbst in eine Sackgasse manövriert hat, so daß man das Scheitern eindeutig auf das industrielle System selbst und nicht auf die Politik der Revolutionäre zurückführen kann. Die Revolution gegen die Technologie wird wahrscheinlich eine Revolution von Außenseitern werden, eine Revolution von unten, nicht von oben.

195.

Die Revolution muß international und weltweit durchgeführt werden. Sie kann nicht auf nationaler Basis erfolgen. Die Bevölkerung würde jammern und hysterisch werden, wenn in den Vereinigten Staaten der technologische Fortschritt oder das Wirtschaftswachstum gebremst wird, denn man würde befürchten, daß nun die Technologie der Japaner die Führung übernimmt. Heilige Roboter! Die Welt würde aus den Angeln gehoben, wenn die Japaner irgendwann mehr Autos als wir verkaufen! (Nationalismus ist ein starker Technologie-Antrieb).

Vernünftiger ist es, zu fragen, was passieren würde, wenn die demokratischen Staaten ihre Technologie beschränken, während Diktaturen wie China, Vietnam und Nordkorea ihre Technologie weiterentwickeln und möglicherweise ihre Diktatoren dann die Weltmacht übernehmen. Deshalb muß das industrielle System weltweit in allen Staaten gleichzeitig im weitesten Ausmaß angegriffen werden.

Es gibt keine Sicherheit dafür, daß das industrielle System überall auf der Welt annähernd gleichzeitig zerstört wird und es ist sogar denkbar, daß der Versuch, das System zu überwinden dazu führen könnte, daß es in die Hände von Diktatoren fällt. Mit diesem Risiko muß man rechnen und man sollte es in Kauf nehmen, denn der Unterschied zwischen einem "demokratischen" industriellen System und einem von Diktatoren kontrollierten ist vergleichsweise klein im Gegensatz zu einem industriellen und einem nicht-industriellen System.[4]

Man könnte sogar behaupten, daß ein von einem Diktator kontrolliertes industrielles System vorzuziehen wäre, weil es dann weniger effizient sein würde, somit käme es vermutlich eher zu einem Zusammenbruch, wie man am Beispiel Kuba sehen kann.

196.

Revolutionäre sollten diejenigen Maßnahmen unterstützen, die auf eine Vereinheitlichung der Weltwirtschaft abzielen. Freihandelsabkommen wie NAFTA und GATT sind wahrscheinlich auf kurze Zeit gesehen schädlich für die Umwelt, aber haben auf Dauer Vorteile, weil sie wirtschaftliche Abhängigkeit der Staaten untereinander fördern. Es wird leichter sein, das industrielle System auf der Grundlage einer Weltwirtschaft zu zerstören, die eine so einheitliche Grundlage hat, daß der Zusammenbruch in jedem einzelnen großen Staat zu einem Zusammenbruch in allen Industrienationen führen wird.

197.

Manche meinen, daß der moderne Mensch zu viel Macht und Kontrolle über die Natur hat. Sie fordern eine passivere Haltung. Aber diese Menschen drücken sich unklar aus, denn sie können nicht unterscheiden zwischen der Macht GROSSER ORGANISATIONEN und der Macht von EINZELNEN und KLEINEN GRUPPEN: Es ist ein Irrtum, sich für Machtlosigkeit und Passivität einzusetzen, denn Menschen MÜSSEN Macht haben.

Der moderne Mensch als kollektive Gesamtheit - das ist das industrielle System - hat ungeheure Macht über die Natur, und wir (FC) betrachten das als schlecht. Aber der moderne individuelle Mensch und die KLEINEN GRUPPEN VON INDIVIDUEN haben viel weniger Macht als der primitive Mensch jemals hatte. Somit wird die gewaltige Macht des "modernen Menschen" über die Natur nicht durch den einzelnen Menschen oder kleinen Gruppen ausgeübt, sondern durch große Organisationen. In dem Maße wie der durchschnittliche moderne Einzelmensch technologische Macht ausüben kann, ist ihm dies in engen Grenzen erlaubt , aber nur unter Aufsicht und Kontrolle des Systems. (Für alles braucht man eine Genehmigung und mit dieser Genehmigung sind Vorschriften und Gesetze verbunden). Der individuelle Mensch hat nur die technologische Macht, die ihm das System zugesteht. Seine PERSÖNLICHE Macht über die Natur ist gering.

198.

