Professor Leonardo Boff 

Zukunft für Mutter Erde

 

Warum wir als Krone der
 Schöpfung abdanken müssen

 

Mit einem Vorwort von Heiner Geißler

 

2010 im Petropolis-Verlag in Rio de Janeiro

2012 im Claudius-Verlag, München

2010   310 Seiten

wikipedia Autor 
*1938 in Brasilien

DNB.name (230)   DNB person 

DNB nummer (190) viele Broschüren

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detopia Ökobuch 

B.htm    2010-Buch

"Wenn wir jedoch nicht genug unternehmen, um den Zustand der Erde zu stabilisieren, und die Durchschnitts­temperatur um 3 bis 4 Grad Celsius ansteigt, dann wird – nach Aussage von ernst zu nehmenden Forschungs­einrichtungen – Leben nicht länger möglich sein. Einige Menschen werden in bestimmten Regionen, sozusagen Oasen oder rettenden Häfen, überleben, doch die übrige Erde wird verwüstet und von Leichen bedeckt sein." (S.12) 

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Lesen   amazon.de/Zukunft-für-Mutter-Erde-Schöpfung 

Kapitel  Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar  issuu.com   978-3-532-62427-2/2 

Inhaltstext zu 2010  
   Niemals zuvor stand die Menschheit vor einer ähnlichen Entscheidung: Entweder wir ändern uns radikal oder wir nehmen die Verwüstung der lebendigen Vielfalt der Erde und unsere eigene Vernichtung in Kauf.  <Zukunft für Mutter Erde> ist ein leidenschaftliches wie eindrucksvolles Plädoyer gegen den Konsumwahn und unsere Selbstzentriertheit und für ein neues, nachhaltiges Verhältnis zwischen Mensch und Erde.  Der weltberühmte Befreiungstheologe und Träger des Alternativen Nobelpreises Leonardo Boff, der sich seit Jahrzehnten für Gerechtigkeit und gegen Armut engagiert, schildert in seinem aktuellen Buch mit großer Sachkenntnis die Problemlage und ermutigt zu Umdenken und entschiedenem Handeln.  Seine Thesen und Forderungen hat er auch vor der UNO vorgetragen. 

 

 

Autor    Leonardo Boff gilt als bedeutendster Vertreter der (katholischen) Befreiungstheologie. 

Professor für Theologie, Ethik und Spiritualität. Gastprofessuren in USA und Europa.

Nach Konflikten mit dem Vatikan trat er 1992 aus dem Franziskanerorden aus. 

In seinen Büchern behandelt er theologischen Fragen und Probleme der Armutsbekämpfung, der Menschenrechte und der Ökologie. 

2001 wurde er mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

 

 

Zitate  

  •  „Wenn wir uns nicht ändern, werden wir aussterben wie die Dinosaurier.“

  • „In ein paar Jahren werden wir alle Sozialisten sein – entweder wir teilen das wenige, was wir haben, oder es wird für niemanden mehr etwas geben.“

  • „Heute werden neue Pfarrer ganz in der Mentalität des Vatikans ausgebildet – nach innen gewendet, ohne Interesse an sozialen Fragen.“

  • „Arm ist man nicht, arm wird man gemacht.“

  • in Einleitung 2010    "Wenn wir jedoch nicht genug unternehmen, um den Zustand der Erde zu stabilisieren, und die Durchschnitts­temperatur um 3 bis 4 Grad Celsius ansteigt, dann wird – nach Aussage von ernst zu nehmenden Forschungs­einrichtungen – Leben nicht länger möglich sein. Einige Menschen werden in bestimmten Regionen, sozusagen Oasen oder rettenden Häfen, überleben, doch die übrige Erde wird verwüstet und von Leichen bedeckt sein."


Lesebericht zu 2010   -  von Manfred Sandau bei Amazon 2013

 

Niemand, der auf einem Baum, in luftiger Höhe sitzt, würde den Ast auf dem er sitzt absägen. Aber genau das machen wir mit der Erde auf der wir leben, so nach dem Motto: Nach mir die Sintflut.

Tatsächliche Sintfluten hatten wir 2002 und jetzt gerade wieder an der Donau, an der Elbe, an Rhein und Neckar usw.

Es müssten eigentlich alle von diesen Katastrophen Betroffenen, sei das direkt oder indirekt, die Bücher von Boff, von Latif, von James Lovelock, usw. lesen.

Lovelock hat die These aufgestellt, dass diese Erde ein lebendiger Organismus ist. Das hat aber auch schon ein Indianerhäuptling 1848 in seiner Rede an den weißen Mann so ausgedrückt: „Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volke heilig“.

Wir singen das auch, jedenfalls wenn wir noch einer der beiden großen Kirchen angehören, in einem Kanon.

