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VI. Das soziale und das persönliche Ich 

 

 

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Anstatt das Verhältnis von sozialem und persönlichem Ich zu untersuchen, könnte man auch die Frage aufwerfen: Wie sieht eigentlich eine Gesellschaft aus, die ein Bedürfnis hat, derartige Unterscheidungen zu klären? Die Vermutung ist naheliegend, daß Wißbegier sich mit dem Wunsch verbindet, die Technologie, das heißt die Machbarkeit eines konformen Systems von Verhaltensstereotypen, zu erweitern und Menschen in ihrem Habitus so zu bestimmen, daß man ihr Verhalten mit einiger Wahrscheinlichkeit voraussagen kann. Diesen Prozeß wird man zunächst Erziehung nennen; daß er überhaupt zum Problem und nicht in vollkommener Unreflektiertheit, naiv, ausgeübt wird, kann nur auf eine Koexistenz mehrerer konkurrierender Erziehungs- und Wertmuster zurückzuführen sein.

Die Konkurrenz der Missionswerbung ist das Neue. Denn ein solches Nebeneinander verschiedener, zum Beispiel ständischer oder landschaftlich begrenzter »Sitten« hat seit langem existiert. Von Eroberungswellen abgesehen, lebten die Bräuche relativ unvermischt nebeneinanderher. Erst der von Napoleon zitierte Marschallstab im Tornister von jedermann bringt auch innerhalb einzelner Gesellschaften die Permeabilität der Gruppengrenzen. Man kann als Bauernsohn geboren werden und als Eisenbahn- oder Zeitungskönig sterben. Erst der erleichterte Übertritt von einem Stadium der Gesellschaft zu einem anderen läßt Unterschiede zwischen kollektivem und individuellem Ich in einem neuen Licht aufleuchten. Bis dahin konnte man gewiß persönliche Vorlieben entwickeln, persönliche Begabungen entfalten, aber das Kerngebiet der Wertorientierungen eines Standes etwa, die gleichförmige Entscheidung an Kreuzwegen, war selbstverständlich. 

So schnell ist keiner aufgestanden und hat zum Beispiel die Abschaffung der Sklaverei gefordert. Mit anderen Worten: Nur in Sonderfällen stellte die »Unabhängigkeit«, die von der Norm abweichende Persönlichkeit, eine radikale Herausforderung für die Gruppe dar, zu der dieses Individuum gehörte.

Wenn wir heute von einem solchen nach Unabhängigkeit strebenden persönlichen Ich sprechen, und zwar mit dem Unterton, daß eine solche Persönlichkeit etwas Erwünschtes sei, dann ist dies Ausdruck unserer Ideologie, unserer vielleicht sehr gut reflektierten Auffassung von der Wünschbarkeit menschlicher Entwicklung, aber es ist eine relativ neue Forderung, die wir hier stellen. Wir sind in der westlichen Welt umgeben von Zivilisationsbereichen, welche für diese Forderung nicht das geringste Verständnis haben; wir sollten zudem über all den Erbauern von Kathedralen, über all den Malern, Musikern, Erfindern und Entdeckern nicht vergessen, daß man auch in unserem Zivilisationsbereich die längste Zeit ebensowenig Verständnis für die Forderung aufgebracht hätte, wenn sie überhaupt erhoben worden wäre: daß unauffällige, in gar nichts hervorragende Individuen ein persönliches Ich entwickeln sollen, das womöglich an irgendeinem Kreuzweg, vor irgendeinem gewichtigen Konflikt in der Lage ist, sich den Handlungsanweisungen seiner Kultur zu widersetzen, »nein« zu sagen und diese Entscheidung vernünftig zu begründen (zum Beispiel den Satz zu widerlegen: Cuius regio, eius religio).

Merkmale eines persönlichen Ichs zu entwickeln war bis an die Schwelle unserer Zeit Privileg einer sehr dünnen aristokratischen Schicht, später auch der obersten Bürgerschaft, kam aber den dienenden Ständen nicht zu. Auch im zeitgenössischen Bewußtsein löst es noch recht zwiespältige Gefühle aus, wie es überhaupt dahin kommen konnte, daß ein Autor wie Erik H. Erikson schreiben darf (und zwar im Zusammenhang einer Reflexion über Camus' L'Etranger): »To live as a philosophical <stranger> is one of the choices of mature man...«1)  

1)  E. H. Erikson Insight and Responsibility. New York 1964, 99. 

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Einem Bewußtsein zuzustreben, das sich im philosophischen, im reflektierten Sinn seinen Gesetzen, Sitten, Vorlieben gegenüber als »Fremder« fühlt, ist eine Fähigkeit, die der »reife Mensch« erwerben kann. Wer hat soviel Mut, soviel Kraft zur Entscheidung aus einem persönlichen Ich? Unser Persönlichkeitskult (besonders an unseren Universitäten) hat da nicht selten fahrlässig Kredit gegeben, wo nur Selbsttäuschung, falsches Bewußtsein im Spiele waren. Wir erinnern uns an den Satz von Karl Marx (im Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie): »Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.« 

Diese These trifft die gegenwärtige Verfassung der Menschen und ihrer Gesellschaften; sie ist jedoch nicht als eine naturwissenschaftliche Definition des Menschen als eines in seinem Sozialhabitus endgültig festgelegten Wesens zu verstehen. Auch Marx weiß natürlich von den Bedingungen, unter denen das Bewußtsein der Menschen anfängt, ihr gesellschaftliches Sein zu bestimmen. Das Unterfangen ist schwierig; hatte Marx die Überwältigungen durch die gesellschaftlichen Kräfte im Auge, so Freud die Übermacht der Triebkräfte, die den menschlichen Intellekt einschüchtert. »Aber es ist doch etwas Besonderes um diese Schwäche«, heißt es in Die Zukunft einer Illusion, »die Stimme des Intellekts ist leise, aber sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör geschaffen hat. Am Ende, nach unzählig oft wiederholten Abweisungen, findet sie es doch.«1) 

Heute, drei Generationen nach Marx und ein Vierteljahrhundert nach Freuds Tod, soll sich das Bewußtsein aus seiner Umklammerung durch gesellschaftlich vermittelte Zwänge ein Stück weiter befreien dürfen; darin läge eine lautlose Revolution. Das Merkmal einer um Toleranz sich mühenden Gesellschaft ist darin zu suchen, daß Autonomie des Denkens eine fruchtbare Alternative zu den kollektiven Denkmodellen darstellt. Wer nicht so weit kommt, den hätte man im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts »ungebildet« genannt, einen Bauern, einen Tölpel. Es läßt sich aber doch nicht übersehen, daß die Zwänge der verwalteten Welt mehr Menschen verkrüppeln als je zuvor — weil es mehr Menschen gibt. So betrachtet scheint sich an den kollektiven Zwängen, die auf das denkende Ich ausgeübt werden, nicht viel gemildert zu haben.

1)  S. Freud, Ges. Werke XIV, 377.

