Crash       Start   Weiter

30 - Die Zeit, die uns bleibt

Lauterburg-1998

 

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Wir wissen nicht, wann der Crash stattfindet. Wir wissen nicht im einzelnen, wie er ablaufen wird. Wir wissen nicht, ob und wie viele Menschen ihn über­leben werden — und schon gar nicht, ob wir selbst dann noch da sein und dazugehören werden. Aber wir müssen davon ausgehen, daß es in absehbarer Zeit zu einer Katastrophe kommen wird.

Wir müssen damit rechnen, daß die Bevölk­erung auch in unseren Regionen dezimiert wird. Was löst dieser Gedanke in uns aus? Wie gehen wir emotional mit einer derartigen Zukunfts­perspektive um?

 

   Die fünf Phasen des Krebskranken 

Wenn wir offenen Auges in die Zukunft blicken und in heute absehbarer Zeit einen Crash auch nur als reale Möglichkeit in Betracht ziehen, löst dies einen emotionalen Schock aus. Auch wenn wir selbst uns nicht in unmittelbarer Lebensgefahr befinden, ist unsere Situation doch derjenigen von Menschen ähnlich, die erfahren, daß sie an einer unheilbaren Krankheit leiden und nur noch begrenzte Zeit zu leben haben.

Die Ärztin Elisabeth Kübler-Ross hat viele unheilbar kranke Menschen — vor allem Krebspatientinnen und -patienten — persönlich in den Tod begleitet und als erste darauf hingewiesen, daß Menschen in einer ganz charakteristischen Weise auf einen existentiellen Schock reagieren. Sie durchlaufen typischerweise fünf Phasen:  * detopia - Im Literaturverzeichnis ist Frau Kübler-Ross nicht verzeichnet

Phase 1: 
Verleugnung: "Nicht ich!", schreit die Seele unter dem Einfluß des ersten Schocks. Der Mensch weigert sich, das Schreckliche zu akzeptieren. Er will es nicht wahrhaben. Er verdrängt es aus seinem Bewußtsein.

Phase 2:
 Zorn: "Warum ich?", fragt der zutiefst getroffene Mensch. Er findet es ungerecht. Er empfindet eine ohnmächtige Wut. Er lehnt sich auf gegen Gott. Er rebelliert gegen das Schicksal.

Phase 3:
Verhandlung: "Vielleicht ... aber erst wenn ..." — dies ist die erste Annäherung an das Unabänderliche. Aber der Mensch ist noch nicht bereit. Er hat noch Wichtiges in seinem Leben zu Ende zu bringen. Er braucht noch Zeit. Er feilscht mit dem Schicksal um Aufschub.

Phase 4: 
Verzweiflung: "Ich kann nichts machen!" Wenn die Verdrängung sich auflöst, schlägt die Einsicht in die eigene Ohnmacht und in die Ausweglosigkeit voll zu. Der Mensch resigniert. Er verfällt in eine tiefe Depression.

Phase 5: 
Zustimmung: "Ich kann! Es darf sein." Wenn schwere Trauerarbeit geleistet worden ist, kommt es zu einer inneren Klärung. Der Mensch ist wieder balanciert. Nicht jeder gelangt bis zu dieser Phase. Aber es gibt Menschen, die in den letzten Monaten zu einer höheren menschlichen Erfüllung gelangen als je zuvor in ihrem Leben. Es gibt Menschen, die ganz am Schluß sagen: "Ich bin dankbar, daß ich diese Chance gehabt habe."

Ich glaube, wir kommen nicht umhin, in der einen oder anderen Weise diese fünf Phasen zu durchlaufen.

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   Das Tabu des Todes   

Der Tod gehört zu den wenigen großen Tabus, die auch unsere moderne, scheinbar aufgeklärte Gesellschaft prägen. Wir werden zwar von den Medien über­häuft mit Meldungen über Kriege, Gewaltverbrechen, Terror­anschläge, Unfälle und Katastrophen. Aber da geht es immer um den Tod anderer — und er ist hygienisch sauber verpackt. Er berührt uns nicht persönlich.

