Fred PearceDas Wetter von MorgenWenn das Klima zur Bedrohung wird
First:
The Last Generation:
How Nature
2007 bei Eden Project Books 2007 im Verlag Antje Kunstmann - 333 Seiten |
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2007 333 Seiten detopia |
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»Die Natur ist nicht schwach, sie holt gerade zum Gegenschlag aus.« Fred Pearce Dass sich das Klima wandelt, ist unbestritten; selbst Politikern gehen wissenschaftliche Fakten über CO2-Ausstoß und Erderwärmung inzwischen flüssig über die Lippen. Nur keine Panik, heißt es, werden doch bereits weltweit Programme entwickelt, die den schädlichen Einfluss des Menschen begrenzen und die Natur wieder in ihr »natürliches Gleichgewicht« bringen sollen. Doch wieviel Zeit bleibt wirklich? Die neuesten Erkenntnisse der Klimaforschung und Earth Science, die Fred Pearce in diesem Buch versammelt, sind weit beunruhigender als alles, was wir bisher zum Thema gelesen haben. Schon die Vorstellung eines graduellen Wandels ist möglicherweise grundfalsch: Die Natur kennt lineare Prozesse kaum; dagegen gibt es in der Erdgeschichte genügend Beispiele abrupter Veränderung und chaotischer Prozesse, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden. Dass die Menschheit seit der letzten Eiszeit in einem relativ stabilen, vorhersehbaren Klima gelebt hat, war eher eine Ausnahme als die Regel. Die Natur ist nicht schwach, viel schlimmer: Sie holt gerade zum Gegenschlag aus. Rund um den Globus hat Pearce die Brennpunkte aufgesucht, die diese These bestätigen: vom weltgrößten Sumpfgebiet Sibiriens, in dem auftauende Permafrostböden nahezu unbemerkt Millionen Tonnen Methan freisetzen, bis zur Antarktis, in der unterirdische Flusssysteme aus Schmelzwasser die Eisdecke zu destabilisieren drohen. Panikmache? Von wegen, sagt Pearce, sind es doch gerade die bedächtigen und seriösen Wissenschaftler, die heute Alarm schlagen und für ein weit radikaleres Umdenken plädieren. |
INHALT
Vorwort: Der Kamin (9) Einleitung (12)
Teil Eins: Willkommen im Anthropozän (17) 1 Die Pioniere - Den Atem der Erde messen 19 2 Die Heizung aufdrehen - Ein kritischer Blick auf den Klimawandel 27 3 Das Jahr - Als das Extremwetter von 1998 alle Rekorde brach 37 4 Das Anthropozän - Ein neuer Name für eine neue erdgeschichtliche Ära 41 5 Der Wachturm - Wie auf einer Insel in der Arktis das Klima überwacht wird 47
Teil Zwei: Verwerfungslinien im Eis (55) 6 Auf 90 Grad nördlicher Breite - Warum im hohen Norden das Schmelzen nicht aufhört 57 7 Auf rutschigem Abhang - Grönland gleitet in den Ozean 62 8 Das Schelf - Wenn in der Antarktis der Korken gezogen wird 71 9 Mercers Vermächtnis - Die Achillesferse im unteren Teil der Welt 75 10 Steigende Gezeiten - Abschied von Tuvalu 82
Teil Drei: Eine Reise durch den Kohlenstoffkreislauf (89) 11 Im Dschungel - Würden wir es bemerken, wenn der Amazonas-Regenwald in Rauch aufginge? 91 12 Die wilden Flammen Borneos - Brennende Sümpfe und ihr Einfluss auf das Weltklima 97 13 Vom Kohlenstoffspeicher zur Kohlenstoffschleuder - Warum sich der Kohlenstoffkreislauf umkehren wird (101) 14 Die Weltvernichtungsmaschine - Im Permafrost lauert ein tödliches Geheimnis (109) 15 Das Säurebad - Was Kohlendioxid in den Ozeanen bewirkt (120) 16 Wenn ein anderer Wind weht - Tsunamis, Riesenfürze und Fontänen aus der Tiefe (124)
Teil Vier: Die Erderwärmung im Brennglas (135) 17 Wat sind Watt - Die unausgeglichene Energiebilanz der Erde 137 18 Die Wolken von beiden Seiten sehen - Fehlersuche in den Klimamodellen 142 19 Eine Milliarde Feuerstätten - Warum der braune Dunst den Monsun abschalten könnte 154 20 Das Hydroxyl macht Urlaub - Wenn die Reinigungskraft unseres Planeten nicht mehr zur Arbeit erscheint 161
