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4   Die Fundamentalisten    Roszak-2003

 

»Wir werden Zeugen, wie sich die aktuellen Ereignisse dem Modell des Vorher­gesagten fügen. Das Volk Israel ist nach Palästina zurückgekehrt und hat dort die Nation neu erstehen lassen. Jerusalem ist unter israelischer Kontrolle. Russland hat sich als große nördliche Macht erwiesen, die der Erzfeind des neuen Israel ist. Die Araber schließen sich zusammen, um unter ägyptischer Führung Palästina zu befreien. Die schwarzafrikanischen Völker zeigen nicht mehr nur bloße Sympathie für die Araber, sondern schließen sich ihnen im »Befreiungs«-kampf an.

All das geschieht jetzt. Gott lässt es geschehen. Das ist Gottes Plan für das »neue Geschlecht«, und er wird für die Menschheit tiefer greifende Veränderungen mit sich bringen als alles, was seit der Schöpfungsgeschichte geschehen ist. - Wirst du bereit sein, wenn wir gerufen werden, uns dem »neuen Geschlecht« anzuschließen, wie es prophezeit wurde?« -- Hal Lindsay: <The Late, Great Planet Earth>, ein fundamentalistischer Bestseller, 1970  wikipedia  The_Late,_Great_Planet_Earth 

»Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, erkennen das Sein und die Eigenschaft des Allmächtigen Gottes an, die Göttliche Autorität der Heiligen Schriften, Gottes Gesetz als das Gesetz, das über allem steht, und Jesus, den Messias, den Retter und Herrn über alles, um unseren Bund zu vervollkommnen, die Gerechtigkeit zu verwirklichen, die Ruhe im Innern zu sichern, für das allgemeine Wohl zu sorgen und das Glück der Freiheit uns selbst und unseren Nachkommen zu bewahren, setzen und begründen diese Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika.«  --  Christlich überarbeitete Präambel zur Verfassung der Vereinigten Staaten

»Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, von der Absicht geleitet, unseren Bund zu vervollkommnen, die Gerechtigkeit zu verwirklichen, die Ruhe im Innern zu sichern, für die Landesverteidigung zu sorgen, das allgemeine Wohl zu fördern, und das Glück der Freiheit uns selbst und unseren Nachkommen zu bewahren, setzen und begründen diese Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika.«  -- Präambel der Verfassung der Vereinigten Staaten

 

Der Aufstieg des Sunbelt (Sonnengürtel) 

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Es ist ja nichts Neues, dass die Politik mitunter seltsame Bettgenossen vereint. Doch so seltsame Verbrüderungen, wie wir sie zurzeit auf dem rechten Flügel der amerikanischen Politik beobachten können, wo geldgierige und zynische Unternehmensführer sich im Kuschelsex mit den Verfechtern von Feuer und Schwert üben, mit Predigern, die wortwörtlich glauben, dass die Welt in sechs Tagen erschaffen wurde und der Walfisch Jonas ganz buchstäblich verschlang, sind ein absolutes Novum. Nach außen hin könnte es keine größere Mesalliance geben.  wikipedia  Mesalliance  (ungleiches Paar)

Während die Corporados mit Leib und Seele in ihren schmutzigen, gänzlich diesseitigen Geschäften aufgehen und eifrig nach immer neuen lukrativen Investments suchen, die ihnen noch unanständigere Gewinne einbringen, rüsten asketische und moralinsaure Prediger sich zur Schlacht von Armageddon, dem biblischen Endkampf der Menschheit, von dem die Offenbarung berichtet und der — will man den Evangelikalen glauben — unmittelbar bevorsteht. 

Wie können zwei so unterschiedliche Lebensauffassungen eine politische Ehe eingehen? Wenn wir diese Frage beantworten wollen, müssen wir ein wenig in der Geschichte des Sunbelt forschen, der amerikanischen Bundesstaaten im Süden.

Im Denken der Wahltechniker in den amerikanischen Parteien war das einzig wirklich wichtige Ereignis des späten zwanzigsten Jahrhunderts der Aufstieg des Sunbelt als neues Epizentrum der Macht. Der Sunbelt erstreckt sich quer über den ganzen Kontinent von Los Angeles bis nach Virginia. In diesen Breiten scheint angeblich immer die Sonne, deshalb der Name »Sonnengürtel«. Diese Region setzt sich aus zwei sehr unterschiedlichen Gebieten zusammen. Östlich von Texas erstreckt sich das, was man einst als »tiefen Süden« bezeichnete. Westlich von Texas hingegen liegen Arizona, New Mexico, Nevada und das südliche Kalifornien.

Fast das ganze zwanzigste Jahrhundert hindurch litt der Süden des Sunbelt unter Bevölkerungsmangel und Unterentwicklung. Dementsprechend gering war auch der Anteil der Bevölkerung, der in Städten lebte. Das ist der alte Süden der Konföderierten, den man zu Abraham Lincolns Zeiten noch »Dixie« nannte. Dort kämpfte man für den Erhalt der Sklaverei. Als der Bürgerkrieg verloren und das Ausbeutersystem unter Strafe gestellt war, ließ man diesen Teil des Landes immer tiefer in Armut versinken. Noch hundert Jahre nach dem 1865 erfolgten Ende des Bürgerkriegs bestellte die Mehrheit der Bewohner des tiefen Südens das Land als share cropper — arme Pächter, die man auch als »white trash«, als »weißen Abfall«, bezeichnete — unter Bedingungen, die denen eines Drittweltlandes ähnelten.

Im Westen des Sunbelt wurden regelrechte Pensionisten-Kolonien errichtet. Es entstanden zahlreiche Urlaubsorte, die vorzugsweise die ältere, konservative Bevölkerung anzogen. Aus geografischen und klimatischen Gründen war auch dieser Teil des Sunbelt dünn bevölkert. Erst als man in den 1930er Jahren begann, Dämme für Bewässerungsprojekte zu bauen, war die Trockenheit im Westen der Vereinigten Staaten kein Problem mehr. Von diesem Moment an blühten Städte und Industrien auf.

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Sobald die Wasserversorgung gesichert war, entstanden auch in der Wüste große Metropolen: Tucson, Phoenix, Las Vegas, Albuquerque und vor allem die fruchtbare und ständig anwachsende urbane Zone von Los Angeles/San Diego, in der sich große Industrien zum Bau von Kriegsschiffen und Kampfflug­zeugen ansiedelten. 

Doch der westliche Sunbelt ist heute noch geprägt von der leichteren, spielerischeren, nicht-industriellen Vergangenheit, die sich in der Casinowelt von Las Vegas und der Filmindustrie Hollywoods widerspiegelt. Eine Veränderung gab es allerdings im westlichen Sunbelt. Er wurde quasi in die Rocky Mountains hinein verlängert, und dieser »Wurmfortsatz« schafft eine direkte Verbindung zum evangelikalen Süden.

In verschiedenen Staaten des Westens (Utah, Arizona, Colorado, New Mexico und in Teilen Idahos und Oregons) wurden die Mormonen (die Kirche der Heiligen der Letzten Tage) zu einer starken politischen Kraft, die für dieselben »familiären Werte« auf die Barrikaden gehen wie die evangelikalen Fundamentalisten. So kam die Republikanische Partei plötzlich zu einem ansehnlichen Wählerpotenzial in den »Mormonenstaaten«.

