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7.

 

 

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Die Zeiten sind anders geworden, als Proudhon sie 1848 sehen konnte. Die Enteignung in jeglicher Hinsicht hat zugenommen; wir sind heute weiter vom Sozialismus entfernt als vor sechzig Jahren.

Vor sechzig Jahren konnte Proudhon — in einem Moment der Revolution; der Lust zur Umgestaltung des Ganzen — seinem ganzen Volke sagen, was im Augenblick zu tun war.

Heute ist, selbst wenn Aussicht wäre, daß das Volk aufstünde, der eine Punkt, bei dem damals einzusetzen war, nicht mehr allein entscheidend. Auch gibt es heute in zweierlei Hinsicht kein ganzes Volk: was sich Proletariat nennt, wird für sich allein niemals die Verkörperung eines Volkes sein; und die Völker sind so in Produktion und Handel voneinander abhängig, daß ein einzelnes Volk kein Volk mehr ist. Die Menschheit aber ist noch lange keine Einheit und wird sie nie werden, ehe nicht neue kleine Einheiten, Gemeinden und Völker wieder geworden sind.

Proudhon hatte, zumal in dem Moment der Erhöhung des geistigen und seelischen Lebens, des Gemeinschafts­lebens und der Originalität wie Entschlossenheit der einzelnen, den jede Revolution bringt, und bei den besonderen Verhältnissen des damaligen Frankreich, das zwar schon ausgeprägt ein Land des Geld- und Börsenkapitalismus, aber nicht ein Land der kapitalistischen Großindustrie und des Großgrundbesitzes war, er hatte durchaus recht, daß ihm die Zirkulation und die Abschaffung der Bereicherung durch Zins der von den Angelpunkten aller Umgestaltung bedeutete, bei dem am schnellsten, gründlichsten und schmerzlosesten eingesetzt werden konnte.

Unsere Zustände haben in Wahrheit drei Punkte, an denen die unberechtigte Bereicherung, die Ausbeutung, die Arbeit von Menschen nicht für sich, sondern für andere entsteht. Auf diese immerwährende Entstehung, auf fortwirkende Ursachen kommt es überall an, in der Bewegung der gesellschaftlichen Prozesse ebensowohl wie in den Bewegungen der Mechanik, des Chemismus oder der Himmelskörper.

Immer ist es verkehrt und unergiebig, nach einer einmaligen Ursache in irgendwelcher Vergangenheit oder einem Urzustand zu fragen: nichts ist einmal entstanden; alles entsteht fortwährend, und es gibt keine Ur-Sachen, sondern Immer-Bewegungen, Immer-Beziehungen.

 

   Die drei Angelpunkte der wirtschaftlichen Sklaverei sind folgende:  

 

Erstens: das Eigentum am Boden. Aus ihm entspringt die bittende, abhängige Haltung des Besitzlosen, der leben will, gegenüber dem, der ihm die Möglichkeit der Arbeit auf dem Boden und an den Bodenprodukten zum Zweck des direkten oder indirekten Verbrauchs vorenthält. Aus dem Bodeneigentum und seinem Korrelat, der Bodenlosigkeit, entsteht die Sklaverei, die Hörigkeit, der Tribut, die Pacht, der Zins, das Proletariat.

Zweitens: die Zirkulation der Güter in der Tauschwirtschaft vermittels eines Tauschmittels, das unverjährbar und unveränderlich jedem Bedürfnis dient. Ein goldenes Schmuckstück, wenn es auch durch Jahrhunderte unverändert bleibt, hat doch nur Wert für den, der seinen Besitz zur Befriedigung eines Schmuck- oder Eitelkeitsbedürfnisses so hoch einschätzt, daß er, um es zu besitzen, Erzeugnisse seiner eigenen Arbeit dafür hingibt. Die meisten Güter verlieren auch materiell an Wert durchs Liegenlassen oder durch Gebrauch und gehen schnell in den Konsum ein. Sie werden zum Zweck des Tausches produziert, um Verbrauchs­gegenstände einzutauschen, um welche es ebenso bestellt war. Das Geld hat dadurch seine verhängnisvolle Ausnahme­stellung, daß es nur in den Tausch, aber gar nicht in Wahrheit in den Verbrauch eingeht. Aus den entgegenstehenden Behauptungen der Geldtheoretiker spricht das böse Gewissen. 

Wird darum in der rechten Tauschwirtschaft, wo sich Produkt nur gegen gleichwertiges Produkt tauschen soll, allerdings ein Zirkulationsmittel nötig sein, das unserm Geld entspricht und wohl auch Geld heißen wird, so wird es doch eine entscheidende Eigenschaft unsres Geldes nicht haben können: die Eigenschaft, absoluten Wert zu haben und auch dem zum Schaden anderer dienen zu können, der es nicht durch Arbeit erworben hat.

Nicht die Möglichkeit des Diebstahls soll hier ausgeschlossen werden; Diebstahl kann es an jeglichem Gelde wie an allen andern Gütern geben; und überdies ist Diebstahl auch eine Art Arbeit und dazu eine recht aufreibende und im ganzen wenig ergiebige und in guter Gesellschaft unerfreuliche.

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Es soll hier vielmehr darauf hingewiesen werden, daß die Schädlichkeit des heutigen Geldes nicht bloß in seiner Verzinslichkeit, also seinem Wachstum, sondern schon in seiner Unverbrauchbarkeit, also in seinem Bleiben, seinem Nichtgeringerwerden und seinem nicht im Konsum Verschwinden liegt. Die Idee, das Geld werde dadurch harmlos gemacht, daß es ein bloßer Arbeitszettel werde, also keine Ware mehr sei, ist ganz falsch und könnte nur für eine Staatssklaverei Sinn haben, wo an die Stelle des freien Verkehrs die Abhängigkeit von der Behörde träte, die bestimmte, wieviel jeder zu arbeiten und zu verbrauchen hat. In der freien Tauschwirtschaft muß im Gegenteil das Geld allen andern Waren, von denen es sich heute im Wesen unterscheidet, gleich werden und doch allgemeines Tauschmittel sein: es muß, wie jede Ware, den Doppelcharakter des Tausches und des Verbrauches tragen.

Die Möglichkeit, auch in einer Gesellschaft des gerechten Tausches, wenn das Tauschmittel unverbrauchbar ist und mit der Zeit seinen Wert nicht einbüßt, zu schädigendem Besitz großen Umfangs und dadurch zur Erlangung eines Tributrechts irgendwelcher Gestalt zu kommen, ist nicht von der Hand zu weisen, wenn auch in der uns bekannten Geschichte bei der Entstehung des Großgrundeigentums und damit jeder Art Ausbeutung Ersparnisse, Erbschaften und dergleichen im Vergleich mit der Gewalt und dem Gewaltschutz des Staates nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Sehr wertvoll sind darum die Vorschläge, die Silvio Gesell gemacht hat, um ein Geld zu finden, das nicht, wie heute, mit den Jahren an Wert gewinnt, sondern umgekehrt von Anfang an progressiv an Wert verliert, so daß der, der durch Hingabe eines Produktes in den Besitz des Tauschmittels gelangt ist, kein angelegentlicheres Interesse haben wird, als es so schnell wie möglich wieder gegen ein Produkt einzutauschen und so immer weiter. Silvio Gesell ist einer der ganz wenigen, die von Proudhon gelernt haben, seine Größe anerkennen und im Anschluß an ihn zu selbständigem Weiterdenken gekommen sind.

Seine Beschreibung, wie dieses neue Geld den Fluß der Zirkulation in lebhafte Bewegung bringt, wie jeder kein andres Interesse bei der Produktion und beim Erlangen des Tauschmittels mehr haben kann, als das des Konsums, ist ganz aus Proudhons Geist entsprungen, der uns zuerst gelehrt hat, wie der schnelle Umlauf Heiterkeit und Lebendigkeit ins private und öffentliche Leben bringt, während die Stockung auf dem Markte und die Verstocktheit des beharrenden Geldes auch unsre Säfte ins Stocken bringt und Starrsinn und stockige Fäulnis über unsre Seelen legt.

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Hier indessen handelt es sich nicht um die Frage der Zukunft, ob es sachliche Mittel gibt, ein Tauschmittel zu finden, das die Gefahr der Plünderung nicht in sich birgt, um eine Frage also, für die es vorerst das Wichtigste ist, daß sie überhaupt aufgeworfen wird, sondern darum, ob die Zirkulation der Punkt ist oder gewesen sein mag, bei dem man einsetzen konnte, um auch die ändern beiden Punkte entscheidend zu berühren. Und da ist allerdings zu sagen, daß, wenn in einem bestimmten geschichtlichen Zeitpunkt, wie er 1848 in Frankreich gegeben war, die Gegenseitigkeit in die Tauschwirtschaft eingeführt worden wäre, damit auch dem Großgrundeigentum und dem Mehrwert das Stündlein geschlagen hätte.

 

Der dritte Angelpunkt also der wirtschaftlichen Sklaverei ist der Mehrwert. Hier ist vor jedem weiteren Wort zu sagen, daß mit dem Wertbegriff nichts als Unfug zu stiften ist, wenn man nicht scharf erklärt, was man damit bezeichnet und sich streng an seine Definition hält. 

Wert enthält in seinem Sinne eine Forderung; der Sinn erschließt sich, wenn man daran denkt, daß auf die Angabe eines Preises die Antwort des Kauflustigen folgt: Soviel ist das Stück nicht wert. Wert will also zunächst die Willkür ausschließen; wir verengern den Begriff noch weiter, indem wir Wert nur im Sinne von richtigem Wert, wahrem Wert gebrauchen. Wert ist, was der Preis sein sollte, aber nicht ist. Dieses Verhältnis steckt im Preisverhältnis jeder Ware; und in dem Worte Wert ist, wie jeder merkt, der auf den Gebrauch des Wortes achtet, die ideale oder sozialistische Forderung enthalten, daß der Preis dem Wert gleich sein soll, anders ausgedrückt, daß die Gesamtsumme sämtlicher wirklicher Arbeitslöhne gleich der Gesamtsumme der Preise für die endgültigen Stadien der Waren sein soll. 

Da aber selbstverständlich die Menschen, die als einzelne und um ihres Geldprofits willen gegeneinander stehen, jeden Vorteil ausnutzen, nicht bloß den des Eigentums, auch den der Seltenheit begehrter Produkte, der aus besonderen Gründen gesteigerten Nachfrage, der Unkenntnis der Konsumenten usw., ist in Wahrheit die Summe der genannten Preise viel viel höher als die Summe der Löhne.

