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Ergänzungen und Literaturhinweise zu Ditfurth-1985

Anmerkungen/Fußnoten (1) bis (63) zu Teil-1 (Seite 20 bis 161)

368-382

   Einleitung: Endzeit?    Seite 7-17      Anm 1-7  

1)  Arthur Koestler: <Der Mensch. Irrläufer der Evolution>, 1978.  —  Koestler entwickelt darin u.a. den Gedanken, daß der Durchgang durch eine thermonukleare Entwicklungsphase eine Art kosmischen Tests auf psychische Gesundheit darstelle, den jede Zivilisation — auch K. rechnet mit einer großen Zahl außerirdischer Zivilisationen — früher oder später zu bestehen habe. "Kranke" Zivilisationen würden dabei als ihre eigenen Scharfrichter selektiv wirksam in der Art eines "kosmischen Unkraut­vertilgers". (S. 328) 

Als Belege für eine "Geisteskrankheit" unserer eigenen Spezies führt er auf: die in grauer Vorzeit anzutreffenden Rituale des Menschenopfers, das hartnäckige Austragen intraspezifischer Kriege, die paranoide Spaltung zwischen rationalem Denken und irrationalem, auf Affekten beruhendem Glauben sowie den Gegensatz zwischen der Genialität der Menschheit bei der Unterwerfung der Natur und ihrer Unfähigkeit, mit ihren eigenen Problemen fertig zu werden — symbolisiert durch die neue Grenze auf dem Mond und Minenfelder quer durch Europa. 

2Robert Malthus, ein englischer Pfarrer und Nationalökonom, sagte in seinem 1798 in erster Auflage erschienenen Buch über die Gesetze des Bevölkerungs­wachstums katastrophale Hungersnöte und eine Reduzierung der Menschen­zahl durch Seuchen und Kriege mit der Begründung voraus, daß die Nahrungs­mittel­produktion, da sie nur in arithmetischer Progression zunehme, hinter der geometrisch zunehmenden Bevölkerungs­zahl hoffnungslos zurück­bleiben müsse. Die angekündigten Hungersnöte blieben jedoch aus, da die von Malthus nicht vorhergesehene Erfindung des Kunstdüngers den landwirtschaftlichen Ertrag um ein Vielfaches steigerte.

Dieses Beispiel wird heute mit großer Regelmäßigkeit von denen ins Feld geführt, welche die augenblicklich uns drohenden Gefahren nicht wahrhaben oder vernied­lichen wollen. Dabei wird übersehen, daß sich, betrachtet man die heutige Welternährungs­situation, Malthus keineswegs "geirrt" hat. Der weitere Verlauf bis heute hat die angeführte Prophezeiung vielmehr auf eine furchtbare Weise bestätigt. Die einzige Korrektur, die an der Vorhersage von Malthus anzubringen ist, betrifft den zeitlichen Ablauf.

3)  Zit. nach Kyra Stromberg, "Heilige Aussteiger und Wilde Leute", in: Kunst und Antiquitäten, Nr. 3 (1983), S. 12

4)  Karl Rahner, "Zum Verhältnis von allgemeiner und biblischer Heils- und Offenbarungsgeschichte", in: Wolfgang Böhme (Hrsg.), "Freiheit in der Evolution", Herrenalber Texte, Nr. 57, Karlsruhe 1984, S. 79

5)  Interessenten finden alle wichtigen Details in: Heinrich K. Erben, "Leben heißt Sterben. Der Tod des einzelnen und das Aussterben der Arten", Hamburg 1981.

6)  Pierre Teilhard de Chardin, "Der Mensch im Kosmos", München 1959, S. 285 ("Voraussagen, die auszuschließen sind"). — In einer Schrift mit dem Titel "Mein Glaube" hat Teilhard die Voraussetzung der im Text zitierten "Beweisführung" — ohne auf sie Bezug zu nehmen — allerdings selbst relativiert, wenn nicht zurückgenommen:
"Wenn man es wirklich für allzu anthropozentrisch hält, sich eine einzige Menschheit im Universum vorzustellen, bleibt noch der Ausweg, sie als einzigartig zu begreifen ... Doch ebenso wie auf der Erdoberfläche die menschliche Seele nicht allein ist, sondern wesentlich als Legion auftritt, ist es auch unendlich wahrscheinlich, daß sich die bewußte kosmische Schicht nicht auf einen einzigen Punkt (unsere Menschheit) beschränkt, sondern sich außerhalb der Erde zu anderen Sternen und anderen Zeiten hin fortsetzt. Viel wahrscheinlicher ist die Menschheit weder ›unica‹ noch ›singularis‹: Sie ist ›eine unter tausend‹."

