falter:
Falter - Has the Humane Game
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Bill McKibben
Die
taumelnde
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2019 400 Seiten
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Verlag Im Jahr 1989 warnte Bill McKibben mit seinem Buch »Das Ende der Natur« als einer der ersten vor dem Klimawandel. Sein neuer Aufruf ist umso dringender und weitreichender – die Menschheit ist dabei, nicht weniger als ihr Fortbestehen aufs Spiel zu setzen. Der Klimawandel ist heute, so McKibben, ein Hebel, der unsere Welt von Grund auf verändert. Die konzentrierte wirtschaftliche Macht in den Händen einiger weniger Spieler ist ein weiterer. Genauso die radikalen Konsequenzen der modernen Genetik sowie das Streben der Tech-Mogule nach künstlicher Intelligenz, das nach dem Sinn menschlichen Daseins gar nicht mehr fragt. In »Die taumelnde Welt« tritt Bill McKibben einen großen Schritt zurück, um dieses gesamte „Spiel der Menschheit“ zu betrachten: Welchen Lauf nimmt es, wer macht die Regeln, und wie wollen wir es in Zukunft spielen? "Ein Liebesbrief, ein Appell, ein Nachruf, und ein Stoßgebet...." Naomi Klein
Lesebericht Bill McKibben ist weltweit einer der wichtigsten Umweltaktivisten. 1989 verfasste er mit The End of Nature das erste Buch über die Klimakrise für ein breiteres Publikum. 2008 gründete er die Klimaschutzbewegung 350.org, deren Name sich auf das Ziel einer Reduktion der CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf 350 ppm bezieht (Sommer 2019: 407,8 ppm). Die Bewegung bildet den Kern einer weltweiten Graswurzel-Mobilisierung für Klimaschutz. 2012 startete die globale Divestment-Kampagne 350.org mit dem Ziel, dass große Institutionen Kapital aus der fossilen Industrie abziehen. Für sein großes Engagement erhielt McKibben 2014 den Right Livelihood Award. In seinem neuen Buch <Falter. Has the Human Game Begun to Play Itself Out?> vertritt McKibben folgende Grundthese: Das „Spiel der Menschheit“ gerate derzeit ernsthaft aus der Balance. Die globale industrielle Zivilisation könnte in den nächsten Jahrzehnten kollabieren, weil der Ressourcenverbrauch nicht aufrechterhalten werden kann und der Wohlstand zunehmend ungleich verteilt ist. Er entfaltet diese These anhand von zwei großen Themen – der Klimakrise und den Gefahren durch neue Technologien wie Künstliche Intelligenz und die Genom-Editierung durch CRISPR. Das Agieren der fossilen Industrie in den USA als entscheidender Treiber des Klimawandels sei nicht nur durch Profitinteressen bestimmt, sondern auch von einer ideologischen Position, die von der staatskritischen, hyperindividualistischen Doktrin der Schriftstellerin Ayn Rand stark geprägt sei. McKibben bietet erschreckende Details über die Kampagnen der US-Ölindustrie, zum Beispiel gegen den öffentlichen Verkehr, bei der ökonomische Interessen durch die ultra-libertäre Ideologie vertuscht werden (Individualverkehr sei Ausdruck der Freiheit der Amerikaner). Für die USA kommt der Umweltaktivist zu dem Fazit: „Vielleicht ist die Macht des Geldes in der Politik inzwischen so groß, dass wir so etwas wie eine gewaltfreie Revolution brauchen.“ (S. 167) Im dritten Teil des Buchs geht McKibben vom Thema Klimawandel auf Bedrohungen durch neue Technologien über. So wie die Störung des Klimasystems seien auch sie Ausdruck der ungeheuren „Wirkmacht“ des Menschen: Die technologische Macht könnte die Fähigkeit besitzen, „die menschliche Natur grundlegend auf die Probe zu stellen“ (S. 194). Durch die vereinfachte Genom-Editierung mittels CRISPR sei der Weg frei für genetische „Perfektionierungen“ und Menschen-Design; der Zusammenschluss von Big Data und Big Biotech könnte eine neue Industrie begründen. McKibben plädiert für eine globale gesellschaftliche Diskussion, ob wir diesen Pfad beschreiten wollen und kommt zu dem Schluss: „Wir taumeln jetzt, und das Spiel der Menschheit bewegt sich auf sein Ende zu.“ (S. 357) Seine Hoffnung ruht auf den Fortschritten in der Solarenergie und auf zivilgesellschaftlichen Bewegungen, zwei Themen, für die Robert Jungk Vorkämpfer war. Das Buch ist ein eindringlicher, brillant geschriebener Aufruf sich zu engagieren und Widerstand zu leisten: „Ich bin weder Optimist noch Pessimist, nur Realist genug, um zu erkennen, dass wir uns engagieren müssen, wenn wir noch eine Chance haben wollen.“ (S. 28) |