Professor Leonardo BoffZukunft für Mutter Erde
Warum
wir als Krone der
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2010 310 Seiten
wikipedia Autor
DNB.name (230) DNB person DNB nummer (190) viele Broschüren LeonardoBoff.org Home detopia: Ökobuch |
"Wenn wir jedoch nicht genug unternehmen, um den Zustand der Erde zu stabilisieren, und die Durchschnittstemperatur um 3 bis 4 Grad Celsius ansteigt, dann wird – nach Aussage von ernst zu nehmenden Forschungseinrichtungen – Leben nicht länger möglich sein. Einige Menschen werden in bestimmten Regionen, sozusagen Oasen oder rettenden Häfen, überleben, doch die übrige Erde wird verwüstet und von Leichen bedeckt sein." (S.12)
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detopia Atilio.Boron Paulo.Freire J.Lutzenberger Dorothee.Sölle I.Brandao Lesen amazon.de/Zukunft-für-Mutter-Erde-Schöpfung Kapitel Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar issuu.com 978-3-532-62427-2/2
Inhaltstext
zu 2010 |
Autor Leonardo Boff gilt als bedeutendster Vertreter der (katholischen) Befreiungstheologie. Professor für Theologie, Ethik und Spiritualität. Gastprofessuren in USA und Europa. Nach Konflikten mit dem Vatikan trat er 1992 aus dem Franziskanerorden aus. In seinen Büchern behandelt er theologischen Fragen und Probleme der Armutsbekämpfung, der Menschenrechte und der Ökologie. 2001 wurde er mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
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Zitate
Lesebericht zu 2010 - von Manfred Sandau bei Amazon 2013
Niemand, der auf einem Baum, in luftiger Höhe sitzt, würde den Ast auf dem er sitzt absägen. Aber genau das machen wir mit der Erde auf der wir leben, so nach dem Motto: Nach mir die Sintflut. Tatsächliche Sintfluten hatten wir 2002 und jetzt gerade wieder an der Donau, an der Elbe, an Rhein und Neckar usw. Es müssten eigentlich alle von diesen Katastrophen Betroffenen, sei das direkt oder indirekt, die Bücher von Boff, von Latif, von James Lovelock, usw. lesen. Lovelock hat die These aufgestellt, dass diese Erde ein lebendiger Organismus ist. Das hat aber auch schon ein Indianerhäuptling 1848 in seiner Rede an den weißen Mann so ausgedrückt: „Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volke heilig“. Wir singen das auch, jedenfalls wenn wir noch einer der beiden großen Kirchen angehören, in einem Kanon. Klimakonferenz in Rio 1992 und Klimafolgekonferenz und Folgekonferenz der Folgekonferenz. Worüber wird sich da unterhalten? Über den Verkauf von Verschmutzungsrechten, also so etwas wie Ablasshandel. Über den Einbau von Filteranlagen in Schornsteine. Gerade will man beschließen japanische Atommeiler, die nach Fukushima abgeschaltet wurden wieder in Betrieb zu nehmen. Sind wir denn alle eigentlich noch zu retten? Können wir alle notwendigen Schritte, die aus richtigen Analysen folgen, immer weiter auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben? Der Bericht des Club of Rom, die „Grenzen des Wachstums“, wurde vor 40 Jahren vorgelegt. Gerade gibt es eine Aktualisierung. Ich möchte Frau Merkel wirklich nicht zu nahe treten, immer wenn ich sie irgendwo höre, dann fällt mindestens einmal der Satz „Wir brauchen Wachstum“. Als ehemalige Physikerin, sollte sie wissen dass bei endlichen Ressourcen, irgendwann die Vorräte aufgebraucht sind. Und dann? Die Zahl der Einkommensmillionäre steigt ständig. Die vielleicht 10% der wirklich reichen Leute in diesem Land haben ihren Reichtum in 10 Jahren verdoppelt. Wohingegen die Hälfte der 5 Mill. Arbeitslosen die wir vor 10 Jahren hatten nun von ihrer Arbeit nicht mehr leben kann. An der Jeans, die wir für 10 Euro beim Discounter kaufen klebt Blut, mindestens 