Dann allerdings taucht das geo-zentrische Motiv in anderer Form schon im nächsten Satz wieder auf mit der Frage: "Wie aber kommt es dann, daß sie wider alle Wahrscheinlichkeit als Zentrum der Erlösung gewählt wurde? Und wie kann sich von ihr aus die Erlösung von Gestirn zu Gestirn ausbreiten? Die Frage bleibt für mich noch ohne Antwort." (S. 55/56) Am Schluß heißt es dann: "Denn selbst wenn es wirklich (wie es nunmehr wahrscheinlicher ist) Millionen von ›bewohnten Welten‹ am Firmament gibt, bleibt die Grundsituation für den Christen unverändert ... Gewiß ... ist es unvermeidlich, daß das Ende des ›Mono-genismus‹ uns möglicherweise dazu zwingt, eine ganze Reihe unserer theologischen ›Vorstellungen‹ zu revidieren und anpassungsfähiger zu gestalten‹." (S. 278/79) — "Mein Glaube", Ineditum, New York 1953

7)  In einem Brief an seine Frau aus dem Jahre 1540. Luther hat dem Satz ein "Amen" hinzugefügt, so daß an dem Gebets­charakter kein Zweifel besteht. Quelle: Kurt Aland (Hrsg.), "Lutherlexikon", 31974, S. 319. Ich verdanke diesen Quellenhinweis der freundlichen Hilfe von Prof. Dr. Liselotte Corbach. 

   Teil 1  - ab Buchseite 20   
  1. Der Krieg 
  e = m c2 

8)  Edgar Lüscher, "Pipers Buch der modernen Physik", 2. Aufl., München 1980, S. 143

9)  Die 92 natürlich vorkommenden Elemente werden in der Reihenfolge durchnumeriert, die ihrem zunehmenden Gewicht — dem Gewicht der Atome, aus denen sie bestehen — entspricht. Wasserstoff, das leichteste Element, trägt folglich die "Ordnungszahl" 1, Helium, das nächstschwerere, die Ordnungszahl 2 usw. bis zum schwersten, dem Uran, mit der Ordnungszahl 92. Diese Ordnungszahlen sind zugleich identisch mit der sog. Kernladungszahl, an ihnen läßt sich also unmittelbar ablesen, wie viele elektrisch geladene Teilchen ("Protonen") der Kern des jeweiligen Atoms enthält: Bei Wasserstoff (H) ist es ein einziges, beim Helium (He) sind es 2, beim Uran 92. Zu dem Gewicht des Kerns — der mehr als 99,9 Prozent der Masse des ganzen Atoms ausmacht — tragen außerdem aber noch ungeladene Kernteilchen, die "Neutronen", bei.

Die "Massenzahl" der jeweiligen Atomart gibt die Summe von Protonen und Neutronen im Kern an. Beim Wasserstoff, dessen Kern nur 1 Proton (und kein Neutron) enthält, ist sie mit der Ordnungszahl identisch. Beim Helium, dessen Kern aus 2 Protonen plus 2 Neutronen zusammengesetzt ist, beträgt sie folglich 4 und beim Uran (92 Protonen plus 146 Neutronen) 238.

10)  Für den spontanen Zerfall radioaktiver Elemente gilt ein eigentümliches Gesetz, das seinen Ausdruck in der sog. Halbwertszeit gefunden hat: Sie ist die — für jedes radioaktive Element spezifische — Zeit, in der, gänzlich unabhängig von der absoluten Größe der Menge, jeweils die Hälfte der vorhandenen Menge zerfällt. Das "normale" Radium (mit der Massenzahl 226) hat z. B. eine Halbwertszeit von 1620 Jahren. Das heißt, daß von 100 Gramm Radium nach 1620 Jahren noch die Hälfte, also 50 Gramm, übrig wäre. Von diesen zerfallen dann aber in weiteren 1620 Jahren nur 25 Gramm, also wiederum nur die Hälfte (und nicht etwa die restlichen 50 Gramm), während einer anschließenden abermaligen Frist von 1620 Jahren 12,5 Gramm usw.
Uran 238 hat eine Halbwertszeit von 4,5 Milliarden Jahren. Daher ist von ihm heute immerhin noch die Hälfte der Menge vorhanden, die es kurz nach der Entstehung der Erde auf unserem Planeten gab. Und daß Uran 235 so viel seltener ist, erklärt sich leicht aus seiner Halbwertszeit von nur 710 Millionen Jahren.