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Zunächst wird man sich fragen, warum es eigentlich anders sein soll, als es Marx beschrieben hat: Der Standort in der Gesellschaft bestimmt das Selbstbewußtsein und das Selbstverständnis. Man darf nach genauer Aufklärung verlangen, wenn Zusätze zu diesem Grundgesetz der Entwicklung des sozialen Ichs gemacht werden. Die Psychoanalyse hat einiges Licht in das Zusammenwirken biologischer und sozialer Vorgänge gebracht. Biologisch ist daran die menschliche Lernfähigkeit (die an die Stelle eines erbgenetisch festgelegten Verhaltensrepertoires getreten ist), sozial ist die Übermittlung von Informationen über wünschbares und zu vermeidendes Verhalten.

Freud, den Ernest Jones zu Recht den »Darwin der Psychologie« genannt hat, verdanken wir eine seelische Strukturtheorie und eine genetische Theorie; letztere enthält Aussagen darüber, wie sich die psychischen Organe aus ihren Anlagemöglichkeiten entfalten. Von Freuds Auffassung sei nur soviel kurz referiert: Die Triebanlage, das energetische Reservoir für die psychischen Prozesse, ist psychosomatisch zu begreifen; sie (die Triebanlage) ist erbgenetisch variabel. Erst spät sind in die Theoriebildung Ich-Anlagen, Ich-Kerne als die regulatorischen Gegenspieler des »Es«, der Triebbedürfnisse nämlich und ihrer Erlebnisrepräsentanzen, aufgenommen worden. Diesem Ich wird außerdem die Fähigkeit zugesprochen, Triebenergie ihrem ursprünglichen Bereich entfremden, das heißt, sie für die Ziele des Ichs »neutralisieren« zu können.

Das kritische Bewußtsein ist eine zentrale, freilich spät zum Zuge kommende Funktion des Ichs. Unsere Beobachtungen zwingen uns zu der Annahme, Reflexionsfähigkeit für eigenes und fremdes Verhalten sei eine Anlage wie Musikalität oder eine Begabung für mathematische Kombinatorik. Sie kann erstickt oder gefördert werden, je nach der sozialen Umwelt. Gesellschaftliche und biologische Objektivitäten greifen also bei der Entwicklung des Individuums ineinander. Gesellschaftliche Voraussetzungen, die wenig mit Angsterweckung operieren, lassen sonst verödende Ich-Anlagen zum Zuge kommen; diese Stärkung des kritischen Ichs verändert ihrerseits die Verfassung, in der sich eine Gesellschaft befindet. Ist es einmal entwickelt, dann versteht dieses kritische Bewußtsein erst in voller Deutlichkeit, wie fest geknüpft die Dressathandlungen sind, in denen soziale Normen sich verwirklichen. 

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Der Widerstand gegen diese bewußtseinsfernen oder von falschem Bewußtsein ausgehenden Handlungen verlangt vom kritisch nachspürenden Ich nicht geringen Energieaufwand. Nach der psychoanalytischen Theorie stellt dieser Vorgang der Aneignung von Energie durch das kritische, Entscheidungen fällende Ich einen sowohl phylo- wie ontogenetisch späten Erwerb dar; einen Vorgang, der noch nicht abgeschlossen ist. Hier stehen uns noch evolutionäre Möglichkeiten offen (J. Huxley1)).

Psychosoziale (soziogenetische) Mechanismen überlagern und ersetzen die von den Genen übermittelten Verhaltensmerkmale; vom individuellen Ich ausgehende Impulse modifizieren die dem sozialen Lernen entstammenden Verlaufsgestalten des Verhaltens, indem sie an seiner Stelle ein Handeln auf Grund individuell getroffener Entscheidung ins Spiel bringen.

Nachdem die Genetik für nationalsozialistische Rassenzuchtideen reklamiert wurde, ist es zu einer Tabuierung der Erbtheorien gekommen. Die Genetik hat jedoch, unabhängig von ihrem Mißbrauch durch Scharlatane, eine rasche Entwicklung durchlaufen. Ein Konzept, das die erbgenetische Variabilität der Ich-Anlagen nicht in Rechnung setzte, könnte kaum ernst genommen werden. Es kombinieren sich also zwei Einflüsse: der erbgenetische und der, welcher von der sozialen Umwelt herrührt. Ihr Ineinandergreifen kann bei der Variabilität beider Faktoren zu den verschiedenartigsten Ergebnissen führen.

Die Hervorhebung des Tatbestandes, daß einige Ich-Funktionen in einigen Individuen einiger Zivilisationsbereiche sich verstärken konnten, zwingt dazu, nochmals die Heftigkeit zu betonen, mit welcher in anderen Gegenden jede Entwicklung in Richtung eines kritisch-autonomeren Ichs bekämpft wird. Der ideologische Totalitarismus feiert in unserer Zeit Triumphe. Die heute lebende Menschheit steht zum größten Teil unter seinem Einfluß; nur weil er eine so alte Tradition fortsetzt, fällt es uns nicht ein, an unserer Zeit die gigantische Leistung zu bewundern, daß sie die größten ideologisch geeinten Massen der Geschichte hervorgebracht hat. 

1)  Julian Huxley Entfaltung des Leben. Frankfurt (Fischer-Bücherei 61) 1954

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Von zwei Zentren, Rußland und China, sind neue Ansätze ausgegangen, welche das persönliche Ich gelähmt haben, und zwar hinsichtlich seiner Kritikfähigkeit an den ideologischen Grundannahmen seiner Gesellschaft.1) Die chinesische Methode der Auslöschung des Individuums im politischen Raum ist ungleich interessanter als die russische, weil die Chinesen unter dem Banner des Marxismus-Leninismus nicht feindliche Gesellschaftsschichten ausgemordet, sondern die Reformierung des sozialen »bourgeoisen« und wichtiger Teile des persönlichen Ichs zur politischen Methode erhoben haben.

Diese »thought reform«2) genannte Prozedur führt uns unmittelbar zur Problematik der Beziehung zwischen persönlichem und sozialem Ich. Mit Beziehung ist sowohl Interaktion gemeint als auch der genetische Prozeß, in welchem sich persönliches und soziales Ich miteinander und auseinander entwickeln. Die »Gehirnwäsche« hat großes Aufsehen erregt. Sie hat uns mit Angst erfüllt. Unter welchen Bedingungen würden wir unser Selbst verlieren? Würde sich das moralische Gesetz in uns so ändern, daß wir die Welt und unser bisheriges Leben völlig anders als gewohnt beurteilen, daß wir als »Reformierte«, »Rehabilitierte« plötzlich so etwas wie Neugeborene sind und ein zweites Leben führen?

Jedenfalls hat die »thought reform« eine Annahme der psychoanalytischen Theorie im Großexperiment bestätigt (falls wir in Deutschland nach den Erfahrungen der jüngsten Geschichte einer solchen Belehrung aus dem Fernen Osten überhaupt noch bedürfen): Die soziale Persönlichkeit eines Menschen läßt sich ändern. Und das geht selbstverständlich nicht ohne Rückwirkungen auf sein persönliches Ich ab. Der Mensch, um mit einer aus dem Orient stammenden Metapher zu sprechen, kann sein Gesicht verlieren — und ein neues annehmen. 

