Quellen      Start    Weiter

    Prolog 1972 

detopia-2023: Literaturangaben sind in den Quellen nach Seitenzahlen geordnet. Hier im Lauftext OHNE Zeichnung.

11-19

Kurz bevor Cromwell in England an die Macht kam, gerieten die Puritaner wegen des Auftauchens einer Gruppe von Leuten in Erregung, die sehr unpuritanische Ansichten vertraten. Sie wurden als <Libertiner> bekannt und erklärten, daß das Eigentum abgeschafft und alle Dinge in Gemeinbesitz gehalten werden sollten, daß die Autorität verschwinden sollte, weil die Menschen gleich seien, und daß man aus dem gleichen Grund auch alle Klassen­unterschiede beseitigen müsse.  Schlimmer noch, sie vertraten die Meinung, daß man den Sex genießen und daß die Menschen ihre Frauen miteinander teilen oder Ehebruch begehen sollten, wenn ihnen der Sinn danach stand.  wikipedia  Oliver_Cromwell (1599-1658)    wikipedia  Libertin    wikipedia  Richard_Baxter (1615-1691)

Tatsächlich hießen sie die Lust in all ihren Formen willkommen, in den Druckwerken der Zeit zeigt man sie beim Trinken und Tabakrauchen, zwei Gewohnheiten, die die Puritaner bekämpften. Der puritanische Theologe Richard Baxter beklagte sich bitter: 

»Sie lehrten... daß dem Reinen alle Dinge rein seien (selbst die verbotenen), und so sprachen sie, als von Gott erlaubt, die abscheulichsten Worte der Blasphemie, viele von ihnen betrieben gemeinhin Hurerei. Das ging so weit, daß eine Matrone, die im Ruf der Frömmigkeit und Nüchternheit stand, von ihnen zu einer so schamlosen Hure pervertiert wurde, daß sie auf einem Karren durch die Straßen von London gefahren wurde.«

Die absolute Verwerfung der puritanischen Maßstäbe durch diese <Hippies> des siebzehnten Jahrhunderts wurde in einem Traktat über die Frauen dieser Sekte aus dem Jahr 1650 folgendermaßen zusammengefaßt: 

«... sie spricht in höchstem Lob von jenen Ehemännern, die ihren Frauen Freiheiten gewähren und frei zustimmen, daß sie sich mit jedem anderen ihrer Mitgeschöpfe vereinigen, auf die ihre Wahl gerade fallen mag; sie lobt die Orgel, die Viola, das Cymbal und die Blasinstrumente der Charterhouse Lane als himmlische Musik; sie leert ihre Gläser freimütig und schließt, daß es keinen Himmel gibt außer den Freuden, die sie auf Erden genießt, sie ist auf den ersten Blick sehr vertraut [das heißt schon bei dem ersten Bekanntwerden sehr freundlich] und tanzt den Canarie [alter, lebhafter Tanz] beim Klang einer Hornpfeife«.

Das war aber keineswegs bloßer Hedonismus, denn viele Angehörige dieser Sekte verließen ihre Heime oder verkauften all ihre Habe, um ein Leben der Armut zu beginnen. Mehr noch, sie fühlten, daß ihr Weg in einem tief moralischen Sinn die richtige Art zu leben sei, und suchten, andere — trotz Verfolgung und körperlicher Angriffe durch die Puritaner — zu ihrer Anschauung zu bekehren.

So seltsam die Libertiner erschienen, waren sie doch nur die letzte Welle einer Flut, die fünfhundert Jahre lang immer wieder durch viele Teile Europas brandete. Immer wieder entstanden Volksbewegungen, die durch eine wilde Ablehnung der konventionellen Haltungen und Meinungen gekennzeichnet waren. Typischerweise waren ihre Anhänger eine <bewegliche, rastlose Intelligenz>, der sich arbeitslose und arbeitsunfähige Angehörige der Arbeiterklasse anschlossen. 

Sie verwarfen das bürgerliche Leben des Kaufmanns mit seinem Luxus und wählten bewußt die Armut; manchmal lebten sie in Kommunen zusammen, manchmal als Individuen, die auf den Straßen bettelten und <hart schliefen>, manchmal lagen sie auch daheim ihren Eltern auf der Tasche. Sie ließen die Haare lang wachsen, kümmerten sich nicht um persönliche Sauberkeit und trugen ungewöhnliche Kleidung: manchmal zerlumpt, manchmal aber auch kostspielig. »Jede Art von Kleidung war erlaubt«, sagt ein Historiker, »sie nähten sich Flicken auf oder schlitzten ihre Gewänder von der Taille abwärts«. 


