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 Hedonismus   

60-81

Hitler hat die Falschheit der hedonistischen Lebenseinstellung erfaßt. Beinahe das gesamte westliche Denken seit dem letzten Krieg, sicherlich das ganze »progressive« Denken, beruht auf der stillschweigenden Annahme, daß der Mensch nichts weiter wünscht als Bequemlichkeit, Sicherheit und die Vermeidung von Schmerz. In einer solchen Lebensauffassung ist beispielsweise kein Platz für Patriotismus und die militärischen Tugenden.

Hitler weiß, weil er es in seiner eigenen freudlosen Seele mit außergewöhnlicher Stärke spürt, daß menschliche Wesen nicht nur Bequemlichkeit, Sicherheit, kurze Arbeitszeiten, Hygiene, Geburtenkontrolle und, im allgemeinen, einen gesunden Menschen­verstand wollen; sie wollen, wenigstens ab und zu, auch Kampf und Aufopferung, von Trommeln, Fahnen und Treue-Paraden ganz zu schweigen.

Alle drei großen Diktatoren haben ihre Macht vergrößert, indem sie ihrem Volk unerträgliche Lasten auferlegt haben. Während der Sozialismus — und sogar der Kapitalismus, wenn auch mit etwas mehr Widerwillen — den Leuten gesagt hat: »Ich biete euch ein schönes Leben«, hat ihnen Hitler gesagt: »Ich biete euch Kampf, Gefahr und Tod«, und die Folge davon ist, daß sich eine ganze Nation ihm zu Füßen wirft; vielleicht werden sie später genug davon haben und ihre Meinung ändern, wie sie es am Ende des letzten Krieges taten. 

Nach ein paar Jahren des Mordens und des Hungerns ist »Größtes Glück für die größte Anzahl« ein guter Slogan, doch in diesem Augenblick macht »Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende« das Rennen. 

Jetzt, da wir gegen den Mann kämpfen, der diesen Spruch geprägt hat, sollten wir seine emotionale Anziehungskraft nicht unterschätzen.

1940, L 242-3

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  Heiligkeit  

Heilige sollte man immer für schuldig halten, solange nicht ihre Unschuld erwiesen ist, aber die Maßstäbe, die man dabei anlegen muß, sind natürlich nicht in allen Fällen die gleichen.

Zweifellos sind Alkohol, Tabak usw. Dinge, die ein Heiliger meiden sollte, aber auch Heiligkeit ist etwas, was menschliche Wesen vermeiden sollten. Dafür gibt es eine einfache Widerlegung, aber man sollte sich hüten, sie zu machen. In diesem Yoga-besessenen Zeitalter ist man nur zu schnell mit der Annahme bei der Hand, daß es nicht nur besser ist, keine »Bindungen« einzugehen, statt das irdische Leben in vollem Umfang zu bejahen, sondern daß der Durchschnittsmensch ausweicht, weil sie mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden sind. Mit anderen Worten, der Durchschnittsmensch ist ein verhinderter Heiliger.

Es ist fraglich, ob das stimmt. Viele Leute haben einfach nicht den Ehrgeiz, Heilige zu sein, und vermutlich haben einige, die Heiligkeit erlangten oder danach strebten, sich nie ernstlich versucht gefühlt, sich wie menschliche Wesen zu benehmen. 

Wenn man der Frage bis zu ihrem psychologischen Ursprung nachginge, würde man meiner Meinung nach entdecken, daß die Hauptursache für das Nichteingehen von Bindungen in dem Wunsch liegt, der Last des Lebens zu entrinnen, vor allem der Liebe, die, geschlechtlich oder nicht, immer ein schweres Stück Arbeit bleibt. An dieser Stelle braucht das Problem nicht näher untersucht zu werden, ob das übersinnliche oder das menschliche Ideal »höher« steht. Entscheidend ist, daß beide unvereinbar sind. Man muß sich für Gott oder den Menschen entscheiden, und alle »Radikalen« und »Progressiven«, vom sanftesten Liberalen bis zum wildesten Anarchisten, haben sich für den Menschen entschieden.