1)  Diese Hemmung der basalen Selbstkritik, die zu einer Unerschütterlichkeit der Überzeugungen führt, ist in der Individualpsychologie das Anzeichen einer schwer gestörten Persönlichkeit. Nur durch besonders intensive Besetzung von Abwehrvorgängen und der damit einhergehenden Verzerrung der Realitätswahrnehmung gelingt es, die Homoiostase aufrechtzuerhalten. Die Rolle der Dogmatisierung für Kollektive ist noch nie systematisch unter psychodynamischen Erfordernissen untersucht worden.
2)  Vgl. Robert Jay Lifton Thought reform and the Psychology of Totalism. — A Study of »Brainwashing« in China. New York (Norton) 1961.

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Durch eine solche Metamorphose wird ausgeschlossen, daß das Integrationszentrum für die sozialen Forderungen, das Über-Ich der Freudschen Instanzenlehre, eng mit den Erbanlagen verknüpft sein kann. Vielmehr hatte Freud gesehen, daß das »Gewissen«, das Über-Ich, eine »Stufe im Ich« darstellt, eine Organisationsinstanz zur Bewältigung der sozialen Realität, sozialer Konflikte, die mit der klassischen ödipalen Drei-Personen-Beziehung beginnen. Die Triebe haben ihre relativ festen Objekte, denen sie zustreben; das Ich hat seine Rolle als vermittelnde Instanz zwischen vitalen Triebbedürfnissen und Außenwelt. Allein das Über-Ich als verinnerlichte Repräsentanz der Sozialgebote ist ein Agent, dessen Aufträge wechseln können, und selbst zur Bildung dieser »Stufe im Ich«, zur Formierung eines Über-Ichs, muß es nicht zwangsläufig kommen.

Bevor ich weiter verfolge, was die Psychoanalyse zum Verständnis der verschiedenen Ich-Funktionen beitrug, sei noch mit einigen Anmerkungen zur »Gehirnwäsche« unser Thema illustriert.

Die Praxis der Persönlichkeitsveränderung, wie sie die Chinesen betrieben haben, läuft auf eine erzwungene Regression hinaus. Der Gefangene (oder der zu Erziehende überhaupt) sieht sich einer ihm physisch unendlich überlegenen, an kein Recht, keine gewohnte Sitte gebundenen Macht gegenüber; er befindet sich vollkommen in ihrer Hand. Das ist eine Lage, die der des Kleinkindes durchaus entspricht und Erlebnisspuren aus jener Entwicklungsphase wiedererweckt. 

Die Situation wird aber verschärft; den Gefangenen werden — sollten sie sich zurückhaltend zeigen, während man sie mit den Gedankengängen der neuen Lehre vertraut macht — Fesseln angelegt, die es ihnen nicht erlauben, die primitivsten physischen Bedürfnisse zu erledigen. Der Gefangene kann nicht selbst essen und trinken und ist zum Beispiel bei der Reinigung nach der Defäkation auf die Hilfe von Mitgefangenen angewiesen. Außerdem werden ihm andere Gefangene beigegeben, die bereits in der Auswechslung ihrer psychosozialen Dressate weiter fortgeschritten sind. Sie drängen ihn unablässig, die »bourgeoisen« Meinungen aufzugeben. Der Gefangene wird also ziemlich genau in eine Familiensituation mit Eltern und älteren Geschwistern zurückversetzt.

Der Reformvorgang soll sein altes soziales Ich mit seinen introjizierten gesellschaftlichen Geboten »auftauen«; der »Zögling« soll sich neu orientieren und alsbald wieder diese übernommenen Über-Ich-Forderungen »einfrieren«.1) 

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Robert Waelder2) hat darauf verwiesen, daß »das Über-Ich«, das in der Kindheit eingepflanzt wird, im späteren Leben Revisionen unterworfen ist, korrespondierend zu einer wachsenden Kritikfähigkeit; bis auf außergewöhnliche Umstände, etwa Massenreaktionen, berühren aber diese Änderungen selten die Grundprinzipien dieses »Über-Ichs«. Und er folgert aus dem Procedere der »thought reform«, die man wohl am treffendsten mit »Moralreform« übersetzt, daß mit diesem Umerziehen nicht die Erziehungsmethoden als solche völlig in Frage gestellt sind (denn keine Erziehung kann auf »einen nicht auflösbaren Kern von einzupflanzender Indoktrinierung« verzichten). »Die Frage geht nicht dahin, daß in unserer Zivilisation wie in jeder anderen Kinder wie Kinder, sondern daß im Totalitarismus Erwachsene wie Kinder behandelt werden.«.3)

Es ist wenig sinnvoll, von sozialem und persönlichem Ich zu sprechen, als handle es sich um Substanzen. Vielmehr können die beiden Begriffe nur auf Integrationsvorgänge in der psychischen Organisation Anwendung finden. Durch diese Integration seelischer Prozesse wird Einfluß auf das Verhalten des Individuums ausgeübt.

Wir haben die erbgenetischen Voraussetzungen der Triebdynamik und der Fähigkeiten des Ichs — Realitätskontrolle nach außen und innen, Erinnerung, denkende Kombinatorik etc. — hervorgehoben.

1)  Ich zitiere diese Maßnahmen an den Gefangenen nicht, um ihre Brauchbarkeit für die Umkonditionierung einer Millionenbevölkerung, sondern um die Wandelbarkeit der durch die frühere Erziehung eingeübten Einstellungen am Beispiel zu belegen. Politisch gilt selbstverständlich, was Peter von Oertzen in einer Diskussionsbemerkung formulierte:
»Auch die totalitärste Staatspartei ist nicht ein archimedischer fester Punkt außerhalb der Gesellschaft und der Geschichte, von dem aus man ein Volk radikal reformieren könnte. Sie verkörpert selbst Ideen und Verhaltensweisen, die der Tradition entsprungen sind, und unterliegt einem Prozeß des Wandels. Wer garantiert die Erziehung der kommunistischen Erzieher? Mao persönlich? Und wer erzieht Mao?«
2) R. Waelder Demoralization and Reeducation. World Politics, XIV, 1962, 38i.
3)  Ib., 382.

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Die Sozialordnungen beruhen demgegenüber auf gesetzten Normen. Sie zwingen das Individuum, seine Bedürfnisse nach diesen Vorgegebenheiten einzurichten. Anpassung ist seine große Fähigkeit. Soziale Institutionen sind die Agenturen dieses Zwanges, der die Vorgegebenheiten einer Instinktordnung ersetzt hat. Sowenig das einzelne Individuum am vorgefundenen Strafrecht etwas ändern kann, es kann immerhin über dieses Strafrecht kritisch denken, und wir haben das historisch gesicherte Wissen, daß wie alle Einrichtungen der Gesellschaft auch das Recht durch eine Einstellungsänderung der Mitglieder einer Gesellschaft schließlich zu beeinflussen ist. Der Fortschritt der Geschichte, der dies vollbringt, ist langsam; das wurde zum Beispiel in der Abschaffung der Folter sichtbar. 