13

Von einem jungen Mann, dem ungebildeten Antwerpener Handwerker Loy Pruystinck, der um das Jahr 1525 einen beträchtlichen Anhang hatte, hören wir, daß seine Gewänder wie Lumpen zerfetzt, aber mit Edelsteinen benäht waren.    en.wikipedia  Eligius_Pruystinck  bis 1544  

Sie behaupteten, daß es für sie keine Sünde gäbe, und lebten in vollkommener sexueller Freiheit. Zum Teil diente das als Zeichen ihrer Emanzipation von den Konventionen. Tatsächlich behaupteten viele von ihnen, daß der sexuelle Akt ein Mittel der mystischen Erfahrung sei. Frauen fühlten sich von der Bewegung stark angezogen, und durch sie übten die Führer eine gewaltige Macht aus, obwohl die Frauen erklärten, daß sie den Männern keinen natürlichen Gehorsam schuldig seien. Sie kannten kein Gewissen und keine Reue. Der freie Mensch besaß das vollkommene Recht auf alles, was ihm Freude bereitete. Der katholische Mystiker Heinrich Suso sagte: 

»Es wäre besser, daß die ganze Welt zerstört würde und völlig zugrunde ginge, als daß der <freie Mensch> sich von einer Tat zurückhalten würde, zu der ihn die Natur treibt.«

Es war nicht nur ein Recht, sondern fast eine Pflicht, die Reichen zu berauben. Cohn spricht in seinem Buch <The Pursuit of the Millenium> (1957) von der fröhlichen Unehrlichkeit, die Jahrhundert um Jahrhundert als besonderes Charakteristikum gerade dieser Sektierer festgestellt wurde. (Er bezieht sich dabei auf die <Brüder vom Freien Geist>, wie sie genannt wurden.) »Ein Adept vom Freien Geist konnte in einer Taverne essen und dann die Bezahlung verweigern; wenn der Tavernenwirt Geld verlangte, sollte er verprügelt werden.« <Laß die Hand ergreifen, was immer das Auge sieht und begehrt>, war eine ihrer Redensarten. Alle Dinge sollten im Gemeinbesitz gehalten, werden, und alle Menschen waren gleich, so daß niemand auf mehr Anrecht hatte als ein anderer.

Einige dieser Bewegungen, von denen wir erstmals Ende des elften Jahrhunderts hören, waren in erster Linie Bewegungen des politischen Protests — <linksgerichtete Organisationen>, wie wir heute sagen würden; sie entstanden unter den Armen, besonders unter dem landlosen städtischen Proletariat, das mit dem Aufstieg der Weberindustrie, der ersten Massenindustrie Europas, entstand. 

Wenn sich ihr Protest hauptsächlich gegen die Kirche richtete, dann deshalb, weil so viele Priester und Prälaten im Luxus lebten, während sie ihrer Herde Armut und Enthaltsamkeit predigten. 


14

Im Gegensatz dazu waren die <Brüder vom Freien Geist> vorwiegend eine Bewegung der gebildeten Klassen: ihre Mitglieder waren wegen der Subtilität ihrer philosophischen Argumente berühmt, es war auch bekannt, daß die Bewegung die Unterstützung der Kaufleute und des Adels fand. Mehr noch, die Frauen spielten in ihr eine große Rolle.   wikipedia  Brüder_und_Schwestern_des_freien_Geistes 

Zum erstenmal hören wir um das Jahr 1200 von der Bewegung; gegen Ende des Jahrhunderts tauchte sie in vielen Teilen Deutschlands und Nordfrankreichs auf und breitete sich in die Niederlande aus. In Norditalien hatte sie festen Fuß gefaßt, später hören wir ähnliches aus Spanien. Noch später wurde sie aus der Schweiz und aus Böhmen gemeldet. 

Um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts ernannte der Papst einen Inquisitor, um sie zu unterdrücken, nachdem vorausgegangene Versuche, die Mitglieder in geschlossene Gemeinden zu drängen, fehlgeschlagen waren. Im sechzehnten Jahrhundert wetterte Calvin gegen sie, er behauptete, es gäbe allein in Cambrai und Valenciennes 10.000 Brüder.