11)  Die Bindungsenergie innerhalb des Kerns von U-238 ist so viel größer als im U-235, daß die Energie "langsamer" Neutronen zu seiner Spaltung nicht ausreicht. Als "langsam" werden in der Kernphysik Neutronen mit einer Bewegungsenergie von weniger als 1 Million Elektronenvolt bezeichnet, wie sie sich z. B. in den modernen Teilchenbeschleunigern erzeugen lassen.

12)  Zit. nach W. L. Laurence, "Dämmerung über Punkt Null" (Die Geschichte der Atombombe), List-TB, o.J., S. 169

13)  Frank Barnaby gibt in "Types of Nuclear Weapons" (AM-BIO, Vol. XI, 1982, S. 83) "etwa 60 kg" als kritische Masse für das in der Hiroshima-Bombe verwendete Uran 235 an, von denen 700 g gespalten worden seien.

Tom Wilkie nennt in "Old age can kill the Bomb" (New Scientist, 16.2.1984, S. 27) "ungefähr 52 kg für Uran 235 von normaler Dichte". Werner Miaiki, "Energie aus dem Atomkern. Grundlagen und Anwendung", Berlin 1966, S. 218, nennt "15 bis 20 kg... wenn man die Anwendung von Tamper (Fachausdruck für den die krit. Masse umgebenden Stahlmantel) und Reflektor voraussetzt". Auf (geschätzte) ca. 10 kg für die Hiroshima-Bombe kommt man, berücksichtigt man zusätzlich die durch die zündende Dynamitexplosion bewirkte Verdichtung des Urans.

14)  Hier ist vor allem das mit Recht gerühmte Buch von Jonathan Schell, <Das Schicksal der Erde; Gefahr und Folgen eines Atomkriegs>, München 1982, anzuführen, das ich mir als Pflichtlektüre in die Hand aller Politiker und Militärs wünschte (siehe dazu aber auch Anm. 22!).

15)  Ich entnehme die folgenden Angaben der Darstellung von Nina Byers u. Hubert Kneser, "Physikalische Wirkungen einer Wasserstoffbomben-Explosion über Frankfurt a. M.", in: Hans-Peter Dürr et al. (Hrsg.), "Verantwortung für den Frieden. Naturwissenschaftler gegen Atomrüstung", Spiegel-Buch, Reinbek 1983, S. 46 ff.

16)  Eugene Rostow, Leiter der Rüstungskontroll- und Abrüstungsbehörde (!) der USA: "Schließlich hat Japan den Atomangriff nicht nur überlebt, sondern hat danach eine Zeit der Blüte erlebt." Zit. nach Edward M. Kennedy u. Mark O. Hatfield, "Stoppt die Atomrüstung", Hamburg 1982, S.18 

17)  Aus diesem Grunde muß es einen mit Ratlosigkeit und Resignation erfüllen, wenn man erfährt, daß auch der namhafte Kernphysiker und Friedensforscher C. F. von Weizsäcker sich einen privaten Atombunker auf seinem Grundstück installieren ließ. In was für eine Welt will der Gelehrte mit den Seinen eigentlich nach wochen-, wenn nicht monatelangem Bunkeraufenthalt zurückkriechen, falls seine Familie es überhaupt fertig bringen sollte, sich im Augenblick der Explosion gerade vollzählig in ihrem Schutzraum aufzuhalten?

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Wenn die Phantasie selbst dieses Mannes nicht ausreicht, die wirklichkeitsfremde Abwegigkeit einer solchen "Vorbeugungs­maßnahme" und ihre mehr als bedenkliche psychologische Öffentlichkeitswirkung zu durchschauen, muß man hinsichtlich der geistigen Verfassung jener militärstrategischen Profis, denen der Umgang mit Begriffen wie "Megatod" und "Weichzielen" (für lebende Organismen) längst zur Gewohnheit geworden ist, von den schlimmsten Voraussetzungen ausgehen.