Teil Fünf: Kaltzeiten und Sonnenpulse (167) 21 Goldlöckchen und die drei Planeten - Warum die Erde »genau richtig« für das Leben ist 169 22 Der Große Frost - Wie eine Variation in der Erdbahn die Kaltzeiten auslöste 175 23 Das marine Förderband - »The Day After Tomorrow« in Echtzeit 186 24 Eine arktische Blume - Hinweise auf eine klimatische Achterbahnfahrt 195 25 Der Puls-Wie die Sonne das Klima verändert 203
Teil Sechs: Tropische Hitze (215) 26 Die Vertreibung aus dem Paradies - Das Ende des Goldenen Zeitalters in Afrika 217 27 Das Pendel über dem Ozean - Wie die Sahara-Wüste am Amazonas für Grün sorgt 227 28 Tropisches Hoch - Wie ein Eisforscher die Klimageschichte umschreibt 230 29 Fluch über Akkad - Die erstaunliche Wiederkehr des ökologischen Determinismus 238 30 Ein Stück Koralle - Das verborgene Leben El Ninos 242 31 Der Ernährer Asiens - Was geschieht, wenn der Regen ausbleibt? 250
Teil Sieben: Die Jahrtausendwende (255) 32 Die Hitzewelle - Das Jahr, in dem Europa die Erderwärmung zu spüren bekam 257 33 Der Hockeyschläger - Warum es jetzt wirklich anders ist 260 34 Hurrikansaison - Sturmwarnungszeichen nach Katrina 267 35 Ozonlöcher im Treibhaus - Warum Millionen Menschen der Bedrohung durch Strahlung ausgesetzt sind 276
Teil Acht: Unvermeidliche Überraschungen (283) 36 Der Tanz - Pole oder Tropen? Wer führt im Tanz des Klimas? 285 37 Neue Horizonte - Rückkoppelungen aus der Stratosphäre 290
Schlussfolgerungen: Ein anderer Planet (300)
Anhang: Eine Billion Tonnen - eine Herausforderung (307) Chronologie des Klimawandels (322) Glossar (325) Dank (330) Register (331) |
zu Die Tageszeitung, 10.10.2007
Jörg Plath wirkt in seiner Rezension von Fred Pearces Buch über den Klimawandel beeindruckt, aber auch etwas ratlos. Er lobt den britischen Wissenschaftsjournalisten für seinen plastischen Stil und bescheinigt ihm, dem in Klimafragen des öfteren vorkommenden Hang zum Katastrophischen wohltuend fern zu stehen. Pearce behandle die bekannten Phänomene wie den Treibhauseffekt und die schmelzenden Polkappen ebenso wie komplexe und nicht menschengemachte Faktoren der Klimaerwärmung. Dabei gehe er davon aus, dass sich alle Faktoren untereinander beeinflussen und gegenseitig verstärken können.
Wenn der Rezensent am Ende der Lektüre ein wenig verwirrt zurück bleibt, ist das offenbar nicht der mangelnden Darstellungsfähigkeit des Autors geschuldet, sondern der Komplexität des Gegenstandes und insbesondere der verschiedenen und einander widersprechenden Theorien über den Klimawandel, die Pearce in seinem Buch zu Wort kommen lässt.
zu Die Zeit, 04.10.2007
Dieses Buch rüttelt aus Sicht von Rezensent Hans-Jochen Luhmann an einem Fundament bisheriger Klimapolitik, da es den bisherigen Kompromiss als bereits jenseits des von der Natur noch Tolerierbaren einstuft.
Beeindruckt von der existenziellen Wucht, mit der die Darlegungen der Klimaproblematik des Wissenschaftsjournalisten Fred Pearce einhergehen, fasst der Rezensent noch mal den Befund zusammen, dass die Erwärmungsgrenze von 2,5 Grad Celsius bereits die ultimative Marke ist, an der die natürlichen Systeme zu kippen beginnen.
Zustande kommt Pearce' Ergebnis den Informationen zufolge im Wesentlichen auf der Basis von Gesprächen, die er mit führenden Klimawissenschaftlern führte, weshalb das Buch auch wissenschaftlichen Erkenntnissen vorgreife, die erst in einer Dekade amtlich wären. Aber soviel Zeit wäre nicht mehr.
https://www.perlentaucher.de/buch/fred-pearce/das-wetter-von-morgen.html
deutschlandfunkkultur.de/chaotisches-klima Lesebericht 2007 von Jörg Plath
Chaotisches Klima Fred Pearce: "Das Wetter von morgen", Verlag Antje Kunstmann 2007, 322 Seiten
Der britische Wissenschaftsjournalist Fred Pearce ist kein Prophet. Auch er kann nicht vorhersagen, wie "Das Wetter von morgen" aussehen wird. Doch Pearce trägt beunruhigende Fakten zusammen und zeigt, dass sich unterschiedliche Klimaphänomene gegenseitig verstärken und zu einem regelrechten Klimachaos führen könnten.