2 Fabriken sind in Pakistan einfach zusammengebrochen, oder ausgebrannt und es hat so viele Tote wie beim Zusammensturz des World Trade Centers gegeben. In dem nächsten Buch, das "Achtsamkeit" heißt, beschreibt Boff auch einen möglichen Ausweg, nämlich diese Erde wieder lieben zu lernen und unabdingbar gehört dazu auch den Bruder und die Schwester zu lieben, weil wir alle gemeinsam in diesem Boot sitzen und entweder so rücksichtsvoll mit der Erde umgehen, dass sie und wir überleben oder wir saufen alle gemeinsam ab. Die Erde wird sich dann in ein paar Milliarden Jahren wieder erholen. Wir brauchen sie, aber sie braucht uns nicht unbedingt. # |
Inhalt 2010 Vorwort von Heiner Geißler (9)
Einleitung
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Das Alte liegt in Agonie,
Zum
Schluss (307) Literatur (311-316)
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1. Integrale Ökologie - die Mutter Erde: Würde und Rechte (17) 1. Wir alle sind Afrikaner (18) 2. Zeitalter des Menschlichen: Geist, Materie und Leben (20) 3. Ökologischer Alarm: Wandel oder Untergang (23) 4. Die Erde als Gaia: eine ethische und spirituelle Herausforderung (30) 5. Die Erde als Subjekt von Würde und Rechten (43) 6. Ein menschliches Armageddon? (50) 7. Kann der Kapitalismus im Selbstmord enden? (53) 8. Wann hat unser Irrweg seinen Anfang genommen? 55 9. Wiedererlangen, was wir verloren haben (59) 10. Der grenzenlose Respekt vor allem Sein 61 11. Das Herz wiedergewinnen (63) 12. Argumente für die Erde als Mutter 65 2. Spiritualität der Erde: Es gibt keinen Himmel ohne die Erde (73) 1. Tiefenökologie 74 2. Der kosmische Christus 80 3. Spiritualität im Geschäftsleben 84 4. Das Universum als Entwurf: kein Nullsummenspiel 86 5. Die Freisetzung der Utopie 88 6. Die wahre Alternative: Leben oder Auferstehung 91 7. Franziskanische Liebe 92 8. Die Achse der Liebe: Rumi und Franz von Assisi 94 9. Das Christentum und das Schicksal des Menschen 105 10. Christus und Buddha umarmen einander 110 11. Wie kann man nach Auschwitz von Gott und vom Menschen denken? 113 12. „Resilienz" und ökologisches Drama 116 13. Die zentrale Rolle der Frauen für den christlichen Glauben 118 14. Aktualität des Zen-Buddhismus angesichts der gegenwärtigen Krise 122 15. Yin und Yang: das Gleichgewicht, das wir brauchen 126 16. Von der Möglichkeit des Glücks in diesem Leben 128 17. „Bruttoinlandsglück" 131 18. Sinn für Humor und Fest 133 19. Der Geist kommt vor dem Missionar 135 20. Der Liebe eine andere Sprache verleihen 137 3. Ökologische Ethik: auf der Suche nach einem Weltethos (141) 1. Wege der Ethik heute 142 2. Auf der Suche nach einem planetarischen Ethos 144 3. Die Dringlichkeit, die Fundamente neu zu legen 162 4. Die Chancen der Krise nicht verspielen 164 5. Die Kosmologie der Herrschaft in der Krise 167 6. Wem gehört die Erde? 169 7. Die Wirtschafts- und Finanzkrise: das vollkommene Loch 171 8. Der kürzeste Weg ins Scheitern 174 9. Totaler Krieg gegen Gaia 176 10. Die Tendenz des Kapitalismus zum Selbstmord 178 11. Werden wir alle aus statistischen Gründen zu Sozialisten? 180 12. Besser leben oder gut leben? 182 13. "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar" (184) 14. „Alle Räder stehen still, wenn keiner den Ramsch mehr haben will" 191 15. Entwicklung und Nachhaltigkeit: einander widersprechende Konzepte? 196 16. Ethik und Grenzsituationen 203 4. Ökologisch-soziale Politik: Wer muss sich um die Erde kümmern? (213) 1. Die neue Entwicklungsstufe der Geschichte: die Noosphäre (214) 2. Wer muss sich um den Planeten kümmern? (216) 3. Hat der Individualismus noch eine Zukunft? 