Doch sobald es um Alter, Gebrechlichkeit oder Tod im eigenen, engeren Umfeld geht, tun sich die meisten Menschen außer­ordentlich schwer. Manche Leute sind überall auf der Welt gewesen — aber sie haben noch nie ein Altersheim von innen gesehen. Viele klammern sich bis ins hohe Alter krampfhaft an ihre beruflichen Funktionen, weil sie sich vor dem Ruhestand fürchten und ihr Älterwerden nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Nicht wenige Staaten und Konzerne werden von Greisen regiert. Und manche bringen es bis zum Schluß nicht fertig, ein einfaches Testament zu verfassen. 

Die Auseinander­setzung mit dem Tod — vorab dem eigenen — findet nicht statt. Der Gedanke an einen Crash — auch wenn man nicht weiß, ob man ihn selbst noch erleben wird — rührt an das Tabu des Todes. Die Vorstellung ist so unheimlich und irritierend, daß wir sie nicht einfach so hinnehmen können. Wir müssen uns ihr schrittweise nähern. Wir müssen mit dem Gedanken, daß ein Crash möglich ist, leben lernen. 

 

   Keine Zeit für Selbstmitleid  

Wer sich heute bereits in der Mitte seines Lebens befindet oder gar in die Jahre kommt, hat alle Chancen, das Schlimmste nicht mehr selbst zu erleben. Selbstmitleid ist dann zu allerletzt gerechtfertigt. Wenn man in einem westlichen Wohlstandsland aufge­wachsen ist und gelebt hat; wenn man zu einer Generation gehört, die den Krieg fast nur noch vom Hörensagen kennt; wenn man die Chance gehabt hat, einiges von der Erde zu sehen, bevor die Übervölkerung und die Umweltzerstörungen so weit fortgeschritten waren; wenn man die Segnungen der Technik, der Mobilität und des Wohlstands hat genießen können — dann hat man allen Grund, zufrieden zu sein. Man gehört mit Sicherheit zu einer verschwindend kleinen Minderheit der privilegiertesten Menschen, die jemals gelebt haben. 

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Etwas anderes ist es, wenn man als Vater oder Mutter an die Zukunft der eigenen Kinder und Enkel denken muß. Da kann man nur hoffen, daß ihnen das Allerschlimmste erspart bleiben wird. Man kann sich damit trösten, daß auch sie zumindest noch einen wichtigen Teil ihres Lebens unter einigermaßen ersprießlichen Bedingungen verbringen können. Man kann sich sagen: Ich habe das nicht gewußt, ich habe das nicht gewollt. Man kann sich bewußt machen, wie viele Menschen bereits umgekommen sind — und wie viele Menschen heute unter erbärmlichen Umständen dahinvegetieren. 

Doch Gefühle fragen nicht nach Statistiken. Es bleibt Trauer zurück.

Wer dagegen heute noch den größten Teil seines Lebens vor sich hat, dem kann man nur raten, diesen Teil zu genießen, und sich allenfalls rechtzeitig auf das, was kommt, vorzubereiten — denn es ist zumindest nicht auszuschließen, daß es für eine kleine Minderheit von Menschen ein Leben nach dem Crash und eine neue Zukunft geben wird.

Das Gespräch mit jungen Menschen über die Zukunft ist für Mitglieder der älteren Generation nicht immer leicht. Schwere Vorwürfe werden adressiert: "Warum habt Ihr es so weit kommen lassen? Wie konntet Ihr ein Leben lang tatenlos zusehen? Glaubt Ihr, diese Welt sei Euer Privateigentum? Wieso habt Ihr überhaupt Kinder in diese Welt gesetzt?"  

Fragen über Fragen. Sich da völlig reinwaschen zu wollen, wäre lediglich eine Flucht. Man hat gut gelebt; man hat vieles geahnt; man hat zuwenig getan. 

Aber Schuld auf sich zu nehmen, bringt nichts. Die Wurzeln dieser fatalen Entwicklung reichen zurück bis in die Zeit, als die Menschen vor Jahrtausenden seßhaft wurden. Und genau betrachtet, ist die Entwicklung letztlich in der Natur des Menschen begründet. Die Vorwürfe gehen an den, der gerade da ist — aber letztlich hat er den Schlamassel nicht persönlich zu verantworten.

