Start    Weiter 

14.  Achtung Ökodiktatur

 

175-186

"Beim Gongschlag war es 20 Uhr. Heute ist Donnerstag, der 24. November 1997. Sie hören Nachrichten der Umwelt­sendeanstalt, angeschlossen sind der Ökofunk und die gleichgeschalteten Rundfunkanstalten der Länder.

BRASILIA: Nach dem Einsatz einer Eliteeinheit der UN-Umwelttruppe <Grün-Kreuz>, mit dem erfolgreich drei illegale Hochöfen im nordwestlichen Amazonasgebiet Brasiliens gesprengt wurden, gab der leitende General von <Grün-Kreuz> bekannt, daß bei dem Einsatz drei Arbeiter und einer der Betreiber der illegalen Anlagen zu Tode gekommen seien. Das Unternehmen bezeichnete er insgesamt als großen Erfolg. Ein Sprecher der brasilianischen Regierung bedauerte den Zwischenfall und bedankte sich für die Unterstützung von <Grün-Kreuz>, wies jedoch darauf hin, wie schwierig angesichts der prekären Wirtschaftslage und der zunehmenden Verarmung die Bekämpfung solcher illegalen Produktionseinheiten sei. Man müsse bedenken, daß es aufgrund des Hungers allein im letzten Jahr zu einem dreißigprozentigen Anstieg der Kindersterblichkeit gekommen sei und sich immer wieder Unternehmer fänden, welche die Arbeitswilligkeit der Bevölkerung skrupellos ausnutzten. In einer Erklärung der Umweltschutzguerillas <Kämpfende Umwelt> hieß es jedoch, die brasilianische Regierung stecke insgeheim mit den Umwelt­verbrechern im Amazonasgebiet unter einer Decke.

BONN: Die Bundesumweltregierung hat die Vorwürfe Frankreichs, der hohe Ausstoß an Kohlendioxyd aus deutschen Kohlekraftwerken stelle eine existentielle Gefährdung Frankreichs dar, entschieden zurückgewiesen. Frankreich streiche den niedrigen Kohleanteil bei der eigenen Stromerzeugung nur heraus, um über Probleme bei der Erreichung der europäischen Austeritätsnormen hinwegzutäuschen. Die Bundesrepublik habe allein im letzten Jahr den Lebensstandard erfolgreich um 12 Prozent gesenkt und damit in Europa Maßstäbe gesetzt. Gerüchte, wonach die Regierung der Sowjetunion der Bundesrepublik Hilfe angeboten habe, falls französisches Militär das Kohlekraftwerk Buschhausen sprengen würde, bezeichnete ein Regierungssprecher als völlig aus der Luft gegriffen.

STUTTGART: Die Gewerkschaft der Polizei und Umweltpolizei (GPU) beklagt zunehmende Probleme des Müllsortierdienstes, weil Getränkeverpackungen der Klasse 2C nicht in die dafür vorgesehenen Sondercontainer geworfen werden. In Handzetteln und mit Lautsprecherwagen forderte die GPU die Bevölkerung zur Nachbarschaftshilfe bei der Ermittlung der Umweltsünder auf. In den seit zwei Jahren eingeführten gläsernen Mülltonnen seien die 2C-Verpackungen durch die rote Markierung leicht zu identifizieren. Wo die gläsernen Mülltonnen noch nicht bereitstellen, lohnt sich ein kurzer Blick in die Mülltonne des Nachbarn. Gleichzeitig wandte sich die GPU gegen neue gesetzliche Maßnahmen zur Eindämmung dieses Umweltdelikts; die bisher praktizierte Zwangsabstellung von Strom, Gas und Wasser sei zur Abschreckung dieses Umweltvergehens ausreichend, wenn sie im Rahmen der bestehenden Gesetze konsequent angewendet würde."

Ende der fiktiven Nachrichten.

 wikipedia  Gossudarstwennoje_polititscheskoje_uprawlenije  GPU wie Tscheka wie Stasi; nicht lustig

176/177

   Öko befiehl, wir folgen!  