218 4. Kapitalistischer Pessimismus und Sozialdarwinismus (221) 5. Die Todsünden des Kapitalismus: Ökozid, Biozid, Geozid (224) 6. Oberflächliche Ökonomie und Tiefenökonomie (243) 7. Wie wir dem Ende der Welt entrinnen können (247) 8. Die Blindheit der Weltgesellschaft 250 9. Der wahre „Kampf der Kulturen" 253 10. Eine heilige Allianz zwischen Wissenschaft und Religion (255) 11. Ökologie und Sozialismus (257) 12. Ökologisch-soziale Demokratie 262 13. Der Mensch zwischen Poesie und Prosa 267 14. Worin besteht der nächste Schritt der Menschheit? 269 15. Ein schöner Traum: der Sieg der Vernunft des Herzens (277) 16. Welche Zukunft erwartet uns? (281) 5. Erzählungen und Reflexionen, die zu denken geben (283) 1. Das traurige Ende des rein materiellen Wachstums (284) 2. Ein Gott, der weinen kann 286 3. Christus weinte um den Vatikan (288) 4. Jesus plagten Zweifel, Angst und Hoffnungslosigkeit (290) 5. Die glückliche Ehe zwischen Himmel und Erde 292 6. Indios und Schwarze: das schlechte Gewissen der Christen 294 7. Der Zauber der Orixas 298 8. Die Erzählung des Kosmos und die Gottesfrage (301) |
Eine Favela in Rio
Aus wikipedia-2021 zum Autor
Befreit die Erde!Eine Theologie für die Schöpfung 79 Seiten, 2015, DNB Buch
Werke (Auswahl) Die Kirche als Sakrament im Horizont der Welterfahrung: Versuch einer Legitimation und einer strukturfunktionalistischer Grundlegung der Kirche im Anschluss an den II. Vatikanischen Konzil (= Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien, Band 28), Bonifacius-Druckerei, Paderborn 1972 Die Neuentdeckung der Kirche: Basisgemeinden in Lateinamerika (= Grünewald-Reihe). Grünewald, Mainz 1980 Was kommt nachher. Das Leben nach dem Tode. Müller, Salzburg 1982 Kirche: Charisma und Macht. Studien zu einer streitbaren Ekklesiologie. Patmos, Düsseldorf 1985 Der Fall Boff. Eine Dokumentation. Patmos, Düsseldorf 1988 Jesus Christus, der Befreier. Herder, Freiburg im Breisgau 1989, Kleine Trinitätslehre. Patmos, Düsseldorf 1990, Unser Haus die Erde. Den Schrei der Unterdrückten hören. Patmos, Düsseldorf 1996, Die Logik des Herzens. Wege zu neuer Achtsamkeit. Patmos, Düsseldorf 1999, Schrei der Erde, Schrei der Armen. Patmos, Düsseldorf 2002, Kleine Sakramentenlehre. Patmos, Düsseldorf 2003, Haus aus Himmel und Erde – Erzählungen der brasilianischen Urvölker. Patmos, Düsseldorf 2003, Gott erfahren. Die Transparenz aller Dinge. Patmos, Düsseldorf 2004, Der Herr ist mein Hirte. Psalm 23 ausgelegt von L. B. Patmos, Düsseldorf 2005, Fundamentalismus und Terrorismus. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, Tugenden für eine bessere Welt. Butzon & Bercker, Kevelaer 2009, I Die Erde ist uns anvertraut. Butzon & Bercker, Kevelaer 2010 2010: Zukunft für Mutter Erde. Warum wir als Krone der Schöpfung abdanken müssen. Achtsamkeit. Von der Notwendigkeit, unsere Haltung zu ändern. Claudius, München 2013, Der Heilige Geist: Feuer Gottes – Lebensquell – Vater der Armen. Herder, 2014 Befreit die Erde! Eine Theologie für die Schöpfung. kbw, Bibelwerk, Stuttgart 2015, Literatur
Gottlieb
Matejka: Zur Weltsituation der politischen Theologie mit besonderer
Berücksichtigung von Leonardo Boff und Gustavo Gutiérrez, Dissertation
an der Universität Wien 1986. |