Zwar nehmen auch die Arbeiter bestimmter Kategorien an diesen Sondervorteilen unter Umständen in Gestalt höherer "Löhne" einigen Teil, die in Vergleich mit den Löhnen ebenso angestrengter Arbeitsbrüder nicht bloß Löhne, sondern auch Profit sind; aber das ändert nichts daran, keine Einzelheit des vielgestaltigen Wirtschaftslebens kann etwas daran ändern, daß die Arbeit mit ihrem Lohn nicht alles kaufen kann, was sie hergestellt hat, sondern daß ein erheblicher Teil für die Kaufkraft des Profits übrigbleibt.

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Hierbei bleiben, wie oben angedeutet, die Zwischenstadien der Produktion, die ja auch schon als Waren in den Handel eingehen, außer Betracht, denn diese werden, wenn man der Sache auf den Grund geht, nicht mit Lohn und nicht mit Profit von einem Kapitalist­produzenten dem andern abgenommen, sondern mit Kapital, das heißt, wie wir bald näher sehen werden, mit etwas, was an Stelle des Kredits oder der Gegenseitigkeit sich eingenistet hat.

Die Zinsen dieses Kapitals bringt natürlich letzten Endes die Arbeit auf; sie stecken in den Preisen und sind oben schon in ihrer andern Gestalt als Profit infolge von Eigentum genannt worden; denn das Kapital ist die Zirkulationsform des flüssig und mobil gemachten Grundeigentums und seiner durch Arbeit erlangten Produkte und ist auch für solche, die dem Anschein nach keine Grundeigentümer sind, das Mittel, Arbeitslöhne für ein erst entstehendes Produkt vorzustrecken oder Arbeitslöhne bei Übergang eines Produkts von einem Stadium der Verarbeitung ins andere zurückzuerstatten oder Produkte im Handel zu erwerben und auf Lager zu halten. Von diesen verschiedenen Formen des Kapitals und von der Unterscheidung des Kapitals in Dingwirklichkeit, echte Wirklichkeit des Geistes und falsches Kapital werden wir bald näheres hören.

 

Was wir Wert nennen, entsteht also lediglich durch Arbeit zur Verbesserung des Bodens und zur Extraktion und Weiter­verarbeitung der Bodenprodukte. Sind die Arbeiter nun genötigt, sich zu verdingen, das heißt die Ergebnisse ihrer Arbeitsleistung gegen eine bestimmte Entschädigung ändern zur Verwertung zu überlassen, so ergibt sich ein Mißverhältnis zwischen dem Wert der Produkte, die sie hergestellt haben, und dem Preis der Produkte, die sie mit ihrem Lohn für ihren Gebrauch kaufen können. Es kann hier dahingestellt werden, an welche Stelle man ihre Beraubung einsetzt, ob an die Stelle ihrer Entlohnung — der Lohn ist zu niedrig — oder an die Stelle ihres Einkaufs — die Waren sind zu teuer.

Die Hauptsache ist, daß man an keine absoluten Größen denkt, sondern an ein Verhältnis, das in diesem Fall ein Mißverhältnis ist, und daß man im Auge behält, daß durch den Abzug, den sich die Arbeiter, gleichviel an welcher Stelle, von dem Ertrag ihrer Arbeit auf Grund ihrer Notlage gefallen lassen müssen, aller Profit der Kapitalisten entsteht, d.h. daß der Abzug vom Arbeitslohn oder sein Minderwert gleich ist dem Profit der Kapitalisten oder dem Mehrwert.

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Auch hier wird wieder nicht geprüft, an welcher Stelle der Profit den Kapitalisten zufließt, es wird auch nicht näher untersucht, ob diese Frage nicht falsch gestellt ist, indem sie eben wieder den Versuch macht, an die Stelle der Korrelation Absolutes zu setzen, es wird nur darauf hingewiesen, daß der Profit in wechselnden Raten zwischen Grundbesitzern, Geldkapitalisten, Unternehmern, Händlern und derer aller Gehilfen: Beamten, "geistigen Arbeitern" und sonstwie privilegiert in den Kapitalismus Verflochtenen zur Verteilung kommt.

Auch das muß noch betont werden, daß es sich bei dieser Ausdrucksweise, ebenso wie bei dem Wert selbst, um Konstruktionen handelt, die indessen durchaus nötig sind: nicht das ganze Einkommen der Personen, die am Kapitalismus beteiligt sind, ist Profit, sie leisten auch Arbeit. Und nicht alles, was "Arbeiter" verzehren, ist Arbeitslohn, sie sind auch, wenn auch oft in ganz geringfügigen Raten, an der Profitwirtschaft beteiligt.

 

Zu weit würde es führen, die Arbeit nun weiterhin in produktive und unproduktive zu teilen; und — was nicht das nämliche ist — die erzeugten Güter in notwendige und Luxusgüter zu sondern; hier soll nur auch in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, daß sehr viele innerhalb des Kapitalismus Privilegierte nicht nur einige Arbeit, sondern ohne Frage auch produktive Arbeit leisten, wie anderseits auch die Arbeiter sehr viel völlig oder teilweise unproduktive Arbeit verrichten; und daß zweitens in den Verbrauch der Arbeiter nicht bloß notwendige, sondern auch Luxusgüter eingehen. 

All diese Details, die für das wirkliche Leben unserer Zeit von großer Bedeutung sind, konnten hier nur erwähnt werden. Hier geht es darum, darauf hinzuweisen, daß die einseitige Betonung der Lohnfrage von seilen der Arbeiter und ihrer Gewerkschaften in Zusammenhang steht mit der falschen Auffassung des Mehrwerts von selten der Marxisten. Wir haben früher gesehen, wie Lohn und Preis sich gegenseitig bedingen; wir haben jetzt darauf verwiesen, daß die Auffassung ganz verkehrt ist, nach der der sogenannte Mehrwert eine absolute Größe wäre, die beim Unternehmertum entstünde und von da in die andern Kapitalisten­kategorien abflösse. 

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Mehrwert ist genauso wie Lohn oder Preis ein Verhältnis und entsteht im ganzen Fluß des Wirtschafts­prozesses, nicht an einer bestimmten Stelle. Aus dem hier erörterten Irrtum entsteht das ganze verhängnisvolle Versteifen des Marxismus auf das Unternehmer­tum, speziell auf das industrielle Unternehmertum. Da glaubten sie den archimedischen Punkt des Kapitalismus gefunden zu haben. 

Wahrheit ist lediglich, daß all und jeglicher Profit der Arbeit entzogen wird, anders ausgedrückt: daß es keine Produktivität des Eigentums und keine Produktivität des Kapitals gibt, sondern nur eine Produktivität der Arbeit. Diese Erkenntnis ist allerdings die Grunderkenntnis des Sozialismus, und einzig und allein um dieser Erkenntnis willen, die sie mit allen ändern Sozialisten teilen — Proudhon hat ihr von allen den klassischen Ausdruck gegeben, in seiner prächtigen Polemik mit Bastiat und an vielen andern Stellen —, nur darum dürfen sich auch die Marxisten im weitesten Sinn des Wortes Sozialisten nennen. 

Das wissen auch sie: die Rentabilität des Eigentums und die Rentabilität des Kapitals sind nur eine lügnerische Form für das, was in Wahrheit Raub an der Produktivität der Arbeit ist. Aus dieser Grunderkenntnis haben aber die Marxisten in ihrer Theorie und die Syndikalisten in ihrer Praxis Schlüsse von der verwegensten Falschheit gezogen. Die Marxisten haben geglaubt, weil sie eine Ursache hatten, sie hätten damit eine letzte, eine ursprüngliche, eine absolute Ursache: die Arbeit, die Arbeitsbedingungen, der Produktions­prozeß war für sie nunmehr das letzte Wort, das alles erklärte; daher die groteske Verkehrtheit ihrer sogenannten materialistischen Geschichts­auffassung, ihrer Entwicklungsgesetze, ihrer Erwartung der stetigen Konzentration und der großen Krise und des großen Zusammenbruchs usw. 

Sie hätten nur weiter fragen müssen und immer weiter: woher denn aber die Notlage der Arbeiter komme, und sie wären aufs Bodeneigentum und auf die Unverjährbarkeit und Unverbrauchbarkeit des Geldes gestoßen, und dann auf den Staat und auf den Geist und sein Auf und Ab, und sie hätten gefunden, daß die Verhältnisse, den Staat und das Kapital und das Eigentum eingeschlossen, unser Verhalten sind und daß schließlich alles auf das Verhältnis der Individuen und ihrer Kraft zu den Einrichtungen ankommt, die als starre Reste der Kraft und meistens der Kraftlosigkeit der Individuen früherer Generationen auf einer Zeit lasten.

Je nach der Betrachtungsart, je nach der Bildsprache kann man wirtschaftliche Zustände, politische Verhältnisse, Religion usw. insgesamt den lastenden Überbau oder aber die Grundlage für das Leben der Individuen einer Zeit nennen; niemals aber kann etwas anderes als Verkehrtheit die Anschauung sein, wonach die wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen "Verhältnisse" die "materielle" Grundlage einer Zeit, der Geist und seine Gestalten dagegen nur deren "ideologischer Überbau" oder verdoppelndes Spiegelbild wären.

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Von so gewaltiger Bedeutung die Erkenntnis des Mehrwerts, d.h. die Entlarvung des Eigentums und des Geldkapitals als Plünderer der Arbeit war, so verhängnisvoll war der falsche Glaube, man hätte den Ort entdeckt, wo der Mehrwert "entsteht". Der Mehrwert ist in der Zirkulation; er entsteht beim Kauf einer Ware ebenso sehr und ebenso wenig wie bei der Entlohnung eines Arbeiters. 

Noch anders ausgedrückt — denn da wir nur in Bildern sprechen können, muß die Wahrheit von verschiedenen Standpunkten aus mit Darstellungsversuchen eingekreist werden, und wir müssen um so mehr von diesem Mittel Gebrauch machen, je komplizierter, zersplitterter die Erscheinungen sind, die wir in unsre umfassenden Allgemeinheiten einfangen wollen —: die Ursache des Mehrwerts ist nicht die Arbeit, sondern die Notlage der Arbeit; und die Notlage der arbeitenden Menschen liegt, wie gesagt, außerhalb des Produktionsprozesses, und erst recht draußen liegt die Ursache zu dieser Notlage und so immer weiter erst im Kreise, in der Zirkulation der ganzen Profit- und Bodeneigentums­wirtschaft herum und dann aus diesen äußeren Verkrustungen hinein zu ihren Ursachen, der Beschaffenheit der Menschen, die sich in ihnen bewegen und von ihnen bewegen und an den Bewegungen hindern lassen und dann von denen zurück zu den Menschen früherer Generationen. 