Der PRIMITIVE Mensch als Individuum und KLEINE GRUPPEN hatten beachtliche Macht über die Natur, besser gesagt vielleicht IN der Natur. Wenn der primitive Mensch Nahrung brauchte, wußte er wie genau, wo er eßbare Wurzeln finden und wie er diese zubereiten konnte, wie man Wild aufspürt und es mit selbstgefertigten Waffen erlegt. Er wußte, wie er sich vor Hitze, Kälte, Regen und gefährlichen Tieren schützen konnte. Aber der primitive Mensch hat der Natur kaum Schaden zugefügt, weil die kollektive Macht der primitiven Gesellschaft im Vergleich mit der kollektiven Macht der industriellen Gesellschaft kaum ins Gewicht fällt.

199.

Statt sich für Machtlosigkeit und Passivität einzusetzen, sollte man dafür einsetzen, daß die Macht des INDUSTRIELLEN SYSTEMS gebrochen wird und daß dadurch die Macht und Freiheit des EINZELNEN und der KLEINE GEMEINSCHAFTEN stärker wird.

 

 

200.

Bis das industrielle System gänzlich vernichtet ist, muß die Zerstörung des Systems für die Revolutionäre das EINZIGE Ziel sein. Durch andere Ziele würde die Aufmerksamkeit und Energie von dem Hauptziel abgelenkt werden. Wenn die Revolutionäre sich mit anderen Zielen als der Zerstörung der Technologie auseinandersetzen, werden sie in Versuchung kommen, die Technologie als Werkzeug zu benutzten, um andere Ziele zu erreichen. Wenn sie dieser Versuchung nachgeben, werden sie selbst in die technologische Falle tappen, denn die moderne Technologie ist ein einheitliches eng organisiertes System, so daß man bei dem Versuch, EINIGE Technologie zu erhalten, schließlich genötigt ist, die GANZE Technologie zu erhalten, es würde damit enden, daß lediglich eine unbedeutende Anzahl von Technologien aufgegeben würden.

201.

Angenommen, die Revolutionäre würden sich beispielsweise für "soziale Gerechtigkeit" einsetzen. Gemäß der menschlichen Natur würde sich soziale Gerechtigkeit nicht von selbst, sondern nur mit Zwang einstellen. Um dies zu erzwingen, müßten die Revolutionäre eine zentrale Organisation und Kontrolle einführen. Dafür brauchten sie schnelle Transportmittel auf weite Entfernung sowie Kommunikationsmittel, sie müßten also die Transport- und Kommunikations-Systeme unterstützen. Um arme Menschen mit Nahrung und Kleidung auszustatten, müßten sie landwirtschaftliche und Fabrik-Technologie benutzen. Der Versuch, die soziale Gerechtigkeit zu sichern, würde sie zwingen, das technologische System in weiten Teilen aufrechtzuerhalten. Wir haben nichts gegen soziale Gerechtigkeit einzuwenden, es sollte aber nicht die Anstrengungen zunichte machen, sich vom technologischen System zu befreien.

202.

Es wäre für Revolutionäre hoffnungslos, das System anzugreifen, ohne EINIGE moderne Technologie zu benutzen. Wenigstens müssen sie Kommunikationsmedien benutzen, um ihre Botschaft zu verbreiten. Aber sie sollten die moderne Technologie nur für den EINEN Zweck benutzen: das technologische System zu bekämpfen.

203.

Man kann sich einen Alkoholiker vorstellen, der vor einem Faß Wein sitzt und zu sich selbst sagt: "Wein ist nicht schlecht, wenn du ihn mit Maßen trinkst. Man sagt, kleine Mengen Wein sind sogar gut für dich. Es wird mir nicht schaden, wenn ich nur ein bißchen trinke..." Man weiß aber, was geschehen wird. Man sollte niemals vergessen, daß es der Menschheit mit der Technologie geht wie einem Alkoholiker mit einem Faß Wein.

204.

Revolutionäre sollten so viele Kinder wie möglich bekommen. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, daß soziales Verhalten überwiegend erblich bedingt ist. Das will nicht sagen, daß soziales Verhalten direkt von den eigenen genetischen Anlagen abhängt , aber es scheint daß Charakterzüge einer Persönlichkeit teilweise erblich bedingt sind und daß bestimmte Charakterzüge im Kontext unserer Gesellschaft, das soziale Verhalten einer Person bestimmen. Es gibt Gegenargumente, die aber schwach sind und ideologisch motiviert zu sein scheinen. Jedoch bezweifelt niemand, daß Kinder im allgemeinen in ihrem sozialen Verhalten ihren Eltern ähnlich sind. Für uns hat es keine Bedeutung, ob das Verhalten durch Genetik bedingt ist oder durch Einübung in der Kindheit erworben wurde, wichtig ist nur, daß es vorhanden ist.

205.