Da die Brüder die freiwillige Armut erwählten und sich durch Betteln erhielten, wurden sie >Beghards< genannt und durch ihre eigenartige hellfarbige Kleidung bekannt, die sich bemerkenswert von dem konventionellen Braun, Grau und Schwarz unterschied. Im Mittelalter war die Kleidung noch mehr als heute ein Hinweis auf den gesellschaftlichen Status; eine unkonventionelle Kleidung zu tragen, machte jedermann klar, daß sich der Träger in Aufruhr befand.

Natürlich war nicht jeder, der bettelte, ein <Bruder vom Freien Geist>. Ein Bruder zu sein erforderte, daß man gewisse gesellschaftliche und persönliche Anschauungen verfocht: die Bewegung hatte ihre spezielle Literatur, welche die Kirche eifrig zu vernichten trachtete; drei ihrer Bücher sind uns jedoch erhalten geblieben. Und da die herkömmliche Philosophie von der Unterwerfung unter die Autorität und der Verwerflichkeit irdischer, besonders sexueller Freuden als Teil der Religion gepredigt wurde, mußte natürlich auch die widersprechende Philosophie in eine religiöse Form gegossen und in religiöser Sprache ausgedrückt werden. So wurde die Bewegung von der Kirche als Ketzerei angesehen, ihre Anführer wurden, wenn man sie gefangennahm, verbrannt und nicht geköpft — der Tod auf dem Scheiterhaufen war das für Ketzer angemessene Los.


 15

Laut ihren Gegnern glaubten die Brüder, daß sie tatsächlich Gott geworden seien und daß ihnen demzufolge alles erlaubt sei; einige gingen sogar so weit, daß sie behaupteten, nicht einmal ein Mord sei Sünde, obwohl sie im allgemeinen nicht töteten; es ging hier aber um das Prinzip, und Susos Bemerkung nimmt Blakes Ausspruch vorweg: »Lieber ein kleines Kind ermorden als unausgeführte Wünsche hegen.«

Wenn sie von ihren Feinden gefragt wurden, warum sie, wenn sie Gott seien, nicht auch allmächtig und allwissend seien, erklärten sie, daß sie nicht DER Gott seien, sondern lediglich ein Ausdruck der Gottheit, und daß sie mit dem Tode wieder in den göttlichen Urgrund aufgenommen würden. So waren ihre religiösen Anschauungen vom Pantheismus abgeleitet. (Wir werden später noch sehen, wie die Anschauungen der Hippies in die gleiche Kategorie fallen.) 

Psychologisch könnte man sagen, daß sie die strenge Vatergestalt, die ihnen die Kirche bot, dadurch beseitigten, daß sie sich mit ihr identifizierten. Bei einigen Varianten der Bewegung mußte der Kandidat vor dem Adepten, der ihn einführte, einen Eid des absoluten Gehorsams ablegen; wenn er dann den Befehl erhielt, allein seinen Impulsen zu folgen, hatte er die ganze Verantwortung für seine Ideen dem Adepten übertragen. Dieser Eid war ein kluges psychologisches Instrument, um das Schuldgefühl mit einem Streich zu beseitigen.

1393 starb ein gewisser Martin von Mainz in Köln den Tod auf dem Scheiterhaufen. Er war ein Schüler des Nikolaus von Basel, eines geistlichen Lehrers, der im ganzen Rheintal Anhänger hatte und später selber von der Inquisition in Wien verbrannt wurde. Martin bestand darauf, daß seine Schüler Nikolaus gegenüber einen Akt der völligen Unterwerfung vollzogen — daraufhin war die Befolgung seiner Befehle, wie sie auch lauten mochten, keine Sünde mehr. »Man konnte Unzucht treiben oder Morde begehen, wenn er es befahl... in dem Augenblick, in dem man ihm gegenüber den Unterwerfungsakt vollzog, trat man in einen Zustand ursprünglicher Unschuld ein.« Die Parallele zu Charles Manson, der die Sharon-Tate-Morde befahl, ist offenkundig.     wikipedia  Nikolaus_von_Basel  (bis 1397)   wikipedia  Charles_Manson (1934-2017)


16

Den sexuellen Akt (bei dem Fehlen von Drogen war er die einzige zur Verfügung stehende Methode, die Persönlichkeit aufzulösen) sah man tatsächlich als Sakrament an; er wurde das <Entzücken des Paradieses> oder (von einer als die <Blutsfreunde> bekannten Gruppe) <Christerie> genannt. In vielen Fällen gefielen sich die Mitglieder in ritueller Nacktheit — die von den Orthodoxen natürlich als lasziv und schockierend angesehen wurde und vielleicht auch manchmal schockieren sollte — die sich aber in den Augen der Adamiten, wie sie genannt wurden, als eine Demonstration primitiver Schlichtheit und — ähnlich wie die heutige Nudistenbewegung — als <Unselbst-bewußtsein> darstellte.