Nicht der kapitalistische Produktionsprozeß ist die letzte Ursache der Entstehung des Mehrwerts; Gelehrte, die eine letzte Ursache für menschliche Verhältnisse brauchen, sollten sich ein für allemal merken, daß die vorletzte Adam ist und die allerletzte und wunderschön absolute — der liebe Gott. Und selbst der ist seinem Absolutismus untreu geworden, sechs ganze Tage lang; denn was ein rechter Absolutisterich ist, hält sich für Wirkungen viel zu schade, sitzt auf seinem Thron, d.h. aber auf sich selber und sagt zu sich selber und mit sich selber: Die Welt bin ich!

Der kapitalistische Produktionsprozeß ist nur in negativer Hinsicht ein Angelpunkt für die Emanzipation der Arbeit. Nicht durch seine eigene Weiterentwicklung und seine immanenten Gesetze führt er zum Sozialismus, nicht durch den Kampf der Arbeiter in ihrer Rolle als Produzenten kann er entscheidend zugunsten der Arbeit umgestaltet werden; sondern nur dadurch, daß die Arbeiter aufhören, ihre Rolle als Kapitalist-Produzenten zu spielen.

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Was immer auch die Arbeiter, was irgendein Mensch im Gefüge des Kapitalismus tut, alles verwickelt ihn nur immer tiefer und fester in die kapitalistische Verstrickung. In dieser Rolle sind die Arbeiter Teilhaber am Kapitalismus, wenn auch ihre Interessen nicht von ihnen, sondern von den Kapitalisten eingeheimst werden, wenn sie auch in allem Wesentlichen nicht die Vorteile, nur die Nachteile des Unrechts, in das sie gestellt sind, ernten.

Befreiung gibt es nur für die, die sich innerlich und äußerlich instand setzen, aus dem Kapitalismus auszutreten, die aufhören, eine Rolle zu spielen, und beginnen, Menschen zu sein. Damit beginnt man Mensch zu sein, daß man nicht mehr für das Unechte, den Profit und seinen Markt, sondern für das echte menschliche Bedürfnis arbeitet, daß die untergetauchte echte Beziehung zwischen Bedarf und Arbeit, die Beziehung zwischen dem Hunger und den Händen wiederhergestellt wird.

Es gilt, aus der sozialistischen Grunderkenntnis: nur die Arbeit schafft Werte, die rechte Lehre zu ziehen, die da heißt: Weg von dem Rentenmarkt! Der Markt der Arbeit und für ihn zunächst der Geist, das Beziehungsverhältnis zwischen Arbeit und Verbrauch und der Boden der Arbeit muß erst wieder gegründet werden.

Heute ergeht der Aufruf zum Sozialismus an alle, nicht in dem Glauben, daß alle ihn vollbringen könnten weil wollten, sondern in dem Wunsche, einzelne zum Bewußtsein ihrer Zusammengehörigkeit, zum Bunde der Beginnenden zu fordern.

Die Menschen, die es nicht mehr aushalten können und wollen, das sind die, die hier gerufen werden.

Den Massen, den Völkern der Menschheit, Regierenden und Regierten, Erben und Enterbten, Bevorzugten und Betrogenen wäre zu sagen: Es ist eine riesengroße unauslöschliche Schande der Zeiten, daß um des Profits willen gewirtschaftet wird, statt für die Notdurft der in Gemeinden geeinigten Menschen. All euer Kriegszustand, all euer Staatswesen, all eure Unterdrückung der Freiheit, all euer Klassenhaß kommt von der brutalen Dummheit, die über euch herrscht.

Käme heute euch Völkern allesamt der große Moment der Revolution auf einmal, wo wolltet ihr Hand anlegen? Wie wollt ihr es erreichen, daß in der Welt, in jedem Lande, in jeder Provinz, in jeder Gemeinde keiner mehr hungert, keiner mehr friert, kein Mann und keine Frau und kein Kind mehr unterernährt ist? Nur vom Gröbsten zu reden! Und gar, wenn die Revolution in einem einzelnen Land ausbräche? Was könnte sie nützen? wohin könnte sie zielen?

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So ist es nicht mehr, wie es gewesen ist, daß man den Menschen eines Volkes sagt: Euer Boden trägt, was ihr braucht, an Nahrung und Rohprodukten der Industrie: arbeitet und tauscht! Vereinigt euch, Arme, kreditiert euch gegenseitig; Kredit, Gegenseitigkeit ist Kapital; ihr braucht keine Geldkapitalisten und keine Unternehmerherren; arbeitet in Stadt und Land; arbeitet und tauscht!

So ist es nicht mehr, selbst wenn der Moment zu erwarten stünde, wo große, umfassende Maßnahmen ins Ganze zu schlagen waren.

Ein ungeheures Durcheinander, ein wahrhaft viehisches Chaos, eine kindische Hilflosigkeit entstünde im Augenblick einer Revolution. Nie waren die Menschen unselbständiger und schwächer als jetzt, wo der Kapitalismus zu seiner Blüte gelangt ist: zum Weltmarkt des Profits und zum Proletariat.

Keine Weltstatistik und keine Weltrepublik kann uns helfen.
Rettung kann nur bringen die Wiedergeburt der Völker aus dem Geist der Gemeinde!

Die Grundform der sozialistischen Kultur ist der Bund der selbständig wirtschaftenden und untereinander tauschenden Gemeinden.

Unser Menschengedeihen, unsre Existenz hängt jetzt davon ab, daß die Einheit des einzelnen und die Einheit der Familie, die uns allein noch an natürlichen Verbänden geblieben sind, sich wieder steigert zur Einheit der Gemeinde, der Grundform jeder Gesellschaft.

Wollen wir die Gesellschaft, so gilt es, sie zu erbauen, gilt es, sie zu üben.

Gesellschaft ist eine Gesellschaft von Gesellschaften von Gesellschaften; ein Bund von Bünden von Bünden; ein Gemeinwesen von Gemeinschaften von Gemeinden; eine Republik von Republiken von Republiken. Da nur ist Freiheit und Ordnung, da nur ist Geist; ein Geist, welcher Selbständigkeit und Gemeinschaft, Verbindung und Unabhängigkeit ist.

Der selbständige einzelne, dem keiner in das hineinspricht, was seine Sache allein ist; die Hausgemein­schaft der Familie, der Heim und Hof ihre Welt sind; die Ortsgemeinde, die autonom ist; das Amt oder der Gemeindeverband und so immer mehr ins Breite mit einer immer kleineren Zahl Aufgaben die umfassenderen Verbände — so sieht eine Gesellschaft aus, das allein ist der Sozialismus, für den zu wirken sich lohnt, der uns aus unsrer Not erretten kann.

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Vergebens und verfehlt sind die Versuche, in Staaten und Staatenverbänden das Zwangsregiment unsrer Zeiten, das heute ein Surrogat für die fehlende freigeistige Verbindung ist, noch auszubauen und ihren Bereich noch weiter auf das Gebiet der Wirtschaft zu erstrecken, als bisher schon geschehen ist. 

Dieser Polizeisozialismus, der jede Eigenheit und ursprüngliche Regsamkeit erstickt, wäre nur das Siegel auf den völligen Verfall unsrer Völker, wäre nur ein Zusammenhalten der völlig auseinander­getretenen Atome durch einen mechanisch eisernen Reifen. Ein Zusammenschluß natürlicher Art ergibt sich uns Menschen nur da, wo wir in örtlicher Nähe, in wirklicher Berührung beisammen sind.

Der verbindende Geist, der Bund mehrerer zu gemeinsamem Werk, aus gemeinsamem Grunde, hat in der Familie eine zu schmale und dürftige Form für das Mitleben. In der Familie geht es nur um private Interessen. Wir brauchen einen natürlichen Kern des Gemeingeistes für das öffentliche Leben, damit das öffentliche Leben nicht mehr, wie bisher ausschließlich, von Staat und Kälte, sondern von einer Wärme erfüllt und geleitet werde, die der Familienliebe verwandt ist. Dieser Kern alles echten Gemeinschaftslebens ist die Gemeinde, die Wirtschafts­gemeinde, von deren Wesen niemand ein Bild hat, der sie etwa nach dem beurteilen will, was sich heute Gemeinde nennt.

Das Kapital, das zum Betriebe, zur Verarbeitung der Rohprodukte, zum Transport von Waren und Menschen gebraucht wird, ist in Wahrheit nichts anderes als Gemeingeist. Hunger, Hände und Erde — alle drei sind da, sind von Natur aus da; für den Hunger schaffen die Hände aus der Erde fleißig die Notdurft. Dazu kommt die besondere Übung bestimmter Gegenden in jahrhundertalten Gewerben; die besondere Beschaffenheit der Erde, so daß gewisse Rohprodukte nur an den und jenen Orten gefunden werden; die Notwendigkeit und Bequemlichkeit des Tausches.

Tauschen die Menschen von Gemeinde zu Gemeinde, was nicht an Ort und Stelle gearbeitet werden kann oder soll, so wie sie innerhalb der Gemeinden von einzelnen zu einzelnen tauschen; tauschen sie Produkt gegen gleichwertiges Produkt und in jeder Gemeinde wird jeder so viel zu zehren haben, wie er will, d.h. arbeitet.

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Hunger, Hände und Erde sind da, alle drei sind von Natur aus da. Und außer ihnen brauchen die Menschen nur, was zwischen ihnen hergeht, anständig zu ordnen, und sie haben, was sie brauchen, damit jeder ganz nur für sich arbeitet; damit sie alle die Natur ausbeuten, aber nicht sich untereinander. Das ist die Aufgabe des Sozialismus: die Tauschwirtschaft so zu ordnen, daß auch unter dem System des Tausches jeder nur für sich arbeitet; daß die Menschen in tausendfältiger Verbindung miteinander stehen, und daß doch keinem in dieser Verbindung etwas entzogen, jedem nur gegeben wird. Gegeben nicht, indem einer den andern beschenkt; der Sozialismus sieht keinen Verzicht wie keinen Raub vor; jeder erhält den Ertrag seiner Arbeit und hat die Nutznießung aus der durch Arbeitsteilung und Tausch und Arbeitsgemeinschaft entstandenen Verstärkung aller in der Extraktion der Produkte aus der Natur.

Hunger, Hände und Erde sind da; alle drei sind von Natur aus da. Seltsam, daß man es den Menschen in Stadt und Land heute wie etwas Neues erst sagen muß, daß alles, was irgend in unsern Verbrauch eingeht, sofern es nicht Luft ist, der Erde und den auf Erden gewachsenen Pflanzen und Tieren entstammt.