Aber selbst das einmal Erreichte kann wieder verlorengehen, wie uns die grausamsten Verfahren gegen Kriegs- und politische Gefangene an vielen und keineswegs nur entlegenen Orten der Welt beweisen. Die Ordnung des kritisch denkenden Ichs, ob sie nun durch das Individuum oder durch die Gesellschaft vertreten wird, ist unstabil; sie wird durch Lernprozesse gegen emotionale Orientierungen (Triebhunger, Angst etwa) erworben und kann leicht wieder von diesen außer Kurs gesetzt werden; das zeigte sich in der Faszination, welche die mythisierend wirren Lehren des Nationalsozialismus auf Millionen ausübten. Die spezifisch sachbezogenen, berufsbezogenen Intelligenzleistungen bieten keine Sicherung gegen den Abbau der kritischen Realitätskontrolle, soweit sie sich auf emotionell gefärbte zwischenmenschliche Beziehungen richtet. Ressentiment ist als kollektive Reaktion relativ leicht zu wecken und auch zu konservieren und im Charakter des einzelnen zu verankern. Subjektiv empfindet das Individuum höchstens auf dumpfe Weise, daß sein Haß nicht sein »Eigentum«, sondern der Vollzug sozialer Gebote ist.

Wir erwähnen das nur, um die biologische Situation des Menschen zu verdeutlichen. Dann liegt die Frage nahe: Welches psychische Bedürfnis drängt nach Normierung, nach Wiederholung des Gleichen? Es ist das Streben nach Lust. Wie alles triebgespeiste Tun drängt Lusterfahrung auf Wiederholung. Das Ritualisierungsbedürfnis ist von der psychologischen Seite her der Ansporn, soziale Bräuche, Privilegien und schließlich die Bedienung der hochkomplexen Produktions- und Verwaltungsapparate immer automatisierter, rigider werden zu lassen.

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Mit Ritualisierungsbedürfnis und Wiederholungszwang versuchen wir zäh (wie die Beobachtung von Kindern immer wieder zeigt), Lustquellen zu erhalten und Unlust aktiv zu vermeiden. Etwas, was wir gelernt haben, schafft uns Zuwachs an Lust, Vergnügen, Einfluß. Und wir können uns diese Lusterfahrung aktiv durch Handlung verschaffen, sind also nicht passiv darauf angewiesen, daß uns die Lustquelle die Befriedigung spendet.

In der Ritualisierung wird nicht nur Lust wiederholt oder Unlust vermieden; das Ritual selbst wird libidinisiert. Damit ist nun ein zwar fragiler, aber praktizierbarer Gleichgewichtszustand zwischen unabweisbarem Triebverlangen und Bedürfnisbefriedigung, eine Homoiostase, hergestellt. Jede neue Probierhandlung (aus innerem Antrieb) und jede von außen (von Fremden) stammende Veränderung an den im Ritual versprochenen Triebbefriedigungen und Angstvermeidungen schafft Unlust und Angst und wird abzuwehren versucht. Das Ich tritt dann zur Angstvermeidung sehr leicht in den Dienst bestehender Normen, auch wenn dies für das Individuum unökonomisch (im Sinne von unvernünftig) sein mag.

Ritualisierungen treten funktionell an die Stelle von artspezifisch angeborenem reguliertem Triebverhalten. Sie schaffen das konservative Element, das Gleichgewicht, ohne das keine Gesellschaft funktionieren kann — so absurd Inhalt und Methode dieses Rituals sein mögen. Wo Ritualisierung mit einer noch unentwickelten Realitätseinsicht einhergeht (sei es phylo- oder ontogenetisch), vollzieht sich eine archaische Verknüpfung von Person und Gesellschaft. Sosehr sie von späteren Entwicklungsschritten «überholt« worden ist, ihre Macht als Stabilisator ist ungebrochen.

Freilich nagt die Zwangsläufigkeit der Erfindungszivilisation, in der wir leben und die soviel Umdenken fordert, an diesen Sicherheiten, welche das Ritual verspricht. Gerade heute kommt auch seine zweite Funktion — als angstbeschwichtigende Handlung — sehr an die Oberfläche. Wir sollten uns nicht obenhin über den psychischen Immobilismus der Massen, ihre stumpfe politische Unbeweglichkeit beschweren, statt nach den Motiven dafür zu suchen. Betrachtet man etwa die Neigung, von allem, was mit dem Wort »christlich« verbunden wird, Sicherheit zu erwarten, so entdeckt

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man magische Protektionshoffnungen, zu denen eine Regression erfolgt ist. Die Welt, in der wir mit der Bombe und der Pandemie der Weltseuche des Nationalismus leben, ist so gefährlich, verheißt so wenig Sicherheit, stürzt das Ich in so viel Angst, daß es die angsterweckenden Einsichten in die soziale Realität aufgibt und auf Infantilformen des Umganges mit der Welt zurückgreift: Es verleugnet Gefahr, es verkehrt ins Gegenteil — zum Beispiel schreit es nach atomarer Mitbeteiligung, als ob das Sicherheit gewährte und nicht die Gefahr vergrößerte. In diesem Zustand, in dem Angst die reiferen Ich-Leistungen in der Masse der manipulierten Menschen zu ersticken und nicht zu fördern scheint, ist der Rückzug auf magische Ritualisierung ein weiteres Hilfsmittel, um das Gleichgewicht zu erhalten — und zwar sowohl auf der Ebene des kollektiven wie des persönlichen Ichs.

Ritualisierung ist Aufhebung der Zeit als verändernde, entwickelnde Macht. Von der Aufhebung des Wiederholungszwanges hängt aber ab, wie groß die Leistungsfähigkeit des Ichs werden, wie weit es sich aus der Befangenheit in der Symbiose mit dem Kollektiv befreien kann. Und dieses Kollektiv wirkt nicht nur von draußen, sondern auch im Ich als ein Botmäßigkeit verlangendes Über-Ich.

Wo wir zwanghaft verstärkte Ritualisierung, Regression zu den infantilen Kontrollversuchen der Realität antreffen, begegnen wir der anti-individualistischen Wirkung vieler Abwehrmechanismen. Das Individuum bewegt sich auf infantilen Stufen der Interaktion zwischen persönlichem und sozialem Ich. Das scheinen jedenfalls die strengen Bindungen zu sein, mit denen im Individuum kollektiv sich organisierendes Leben — mit anderen Worten: die im Ich der Person verinnerlichte Gesellschaft — die Entwicklung des Ichs immer wieder zur Rückläufigkeit zwingen kann, was auf die habituelle Ich-Schwäche des Menschen gegenüber den Triebforderungen wie den gesellschaftlichen Zwängen verweist.

Um zu wiederholen: Die Ich-Reifung in ihren Schritten bis hin zum kritischen Bewußtsein mit hoher Angsttoleranz folgt einer erbgenetischen Matrix. Die Möglichkeit zur Entwicklung dieser Fähigkeiten ist angelegt, aber sie ist durch ältere biologische Sicherungen — etwa das Erlernen des gruppenkonformen Verhaltens — leicht zu stören und zu hemmen.

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In Fortsetzung dieser Gedanken seien kurz noch zwei Begriffe untersucht, deren Analyse unsere Vorstellung über die Interaktion des sozial geprägten mit dem zur individuellen Entscheidung hindrängenden Ich bereichern kann. Es handelt sich um Anmerkungen zu den Begriffen Normalität und Identifikation.