Bald nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Sunbelt jedoch aufgrund neuer Investitionen von Seiten des Militär-Industrie-Komplexes aufzublühen. Von dort stammten Präsidenten wie Lyndon B. Johnson, Richard Nixon, Jimmy Carter und George W Bush. Diese sorgten dafür, dass ein warmer Geldregen über den Sunbelt-Staaten niederging. Firmen in Virginia, Georgia, Florida und Texas durften sich über substanzielle Aufträge von der NASA und dem Verteidigungs­ministerium freuen. So wurde jene Gegend mit immer neuen Militär­projekten bedacht, immer neue Standorte wurden eröffnet beziehungsweise die alten erweitert.

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Der Zuzug der entsprechenden Bevölkerungsschichten sorgte dafür, dass sich auch das politische Wertesystem der Kalten Krieger immer stärker durchsetzte. Darüber hinaus zog die Gegend auch nicht-militärische Unternehmen an, weil die Gewerkschaften im Sunbelt nicht so gut organisiert waren wie im Norden. 

Kriegsproduktion sowie eine von gewerkschaftlicher Einmischung weitgehend unbehelligte Unternehmenskultur, die sich dort herausbildete, verliehen der Region ein eindeutig konservatives Gepräge. Diese konservative Grundhaltung wurde weiter verstärkt, als die Liberalen aus den großen Städten des Nordens in der Demokratischen Partei sich mehr und mehr gegen rassistische Diskriminierung stark machten und den Staaten des Südens Reformen zu Gunsten der schwarzen Bevölkerung aufzwangen. Da in diesen Staaten die Rassentrennung jahrhundertelang als politisches Credo galt, desertierten die Wähler des Südens reihenweise aus der Demokratischen Partei. Sie engagierten sich zuerst in der Dixiecrat Party, die für die Beibehaltung der Rassentrennung eintrat, und schlossen sich später den Republikanern an. Nur wenige Republikaner wurden sich der Tatsache bewusst, dass diese Allianz mit dem Sunbelt die Partei immer stärker nach rechts driften lassen würde. wikipedia  Dixiecrat

Dwight D. Eisenhower, der sein Amt als Präsident 1960 niederlegte, war der letzte moderate Präsident aus den Reihen der Republikanischen Partei. Schon bei der nächsten Wahl 1964 stellten die Republikaner Barry Goldwater auf, einen Senator aus Arizona vom rechten Rand der Partei. Goldwaters Wahlkampagne war ein erbitterter Kampf gegen das gemäßigte republikanische Establishment von der Ostküste. Er kandidierte gegen Nelson Rockefeller, den republikanischen Gouverneur des Staates New York.

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Man möchte annehmen, ein Rockefeller, dessen Name zum Synonym für Reichtum geworden ist, hätte keine Probleme gehabt, sich als Präsidentschafts­kandidat der Republikaner aufstellen zu lassen. Doch Goldwater gelang es, seinen Gegner als verkappten Liberalen hinzustellen, der in der Partei nichts zu suchen habe. Und damit lag er nicht einmal daneben. Rockefeller war die Art von Republikaner, die den Sozialstaat unterstützte, weil sie ihn als nötiges Gegengewicht zum freien Markt betrachtete. Er stand für das Wählerpotenzial der großen Städte, für die Kultiviertheit der großen Unternehmer­familien, für kosmopolitische Werte.

An dem Widerstand, den die Republikanische Partei diesem Kandidaten entgegenbrachte, ließ sich eines deutlich ablesen: Es gab ein Amerika, das die Kultur der Moderne ablehnte, das traditionelle familiäre Werte vorzog, in der die Frau eine untergeordnete Rolle spielen sollte, ein Amerika, das Frömmigkeit und bürgerliche Wohlanständigkeit suchte.

Diese Wahl war ein entscheidender Wendepunkt in der amerikanischen Geschichte. Die Befürworter der Sunbelt-Ideale hatten das Ruder übernommen in der Republikanischen Partei, die einst den Städten, Banken und den Absolventen der Elitehochschulen an der Ostküste vorbehalten gewesen war. Bei allen nachfolgenden Wahlen wurden republikanische Präsidenten fast ausschließlich von den republikanischen Hochburgen im Sunbelt gewählt, vor allem in Texas und im südlichen Kalifornien. Sogar der erste George Bush, ein Ostküstenkandidat par excellence, der an der renommierten Universität Yale studiert hatte, nutzte seine Verbindungen zum Ölgeschäft, um sich selbst als Texaner zu präsentieren. Diesen Umschwung bekam auch die Demokratische Partei zu spüren. Der letzte demokratische Präsident, der von den Wählern außerhalb des Sunbelt ins Weiße Haus geholt wurde, war John F. Kennedy 1960 — und auch er gewann nur mit einer hauchdünnen Mehrheit.

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Der alte Süden veränderte sich mehr und mehr. Er verzeichnete einen enormen Zuwachs an Menschen und Wohlstand. Die Region schaffte es, sich ihre kulturelle Eigenheit zu bewahren und diese sogar dem Rest des Landes zu verkaufen, zum Beispiel in Form von Country & Western- oder Blue-Grass-Musik. Die Popularität von Elvis Presley in den sechziger und siebziger Jahren war ein Zeichen für den Aufstieg des Sunbelt. Presley bot eine weiße Version der schwarzen Musik des Südens. Und mit dem Aufstieg der Südstaaten-Kultur erstarkte auch deren religiöser Aspekt. Von Virginia bis Texas bezeichnet der südliche Sunbelt sich selbstbewusst und kämpferisch als »Bible Belt«. Hier sitzen die größten Frömmler, hier hängen evangelikale und andere fundamentalistische Vereinigungen immer noch ihrer altertümlichen Religionsauffassung nach. Millionen von Menschen nähren dort tiefe Ressentiments gegen die darwinsche Evolutionstheorie und die unmoralisch-liberale Lebensart der Menschen in den großen Städten. Die evangelikalen Christen wehren sich vehement gegen das aufgeklärte Wertesystem der Neuzeit.

Doch sosehr die Sunbelt-Kirchen alles, was modern ist, auch ablehnen mögen, die Möglichkeiten der Massenkommunikation nutzen sie mit wahrhaft missionarischem Eifer. Ihre Präsenz in Radio und Fernsehen ist bemerkenswert. Sie besitzen eigene Sender zur Anwerbung neuer Mitglieder, und ihre Werbefeldzüge brauchen sich vor denen der Wirtschaft nicht zu verstecken. Die fundamentalistischen Kirchen nutzen die allerneuesten Marketingtechniken. Einige sind wahre Fernseh-Magnaten. Sie besitzen eigene Vergnügungsparks und Hotels, in denen ihre Anhängerschaft moralisch ungefährdet den Urlaub verbringen kann.

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Da deren Zahl ständig wächst und die religiösen Gruppierungen sich ihrer Macht als Wähler immer stärker bewusst sind, werden die »Kirchen« immer politischer. Die einzelnen religiösen Vereinigungen engagieren sich zunehmend im Wahlkampf und propagieren dabei ihre Schlüsselthemen. So wurden sie zum verlässlichen Stimmenpool für jeden Kandidaten, der verspricht, gegen Abtreibung, Frauenrechte und Homosexualität vorzugehen.

