10. Harry Stack Sullivan
wikipedia H.Sullivan 1892-1949 (56) dnb Sullivan
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Einer von Karen Horneys engen Freunden in ihren ersten New Yorker Jahren war ein amerikanischer Psychiater mit Namen Harry Stack Sullivan. Er war nach der orthodoxen Freudschen Methode und ihrer Technik der Psychoanalyse ausgebildet worden, doch ebenso wie Horney in letzter Zeit beeindruckt von Alfred Adlers Gedanken über Umwelteinflüsse.
Als Karen Horney 1934 aus Chicago (ihrem ersten Aufenthaltsort in den Vereinigten Staaten) nach New York kam, fand sie einen verständnisvollen Anhänger in Sullivan, der ebenfalls an einer nicht-sexuellen Theorie über die Entstehung von Neurosen arbeitete. Die beiden pflegten sich allwöchentlich in einem Restaurant zu treffen, oft mit noch anderen gleichgesinnten Kollegen, um zwanglos über Psychiatrie und verwandte Themen zu diskutieren. Alle Mitglieder dieser Gruppe, der Sullivan den launigen Namen »Zodiac Club« verliehen hatte, hatten allmählich immer stärker werdende Bedenken gegen die Freudsche Theorie und Therapie. Und fast alle lehnten sie später entschieden ab.
Horney stand an der Spitze der Freudschen Dissidenten, und nachdem 1939 ihr zweites Buch, <Neue Wege in der Psychoanalyse>, erschienen war, wurde sie von der orthodoxen Freudschen Gemeinde scharf kritisiert, und es wurde ihr die Berechtigung abgesprochen, am <New York Psychoanalysis Institute> als Lehranalytikerin tätig zu sein.
Als sie aus dem Institut ausschied, schloß sich Harry Stack Sullivan ihr an - er trat ebenfalls zurück und unterstützte sie bei der Gründung einer <Association for the Advancement of Psychoanalysis>, die der Förderung der Horneyschen Theorien über die sozialen Faktoren dienen sollte.
Nach Horney wurde Sullivan der wichtigste psychoanalytische Verfechter des Gedankens, daß kulturelle Faktoren die fundamentalen Ursachen von Neurosen seien. Doch bald fühlte er sich eingeengt durch eine von ihm entdeckte, schwerwiegende Unvollständigkeit in Horneys System. So trennten sich die beiden 1943, und Sullivan machte sich daran, das Gerippe des Horneyschen Grundprinzips mit Fleisch zu umgeben.
Sie werden aus dem letzten Kapitel noch in Erinnerung haben, daß Karen Horney ursrpünglich deshalb von der Freudschen Theorie abgewichen war, weil sie die Meinung vertrat, daß Neurosen Manifestationen von Störungen in den sozialen Beziehungen seien. Weitgehend darauf gestützt, baute Harry Stack Sullivan eine wohldurchdachte und viel komplexere Theorie der Persönlichkeit, der Neurosen und der Psychotherapie auf, deren Kernpunkt der Gedanke ist, daß die menschliche Persönlichkeit ganz und gar das Produkt interpersonaler Kräfte sei. Dieser Gedanke kann nicht genug hervorgehoben werden, wenn über Sullivansche Analyse gesprochen wird, denn nach seinem System ist alles, was menschlich genannt werden kann, nur die Folge von interpersonalen Aktionen und Reaktionen.
Sullivan war hinsichtlich dieser Regel ebenso unerbittlich wie Freud hinsichtlich seines sexuellen Grundprinzips. Für Sullivan waren die letzte Ursache der Neurose also die interpersonalen Beziehungen zwischen den Menschen, hauptsächlich auf unbewußter Ebene.
Zum Hauptsymptom der Neurose - Angst - kommt es nach Sullivan zuerst durch interpersonale Einflüsse in der Säuglingszeit. Wenn der Mensch, der den Säugling bemuttert, ständig ängstlich, verärgert oder sonst emotional erregt oder verwirrt ist, dann werden gleichartige Unlustgefühle bei dem Kind geweckt. Die Angst wird nicht durch furchterregende Objekte außerhalb des Körpers ausgelöst wie die Angst durch das Geburtstrauma bei Rank und die Angst vor Minderwertigkeit bei Adler. Auch wird diese Angst nicht durch ein Geschehen im Körper des Säuglings hervorgerufen wie nach dem Ferenczi-Klein-Reik-Prinzip. Vielmehr ergibt sie sich aus dem interpersonalen, angsterregenden Einfluß der Mutter oder des bemutternden Menschen.