Wer meint, diese Nachrichten der Umweltsendeanstalt seien völlig übertrieben und an den Haaren herbeigezogen, der möge sich einmal sehr aufmerksam eine Woche lang die Nachrichten anhören und darauf achten, welcher Teil der Sendezeit schon heute auf das Thema "Umweltschutz" entfällt. Oder er sollte hellhörig werden, wenn Sendungen wie "In Zukunft ... Ökodiktatur" in seiner Programmzeitschrift angekündigt werden.

detopia: Genauso könnte man nach dem Lesen dieses Buches sagen: "In Zukunft ... Schauerhammer-Diktatur", denn diese wird ja durch dieses Buch angekündigt und eine Diktatur ist es auf jeden Fall. - Warum? Eine Erdwelt, die von technischen Großprojekten, wie Kernfusion und Marsbewohnung abhängig ist, kann nur zentralistisch-diktatorisch geleitet werden.

Ohnehin ist bisher nur den Aufmerksamsten aufgefallen, daß inmitten der vielen Umweltnachrichten plötzlich ein ganz neues Wort geschaffen wurde: Ökodiktatur! Am 17. Juni 1989 fragte zum Beispiel das Magazin Der Spiegel: "Sind die Widerstände der Industrie und der Bevölkerung mit demokratischen Mitteln zu überwinden, oder etablieren sich womöglich Ökodiktaturen?" Wogegen sich der Widerstand von Bevölkerung und Industrie richten wird, verriet das Magazin auch: "Schärfere Eingriffe in den energieintensiven Bereich der Volkswirtschaft ..., um den globalen Klimaschock wenigstens abzuschwächen." Im Verlauf des gesamten Artikels wendet sich Der Spiegel mit keinem Wort gegen die Gefahren ökodiktatorischer Maßnahmen. Der Leser erhält im Gegenteil den Eindruck, die Ökodiktatur sei ein möglicher "Weg aus der Ökokrise" unter anderen.

Die Beweise für die "Ökokrise" fehlen. Nicht nur das, die Ökostrategen behaupten, man müsse die politischen Maßnahmen zur Vermeidung der "Ökokrise" ergreifen, bevor es überhaupt wissenschaftliche Beweise dafür gibt, sonst sei bereits alles zu spät. Das ist nichts anderes als der Ruf nach einem Ökoermächtigungsgesetz ohne jegliche Kontrollmöglichkeit der Vernunft.

Ganz konsequent verkündet der Autor von Nullwachstums-Studien des Club von Rom, Dennis Meadows, in der erwähnten Ausgabe des Spiegel: "Jetzt ist es bereits zu spät. Die Umweltbedingungen haben sich schon so verschlechtert, daß wir bald nicht einmal die gegenwärtige Weltbevölkerung ernähren und unseren angenehmen Lebensstandard erhalten können."


178

Ist es wirklich zu spät und nichts mehr zu retten? Bei nüchterner Betrachtung kann davon doch nicht die Rede sein! Hier wird künstlich eine Gefahr aufgebaut: Die "grüne Gefahr" einer Umweltkatastrophe. Und wie die Angst vor der "gelben Gefahr" und der "roten Gefahr", so eignet sich auch die Angst vor der Umweltkatastrophe dazu, die Bevölkerung ganzer Staaten zu manipulieren. Dem einzelnen Bürger wird eingeredet, er sei einer gefährlichen Macht hoffnungslos ausgeliefert. Genauso selbstverständlich, wie die Mitglieder der braunen Bewegung vor 50 Jahren an die Macht des jüdischen Finanzkapitals glaubten, sind heute die Mitglieder der grünen Bewegung von der Allmacht der "Atommafia" überzeugt. Wenn die Bewegung wächst, wird die Sache gefährlich, denn dann kann plötzlich ein Führer oder ein Retter auftauchen, der diese scheinbar "uns alle bedrohende" Gefahr zu bannen verspricht. Dieser Retter, nennen wir ihn einfach "Öko", wird natürlich nur den retten können, der genau das tut, was er verlangt. Sind die irrationalen Ängste stark genug, können in Ökos Namen unvorstellbare Opfer verlangt werden. Fast alle diktatorischen Systeme der Geschichte haben auf einem derartigen Rettungsanspruch vor irrationalen Ängsten und scheinbaren Gefahren aufgebaut.

 

  Bahros Rettungsregierung  

"Ein Terrorsystem erster Güte" verordnet Rudolf Bahro den westlichen Demokratien. Dadurch will er zu Staatsformen gelangen, die "wie im Mittelalter" von einer "geistlich begründeten Staatsautorität" diktiert werden. Und er stellt erfreut fest, "daß das moderne Europa via <New Age< beginnt", den dafür notwendigen "Gott zu rekonstruieren".