Das Unglück ist, daß diejenigen, die gegen das industrielle System sind, auch über Bevölkerungsprobleme beunruhigt sind und deshalb nur wenige oder keine Kinder haben. Auf diese Weise überlassen sie die Welt den Menschen, die das industrielle System unterstützen oder wenigstens anerkennen. Um die nächste Generation der Revolutionäre zu stärken, müssen sie sich vermehren. Dabei werden sie das Problem der Übervölkerung nur gering belasten. Die wichtigste Aufgabe ist, das industrielle System abzuschaffen, wenn es einmal verschwunden ist, wird sich die Weltbevölkerung notwendigerweise verringern (s. § 167). Andererseits, falls das industrielle System überlebt, wird es neue Techniken der Nahrungsproduktion entwickeln, die einen weiteren unaufhörlichen Anstieg der Weltbevölkerung ermöglichen werden.

206.

Hinsichtlich einer revolutionären Strategie sind die Punkte, auf denen wir absolut bestehen müssen, daß das ausschlaggebende einzige Ziel die Vernichtung der modernen Technologie sein muß und daß keine anderen Ziele daneben bestehen sollen. Das übrige kann von den Revolutionären durch empirische Methoden ermittelt werden. Wenn die Erfahrung zeigt, daß einige der hier gemachten Vorschläge zu keinen guten Ergebnissen führen, sollte man diese Vorschläge unberücksichtigt lassen.

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Anmerkungen zu Strategie

[1] (§ 184) Ein weiterer Vorteil der Natur als Gegenideal zur Technologie ist der Aspekt, daß viele Menschen gegenüber der Natur eine Art religiöser Verehrung empfinden, deshalb könnte die Natur in religiöser Form idealisiert werden. Es ist wahr, daß in vielen Gesellschaften die Religion als Rechtfertigung und Stütze der Macht benutzt wurde, aber ebenso oft wurde Religion zum Ausgangspunkt einer Erhebung.

Es wäre also von Nutzen, die Rebellion gegen die Technologie mit einem religiöses Element zu versehen, um so mehr als die westliche Gesellschaft heute keine starke religiöse Grundlage besitzt. Heutzutage wird die Religion entweder zur billigen und leicht zu durchschauenden Unterstützung von engstirnigen und kurzsichtigen Egoisten benutzt (einige Konservative bedienen sich ihrer auf diesem Weg) oder man benutzt sie in zynischer Weise, um Geld damit zu machen (viele Evangelisten). Teilweise ist Religion zum bloßen Irrationalismus degeneriert (fundamentalistische Protestanten, Sekten, "Kulte"), oder sie stagniert einfach (Katholizismus, normaler Protestantismus). 

Das jüngste Beispiel einer starken, weitverbreiteten, dynamischen Religion, das der Westen erlebt hat, war die quasi-Religion des Leftismus, jedoch ist Leftismus heute fragmentarisiert und hat kein klares, einheitlich inspiriertes Ziel. Somit existiert ein religiöses Vakuum in unserer Gesellschaft, das man vielleicht durch eine Religion ausfüllen könnte, in deren Zentrum die Natur im Gegensatz zur Technologie steht. Es wäre allerdings ein Irrtum, wenn man versuchen würde, eine künstliche Religion zu erfinden, die diese Rolle übernimmt. Eine solche erfundene Religion würde ein Mißerfolg sein. Ein Beispiel dafür ist die "Gaia" Religion. Glauben ihre Anhänger wirklich daran oder spielen sie Theater? In diesem Fall würde ihre Religion nur ein Flop sein. Das beste wäre demnach, nicht den Versuch zu machen, eine Religion in den Konflikt Natur-gegen-Technologie einzuführen, bis man nicht selbst WIRKLICH an diese Religion glaubt und viele andere Menschen die Erfahrung tiefer, starker und echter Antworten machen.

[2] (§ 189) Vorausgesetzt, daß sich ein solcher Zusammenstoß am Ende ereignet. Es ist denkbar, daß das industrielle System nach und nach oder stückweise verschwindet. (vgl. § 4,167 und F.N. 4)

[3] (§ 193) Es ist auch denkbar daß sich die Revolution nur in einer gänzlich veränderten Haltung gegenüber der Technologie durch eine relativ schmerzlose und stufenweise fortschreitende Auflösung des industriellen Systems vollzieht. Das wäre aber ein Glücksfall. Es ist viel wahrscheinlicher, daß der Übergang zu einer nicht-technologischen Gesellschaft sehr schwierig und voller Konflikte und Katastrophen sein wird.

[4] (§195) Die wirtschaftliche und technologische Struktur einer Gesellschaft ist für das normale Leben eines Durchschnittsbürgers wesentlich wichtiger als ihre politische Struktur (vgl. § 95, 119 und F.N. 16, 18).

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Theodore J. Kaczynski  1995  Die industrielle  Gesellschaft und ihre Zukunft  "Unabomber-Manifest"  Zur Kritik des modernen Leftismus