Gleichfalls entstehen Gefühle von Einsamkeit, Verzweiflung, Schuld- und sonstige Unlustgefühle im interpersonalen Kontext, nicht anders als Lustgefühle wie Liebe. Handlungen, welche die vom Kind erfahrenen Unlustspannungen beseitigen,
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werden dann später, wenn der Säugling älter wird und seine Erfahrungen ordnet, mit Selbstachtung und Selbstschätzung assoziiert. Das Selbst oder das, was Sullivan das Selbst-System nennt, wird zum integralen Teil der Organisierung seines Erlebens. Tatsächlich wird es ein feststehendes Muster für das Agieren und Reagieren, und jeder Versuch, das Muster zu ändern, erweckt Angst. Versuche, die Organisierung des Selbst-Systems zu schützen, bezeichnete Sullivan als »Sicherheitsoperationen«.
Sullivan verfolgte die Persönlichkeitsentwicklung durch eine Reihe von Phasen, denen er allerdings weniger Bedeutung beimaß als Freud. Es ist nicht nötig, ausführlich auf diese Phasen einzugehen, um seine interpersonale Theorie zu verstehen. Es genügt, wenn man weiß, daß jede Phase eine weitere Stärkung des Selbst-Systems des Individuums und seines Aktions-Reak-tions-Verhaltensmusters darstellt. Natürlich stellt jede Phase auch eine Intensivierung der interpersonalen Einflüsse auf die Psyche des einzelnen dar; wenn er das Leben schon mit einer großen Dosis Angst beginnt, wird er in seinen späteren Entwicklungsphasen wahrscheinlich seinem anfänglichen Angstmuster entsprechend agieren und reagieren und damit seine Angstbereitschaft intensivieren.
Weil Sullivan die interpersonale Dynamik als die entscheidende Funktion der Neurose ansah, war er der Meinung, daß die Therapie ein interpersonaler Prozeß sein müsse. Wenn die Neurose durch interpersonale Erfahrungen hervorgerufen wird, kann sie nur durch denselben Prozeß beseitigt werden. Deshalb betrachtet sich der Sullivansche Therapeut nicht als objektiven, autoritativen Fachmann, der als Zuschauer beobachtet, Anleitungen und Ratschläge gibt, sondern er sieht sich als aktiven, engagierten Teilnehmer am therapeutischen Prozeß, der unmittelbar daran partizipiert. Er ist Teilnehmer und Beobachter.
In der Sullivanschen analytischen Therapie ist der Therapeut ein Instrument der Beobachtung, doch für den Patienten gleichzeitig eine wirksame Quelle neuer psychischer Beeinflussung und Energie. Der Patient kommt zur Therapie in der Erwartung, etwas Neues über sich zu erfahren, etwas, das ihm ermöglichen S°U, ohne Furcht sein neurotisches Aktions-Reaktions-Muster zu
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durchbrechen. Die Aufgabe des Therapeuten ist es, ihm dieses neue Wissen zu vermitteln, indem er den Patienten zum Verständnis der Dynamik seiner Angst und anderer Symptome im Kontext der Sullivanschen Neurosenerklärung hinführt. Der Therapeut muß also nicht nur die Interaktion beherrschen, sondern auch imstande sein, das Sullivansche Grundprinzip überzeugend darzustellen - den Patienten zu überzeugen, daß seine (des Therapeuten) Erklärung richtig ist.