Hunger, Hände und Erde sind da; alle drei sind von Natur aus da.

Den Hunger spüren wir täglich und langen in die Taschen, um das Geld zu holen, das Mittel, um die Mittel zu kaufen, ihn zu befriedigen. Was hier Hunger genannt wird, ist jeglicher echte Bedarf; um jedem zu genügen, suchen wir in unsern Behältnissen nach Geld.

Um das Geld zu erlangen, verkaufen oder vermieten wir uns: wir regen die Hände, und was hier Hände genannt wird, sind vielerlei Muskeln und Nerven und Hirn, ist Geist und Körper, ist Arbeit. Arbeit auf dem Boden; Arbeit unter der Erde; Arbeit zur Weiterverarbeitung von Erdprodukten; Arbeit im Tausch- und Transportdienst; Arbeit zur Bereicherung der Reichen; Arbeit zur Vergnügung und Belehrung; Arbeit zur Erziehung der Jugend; Arbeit, die Schädliches, Unnützes, Nichtiges erzeugt; Arbeit, die gar nichts erzeugt und sich nur für Gaffer zur Schau stellt. Vielerlei heißt heute Arbeit; alles heißt heute Arbeit, was Geld bringt.

Hunger, Hände und Erde sind da; alle drei sind von Natur aus da.
Wo ist die Erde? Die Erde, die unsre Hände brauchen, um unsern Hunger zu stillen?

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Wenige besitzen die Erde, und es sind immer wenigere geworden. Das Kapital, haben wir gesagt, ist nicht ein Ding, sondern ein Geist zwischen uns; und wir haben die Mittel zu Betrieb und Tausch, wenn wir uns selbst und unsre Menschennatur wieder­gefunden haben. Die Erde aber ist ein Stück der äußern Natur; ist Natur wie Luft und Licht; die Erde ist allen Menschen unentziehbar zu eigen; und die Erde ist Eigentum geworden; Eigentum der Wenigen!

Alles Eigentum an Sachen, alles Eigentum am Boden ist in Wahrheit Eigentum an Menschen. Wer den ändern, den Massen die Erde vorenthält, der zwingt diese ändern, für ihn zu arbeiten. Eigentum ist Diebstahl und Eigentum ist Sklavenhaltung.

Durch die Geldwirtschaft ist nun vielerlei zu Bodeneigentum geworden, was nicht so aussieht. In der gerechten Tauschwirtschaft habe ich der Wirkung nach Anteil am Boden, auch wenn ich keinen Boden besitze; in der Geldwirtschaft im Lande des Profits, des Wuchers, des Zinses bist du in Wahrheit ein Bodenräuber, auch wenn du keinen Boden, wenn du nur Geld oder Papiere hast. In der gerechten Wirtschaft, wo Produkt gegen gleichwertiges Produkt sich tauscht, arbeite ich lediglich für mich, auch wenn nichts, was ich arbeite, in meinem eigenen Verzehr eingeht; in der Geldwirtschaft im Lande des Profits bist du ein Sklavenherr, auch wenn du keinen einzigen Arbeiter beschäftigst, wenn du nur von etwas anderm lebst als von der Verwertung deiner Arbeit. Und selbst wenn einer nur von der Verwertung seiner Arbeit lebt, ist er an der Aussaugung der Menschen beteiligt, wenn seine Arbeit eine monopolisierte oder privilegierte ist und einen höheren Preis erzielt, als sie wert ist.

Hunger, Hände und Erde sind da; alle drei sind von Natur aus da.

Die Erde müssen wir wieder haben. Die Gemeinden des Sozialismus müssen den Boden neu aufteilen. Die Erde ist niemandes Eigentum. Die Erde sei herrenlos; dann nur sind die Menschen frei.

Die Gemeinden des Sozialismus müssen den Boden neu aufteilen. Entsteht dadurch nicht wiederum Eigentum?

Ich weiß wohl, daß andere sich das Gemeineigentum oder die Herrenlosigkeit anders vorstellen. Sie sehen alles im Nebel; ich bemühe mich, klar zu sehen. Sie sehen alles in der Vollkommenheit eines beschriebenen Ideals; ich will ausdrücken, was jetzt und jederzeit zu tun ist.

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Jetzt und jederzeit wird es in der Welt nicht schwabbelig zugehen; der Sozialismus soll verwirklicht werden; wer ihn verwirklichen will, muß wissen, was er jetzt will. Jetzt und jederzeit wird der radikale Umgestalter nichts anderes umzugestalten vorfinden, als was da ist. Und darum wird es jetzt und jederzeit gut sein, daß die Ortsgemeinden ihre Gemarkung besitzen; daß ein Teil das Gemeindeland, und andre Teile das Familiengut für Haus, Hof, Garten und Feld sind.

Auch die Aufhebung des Eigentums wird im wesentlichen eine Umwandlung unsres Geistes sein; aus dieser Wiedergeburt heraus wird eine mächtige Neuverteilung des Besitzes hervorgehen; und in Verbindung mit dieser Neuaufteilung wird der Wille stehen, das Land in künftigen Zeiten, in bestimmten oder unbestimmten Abständen wieder und wieder und wieder neu zur Verteilung zu bringen.

Die Gerechtigkeit wird immer von dem Geist abhängen, der zwischen Menschen waltet, und der verkennt den Sozialismus durchaus, der meint, jetzt sei ein Geist nötig und möglich, der sich so zur Gestalt kristallisiert, daß er Endgültiges durchsetzte und der Zukunft nichts mehr übrigließe. Der Geist ist immer in der Bewegung und im Schaffen; und was er schafft, wird stets das Unzulängliche sein, und nirgends als im Bilde oder der Idee wird das Vollkommene zum Ereignis. Es wäre vergebliches und verkehrtes Bemühen, ein für allemal Patenteinrichtungen schaffen zu wollen, die jede Möglichkeit zur Ausbeutung und Bewucherung automatisch ausschließen. 

 

Unsere Zeiten haben gezeigt, was sich ergibt, wenn an die Stelle des lebendigen Geistes automatisch funktionierende Institutionen gesetzt werden. Sorge jede Generation tapfer und radikal für das, was ihrem Geist entspricht: es muß auch später noch Grund zu Revolutionen geben; und sie werden dann nötig, wenn neuer Geist sich gegen die starr gewordenen Residuen verflogenen Geistes wenden muß. So wird denn auch der Kampf gegen das Eigentum zu ganz andern Resultaten führen, als manche, z.B. die sogenannten Kommunisten, wohl glauben. Eigentum ist etwas anderes als Besitz; und ich sehe in der Zukunft Privatbesitz, Genossenschaftsbesitz, Gemeindebesitz in schönster Blüte; Besitz keineswegs bloß an den Dingen des unmittelbaren Verbrauchs oder den einfachsten Werkzeugen; auch an den von manchen so abergläubisch gefürchteten Besitz an Produktionsmitteln aller Art, an Häusern und an Boden.

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Keinerlei endgültige Sicherheitsvorkehrungen fürs tausendjährige Reich oder die Ewigkeit sollen hergestellt werden, sondern eine große und umfassende Ausgleichung und die Schaffung des Willens, diesen Ausgleich periodisch zu wiederholen.

"Da sollst du die Posaune blasen lassen durch all euer Land am zehnten Tage des siebenten Monats als dem Tage des Ausgleichs ...

"Und ihr sollt das fünfzigste Jahr heiligen und ihr sollt ein Freijahr ausrufen im Lande allen, die drinnen wohnen; denn es ist euer Jubeljahr; da soll ein jeglicher bei euch wieder zu seiner Habe und zu seinem Geschlechte kommen.

"Das ist das Jubeljahr, da jedermann wieder zu dem Seinen kommen soll."
Wer Ohren hat zu hören, der höre.
Da sollst du die Posaune blasen lassen durch all euer Land!

Die Stimme des Geistes ist die Posaune, die immer und immer und immer wieder ertönen wird, solange Menschen beisammen sind. Immer wird Unrecht sich festsetzen wollen, immer wird, solange die Menschen wahrhaft lebendig sind, der Aufruhr dagegen entbrennen.

Der Aufruhr als Verfassung, die Umgestaltung und Umwälzung als ein für allemal vorgesehene Regel, die Ordnung durch den Geist als Vorsatz; das war das Große und Heilige an dieser mosaischen Gesellschaftsordnung.

Das brauchen wir wieder: eine Neuregelung und Umwälzung durch den Geist, der nicht Dinge und Einrichtungen endgültig festsetzen, sondern der sich selbst als permanent erklären wird. Die Revolution muß ein Zubehör unsrer Gesellschaftsordnung, muß die Grundregel unsrer Verfassung werden.

Der Geist wird sich Formen schaffen; Formen der Bewegung, nicht der Starrheit; Besitz, der nicht zu Eigentum wird, der nur Arbeitsmöglichkeit und Sicherheit, aber nicht Ausbeutungsmöglichkeit und Anmaßung schafft; ein Tauschmittel, das nicht an sich selbst Wert hat, sondern nur in Beziehung auf den Tausch, und das nicht bloß das Mittel zum Tausch, sondern auch die Bedingung des eigenen Verbrauchs in sich birgt; ein Tauschmittel, das fähig ist zu sterben und gerade darum nur fähig, zu beleben, während es heute unsterblich und mörderisch ist.

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Anstatt daß zwischen uns Leben war, haben wir den Tod zwischen uns gesetzt; alles ist zum Ding und zum Sachgötzen geworden: Vertrauen und Gegenseitigkeit wurde zum Kapital; Gemeininteresse wurde zum Staat; unser Verhalten, unsre Beziehungen wurden zu den starren Verhältnissen, und in furchtbaren Krämpfen und Erschütterungen brach nach langen Zeiten hie und da eine Revolution aus, die gleich wieder Tod und Einrichtungen und Einmalig-Unabänderliches aus sich brach und daran starb, ehe sie lebte.

Machen wir jetzt ganze und große Arbeit, indem wir in unsrer Wirtschaft das einzige Prinzip festsetzen, das festgesetzt werden kann, das Prinzip, das der sozialistischen Grund­erkenntnis entspricht: daß in kein Haus mehr an Wert zum Verzehr eingehen soll, als in dem Hause gearbeitet worden ist, weil kein Wert in der Menschenwelt entsteht als allein durch die Arbeit. Wer verzichten und schenken will, möge es tun; das ist ihm unbenommen und geht die Wirtschaft nicht an; aber keiner soll durch Verhältnisse genötigt sein, zu entbehren. Die Mittel aber, dieses Prinzip stets und neu durchzusetzen, werden überall und jederzeit anders sein; und nur so lange wird das Prinzip leben, als es immer wieder angewandt wird.