Die zunehmend von Bigotterie bestimmte Südstaaten-Politik hat die Region naturgemäß den Demokraten entfremdet.

In früheren Zeiten war der Süden demokratisch. Dort fanden sich früher die treuesten Anhänger von Franklin Roosevelts Sozialpolitik des New Deal. 1980 aber gewann Ronald Reagan den Süden für seine neue Form des Konservativismus. Sein Sieg war umso bemerkenswerter, als er gegen Jimmy Carter errungen wurde, den einstigen Gouverneur von Georgia, einen wahren Sohn des Südens und erklärten wieder geborenen Christen.

So moderat Carters soziale Ambitionen auch waren, für manche seiner Landsleute aus dem Süden gingen sie schon zu weit. Carter trat vehement für die Gleichberechtigung der Rassen ein und spielte sogar mit der Idee, den Konsum von Marihuana zu legalisieren. Doch der Wähler aus dem Süden wollte ein klares Nein zu der schleichenden Lockerung der Moralbegriffe — vor allem in sexueller Hinsicht —, die er mit den Liberalen assoziierte. Er wollte einen Präsidenten, der die Bibel im Munde führte und versprach, die Nation auf gutchristlichen Kurs zu bringen. Und genau das tat Reagan in seiner Kampagne, obwohl seine Hollywood-Vergangenheit andere Vermutungen nahe legte.

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Als Präsident engagierte er sich tatsächlich kaum für die kulturellen und moralischen Werte, die er im Wahlkampf vertreten hatte. Doch sein Erdrutschsieg im Süden stellte eine erstaunliche politische Kehrtwende dar. Der Sunbelt, vor allem der südliche Teil, war zu einem republikanischen Wählerreservoir geworden. Der US-amerikanische Konservativismus hatte dort eine neue Heimat gefunden.

Seit Reagans Präsidentschaft bemühte sich die Republikanische Partei intensiv um die Wählerstimmen der evangelikalen Gemeinde. Religiöse Gruppierungen diesen Zuschnitts wurden zur politischen Basis der Partei. Während der Wahlkampagnen stellen sie enorme Summen bereit und unterstützen die republikanischen Kandidaten durch zahlreiche freiwillige Wahlhelfer. Häufig bestimmen sie den Wahlausgang. Dies wirkte sich natürlich auch auf die Pläne der Triumphalisten aus. Es ist unmöglich, jahrelang mit einer dogmatisch religiösen Gruppierung zu liebäugeln, ohne dass deren Weltbild überspringt. Irgendwann färbten der moralische Absolutismus und die unreflektierte Frömmigkeit dieser Wählerschaft ab. Das Resultat ist ein neuer Konservativismus, dessen Prinzipien eher nach religiösem Glaubensbekenntnis klingen als nach politischem Programm. Dank des erstarkten Sunbelt wird die amerikanische Politik ständig bigotter und fanatischer.

Ich halte es für mehr als notwendig, dass die Welt erfährt, wie sehr die neue politische Führerschaft dem militant religiösen christlichen Fundamentalismus verbunden ist. Das Amerika, das den Krieg gegen den Terrorismus führt, ist nicht das Land, das einst die weltweite Allianz des Zweiten Weltkriegs anführte oder den Kalten Krieg ausgefochten hat. Die Liberalen mit ihrem auf Internationalität beruhenden Politikverständnis haben in den USA nichts mehr zu melden.

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Soweit sich dies vorhersagen lässt, wird jeder konservative Politiker in den Vereinigten Staaten — vor allem dann, wenn er Präsident werden will —, mehr oder weniger religiösen Anschauungen Tribut zollen müssen, welche die Welt als manichäische Schlacht zwischen dem absolut Guten und dem ebenso absolut Bösen beschreiben. Selbst wenn ein Präsident solchen Auffassungen fern steht, eine beträchtliche Anzahl von Kongressmitgliedern tut dies nicht. Würden die amerikanischen Fundamentalisten sich durchsetzen, so wäre das tägliche Gebet in den Schulen bald Pflicht, und in jedem öffentlichen Gebäude hingen die Zehn Gebote aus. Biologie, soweit sie die darwinsche Evolutionslehre vertritt, würde aus den Klassenzimmern verbannt. Ein ähnliches Schicksal würde die moderne Astronomie ereilen, behauptet diese doch, das Universum sei wesentlich älter als die sechstausend Jahre, von denen die Schöpfungsgeschichte weiß. Die Gerichtshöfe des Landes würden Streitfälle nach biblischem Recht entscheiden, wenn es um Sexualität, Ehe oder Familie geht. Auch wenn die äußeren Formen verschieden sind, so strebt die Scharia der islamischen Fundamentalisten doch exakt dasselbe Ziel an: die totale Verschmelzung von Staat und Religion. Auch orthodoxe Juden legen die Torah auf diese Weise aus — und gerade ihr Einfluss war in Israel nie größer.

Christliche, jüdische und muslimische Fanatiker ähneln sich wie ein Ei dem anderen. Wir leben in einer Zeit, in der der rebellische Teil der einzelnen Interessengruppen mehr und mehr der Faszination fundamentalistischer Dogmen erliegt, welche die Welt in einen Hexenkessel sektiererischer Gewalt stürzen. Der säkulare Humanismus voller Offenheit und Toleranz, den das Zeitalter der Aufklärung uns vererbt hat, verliert überall zusehends an Terrain — vor allem in den Vereinigten Staaten. In einer Zeit, die pluralistische politische Prinzipien nötiger brauchte denn je, gerät die einzige verbliebene Supermacht der Welt unter den unheilvollen Einfluss der intolerantesten und pluralismusfeindlichsten Elemente unserer Gesellschaft.

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    Apocalypse now!  

 

Der erste politische Auftritt der evangelikalen Gemeinde erfolgte, als die große Temperenzler-Bewegung im 19. Jahrhundert über das Land hereinbrach. Dieser gewaltige Kreuzzug im Namen der Moral ging hauptsächlich von den konservativen protestantischen Gruppierungen aus und zeitigte in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg endlich den ersehnten Erfolg: Amerika rief die Prohibition aus.  

Kaum zu glauben, aber diese Leute schafften es tatsächlich, dass vierzehn Jahre lang weder Bier noch Wein oder Whisky produziert, verkauft oder transportiert werden durften. Und dieses Verbot verdankte sich nicht etwa dem Faktum, dass die meisten Amerikaner vom Alkohol die Nase voll hatten, sondern der Tatsache, dass eine militante puritanische Minderheit genügend Macht erlangte, um dem ganzen Land ihren Moralkodex aufzuzwingen. Als sich schließlich herausstellte, dass die Prohibition mehr Schaden als Nutzen brachte, da sich in ihrem Gefolge eine gigantische Schmuggelindustrie herausbildete, wurde sie wieder aufgehoben. 

Da allerdings war das organisierte Verbrechen zu einer dauerhaften Einrichtung in der amerikanischen Wirtschaft geworden.