 

   Das Leben leben  

 

Der Titel eines der Bücher des Amerikaners Dale Carnegie, die zu Bestsellern geworden sind, lautet: <Sorge Dich nicht, lebe>. Ich bin sonst kein Freund simpler, rezepthafter Lebensphilosophien, wie dieser Autor sie propagiert. Aber so simpel und naiv dieses Motto auf den ersten Blick klingt — es enthält einen ganz wichtigen Kern. Wir haben - mit oder ohne Crash - nur eine begrenzte Zeit zum Leben. Wir sollten sie nicht damit verbringen, Trübsal zu blasen oder bloß zu grübeln. Der gute Rat kann nur sein: Ändere, was Du ändern kannst — und akzeptiere, was Du nicht verhindern kannst. Aber lebe. Mach das Beste draus. Für Dich selbst — und für Deine Mitmenschen. 

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Genießen Sie das Leben? Dies ist genau, was Sie tun sollten. Ich weiß: Das Leben ist durchzogen. Da gibt es vieles, was ärgert, schmerzt oder Kummer bereitet. Aber es gibt vieles, was Spaß machen und Freude bereiten kann. Man muß es sich nur nehmen. Es sich erlauben. Die Dinge tun, die einem wirklich wichtig sind, und die einem Freude bereiten. Schon die Philosophen des Altertums sind zur Erkenntnis gelangt: "carpe diem" — nutze den Tag. Lebe das Leben. Jetzt, nicht später.

Der Schock ist auch mit einer Chance verbunden. Das Leben leben bedeutet nicht oberflächlich genießen, sondern sein Leben bewußter gestalten und tiefer erleben. Wir können beispielsweise unserer Umwelt bewußt Sorge tragen und dadurch einen, wenn auch kleinen Beitrag zur Verzögerung des Unvermeid­lichen leisten. Wir können überprüfen, ob es in unserem Umfeld Menschen gibt, die der Zuwendung und der Wärme bedürfen — und uns dort persönlich engagieren. Wir werden dadurch die Gesellschaft nicht vor dem Zusammenbruch retten. Aber wir werden, bis es soweit ist, die Zeit für uns und andere sinnvoll gestalten.

Der Schock ist Anlaß, sich diese Frage zu stellen: Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Wir können eine Menge dafür tun, dieses Wichtige zu erreichen. Wir sind in der glücklichen Lage, noch Zeit vor uns zu haben, und auf unser persönliches Schicksal Einfluß nehmen zu können. Die meisten Menschen auf diesem Planeten haben diese Chance nicht. Sie können sich den Luxus der Selbstverwirklichung nicht leisten. Sie sind damit beschäftigt, den nächsten Tag, das nächste Jahr zu erleben. Wir können froh und dankbar sein.

Würde ich heute — um meine Meinung gefragt — einer jungen Frau, die gerne Kinder haben möchte, davon abraten? Ihr womöglich ins Gewissen reden? Nie und nimmer. Wir haben alle nur ein Leben. Jeder Mensch muß für sich selbst entscheiden, was für ihn ein erfülltes Leben bedeutet. Und das sollte er, solange er dazu in der Lage ist, zu verwirklichen suchen. Wir können die Verantwortung für unsere Kinder ohnehin nur solange tragen, als sie Kinder sind. Danach müssen sie sie selbst tragen — unter welchen äußeren Umständen auch immer.

 

  Optimisten und Pessimisten  

 

Weit mehr Menschen, als man annehmen würde, sehen im Grunde durchaus, auf was wir uns zubewegen. Aber das Thema Crash ist tabu. Wenn man nicht über die Gefahr spricht — dies ist die emotionale "Logik" — dann existiert sie auch gar nicht. Spricht man darüber - so die Befürchtung - tritt die Katastrophe unweiger­lich ein. Das magische Denken gehört zum Erbe unserer Vorfahren.

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Wenn es zu einem Crash kommt, dann bestimmt nicht, weil man ihn herbeigeredet hat. Da liegen die Ursachen doch wohl tiefer. Es wäre nachgerade unbescheiden, anzunehmen, man könne dadurch, daß man von ihm spricht, einen Crash provozieren. In Tat und Wahrheit verhält es sich genau umgekehrt: Einer der Gründe, weshalb wir in einen Crash laufen werden, besteht gerade darin, daß viele Menschen, ja ganze Nationen blind sind für die Gefahr und eine eklatante Gleichgültigkeit sowohl bezüglich unserer Umwelt als auch bezüglich der sozialen Entwicklung an den Tag legen. 