Klimakonferenz in Rio 1992 und Klimafolgekonferenz und Folgekonferenz der Folgekonferenz. Worüber wird sich da unterhalten? Über den Verkauf von Verschmutzungsrechten, also so etwas wie Ablasshandel. Über den Einbau von Filteranlagen in Schornsteine. Gerade will man beschließen japanische Atommeiler, die nach Fukushima abgeschaltet wurden wieder in Betrieb zu nehmen.

Sind wir denn alle eigentlich noch zu retten? Können wir alle notwendigen Schritte, die aus richtigen Analysen folgen, immer weiter auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben? Der Bericht des Club of Rom, die „Grenzen des Wachstums“, wurde vor 40 Jahren vorgelegt. Gerade gibt es eine Aktualisierung.

Ich möchte Frau Merkel wirklich nicht zu nahe treten, immer wenn ich sie irgendwo höre, dann fällt mindestens einmal der Satz „Wir brauchen Wachstum“. Als ehemalige Physikerin, sollte sie wissen dass bei endlichen Ressourcen, irgendwann die Vorräte aufgebraucht sind. Und dann?

Die Zahl der Einkommensmillionäre steigt ständig. Die vielleicht 10% der wirklich reichen Leute in diesem Land haben ihren Reichtum in 10 Jahren verdoppelt. Wohingegen die Hälfte der 5 Mill. Arbeitslosen die wir vor 10 Jahren hatten nun von ihrer Arbeit nicht mehr leben kann.

An der Jeans, die wir für 10 Euro beim Discounter kaufen klebt Blut, mindestens 2 Fabriken sind in Pakistan einfach zusammengebrochen, oder ausgebrannt und es hat so viele Tote wie beim Zusammensturz des World Trade Centers gegeben.

In dem nächsten Buch, das "Achtsamkeit" heißt, beschreibt Boff auch einen möglichen Ausweg, nämlich diese Erde wieder lieben zu lernen und unabdingbar gehört dazu auch den Bruder und die Schwester zu lieben, weil wir alle gemeinsam in diesem Boot sitzen und entweder so rücksichtsvoll mit der Erde umgehen, dass sie und wir überleben oder wir saufen alle gemeinsam ab.

Die Erde wird sich dann in ein paar Milliarden Jahren wieder erholen. Wir brauchen sie, aber sie braucht uns nicht unbedingt. #

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Inhalt 2010 

Vorwort von Heiner Geißler (9)

Einleitung - Das Alte liegt in Agonie,
das Neue wird unter Schmerzen geboren (11)

 

Zum Schluss (307)
Das Zeitalter der ausgestreckten Hand 

Literatur (311-316)

 

Inhalt pdf  

 

 

1. Integrale Ökologie - die Mutter Erde: Würde und Rechte  (17)

1. Wir alle sind Afrikaner (18)    2. Zeitalter des Menschlichen: Geist, Materie und Leben (20) 

3. Ökologischer Alarm: Wandel oder Untergang (23)    4. Die Erde als Gaia: eine ethische und spirituelle Herausforderung (30)

5. Die Erde als Subjekt von Würde und Rechten (43)   6. Ein menschliches Armageddon?  (50)

7. Kann der Kapitalismus im Selbstmord enden? (53)     8. Wann hat unser Irrweg seinen Anfang genommen? 55

9. Wiedererlangen, was wir verloren haben (59)     10. Der grenzenlose Respekt vor allem Sein 61

11. Das Herz wiedergewinnen (63)    12. Argumente für die Erde als Mutter 65


2. Spiritualität der Erde: Es gibt keinen Himmel ohne die Erde (73)

1. Tiefenökologie 74    2. Der kosmische Christus 80   3. Spiritualität im Geschäftsleben 84

4. Das Universum als Entwurf: kein Nullsummenspiel 86   5. Die Freisetzung der Utopie 88

6. Die wahre Alternative: Leben oder Auferstehung 91   7. Franziskanische Liebe 92

8. Die Achse der Liebe: Rumi und Franz von Assisi 94   9. Das Christentum und das Schicksal des Menschen 105

10. Christus und Buddha umarmen einander 110   11. Wie kann man nach Auschwitz von Gott und vom Menschen denken? 113

12. „Resilienz" und ökologisches Drama 116    13. Die zentrale Rolle der Frauen für den christlichen Glauben 118

14. Aktualität des Zen-Buddhismus angesichts der gegenwärtigen Krise 122   15. Yin und Yang: das Gleichgewicht, das wir brauchen 126

16. Von der Möglichkeit des Glücks in diesem Leben 128   17. „Bruttoinlandsglück" 131

18. Sinn für Humor und Fest 133   19. Der Geist kommt vor dem Missionar 135

20. Der Liebe eine andere Sprache verleihen 137


3. Ökologische Ethik: auf der Suche nach einem Weltethos (141)