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Nach diesem Intermezzo waren die evangelikalen Gruppierungen lange Zeit nur auf lokaler Ebene, vor allem im Süden, aktiv. Sie kämpften darum, Darwins Evolutionstheorie von den Schullehrplänen zu verbannen, und propagierten puritanische Werte in Sexualität, Ehe und Heim. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Amerika immer urbaner und kosmopolitischer wurde, schien der Einfluss dieser Kirchengruppen allmählich zu schwinden. Zu Kriegszeiten lockern sich im Allgemeinen die Sitten, und die Vereinigten Staaten bildeten da keine Ausnahme.

Die Rebellion der Gegenkultur in den sechziger Jahren mit ihrer Betonung von Lebensfreude und Daseinsgenuss galt vielen als das Ende altertümlicher Religions­auffassungen und engherziger moralischer Ideen. Politische Strömungen wie die Frauen- oder die Schwulenbewegung veränderten die moralischen Werte der Gesellschaft recht schnell. In den Siebzigern war es ganz normal für Paare, ohne Trauschein zusammenzuleben. Teenager gingen miteinander ins Bett. In Filmen waren Blasphemie und Nacktheit gang und gäbe. Und der Präsident der Vereinigten Staaten (Jimmy Carter) dachte darüber nach, ob Marihuana nicht besser gesetzlich zugelassen werden sollte. Die Kräfte des Wandels schienen auch die liberalsten Formen der Religion von der Bühne der Geschichte zu fegen.

Das aber war eine Fehleinschätzung.

In Wirklichkeit fanden unter der Oberfläche der amerikanischen Gesellschaft andere Formen evangelikalen Christentums immer mehr Zulauf: der prämilleniale Typ und der dispensationale Typ. Die Dispensationalisten waren ursprünglich eine kleine, eher unbedeutende Gruppe, die sich im späten neunzehnten Jahrhundert formierte. Ihre Ideen galten den gläubigen Christen von damals als ziemlich bizarr.

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Der englische Prediger John Nelson Darby verkündete Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, dass in der Bibel ein Countdown verborgen sei, an dessen Nullpunkt das Ende aller Tage kommen werde. Dieser Countdown sei an das Schicksal des jüdischen Volkes in der modernen Welt geknüpft. Bevor Christus sein Versprechen der Wiederkehr erfüllen werde, müsse dem jüdischen Volk sein Heimatland wiedergegeben werden. Diese Bedingung für die Wiederkunft Christi auf Erden machte Darbys Botschaft zur prämillenialen, da die tausendjährige neue Herrschaft Christi erst danach anbrechen kann. Bevor das Jüngste Gericht anbrechen konnte, galt es noch ein Stück Geschichte zu durchleben, jene langen, losen Enden, die Gott im Begriff war, miteinander zu verknüpfen.

Darbys Lehren wurden von dem dynamischen Geschäftsmann und Laienprediger William E. Blackstone aufgegriffen, der Leben und Vermögen dem Zionismus verschrieb. Seine Anhängerschaft war klein, aber umso hingebungsvoller. Sie waren alle davon überzeugt, dass die letzte Phase der Apokalypse, wie sie in den biblischen Büchern Daniel und Hesekiel sowie in der Offenbarung vorhergesagt war, einsetzen würde, sobald das jüdische Volk wieder über Palästina herrsche. Dann würden die Juden den dritten Tempel auf dem Tempelberg zu Jerusalem errichten — etwa dort, wo heute der Felsendom der Muslime steht. Wenig später (es gibt zwar einen genauen Zeitplan für diese Geschehnisse, aber die Evangelikalen konnten sich noch nicht auf alle Details einigen) wird der Antichrist erscheinen, um sein Zerstörungswerk zu beginnen und die Leichtgläubigen zu verführen. Und schließlich wird die große Schlacht von Armageddon anbrechen, an deren Ende Jesus auf Jerusalem herabsteigen und den Tag des Gerichts verkünden wird. Dann werden jene, welche die Erlösung verdient haben, in einem Augenblick im Himmel sein, wohingegen der Rest der Menschheit — und mit ihm alle Juden, die sich weigern zu konvertieren und Jesus als den wahren Messias anzuerkennen — für immer und ewig verdammt wird. Diesen Augenblick nennt man sinnigerweise »die Entrückung«.

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Aufgrund dieser eigenartigen Lehre boten die dispensationalen Christen in England und den Vereinigten Staaten all ihre Kraft, Gebete und Geld dafür auf, dass das jüdische Volk Palästina zurückerhalte. Es gibt also christliche Zionisten. Seit dem Tag, an dem 1917 die »Balfour Declaration« verkündet wurde und den Juden eine »nationale Heimstatt« versprach, sind die dispensationalen Christen davon überzeugt, dass sie die Prophezeiung korrekt deuten. Und sie sehen in den Fernsehnachrichten Tag für Tag, wie die Prophezeiung sich weiter erfüllt. Nachdem 1949 der Staat Israel gegründet wurde und Israel in den verschiedenen Kriegen mit seinen arabischen Nachbarn siegte (1956,1967), sahen sie sich in ihrem Glauben weiter bestärkt. »Die Israelis haben den Krieg gewonnen. Der Name des Propheten Hesekiel sei gelobt. Alles ist wahr, was er sagt!« Vom dispensationalen Standpunkt betrachtet sind diese Entwicklungen — und das, was im Nahen Osten Tag für Tag geschieht — nichts weiter als Gottes Wort, das sich endlich erfüllt. Also kann das Ende aller Tage jederzeit anbrechen. Dann wird der Felsendom zerstört werden, und es wird da anheben ein gewaltiges Blutvergießen unter den Muslimen. So sei es!

Man mag mir mit einiger Berechtigung die Frage stellen, weshalb man sich in einer Zeit, in der die modernen Gesellschaften weltweit sich eines ungeheuren technologischen Fortschritts erfreuen, überhaupt noch mit absurdem Unsinn wie diesem beschäftigen soll. Und ich habe darauf eine klare Antwort: Weil 47 Prozent — beinahe die Hälfte der Einwohner der letzten Supermacht der Welt — bei Meinungsumfragen angeben, sie seien »wieder geborene Christen«.

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Diese guten Leute glauben, dass die Welt von Gott tatsächlich in sechs Tagen erschaffen wurde. Darwins Gedanken zur Evolution halten sie für satanische Falschheit. Und natürlich glauben sie, dass Jesus wiederkehren wird, um die Menschheit einzuteilen in Errettete und Verdammte.

Natürlich sind nicht alle wieder geborenen Christen strikte Dispensationalisten, doch diese sind zweifelsohne die politisch am besten organisierte religiöse Kraft im Land. Und sie gewinnen Jahr für Jahr mehr Anhänger hinzu, eben weil die Bevölkerung mittlerweile glaubt, dass sie das Monopol auf die richtige Auslegung der Heiligen Schrift besitzen. Bücher, die auf den prämillenialen Lehren beruhen, sind zu wahren Bestsellern geworden. 

Hal Lindsays 1970 erschienene Erläuterungen des dispensationalistischen Denkens war das erfolgreichste Buch seines Jahrzehnts. In den Neunzigern wurde eine Romanserie veröffentlicht, die den bedeutungsschwangeren Titel <Left behind> trug. Mit den »Zurückgelassenen« waren natürlich all jene gemeint, die sich nicht für die »Entrückung« qualifiziert haben. Von dieser Serie wurden sage und schreibe 85 Millionen Exemplare verkauft.  