Daran kann man durch Reden weder etwas verbessern noch etwas verschlimmern. Der Lauf der Dinge wird durch handfeste Interessen bestimmt, nicht durch Worte.

Anders ist es im eigenen, engeren Umfeld. Hier ist das Gespräch wichtig und hilfreich. Wenn Sie mit anderen über dieses Thema sprechen möchten, müssen Sie allerdings auf ein interessantes Phänomen gefaßt sein. In Diskuss­ionen über unsere Zukunft ist fast gesetzmäßig früher oder später - oft schon nach fünf Minuten - von "Pessimismus" und "Optimismus" die Rede. Dies ist immer ein untrügliches Indiz dafür, daß der Verdräng­ungs­mechanismus am Werk ist. 

Die Flucht in die Sphäre der Philosophie entbindet von der Ausein­ander­setzung mit unbequemen Daten, Fakten und Zusammenhängen.

Ein Optimist ist ein Mensch, der immer wieder Lotterielose kauft, weil er davon ausgeht, daß er eines Tages einen großen Treffer ziehen könnte, ein Pessimist dagegen einer, der grundsätzlich kein Los kaufen würde, weil er von vornherein davon ausgeht, nie zu den Glücklichen zu gehören. Bei unserer Zukunft aber handelt es sich nicht um eine Lotterie. Da geht es nicht einfach um "Glück" oder "Pech". 

Was kommen wird, ist das Ergebnis einer von A bis Z von den Menschen gemachten Entwicklung, deren allgemeine Richtung einiger­maßen klar erkennbar ist. Da geht es nicht um die Frage, ob man ein "Optimist" oder ein "Pessimist" ist. Es geht um drei andere Fragen: Erstens, ob man sich mit den Realitäten ernsthaft ausein­ander­setzen will oder nicht. Zweitens, welche Schlüsse man daraus zieht. Und drittens, wie man dann sein Leben gestalten will.

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   Sich selbst treu bleiben  

 

Die Erfahrungen mit Menschen in Kriegs- und Katastrophengebieten, aber auch diejenigen mit Menschen, die erfahren, daß sie an einer unheilbaren Krankheit leiden, zeigen etwas höchst Bemerkenswertes: Menschen können gerade im Angesicht einer existentiellen Bedrohung einen Reifeprozeß durchmachen und in Dimensionen des Erlebens und der Erfüllung vorstoßen die ihnen sonst versagt bleiben würden.

Menschen, die wissen, daß sie nur noch eine begrenzte Zeit zur Verfügung haben, überlegen sich besonders sorgfältig, wie sie diese nutzen wollen. Aber sie gehen nicht hin und tun irgendwelche völlig verrückte Dinge. Sie legen auch nicht einfach die Hände in den Schoß. Die meisten leben äußerlich ganz normal weiter, in ihrem gewohnten Umfeld. Aber sie vertiefen die Beziehungen zu den Menschen, die ihnen nahe stehen. Sie nehmen Themen auf, von denen sonst nie gesprochen worden wäre. Sie setzen die Prioritäten anders. Sie tun Dinge die sie vorher auch schon hätten tun können, aber nicht für wichtig gehalten haben. Diese Menschen werden sensibler, offener und gefühlvoller im Umgang mit sich selbst und mit andern. Dies ist die wesentliche Veränderung.

Das Bewußtsein eines bevorstehenden Crashs führt nicht - wie manche glauben - allenthalben zu Apathie oder Schlendrian. Manch einer, der sich vorher nie Gedanken über die Zukunft gemacht hat, wird vorüber­gehend in Panik geraten, das ja. Wer sich hingegen ernsthaft mit diesen Fragen auseinandergesetzt hat, wird in der Zeit, die ihm bleibt, bewußter und intensiver leben. Er wird aufmerksam beobachten, wie die Dinge sich entwickeln und sich allenfalls Gedanken darüber machen, wie er sich und seine Nächsten am besten schützen kann. Er wird alle Möglichkeiten der Vorsorge ausschöpfen. Aber er wird sich nicht einfach gehen lassen.