1949, R 159-166

62-63


  Neue Ideen   

 

Die Behauptung, daß es »nichts Neues unter der Sonne gibt«, ist eines der abgedroschenen Argumente intelligenter Reaktionäre. Insbesondere katholische Apologeten verwenden es beinahe automatisch. Alles, was man sagen oder denken kann, ist schon einmal gesagt oder gedacht worden.

Man kann von jeder politischen Theorie, vom Liberalismus bis zum Trotzkismus, nachweisen, daß sie eine Entwicklung irgendeiner Häresie aus der Zeit der frühen Kirche ist. Jedes philosophische System stammt letzten Endes von den Griechen. Jede wissenschaftliche Theorie (wenn wir der katholischen Volkspresse glauben sollen) wurde von Roger Bacon und anderen im dreizehnten Jahrhundert vorweggenommen.

Es ist nicht sehr schwierig, zu erkennen, daß dieser Gedanke in der Angst vor dem Fortschritt wurzelt. Wenn es nichts Neues unter der Sonne gibt, wenn die Vergangenheit in der einen oder anderen Form immer wiederkehrt, dann wird die Zukunft, wenn sie kommt, etwas Vertrautes sein. 

64/65


Zumindest wird — da es bis jetzt nie gekommen ist jenes gehaßte, gefürchtete Ding nie kommen — eine Welt freier und gleicher menschlicher Wesen. Besonders tröstlich für reaktionäre Denker ist die Vorstellung eines zyklischen Universums, in dem dieselbe Kette von Ereignissen sich immer wieder und wieder abspult. In einem solchen Universum bedeutet jeder scheinbare Schritt in Richtung Demokratie lediglich, daß das künftige Zeitalter der Tyrannei und des Privilegs ein wenig näher ist.

Tatsächlich gibt es neue Ideen. Daß eine fortgeschrittene Zivilisation nicht auf der Sklaverei beruhen muß, ist eine relativ neue Idee, zum Beispiel: sie ist ein gutes Stück jünger als die christliche Religion. Aber selbst wenn das Diktum wahr wäre, wäre es nur insofern wahr, als in jedem Steinblock eine Statue enthalten ist. Die Ideen mögen sich zwar nicht ändern, doch der Schwerpunkt verschiebt sich ständig. Es könnte zum Beispiel behauptet werden, daß der wichtigste Teil von Marx' Theorie in dem Spruch enthalten ist: »Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein«. Aber was hatte dieser Spruch für eine Macht, bevor Marx ihn weiterentwickelte? Wer hatte ihn beachtet? Wer hatte daraus abgeleitet — was er sicherlich impliziert —, daß Gesetze, Religionen und Moralkodizes ein Überbau sind, den man über bestehende Eigentumsverhältnisse errichtet hat? Es war Christus, der, dem Evangelium zufolge, diesen Bibeltext äußerte, aber es war Marx, der ihn zum Leben erweckte. Und seit er es getan hat, sind die Motive der Politiker, Priester, Richter, Moralisten und Millionäre unter tiefstem Verdacht gestanden — was natürlich der Grund dafür ist, weshalb sie ihn so sehr hassen.

1944 (L 238-9)

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Ideologien

Eine Ideologie annehmen heißt immer ein Erbe an ungelösten Widersprüchen übernehmen. Man braucht zum Beispiel nur daran zu denken, daß jeder vernünftige Mensch von der Industrialisierung und ihren Produkten angewidert ist und gleichzeitig weiß, daß die Überwindung der Armut und die Befreiung der Arbeiterklasse nicht weniger, sondern immer mehr Industrialisierung erfordern.

Oder die Tatsache, daß bestimmte Arbeiten absolut notwendig sind und doch nie getan werden würden, es sei denn unter einem gewissen Zwang.

Oder die Notwendigkeit einer starken Militärmacht, um eine wirksame Außenpolitik treiben zu können.

Aus all diesen Fällen ergibt sich eine Schlußfolgerung, die klar auf der Hand liegt, die man aber nur ziehen kann, wenn man als Individuum von der offiziellen Ideologie abweicht. Die normale Reaktion besteht darin, die Frage unbeantwortet in den letzten Winkel des Gehirns zu schieben und die alten Schlagworte mit all ihren Widersprüchen herzubeten.