1. Wege der Ethik heute 142    2. Auf der Suche nach einem planetarischen Ethos 144

3. Die Dringlichkeit, die Fundamente neu zu legen 162   4. Die Chancen der Krise nicht verspielen 164

5. Die Kosmologie der Herrschaft in der Krise 167   6. Wem gehört die Erde? 169

7. Die Wirtschafts- und Finanzkrise: das vollkommene Loch 171   8. Der kürzeste Weg ins Scheitern 174

9. Totaler Krieg gegen Gaia 176   10. Die Tendenz des Kapitalismus zum Selbstmord 178

11. Werden wir alle aus statistischen Gründen zu Sozialisten? 180   12. Besser leben oder gut leben? 182

13. "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar" (184)   14. „Alle Räder stehen still, wenn keiner den Ramsch mehr haben will" 191

15. Entwicklung und Nachhaltigkeit: einander widersprechende Konzepte? 196   16. Ethik und Grenzsituationen 203

4. Ökologisch-soziale Politik: Wer muss sich um die Erde kümmern? (213)

1. Die neue Entwicklungsstufe der Geschichte: die Noosphäre (214)   2. Wer muss sich um den Planeten kümmern? (216)

3. Hat der Individualismus noch eine Zukunft? 218   4. Kapitalistischer Pessimismus und Sozialdarwinismus (221) 

5. Die Todsünden des Kapitalismus: Ökozid, Biozid, Geozid (224)  6. Oberflächliche Ökonomie und Tiefenökonomie (243) 

7. Wie wir dem Ende der Welt entrinnen können (247)   8. Die Blindheit der Weltgesellschaft 250

9. Der wahre „Kampf der Kulturen" 253   10. Eine heilige Allianz zwischen Wissenschaft und Religion (255) 

11. Ökologie und Sozialismus (257)   12. Ökologisch-soziale Demokratie 262

13. Der Mensch zwischen Poesie und Prosa 267   14. Worin besteht der nächste Schritt der Menschheit? 269

15. Ein schöner Traum: der Sieg der Vernunft des Herzens (277)   16. Welche Zukunft erwartet uns? (281)


5. Erzählungen und Reflexionen, die zu denken geben  (283)

1. Das traurige Ende des rein materiellen Wachstums (284)   2. Ein Gott, der weinen kann 286 

3. Christus weinte um den Vatikan (288)   4. Jesus plagten Zweifel, Angst und Hoffnungslosigkeit (290) 

5. Die glückliche Ehe zwischen Himmel und Erde 292   6. Indios und Schwarze: das schlechte Gewissen der Christen 294 

7. Der Zauber der Orixas 298    8. Die Erzählung des Kosmos und die Gottesfrage (301)

 

Eine Favela in Rio

 

Aus

wikipedia-2021

zum  Autor

 

Befreit die Erde!

Eine Theologie für die Schöpfung

79 Seiten, 2015, DNB Buch

 

 

Werke (Auswahl)

Die Kirche als Sakrament im Horizont der Welterfahrung: Versuch einer Legitimation und einer strukturfunktionalistischer Grundlegung der Kirche im Anschluss an den II. Vatikanischen Konzil (= Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien, Band 28), Bonifacius-Druckerei, Paderborn 1972

Die Neuentdeckung der Kirche: Basisgemeinden in Lateinamerika (= Grünewald-Reihe). Grünewald, Mainz 1980

Was kommt nachher. Das Leben nach dem Tode. Müller, Salzburg 1982

Kirche: Charisma und Macht. Studien zu einer streitbaren Ekklesiologie. Patmos, Düsseldorf 1985

Der Fall Boff. Eine Dokumentation. Patmos, Düsseldorf 1988

Jesus Christus, der Befreier. Herder, Freiburg im Breisgau 1989, 

Kleine Trinitätslehre. Patmos, Düsseldorf 1990, 

Unser Haus die Erde. Den Schrei der Unterdrückten hören. Patmos, Düsseldorf 1996,

Die Logik des Herzens. Wege zu neuer Achtsamkeit. Patmos, Düsseldorf 1999,

Schrei der Erde, Schrei der Armen. Patmos, Düsseldorf 2002,

Kleine Sakramentenlehre. Patmos, Düsseldorf 2003,

Haus aus Himmel und Erde – Erzählungen der brasilianischen Urvölker. Patmos, Düsseldorf 2003,

Gott erfahren. Die Transparenz aller Dinge. Patmos, Düsseldorf 2004,

Der Herr ist mein Hirte. Psalm 23 ausgelegt von L. B. Patmos, Düsseldorf 2005,

Fundamentalismus und Terrorismus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, 

Tugenden für eine bessere Welt. Butzon & Bercker, Kevelaer 2009, I

Die Erde ist uns anvertraut. Butzon & Bercker, Kevelaer 2010

2010: Zukunft für Mutter Erde. Warum wir als Krone der Schöpfung abdanken müssen.