Was kann man als »normal« bezeichnen in der Beziehung zwischen sozialem und persönlichem Ich? In der sozialen Realität bedeutet Normalität gelungene Anpassung; der Grad der Konformität, der erwünscht ist, wechselt von Gruppe zu Gruppe. Das Ziel der Erziehungs- oder, wie man unverdächtiger sagt, der Sozialisierungsprozeduren bleibt die Herstellung einer vorwiegend positiven Identifikation mit den Verhaltens- und Urteilsnormen der Gesellschaft. Die Prozeduren und Sanktionen, mit denen eine Gesellschaft auf die Einhaltung ihrer Normen drängt, sind ein Teil der Technik, mit der diese pragmatische »Normalität« hergestellt wird.

Für den Psychoanalytiker bemißt sie sich zunächst an dem erwartungsgemäßen Durchlaufen einer psychosomatischen Entwicklung, charakterisierbar durch a) zunehmende Fähigkeit der Triebbeherrschung, b) wachsende Realitätskontrolle, c) steigende Integration der Selbsterhaltungstendenzen, der sexuellen und aggressiven Triebbedürfnisse mit den Anforderungen der sozialen Umwelt und ihrer Institutionen; schließlich d) durch zunehmende kritische Selbstdistanzierung mit Erweiterung der Fähigkeit zur Einfühlung.

Wir haben betont, daß in der normalen Entwicklung das Individuum dahin gelangt, Konflikte, in die es gerät, durch ein problemlösendes Verhalten anzugehen, statt sie durch Zuhilfenahme infantiler Abwehrmechanismen aus dem Bewußtsein zu schaffen. Es gibt aber nicht selten Situationen, in denen die »Objektivität« der sozialen Normen und Institutionen den Veränderungswünschen des Individuums mit Erfolg widersteht. Darauf sind zwei Reaktionen möglich: Das Individuum, im Laufe der Zeit vielleicht auch die betroffene Agentur der Gesellschaft entwickeln ein Problembewußtsein. Hier bleiben vital wichtige Bedürfnisse unbefriedigt. Vom Individuum, das durch seinen Nonkonformismus zunächst immer in die Rolle des Omegatieres, des einflußlos Aufsässigen gerät, wird also beträchtliche Toleranz für Unlust erwartet,

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bis es ihm vielleicht doch gelingt, die Gesellschaft in seinem Sinn zu beeinflussen. In der zweiten Reaktion zeigt sich, daß es dem Individuum nicht möglich ist, diese belastende Spannung zu seiner Gesellschaft zu ertragen — vor allem die materiellen Sanktionen in Kauf zu nehmen; mit Abwehrmechanismen infantiler Art geht es diesen Unlustquoten aus dem Wege. Es paßt sich der »Objektivität« seiner Gesellschaft an.

Es ist einzuräumen, daß unser Leben in der Gesellschaft dauernd ambivalente Gefühle erweckt. Diese Ambivalenz erhält sich während der Phasen der nicht umsonst so verharmlosten, weil ohnmächtigen Kindheit und in der Pubertät. Unsere Früherfahrungen in der Gesellschaft sind in vieler Hinsicht so unlustvoll, daß auch später niemand ganz auf infantile Unlustabwehr durch Verdrängen, Projizieren etc. zu verzichten vermag. Individuum wie Gesellschaft können sich von der Anwendung bestimmter Abwehrmechanismen nicht befreien. Überall, wo beispielsweise der Mechanismus der Projektion zur Anwendung kommt, haben wir es mit einem dreifachen Versagen zu tun: a) mit unzureichender Realitätskontrolle (man kann sie harmlos Leichtgläubigkeit oder, zutreffender, unkorrigierbare Vorurteilsbefangenheit nennen); b) mit unzureichender Triebkontrolle (sie zeigt sich an aggressiver Entäußerung in dissozialem Sinn — man läßt seine aggressive und libidinöse Spannung an Opfern aus, die in diese Rolle durch ihre Schwäche geraten, etwa dadurch, daß sie eine Minorität repräsentieren); c) mit unzureichender Ich-Integration (die deutlich wird an der Übernahme eines urteilenden Fremd-Ichs, dem wir die Zugänge zur Lenkung unseres Verhaltens offenhalten).

An der Skala einer normalen psychophysischen Entwicklung kann man sehr gut die am Ursprung untrennbare Verflochtenheit von persönlichem und sozialem Ich und deren zunehmendes Auseinandertreten beobachten. Die primitiven Formen der Triebbeherrschung werden vom Ich ganz konventionell erworben, etwa die Beherrschung der Schließmuskeln von Blase und After. Hier verlangen die verschiedenen Gesellschaften sehr unterschiedlich, wieviel Unlust und wie früh Unlust dadurch ertragen werden muß, daß ein Bedürfnis in seiner Befriedigung abhängig gemacht wird von der sozial vorgeschriebenen Situation, in der dies zulässig bzw. unzulässig ist. 

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Eine ähnliche Unlusttoleranz wird gegenüber aktuellen Mißempfindungen (Hunger, Schmerz) und später sexuellen Drangzuständen gefordert. Ein Versagen in diesem Bereich der Kontrolle biologischer Funktionen wird rasch als krankhaft anerkannt; obgleich es kaum zu bestreiten ist, daß die Beurteilung der Reaktion auf sexuellen Drang sehr weit streuen kann. Man denke an die Masturbation. Sind übertriebene Schuldgefühle ihrem Tatbestand gegenüber »normal«, ist sie eine völlige Ungehemmtheit? Es ist das Erlebnis mehr als die Sache selbst, die als krankhaft oder sozial integrativ zu beurteilen ist, falls man Masturbation so isoliert betrachten will und nicht im Rahmen der Gesamtstrategie der Regressionen, die eine Gesellschaft den Triebbedürfnissen gegenüber entwickelt.

Ebenfalls noch vorwiegend an Kollektiv-Idealen orientiert sind jene Selbstwertvorstellungen, die sich aus der Aneignung des allgemeinen Lernstoffes ableiten lassen, sei es, daß man körperliche Beherrschung oder intellektuelle Fertigkeiten erlernt. In den Auseinandersetzungen mit den intrapsychischen Erfahrungen der physischen Sexual- und Körperreifung in der Pubertät erscheint in unserem Kulturbereich zum ersten Mal das Individuum als einsam und an seiner Einsamkeit leidend. Denn alte Idealvorstellungen werden durch neue Leitbilder verwirrt. An diesen Kreuzwegen wächst ein neues Selbstbewußtsein heran, das sich nunmehr aus der Entscheidungsfähigkeit herleitet. Ohne Zweifel ist diese Phase in einfach strukturierten statischen Kulturen, in denen Geschlechts­reifung mit der Übernahme eines endgültigen Rollenhabitus zusammenfällt, leichter zu durchlaufen als in unserer Gesellschaft, in welcher die lernende Anpassung die physischen Reifungsvorgänge so lange überdauert.