Wenn dispensationalistische Prediger bei Politikern vorstellig werden, können sie mit Fug und Recht behaupten, eine Wählergemeinde von 40 bis 70 Millionen biblischer Seelen hinter sich zu haben. Ronald Reagan war der erste republikanische Politiker, der sich diese Stimmen zu Nutze machen konnte. Öffentlich erklärte er, selbst an das nahe Ende aller Tage zu glauben.

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Merkwürdigerweise unternahm Reagans Nachfolger, der erste George Bush, wenig, um die Evangelikalen auf seine Seite zu ziehen. Trotz all seiner Bemühungen, sich selbst als krachledernen Texaner hinzustellen, gelang es ihm nicht, über seinen Ostküsten-Schatten zu springen. Er mochte die Bibel-Kämpfer nicht, und sie erwiderten dieses Ressentiment.

Sein Sohn, George W. Bush, hatte dagegen keinerlei Berührungsängste. Er war sein Leben lang texanischer Geschäftsmann gewesen, und so fühlte er sich wohl in der Old-Boys-Riege der weißen Rassisten. Ihr anti-intellektuelles Macho-Gehabe bereitete ihm keinerlei Kopfzerbrechen. Und so warf er sich den Sunbelt-Evangelikalen ohne Hemmungen an den Hals. Er unterband das Fluchen im Weißen Haus und führte ein wöchentliches Gebets-Frühstück ein. Nach dem Erwachen bringt er täglich eine Stunde im Westflügel zu, wo er evangelikale Schriften liest.

Zu seinen Lieblingspredigern gehört Oswald Chambers. Chambers war im Ersten Weltkrieg baptistischer Geistlicher. In Palästina predigte er die Segnungen des Dispensationalismus den australischen Truppen, welche das frühere ottomanische Reich besetzt hielten und Jerusalem eingenommen hatten. In der Folge eine Kostprobe der Auslassungen von Reverend Chambers, aus denen der aktuelle Präsident der Vereinigten Staaten seine Einsichten bezieht: »Wagst du es, auch nur eine Sekunde lang mit Gott zu rechten, wenn Er gesprochen hat, ist es um dich geschehen ... Achte nicht der Gefahr, riskiere alles und gib dich ihm ohne Schranken hin... Wirf dich auf ihn mit allem, was du hast... Du wirst Seine Stimme nur noch deutlicher hören, wenn du kühn alles in die Waagschale wirfst.« Man kombiniere nun diese Art gläubiger Heißblütigkeit mit der Militärmacht des Pentagon, und schon haben wir alle ernsthaften Grund zur Sorge.

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Da überrascht es auch nicht weiter, dass Bush seinen evangelikalen Anhängern versprach, so viel Steuergelder wie möglich in »glaubenszentrierte« Programme zu stecken. Unter diesen »glaubenszentrierten Programmen« versteht man die Sozialdienste, die von den Kirchen — in Amerika meist von evangelikalen Kirchen — unterhalten werden. Natürlich werden diese hemmungslos zur Missionierung neuer Gläubiger genutzt. Dies ist eine skandalöse Missachtung des verfassungsmäßigen Grundsatzes, der die Trennung von Kirche und Staat festschreibt. Doch diese Trennung ist den Evangelikalen ohnehin ein Dorn im Auge, und so würden sie diesen Passus lieber heute als morgen aus der Verfassung streichen. Sie haben sogar einen neuen Zusatzartikel von christlichem Anstrich zur Verfassung der Vereinigten Staaten ersonnen. Er beginnt so: »Die Vereinigten Staaten sind eine christliche Nation. Der Kongress soll keine Gesetze erlassen, welche die freie Ausübung aller christlichen Religionen behindert.«

Der dispensationale Fundamentalismus ist die erste Form christlichen Glaubens, die ein erhöhtes Interesse an der Außenpolitik zeigt. Seine Anhänger sorgen sich sehr um die amerikanische Bevölkerungspolitik in der Welt. So wurden zum Beispiel alle Entwicklungshilfegelder gestrichen, die innerhalb von Familienplanungsmaßnahmen auch Abtreibung ermöglichen könnten. Die Ärzte, die nach dem Sturz von Saddam Hussein in den Irak geschickt wurden, um die medizinische Versorgung wieder aufzubauen, mussten strikte Abtreibungsgegner sein. Auch haben die Dispensationalisten als erste religiöse Vereinigung eine Pressure Group für die aggressive Förderung einer bestimmten Form der Außenpolitik gegründet: die National Christian Leadership Conference on Israel. Die politische Stoßrichtung ist eindeutig: die Unterstützung israelischer Hardliner, wie es der Likud-Block, der Zusammenschluss konservativer Parteien unter Ariel Scharon, ist.

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»Schickt ihnen Geld, schickt ihnen Waffen, stellt sicher, dass sie gewinnen, ganz egal, was es kostet.« Im neunzehnten Jahrhundert gehörten die christlichen Kirchen, vor allem die evangelikalen, zu den antisemitischsten Gruppierungen in ganz Amerika. Damals hieß es, die Juden hätten ihre Chance gehabt, Jesus als Messias anzuerkennen, nun aber sei die Gelegenheit vertan. Heute stehen gerade die Juden im Zentrum der dispensationalen Theologie.

Millionen von evangelikalen Christen sind heute Single-Issue-Wähler, die ihre Wahlentscheidung danach ausrichten, welcher Kandidat wohl die am wenigsten kompromissbereite Politikerfraktion in Israel unterstützt. Und diese wiederum kultivieren recht geschickt die Unterstützung durch die evangelikalen Christen. Sie setzen auf die fundamentalistische Karte, und das fortgesetzt. Als der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu 1998 Washington besuchte, erteilte er Präsident Clinton eine brüske Abfuhr und zog es stattdessen vor, auf einer Versammlung evangelikaler Christen zu sprechen, wo man ihm lange und heftig Beifall zollte. Diese Versammlung wurde von Reverend Jerry Falwell gesponsert, der wiederum zu einer Gruppe gehört, die 200.000 Seelsorger zu ihren Getreuen zählt, die sich nicht scheuen, ihre Wähler entsprechend zu beeinflussen. Tatsächlich hat Falwell öffentlich gewarnt, dass die evangelikalen Wähler jeden Politiker bestrafen würden, der es wagen sollte, einem Kompromiss mit den Palästinensern zuzustimmen.

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Die Triumphalisten an sich sind nicht religiös orientiert, nicht einmal ihre jüdischen Anhänger stellen die Religion in den Vordergrund. Doch einige Triumphalisten versuchen, der Instabilität im Nahen Osten Herr zu werden, indem sie die Hardliner in den israelischen Parteien unterstützen. Und an diesem Punkt überschneiden ihre Interessen sich mit denen der Fundamentalisten. Sie hoffen, dass eine starke amerikanische Militärmacht im Irak dazu dienen könnte, den Iran und die arabischen Länder entsprechend einzuschüchtern, sodass diese wiederum ihre Hilfen an militante palästinensische Gruppen einstellen. Als George W. Bush um die Wählerstimmen der Evangelikalen buhlte, mag dies tatsächlich aus einer gewissen Neigung zu ihren theologischen Positionen geschehen sein. Seine triumphalistischen Berater jedoch sehen die dispensationalen Christen in erster Linie als Wählerpotenzial, das ihre extremistische Strategie im Nahen Osten unterstützt. Wozu natürlich auch die Kontrolle über die Ölfelder im Irak und anderswo perfekt passt. Der aufmerksame Beobachter fragt sich, welches der zwei Lager in dieser unwahrscheinlichen Ehe zwischen wahren Gläubigen und hartgesottenen Realpolitikern opportunistischer ist.