Parallel zu dieser zerstreuten und nicht organisierten Bewegung, die Cohn als <mystischen Anarchismus> bezeichnet, liefen andere, entschieden politischere, die darauf abzielten, das bestehende System zu stürzen und eine klassenlose Gesellschaft und ein Goldenes Zeitalter auf Erden zu schaffen. 

Das, was man das einflußreichste politische System in Europa vor dem Marxismus genannt hat, wurde um 1200 von Joachim von Fiore entwickelt und existierte noch im neunzehnten Jahrhundert, es beeinflußte Lessing, Schelling und Fichte und vielleicht auch Hegel

Die von Marx postulierten drei Stadien des primitiven Kommunismus lassen die von Joachim geforderten drei Stadien wiederaufklingen. Der englische Bauernaufstand von 1381 war entschieden egalitär; der Prediger John Ball verkündete:   wikipedia  Bauernaufstand_von_1381_in_England     wikipedia  John Ball - Geistlicher 

»Gute Leute, die Dinge können in England nicht gut gehen und werden das auch nie — bis alle Dinge allen gehören und es weder Hintersassen noch Adelige gibt, sondern wir alle eines Standes sind.« 

Doch es war in Böhmen, wo die Idee einer kommunistischen Gesellschaft erstmals in die Praxis umgesetzt wurde. 1419 verließen Gruppen von Handwerkern, aber auch Kleriker Prag, wo König Wenzel die hussitische Rebellion unterdrückte, und gründeten in verschiedenen Teilen des Landes Kommunen. Die erste entstand an einem Ort, den sie nach dem Berge Tabor benannten; das führte zu dem Beinamen <Taboriten>. Bald darauf wurden auch in Städten Kommunen eingerichtet. Die Taboriten predigten Klassenkampf. 


17

»Alle Edeln, Herren und Ritter sollen wie Geächtete in den Wäldern niedergemacht und ausgelöscht werden.« Reiche Kaufleute und Städter waren genau so unbeliebt. Politisch gesehen waren die Taboriten Anarcho-Kommunisten: Steuern und Pachten und privates Eigentum aller Art sollten abgeschafft werden. Es sollte keine irgendgeartete Autorität geben. Viele Taboriten verweigerten jedoch die Arbeit, die Kommunen fingen an, die benachbarten Gemeinden auszurauben.

Diese aktivistische Bewegung, die sich nach Frankreich und Deutschland ausbreitete, nahm immer gewalttätigere Formen an. Wenige Jahre später erklärte der Führer der Bewegung in Würzburg es für eine verdienstliche Tat, einen Priester zu töten; in Mühlhausen zerstörten Taboriten Mönchs- und Nonnenklöster, ehe ihre Gruppe vernichtet wurde. 

Um 1510 drängte ein Edelmann, der als <Rebell vom Oberrhein> bekannt wurde und dessen <Buch der 100 Kapitel> eine Bibel des Aufruhrs wurde: »Geht und schlagt sie, vom Papst herab bis zum kleinen Studenten. Tötet sie alle!« Er prophezeite, daß alltäglich 2300 Kleriker getötet würden — er tobte besonders gegen Kleriker — und daß diejenigen Priester, die ihr Keuschheitsgelübde brachen, erwürgt oder bei lebendigem Leib verbrannt werden sollten. Er hoffte auch auf die Abschaffung jeglichen Besitzes und aller Steuern — diejenigen, die sich nicht anpaßten, sollten durch geheime Boten von unbezweifelbarer Frömmigkeit — das heißt von einer Art Geheimpolizei — hingerichtet werden.

Es gab kurz gesagt zwei bevorzugte Richtungen: die eine, kommunistische, zielte auf die Errichtung einer Idealgesellschaft auf Erden ab, die andere war eine der persönlichen Erfüllung, religiös in einem pantheistischen Sinn, aber apolitisch oder in einigen Fällen anarchistisch. Cohn, aus dessen Buch ich viele dieser Fakten entnommen habe, erklärt, daß diese Bewegungen entstehen, wenn das traditionelle Leben in einer Periode des schnellen sozio-ökonomischen Wandels unmöglich wird und insbesondere wenn die Menschen sich irgendwie bedroht fühlten. 