1948 (R 177)

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Die ganze linke Ideologie, wissenschaftlich und utopisch, ist von Leuten entwickelt worden, die keine unmittelbare Aussicht hatten, an die Macht zu kommen. Es war deshalb eine extremistische Lehre, die nur äußerste Verachtung für Könige, Regierungen, Gesetze, Gefängnisse, Polizei, Heere, Fahnen, Grenzen, Patriotismus, Religion, konventionelle Moral, mit einem Wort, die gesamte bestehende Gesellschaftsordnung übrig hatte.

Soweit man zurückdenken kann, kämpfen die linken Kräfte in allen Ländern gegen eine scheinbar unbesiegbare Tyrannei, wobei die Annahme nahelag, daß, wenn erst diese besondere Form der Tyrannei — der Kapitalismus — gestürzt werden könnte, der Sozialismus folgen würde.

Zudem hatte die Linke vom Liberalismus bestimmte, äußerst fragwürdige Anschauungen übernommen wie die, daß die Wahrheit immer den Sieg davontragen müsse und Verfolgung und Unterdrückung von selbst zugrunde gehen würden, oder daß der Mensch von Natur gut sei und nur durch die ihm aufgezwungenen Verhältnisse verdorben werde. Diese perfektionistische Lehre haben wir fast alle nicht vergessen.

1948 (R 174-5)

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Kinder

 

Ein großer Unterschied zwischen den Viktorianern & uns selbst war, daß sie den Erwachsenen für wichtiger erachteten als das Kind. In einer Familie von zehn oder zwölf war es fast unvermeidlich, daß ein oder zwei im Kindesalter starben, & obwohl diese Todesfälle natürlich traurig waren, wurden sie doch bald vergessen, da immer noch mehr Kinder unterwegs waren. 

In der St. John's Kirche, in der Nähe von Lord's Cricketplatz, gibt es viele Gedenktafeln der ostindischen Nabobs usw. mit der üblichen Kolumne von Lügen zum Lob des toten Mannes, dann ein oder zwei Zeilen über »Sarah, Witwe des Obigen«, und dann vielleicht noch eine Zeile darüber, daß ein männliches & zwei weibliche Kinder, bzw. Worte dieses Inhalts, in derselben Gruft begraben sind. Keine Namen, & in einem Fall lautet die Inschrift »zwei oder drei Kinder«. Bis der Grabstein aufgestellt worden war, hatte man vergessen, wie viele gestorben waren.

71


Heutzutage ist der Tod eines Kindes das Schlimmste, was sich die meisten Leute vorstellen können. Wenn man nur ein Kind hat, wäre es fast unmöglich, sich von seinem Verlust zu erholen. Es würde die Welt für immer verfinstern. Ich bezweifle, ob sogar vor zwei Generationen die Leute dieses Gefühl hatten. Vgl. die groteske Episode in Jude the Obscure (Jude der Unbekannte) von Thomas Hardy, wo das älteste Kind die beiden jüngeren & dann sich selbst erhängt. 

Jude & Sue sind natürlich unglücklich, doch sie scheinen nicht zu empfinden, daß nach einem solchen Ereignis ihr eigenes Leben enden muß. Sue sagt nach einer Weile, daß sie einsieht, warum die Kinder sterben mußten: nämlich um sie zu einer besseren Frau zu machen & ihr zu helfen, ihr Leben neu zu beginnen. Es kommt ihr nicht in den Sinn, daß die Kinder wichtigere Wesen waren als sie selbst & daß im Vergleich zu ihrem Tod nichts, was ihr jetzt zustoßen könnte, von Belang ist.

1949 (L 34-5)


Eine große Schwierigkeit besteht darin, daß wir kaum wissen, was ein Kind wirklich fühlt und denkt. Ein Kind mag ganz zufrieden aussehen und doch Höllenqualen ausstehen, die es nicht mitteilen kann oder will.

Viele Leute scheinen die Stimmung in der Kindheit ganz zu vergessen. 