Ebenso wie Angst und andere neurotische Symptome durch interpersonalen Austausch hervorgerufen werden, sollen in der Sullivanschen Therapie nicht-neurotische Gefühle durch interpersonalen Austausch geweckt werden. Mit anderen Worten, Angst wird gelernt, und daher kann sie auch wieder abgelegt werden. Angst als ein Aktions-Reaktions-Muster wird, wenn sie einmal gelernt ist, eine sich verstärkende Gewohnheit; um sie zu lindern, muß man sie sich also »abgewöhnen«. Das geschieht auf drei Ebenen, die denen ähneln, die Freud das Bewußte, das Vorbewußte und das Unbewußte nannte.
Sullivan bezeichnete den Prozeß des menschlichen Erkennens (die Art und Weise, wie wir etwas wahrnehmen, lernen und wissen) als ausschließlich interpersonal und unterteilte ihn in drei Kategorien: 1. den prototaktischen Prozeß, durch den wir nur primitive und ungeordnete Information aufnehmen; 2. den parataktischen Prozeß, durch den wir geordnete, aber verzerrte Information aufnehmen; und 3. den syntaktischen Prozeß, durch den wir geordnete, rationale und realistische Informationen aufnehmen. Oft beruhen, wie er sagte, die realen interpersonalen Einflüsse, die in der Therapiebeziehung wirksam werden, auf parataktischen Verzerrungen - das heißt, die Interaktion des Patienten mit dem Therapeuten entspricht den Diktaten seines parataktischen kognitiven Prozesses. Die drei Prozesse des Erkennens sind natürlich psychobiologisch (natürliche Funktionen des menschlichen Organismus), aber das Gleichgewicht zwischen den dreien wird unmittelbar determiniert durch die psychokulturellen und interpersonalen Faktoren im Leben jedes Menschen. Bei demjenigen, der eine psychisch relativ gesunde Säuglingszeit gehabt hat, wird die syntaktische Kategorie im kognitiven Prozeß vorherrschen.
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Andererseits wird sich bei demjenigen, der als Säugling ungünstigen interpersonalen Einflüssen ausgesetzt war, die parataktische Kategorie im kognitiven Prozeß stark bemerkbar machen oder ihn vielleicht beherrschen und in den interpersonalen Beziehungen des Betreffenden zu seiner Welt zu verzerrten Wahrnehmungen führen. Wenn die interpersonalen Beziehungen parataktisch verzerrt sind, werden diese Verzerrungen auch im Verhältnis zum Therapeuten deutlich. So kann der Therapeut durch Einschätzung der Übertragungsverzerrungen des Patienten den Grad und die Schwere seiner Neurose ermessen.
Parataktische Verzerrung ist also das hauptsächliche klinische Symptom der Neurose. Das hervorragende Merkmal der parataktischen Verzerrung ist nach Sullivans Theorie die Personifizierung. Wegen der ungesunden interpersonalen Einflüsse in jungen Jahren hat der Betreffende nicht gelernt, andere Menschen so zu sehen und so auf sie zu reagieren, wie sie sind; statt dessen personifiziert« er sie und reagiert auf die sich daraus ergebenden, falsch projizierten Bilder. Weil die einzig wirkungsvolle Weise, wie er interpersonale Beziehungen herstellen kann, das »Personifizieren« ist und die Therapiebeziehung eine sehr anspruchsvoll interpersonale Beziehung ist, wird der Patient also den Therapeuten »personifizieren« und sich ein falsches Bild von der realen Person machen. Und weil die Übertragung - das Hauptmerkmal der Therapiebeziehung - eine so intensive interpersonale Beziehung ist, wird der Patient aus dem Therapeuten die primäre »Personifikation« seines interpersonalen Bezugssystems machen.
Das Ziel der Sullivanschen Therapie ist es, den Patienten zu einer spontanen Erkenntnis seiner parataktischen Verzerrungen zu bringen, so daß er sie nicht mehr benötigt. Er soll sich also über die Art seiner Übertragung in all ihren Ausmaßen klar werden und darauf hinarbeiten, seinen Analytiker zu »entpersonifizieren«. Die »Entpersonifizierung« seines Analytikers ist für den Patienten eine Gelegenheit, zu lernen, wie man ohne parataktische Verzerrung interpersonal agiert. Er kann dann das, was er gelernt hat, auf die »Entpersonifizierung« anderer Menschen in seiner interpersonalen Welt anwenden. Je mehr er sich daran gewöhnt, wirkliche statt fiktive Beziehungen zu haben, um so weniger Angst wird er empfinden.