Achtsamkeit. Von der Notwendigkeit, unsere Haltung zu ändern. Claudius, München 2013,

Der Heilige Geist: Feuer Gottes – Lebensquell – Vater der Armen.   Herder, 2014

Befreit die Erde! Eine Theologie für die Schöpfung. kbw, Bibelwerk, Stuttgart 2015,


Literatur

Gottlieb Matejka: Zur Weltsituation der politischen Theologie mit besonderer Berücksichtigung von Leonardo Boff und Gustavo Gutiérrez, Dissertation an der Universität Wien 1986.
Kardinal Joseph Ratzinger, Leonardo Boff: Dokumente eines Konfliktes um die Theologie der Befreiung. Das Buch „Kirche: Charisma und Macht“ in der Diskussion. 2. Auflage. Publik-Forum Verlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-88095-013-X (= Publik-Forum-Dokumentation; Im Wortlaut).
Claus Schwambach: Rechtfertigungsgeschehen und Befreiungsprozess. Die Eschatologien von Martin Luther und Leonardo Boff im kritischen Gespräch. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1996, ISBN 3-525-56239-X (= Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie 101).

Leonardo Boff ist ein brasilianischer katholischer Theologe.

Er ist einer der Hauptvertreter der Befreiungstheologie und versucht, seine Kirche auf die Verteidigung der Menschenrechte für die Armen zu verpflichten.

Als Sohn italienischer Einwanderer besuchte Boff die Schule in Concordia, danach in Rio Negro (Paraná) und in Agudos (São Paulo).

1959 trat er dem Franziskanerorden bei.

Er studierte Philosophie in Curitiba und Theologie in Petrópolis (Rio de Janeiro) bei Bonaventura Kloppenburg, Konstantin Koser und Paulo Evaristo Arns.

1964 erhielt Boff die Priesterweihe. Danach war er für Gaststudien an den Universitäten Würzburg, Louvain und Oxford und setzte von 1965 bis 1970 das Studium bei Karl Rahner an der Ludwig-Maximilians-Universität München fort. Dort promovierte er 1970 bei Leo Scheffczyk in Dogmatik; der zweite Gutachter der Arbeit war Joseph Ratzinger.

Nach Brasilien zurückgekehrt, trat Boff von 1970 bis 1991 die Nachfolge Bonaventura Kloppenburgs als Professor für Systematische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule (Instituto Teológico Franciscano) in Petrópolis an.

Daneben betreute er bei Vozes, dem größten katholischen Verlag in Lateinamerika, der auch viele seiner Bücher publizierte, den Bereich Religion und Theologie.

Gleichzeitig war er Schriftleiter bei der theologischen Zeitschrift Revista Eclesiástica Brasileira.


Auseinandersetzungen mit der Amtskirche

Im Jahr 1985 erteilte der Vatikan Boff ein einjähriges Rede- und Lehrverbot. Während dieses Jahres verfasste er weitere Bücher, die seine Christologie, Ekklesiologie und Sakramentenlehre ausführten.

Im Jahr 1987 lobte Boff nach einer Reise in die Sowjetunion, der Sozialismus dort garantiere „bessere Voraussetzungen für ein wahrhaft christliches Leben“ als in den kapitalistischen Ländern.

Nachdem sich Boff weiterhin in verschiedenen Artikeln in der Revista Vozes mit dem Zölibat, der Machtausübung der römischen Kurie und der theologischen Inkompetenz einiger brasilianischer Bischöfe auseinandergesetzt hatte, wurde er 1991 erneut mit einer Disziplinarstrafe belegt. Nach einer Intervention Kardinal Ratzingers und des Bischofs von Petrópolis, José Fernandes Veloso, musste er die Leitung der katholischen Zeitung Revista Vozes niederlegen und seinen Wohnsitz in Petrópolis verlassen.

Im September 1991 ließ Boff wissen, dass er seinen Kampf gegen die Hierarchie der katholischen Kirche einstellen werde. Im Juni 1992 trat er schließlich aus dem Franziskanerorden aus und ließ sich in den Laienstand versetzen.


Nach der Niederlegung des Priesteramtes

Nach der Aufgabe seines Priesteramts übernahm er 1992 einen eigens für ihn geschaffenen Lehrstuhl für Ethik und Spiritualität an der Staatsuniversität in Rio de Janeiro. Er widmete sich nun verstärkt seinen Aktivitäten als Theologe, Autor sowie der Führung von Verbänden und sozialen Bewegungen. Unter anderem dehnte er die Befreiungstheologie auf ökologische Fragen aus, um sie zu einer „Theologie des Lebens“ weiterzuentwickeln.

Boff, der fließend Deutsch spricht, übernahm auch zahlreiche Gastprofessuren, u. a. an den Universitäten Lissabon (Portugal), Salamanca (Spanien), Harvard (USA), Basel (Schweiz) und Heidelberg (Deutschland). Er trat als Buchautor und Redakteur theologischer Fachzeitschriften in Erscheinung und war Mitglied der Theologenkommission der Brasilianischen Bischofskonferenz, der Konferenz der Orden in Brasilien und der Lateinamerikanischen Konferenz der Ordensleute. Er erhielt im Laufe seines akademischen Wirkens zahlreiche Ehrentitel.