18  Wolfgang Send, "Von der Ohnmacht des Zivilschutzes", in: "Verantwortung für den Frieden", Reinbek 1983, S. 77

19  Tom Wilkie, "Old age can kill the Bomb", s. Anm. 13

20  Robert Scheer, "Und brennend stürzen Vögel vom Himmel", München 1983, S. 34 ff. Der melodramatische Titel dieses Buchs ist leider irreführend. Es handelt sich um eine kommentierte Auswahl von Interviews, die der Autor als Reporter der "Los Angeles Times" in den letzten Jahren mit maßgeblichen amerikanischen Politikern zum Thema Sicherheits- und Verteidigungspolitik führte.

21  AMBIO (published by the Royal Swedish Academy of Sciences), Sonderheft "Nuclear War: The Aftermath", Vol. XI, Nr. 2-3, 1982. Deutsche Ausgabe unter dem Titel "Nach dem Atomschlag", Frankfurt 1984

22  Josef Joffe, "Schells Schreckschuß", Die Zeit, Nr. 28, 9. Juli 1982, S. 11 — Die von keinerlei Selbstzweifeln getrübte Selbstgerechtigkeit, mit der hier ein politischer Redakteur der "Zeit" eine abweichende Meinung über ein zwiespältiges Thema moralisch abqualifizieren zu können glaubt, macht ein wenig ratlos. Die politischen Schluß­folgerungen Schells mögen in der Tat naiv sein. Wenn Joffé daraus nun aber das Recht ableitet, die in dem Buche Schells spürbar werdende Betroffenheit über eine allzusehr verdrängte Bedrohung abwertend zu verdächtigen, so spricht daraus eine eigentümlich unjournalistisch wirkende Arroganz. Man fühlt sich unwillkürlich an den Vorwurf von Günter Grass erinnert, der Leiter eben dieser Redaktion schreibe nicht wie ein kritischer Journalist, sondern "wie ein verhinderter Staatssekretär".

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23  "Verantwortung für den Frieden", Reinbek 1983, S. 54

24  Colin S. Gray u. Keith Payne, "Victory is possible", Foreign Policy, Nr. 39, 1980

25  Alastair Hay et al., "No Fire, no Thunder: the threat of chemical and biological weapons", Pluto Press, London 1984

26  Werner Dosch, "Neue biologische und chemische Waffen", in: "Verantwortung für den Frieden", Reinbek 1983, S.79

27  Am 12. Dezember 1979 beschlossen die Außen- und Verteidigungsminister der NATO-Staaten auf einer Sondersitzung, der UdSSR Verhandlungen über eine Rüstungsbegrenzung im Bereich der europäischen Mittelstreckenraketen vorzuschlagen, deren Ziel es vor allem sein sollte, die östliche Seite zu einem Verzicht auf die Aufstellung von SS-20-Raketen und zum Wiederabbau der bereits aufgestellten Raketen dieses Typs zu bewegen. Zur Begründung wurde angegeben, daß die Aufstellung dieser Raketen das eurostrategische Rüstungsgleichgewicht gefährde. Zugleich mit diesem "Verhandlungsteil" des Doppelbeschlusses kündigte die Ministerrunde der NATO an, daß die westliche Seite ab Herbst 1983 beginnen werde, ihrerseits in Westeuropa neue Kernwaffenträger aufzustellen (108 Pershing-2-Raketen und 464 Marschflugkörper oder "Cruise Missiles"), wenn die Verhandlungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht zu dem angestrebten Ziel (Abbau der SS-20) führen sollten ("Nachrüstungsteil" des Doppelbeschlusses).

28  Einzelheiten in: W. Dosch, a.a.O. (s. Anm. 26) sowie in: Alastair Hay, "At War with Chemistry", New Scientist, 22. März 1984, S. 12

29  Alle Einzelheiten in der deutschen Ausgabe: "Global 2000. Der Bericht an den Präsidenten", Frankfurt/M. 1980 (nur über den Versand bei Zweitausendeins-Verlag, Postfach, 6000 Frankfurt/M. 61, für nur DM 19,80).

30Zit. aus dem am 15.3. 1982 in Bonn herausgegebenen "Bericht der Bundesregierung zu "Global 2000" und den darin aufgezeigten Problemen".