Leonardo Boff ist ein brasilianischer katholischer Theologe. Er ist einer der Hauptvertreter der Befreiungstheologie und versucht, seine Kirche auf die Verteidigung der Menschenrechte für die Armen zu verpflichten. Als Sohn italienischer Einwanderer besuchte Boff die Schule in Concordia, danach in Rio Negro (Paraná) und in Agudos (São Paulo). 1959 trat er dem Franziskanerorden bei. Er studierte Philosophie in Curitiba und Theologie in Petrópolis (Rio de Janeiro) bei Bonaventura Kloppenburg, Konstantin Koser und Paulo Evaristo Arns. 1964 erhielt Boff die Priesterweihe. Danach war er für Gaststudien an den Universitäten Würzburg, Louvain und Oxford und setzte von 1965 bis 1970 das Studium bei Karl Rahner an der Ludwig-Maximilians-Universität München fort. Dort promovierte er 1970 bei Leo Scheffczyk in Dogmatik; der zweite Gutachter der Arbeit war Joseph Ratzinger. Nach Brasilien zurückgekehrt, trat Boff von 1970 bis 1991 die Nachfolge Bonaventura Kloppenburgs als Professor für Systematische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule (Instituto Teológico Franciscano) in Petrópolis an. Daneben betreute er bei Vozes, dem größten katholischen Verlag in Lateinamerika, der auch viele seiner Bücher publizierte, den Bereich Religion und Theologie. Gleichzeitig war er Schriftleiter bei der theologischen Zeitschrift Revista Eclesiástica Brasileira. Auseinandersetzungen mit der Amtskirche Im Jahr 1985 erteilte der Vatikan Boff ein einjähriges Rede- und Lehrverbot. Während dieses Jahres verfasste er weitere Bücher, die seine Christologie, Ekklesiologie und Sakramentenlehre ausführten. Im Jahr 1987 lobte Boff nach einer Reise in die Sowjetunion, der Sozialismus dort garantiere „bessere Voraussetzungen für ein wahrhaft christliches Leben“ als in den kapitalistischen Ländern. Nachdem sich Boff weiterhin in verschiedenen Artikeln in der Revista Vozes mit dem Zölibat, der Machtausübung der römischen Kurie und der theologischen Inkompetenz einiger brasilianischer Bischöfe auseinandergesetzt hatte, wurde er 1991 erneut mit einer Disziplinarstrafe belegt. Nach einer Intervention Kardinal Ratzingers und des Bischofs von Petrópolis, José Fernandes Veloso, musste er die Leitung der katholischen Zeitung Revista Vozes niederlegen und seinen Wohnsitz in Petrópolis verlassen. Im September 1991 ließ Boff wissen, dass er seinen Kampf gegen die Hierarchie der katholischen Kirche einstellen werde. Im Juni 1992 trat er schließlich aus dem Franziskanerorden aus und ließ sich in den Laienstand versetzen. Nach der Niederlegung des Priesteramtes Nach der Aufgabe seines Priesteramts übernahm er 1992 einen eigens für ihn geschaffenen Lehrstuhl für Ethik und Spiritualität an der Staatsuniversität in Rio de Janeiro. Er widmete sich nun verstärkt seinen Aktivitäten als Theologe, Autor sowie der Führung von Verbänden und sozialen Bewegungen. Unter anderem dehnte er die Befreiungstheologie auf ökologische Fragen aus, um sie zu einer „Theologie des Lebens“ weiterzuentwickeln. Boff, der fließend Deutsch spricht, übernahm auch zahlreiche Gastprofessuren, u. a. an den Universitäten Lissabon (Portugal), Salamanca (Spanien), Harvard (USA), Basel (Schweiz) und Heidelberg (Deutschland). Er trat als Buchautor und Redakteur theologischer Fachzeitschriften in Erscheinung und war Mitglied der Theologenkommission der Brasilianischen Bischofskonferenz, der Konferenz der Orden in Brasilien und der Lateinamerikanischen Konferenz der Ordensleute. Er erhielt im Laufe seines akademischen Wirkens zahlreiche Ehrentitel. 2001 erhielt er mit drei anderen Preisträgern den Right Livelihood Award. Er schrieb mehr als 60 Bücher im Bereich der Theologie, Philosophie, Anthropologie und Mystik, darunter ein eigenständiges ökologisches „Weltethos“, eine humorvolle Erklärung der Sakramente, Bücher über die „Logik des Herzens“ und das „Mitgefühl“ als zentrale Ausgangspunkte für sozialistisches Engagement. Er spricht heute nicht mehr von „Befreiung“, sondern vom „Lebensschutz“ für die „Ausgeschlossenen“ und weist auf die gegenwärtige Realität seines Landes hin: Dort erhalte ein Drittel der Bevölkerung – allein 50 Millionen Menschen – keinerlei staatliche Hilfen gegen Kriminalität, Verhungern und