2001 erhielt er mit drei anderen Preisträgern den Right Livelihood Award.

Er schrieb mehr als 60 Bücher im Bereich der Theologie, Philosophie, Anthropologie und Mystik, darunter ein eigenständiges ökologisches „Weltethos“, eine humorvolle Erklärung der Sakramente, Bücher über die „Logik des Herzens“ und das „Mitgefühl“ als zentrale Ausgangspunkte für sozialistisches Engagement. Er spricht heute nicht mehr von „Befreiung“, sondern vom „Lebensschutz“ für die „Ausgeschlossenen“ und weist auf die gegenwärtige Realität seines Landes hin: Dort erhalte ein Drittel der Bevölkerung – allein 50 Millionen Menschen – keinerlei staatliche Hilfen gegen Kriminalität, Verhungern und Arbeitslosigkeit.

Im ökologischen Reservat Jardim Araras bei Petrópolis lebt er mit der Menschenrechtlerin Marcia Maria Monteiro de Miranda und ihren sechs Kindern aus erster Ehe zusammen.


Der „Fall Boff“

Nachdem Boff bereits seit 1971 vom Vatikan wegen seiner abweichenden Lehrmeinung unter Beobachtung gestanden hatte, kam es mit dem Erscheinen von Kirche: Charisma und Macht (1981; deutsch 1985) zum offenen Konflikt mit der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre.

In dem Werk, das den Untertitel „Eine militante Ekklesiologie“ trug und eine Sammlung mehrerer früherer Schriften darstellte, polemisierte Boff u. a. gegen hierarchische und undemokratische Kirchenstrukturen und forderte eine revolutionäre und eindeutig auf der Seite der unterdrückten Klasse stehende Kirche.

Die Publikation führte zum „Fall Boff“: Sein zweiter Doktorvater, der Franziskaner Bonaventura Kloppenburg, warf ihm öffentlich Häresie vor. Als Boff daraufhin an Ratzinger schrieb, den damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, und ihn um Rat bat, erhielt er im Mai 1984 eine Vorladung nach Rom. Im September fand das Geheimgespräch mit der Kurie statt. Obwohl Boff danach rehabilitiert zu sein schien, wurde ihm von der Kongregation am 9. Mai 1985 für ein Jahr ein Rede- und Lehrverbot („Bußschweigen“) auferlegt.[2][3] 1986 erhielt er die Lehrerlaubnis einen Monat vor Ablauf der Frist zurück.

Kern des Konflikts zwischen Boff und der Glaubenskongregation war nicht – wie bei anderen Befreiungstheologen – der Vorwurf eines Marxismus in christlicher Tarnung: vielmehr standen betont theologische Aussagen seines Buchs im Zentrum der vatikanischen Kritik. Denn er hatte die „wahre Kirche“ des Heiligen Geistes gegen die „falsche“ Kircheninstitution mit ihren Machtansprüchen über die Gläubigen gestellt und dabei ausdrücklich auf die Reformation Bezug genommen. Er kritisierte den dogmatischen Sakramentalismus und stellte ihm die lebendige, prozessuale Kirche der Armen gegenüber: In ihr – konkret in Gestalt von über 100.000 Basisgemeinden in Brasilien – fand er das echte „Sakrament des Heiligen Geistes“ mit dem „Charisma“ als „Organisationsprinzip“.

Ratzingers Vorladung benannte bereits die Konfliktpunkte: Er warf Boff vor, dass Jesus Christus für ihn keine bestimmte Kirchengestalt befohlen habe, sodass andere als das katholische Kirchenmodell aus dem Evangelium heraus denkbar würden, Offenbarung und Dogma bei ihm nur eine untergeordnete Rolle spielten, sodass kein ausreichender Schutz gegen häretische Verzerrung des christlichen Glaubens gegeben sei (Boff hatte in einem Kapitel sogar die befreienden Elemente des „Synkretismus“ der Volksfrömmigkeit gelobt); Boff historischen Machtmissbrauch der Kircheninstitution unnötig polemisch und respektlos beschrieben und der Kircheneinheit damit geschadet habe.

Nach seiner Rechtfertigung vor der Kurie erklärte Boff, dass er das Dogma als Schutz vor Häresie anerkannt habe; jedoch sei es der lebendige Heilige Geist selber, der die Kirche vor häretischer Erstarrung in „zeitlosen Wahrheiten“ schütze. Die zeitlose Auffassung des Dogmas könne nur zum Verlust des Glaubens führen.

Boff kritisierte die gesellschaftliche Funktion der Kirchenhierarchie weiterhin scharf und warf ihr seinerseits „religiöse Ausbeutung“ der Hoffnungen des armen Volkes vor.