Niemand kennt das Wetter von morgen, auch Fred Pearce nicht. Doch der angesehene britische Wissenschaftsjournalist glaubt, dass es unvorhersagbarer denn je wird, und häuft in seinem Buch "Das Wetter von morgen" eine überwältigende Fülle von Erklärungen angesehener Wissenschaftler zum Klimawandel auf. Nach der Lektüre wechselt man die Glühbirnen gegen Energiesparlampen aus und überdenkt den nächsten Fernflug.
In atemberaubend kurzer Zeit ist der globale Klimawandel von einer Expertenmeinung zur breit akzeptierten Gewissheit geworden. Jeder durchschnittlich aufmerksame Zeitgenosse kann heute mitreden, wenn es um die Erwärmung der Erdatmosphäre geht. Allerdings glaubt der durchschnittlich aufmerksame Zeitgenosse, für die Zunahme von Kohlendioxid sei allein der Mensch verantwortlich. Pearce zeigt, dass diese Auffassung möglicherweise falsch ist. Leider, denn es macht Gegenmaßnahmen nicht einfacher. Und: Anstelle einer globalen Erwärmung könnte es auch zu regionalen Abkühlungen kommen. Sie wären allerdings nicht weniger dramatisch: Europa gliche Sibirien.
Fred Pearce beginnt mit dem Bekannten: der zunehmenden Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre, den steigenden Temperaturen, den schmelzenden Gletschern in der Arktis, dem wegbrechenden Schelfeis in der Antarktis, den auftauenden und das Superatmosphärengift Methan freisetzenden Permafrostböden in Sibirien und Alaska, den Bränden im Amazonas-Urwald, die durch Kohlendioxidaufnahme sauer werdenden Weltmeere. So weit, so bekannt und schlecht.
Dann weitet Pearce den Blick. Er begibt sich in die Geschichte unseres Planeten und stellt fest, dass unsere stabile Klimalage die Ausnahme war. Er sieht sich weniger offensichtliche Faktoren an, die die Erderwärmung beeinflussen: etwa die Wolkenbildung, die Sonnenaktivität, die Veränderung der Erdneigung, die Aerosole Rauch, Ruß, Staub, Schwefel. Er beschreibt die Entstehung und möglicherweise das Ausbleiben von El Niños, außerdem das „marine Förderband“, zu dem der warme Golfstrom vor den Küsten Europas gehört, und die Veränderungen in der Stratosphäre. Pearce liefert keine Prognose, sondern „eine Liste von Sorgenfällen“.
Anders als seine Konkurrenten auf dem Buchmarkt vermittelt Pearce sie auf hohem Niveau, jedoch ohne Wissenschaftssprache und mit jener großen Anschaulichkeit, die noch immer ein britisches Privileg zu sein scheint. Seine beunruhigenden Zahlen, Theorien und Erklärungsversuche verbindet eine Grundannahme: Dass die Faktoren miteinander und aufeinander reagieren und positive, also verstärkende Rückkoppelungen auslösen. Die Gefahr chaotischer, also nicht linearer, vorhersehbarer Reaktionen steige, meint Pearce. Dabei wirkt er wie ein Warner, nicht wie ein Alarmist. Wenn von erwachenden Klima-„Monstern“ die Rede ist, dann wählt nicht Pearce das Wort, sondern anerkannte Experten. Wir haben, sagt der Autor jedoch, möglicherweise schon den Schalter zu neuen Klimazuständen umgelegt, indem wir den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre in den letzten 200 Jahren von 600 Milliarden Tonnen auf 800 Milliarden Tonnen gesteigert haben.
So steht am Ende eines ernsten Buches voller divergierender und sich nicht selten heftig befehdender wissenschaftlicher Erklärungsversuche gelinde Ratlosigkeit, wie das Wetter von morgen aussehen wird. Genau das erweist sich als das stärkste Argument, endlich strikte Maßnahmen gegen die Zunahme von Methan und Kohlendioxid in der Atmosphäre zu ergreifen.
Rezensiert von Jörg Plath
Fred Pearce Das Wetter von Morgen (2007) Wenn das Klima zur Bedrohung wird