Arbeitslosigkeit. Im ökologischen Reservat Jardim Araras bei Petrópolis lebt er mit der Menschenrechtlerin Marcia Maria Monteiro de Miranda und ihren sechs Kindern aus erster Ehe zusammen. Der „Fall Boff“ Nachdem Boff bereits seit 1971 vom Vatikan wegen seiner abweichenden Lehrmeinung unter Beobachtung gestanden hatte, kam es mit dem Erscheinen von Kirche: Charisma und Macht (1981; deutsch 1985) zum offenen Konflikt mit der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre. In dem Werk, das den Untertitel „Eine militante Ekklesiologie“ trug und eine Sammlung mehrerer früherer Schriften darstellte, polemisierte Boff u. a. gegen hierarchische und undemokratische Kirchenstrukturen und forderte eine revolutionäre und eindeutig auf der Seite der unterdrückten Klasse stehende Kirche. Die Publikation führte zum „Fall Boff“: Sein zweiter Doktorvater, der Franziskaner Bonaventura Kloppenburg, warf ihm öffentlich Häresie vor. Als Boff daraufhin an Ratzinger schrieb, den damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, und ihn um Rat bat, erhielt er im Mai 1984 eine Vorladung nach Rom. Im September fand das Geheimgespräch mit der Kurie statt. Obwohl Boff danach rehabilitiert zu sein schien, wurde ihm von der Kongregation am 9. Mai 1985 für ein Jahr ein Rede- und Lehrverbot („Bußschweigen“) auferlegt.[2][3] 1986 erhielt er die Lehrerlaubnis einen Monat vor Ablauf der Frist zurück. Kern des Konflikts zwischen Boff und der Glaubenskongregation war nicht – wie bei anderen Befreiungstheologen – der Vorwurf eines Marxismus in christlicher Tarnung: vielmehr standen betont theologische Aussagen seines Buchs im Zentrum der vatikanischen Kritik. Denn er hatte die „wahre Kirche“ des Heiligen Geistes gegen die „falsche“ Kircheninstitution mit ihren Machtansprüchen über die Gläubigen gestellt und dabei ausdrücklich auf die Reformation Bezug genommen. Er kritisierte den dogmatischen Sakramentalismus und stellte ihm die lebendige, prozessuale Kirche der Armen gegenüber: In ihr – konkret in Gestalt von über 100.000 Basisgemeinden in Brasilien – fand er das echte „Sakrament des Heiligen Geistes“ mit dem „Charisma“ als „Organisationsprinzip“. Ratzingers Vorladung benannte bereits die Konfliktpunkte: Er warf Boff vor, dass Jesus Christus für ihn keine bestimmte Kirchengestalt befohlen habe, sodass andere als das katholische Kirchenmodell aus dem Evangelium heraus denkbar würden, Offenbarung und Dogma bei ihm nur eine untergeordnete Rolle spielten, sodass kein ausreichender Schutz gegen häretische Verzerrung des christlichen Glaubens gegeben sei (Boff hatte in einem Kapitel sogar die befreienden Elemente des „Synkretismus“ der Volksfrömmigkeit gelobt); Boff historischen Machtmissbrauch der Kircheninstitution unnötig polemisch und respektlos beschrieben und der Kircheneinheit damit geschadet habe. Nach seiner Rechtfertigung vor der Kurie erklärte Boff, dass er das Dogma als Schutz vor Häresie anerkannt habe; jedoch sei es der lebendige Heilige Geist selber, der die Kirche vor häretischer Erstarrung in „zeitlosen Wahrheiten“ schütze. Die zeitlose Auffassung des Dogmas könne nur zum Verlust des Glaubens führen. Boff kritisierte die gesellschaftliche Funktion der Kirchenhierarchie weiterhin scharf und warf ihr seinerseits „religiöse Ausbeutung“ der Hoffnungen des armen Volkes vor. „Von oben“ angebotene Vergebung zeigten ein paternalistisches Sakramentsverständnis: „Die Kirche der Reichen für die Armen verneint die Macht des Volkes, sich zu befreien.“ Die Kurie verweigere den Dialog mit dem Volk selbst; europäisch geprägte Theologen könnten die reale Glaubenserfahrung der Armen in den Slums nicht nachvollziehen. Ihre Dominanz könne nur zu weiterer Marginalisierung der Armen, politischer Machtkonzentration und kirchlich-institutioneller Hybris führen. Dagegen wollte er die Macht der Kirche im „Dienst“ der lebendigen, sich verändernden Kirche der Armen, die ihr Leben mit dem Volk teilt und Privilegien abbaut, begründen. |