George W. Bushs persönliche Geschichte ist ein schlagendes Beispiel dafür, wie sehr ein Politiker sich in religiösen Banden verstricken kann. In seiner Jugend riss eine starke Dosis christlicher Mäßigung den Jungen aus den Fängen des Alkoholismus. Dieser therapeutische Erfolg hatte Konsequenzen, denn von nun an glaubte der junge George W. unbesehen alles, was die Gemeinde der evangelikalen Christen lehrte, unter anderem auch, dass das Ende nah sei und der Staat Israel auf die Wiederkehr Jesu Christi vorbereitet werden müsse. Niemand kann genau sagen, ob dieser Glaube die treibende Kraft hinter Bushs Außenpolitik ist. Die Pressevertreter waren bislang zu zurückhaltend, um ihm diese Frage zu stellen.

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Doch nachdem wir alle anderen ihrer höchst fragwürdigen Zutaten untersucht haben, als da wären der unbändige Drang nach Kontrolle der Weltölvorräte, das Ringen um eine neue Rechtfertigungsstrategie für ein ausuferndes Militärbudget nach Beendigung des Kalten Krieges und die schlichte, machohafte Faszination von der eigenen Bedeutung in der Welt, kann man diese Art von Spinnerei noch als Sahnehäubchen auf die irre Mischung setzen. Bush hat den Vereinigten Staaten eine Außenpolitik verordnet, die uns für Armageddon wappnen soll. Er hat seinen Glauben religiösen Fanatikern geschenkt, welche die Lösung für die Probleme der Welt in der Heiligen Schrift suchen. So unglaublich dies klingen mag, doch es gibt tatsächlich religiöse Gruppen, die sich jeden Sonntag treffen, um darüber zu entscheiden, ob die amerikanische Außenpolitik gottgefällig und durch die Prophezeiungen des Propheten Hesekiel abgesegnet ist.

Selbst wenn die Zukunft auch Rückschläge für die evangelikale Politik bereithalten mag, können wir doch sicher sein, dass aus der republikanischen Partei eine lange, ununterbrochene Reihe von Führern wie George W. Bush hervorgehen wird. Ein großer Teil Amerikas will Menschen wie ihn im Weißen Haus sehen — und ist fest entschlossen, seinen Willen durchzusetzen. 

Die Geschichte unseres Landes wird Bush vor allem als ernüchterndes Beispiel jener Führungspersönlichkeiten in Erinnerung behalten, welche diese neue politische Frömmigkeit hervorbringt. Wenn es ein Alarmsignal gibt, das die Welt hinsichtlich der außenpolitischen Absichten der Vereinigten Staaten aufhorchen lassen sollte, dann ist es die Tatsache, dass ein Mann wie er Präsident werden konnte — mit welchen Mitteln auch immer.

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Wenn die Historiker einst auf den Irakkrieg zurückblicken werden, werden sie sich verwundert fragen, wie eine der größten Veränderungen im Weltwirtschaftssystem von einem Mann mit so offensichtlich begrenzten Fähigkeiten und solch zweifelhafter Moral umgesetzt werden konnte. Bush ist sicher einer der engstirnigsten und plattesten Präsidenten seit Warren Harding in den 1920er Jahren. Bevor Bush ins Weiße Haus kam, hatte er nicht viel von der Welt gesehen. Noch weniger allerdings hatte er gelesen. Seine Ausbildung hatte er in Betriebswirtschaft erhalten, was keine große intellektuelle Finesse erfordert. Und selbst in diesem Fach brillierte er nicht gerade mit überragenden Leistungen. An der Universität tat er sich vor allem als »Party-Smartie« und Cheerleader des Football-Teams hervor.

Auch seine berufliche Karriere stellte ihn nicht vor große Herausforderungen. Irgendwann einmal besaß er ein Baseball-Team. Als Manager einer texanischen Ölfirma nutzte er die Steuergesetzgebung so kreativ, dass seine Firma mehr Gewinn erzielte. Als man ihn danach fragte, rechtfertigte er sein Verhalten damit, dass alle seine Maßnahmen legal gewesen seien. Bushs wichtigster Lesestoff waren lange Zeit über Predigten und simplifzierende religiöse Traktate gewesen. Während seiner Zeit als Gouverneur von Texas waren dies die einzigen geistigen Anregungen, die er sich genehmigte. Aus diesen Quellen floss ihm die Einsicht zu, dass er im Kampf gegen das kosmische Böse Gottes auserwähltes Werkzeug sei. Wie kommt ein so schlichter Geist wie er zu einem solch unerschütterlichen, an Größenwahn grenzenden Selbstbewusstsein? Na, ganz einfach — er macht sich zum Partner Gottes. In Bush tritt uns eine außerordentliche Hybris entgegen, die sich nun auf höchstem politischem Niveau ausagieren kann und dabei auch noch die größte Militärmacht der Geschichte im Rücken hat.

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Die ständig wachsende Macht äußerst intoleranter christlicher Fundamentalisten innerhalb der Republikanischen Partei hat Amerikas Politik gefährlich weit an den rechten Rand gerückt, weiter, als dies noch im zwanzigsten Jahrhundert vorstellbar war. Unter dem Druck religiöser Fanatiker setzt die Republikanische Partei nun ohne jede Hemmung eine Politik um, die nicht nur allen wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern auch dem gesunden Menschenverstand Hohn spricht. In Hinblick auf globale Erwärmung und andere drängende ökologische Fragen finden die Republikaner sich nun Seite an Seite mit Evangelikalen, die wähnen, das Ende der Welt werde lange vor dem Tag eintreten, an dem irgendwelche Umweltprobleme ein kritisches Ausmaß annehmen könnten.

Ein apokalyptischer Christ sieht nun einmal keinen Sinn darin, sich um die Zukunft eines Planeten Sorgen zu machen, der ohnehin bald im Zuge der Entrückung ausgelöscht wird. Ähnlich wird auch die Position der Republikanischen Partei zur Stammzellenforschung vom religiösen Fundamentalismus bestimmt, der jede Art von Biotechnologie für unnatürlich und nicht von Gott gewollt betrachtet. Freilich geben einige Formen genetischer Forschung durchaus zu ethischen Überlegungen Anlass, doch kann diese Diskussion wohl kaum sinnvoll geführt werden, wenn man sie mit wörtlichen Bibel-Auslegungen erschwert.