„Von oben“ angebotene Vergebung zeigten ein paternalistisches Sakramentsverständnis: „Die Kirche der Reichen für die Armen verneint die Macht des Volkes, sich zu befreien.“ Die Kurie verweigere den Dialog mit dem Volk selbst; europäisch geprägte Theologen könnten die reale Glaubenserfahrung der Armen in den Slums nicht nachvollziehen. Ihre Dominanz könne nur zu weiterer Marginalisierung der Armen, politischer Machtkonzentration und kirchlich-institutioneller Hybris führen. Dagegen wollte er die Macht der Kirche im „Dienst“ der lebendigen, sich verändernden Kirche der Armen, die ihr Leben mit dem Volk teilt und Privilegien abbaut, begründen.

 

 

Einleitung - Das Alte liegt in Agonie, das Neue wird unter Schmerzen geboren

   

   

 

 

 

 

 

 Achtsamkeit

Von der Notwendigkeit,
unsere Haltung zu ändern

2012

 

 

 

 

2016

INTERVIEW  Frankfurter Rundschau

https://www.fr.de/kultur/arm-nicht-wird-gemacht-11080745.html

„Arm ist man nicht, arm wird man gemacht“

Von Joachim Frank

Der Befreiungstheologe Leonardo Boff über die Situation der katholischen Kirche, die Obsession Ratzingers, die Pläne Papst Franziskus’ und den scharfen Gegenwind aus den USA.


Herr Boff, die lateinamerikanische Befreiungstheologie, zu deren prominentesten Vertretern Sie gehören, ist durch Papst Franziskus zu neuen Ehren gekommen. Eine Rehabilitation auch für Sie persönlich nach den jahrzehntelangen Kämpfen mit Papst Johannes Paul II. und seinem obersten Glaubenswächter Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI?

Franziskus ist einer von uns. Obwohl er den belasteten und oft missverstandenen Begriff „Befreiungstheologie“ kaum verwendet, die in seinem Heimatland Argentinien im Übrigen eine ganz eigene Ausprägung erfahren hat, die „Theologie des unterdrückten Volkes“. Das Grundanliegen ist das gleiche, nur die Terminologie ist anders. In der Zeit der Militärdiktatur war nämlich schon die Verwendung angeblich marxistischer Begriffe wie „Klasse“ verboten.

Der Papst ist von dieser Theologie geprägt. Ein armer Mensch ist für ihn kein Armer an sich, sondern ein Verarmter: Arm ist man nicht, arm wird man gemacht. Der theologische Lehrer des Papstes, Juan Carlos Scanone, erzählt, sein damaliger Student Jorge Mario Bergoglio sei so begeistert gewesen von der Theologie des Volkes, dass er das Gelübde abgelegt habe, einmal in der Woche in eine Armensiedlung, eine Favela zu gehen, um den Menschen dort beizustehen. Wie es heißt, hat er dieses Gelübde erfüllt.

In Rom kann er das nicht mehr.
Aber er ist ihm trotzdem treu geblieben, indem er die Visionen der Befreiungstheologie ins Zentrum der Kirche geholt hat: Die Armen müssen im Mittelpunkt kirchlichen Handelns stehen. Der Glaube hat eine politische Dimension. Befreiung ist ein Integral, das alle Dimension des Menschseins einschließt, die politische, gesellschaftliche, ökonomische, kulturelle und religiöse.

Was ist mit dem Vorwurf, Sie und die anderen Befreiungstheologen seien getaufte Marxisten?
Das haben wir hinter uns. Unser großer Gegner war der entfesselte Kapitalismus, der so viel Elend über die Menschen gebracht hat und in unseren Breiten noch rücksichtsloser und ausbeuterischer wütet als anderswo in der Welt. Ohne jede Hemmungen, ungezügelt, ohne jede Ordnung. In unserer Kapitalismus-Kritik haben wir einige Kategorien von Marx genutzt. Aber nicht um des Marxismus willen. Marx hat uns vielmehr geholfen, die Wirklichkeit angemessen zu beschreiben, zu deuten und Begriffe dafür zu finden.

„Armut“, wie schon erwähnt, wird in theologischer Sprache schnell zu einem frommen Begriff. Unterdrückung ist eine politische Aussage. Das war eine Entdeckung, die wir insbesondere Antonio Gramsci verdanken. Er war vielleicht der noch bedeutendere Impulsgeber, weil er – anders als Karl Marx – das emanzipatorische Potenzial der Religion gesehen und geschätzt hat.

Rom, namentlich Kardinal Ratzinger, hat das anders gesehen und Sie zum Schweigen verurteilt.
Weil er der Diskreditierung durch unsere Feinde aufgesessen ist und sie übernommen hat. Das waren Leute, die gemeinsame Sache mit den Militärs gemacht haben. Wir haben es immer als skandalös empfunden, dass sie den Rückhalt Johannes Pauls II. und auch Ratzingers hatten. Dessen Obsession war es, dass die Befreiungstheologie für die Kirche ein trojanisches Pferd sei, in dessen Bauch sich der Marxismus versteckt habe.