Unter dem 1989 erschienenen Buchtitel Die Zukunft der Demokratie: Entwicklungsperspektiven der Regierungssysteme in Ost und West legt Bahro für jeden zugänglich seine Heilslehre dar. Zuerst verrät Bahro, daß sein Menschenbild genau zu dem paßt, was man von einem Befürworter eines diktatorischen Systems erwarten muß. Er sagt: "Die Erde steuert eine Besatzung von 10 Milliarden Menschen an, ... und wenn sich die dann alle mit unseren Strukturen versorgen, wird das ein ökologisches Desaster ähnlich dem eines Heuschreckenschwarms, diesen einmal von innen gesehen." 


179

Bahro macht die Menschheit einfach zum Heuschreckenschwarm. Er setzt den Menschen mit einem Schädling gleich.

detopia: Na, na - nicht so schnell: Bahro sagt (wenn RS richtig zitiert): "... ähnlich dem eines Heuschreckenschwarms, ..." - Schauerhammer sagt: "... Schädling.".
Ist der erwähnte Buchtitel wirklich "für jeden zugänglich"? Es handelt sich wohl um einen "Sampler", mit den Nachteilen eines kurzen Textes. Dagegen gibt es ebenfalls seit 1989 das Buch ›Logik der Rettung‹ mit 500 Seiten. Dort legt Bahro tatsächlich "für jeden zugänglich" seine Ansicht dar.
Weiterhin: Bahro hatte nie Macht. (1985 ist er aus den Grünen ausgetreten.) Insofern wirkt es komisch, wenn Schauerhammer sich irgendeinen rausgreift und so tut, als wäre er der Bundeskanzler und der DIHT-Chef.
Bahro hatte nicht mal Geld, um seine Ansichten zu verbreiten. (Schauerhammer hat sogar eine eigene bunte Zeitschrift.)
Weiterhin: "Heilslehre" - na, ich weiß ja nicht. Was soll ich dazu sagen, wenn ich die fetzigsten Stellen des vorliegenden Buches vor Augen habe? ("Entweder wir gewinnen den Mars und die Erde und wir verlieren die Erde." Und vieles mehr.) Das Wort Heilslehre trifft daher eher auf "Sackgasse: Ökostaat" zu.
In diesem Buch (Ökostaat) gibt es kein Literaturverzeichnis. Geschweige denn Anmerkungen. (Daher ist es schwierig, RS zu überprüfen.)

Die Herabsetzung des Menschen zum gleichgeschalteten "Rädchen im Getriebe", zum "Wolf unter Wölfen", oder zur "Heuschrecke im Schwarm" geht immer mit Diktaturen einher. Oswald Spengler behauptete in seinem Untergang des Abendlandes: "Der Mensch ist ein erfinderisches Raubtier... Der Mensch ist ein Element der allebendigen Natur, das sich gegen die Natur empört und diesen Trotz mit dem Dasein büßen muß." Dieses Menschenbild wurde fast wörtlich in Hitlers Mein Kampf übernommen. Spengler ist heute wieder modern. Sein Zitat klingt, als sei es erst gestern vom Podium einer Parteiversammlung der Grünen gerufen worden. Wen wundert's, wenn der Gründer des Club von Rom, Aurelio Peccei, den Menschen noch abwertender als Spengler als "häßlichen Drachen" bezeichnet, der als "Fehlentwicklung der Evolution" büßen muß.

Bahro sieht den Menschen als Heuschrecke, die einfach zu viel frißt. Die "Krise der weißen Zivilisation" besteht seiner Meinung nach darin, daß die kapitalistische Wirtschaft penetrant versucht, die materiellen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Doch dafür sei einfach nicht genügend Lebensraum auf der Erde. Deshalb will er die "Krise" lösen, indem er der Wirtschaftskraft diktatorisch Grenzen setzt und so den Übergang zu einem weltweiten Mangelsystem erzwingt.

detopia: Ich jedenfalls empfinde Bahros Ideen, ausführlich dargelegt in seinem Hauptwerk, ungleich humanistischer als Schauerhammers.