Und so bedienen sich religiöse Extremisten auf manchmal recht bizarre Weise der innen- und außenpolitischen Positionen der Triumphalisten für ihre Zwecke. Beispielsweise besuchen ganze Heerscharen von ihnen auf Bibelreisen den Tempelberg in Jerusalem, wo sie sich den genauen Ort zeigen lassen, an dem Jesus stehen wird, wenn die Himmel herniederkommen und die Verdammten ihr endgültiges Urteil finden.

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Interessant ist für sie dabei nur eines: Werden jene, die der Entrückung würdig sind, nackt oder gewandet in den Himmel geführt? Die politischen Verbündeten in Washington wiederum ermöglichen den evangelikalen Glaubensgemeinschaften, Missionare in den Irak zu schicken, um die Muslime von ihrer falschen, ja dämonischen Religion abzubringen. Mitunter nehmen die evangelikalen Strategien geradezu surreale Züge an.

So findet sich zum Beispiel im Vierten Buch Moses ein Hinweis darauf, wie man sich dem Tempel zu nähern habe: Der Gläubige muss vorher mit ein wenig Asche aus der rituellen Schlachtung und Verbrennung einer vollkommen roten Färse bestreut werden, einer Kuh also, die kein Haar einer anderen Farbe am Leib hat. Die heiligenden Überreste der letzten vollkommen roten Färse verloren sich im Dunkel der Geschichte, als die Römer 70 n. Chr. Jerusalem zerstörten. Auch jetzt, da die Juden der Moderne ins Heilige Land zurückgekehrt sind und es als ihre Heimat betrachten, ist der dritte Tempel noch nicht errichtet worden. Das liegt zum Teil einfach daran, dass an dem Ort, an dem er erbaut werden müsste, heute der Felsendom steht, eine der heiligsten Stätten des Islam. Doch in Israel gibt es genug Leute, die dieses Heiligtum sofort mit eigenen Händen niederreißen würden — wenn sie rein genug wären, dass sie diesen Ort betreten und dort den neuen Tempel bauen dürfen. Ob diese Reinheit sich je wieder herstellen lässt, hängt also nicht zuletzt davon ab, ob man noch eine vollkommen rote Färse findet und sie zu heiliger Asche verbrennen kann. Daher suchen fromme Israelis eifrig nach dieser roten Färse.

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Doch den Evangelikalen in den Vereinigten Staaten geht das nicht schnell genug. Und so gibt es ebenso fromme Viehzüchter aus Texas, die versuchen, solche eine Färse zu züchten. Alles zu dem Zweck, so bald wie möglich, eine »rote Färse ohne Fehl« greifbar zu haben. 

Israelische Siedlungen im Westjordanland... das Öl im Irak ... die Wiederkehr Jesu ... die Entrückung. Was für eine albtraumhafte Mischung aus Realpolitik und purem Aberglauben die amerikanische Außenpolitik doch geworden ist!

 

  Der Kampf gegen den Pluralismus  

 

Man schrieb das Jahr des Herrn 1972. Die junge Frau, die mir in meinem Arbeitszimmer gegenübersaß, war der erste »Jesus-Freak«, dem ich je begegnet bin. Sie war Anfang zwanzig, mit einem energischen Blick aus strahlenden Augen, und trug eines jener bunten Papageienkostüme aus dem Secondhand-Laden, die zur Uniform der Hippiebewegung wurden. Sie wollte mich für eine neue Campus-Zeitschrift der Universität von Berkeley interviewen, an der ich damals unterrichtete. Die Zeitschrift hieß One — als Hinweis auf den »einen« Weg zu Gott.

Es ging ihr allerdings mehr ums Predigen als ums Zuhören. Sie wollte mir von der christlichen Gemeinschaft erzählen, die sie mitaufgebaut hatte. Ich hörte ihr zwar durchaus aufmerksam zu, letztlich aber überwog in meiner Haltung eine Art abschätziger Interesselosigkeit. Immerhin beschäftigte sich damals jeder, der sich für Religion interessierte, mit der »Weisheit des Ostens«, also mit Zen, Hinduismus oder Sufismus, statt sich der unverfälschten, alten Tradition des Kreuzes zuzuwenden.

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Außerdem fand ich bald heraus, dass sie mit diesem Gespräch durchaus ihre eigenen Ziele verfolgte. Sie fragte mich, ob sie mich zitieren dürfe: Ob nicht sie und ihre Barfuß-Jünger die wahre Gegenkultur jener Tage darstellten? Ich hatte den Begriff der »Gegenkultur« damals gerade erst geprägt. Es ging dabei letztlich darum, dass der Jugendprotest jener Tage nicht nur die standardmäßigen politischen Themen umfassen konnte. Ich musste zugeben, dass der christliche Populismus, den sie vertrat (»Gib deine Habe den Armen und folge mir nach«), ganz entschieden »gegen« den Materialismus des amerikanischen Mainstreams gerichtet war. Dummerweise gab es in unserer Konversation dieses immer wiederkehrende Motiv. Das »Eine« zog sich durch alles, was sie sagte. Der emblematische Gestus der Jesus-Jünger war der eine Finger, der gen Himmel zeigte. »Ein« Finger stand für »einen« Weg, »eine« Wahrheit, »einen« Pfad zum Heil.

Doch genau jenes Fehlen jeglichen Absolutheitsanspruches war es, was mich an der damaligen Protestbewegung der Jugend so faszinierte, der Geist der Offenheit und des Abenteuers, die Bereitschaft zum Sammeln und Experimentieren, die Faszination angesichts des Exotischen und Verbotenen. Im Gegensatz dazu roch die jüdisch-christliche Religiosität meiner Besucherin gefährlich nach einem zwanghaften Bedürfnis nach Strenge und Orthodoxie. Und diese hatte ich nun in meiner Schulzeit, die vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil und seinen Liberalisierungstendenzen lag, wirklich im Übermaß genossen. In St. Veronica, einer Schule im polnischen Viertel von Chicago, in dem ich aufgewachsen bin, hieß Religion das Auswendiglernen des Katechismus mit einer gesalzenen Portion Kopfnüssen. Wie also sollte etwas so Rückwärtsgerichtetes wie die konservative Religiosität meiner Besucherin auch nur die geringste Überlebenschance haben? 

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Wie man sich doch täuschen kann! Zwei Monate nach dem Interview, in dem ich die Zustimmung zu dem gewünschten Zitat verweigerte, brachte das Time Magazine eine Titelstory über die »Jesus-People« und schrieb, dass dies die heißeste Sache sei, die sich momentan auf dem Campus der amerikanischen Universitäten abspiele. Dies war das erste Anzeichen für das Heraufdämmern einer einflussreichen politischen Bewegung in den Vereinigten Staaten: dem Aufstieg der Evangelikalen zur Macht.

Etwa zehn Jahre später gab nicht zuletzt die religiöse Bewegung der Moral Majority den Ausschlag, als es darum ging, Reagan ins Weiße Haus zu bringen. Und wieder zwanzig Jahre später sehen wir uns zur Jahrtausendwende mit George W. Bush konfrontiert, dem Präsidenten, der unter all seinen Vorgängern seine religiöse Überzeugung wohl am unverhohlensten mit dem Amt verquickt. Einen wieder geborenen Texaner, der Kabinettssitzungen mit einem Gebet eröffnet, der sicherlich den Rekord im Gebrauch des Wortes »böse« bei Pressekonferenzen hält und der jede Rede mit einem frommen »Gott segne Amerika« beendet. Und George W. Bush gibt seinen religiös-konservativen Wählern nicht nur innenpolitisch, was sie sich wünschen: »glaubenszentrierte« Sozialprogramme, die Einschränkung des Rechts auf Abtreibung und das Schulgebet. Nein, er bringt außerdem die amerikanische Außenpolitik mit dem Wirken der Vorsehung in Einklang.