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31)  Zwei Beispiele von vielen: 

In dem Editorial des September-Heftes 1981 der vom "Fusions-Energie-Forum e.V." in Wiesbaden herausgegebenen Zeitschrift "Fusion" heißt es u.a.: "Diese Ausgabe ... hat sich vorgenommen, eine der ungeheuer­lichsten Betrügereien der jüngsten Zeit auffliegen zu lassen: den Bericht Global 2000, eine sogenannte Prognose auf der Grundlage eines Computermodells, die eine Gruppe von Anhängern des Nullwachstums im amerikanischen Außenministerium unter der Regierung Carter veröffentlichte." - Im weiteren Text wird die Rolle der Kernspaltung als einer unbedingt benötigten Schlüssel­technologie unterstrichen, welche "die Planer von Global 2000 und ihre ›alternativen‹ Fußtruppen zu sabotieren hoffen"

Die gleiche Mentalität dokumentiert sich in dem in der <Welt> vom 19.12.1981 auf S. 17 abgedruckten "Gastkommentar" eines als Städteplaners vorgestellten Autors namens Theo Romahn mit dem Titel "Ökologie als Instrument im Kampf gegen das Auto". - Kostproben: Die Behauptung, daß die Umweltbelastung durch den Kraftwagenverkehr in der Bundesrepublik an ihre Grenzen stoße, sei eine These von "Ökopathen" im SPD-Vorstand. Ökologie sei für diese Vertreter das "ideale Instrument zum Klassenkampf mit anderen Mitteln". - Für Grüne, Bunte und Alternative gehe es darum, den Massen­wohlstand zu vernichten, da ihre "Ökosümpfe" nur "auf den Trümmern der Industriegesellschaft erblühen" könnten. 

Man würde es nicht glauben, wenn es nicht schwarz auf weiß nachzulesen wäre.

 

32)  Zitate aus dem Bericht der "Süddeutschen Zeitung", 30./31.10. / 1.11.1982, Seite 6, über den Ablauf der Debatte.

33)  Dieser "Sprechzettel" wurde als Anlage 3 zum Schreiben des Bundesministeriums für Forschung und Technik an den Chef des Bundeskanzleramtes vom 4.3.82 (Az. — 126-0104-6-1/82 —) zur Vorbereitung einer Pressekonferenz geschickt und zusammen mit dem "Bericht zu ›Global 2000‹" vom 15.3.82 veröffentlicht.

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34)  Diese Angabe ist, wie die meisten in diesem Kapitel angeführten Fakten und Daten, dem ausgezeichneten Buch von Uwe Lahl und Barbara Zeschmar, "Wie krank ist unser Wasser" (Freiburg 1981), entnommen, das in knappster Form (mit Anhang 136 Seiten) alle wesentlichen einschlägigen Informationen enthält.

35)  Die Verbreitung dieser von den Verantwortlichen mit der größten Selbstverständlichkeit praktizierten Strategie wird in dem in der vorhergehenden Anmerkung 34 zitierten Buch mit einer Reihe von fast unglaublichen Beispielen belegt. Zum Thema der "Kungelei" zwischen industriellen Verunreinigern und behördlichen Aufsichtsorganen hier nur ein Beispiel: Nachforschungen der 1980 gegründeten deutsch-holländischen Initiative "Rettet den Rhein" brachten ans Licht, daß die über die Grenzwert­konzentrationen bestimmter Schadstoffe in den Abwässern wachenden Behörden ihre Wasserproben in vielen Fällen oberhalb des zu kontrollierenden "Einleiters" zu entnehmen pflegten (anstatt, wie einzig sinnvoll, flußabwärts)!

36)  Der Spiegel, Nr. 10/1984, Seite 99

37Süddeutsche Zeitung vom 23. Februar 1984

38)  Die von interessierter Seite in den letzten Jahren in die Presse lancierten "Erfolgsmeldungen", in denen z.B. von einer Verbesserung der Qualität des Rheinwassers die Rede ist, geben nur die halbe Wahrheit wieder. Es stimmt zwar, daß die gesetzlich erzwungenen Abwasser-Auflagen zu einem Rückgang des Schwermetallgehalts und der Konzentration leicht abbaubarer organischer Verbindungen geführt haben. Die in Anmerkung 35 erwähnte Rhein-Initiative stellte bei Kontroll­messungen jedoch fest, daß insbesondere der Gehalt an gesundheits­gefährdenden langlebigen Chlorkohlen­wasserstoffen sogar zugenommen, die Situation insgesamt sich also verschlechtert hatte.