Die Marxisten haben den Boden als eine Art Anhängsel des Kapitals betrachtet und haben nie etwas Rechtes mit ihm anfangen können. In Wahrheit ist Kapital zusammengesetzt aus zweierlei ganz Verschiedenem: erstens Boden und Bodenprodukt: Grundstücke, Baulichkeiten, Maschinen, Werkzeuge, die man aber eben nicht Kapital nennen sollte, weil sie Boden sind; zweitens Beziehung zwischen den Menschen, verbindender Geist. Geld oder Tauschmittel ist nichts wie ein Konventionszeichen für die allgemeine Ware, mit dessen Hilfe sich alle besonderen Waren bequem, d. h. in diesem Fall mittelbar gegeneinander tauschen.

 

Das hat von Haus aus gar nichts mit dem Kapital zu tun. Kapital ist kein Tauschmittel und kein Zeichen, sondern eine Möglichkeit. Das bestimmte Kapital eines arbeitenden Menschen oder einer Gruppe arbeitender Menschen ist ihre Möglichkeit, bestimmte Produkte in einer bestimmten Zeit herzustellen. Die dinglichen Wirklichkeiten, die dazu gebraucht werden, sind erstens die Materialien — Boden und Bodenprodukte —, aus denen heraus die neuen Produkte weiterverarbeitet werden sollen; zweitens die Werkzeuge, mit denen gearbeitet wird, also ebenfalls Bodenprodukte; drittens die Lebensbedürfnisse, die von den Arbeitern während der Arbeitszeit konsumiert werden, wiederum Bodenprodukte. 

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Solange einer nun an einem Produkt arbeitet, kann er dieses Produkt nicht gegen das, was er während der Produktion und für sie braucht, eintauschen; in dieser Lage der Erwartung und Spannung sind aber alle arbeitenden Menschen. Kapital nun ist nichts anderes als die Vorwegnahme und Vorwegeinlösung des erwarteten Produkts, ist genau das nämliche wie Kredit oder Gegenseitigkeit. 

In der gerechten Tausch­wirtschaft bekommt jeder, der Aufträge hat, oder jede Produktionsgruppe, die Kunden hat, die dinglichen Mittel, die Erde und Erderzeugnisse, für ihren Hunger und ihre Hände: weil alle die entsprechenden Bedürfnisse haben und jeder dem ändern die Wirklichkeiten, die auch einmal aus Erwartung und Spannung gekommen sind, liefert, damit auch diesmal die Möglichkeit und Bereitschaft sich zur Wirklichkeit wandle und so immer fort.

Kapital also ist nicht ein Ding; der Boden und seine Erzeugnisse sind das Ding; die herkömmliche Anschauung stellt eine ganz unzulässige und bitterböse Verdoppelung der Dingwelt her, als ob es außer der einen und einzigen Bodenwelt auch noch die Kapitalwelt als Sache gäbe; damit wird die Möglichkeit, die nur ein Spannungsverhältnis ist, zu einer Wirklichkeit gemacht. Es gibt nur die eine dingliche Wirklichkeit des Bodens; alles andre, was man sonst noch Kapital nennt, ist Beziehung, Bewegung, Zirkulation, Möglichkeit, Spannung, Kredit oder, wie wir es hier nennen, der verbindende Geist in seiner wirtschaftlichen Wirksamkeit, der natürlich nicht pfuscherhaft als Liebe und Entgegen­kommen in die Erscheinung treten, sondern sich zweckmäßiger Organe bedienen wird, wie ihrer eines Proudhon als Tauschbank beschrieben hat.

Wenn wir die gegenwärtige Zeit nun die kapitalistische nennen, soll damit zum Ausdruck gebracht werden, daß in der Wirtschaft nicht mehr der verbindende Geist waltet, sondern der Sachgötze herrscht, etwas also, das zwar keine Sache, aber ein Nichts ist, das als Sache genommen wird.

Dieses Nichts, das als Sache gilt, schafft nun freilich infolge dieser Geltung, weil Geltung Geld ist, den Reichen eine Menge konkrete Wirklichkeiten ins Haus und in die Machthaberei, die alle nicht dem Nichts entstammen, sondern dem Boden und der Arbeit der Armen. Denn jedesmal, wenn sich die Arbeit dem Boden nähern will, allemal, wenn ein Produkt aus einem Stadium der Arbeit in ein anderes übergehen will und ehe es in den Konsum eingehen darf und im ganzen Prozeß der Arbeit schiebt sich das falsche Kapital ein und erhebt nicht etwa bloß den Lohn für kleine Dienste, sondern überdies den Zins dafür, daß es so willig war, nicht stillzuliegen, sondern zu zirkulieren.

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Ein Nichts, das als Sache gilt und den fehlenden Geist des Bandes ersetzt, ist, wie hier öfter schon erwähnt wurde, auch der Staat. Er tritt überall da hindernd, stoßend, saugend und drückend zwischen die Menschen und die Menschen wie zwischen die Menschen und den Boden, wo das Echte, das von Haus aus zwischen ihnen ist: der Zug, die Beziehung, der Freigeist verkümmert ist.

Das hängt auch damit zusammen, daß das unechte Kapital, das an die Stelle des echten gegenseitigen Interesses und gegenseitigen Vertrauens getreten ist, seine saugende und plündernde Macht gar nicht üben könnte, daß das Grundeigentum von der Arbeit gar nicht Tribut erheben könnte, wenn es nicht durch Gewalt, durch die Gewalt des Staates, seiner Gesetze, seiner Verwaltung und seiner Exekutive gestützt würde. Nur darf man nie vergessen, daß das alles: Staat, Gesetze, Verwaltung und Exekutive nur Namen sind für Menschen, die, weil ihnen die Lebensmöglichkeit fehlt, sich gegenseitig quälen und vergewaltigen, Namen für Gewalt also zwischen den Menschen.

Wir sehen so an dieser Stelle, daß nach der richtigen Erklärung vom Kapital, die hier gegeben wurde, die Bezeichnung "kapitalistisch" nicht ganz treffend ist, weil mit ihr eigentlich nicht das echte Kapital, sondern das falsche gemeint ist. Aber es läßt sich gar nicht vermeiden, wenn man den Menschen die wahren Zusammenhänge entwirren will, sich zunächst einmal der eingebürgerten Worte zu bedienen, und das ist hier geschehen.

Wenn die Arbeiter also finden, daß ihnen das Kapital fehlt, so haben sie in ganz anderem Sinne recht, als sie glauben. Ihnen fehlt das Kapital der Kapitale, fehlt das einzige Kapital, das Wirklichkeit ist, Wirklichkeit, obwohl es kein Ding ist: ihnen fehlt der Geist. Und wie es allen geht, die sich dieser Möglichkeit und Voraussetzung alles Lebens entwöhnt haben, ist ihnen dazu noch die sachliche Bedingung alles Lebens unter den Füßen weggezogen worden: der Boden.

Land und Geist also  —  das ist die Losung des Sozialismus.

Die vom sozialistischen Geiste Ergriffenen werden zu allererst nach dem Boden sich umsehen als der einzigen äußeren Bedingung, die sie zur Gesellschaft brauchen.

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Wir wissen wohl, daß, wenn die Menschen in ihrer Weltwirtschaft, in ihrer Volkswirtschaft ihre Produkte gegeneinander tauschen, daß dadurch auch der Boden mobil gemacht wird. Der Boden ist längst zu einem Börsenobjekt, ist längst papieren gemacht worden. Wir wissen auch, daß, wenn die Menschen in ihrer Weltwirtschaft, in ihrer Volkswirtschaft Produkt gegen gleichwertiges Produkt tauschen würden, wenn also umfassende Verbände durch die Vereinigung ihres Konsums und den dadurch ohne Zweifel entstehenden außerordentlichen Kredit sich in die Lage setzten, zunächst in immer wachsendem Maße Industrieprodukte für ihren eigenen Bedarf, unter Ausschaltung also des kapitalistischen Marktes, aus den Rohmaterialien zu verarbeiten, wir wissen, sage ich, daß sie dann im Laufe der Zeiten ebenso wie Bodenerzeugnisse auch in ansehnlichem Maße Boden selbst kaufen könnten. 

Wir wissen, daß solchen gewaltigen Konsumproduktivgenossenschaften nicht nur ihr eigener gegenseitiger Kredit, sondern auch ansehnliches Geldkapital schließlich zur Verfügung stehen müßte. Wollten es die Menschen aber darauf ankommen lassen, so hätten sie die endgültige Entscheidung nur hinausgeschoben. Die Bodenbesitzer haben ein Monopol auf alles, was auf dem Boden wächst und aus dem Innern des Bodens geholt wird: auf die Lebensmittel des ganzen Volkes und die Rohmaterialien der Industrie.

Der Staat und im Zusammenhang damit ein immer beträchtlicher Teil des Geldkapitals, dem ja wortwörtlich der Boden entzogen und der Atem geraubt wird, wenn es kein Bodeneigentum mehr, aber schon Gegenseitigkeit als sozialistisches Kapital gibt, sie werden, ehe es soweit ist, je mehr kapitalistischer Handel und kapitalistische Industrie durch die Konsumproduktivgenossenschaften ausgeschaltet werden, um so mehr zu den Bodenmagnaten halten. Der Boden wird den für ihren eigenen Konsum arbeitenden Genossenschaften nicht von selber zufließen, wird ihnen vielmehr seine Produkte verteuern oder geradezu sperren. Der Boden ist eben nur dem Scheine nach flüssig oder papieren, so wie umgekehrt das Kapital nur der Fiktion nach eine reale Größe ist; sowie es zur Entscheidung kommt, wird der Boden, was er wirklich ist: ein Stück physische Natur, das besessen und vorenthalten ist.

Um den Kampf gegen das Bodeneigentum kommen die Sozialisten nicht herum. Der Kampf des Sozialismus ist ein Kampf um den Boden; die soziale Frage ist eine agrarische Frage.

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Nun kann man erst sehen, was für ein ungeheurer Fehler die Proletariatstheorie der Marxisten gewesen ist. Keine Schicht der Bevölkerung wüßte, wenn es heute zur Revolution käme, weniger, was zu tun ist, als unsere Industrieproletarier. Überaus verlockend ist freilich für ihre Sehnsucht nach Erlösung — denn sie sehnen sich mehr nach Erlösung und Ausspannung, als daß sie wüßten, was für neue Beziehungen und Verhältnisse sie herstellen wollen — der alte Herweghsche Spruch: "Mann der Arbeit aufgewacht! Und erkenne deine Macht! Alle Räder stehen still, Wenn dein starker Arm es will." 