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Man denke nur an die unnötigen Qualen, denen man ein Kind aussetzt, wenn man es mit Kleidern der falschen Sorte in die Schule zurückschickt und nicht einsehen will, daß dies etwas ausmacht. Wenn so etwas geschieht, wird sich ein Kind oft leicht wehren, aber meistens doch alles für sich behalten. Seine wahren Gefühle einem Erwachsenen nicht preiszugeben wird offenbar etwa von sieben oder acht Jahren an zum instinktiven Verhalten. Selbst unsere Zuneigung zum Kind, unser Wille zu seinem Schutz und zu Zärtlichkeit, kann Mißverständnisse erzeugen. Auch wenn wir ein Kind lieben, ist es eine voreilige Annahme, daß es seinerseits auch Liebe zu uns verspürt. Wenn ich mich zurückerinnere, glaub ich kaum, daß ich je einen Erwachsenen liebte außer meiner Mutter, und selbst ihr traute ich nicht ganz, da mich meine Schüchternheit die meisten Gefühle vor ihr verbergen ließ.

Man vergißt sehr leicht auch die rein körperliche Abneigung des Kindes gegen Erwachsene.

1947 (CE IV, 366)

73


Kleidung

Das Handelsministerium hat die Aufhebung des Verbots der Hosenaufschläge angekündigt, und eine Anzeige von Schneidern begrüßt dies als »einen ersten Schritt zur Freiheit, für die wir kämpfen«. Wenn sich unser Krieg wirklich um Hosenaufschläge dreht, dann neige ich doch eher zum Standpunkt der Achse. Die Aufschläge haben keinen andern Zweck, als Staub anzusammeln, und keinen andern Vorteil, als daß man bei der Reinigung gelegentlich einen Sixpence wiederfindet. Aber hinter dem Gejubel der Schneider steckt etwas anderes, daß Deutschland schon sehr bald erledigt, der Krieg praktisch vorbei, die Rationierung aufgehoben und damit auch der Snobismus der Kleidung wieder groß im Schwung sein wird.

Diese Hoffnung teile ich nicht. Die Lebensmittel­rationierung soll so schnell wie möglich verschwinden, aber die Kleiderrationierung könnte gern noch weiterbestehen, bis die Motten das letzte Dinnerjacket weggefressen haben. Ich hätte nichts dagegen, daß die ganze Nation noch fünf Jahre in gefärbten Uniformen daherkommen müßte, wenn sich dadurch eine der Hauptbrutstätten des Snobismus und des Neids ausrotten ließe. 

Die Kleiderrationierung wurde nicht in demokratischem Geist eingeführt, aber sie hatte gleichwohl eine demokratisierende Wirkung. Wenn schon die Armen nicht besser gekleidet sind, so sehen doch wenigstens die Reichen etwas schäbiger aus. Und da eine wirkliche, strukturelle Änderung der Gesellschaft nicht eintreten wird, ist auch eine bloß mechanische Vereinheitlichung, die lediglich auf Verknappung zurückgeht, immer noch besser als gar nichts.

1944 (CE III, 89)

74-75


  Kolonialismus 

»Die Lüge, daß wir hier sind, um unsere armen schwarzen Brüder emporzuheben, statt sie auszurauben, ist vermutlich eine ganz natürliche Lüge. Aber sie korrumpiert uns, sie korrumpiert uns auf eine Weise, die sie sich gar nicht vorstellen können. Das immerwährende Gefühl, ein Schleicher und Lügner zu sein, quält uns und treibt uns dazu, uns Tag und Nacht zu rechtfertigen. Der Hälfte unserer Gemeinheit gegen die Eingeborenen liegt das zugrunde. Wir Anglo-Inder könnten fast erträglich sein, wenn wir zugeben wollten, daß wir Diebe sind, und weiterstehlen würden ohne den ganzen Schwindel.«

1935 (TB 45)


Aber jedem Weißen drängt sich ein Gedanke auf (und es kommt nicht darauf an, ob er sich selbst als Sozialist bezeichnet), jeder Weiße denkt bei sich, wenn er eine schwarze Truppe vorbeiziehen sieht: wie lange können wir diese Völker noch an der Nase herumführen? Wie lange noch, bis sie die Kanonen umdrehen?