Auf die Veröffentlichung der Meßwerte reagierte das Bundesinnen­ministerium zunächst in der typischen Weise: Die Behauptungen der Umweltinitiative wurden als "Panikmache" hingestellt. Kontrollen bestätigten die Ergebnisse dann jedoch, übertrafen sie in Einzelfällen sogar noch, wie der damalige Präsident des Bundesumweltamtes öffentlich bestätigte. (Quelle: s. Anmerkung 34, Seite 71/72)

39 Presseerklärung des Freiburger Öko-Instituts, 1.6. 1981

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40)  Badische Zeitung vom 12. Juli 1984, S. 8

41)  Hermann Graf Hatzfeld (Hrsg.), "Stirbt der Wald?", Karlsruhe 1982

42 Peter Schütt u.a., "Der Wald stirbt an Streß", München 1984

43 S. Anmerkung 42, S. 19

 

44)  Freilich darf man sich als Voraussetzung einer realistischen Abschätzung der zu erwartenden Kosten nicht auf die Berechnungen der interessierten Parteien verlassen. Eine Vorsichtsmaßnahme, die jedem Durchschnittsbürger aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung geläufig ist, die aber in der öffentlichen Diskussion über die Energiepolitik und die mit ihr verbundenen Umweltprobleme mit ostentativer Blauäugigkeit außer acht gelassen wird. So haben die Betreiber von Kernkraft­werken ihre Strompreis-Kalkulationen über viele Jahre hinweg ohne Berücksichtigung des für die Entsorgung und Endlagerung unvermeidlich entstehenden beträchtlichen Aufwandes veröffentlicht.

Und im Rahmen der Diskussion über die Frage der Einführung von Abgaskatalysatoren in Pkws hat ein Vertreter der Auto-Lobby im Frühjahr 1984 eine das Projekt angeblich ad absurdum führende Kostenrechnung von so schamloser Unverfrorenheit vorgetragen, daß selbst dem verantwortlichen Bundesinnen­minister Zimmermann öffentlich "der Kragen platzte". (Er erklärte der Presse gegenüber, daß er als Wirtschaftsführer einen Mitarbeiter, der ihm eine derartig unsinnige Rechnung präsentieren sollte, noch am selben Tage "feuern" würde.)

45)  Hermann Graf Hatzfeld, "Ist der Wald noch zu retten?", Die Zeit vom 2. März 1984, S. 40

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46)  Das von verschiedenen Seiten — natürlich vor allem von seiten der Betreiber — gelegentlich empfohlene Ausweichen auf Kernkraftwerke eröffnet in keinem Falle einen Ausweg, wie aus folgender einfachen Rechnung hervorgeht: Ein einziges Kernkraftwerk vom Typ des Biblis-Reaktors kostet heute etwa 4,5 Milliarden Mark. Das ist bereits etwas mehr als die Hälfte der Summe, die zur erfolgreichen Entschwefelung aller bestehenden konventionellen Großkraftwerke aufgebracht werden müßte. Ein einziges derartiges Kraftwerk kann aber allenfalls zwei typische Braunkohlenkraftwerke ersetzen. Mit anderen Worten: Der durch einen Umstieg auf Kernkraftwerke entstehende Kostenfaktor übersteigt den für eine wirksame Entschwefelung aller existierenden Kraftwerke erforderlichen finanziellen Aufwand mindestens um das Zehnfache (wahrscheinlich liegt er noch weit darüber).

47)  Die Geschichte der Sahara und die von ihrer noch immer fortschreitenden Ausbreitung für den ganzen afrikanischen Kontinent heraufbeschworenen Gefahren beschreibt der Leiter der Internationalen Sahara-Expedition der Jahre 1953/54, Franz Kollmannsperger, in der Form eines anschaulichen Erlebnisberichtes in seinem Buch <Drohende Wüste> (Wiesbaden 1957). Das Buch ist, was die grundsätzlichen Fakten und Zusammenhänge angeht, in keiner Weise überholt und schon deshalb eine faszinierende Lektüre, weil sein Inhalt heute stellenweise geradezu prophetisch anmutet.