Diese unsere Gesellschaft wird zumindest von einer Schicht — der, welche ihre komplizierte Organisation steuert und in Gang hält — ungewöhnliche Sublimierungsleistungen fordern müssen. Der Stil unserer Einführung des kindlichen Menschen in die Sozialwelt war vielfach durch eine religiös-ideologische Unterdrückungstaktik seiner sexuellen Triebwünsche ausgezeichnet. Der strafende Gott wurde gegen die Trieblust mobilisiert. Diese christlich-theologische Sexualmoral hat es dem Individuum unendlich erschwert, im unmittelbar sexuellen Verhalten ein persönliches Ich zu behalten oder zu entwickeln. Schuldangst hat es durch Jahrhunderte bedrängt.

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Die christliche Sexualmoral bricht zusammen, und zwar ist der Nonkonformismus zum ersten Mal über alle Schichten der Gesellschaft verbreitet (und nicht mehr ein Privileg der Feudalaristokratie oder des Bürgertums); jedermann nimmt sich heraus, in sexuellen Dingen »individuell« zu entscheiden. Damit ist überwiegend sexuelle Freiheit gemeint. Trotzdem wird Triebaufschub — immer abhängig von unserer Belastbarkeit mit Unlust aus dieser Verzögerung der Befriedigung — geübt werden müssen. Denn die frühzeitigen und rasch zu erzwingenden Gratifikationen an Körperlust durch unmittelbare Befriedigung am Organ schädigen zwar den Menschen keineswegs physisch oder intellektuell. Aber sie fördern nicht die Fähigkeit, den in jeder menschlichen Gemeinschaft unerläßlichen Aufschub der Triebbefriedigung oder Triebverzichte zu ertragen.

Schrankenlose Befriedigung bringt mit sich, daß der junge Mensch frühzeitig durch Lusterfahrungen, die er nicht zu beherrschen lernt, domestizierbar und manipulierbar gemacht wird. Was ihm als Freiheit angeboten wird, ist die Förderung eines früh entstandenen und fixierten süchtigen Verhaltens. Sexualität wird als Suchtmittel erlebt, dient also genaugenommen nur der Selbstbefriedigung und ist an keinen Austausch der Gefühle, keine Einfühlung geknüpft.

Diese sexuelle »Befreiung« fällt verräterischerweise mit Prozessen der totalen Einebnung der Individuen zusammen. Infolgedessen wird die permanente sexuelle Stimulierung zur Ersatzlust für die immer steigende Unlust aus der Erledigung »sinnloser« Arbeit. Auch die Frühehe, die man fördert (ohne zu wissen, daß es sich gar nicht um Bindungen aus vornehmlich genitaler, sondern viel stärker prägenitaler Bedürftigkeit handelt), ist vielfach Ausdruck der Schwäche, allein nicht bestehen zu können. Da es im Bereich geschlechtlicher Aktivität kaum etwas gibt, was nicht allen zugestanden wird, kommt es gar nicht zur Entspannung nach dem langsamen Aufbau einer »spannenden« Beziehung. Der Stil der Beziehungen wird vielmehr durch die nicht so leicht zu tilgende Unlust über die Zumutungen der Arbeitswelt bestimmt. Die Entlastung der frustrierten Aggression einer Menschheit, deren Arbeitskraft mehr und mehr von Großbetrieben organisiert wird, wird zu einem immer schwerwiegenderen Problem. 

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Auch in der Adoleszenz spiegelt sich das schon. Was ihren Groß- und Urgroßvätern der Bordellbesuch war, ist den heutigen jungen Menschen der Aggressionssturm, den Beatbands auslösen oder rivalisierende Gangs.

Aber das führt nirgends anders hin als zur passiven Anpassung an den rational vorfabrizierten Arbeitsplatz. Auf diese Weise unterstützt die bestehende »Objektivität« der Gesellschaft den frühzeitigen Abbruch der Ich-Entwicklung.

Noch fehlen jene Vorbilder, die in der sich entwickelnden Kastengesellschaft der Arbeitnehmer die kritische Distanz zu dieser Gesellschaft vorleben. Wieweit kann das Ich seine soziale Prägung bejahen, wieweit bleibt es Entwicklungsaufgabe, sie abzuschütteln? Es leuchtet ein, daß das nicht mit der üblichen Kulturkritik zu leisten ist. Sie pflegt zu narzißtisch zu sein. Dieser sekundäre Narzißmus als Folge des enttäuschten Rückzugs aus der von gelenkten Massen bevölkerten Welt ist eine Ersatzquelle der Lust, aber diese löst keine Probleme.

Das Ich ist, wie schon Freud wiederholt betonte, die fragilste Instanz der menschlichen Psyche; nicht nur können erworbene Ich-Funktionen wieder verlorengehen, kann Erlerntes vergessen werden, es kann auch in die Objektivität sozialer Prozeduren bereits eingegangenes Ich-Bewußtsein wieder schwinden. Die jähe und reißende Regression, die von 1933 an das Sozialverhalten in unserem Lande dominant bestimmt hat, ist ein noch vielen in guter Erinnerung befindliches Beispiel. Am Identifikationsvorgang läßt sich erneut Verschränkung und Auseinandertreten des persönlichen und sozialen Ichs sichtbar machen. Lernen durch Identifizieren ist der grundlegendste soziale Austausch. Er ist, um es zu wiederholen, nur noch in einem sehr engen Bereich von starren artspezifischen Verhaltensmechanismen bestimmt. Diese Fähigkeit, durch Lernen aufzunehmen, ist die spezifische biologische Grundlage des humanen Sozialverhaltens. Identifikation ist, wie Anna Freud 1 kürzlich wieder beschrieben hat, ein psychischer Vorgang unter ähnlichen. Der älteste dieser Vorgänge ist wahrscheinlich die Imitation, die Nachahmung, aus der sich die Identifikation entwickeln kann. In der letzteren vollzieht sich schon eine Ich-Veränderung. 

 

1) A. Freud Normality and Pathology in Childhood. New York 1965.

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Zu dieser Verinnerlichung ehemals äußerlicher Vorbilder kommt noch der Introjektionsvorgang. In ihm werden hauptsächlich Autoritäten verinnerlicht; das führt zur Über-Ich-Bildung. Identifikationen und Introjektionen formen eine innerseelische Agentur, so daß die Vorbilder nicht mehr bloße Ideale sind, sondern zu inneren Forderungen werden, die an das eigene Ich gestellt sind. Damit ist die »Stufe im Ich«, das Über-Ich, beschrieben, das neben der möglichen Hemmung durch terroristische Forderungen die Selbständigkeit des Menschen erst ermöglicht. Denn das Individuum ist, wenn es ein Über-Ich gebildet hat, nicht mehr von äußeren Forderungen abhängig; es trägt seine Orientierung mit sich und kann diese in der inneren Dialektik zwischen Ich und Über-Ich modifizieren.