Diese Sorge ist unter Papst Franziskus hinfällig?
Er hat die Befreiungstheologie zum Allgemeingut der Kirche gemacht. Und er hat sie ausgeweitet. Wer von den Armen spricht, muss heute auch von der Erde reden, weil auch sie ausgeplündert und geschändet wird. „Den Schrei der Armen hören“, das bedeutet, den Schrei der Tiere, der Wälder, der ganzen gequälten Schöpfung zu hören. Die ganze Erde schreit. Also, sagt der Papst – und zitiert damit den Titel eines meiner Bücher –, müssen wir heute zugleich den Schrei der Armen und der Erde hören. Und beide müssen befreit werden. Ich selbst habe mich in jüngerer Zeit sehr mit dieser Ausweitung der Befreiungstheologie beschäftigt. Und das ist auch das grundsätzlich Neue in „Laudato si“…

… der „Öko-Enzyklika“ des Papstes von 2015. Wie viel Boff steckt in Bergoglio?
Die Enzyklika gehört dem Papst. Aber er hat viele Experten konsultiert.

Hat er Ihre Bücher gelesen?
Mehr noch. Er hat mich für „Laudato si“ um Material gebeten. Ich habe ihm meinen Rat gegeben und einiges von dem geschickt, was ich geschrieben habe. Das hat er auch verwendet. Manche Leute haben mir gesagt, sie hätten beim Lesen gedacht, „das ist doch Boff!“ Übrigens hat Papst Franziskus zu mir gesagt: „Boff, bitte schick die Papiere nicht direkt an mich.“

Wieso das denn nicht?
Er sagte: „Sonst fangen die Sottosegretari (Mitarbeiter in der Vatikanverwaltung, d.Red.) sie ab, und ich bekomme sie nicht. Schick die Sachen lieber dem argentinischen Botschafter, zu dem habe ich einen guten Draht, dann gelangen sie sicher in meine Hände.“ Dazu muss man wissen, dass der derzeitige Vatikan-Botschafter ein alter Bekannter des Papstes aus dessen Zeit in Buenos Aires ist. Sie haben öfters miteinander Mate getrunken. Einen Tag vor der Veröffentlichung der Enzyklika hat der Papst mich dann noch anrufen lassen, um mir seinen Dank für meine Hilfe auszurichten.

Was haben Sie dem Papst inhaltlich geraten?
Ich habe ihm gesagt, er solle kein Öko-Papier im engeren Sinn schreiben, sondern eine Zusammenschau, die eine „Spiritualität der Erde“ entfaltet, den eigenständigen Wert alles Lebendigen betont und eine „Beziehung des Herzens“ zwischen Mensch und Natur aufbaut. Es hängt alles mit allem zusammen.

Das steht tatsächlich auch so in dem Papstschreiben.
Der Papst hat in „Laudato si“ sogar eine kleine Geschichte über den heiligen Franz von Assisi eingebaut, von der ich ihm geschrieben hatte.

Nämlich?
Es ging darum, dass der heilige Franziskus forderte, im Garten eines Konvents immer ein Stückchen unbebaut zu lassen. Damit auch die „wilden Kräuter“ wachsen dürften. Ich hatte das gegenüber dem Papst mehr als Anekdote erwähnt. Er widmet ihr in „Laudato si“ einen ganzen Abschnitt mit der Schlussfolgerung: Auch das Unkraut wächst zum Lob Gottes. „Die Welt ist mehr als ein zu lösendes Problem, sie ist ein freudiges Geheimnis, das wir mit frohem Lob betrachten.“ Das gefällt mir.

Eine persönliche Begegnung mit dem Papst steht aber noch aus?
Er hat die Versöhnung mit den wichtigsten Vertretern der Befreiungstheologie gesucht, mit Gustavo Gutierrez, Jon Sobrino und eben auch mit mir. Ich habe zu ihm mit Blick auf Papst Benedikt – respektive Joseph Ratzinger – gesagt, „aber der andere lebt doch noch!“. Das hat er nicht gelten lassen. „Nein“, hat er gesagt, „il Papa sono io“ – „der Papst bin ich“. Wir sollten also ruhig kommen. Da sehen Sie seinen Mut und seine Entschiedenheit.