48)  Für alle, denen das "wir" in diesem Satz nicht einleuchtet, folgende Anmerkung: 

Aktiv und verantwortlich beteiligt sind wir an diesem fahrlässigen Raubbau z.B. durch die verschwenderische Verwendung tropischer Edelhölzer. Wir können unsere Häuser und Wohnungen nur deshalb üppig mit Palisander, Mahagoni und Teak ausstaffieren, weil alle diese Holzarten von den Ursprungs­ländern weit unter ihrem "wahren" Preis angeboten werden. Die Kalkulation berücksichtigt auch in diesem Falle wieder einmal ausschließlich die unmittelbar spürbaren direkten Kosten.

Aus diesem eingeengten Blickwinkel stehen die Bäume im Regenwald scheinbar "umsonst" zur Verfügung, jeder noch so lächerliche Preis wird, abzüglich Arbeits- und Transportkosten, als "Reingewinn" angesehen. In Wirklichkeit müßten wir einen Preis bezahlen, der hoch genug ist, um auch eine Wiederaufforstung in einem Umfang finanzieren zu können, der die Entnahme ausgleicht. Das erst wäre der "wahre" Preis, der alle Kosten des Einschlags abdeckt. Alles andere ist unter ökologischem Aspekt Raubbau.

 

   Biologische Pyrrhussiege     129-150   

 

49)  (S.129)  Friedrich Oehlkers, Rede zum Freiburger Universitätsjubiläum 1957, zit. nach Günter Howe, "Gott und die Technik", Freiburg o.J., S. 183       wikipedia  Friedrich Oehlkers 1890-1971

50)  Quellen: "Global 2000", s. Anm.29; Hubert Markl, "Untergang oder Übergang — Natur als Kulturaufgabe", in: Mannheimer Forum 1982/83, S. 61

51)  Hans Jonas, "Das Prinzip Verantwortung", 2. Aufl., Frankfurt/M. 1979, S. 33

52)  Ernst Bloch, "Das Prinzip Hoffnung", Frankfurt/M. 1959, S. 1055

53)  Der bedeutende amerikanische Evolutionsforscher Ernst Mayr vertritt die Auffassung, daß 99,999 Prozent aller jemals existierenden Evolutionslinien erloschen seien (zit. nach Heinrich K. Erben, "Leben heißt sterben", Hamburg 1981, Seite 112).

54)  Der bedrohlichste dieser "Pferdefüße" ist nicht einmal in der Gefahr von Nebenwirkungen der üblicherweise in den Spraydosen verwendeten Treibgase zu sehen: dem Risiko einer Ansammlung dieser der Gruppe der Chlorkohlenwasserstoffe zugehörigen Gase in der Atmosphäre mit der Folge einer Schädigung des Ozonschildes (der uns bekanntlich vor einem Übermaß der im Sonnenspektrum enthaltenen Ultraviolettstrahlung schützt). Bedenklicher noch erscheint aufgrund unserer heutigen Einsichten der gedankenlose und umfängliche Gebrauch der Insektizide selbst, die von den Treibgasen aus der Dose geblasen werden. Nicht zufällig sind diese chemischen Substanzen nämlich nahe Verwandte der im Abschnitt "Nervengase: Die lautlose Vernichtung" näher beschriebenen Nervengifte.

Sie wirken auf Fliegen und andere Insekten nach dem gleichen Prinzip wie Sarin oder ein anderes "modernes" Kampfgas auf den Menschen. Wenn sie — "bei bestimmungsgemäßer Anwendung" — einen Warmblüter auch nicht akut umbringen, so ist doch bisher nicht geklärt, ob wir wirklich unbesorgt zusehen können, wenn diese Stoffklasse — infolge ihrer zunehmenden Anreicherung in unserer Umgebung — in immer höheren Konzentrationen von unserem Unterhautfettgewebe gespeichert wird.

55)  Wer sich für die genaueren Zusammenhänge interessiert, dem sei das ganz ausgezeichnete, gut lesbare Buch "Geht uns die Luft aus? Ökologische Perspektiven der Atmosphäre" (Stuttgart 1978) von Georg Breuer empfohlen.