Auch heute leben wir sicherlich in einer derartigen Periode; ihr fehlen aber die offenkundigen Züge — die extreme Armut und ein fanatisch starrer Moralkodex, der von der Kirche auferlegt wird. Doch obwohl es heute die weitverbreitete Armut der Vergangenheit nicht mehr gibt, ist der Kontrast zwischen Reich und Arm noch größer und wird sicherlich auch besser verstanden, so daß der Neid ein mächtiger Faktor ist.


18

Man braucht nicht viel Phantasie, um eine Parallele zwischen jener uneingeschränkten egalitären Anschauung und der der heutigen Jugendbewegungen zu sehen. Die Parallele reicht in der Tat noch weiter, und es lohnt sich, nach dem Licht zu forschen, die sie auf die Situation von Heute wirft. Es ist ein erster Schritt zum Verständnis des Protests der Jugend unserer Tage, wenn man erkennt, daß es sich dabei nicht um ein einzigartiges Phänomen handelt, sondern um etwas, mit dem sich die Welt schon oft zu befassen hatte. Ein Studium seiner früheren Formen liefert uns einen Hinweis auf den Mechanismus, der die Menschen zu einem derartigen Verhalten treibt.

Auch heute finden wir eine äußerst großzügige Haltung gegenüber dem Sex und anderen Vergnügungen und eine Verwerfung der normalen Formen von Ehe und Monogamie. Wir sehen das Wanderleben in Armut, das auf Bettelei basiert, gepaart mit dem Widerwillen, zu arbeiten. Wir erkennen auch die starke Beschäftigung mit dem Selbst, die Bereitschaft, auf Impulse zu reagieren, und das Gefühl, daß man dem Impuls gehorchen solle, was er auch vorschlagen mag. 

Des weiteren ist die Hippie-Bewegung in starkem Maß egalitär, sie verwirft den Besitz und hält den Diebstahl in extremen Fällen für gerechtfertigt, weil der Besitz an sich Diebstahl ist. Frauen nehmen daran genau so oft teil wie Männer, bizarre Kleidung und Nacktheit sind Charakteristika.

Schließlich besitzt die Bewegung auch einen politischen Flügel, der sich gewaltsamen Methoden verschrieben hat und darauf abzielt, das System zu stürzen und ein Goldenes Zeitalter auf Erden zu schaffen.

Wie jedermann weiß, ist eine der auffälligsten Eigenheiten der zeitgenössischen Jugendbewegung die Beschäftig­ung mit Drogen und hier besonders mit solchen, die subjektive Träume oder Visionen herbeiführen, den psychedelischen Drogen. Da die Hippies des siebzehnten Jahrhunderts keinen Zugang zu solchen Drogen hatten, ist es um so eindrucksvoller festzustellen, daß sie trotzdem Visionen hattenEin Dramatiker der Periode schildert es so: 

Wie in Ohnmacht liegen alle 
Von freundlichen Visionen gebannt 
Mit nackten Schenkeln erheben sie sich dann 
Wer sollte diesen Traum wohl fürchten 

Der Protest der Jugend unserer Generation, der vielen Menschen so unerklärlich und so ohne Präzedenzfall erscheint, ist keines von beiden — er ist nur eine moderne Variante eines altbekannten Themas. Sicher, die Situation enthält wichtige neue Elemente: die Auswirkungen der modernen Technologie. Sie ermöglicht der Bewegung einen besseren Zusammenhalt und eine schnellere Ausbreitung. Sie versorgt sie auch mit den Drogen, die ihre Mitglieder zur Steigerung angeblich mystischer Erfahrung nehmen, und mit den Vernichtungs­waffen, die die aktivistischen Gruppen einsetzen. 

Das Phänomen selbst ist aber keineswegs neu. Neu ist, daß wir heute genug von Anthropologie und Psychologie verstehen, um die Gründe dafür zu ahnen und vielleicht sogar folgern zu können, was wir dagegen unternehmen sollten.

19

#

 wikipedia  John Ball - Geistlicher 

  bing  wikipedia+Als+Adam+grub+und+Eva+spann 

 

 

 

 www.detopia.de     ^^^^ 

Gordon Rattray Taylor 1972 Das Experiment Glück