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Aber fallen denn nicht auch die evangelikalen Anwandlungen des Präsidenten unter den Schutz des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf Religionsfreiheit wie die religiösen Ansichten jedes anderen Bürgers? Natürlich. Aber gewisse Zweifel an den Folgen der Bibelhörigkeit auf höchster Ebene sind doch wohl erlaubt. Mir geht immer noch das Argument im Kopf herum, das der rechte Flügel während der Kommunistenverfolgung der McCarthy-Ära so gewandt im Munde führte. Die Kommunisten, so hieß es damals, nutzten die Freiheitsrechte nur, um sie abzuschaffen, sobald sie an die Macht gelangt seien, falls ihnen dies je gelingen sollte. Ich persönlich frage mich, wie es um die Freiheit der Religionsausübung stünde, wenn militante christliche Fundamentalisten die Regierungspolitik tatsächlich ganz allein bestimmen würden. Wir reden hier immerhin von Leuten, die von der »biblischen Pflicht« sprechen, »diese Nation zu erobern« (Randall Robertson, der Führer der Antiabtreibungs-Organisation Operation Rescue).

Doch es gibt etwas, was mich am wachsenden Einfluss der religiösen Rechten auf das politische Leben Amerikas weit mehr irritiert. Dieses Unbehagen trage ich seit meinem Treffen mit der »Jesus-Studentin« 1972 mit mir herum. So nett und höflich sie auch war, kamen andere Ideen als die ihren zur Sprache, war sie völlig abweisend. Und warum? Weil ich als Humanist und Liberaler in ihren Augen ohnehin eine verdammte Seele war. Und so hielt sie während unseres Gesprächs die Augen fest gen Himmel gerichtet, um von meiner weltlichen Gesinnung nicht befleckt zu werden.

Habe ich mich über dieses Gespräch geärgert? Nein, nicht wirklich. War mir doch bewusst, was da ablief. In meiner katholischen Jugend ging ich mit anderen Menschen genauso um. Vom Elfenbeinturm meiner sündlosen Reinheit herab betrachtet waren die Menschen, mit denen ich Umgang hatte, ganz sicher zur Verdammnis verurteilt.

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Ich weiß noch, dass ich mich abends in den Schlaf weinte, weil ich felsenfest davon überzeugt war, dass meine Eltern in die Hölle kommen würden — weil sie die Messe versäumt oder am Freitag Fleisch gegessen hatten. Zu Gottes Auserwählten zu gehören hüllte mich in einen dichten Mantel herablassender Gewissheit, wenn ich mit Menschen zu tun hatte, die ich nicht mochte oder die eine andere Meinung vertraten als ich. Schließlich war ich Mitglied in einem der exklusivsten Clubs des Universums — dem Club der Auserwählten.

Nichts verzerrt die Optik in der Beziehung zu unseren Mitmenschen gründlicher als die Überzeugung, für den Thron der Heiligen bestimmt zu sein, während das Gegenüber der ewigen Verdammnis anheim fallen wird. Und je buchstäblicher der Glaube ausgelegt wird, desto größer die Verwerfungen. Auch wenn die Gläubigen versuchen, taktvoll zu sein, gibt es doch keine größere Kluft zwischen zwei Menschen als den Glauben, dass der eine zur ewigen Seligkeit bestimmt ist, während der andere die Hölle von innen kennen lernen wird. Im Extremfall — und wir sollten uns klar machen, dass wir es hier mit einer grassierenden Form von religiösem Extremismus zu tun haben — bedeutet die Hinwendung zum Einen, Einzigen Gott den leidenschaftlichen Kampf gegen jede Form des Pluralismus. Das bereitet mir tatsächlich Sorgen — nicht, weil ich nun einmal unheilbar an die Freiheit des Einzelnen glaube, sondern weil ich um die Qualität unseres kulturellen Lebens fürchte.

Denn mit »Pluralismus« meine ich kein abstraktes Rechtsgut. Ich meine die spontane Freude am Facettenreichtum des Mensch-Seins, die Neugier, die wir empfinden, wenn wir mit jemandem zu tun haben, der einen ganz anderen Weg eingeschlagen hat als wir, einen Weg, der uns vielleicht sogar neugierig macht.

Diese überwältigende Fülle hatte Walt Whitman im Sinn, als er Demokratie definierte als den Gesang von uns selbst. Er sah Amerika als gewaltige Jazz-Improvisation über eine Million Themen, die uns die Vergangenheit vermacht hat. »Ich höre Amerika singen«, schrieb er, »unzählige Lieder vernehme ich.« Der aus San Francisco stammende Dichter Robert Duncan formulierte Whitmans demokratische Ideale aus, als er schrieb, wir leben in einem Symposium des Ganzen, einer Zeit, in der »alle früher ausgeschlossenen Gruppen hereingenommen werden in das große Ganze — das Weibliche, das Proletariat, das Fremde, das Tier, das Pflanzenreich, das Unbewusste und das Unbekannte, das Kriminelle und das Scheitern — alles, was einst marginalisiert und an den Rand gedrängt war«.

Eine wirklich whitmansche Demokratie garantiert uns nicht nur das Recht auf das eigene Lied, sie ermutigt uns sogar zum Singen. Wahre Demokratie braucht Vielfalt, Originalität und Experimentierfreude. In diesem Sinne ist Demokratie Mittel und nicht Zweck. Dies ist das Thema, das wir alle variieren und an unsere Mitspieler weitergeben, wie das in einer guten Jazz-Band nun einmal der Fall ist.

Können Jazz und Jesus nebeneinander existieren? Das muss jeder Christ für sich entscheiden. Jede Religion ist das, was ihre Gläubigen aus ihr machen. Einer Tatsache aber bin ich mir vollkommen sicher: Wer die pluralistischen Werte unserer Gesellschaft als Werk des Satans verdammt, unterminiert die Demokratie und beraubt uns unseres kulturellen Reichtums. Das ist der schlimmste Preis, den wir für den politischen Erfolg einer erstarkenden religiösen Rechten in Amerika bezahlen werden. Wir verlieren die Verbindung zu den existenziellen Wurzeln der Demokratie. Und doch beten Millionen meiner Landsleute dafür, dass genau dies geschieht.

Das Ergebnis einer solchen Entwicklung ist nicht einfach nur ein hässlicher Fleck auf der mehr oder weniger weißen Weste Amerikas. Dieser Kampf gegen den Pluralismus setzt sich in den internationalen Beziehungen des Landes fort. Schlimm genug, wenn die Vereinigten Staaten ausziehen, ein neues Weltreich zu errichten. Noch schlimmer aber, wenn dieses Imperium unter der Kontrolle bigotter Betbrüder steht, die den Rest der Menschheit als hässlichen Pfuhl verdammter Seelen betrachten.

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