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stimmter Therapeut sich verhalten wird. Das hängt von seinen persönlichen xxxxgenheiten und Vorlieben ab. Ich kann Ihnen hier nur eine Vorstellung davon vermitteln, wie eine bestimmte Therapie sich wahrscheinlich gestalten Wxxxx unabhängig von der Persönlichkeit und dem Charakter des Therapeuten.
Natürlich unterläuft jedem ein gewisses Maß an parataktischen Verzerrungen, einmal, weil parataktisches Denken nach der Sul-livanschen Theorie eine normale Funktion des seelischen Systems ist, und zum anderen, weil niemand eine vollkommen störungsfreie Vergangenheit hat. Aber nur, wenn der parataktische Prozeß überstimuliert wird, und zwar durch die Beimischung grundlegender infantiler Angst und das spätere Streben nach Sicherheit, das durch solche Angst in Gang gebracht wird - ein Streben, das durch kulturelle Prozesse und kulturelle Normen determiniert wird -, nur bei solcher Überstimulierung entwickelt sich eine Neurose. Und da eine solche Neurose tief verwurzelt ist und sicher seit längerer Zeit besteht, wird die Therapie für gewöhnlich von nicht allzu kurzer Dauer sein.
Ungeachtet der Tatsache, daß sich ihr Grundprinzip deutlich vom Freudschen unterscheidet, wendet die Sullivansche Therapie im allgemeinen die Techniken der orthodoxen Analyse an. Ihr fehlt nur die traditionelle autoritäre Zurückhaltung des orthodoxen Analytikers. Tatsächlich partizipiert der Sullivansche Analytiker ziemlich aktiv an der Therapiebeziehung, gerade wegen des interpersonalen Unterbaues der Sullivanschen Theorie.
Die Sullivansche Therapie besteht aus drei unterschiedlichen Phasen.
Die erste ist die Aufnahme (inception), während derer sich der Therapeut Ihr derzeitiges Problem anhört und die wichtigsten Formalitäten erledigt, um dann eine interpersonale Beziehung herzustellen. Diese Formalitäten bestehen vor allem darin, Sie über das Sullivansche Grundprinzip aufzuklären. Der Therapeut wird Ihnen sagen, was er bereits über Ihr Problem weiß, nachdem er es durch die Brille der interpersonalen Neurosentheorie betrachtet hat; er wird die allgemeinen Grundregeln der Therapie umreißen und nochmals auf die einschlägigen wichtigsten Punkte des Sullivanschen Systems hinweisen, und er wird die Gründe erklären, warum er gerade die Therapiebeziehung herstellt, die er ausgewählt hat.1)
1) Natürlich ist es unmöglich, und das gilt für alle Formen der Psychotherapie, die in diesem Buch behandelt werden, genau zu schildern, wie ein be
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Die zweite Phase wird Erkundung (reconnaisance) genannt. Hier wird der Therapeut versuchen, aus Ihnen eine möglichst vollständige persönliche und soziale Vorgeschichte herauszuholen; er wird zu klären versuchen, »wer« Sie sind und was in Ihrer Vergangenheit Sie zu dem gemacht hat, was Sie sind. In dieser Phase ist sein Ziel nicht, eine Diagnose zu stellen, sondern zu sondieren und Informationen zu sammeln über Ihre frühere und jetzige interpersonale Dynamik. Obwohl Sie sehr viel reden werden, wird der Bericht über Ihre früheren und jetzigen Probleme nicht die Form einer regelrechten freien Assoziation annehmen; vielmehr wird der Therapeut Sie anleiten und ausfragen und sehr aktiv in die Richtung lenken, die ihn aus therapeutischen Gründen interessiert.