Bahro macht sich auch realpolitische Gedanken darüber, wie dieses ,,Terrorsystem erster Güte" zustandekommen soll. Zuerst müsse die kapitalistische Gesellschaft über den "ökologischen Strich" gebürstet werden, meint er, und freut sich für die Vorarbeit, welche der CDU-Politiker Kurt Biedenkopf unter dem Stichwort "ökologische Marktwirtschaft" geleistet hat. Für Bahro ist die "ökologische Marktwirtschaft" nur ein Einstieg. Da es nämlich "nicht sehr wahrscheinlich ist, daß wir über die Marktmechanismen das Dimensionsproblem unserer Industriegesellschaft in den Griff bekommen werden". Deshalb: Rettungsregierung!


180

"Nun stehen wir vor der Frage, ob wir uns nicht doch wieder eine übergreifende politische, in gewissem Sinne sogar überpolitische Instanz leisten wollen, die - sagen wir - wie die Kirche im Mittelalter verbieten kann, daß die Christen Zins nehmen. Ich meine natürlich das Prinzip; es würde heute einen anderen Ausdruck finden. Ich meine die Idee, daß es eine Macht geben soll, eine gesellschaftliche Macht, die der Wirtschaft überhaupt Grenzen setzen kann. In den Verfassungen der Moderne ist dafür kein Platz." Und auch hier weiß Bahro die Errungenschaften des Sowjetsystems zu schätzen. Denn die "kommunistische Partei ist letztlich eine Kirche". Und zum Beweis fügt er an: "In der Sowjetunion scheint es jetzt so zu sein, daß Gorbatschow jenes bestimmte geistige Potential mobilisieren kann, das in einem weiten Sinne mit Moskau als Drittem Rom zu tun hat."

Glücklicherweise, so meint Bahro, kann man aufgrund der fortgeschrittenen ,,Umweltkrise" heute bereits nach einer ,,politischen Instanz, die der Wirtschaft Grenzen setzen könnte", fragen, obwohl einem dabei normalerweise "niemand anderes als Adolf Hitler und Josef Stalin" einfalle. Doch Bahro hat weiterreichende Ziele vor Augen: Er will "den Staat wieder spirituell begründen".

detopia: Das Buch aus welchem RS hier laufend zitiert, ist schwer erhältlich, daher kann ich diese unglaublichen Zitate nicht nachprüfen. Ich kann immer wieder nur auf Bahros Hauptwerk, 1987, verweisen. -- Wir müssen uns immer wieder klarmachen, daß die Entwicklung der menschlichen Gesellschaften nur sehr sehr selten auf menschliches Gedankengut zurückzuführen ist. Gerade die BüSo - aber nicht nur sie - sind anfällig dafür, diesen Einfluß zu überschätzen. Das wird dort deutlich und lächerlich, wo sie geradezu haßerfüllt "Lügner" entlarven, die schon über 300 Jahre tot sind. (Ich meine den "Lügner" Malthus.) -- Auch Marxens Schriften hätten ohne seine Machtpolitik einen anderen Einfluß gehabt. (Weniger Einfluß, aber besseren.) -- Schriften, resp. Reden, sprechen ja die Menschen nur an, wenn sie ohnehin so denken. (Die christliche Botschaft wurde ja wie der Kommunismus mit Gewalt durchgesetzt.) -- Daher finde ich es falsch, wenn sich zu sehr damit beschäftigt wird, was einzelne Menschen schreiben und diesen Schriften Einfluß auf die Bevölkerung zugeschrieben wird. Man darf nicht vergessen, daß die meisten überhaupt keine Sachbücher lesen.

 

   New Age, der Endsieg der Ökodiktatur  

Bahro kommt zum entscheidenden Punkt: "Wollen wir unter Rettungsregierung nicht bloß einen schönen Namen für eine Militärjunta verstehen, dann ist es entscheidend, welche – und das halte ich für im wesentlichen dasselbe – tiefenpsychologischen, bzw. religiösen oder spirituellen Mächte wir rufen werden... Jetzt also, da die Lebensformen


181

zusammenbrechen, kommt es soweit, daß das moderne Europa via ,New Age' beginnt, Gott zu rekonstruieren ... Es geht erneut um den Begriff des Ganzen ... Wir müssen uns eine geistlich begründete politische Instanz leisten." Und dafür ist "es ganz klar, daß wir eine Weltregierung brauchen." Den wichtigen "Begriff des Ganzen" findet Bahro nicht nur im "New Age", sondern auch im "kirchlichen" Aspekt des kommunistischen Systems. Obwohl nämlich Hegel von Marx "vom Kopf auf die Füße gestellt" wurde, blieb der "Ganzheitsbezug" des Hegeischen Systems, "den man im Mittelalter Gott nannte", bei Marx und auch bei Lenin erhalten. "Moskau als Drittes Rom im weitesten Sinne" ist deshalb für Bahros geistliche Weltregierung gut vorbereitet. Und knallhart stellt Bahro fest: "Was mich betrifft, ist mir durchaus das Risiko klar, wenn ich für uns an eine geistlich begründete Staatsautorität denke. Geistlich begründeter Terrorismus ist der mächtigste von allen."