Warum hat es dann noch nicht geklappt mit Ihrem Besuch?
Ich hatte eine Einladung und war sogar schon in Rom gelandet. Doch just an diesem Tag, unmittelbar vor Beginn der Familiensynode 2015, probten 13 Kardinäle – unter ihnen der deutsche Kardinal Gerhard Müller, Präfekt der Glaubenskongregation – den Aufstand mit einem Brief, den sie an den Papst richteten, der dann aber – o Wunder! – auch in der Zeitung stand. Der Papst war wütend und sagte zu mir: „Boff, ich habe keine Zeit. Ich muss vor der Synode für Ruhe sorgen. Wir sehen uns ein andermal.“

Auch das mit der Ruhe hat nicht wirklich hingehauen, oder?
Der Papst spürt die Schärfe des Gegenwinds aus den eigenen Reihen, besonders aus den USA. Dieser Kardinal Burke, Leo Burke, der jetzt – zusammen mit dem Kölner Kardinal Meisner – schon wieder einen Brief geschrieben hat, ist der Donald Trump der katholischen Kirche (lacht). Aber anders als Trump, ist Burke in der Kurie jetzt kaltgestellt. Gott sei Dank. Diese Leute glauben tatsächlich, sie müssten den Papst korrigieren. Als ob sie über dem Papst stünden. So etwas ist ungewöhnlich, wenn nicht beispiellos in der Kirchengeschichte. Man kann den Papst kritisieren, mit ihm diskutieren. Das habe ich auch oft genug getan. Aber dass Kardinäle den Papst öffentlich der Verbreitung von theologischen Fehlern oder gar Irrlehren bezichtigen, das – meine ich – ist zu viel. Das ist ein Affront, den der Papst sich nicht gefallen lassen kann. Der Papst kann nicht verurteilt werden, das ist Lehre der Kirche.

Bei all Ihrer Begeisterung – was ist mit den Kirchenreformen, die sich viele Katholiken von Franziskus erhofft hatten, wo aber faktisch noch nicht so viel passiert ist?
Wissen Sie, soweit ich ihn verstehe, ist das Zentrum seines Interesses gar nicht mehr die Kirche, schon gar nicht der innerkirchliche Betrieb, sondern das Überleben der Menschheit, die Zukunft der Erde. Beides ist in Gefahr, und man muss fragen, ob das Christentum einen Beitrag leisten kann, diese große Krise zu überwinden, an der die Menschheit zugrunde zu gehen droht.

Papst Franziskus kümmert sich um die Umwelt, und derweil fährt seine Kirche vor die Wand?
Ich glaube, es gibt für ihn eine Hierarchie der Probleme. Wenn die Erde zugrunde geht, haben sich alle anderen Probleme auch erledigt. Aber was die innerkirchlichen Fragen angeht, warten Sie’s mal ab! Erst neulich hat Kardinal Walter Kasper, ein enger Vertrauter des Papstes, gesagt, es werde demnächst große Überraschungen geben.

Was erwarten Sie?
Wer weiß, vielleicht doch den Diakonat der Frau. Oder die Möglichkeit, dass verheiratete Priester wieder in der Seelsorge eingesetzt werden können. Das ist eine ausdrückliche Bitte der brasilianischen Bischöfe, besonders seines Freundes, des brasilianischen Kurienkardinals Claudio Hummes. Ich hörte, der Papst wolle dieser Bitte – zunächst für eine Experimentierphase in Brasilien – entsprechen. Dieses Land mit seinen 140 Millionen Katholiken sollte wenigstens 100 000 Priester haben. Es gibt aber nur 18 000. Institutionell gesehen, ist das eine Katastrophe. Kein Wunder, dass die Gläubigen in Scharen zu den Evangelikalen und den Pfingstlern überlaufen, die das personelle Vakuum füllen. Wenn die vielen Tausend verheirateten Priester ihr Amt wieder ausüben dürften, wäre das ein erster Schritt zur Besserung der Lage – und zugleich ein Impuls, dass die katholische Kirche die Fessel des Pflichtzölibats löst.

Wenn der Papst in diesem Sinne entscheiden würde – würden Sie als ehemaliger Franziskanerpater auch selber wieder priesterliche Aufgaben übernehmen?
Ich persönlich brauche eine solche Entscheidung nicht. Sie würde für mich nichts ändern, weil ich bis heute das tue, was ich immer getan habe: Ich taufe, ich beerdige, und wenn ich in eine Gemeinde ohne Priester komme, feiere ich zusammen mit den Leuten auch die Messe.

Ist es sehr „deutsch“, zu fragen: Dürfen Sie das denn?
Bisher hat kein Bischof, den ich kenne, das je beanstandet oder gar verboten. Die Bischöfe freuen sich sogar und sagen mir: „Das Volk hat ein Recht auf die Eucharistie. Mach also ruhig weiter!“ Mein theologischer Lehrer, der leider vor wenigen Tagen verstorbene Kardinal Paulo Evaristo Arns, zum Beispiel war da von ganz großer Offenheit. Er ging so weit, dass er verheiratete Priester, die er während der Messe in der Bank sitzen sah, zu sich nach vorne an den Altar holte und gemeinsam mit ihnen zelebrierte. Das hat er oft gemacht und gesagt. „Sie sind doch noch Priester – und Sie bleiben es!“

Interview: Joachim Frank, Frankfurter Rundschau, Leonardo Boff

 

 

 

 

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Boff, Leonardo (2010) Zukunft für Mutter Erde - Warum wir als Krone der Schöpfung abdanken müssen