Die Erkundungsphase führt zur ausführlichen Ermittlung (detailed inquiry), der dritten und wichtigsten Phase der Sullivanschen Therapie. Hier wird sich der Therapeut auf die spezifischen fehlerhaften Elemente Ihrer interpersonalen Persönlichkeit konzentrieren, die er für die fundamentalen Ursachen Ihres Problems hält. Während der Erkundung hat er eine Reihe von Hypothesen über den Grund Ihrer Schwierigkeiten aufgestellt; jetzt wird er in Gesprächen mit Ihnen, in einem Prozeß des Gebens und Nehmens, durch den sich die interpersonale Beziehung sehr verstärkt, diese Hypothesen über Sie und Ihre Situation prüfen. Er wird für gegenseitige Empathie oder »reziproke Emotion« sorgen und die Art Ihrer Interaktion mit ihm genau überwachen. Bei der Intensivierung der Beziehung hat er dreierlei im Sinn: Erstens ermöglicht sie ihm, die Art und Schwächen Ihrer interpersonalen Fertigkeiten präzise abzuschätzen (deren Stärkung eines der Ziele der Therapie ist); zweitens bewirkt sie Ihre vollständige Übertragung und setzt damit Ihre parataktischen Verzerrungen (in Form Ihrer »Personifizierung« des Therapeuten) und Ihre unbewußten Widerstände, sie zu ändern, frei; und drittens bietet sie Ihnen psychische Unterstützung und stärkt durch die Wirkung des Prozesses der reziproken Emotion Ihren Willen, mit der Therapie fortzufahren.
Dann wird Ihnen der Therapeut Ihre Verzerrungen deuten und versuchen, Ihnen zu zeigen, wie sie sich in Ihrer Beziehung zu ihm auswirken. Danach wird die Therapie zu einem Prozeß des Durcharbeitens Ihrer Widerstände etwa auf dieselbe Weise wie bei der traditionellen Analyse. Aber zum Durcharbeiten gehört das gleichzeitige Lernen neuer interpersonaler Verhaltensmuster, so daß Sie, wenn Sie Ihre Verzerrungen allmählich erkennen und überwinden, imstande sein werden, sie durch gesunde Reaktionen zu ersetzen. Dieses Lernen erfordert Übung in der Anwendung richtiger interpersonaler Fertigkeiten; Ihnen werden daher interpersonale Aufgaben gestellt werden, zuerst in Ihrer Beziehung zu dem Therapeuten, dann in Ihren Beziehungen außerhalb der Therapie. Diese Aufgaben werden hauptsächlich in bewußten Entpersonifizierungsübungen bestehen, die dazu beitragen sollen, Ihre unbewußten interpersonalen Fertigkeiten zu stärken, damit Sie Ihre neurotischen Bedürfnisse durch gesunde ersetzen können.
Das bringt Sie in die vierte und letzte Phase der Therapie, den Abschluß (termination). Der Analytiker wird rekapitulieren, was Sie gelernt haben, und es in einer Form zusammenfassen, deren Sie sich in Ihrem tagtäglichen Leben bedienen können, wenn Sie allmählich die Therapie nicht mehr brauchen. In der Abschluß-phase werden Sie Ihre interpersonalen Übungen fortsetzen, und es wird Ihnen gezeigt, wie sie nach Beendigung der Therapie einzusetzen sind, damit Sie eine von Verzerrungen befreite Beziehung zu Ihrer Umwelt aufrechterhalten können. Wenn der Therapeut der Meinung ist, daß Sie Ihr Bedürfnis nach Verzerrungen überwunden und einen gesunden Ersatz gefunden haben, wird er Sie als »geheilt«, als fähig erachten, es ohne ihn mit dem Leben aufzunehmen.
Die Sullivansche Analyse war die erste psychotherapeutische Methode, die den Standpunkt vertrat, daß die Ursachen der Neurose zu tief verwurzelt seien, als daß sie unmittelbar angegangen werden können; außerdem werden die Ursachen, da sie kulturell und interpersonal sind, im Leben eines Menschen immer vorhanden sein.
Statt also Zeit mit dem Versuch zu verschwenden, die Neurose dadurch zu lindern, daß der Neurotiker von den Ursachen seiner Störung befreit wird, sollte die Psychotherapie darauf ausgerichtet sein, dem Patienten die psychischen Hilfsmittel zu geben, die er braucht, um seine Neurose, ungeachtet ihrer Ursachen, zu überwinden.
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