 

Verschiedentlich ist der Psychoanalyse zum Vorwurf gemacht worden, sie stütze unbesehen die Position des Über-Ichs. Durch die Verinnerlichung von repressiv lenkenden gesellschaftlichen Autoritäten werde diese Form der Gesellschaft konserviert. Das ist zweifelsohne richtig; jedoch wurde fast immer eine unersetzliche Funktion des Über-Ichs übersehen, die darin besteht, daß es die Voraussetzung für jede verantwortliche Änderung der Ordnung schafft. Denn es verlagert, unter Ausnutzung der Identifikationen, die Autorität nach innen. Das gibt prinzipiell die Möglichkeit, sich mit der Autorität auseinanderzusetzen, sie dialektisch zu prüfen, lange ehe Änderungen an ihrem Profil in Aussicht stehen. Die Rigidität des Über-Ichs hat viel Intoleranz verschuldet; es ist die Hauptinstanz, die zum Konformismus treibt. Aber widersprüchlich, wie die Wirkung seelischer Vorgänge sein kann, bewirkt es auch eine Sensibilisierung des Ichs: zunächst für schuldhaftes Verhalten, schließlich aber für die Selbstwahrnehmung im sozialen Kontakt überhaupt. Ein Rückfall hinter die Über-Ich-Entwicklung würde völlige Abhängigkeit von sozialer »Außenlenkung« bedeuten; den widersprüchlichsten Manipulationen ohne Möglichkeit der Kritik ausgesetzt, würden wir die Fortentwicklung des Ichs aufs schwerste beeinträchtigen. Auch hier gilt, daß der Frustrationsreiz, vom Über-Ich ausgeübt, erst die kritische Denkfähigkeit hervorlockt. Unter Diktatoren, die ein terroristisches System äußerer und innerer Kontrollen — von Polizei und Gewissen — zu errichten verstehen, darf nicht, im Paradies eines immerwährenden stillen Befriedigtseins kann nicht antithetisch, alternativ, provozierend kritisch gedacht werden.

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Introjektionen werden oft ohne sprachliche Verständigung aus Haltungen übernommen und können zu einem großen Teil ein Leben lang bei jedem von uns unbewußt bleiben. Das ist die gefährliche Seite der Übermittlung von Traditionen. Die Introjekte — das, was in die seelische Struktur von außen aufgenommen wird — stellen, solange sie unreflektierbar bleiben, einen unzugänglichen, dem kritischen Denken entzogenen Teil der Persönlichkeit dar. Sie sind der Dorn im Auge jeder idealisierenden Anthropologie und utopistisch getönten Philosophie, aber sie sind Realität — absolut jedem Willensappell spottend. Die mühevolle Arbeit, derartige Introjekte der Selbstwahrnehmung zugänglich zu machen, ist ein wesentlicher Bestandteil der psychoanalytischen Arbeit. Der Widerstand, den diese Arbeit von seifen des Patienten erfährt, geht wesentlich von Introjektionen und Ritualbildungen aus. Der Widerstand signalisiert nicht konkret faßbare Grenzen, die einem Änderungswunsch gezogen sein mögen, sondern er deckt im Gegenteil ein Anklammern an Bestehendes, das an sich veränderbar und dessen Veränderung auch sinnvoll wäre. Hier haben wir es, in der Sprache der Psychoanalyse formuliert, mit der Paradoxie des »Krankheitsgewinnes« zu tun. Seine Wurzel ist die Unlust, das Risiko der Veränderung zu tragen, einer Störung der Homoiostase, selbst wenn sich ihre Aufrechterhaltung als überaus kostspielig erwiesen haben sollte. In dieser Auswirkung des Wiederholungszwanges und der Beharrungstendenz verschränken sich Über-Ich und Es-Forderungen; von ihnen wird das persönliche und das soziale Ich affiziert. In Introjektionen vollzieht sich ein sozialer Austausch keineswegs nur in einer Richtung. Denn die Introjekte sind nicht nur aus Fremdverhalten aufgebaut. Der Vorgang ist komplizierter. Die entscheidenden Über-Ich-Komponenten stammen, wie erwähnt, aus der kindlichen Entwicklungsphase. Zu dieser Zeit ist das Kind, je früher, desto stärker, physisch und psychisch abhängig. Aus dieser Abhängigkeit entstehen intensive, mit dem bewußten Erlebnis inkompatible Affekte — insbesondere aggressiver Art.

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Je stärker solche Aggressionen Angst erwecken, desto intensiver mobilisieren sie in den unbewußten Ich-Bereichen Abwehrvorgänge. Ein derartiger Abwehrmodus ist die erwähnte Projektion. Mit Hilfe dieses Abwehrmechanismus wird die eigene Aggression am Partner erlebt; dieser erscheint dann als gefährlich, aggressiv, gewalttätig und böse. In dieser affektgeprägten Gestalt wird er als Vorbild introjiziert.

Der ökonomische Gewinn dieses psychodynamischen Prozesses ist deutlich. Verwehrten kindlichen Aggressionen, die sich gegen die Eltern richten, wird nun doch noch eine Befriedigung eröffnet: Indem das Kind sich so benimmt, wie es die Eltern erlebt, kann es selbst gewalttätig, böse sein. Es vollzieht sich also ein Re-Introjektionsvorgang eines zuvor projizierten, vom eigenen Ich abgewehrten Impulses. Zwar verstärken demnach Trieberfahrungen die affektive Qualität eines sich anbietenden Vorbildes, zwar handelt es sich hier um individuelle Vorgänge — spezifisch für die Milieu-Nische, in der das Individuum lebt —, aber es sind gerade nicht Vorgänge eines persönlichen Ichs, die sich hier vollziehen. Vielmehr geht es um ein Zusammenspiel von Objektbeziehung und bereitliegenden Abwehrmechanismen der psychischen Homoiostase. Je stärker eine psychische Struktur davon geprägt wird, desto deutlicher wird man dieses Muster am Charakter eines Menschen wahrnehmen und sie seiner Persönlichkeit zurechnen. Und der Betroffene selbst mag mit seinem reflektierenden Ich dieser seiner Wesenszüge mit Erstaunen, oft mit Trauer innewerden, ohne daß es ihm gelänge, sie abzuwerfen.

Hinsichtlich der Aggression ist noch zu bedenken, daß ihre Intensität durch Verhaltensweisen der Eltern heraufbeschworen wird, die das Kind ablehnt. Mit seiner Ablehnung und seiner Aggression muß es aber fürchten, daß seine Ideale, also besonders die Eltern, Schaden nehmen. Und das beschwört einen großen Konflikt herauf. Eltern als Ideale ideale Eltern zu haben ist für das Kind, bis in die Latenzperiode hinein, für den Aufbau des eigenen Selbstwertgefühls notwendig. Wachsen die aggressiven Spannungen zu den Eltern und damit die Unlust, dann geht mit der Entwertung der Eltern eine Einbuße des kindlichen Selbstgefühles einher, was meist zu einer neuen Verstärkung destruktiv wütender Aggression führt oder zu depressiver Resignation, Überangepasstheit (wenn schon eine vorzeitige und starre Über-Ich-Bildung vorangegangen war); in diesem Fall wenden die Schuldgefühle die Aggression gegen die eigene Person; das ist der dynamische Vorgang in der Depression.