Verlockend ist dieses Wort, wie alles, was Tatsachen einen allgemeinen Ausdruck gibt und also logisch ist. Daß der Generalstreik ein furchtbares Durcheinander erzeugen müßte, daß die Kapitalisten, wenn die Arbeiter es nur ganz kurze Zeit aushalten könnten, kapitulieren müßten, ist völlig wahr.

Das aber ist ein großes "Wenn", und die Arbeiter sind sich heute kaum über die gewaltigen Schwierigkeiten ihrer Verproviant­ierung im Falle eines revolutionären Generalstreiks klar genug. Indessen trotzdem, ein umfassender und ungestümer Generalstreik mit heftiger Stoßkraft könnte ohne Frage den revolutionären Gewerkschaften entscheidende Macht geben. Am Tag nach der Revolution würden die Gewerkschaften von den Fabriken und Werkstätten in den Großstädten und Industriestädten Besitz ergreifen, müßten auch weiterhin für den Weltmarkt des Profits die nämlichen Produkte herstellen, würden den ersparten Unternehmergewinn unter sich teilen — und sich wundern, daß nichts herauskommt als Verschlechterung ihrer Lage, Stockung der Produktion und völlige Unmöglichkeit.

Es ist völlig unmöglich geworden, die Tauschwirtschaft des Profitkapitalismus direkt in die sozialistische Tauschwirtschaft überzuleiten. Daß es auf einmal nicht geht, versteht sich von selbst; würde versucht, es allmählich zu bewerkstelligen, so käme es zum fürchterlichsten Zerfall der Revolution, zu den wildesten Kämpfen der schnell entstehenden Parteien gegeneinander, zum wirtschaftlichen Chaos und zum politischen Cäsarismus.

Wir sind viel zu weit von Gerechtigkeit und Verstand in der Herstellung und Verteilung der Produkte entfernt. Jeder, der heute verzehrt, ist auf die ganze Weltwirtschaft angewiesen, weil sich zwischen ihn und seine Bedürfnisse die Profitwirtschaft eingebürgert hat. Die Eier, die ich esse, kommen aus Galizien, die Butter aus Dänemark, das Fleisch aus Argentinien und ebenfalls aus Amerika das Korn zum Brot, die Wolle meines Anzugs aus Australien, die Baumwolle meines Hemdes aus Amerika und so fort, das Leder und die dazu nötigen Gerbstoffe zu meinen Stiefeln, das Holz zu Tischen und Schränken und Stühlen und so immer weiter.

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Die Menschen in unsern Zeiten sind Beziehungslose und Unverantwortliche geworden. Beziehung ist ein Zug, der die Menschen zueinander und der die Menschen zur Arbeit für die Herstellung ihrer Bedürfnisse bringt. Diese Beziehung, ohne die wir keine Lebendigen sind, ist veräußerlicht, ist verdinglicht worden. Es ist dem Händler gleich, womit er handelt, es ist dem Proletarier gleich, was oder woran er arbeitet; der Betrieb hat nicht den natürlichen Zweck, Bedürfnisse zu befriedigen; sondern den künstlichen, das Ding zu erwerben, in möglichst großen Massen und rücksichtslos und möglichst ohne Arbeit, d. h., da es Hexerei und Wunder nicht gibt, durch die Arbeit anderer, Unterworfener zu erwerben, durch das sich alle Bedürfnisse befriedigen lassen  —  das Geld.

Das Geld hat Beziehungen geschluckt und ist darum viel mehr als ein Ding. Das Kennzeichen eines Zweckdinges, das künstlich aus der Natur herausgearbeitet wurde, ist, daß es nicht mehr wächst, daß es nicht imstande ist, aus der Umwelt Stoffe oder Kräfte an sich zu ziehen, sondern daß es in Ruhe auf den Verbrauch wartet und in kürzerer oder längerer Frist verdirbt, wenn es nicht verbraucht wird. Was Wachstum hat, Selbstbewegung, Selbsterzeugung, ist ein Organismus. Und so ist denn das Geld ein künstlicher Organismus; es wächst, es gebiert Kinder, es vermehrt sich überall da, wo es ist, und ist unsterblich.

Fritz Mauthner ("Wörterbuch der Philosophie") hat gezeigt, daß das Wort "Gott" ursprünglich identisch ist mit Götze, und daß beides der "Gegossene" heißt. Gott ist ein von den Menschen gemachtes Erzeugnis, das Leben gewinnt, Leben der Menschen an sich zieht und schließlich mächtiger wird als all die Menschheit.

Der einzige Gegossene, der einzige Götze, der einzige Gott, den die Menschen je leibhaft zustande gebracht haben, ist das Geld. Das Geld ist künstlich und ist lebendig, das Geld zeugt Geld und Geld und Geld, das Geld hat alle Kräfte der Welt.

Wer aber sieht nicht, wer aber sieht heute noch immer nicht, daß das Geld, daß der Gott nichts anderes als der aus dem Menschen herausgetretene und zum lebendigen Ding, zum Unding gewordene Geist ist, daß es der zum Wahnsinn gewordene Sinn unsres Lebens ist?

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Das Geld schafft nicht Reichtum, das Geld ist Reichtum; ist Reichtum für sich; es gibt keinen Reichen als das Geld. Das Geld hat seine Kräfte und sein Leben irgendwoher; es kann sie nur von uns haben; und so reich und zeugungskräftig wir das Geld gemacht haben, so sehr haben wir uns verarmt und ausgesogen, uns alle. Geradeswegs wörtlich gilt es, daß Menschenfrauen zu Hunderttausenden darum nicht mehr Mütter werden können, weil das scheußliche Geld Junge wirft und das harte Metall Männern und Frauen die tierische Wärme und das Blut wie ein Vampyr aus den Adern saugt. Wir sind Bettler und Tröpfe und Toren, weil das Geld Gott, weil das Geld Menschenfresser geworden ist.

Sozialismus ist Umkehr; Sozialismus ist Neubeginn; Sozialismus ist Wiederanschluß an die Natur, Wiedererfüllung mit Geist, Wiedergewinnung der Beziehung.

Es gibt keinen andern Weg zum Sozialismus, als daß wir lernen und üben, wofür wir arbeiten. Wir arbeiten nicht für den Gott oder Teufel, dem sich die Menschen heute verschrieben haben, sondern für unsre Bedürfnisse. Wiederherstellung der Beziehung zwischen Arbeit und Verbrauch; das ist Sozialismus. Der Gott ist jetzt schon so gewaltig und allmächtig geworden, daß er nicht mehr durch eine bloße sachliche Umgestaltung, durch eine Reform der Tauschwirtschaft abzuschaffen ist.

Die Sozialisten also wollen wieder in Gemeinden zusammentreten und in den Gemeinden soll hergestellt werden, was die Gemeindemitglieder brauchen.

Wir können nicht auf die Menschheit warten; wir können auch nicht erwarten, daß die Menschheit sich für eine gemeinsame Wirtschaft, für gerechte Tauschwirtschaft zusammenschließt, solange wir in uns Individuen nicht das Menschtum gefunden und neugeschaffen haben.

Vom Individuum beginnt alles; und am Individuum liegt alles. Der Sozialismus, im Vergleich zu dem, was uns heute umgibt und umschnürt, ist die ungeheuerste Aufgabe, die sich Menschen je gestellt haben; mit äußeren Kuren der Gewalt oder der Klugheit ist er nicht zur Wirklichkeit zu machen.

Vieles ist da, woran wir anschließen können, was auch an äußeren Gestalten lebendigen Geistes noch Leben birgt. Dorf­gemeinden mit Resten alten Gemeindebesitzes, mit den Erinnerungen der Bauern und Landarbeiter an die ursprüngliche Gemarkung, die seit Jahrhunderten in Privatbesitz gegangen ist; Einrichtungen der Gemeinwirtschaft für Feldarbeit und Handwerk.

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Das Bauernblut rauscht noch in den Adern vieler Stadtproletarier; sie sollen lernen, wieder darauf zu lauschen. Das Ziel, das noch sehr entfernte Ziel ist allerdings, was sich heute der Generalstreik nennt; die Weigerung, für andere, für den Reichen, für den Götzen und das Unding zu arbeiten. Generalstreik – aber freilich ein anderer, als der passive Generalstreik mit verschränkten Armen, der heute gekündet wird und der mit einem Trotz, dessen momentaner Erfolg sehr zweifelhaft und dessen endlicher Mißerfolg ganz unzweifelhaft ist, den Kapitalisten zuruft: Wir wollen sehen, wer's länger aushält! Generalstreik, jawohl, aber ein aktiver, und eine andre Aktivität ist hier gemeint als jene, die wohl auch manchmal mit dem revolutionären Generalstreik in Verbindung gebracht wird und die auf gut deutsch Plünderung heißt.

Der aktive Generalstreik wird erst dann kommen und siegen, wenn die arbeitenden Menschen sich in den Stand gesetzt haben, nicht einen Deut ihrer Aktivität, ihrer Arbeit andern zu geben, sondern nur noch für ihren Bedarf, ihren wirklichen Bedarf zu arbeiten.

Das hat gute Wege und ist lange hin – aber wer weiß denn nicht, daß wir nicht am Ende und nicht in der Mitte des Sozialismus stehen, sondern vor dem allerersten Anfang? Darum ist unsre Todfeindschaft gegen den Marxismus jeglicher Schattierung, weil er die arbeitenden Menschen abgehalten hat, mit dem Sozialismus zu beginnen. Das Zauberwort, das uns aus der versteinten Welt der Gier und der Not herausführt, heißt nicht Streik, sondern – Arbeit.

Landwirtschaft, Industrie und Handwerk, geistige und körperliche Arbeit, Unterricht und Lehrlingswesen sollen wieder vereinigt werden; sehr Wertvolles über die Methoden zu dieser Verwirklichung hat uns Peter Kropotkin in seinem Buche "Das Feld, die Fabrik und die Werkstatt" gesagt.

Die Hoffnung auf das Volk, das ganze Volk, auf all unsre Völker dürfen wir durchaus nicht aufgeben. Sie sind freilich heute keine Völker; an die Stelle von Volk, geistverbundenen Menschen, sind Staat und Geld getreten; da konnten auf der ändern Seite nur auseinandergefallene Menschenstücke übrigbleiben.