1939 (W 85)

76


   Krieg 

Ich gebe zu, daß man (angesichts des Kriegs in Spanien) nicht objektiv sein kann. Und das Grauen, das wir über den Vorgängen spüren, hat zu dieser Folgerung geführt: Wenn jemand auf deine Mutter eine Bombe fallen läßt, dann geh hin und wirf zwei auf seine Mutter. 

Die einzigen sichtbaren Alternativen sind entweder, daß man Wohnhäuser zermalmt, menschliche Eingeweide herausreißt und Löcher in die Kinder brennt — oder aber daß man zu Sklaven von Leuten wird, die eher bereit sind, all dies zu tun, als man selbst.  

Noch niemand hat einen gangbaren Ausweg gefunden.

1938 (CE I, 296)


Ich bemerke, mit welchem Erstaunen Leser zu entdecken scheinen, daß der Krieg kein Verbrechen ist. Hitler, so scheint es, hat nichts Strafbares getan. Er hat niemand vergewaltigt, auch nicht eigenhändig Beute davongetragen, noch hat er selber Gefangene ausgepeitscht, Lebendige begraben, Kinder in die Luft geworfen und auf dem Bajonett aufgespießt oder Nonnen mit Petrol getränkt und mit Kirchenkerzen in Brand gesetzt — all die Untaten, die man in Kriegszeiten dem Gegner gewöhnlich zutraut. Er hat lediglich einen Weltkrieg ausgelöst, der wahrscheinlich zwanzig Millionen Leben gekostet haben wird. Daran ist nichts Ungesetzliches. Wie könnte es auch, wenn Legalität eine Autorität voraussetzt und es eben keine Autorität gibt mit der Macht, über Grenzen hinaus zu wirken?

1943 (CE III, 66)


Die Wahrheit ist sehr einfach. Um zu überleben, muß man oft kämpfen, und um zu kämpfen, muß man sich schmutzig machen. Der Krieg ist ein Übel, und er ist manchmal das kleinere. Wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen, und wer nicht zum Schwert greift, kommt durch stinkende Krankheiten um. Die Tatsache, daß man eine derartige Banalität nieder­schreiben muß, zeigt, was die Jahre des Rentier-Kapitalismus aus uns gemacht haben.

1942 (L 150-1) 

 wikipedia  Rentenkapitalismus

77-78


Zeichnung von Tomi Ungerer


Was mich bedrückt, ist, wie die Leute dazu gebracht werden, schon vom nächsten Krieg zu sprechen. 

Jedesmal wenn eine V2-Rakete losgeht, höre ich düstere Hinweise auf »das nächste Mal« und die Überlegung: »Bis dann wird man die Dinger wohl über den Atlantik schießen können.« 

Wenn man fragt, wer dann wohl gegen wen kämpfen wird, kommt keine klare Antwort. Es ist einfach Krieg, abstrakt — die Vorstellung, daß sich menschliche Wesen auch einmal mit Vernunft aufführen könnten, ist offenbar im Gedächtnis vieler Leute verblichen.

1944, L 56


Wenn sich herausgestellt hätte, daß die Atombombe ebenso billig und leicht herzustellen wäre wie ein Fahrrad oder ein Wecker, dann hätte sie uns sehr wohl in den Barbarismus zurückversetzen können, doch hätte es andererseits das Ende der nationalen Souveränität und des hoch­zentralisierten Polizeistaates bedeuten können. 

Wenn sie, wie es der Fall zu sein scheint, ein seltener und kostspieliger Gegenstand ist, der ebenso schwierig herzustellen ist wie ein Schlachtschiff, ist es wahrscheinlicher, daß sie großangelegten Kriegen ein Ende setzen wird, doch um den Preis, auf unabsehbare Zeit einen »Frieden, der keiner ist«, zu verlängern.

1945, L 213


81

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*detopia-2002:

  Heute ist es jedoch so, wie Orwell im ersten Teilsatz zwar visioniert, aber dann doch für unwahrscheinlich hält ("Wenn sich ... ") - vermehrt um die 'Atombomben des kleinen Mannes', den B- und C-Waffen. 

 

 

 

 

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