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E. O. Wilson

Die soziale Eroberung der Erde

Eine biologische Geschichte des Menschen.

2012

Audio dlf 2013 Buch     WEEBER.Wilson.2013       DNB.Buch.2013   384 Seiten


Lesebericht

 

dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/2053670/     

RADIOFEUILLETON: KRITIK   27.03.2013

Zufall der menschlichen Intelligenz 

Besprochen von Susanne Billig   

Edward O. Wilson: "Die soziale Eroberung der Erde", Beck 2013, 384 Seiten

In seinem neuen Buch überträgt der Insektenkundler und Biologe Edward O. Wilson Erkenntnisse aus der Termitenforschung auf den Menschen. So will er den großen Fragen nach dem Wesen des Homo sapiens auf den Grund gehen. 

Die Erörterung unserer evolutionären Wurzeln ("Woher kommen wir?") macht den Löwenanteil des selbstbewussten Alterswerkes aus. Die soziale Intelligenz des Menschen verdankt sich laut Wilson dem puren Zufall mehrerer Präadaptionen: Ein aufrechter Gang, eine sensible Hand, die Ernährungsumstellung auf energiereiches Fleisch für ein großes Gehirn und der Bau von Nestern, in denen Eltern, Kinder und erweiterte Familie zusammenlebten - das alles habe zusammenkommen müssen, um Eusozialität entstehen zu lassen.

Gemeint sind damit soziale Gruppen, die sich verteidigen, als wären sie ein Individuum. Der Autor untermauert seine Betrachtungen mit spannenden Fakten aus der Ameisen- und Termitenforschung, seinem eigentlichen Fachgebiet. Ähnlich wie bei sozialen Insekten hätten die Selektionskräfte der Evolution auch beim Homo sapiens sowohl die fittesten Individuen als auch die am besten kooperierenden Gruppen bevorzugt.

Die Theorie der Gruppenselektion ist neu und umstritten in der Soziobiologie, die bislang auf verwandtschaftliche Nähe als Ursache altruistischen Verhaltens setzt. Edward O. Wilson leitet daraus im zweiten Teil seines Buches ("Was sind wir?") weitreichende Interpretationen ab: Die Janusköpfigkeit des Menschen, das permanente Oszillieren zwischen Altruismus und Egoismus sei uns evolutionär in die Wiege gelegt.

Während die Evolution einerseits Individuen mit egoistischem Durchsetzungswillen beförderte, konnten andererseits am besten solche Gruppen überleben, deren Mitglieder sich zu Kooperation, persönlichem Verzicht und Gemeinschaftlichkeit bereit zeigten. Aus seiner Zerrissenheit zwischen Ellbogenmentalität und selbstloser Liebe sauge der Mensch nun den Nektar von Dichtung, bildender Kunst und Musik.

"Philosophie bringt Menschen Selbstverständnis kein Stück näher"

Edward O. Wilson hat ein gut lesbares populärwissenschaftliches Buch geschrieben, dessen Selbstbewusstsein allerdings die Grenze zur Arroganz nicht selten überschreitet. Schon im Vorwort macht der Autor klar, welchen Platz er der Soziobiologie zuzuweisen gedenkt: das Siegertreppchen - alleinige Definitionshoheit.

Kunst und Philosophie hätten den Menschen einem brauchbaren Selbstverständnis "kein Stück näher gebracht", behauptet er ernsthaft - das leiste erst die Biologie. 

Der Schluss des Buches ("Wohin gehen wir?") wechselt vollends in die Tonart des Manifests: Für Edward O. Wilson wird die Zukunft nur dann lebenswert, wenn wir Spiritualität und unnützes geisteswissenschaftliches Tasten beiseitelegen und uns voll der Vernunft biologischer Selbsterkenntnis anvertrauen.

Auch wenn dem Autor dabei eine sympathische Mischung aus wenigen undogmatischen Tugendregeln und dem unverkrampften Akzeptieren menschlicher Ambivalenzen vorschwebt - unter dem Strich präsentiert sich die Soziobiologie in diesem Buch einmal mehr mit einem schier atemberaubenden Willen zur Macht. #

 

Inhalt  Prolog 7    Inhalt.pdf
I. Warum existiert höher entwickeltes soziales Leben?
1. Die Natur des Menschen 15
II. Woher kommen wir?
2. Die beiden Pfade der Eroberung 23
3. Die Langstrecke 33
4. Die Ankunft 46
5. Der Faden durch das Labyrinth der Evolution 60
6. Kreative Kräfte 65
7. Stammessysteme als grundlegendes menschliches Merkmal 75
8. Krieg als angeborenes Übel der Menschheit 81
9. Die Auswanderung 99
10. Die kreative Explosion 109
11. Der Spurt zur Zivilisation 124
III. Soziale Insekten erobern die Welt der Wirbellosen
12. Die Erfindung der Eusozialität 137
13. Erfindungen, die die sozialen Insekten voranbrachten 148
IV. Die Kräfte der sozialen Evolution"
14. Das wissenschaftliche Dilemma der Seltenheit 163
15. Altruismus und Eusozialität bei Insekten 169
16. Insekten machen den Riesensprung 180
17. Soziale Instinkte als Werk der natürlichen Selektion 192
18. Die Kräfte der sozialen Evolution 202
19. Das Aufkommen einer neuen Theorie der Eusozialität 223
V. Was sind wir?
20. Was ist die Natur des Menschen? 231
21. Die Evolution der Kultur 255
22. Der Ursprung der Sprache 269
23. Die Evolution der Kulturvielfalt 283
24. Der Ursprung von Moral und Ehrbegriff 289
25. Der Ursprung der Religion 306
26. Der Ursprung der kreativen Künste 321
VI. Wohin gehen wir?
27. Eine neue Aufklärung 343

 

Danksagung 357
Anmerkungen 358
Nachweise zu den Abbildungen und Tabellen 376
Register 381

 

 

 

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