Volk kann erst wieder werden, wenn die einzelnen, die Vorausgehenden, die Geistigen mit Volk trächtig sind, wenn die Vorform des Volkes in den schöpferischen Menschen lebt und aus ihren Herzen, Köpfen und Händen zur Wirklichkeit verlangt.

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Der Sozialismus ist nicht, wie man gewähnt hat, eine Wissenschaft, wenn auch vielerlei Wissen zu ihm wie zu jedem Abfall vom Aberglauben und Aberleben und zum Beschreiten des rechten Weges nötig ist. Wohl aber ist der Sozialismus eine Kunst. Eine neue Kunst, die im Lebendigen schaffen will.

Aus allen Schichten werden jetzt die Männer und Frauen aufgerufen, damit sie vom Volke fortgehen, um zum Volke zu kommen.

Denn das ist die Aufgabe: nicht am Volk verzweifeln, aber auch nicht aufs Volk warten. Wer dem Volk, das er in sich trägt, Genüge tut, wer um dieses ungeborenen Keimes und dieser drängenden Phantasiegestalt willen sich mit seinesgleichen verbindet, um als Wirklichkeit zu schaffen, was sich immer zur Verwirklichung des sozialistischen Gebildes tun läßt, der geht vom Volke weg zum Volke hin.

Aus denen, die den tiefsten Ekel und die stärkste Sehnsucht und wahren Gestaltungsdrang in sich bergen, wird der Sozialismus eine Wirklichkeit, die anders aussieht je nach der Zahl derer, die sich zu ihm zusammentun.

So wollen wir uns denn aneinander schließen und wollen darauf ausgehen, sozialistische Gehöfte, sozialistische Dörfer, sozialistische Gemeinden zu gründen.

Die Kultur beruht nicht auf irgendwelchen Formen der Technik oder der Bedürfnisbefriedigung, sondern auf dem Geiste der Gerechtigkeit.

Wer am Sozialismus tun will, muß aus dem Vorgefühl einer geahnten und doch ungekannten Freude und Seligkeit heraus ans Werk gehen. Alles müssen wir erst wieder lernen: die Freude der Arbeit, der Gemeinsamkeit, der gegenseitigen Schonung, alles haben wir vergessen und spüren es doch alles noch in uns.

Diese Siedlungen, in denen die Sozialisten sich nach Möglichkeit abschließen vom kapitalistischen Markt und nur soviel an Wert hinausexportieren, als sie noch von draußen hereinbekommen müssen, sind nur kleine Anfänge und Proben. Sie sollen hinausleuchten ins Land, damit über die volklosen Menschenhaufen der Neid komme, der Neid nicht auf Genußgüter oder Machtmittel, sondern der Neid auf die neue uralte Seligkeit der Zufriedenheit mit sich selbst, der Beglücktheit im Schoß der Gemeinde.

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Der Sozialismus als Wirklichkeit kann nur erlernt werden;
der Sozialismus ist wie jedes Leben ein Versuch.

Alles, was wir dichterisch heute schon in Worten und Beschreibungen zu gestalten versuchen: die Abwechslung in der Arbeit, die Rolle der geistigen Arbeit, die Form des bequemsten und unbedenklichsten Tauschmittels, die Einführung des Vertrags an die Stelle der Justiz, die Erneuerung der Erziehung, all das wird Wirklichkeit werden, indem es verwirklicht wird, und wird durchaus nicht nach einer Schablone geordnet werden.

Dankbar aber werden wir dann derer gedenken, die schon im Denken und der Phantasie vorausgelebt haben, Gemeinden und Länder des Sozialismus in gegliederten Gestalten geschaut haben. Die Wirklichkeit wird anders aussehen als ihre individuellen Gestaltungen; aber die Wirklichkeit wird von diesen ihren Bildern abstammen.

Gedenken wir hier noch einmal Proudhons und all seiner scharf umgrenzten, nie ins Nebulose sinkenden Gesichte aus dem Lande der Freiheit und des Vertrags; gedenken wir manches Guten, was Henry George, Michael Flürscheim, Silvio Gesell, Ernst Busch, Peter Kropotkin, Elisee Reclus und viele andre geschaut und beschrieben haben.

Wir sind die Erben der Vergangenheit, ob wir wollen oder nicht; schaffen wir in uns den Willen, daß die kommenden Geschlechter unsre Erben seien, daß wir mit allem, was wir leben und tun, in die kommenden Geschlechter und in die uns umgebenden Menschenmassen hineinwirken.

Das ist nun ein völlig neuer Sozialismus, ein wieder einmal neuer; neu für unsre Zeit, neu im Ausdruck, neu im Anschauen der Vergangenheit, neu auch in mancher Stimmung. Neu umblicken müssen wir uns nun auch in dem, was ist: die Menschen-Schichten, die Einrichtungen und Überlieferungen müssen wir neu betrachten. Ganz anders sehen wir nun die Bauern, und wir wissen, was für eine ungeheure Aufgabe uns da gelassen wurde, zu ihnen zu sprechen, bei ihnen zu leben und das lebendig zu machen, was in ihnen verkalkt und verstaubt ist: die Religion; nicht den Glauben an irgendwelche äußere oder obere Mächte, sondern den Glauben an die eigene Macht und die Vervollkommnung des einzelnen Menschenwesens, solange es lebt. Was haben sie immer den Bauern gefürchtet und seine Liebe zum Bodenbesitz! Die Bauern haben nicht zu viel Boden, sondern zu wenig, und nicht nehmen muß man ihnen, sondern geben.

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Geben muß man ihnen wie allen freilich auch erst wieder den Gemein- und Gemeindegeist; aber er ist in ihnen nicht so verschüttet wie in den Stadtarbeitern. Die sozialistischen Siedler sollen sich nur in den vorhandenen Dörfern ansiedeln, und es wird sich zeigen, daß sie wieder lebendig zu machen sind und daß der Geist, der im 15. und 16. Jahrhundert in ihnen war, auch heute noch wieder erwachen kann.

Von diesem neuen Sozialismus gilt es mit neuen Zungen den Menschen zu reden. Hier wird ein erster und anfänglicher Versuch gemacht; wir werden es noch besser lernen, wir und andere; wir wollen die Genossenschaften, welche sozialistische Form ohne Geist sind, wir wollen die Gewerkschaften, welche Tapferkeit ohne Ziel sind, zum Sozialismus, zu großen Versuchen bringen.

Ob wir wollen oder nicht, wir werden nicht beim Reden bleiben; wir werden weitergehen. Wir glauben nicht mehr an den Strich zwischen Gegenwart und Zukunft; wir wissen: "Hier oder nirgends ist Amerika!" Was wir nicht jetzt, im Augenblick tun, tun wir gar nicht.

Wir können unsern Konsum vereinigen und vielerlei Zwischenschmarotzer ausschalten; können eine große Anzahl Handwerke und Industrien zur Herstellung von Gütern für unsern eigenen Verbrauch gründen. Viel weiter können wir darin gehen, als bisher die Genossenschaften gegangen sind, die immer noch den Gedanken an die Konkurrenz mit den kapitalistisch geleiteten Betrieben nicht loswerden. Sie sind bürokratisch, sie sind zentralistisch; und sie wissen sich nicht anders zu helfen, als daß sie sich zu Arbeitgebern machen und mit ihren Arbeitnehmern durch Vermittlung der Gewerkschaften Verträge schließen. Es fällt ihnen nicht ein, daß in der Konsumproduktivgenossenschaft jeder in echter Tauschwirtschaft für sich selber arbeitet; daß in ihr nicht die Rentabilität, sondern die Produktivität der Arbeit entscheidet; daß manche Betriebsform, z. B. der Kleinbetrieb durchaus produktiv und dem Sozialismus willkommen ist, auch wenn er im Kapitalismus nicht rentabel wäre.

Wir können Siedlungen gründen, die freilich nicht auf einen Schlag, nicht ganz und gar dem Kapitalismus entronnen sind. Wir wissen aber jetzt, daß der Sozialismus ein Weg ist, Weg aus dem Kapitalismus weg, und daß jeder Weg einen Anfang hat. Der Sozialismus wird nicht aus dem Kapitalismus heraus-, er wird dem Kapitalismus entgegenwachsen, wird sich ihm entgegenbauen.

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Mittel zum Erwerb des Bodens und die ersten Betriebsmittel für diese Siedlungen erlangen wir durch die Vereinigung unseres Konsums, durch die Gewerkschaften und Arbeiterbünde, die sich uns anschließen, und durch solche Reiche, die entweder ganz zu uns stoßen oder uns wenigstens Mittel geben. Ich scheue mich gar nicht, das alles zu erwarten und diese Erwartung auszusprechen. 

Der Sozialismus ist Sache all derer, die unter dem Furchtbaren, das um uns und in uns ist, leiden; und viele aus allen Schichten werden bald viel größeres Leid tragen, als heute einer ahnt. Nichts Besseres im Sinne des Anstands und der eigenen Erlösung kann einer mit eigenem Gelde, können auch die Arbeitervereine mit ihrem Gelde tun, als es ein für allemal wegzugeben und dafür Land für den Anfang des Sozialismus frei zu machen. Dem Land, wenn es einmal frei ist, sieht es keiner an, und es selber spürt es nicht, daß es gekauft worden ist. Nur nicht zimperlich, Arbeiter: ihr kauft Schuhe, Hosen, Kartoffeln, Heringe; wäre es nicht für den Anfang schön, wenn ihr, arbeitende und leidende Menschen, gleichviel, welche Rollen euch bisher zugewiesen waren, eure Kraft zusammenwerfen wolltet, um euch vom Unrecht loszukaufen und auf eigenem Grund fernerhin das meiste, was ihr braucht, für eure Gemeinschaft selber zu arbeiten?

Vergessen wir nicht: sind wir im rechten Geiste, so haben wir alles, was wir für die Gesellschaft brauchen, alles außer dem einen: Land. Der Landhunger muß über euch kommen, Großstadtmenschen!

Sind überall im Lande, im Norden, Süden, Osten und Westen, in allen Provinzen sozialistische Siedlungen mit Eigenkultur in die Gemeinheit der Profitwirtschaft hineingesprengt, die gesehen werden, deren Lebensfreude unerhörter, wenn schon stiller Art gespürt wird, dann summt der Neid stärker und stärker, dann, glaube ich, regt sich das Volk, dann beginnt das Volk zu erkennen, zu wissen, die Sicherheit zu haben: es fehlt nur eines von Äußerem, um sozialistisch, gedeihlich, selig zu leben: der Boden. Und dann werden die Völker den Boden frei machen und nicht mehr für den Götzen, sondern für den Menschen arbeiten. Dann! Fanget nur erst an; fanget beim Kleinsten an und mit der kleinsten Schar!