Bahro bedauert: Die "Hitlerei" mache die Diskussion des Themas schwer, aber man müsse einmal bedenken, daß das, "was wir Demokratie nennen, immer nur dort gediehen (ist), wo das Kapital zusammenkam... In ärmeren Regionen, wo eine größere Knappheit herrscht, kann die Demokratie zwangsläufig nicht so gedeihen." Das gilt natürlich insbesondere für das von Bahro angestrebte geistliche Weltsystem der Knappheit. Deshalb ist er gerne bereit, die parlamentarische Demokratie zu verabschieden, und erklärt sie zur "sekundären Frage". Provokativ fordert er ein "House of the Lord", statt eines "House of Lords", d.h. eines Parlaments. Das "House of the Lord" dürfe "man dann nicht auf den Katholizismus beschränken..., sondern auch Buddha (gehört) ins Pantheon". Doch auf weitere Einzelheiten will sich Bahro noch nicht festlegen. "Das Detail ist jetzt noch nicht wichtig. Es muß entschieden werden, ob wir Instanzen schaffen wollen, mit denen wir der ökologischen Krise wirklich begegnen können".

detopia: Was rege mich auf. Solche Bücher wie Ökostaat gibt es zuhauf. Das bedeutet: Die meisten Menschen wollen das so, wie es hier geschrieben steht. (Und ich ordne mich gern unter.) Aber: Für dumm verkaufen lasse ich mich deshalb noch lange nicht: Also: Der Begriff "geistliches Weltsystem der Knappheit" ist von Ralf Schauerhammer erfunden - nicht von Bahro.


182

   Etappenziel: ökologische Marktwirtschaft  

Nach der Beschäftigung mit Bahros Heilslehre sollte man sich vielleicht die fiktive Nachrichtensendung ins Gedächtnis rufen und sich fragen: Wie würde eine globale Ökodiktatur politisch durchgesetzt? Sicher nicht dadurch, daß sich ein Bahro, ein Öko, oder sonstwer, ein Schnauzbärtchen anklebt und "alles folgt mir nach!" schreit. Wenn man Bahro richtig versteht, dann braucht man für die Ökodiktatur gar keinen Ökodiktator. Viel wichtiger als der Führer selbst ist die Unzahl der Handlanger, Aktionsgruppen, Meinungsmacher, Richter, Blockwarte usw., welche "im Namen des Führers" die Diktatur verwirklichen. Sicher, irgendwann sieht auch Bahro die Notwendigkeit einer "heiligen" Instanz, deren erhabenen Ratschluß die Umweltpriester deuten und dem niederen Volk verkünden, aber auf dem Weg dahin reichen zum Beispiel aufgeblähte Behörden mit schwer kontrollierbaren Kompetenzen. Die können dann mit Notstandsverordnungen oder Rettungsmaßnahmen die Rechte des verfressenen Heuschreckenschwarms zurechtstutzen.

Erstes Etappenziel für die Bundesrepublik ist die Verwandlung der sozialen Marktwirtschaft in eine ökologische Marktwirtschaft. Die Bedeutung ist klar: Für die Begründer der sozialen Marktwirtschaft stand der Schutz und die Sicherung der wirtschaftlichen Grundbedürfnisse jedes Mitglieds der Gesellschaft im Vordergrund. Die ökologische Marktwirtschaft wird den Schutz der Umwelt in den Vordergrund stellen. Wohlgemerkt, Dennis Meadows weiß heute schon, daß wir aufgrund von "Umweltbedingungen ... bald nicht einmal die gegenwärtige Weltbevölkerung ernähren und unseren angenehmen Lebensstandard erhalten können." Die ökologische Marktwirtschaft in der Bundesrepublik wird dafür sorgen.