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Umgekehrt können unter Umständen Eltern aus ihren eigenen unbewußt wirkenden Introjektionen heraus — also auch aus den tradierten Verhaltensanweisungen heraus — die aggressiven, an ihrer elterlichen Autorität zweifelnden Äußerungen der Kinder nicht tolerieren oder nur zu geschmeichelt sein, wenn sie in grobem Widerspruch zur Wahrheit idealisiert werden. Beantworten sie ersteres mit Strafe im Sinne einer groben Einschüchterung oder durch Erweckung von zu viel Schuldangst, dann wird die physiologische Ich-Entwicklung vorzeitig abgebrochen. Auch ein idealisierter Übermensch hemmt jede natürlich ambivalente Gefühlsäußerung. Der in seiner Ambivalenz noch gar nicht sichere junge Mensch dringt nicht mehr zur libidinösen Erfahrung des Mutes zum Zweifel vor, des Mutes zur abweichenden Meinung, zu einer Selbständigkeit, die sich schließlich nicht nur negativ, sondern in neuen, selbstgewählten Idealsetzungen ausdrückt. Alles Nicht-Konforme bleibt vielmehr überschattet von Schuld- oder realer Vergeltungsangst. Auf diese Einhaltung der Konformität im Meinen und Tun, im kollektiven Selbstgefühl, in der Erwartung der gesellschaftsspezifischen Privilegien kann der Mensch offenbar relativ leicht konditioniert werden.

Das Ende so vieler ehrenwerter Formierungen des Protestes, vom Wandervogel bis zu den Beatniks, hat eindrucksvoll gezeigt, daß eine dem momentanen Protestbedürfnis entspringende, aus unbewußten und unklar bleibenden Quellen stammende Negation der bestehenden Verhältnisse nicht weit trägt und die Fundamente auch sehr unheiler Gesellschaften nicht zu erschüttern vermag, selbst wenn der Protest noch so trefflich auf einen Mißstand zielt. Erst das Eindringen in die Motive, die diesen Mißstand bewirkt haben und ihn aufrechterhalten, läßt es hoffnungsvoller werden, daß Kritik eine tiefere Veränderung des Bewußtseins erwirkt. Vom individuellen Ich wird kollektiv gesichertes Verhalten (welches den Mißstand ausmacht) in kritischer Weise analysiert. Das kann Verstärkung des Widerstandes zur Folge haben, oder aber die neue Einsicht breitet sich aus und verändert die »Stimmung«. Man kann beide Entwicklungen sehr deutlich an den Rassenkämpfen in verschiedenen Weltgegenden beobachten.

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Für gewöhnlich erfordert es große individuelle Ausdauer (also große Toleranz für Frustrationen), um Individuen zur Mitarbeit an der Auflösung kollektiv geäußerten Widerstands zu gewinnen. Wo das Ich wegen der Verwöhnung, die es erfahren hat, leicht zu entmutigen ist, da haben Empörung und die sympathischsten Absichten wenig Erfolgsaussicht. Da ist tradierte und ritualisierte Ausbeutung (sei sie unmittelbar physisch, sei sie Glaubensüberwältigung) nicht zu erschüttern. Erst in der Dialektik zwischen erstarkendem Ich und Über-Ich kann die Lage kritisch bearbeitet werden; und zwar bis zu dem Punkt, an dem sich unvermeidliche (geradezu physiologische) und ungerechtfertigte (rücksichtsloser Machtausübung entstammende) Frustrationen voneinander trennen lassen. Das alte Wort, es sei einfach, mit zwanzig, aber schwierig, mit fünfzig ein Revolutionär zu sein, bleibt gültig: Das Ich, das sich auf die erkannte Wahrheit hin trotz Unlust und Angst zu sammeln versteht, bleibt unter den heute geübten Erziehungsprozeduren eine Ausnahme, vor allem, wenn man die neurotischen Wahrheitsfanatiker aussondert.

Im Gegensatz zur irrationalen Negation der bestehenden Verhältnisse wird ein an seiner Selbstkorrektur interessiertes Ich lernen, über die Umstände, unter denen es sich entwickelt hat, schrittweise nachzudenken. Das Über-Ich verliert dadurch seinen Ich-feindlichen, eher terroristischen Charakter. Der Erfolg dieses Umganges mit der Kindheit ist daran abzulesen, ob die Elternbilder (deren Dimension in der Phantasie so überwältigend groß geblieben ist wie in Kindertagen) sich zu vermenschlichen beginnen. Mit weiterwachsender Sicherheit wagt das kritische Ich sich dann an die Ideologie seiner Gesellschaft. Es untersucht den Freiheitsspielraum, den die Gesellschaft dem Individuum überläßt; aber seine kritische Fähigkeit ist schon ein weiterer Schritt, das Individuum in seinen Rechten den Institutionen, der Gesellschaft gegenüber zur Geltung zu bringen.

Jedoch wären übertriebene Hoffnungen verfehlt, weil, wie schon erwähnt, einmal errungene Einsichten wieder verlorengehen können; sie sind nicht phylogenetisch gesichert. Anthropologische und psychoanalytische Forschung hat uns die Einsicht vermittelt, daß es keine positive Anthropologie gibt; der Mensch ist qua Spezies »homo sapiens« historisch unterwegs. Dementsprechend kann es auch keine besten, sondern immer nur veränderte, möglicherweise zum Besseren hin veränderte, mehr aus den kritischen Ich-Leistungen lebende Gesellschaften geben.

Unsere Darstellung folgte — auf seelische Instanzen konzentriert — sehr einseitig einem denkbaren psychischen Entwicklungsweg. Die technisch-ökonomischen Veränderungen schaffen neue, bisher weitgehend unbekannte Umweltfaktoren. Die Anpassung, die dieser Entwicklung folgen muß, könnte die Evolution zu einem umfassenderen Bewußtsein, zu einem höher strukturierten persönlichen Ich wieder auslöschen. Der voll angepaßte Spezialist wird von den Gesellschaftsprozessen getragen, er hat (im Augenblick jedenfalls) kaum Mittel, diesen Prozeß kritisch zu reflektieren und ihm eine Wendung in Richtung einer Humanisierung zu geben.

Humanisierung kann in dieser Zeit nur ein vermehrtes Denken über die Welt — unter Einschluß des Denkens über das eigene Selbst — bewirken. In dieser Hinsicht liegen sicher zwei Prinzipien, welche an der Gestaltung der Welt teilhaben, im Kampf: das Prinzip der technischen Vervollkommnung, die sich im Individuum durch fortschreitende Spezialisierung und hochgradige Abhängigkeit und damit Empfindlichkeit gegen vielleicht drohende Sanktionen bemerkbar macht; demgegenüber ist das Prinzip der Vervollkommnung der Einsicht in die Voraussetzungen unseres Erlebens schwach. Es ist nicht von mächtigen Interessen getragen, es sei denn dort, wo die Einsicht in Motivationen oder Konditionierungen menschlichen Verhaltens dem, der dies auszubeuten versteht, mehr Macht bringt.

Es ist sicher keine Überschätzung, von der Gefahr zu sprechen, daß wir auf Verhältnisse zusteuern, in denen wir an unserer erbgenetischen Ausstattung gezielte Veränderungen vornehmen können, Affekte zu dirigieren verstehen, dies alles, um den Menschen in seiner Überzahl gefügig zu machen für reibungslosen Gehorsam. Es könnten sich Verhältnisse entwickeln, in denen ein kritisches individuelles Ich nur störend wirken könnte. Dann hätte das Übergewicht der Naturtechnik die Technik menschlicher Selbstvervollkommnung außer Kurs gesetzt — und zwar als biologisch begründete Potentialität.

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