Der Staat, d.h. die Massen, die noch nicht bei der Erkenntnis sind, die Schichten der Bevorzugten und deren beider Vertreter, die Regierungs- und Verwaltungskaste, werden den Beginnenden die größten und die kleinlichsten Hindernisse in den Weg legen. Wir wissen es.

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Die Zerstörung aller Hindernisse kommt, wenn sie wirkliche Hindernisse sind, wenn wir nämlich ganz dicht, so daß nicht der kleinste Zwischenraum mehr ist, bis zu ihnen herangerückt sind. Jetzt sind sie nur Hindernisse der Voraussicht, der Phantasie, des Bangens. Wir sehen schon: das und das und das wird man uns, wenn's erst soweit ist, in den Weg legen — und tun einstweilen lieber gar nichts.

Lassen wir's doch erst soweit sein!
Gehen wir wenigen doch voran, damit wir die vielen werden.

Dem Volk kann niemand Gewalt antun als eben dieses Volk selber.

Und große Teile des Volkes halten zum Unrecht und zu dem, was ihnen selber an Leib und Seele Schaden tut, weil unser Geist nicht stark, nicht ansteckend genug ist.

Unser Geist muß zünden, muß leuchten, muß verlocken und an sich ziehen.

Das tut nie die Rede allein; auch die gewaltigste, die zürnendste, die sanfteste nicht.

Das tut allein das Beispiel.as Beispiel der Vorausgehenden müssen wir geben.

Beispiel und Opfermut! In der Vergangenheit, heute und morgen werden der Idee Opfer um Opfer gebracht: immer um der Auflehnung, immer um der Unmöglichkeit willen, so zu leben.

Jetzt gilt es, dazu noch Opfer andrer Art zu bringen, nicht heroische, sondern stille, unscheinbare Opfer, um für das rechte Leben ein Beispiel zu geben.

Dann werden aus den wenigen viele werden, und auch die vielen werden wenige sein. Hunderte, Tausende, Hunderttausende — zu wenig, zu wenig!

Und es werden mehr und sind immer noch zu wenig.

Aber doch werden die Hindernisse überwunden; denn wer im rechten Geiste baut, zerstört im Bauen die stärksten Hindernisse.

Und endlich, endlich wird der Sozialismus, der so lange geglüht und geflammt hat, endlich wird er leuchten. Und die Menschen, die Völker werden mit großer Sicherheit wissen: sie haben den Sozialismus und die Mittel, ihn zu verwirklichen, ganz und gar in sich und zwischen sich und nichts fehlt ihnen als dieses eine: Land! Und sie werden das Land frei machen; denn niemand hindert das Volk mehr, da das Volk sich selbst nicht mehr im Wege steht.

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Die werden aufgerufen, die tun wollen, was ihre Kraft vermag, um diesen Sozialismus zu schaffen. Nur die Gegenwart ist wirklich, und was die Menschen nicht jetzt tun, nicht sofort zu tun beginnen, das tun sie in alle Ewigkeit nicht. Es gilt das Volk, es gilt die Gesellschaft, es gilt die Gemeinde, es gilt Freiheit und Schönheit und Freude des Lebens. Wir brauchen Rufer im Streit; wir brauchen alle, die von dieser schaffenden Sehnsucht voll sind; wir brauchen Täter. Die Täter, die Beginnenden, die Erstlinge werden aufgerufen zum Sozialismus.

 

Wer es nicht in den Stunden, in denen diese Worte und ihr Gefühl nun zu ihm gesprochen haben, schon gehört hat, dem sei es jetzt zum Abschied gesagt: wie wir so manchen gewohnten Klang in den Mund genommen haben, um nur erst einmal zu den Menschen sprechen zu können, und solche vorläufigen, landläufigen Worte dann als falsch angewandt oder ungenügend im Ausdruck zur Seite legten, so mag es auch einmal diesem Wort gehen: Sozialismus. 

Vielleicht ist dieser Aufruf auch dazu der Anfang eines Weges, ein besseres, ein tiefer heraufgeholtes, ein weiterhin weisendes zu finden. Schon jetzt aber soll jeder wissen: nichts hat unser Sozialismus gemein mit schmatzender Behaglichkeit oder der Sucht nach schäferisch ungestörtem Idyll und einem breiten Leben, das nur der Wirtschaft, der Arbeit für des Lebens Notdurft gewidmet wäre. Viel war hier von der Wirtschaft die Rede; sie ist die Grundlage unsres Selbanderlebens und soll einmal so die Grundlage sein, daß nicht mehr so viel davon die Rede zu sein braucht. 

Gruß euch, ihr Schweifenden, ihr Rastlosen, ihr Wanderer und Landstreicher und Pflastertreter, die ihr kein Wirtschaften und kein Einfügen in diese unsre Zeit vertraget. Gruß euch, ihr Künstler, die ihr über den Zeiten gestaltet. Gruß auch euch, ihr Krieger alter Zeiten, die ihr nicht wolltet, daß das Leben in der Ofenröhre verhutzle! Was heute an Krieg und Schwerterklang und Wildheit in der Welt ist, ist fast allewege nur noch verfratzte Maske über öde und Gier; Haltung, Treue und Ritterlichkeit sind wunderselten geworden. Gruß auch euch, ihr Stammler, ihr Schweigenden, die ihr im Tiefsten, von wo kein Wort herausrollt, die Ahnung berget: unbekannte Größe, ungesagte Kämpfe, inniges Seelenleid, wilde Wonnen und Wehen werden hinfür der Menschheit Teil sein, der einzelnen wie der Völker.

Ihr Bildner, ihr Dichter, ihr Musiker, ihr wisset davon und aus euch reden schon die Stimmen von Gewalt und Inbrunst und Süßigkeit, die aus neuen Völkern herausblühen sollen. Zerstreut in all unsrer Wüstheit leben die jungen Menschen, die festen Männer, die geprüften Greise, die holden Frauen; mehr als sie es selber schon wissen, leben da und dort die Menschen, die Kinder sind; und in ihnen allen lebt Glaube und Sicherheit von großer Freude und großem Schmerz, der einst die Geschlechter der Menschen neu packen und gestalten und vorwärts schicken wird. Schmerz, heiliger Schmerz: komm, o komm nur erst in unsre Brust! wo du nicht bist, kann nimmermehr Friede sein. 

Alle ihr — oder seid ihr denn gar so wenige? — alle, in denen der Traum lächelt und weint, alle, die ihr Taten atmet, alle, die Jubel tief hinuntergesenkt in sich spüren, alle, die Verzweifelte sein möchten aus Grund und Wahn und echter Not, nicht für die Lumperei aus Blödsinn und Niedertracht, die uns heute umgarnen und sich auch Elend und Not heißen, alle, die heute einsam sind und Form, das heißt aber: Bild und Rhythmus gesammelter Gestaltungskraft in sich tragen, alle, die den Befehl aus sich herauslassen können: im Namen der Ewigkeit, im Namen des Geistes, im Namen des Bildes, das wahr und Weg werden will, die Menschheit soll nicht verrecken, der graugrüne, dicke Schlamm, der heute bald Proletariat, bald Bürgervolk, bald Herrenkaste heißt und der überall, oben und unten, nichts ist als ekles Proletariat, dies gräßlich widerliche Menschenzerrbild der Gier, der Sattheit und der Erniedrigung, soll sich nicht länger regen und räkeln, soll uns nicht länger beschmutzen und ersticken dürfen: sie alle werden gerufen.

Ein erstes Wort ist dies. Noch viel ist zu sagen. Es soll gesagt werden. Von mir und von den andern, die hier gerufen werden.

143-144

 

 

E n d e 

 

 

 

Die 12 Artikel des Sozialistischen Bundes vom 14. Juni 1908

 

Artikel 1: Die Grundform der sozialistischen Kultur ist der Bund der selbständig wirtschaftenden, unter einander in Gerechtigkeit tauschenden Wirtschafts­gemeinden.

Artikel 2: Dieser Sozialistische Bund tritt auf den Wegen, die die Geschichte anweist, an die Stelle der Staaten und der kapitalistischen Wirtschaft.

Artikel 3: Der Sozialistische Bund akzeptiert für das Ziel seiner Bestrebungen das Wort Republik im ursprünglichen Sinne: die Sache des Gemeinwohls.

Artikel 4: Der Sozialistische Bund erklärt als das Ziel seiner Bestrebungen die Anarchie im ursprünglichen Sinne: Ordnung durch Bünde der Freiwilligkeit.

Artikel 5: Der Sozialistische Bund umfaßt alle arbeitenden Menschen, die die Gesellschaftsordnung des Sozialistischen Bundes wollen. Seine Aufgabe ist weder proletarische Politik noch Klassenkampf, die beide notwendiges Zubehör des Kapitalismus und des Gewaltstaates sind, sondern Kampf und Organisation für den Sozialismus.

Artikel 6: Die eigentliche Wirksamkeit des Sozialistischen Bundes kann erst beginnen, wenn sich ihm größere Massenteile angeschlossen haben. Bis dahin ist seine Aufgabe: Propaganda und Sammlung.

Artikel 7: Die Mitglieder des Sozialistischen Bundes wollen ihre Arbeit in den Dienst ihres Verbrauchs stellen.

Artikel 8: Sie vereinigen ihre Konsumkraft, um die Produkte ihrer Arbeit mit Hilfe ihrer Tauschbank zu tauschen.

Artikel 9: Sie schicken Pioniere voraus, die in Inlandsiedlungen des Sozialistischen Bundes möglichst alles, was sie brauchen, auch die Bodenprodukte, selbst herstellen.

Artikel 10: Die Kultur beruht nicht auf irgendwelchen Formen der Technik oder der Bedürfnisbefriedigung, sondern auf dem Geiste der Gerechtigkeit.

Artikel 11: Diese Siedlungen sollen nur Vorbilder der Gerechtigkeit und der freudigen Arbeit sein: nicht Mittel zur Erreichung des Ziels. Das Ziel ist nur zu erreichen, wenn der Grund und Boden durch andere Mittel als Kauf in die Hände der Sozialisten kommt.

Artikel 12: Der Sozialistische Bund erstrebt das Recht und damit die Macht, im Zeitpunkt des Übergangs durch große grundlegende Maßnahmen das Privateigentum an Grund und Boden aufzuheben und allen Volksgenossen die Möglichkeit zu geben, durch Vereinigung von Industrie und Landwirtschaft in selbständig wirtschaftenden und tauschenden Gemeinden auf dem Boden der Gerechtigkeit in Kultur und Freude zu leben.

145-146

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