183

Die entscheidenden Entwicklungen in Richtung Ökodiktatur spielen sich jedoch auf der internationalen politischen Bühne ab. Immer unverschämter pochen supranationale Institutionen auf ihrer Macht und greifen in die Hoheitsrechte einzelner Staaten ein. Immer wieder dienen angebliche Umweltgefahren wie der Klimaschwindel dazu, Rechte für bestehende Behörden der UN oder für die Einrichtung ganz neuer Behörden zu verlangen.

 

   Globalismus  

So forderte zum Beispiel der sowjetische Außenminister Schewardnadse auf der UN-Vollversammlung am 27. September 1988 die Einrichtung eines "ökologischen Sicherheitsrates der Vereinten Nationen" mit Machtbefugnissen, die dem UN-Sicherheitsrat und dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gleichkommen. Dieser "ökologische" UN-Rat soll Sanktionen gegen einzelne Länder ergreifen können, und zur Ausübung der Exekutivgewalt soll eine Eingreiftruppe von "Grünhelmen" aufgebaut werden. Vom sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow wurde das Thema in seiner berühmten Rede vor den Vereinten Nationen am 7. Dezember 1988 aufgegriffen. Und am 2. Oktober 1989 stellte Schewardnadse das Thema vor der amerikanischen Foreign Policy Assocation in einen bemerkenswerten Zusammenhang, als er sagte:

"Unmittelbar vor unseren Augen schlittert die Welt in eine tiefe Wirtschaftsdepression. Die Schulden der Länder der Dritten Welt, die Zinsen, welche sie zahlen müssen, und die Geschwindigkeit ihrer wirtschaftlichen Entwicklung - sind das nicht Zeichen einer drohenden Katastrophe? Die Antwort darauf war jedoch bisher höchst unangemessen. Die bisher ergriffenen Maßnahmen können den Trend nur abmildern oder verlangsamen. Radikale und kraftvolle Schritte sind jetzt notwendig, eine Art von ,New Deal'...".

Nach dieser wirtschaftspolitischen Feststellung ging Schewardnadse ohne Überleitung auf die "ökologische" Frage ein:


184

"Man kann sich sehr gut eine Situation vorstellen, in der eine Regierung ein konventionelles Kraftwerk in einem Nachbarland angreift, um die Vergiftung seiner Bevölkerung mit schwefelhaltigen Emissionen zu verhindern... Solche Konflikte können demographische Probleme schaffen, Hunger und Armut unter der Weltbevölkerung, oder Epidemien ansteckender Krankheiten. Nehmen Sie zum Beispiel die Probleme, die wir auf dem Treffen in Wyoming besprochen haben ... Wir diskutierten mit Präsident Bush transnationale Probleme."

Was heißt das im Klartext? Ein verbohrter AKW-Streiter wird sich vielleicht vorstellen können, daß wegen eines nicht entschwefelten Kraftwerkskamins ein Krieg ausbricht, aber Herr Minister Schwewardnadse glaubt ganz gewiß nicht an diesen Unsinn. Aus dem Zusammenhang wird jedoch klar, was er eigentlich meint: "Der Westen schlittert in eine Wirtschaftskatastrophe. Der Osten ist bereits mitten drin. In Ost und West muß eine radikale Austeritätspolitik durchgesetzt werden. Wir tun das besser miteinander als gegeneinander. Wir rechtfertigen diese Politik und die Schaffung der dazu notwendigen Machtinstrumente vor der Bevölkerung mit der Gefahr einer ökologischen Katastrophe." So plump und kurz würde sich Herr Schewardnadse zwar nie ausdrücken, aber das ist es, was dem Wort "Ökodiktatur" den aktuellen Inhalt gibt.

"Sollen die im Osten doch ihre kommunistische Diktatur in eine Ökodiktatur verwandeln, die westlichen Demokratien sind davor gefeit!" Wer so denkt, hat nicht verstanden, worum es geht. Es geht um eine "globale Ökodiktatur", welche die sowjetische Führung und die amerikanische Machtelite gemeinsam kontrollieren wollen. Über Gorbatschows "Globalismus" darf man nicht vergessen, daß bereits die amerikanische Carter-Regierung ihre extreme Nullwachstumspolitik unter dem Namen "Global 2000" propagierte. Wenn sich der regierende US-Präsident Bush als der "erste Umweltpräsident" der USA brüstet, kann das nur bedeuten, daß er Jimmy Carter in den Schatten stellen will.