Letztlich kann sich niemand ganz aus der Verantwortung dafür schleichen wie es auf diesem Planeten weiter geht. Es stellt sich deshalb nicht nur die Frage: "Wie kann ich mich schützen?", sondern auch die Frage: "Was will ich für unsere Zukunft tun?"  

Es gibt Menschen, die dem Leitsatz nachleben: Wer kämpft, kann verlieren — wer nicht kämpft, hat schon verloren. Sie engagieren sich aktiv für die Umwelt und für die Gesellschaft — in der Lokalpolitik, in der Entwicklungshilfe oder in einer der vielen gemeinnützigen Institutionen.

Die meisten Menschen dagegen verhalten sich passiv. Gleichgültigkeit und Passivität gehören zu den zentralen Ursachen für die sich anbahnende Katastrophe. Sind hier Vorwürfe zu adressieren? Sind Menschen, die sich ins Private zurückgezogen haben, "mitschuldig" an unserem Untergang? 

Ich meine nein. 

Die meisten Menschen verfügen noch nicht einmal über den erforderlichen Bildungs­stand, um die Zusammen­hänge erkennen zu können. Die meisten befinden sich außerdem nicht in einer Lebenssituation, in der sie beschließen könnten, einen wesentlichen Teil ihrer Zeit und Energie dem Allgemein­wohl zur Verfügung zu stellen.

Dazu kommt: Wer friedlich lebt, für sich und seine Familie sorgt und damit in seinem engeren Umfeld zu stabilen Verhältnissen beiträgt, tut still und unauffällig bereits sehr viel mehr für die Allgemeinheit als manch ein Profil­neurotiker in der hohen Politik.  Die Menschen sind letztlich Produkte unserer Zivilisation — wie sie sich nun mal entwickelt hat. 

Das Problem der Passivität ist nicht auf der moralischen Ebene anzusiedeln. Im Grunde kann jeder Mensch nur für sich selbst entscheiden, ob und wie er sich engagieren will. 

Es gibt viel zu tun. Auch wenn der Zusammen­bruch länger­fristig nicht zu verhindern sein wird — bis in unseren Regionen alles drunter und drüber geht, wird noch viel Zeit vergehen. Diese Zeit kann verplempert oder sinnvoll genutzt werden. Der Crash kann dadurch zwar nicht endgültig abgewendet, aber möglicher­weise hinaus­gezögert werden. 

Das Leben bis dahin enthält eine neue Dimension, vielleicht sogar einen tieferen Sinn. 

Man kann sich um die Umwelt kümmern, ihr Sorge tragen, Belastungen vermeiden, wo immer dies möglich ist. Man kann sich um die Mitmenschen in seinem privaten und beruflichen Umfeld kümmern — auch ohne sich aufzuopfern. Man kann mit anderen Menschen über die Veränderungen in der Umwelt und in der Gesellschaft diskutieren — und darüber, wohin die Entwicklung voraussichtlich führen wird. Man kann persönlich Stellung beziehen. 

Aber man muß nicht missionieren. Man muß nicht moralisieren.

Wie lautet das Fazit? Geben Sie sich bezüglich der längerfristigen Entwicklung keinen Illusionen hin. Aber fragen Sie sich, was sie aktiv für unsere Zukunft unternehmen wollen. Was immer Sie für die Umwelt oder die Gesellschaft tun — es hilft nicht nur der Allgemeinheit. Es hilft auch Ihnen. Aktivität hilft wie nichts sonst, Angst zu bewältigen — und Angst kommt nun mal auf, wenn man sich die längerfristigen Perspektiven illusionslos vor Augen führt. Bleiben Sie sich selbst treu. Gestalten Sie Ihr Leben entsprechend Ihren persönlichen Einsichten, Neigungen, Interessen und Bedürfnissen. 

Und nochmals: Erlauben Sie sich auch, Ihr Leben zu genießen. Es gehört Ihnen. Und Sie haben nur dieses eine.

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Christoph Lauterburg  1998