Einleitung - Das Alte liegt in Agonie, das Neue wird unter Schmerzen geboren
Achtsamkeit
Von
der Notwendigkeit, 2012
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2016 INTERVIEW Frankfurter Rundschau https://www.fr.de/kultur/arm-nicht-wird-gemacht-11080745.html „Arm ist man nicht, arm wird man gemacht“ Von Joachim Frank Der Befreiungstheologe Leonardo Boff über die Situation der katholischen Kirche, die Obsession Ratzingers, die Pläne Papst Franziskus’ und den scharfen Gegenwind aus den USA. Herr Boff, die lateinamerikanische Befreiungstheologie, zu deren prominentesten Vertretern Sie gehören, ist durch Papst Franziskus zu neuen Ehren gekommen. Eine Rehabilitation auch für Sie persönlich nach den jahrzehntelangen Kämpfen mit Papst Johannes Paul II. und seinem obersten Glaubenswächter Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI? Franziskus ist einer von uns. Obwohl er den belasteten und oft missverstandenen Begriff „Befreiungstheologie“ kaum verwendet, die in seinem Heimatland Argentinien im Übrigen eine ganz eigene Ausprägung erfahren hat, die „Theologie des unterdrückten Volkes“. Das Grundanliegen ist das gleiche, nur die Terminologie ist anders. In der Zeit der Militärdiktatur war nämlich schon die Verwendung angeblich marxistischer Begriffe wie „Klasse“ verboten. Der Papst ist von dieser Theologie geprägt. Ein armer Mensch ist für ihn kein Armer an sich, sondern ein Verarmter: Arm ist man nicht, arm wird man gemacht. Der theologische Lehrer des Papstes, Juan Carlos Scanone, erzählt, sein damaliger Student Jorge Mario Bergoglio sei so begeistert gewesen von der Theologie des Volkes, dass er das Gelübde abgelegt habe, einmal in der Woche in eine Armensiedlung, eine Favela zu gehen, um den Menschen dort beizustehen. Wie es heißt, hat er dieses Gelübde erfüllt.
In
Rom kann er das nicht mehr.
Was
ist mit dem Vorwurf, Sie und die anderen Befreiungstheologen seien
getaufte Marxisten? „Armut“, wie schon erwähnt, wird in theologischer Sprache schnell zu einem frommen Begriff. Unterdrückung ist eine politische Aussage. Das war eine Entdeckung, die wir insbesondere Antonio Gramsci verdanken. Er war vielleicht der noch bedeutendere Impulsgeber, weil er – anders als Karl Marx – das emanzipatorische Potenzial der Religion gesehen und geschätzt hat.
Rom,
namentlich Kardinal Ratzinger, hat das anders gesehen und Sie zum
Schweigen verurteilt.
Diese
Sorge ist unter Papst Franziskus hinfällig?
…
der „Öko-Enzyklika“ des Papstes von 2015. Wie viel Boff steckt in
Bergoglio?
Hat
er Ihre Bücher gelesen?
Wieso
das denn nicht?
Was
haben Sie dem Papst inhaltlich geraten?
Das
steht tatsächlich auch so in dem Papstschreiben.
Nämlich?
Eine
persönliche Begegnung mit dem Papst steht aber noch aus?
Warum
hat es dann noch nicht geklappt mit Ihrem Besuch?
Auch
das mit der Ruhe hat nicht wirklich hingehauen, oder?
Bei
all Ihrer Begeisterung – was ist mit den Kirchenreformen, die sich viele
Katholiken von Franziskus erhofft hatten, wo aber faktisch noch nicht so
viel passiert ist?
Papst
Franziskus kümmert sich um die Umwelt, und derweil fährt seine Kirche
vor die Wand?
Was
erwarten Sie?
Wenn
der Papst in diesem Sinne entscheiden würde – würden Sie als
ehemaliger Franziskanerpater auch selber wieder priesterliche Aufgaben
übernehmen?
Ist
es sehr „deutsch“, zu fragen: Dürfen Sie das denn? Interview: Joachim Frank, Frankfurter Rundschau, Leonardo Boff |