185

   Global 2000  

Der 1980 von der Carter-Regierung vorgelegte Bericht Global 2000 enthält bereits ein Programm für eine malthusianische Ökodiktatur. Der Bericht Global 2000 wurde von den meisten mit einer systemanalytischen Computerstudie verwechselt. In Wahrheit handelt es sich vielmehr um einen Erfahrungsbericht darüber, wie die Arbeit verschiedener Regierungsbehörden unter malthusianischen Zielsetzungen zusammengefaßt und der parlamentarischen Kontrolle entzogen werden kann.

Es fragt sich, wie dieses Mißverständnis entstehen konnte, denn die Autoren von Global 2000 drücken sich sehr deutlich aus, wenn sie beschreiben, wie sich ihr Bericht in die Reihe der Nullwachstumsberichte einordnen läßt.

Als ihren Urahnen ehren sie den ersten Bericht an den Club von Rom, Die Grenzen des Wachstums, dessen wissenschaftlicher Wert jedoch gering geschätzt wird. Das entscheidende Verdienst dieses Berichts war die "Einführung neuer Einstellungen", das heißt die "Umwertung der Werte". Die grundlegenden malthusianischen Dogmen waren danach allgemein etabliert, und Global 2000 muß sich damit gar nicht mehr lange aufhalten, sondern kann gleich in der Einleitung feststellen, "verschiedene Bevölkerungen" der Welt hätten bereits "die Belastbarkeit ihrer Lebensräume" überschritten, weshalb "Hunger und Krankheit das Leben von mehr Babys und Kleinkindern fordern werden".

Die Autoren beschreiben dann, wie nach der Umwertung der Werte für Peccei ein "dringendes Bedürfnis bestand, diesem ersten Weltmodell aufgegliederte Studien folgen zu lassen", die zur "Kopplung mit der praktischen Politik führen würden." Die zweite Studie des Club von Rom von Mesarovic und Pestel hat "genau das beabsichtigt". Malthusianische Prinzipien konnten nun von einzelnen Politikern und Institutionen auf ihre besondere nationale Situation angewandt werden, und das wurden sie auch.

Nachdem das erreicht war, sahen die Autoren von Global 2000 ihre Aufgabe folgerichtig darin, eine Institution zu schaffen, unter deren Kontrolle die einzelnen Behörden so organisiert und kontrolliert werden, daß eine globale Nullwachstumspolitik durchgesetzt werden kann. Die systemanalytische Zusammenfassung "bruchstückhafter Analysen von Teilfragen" in den einzelnen Behörden der US-Regierung wurde von einer nur dem Weißen Haus unterstellten Gruppe zu einer "integrierten Analyse" zusammengefaßt. Auf dieser Grundlage konnte dann Politik gemacht werden. Die Autoren stellen fest: "Dieser Ansatz bringt offensichtlich Gefahren... (Er) sorgt für politische Machtkonzentration, indem er der Gruppe für integrierte Analyse einen direkten Draht zum politischen Entscheidungsträger verschafft, während ihre Rechenschaftspflicht gegenüber außenstehenden Analysen sehr begrenzt ist." Nachdem die Autoren glasklar bekunden, wie ein ökodiktatorischer Mißbrauch der Staatsgewalt zu bewerkstelligen ist, rechtfertigen sie ihre Arbeit mit dem "Bedarf" an integrierter Analyse. So einfach ist das, solange die Angst vor der Ökokrise größer ist als die vor der Ökodiktatur!

 

"Beim Gongschlag war es 21 Uhr. Heute ist Donnerstag, der 24. November 1997. Sie hören Nachrichten der Umweltsendeanstalt, angeschlossen sind der Ökofunk und die gleich geschalteten Rundfunkanstalten der Länder.

WASHINGTON: In einer Feierstunde gedachte heute der amerikanische Kongreß unter Teilnahme führender Vertreter des Ecological Control Office (ECO) der Tatsache, daß vor 20 Jahren die weltberühmte Studie "Global 2000" in Auftrag gegeben wurde. ECO-Ehrenpräsident Jimmy Carter schilderte in seiner Festrede, wie vorausschauend diese Studie seinerzeit gewesen sei, indem er feststellte, daß man die Studie zur Zeit ihrer Entstehung niemals hätte umsetzen können, wenn die Tragweite ihrer Ziele erkannt worden wäre. Die allgemeine Meinung wäre einfach dagegen gewesen. Heute seien die Ziele jedoch in Ost und West gleichermaßen anerkannt und Bestandteil der Tagespolitik ..."

186

#

 

 

  www.detopia.de     ^^^^