56)  Es muß daher auch mit Sorge erfüllen, wenn man liest, daß die Regierung der UdSSR kürzlich beschloß, die landwirt­schaftlichen Anbauflächen zur Behebung der chronischen Versorgungsmisere um bis zu 50 Prozent (!) zu erweitern. Zwar ist nicht bekannt, an welche Gebiete dabei gedacht ist und ob nennenswerte Rodungen zur Durchführung dieses Beschlusses notwendig sein werden. In jedem Falle aber sind langfristig mit Sicherheit ökologische Folgeschäden zu erwarten. Die Neuanlage von Monokulturen solchen Ausmaßes in bisher naturbelassenen Regionen muß heutzutage unvermeidlich auf das ökologische Gleichgewicht durchschlagen. Es kann als selbst­verständlich gelten, daß die sachverständigen Experten auf diese Gefahr hingewiesen haben. 

Offenbar aber hat auch hier — wenn der Beschluß nicht wieder rückgängig gemacht werden sollte — der Druck des aktuellen Problems die Oberhand gewonnen über die sich auf zukünftige Möglichkeiten richtenden Bedenken und Einwände — ein für alle ökologisch bedeutsamen Entscheidungen immer wieder verhängnisvoller psychologischer Mechanismus.

 

57)  Hans Jonas, <Das Prinzip Verantwortung; Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation> (1980). Die umfassende sowohl kritisch-analytische als auch schöpferisch-produktive philosophische Begründung einer Ethik vor dem Hintergrund der ökologischen Bedrohung. Wie schon der Titel verrät, nicht zuletzt — und dies im letzten Drittel des Buchs expressis verbis und in extenso — eine bei allem menschlichen Respekt gnadenlose Abrechnung mit Ernst Blochs wohl berühmtestem Buch (<Das Prinzip Hoffnung>).

58Ob nun als "pursuit of happiness" in der Verfassung der Vereinigten Staaten festgeschrieben oder in der marxistischen Maxime "Jedem nach seinem Bedürfnis" formuliert: Es erscheint nicht zweifelhaft, daß der allgemeine Konsens den Wert einer Gesellschaft in erster Linie an ihrer Fähigkeit mißt, die (legitimen) Bedürfnisse des Individuums zu befriedigen, oder zumindest an der Entschiedenheit, mit der sie dieses Ziel verfolgt. Angesichts des Übermaßes an Elend, Hunger und vielerlei Arten von Mangel in allen real existierenden Gesellschaften ist das kaum kritisierbar. Unser Gedankenexperiment spricht andererseits für die Vermutung, daß dieser Bewertungsmaßstab prinzipiell gesehen zu eng ist.

59)  Dieser Eindruck entsteht z.B. fast unabweislich, wenn man mit offiziellen Repräsentanten der katholischen Kirche über das Problem diskutiert. Es ist bedrückend, in solchen Fällen zu erleben, wie gewunden und gewaltsam hochintelligente und -gebildete Menschen, in deren Verständnis Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe fraglos Tugenden darstellen, dann mit einem Male zu finassieren beginnen und Schwerhörigkeit an den Tag legen. Nahezu unerträglich peinlich wird die Situation, wenn man bei derartigen Gelegenheiten nicht selten deutlich spürt, daß der katholische Diskussionspartner seine Rolle selbst durchschaut, von der er aus Gründen der Loyalität seiner Obrigkeit gegenüber dennoch nicht abweichen zu dürfen glaubt. 

Am schlimmsten ist die Aussicht darauf, daß diese Kirche als eine der wenigen noch intakten moralischen Institutionen unserer Gesellschaft im weiteren Verlauf ihre Autorität und Glaubhaftigkeit auf diese Weise mit Gewißheit selbst beschädigen wird — um dann voraussichtlich sehr viel später, wenn der Schaden längst eingetreten ist, selbstkritisch einräumen zu müssen, daß sie sich (wie etwa schon in dem nach vier Jahrhunderten endlich nicht mehr strittigen Falle Galilei) ein weiteres Mal geirrt habe.

60)  Lester R. Brown, "The Global Economic Prospect: New Sources of Economic Stress", Worldwatch Institute, Washington 1978

61)  Ein Systemtheoretiker würde hier vielleicht einwenden, daß die Ursache vielmehr in der komplexen Vernetzung aller natürlichen Systeme — und so auch der Biosphäre — zu sehen sei, die es uns unmöglich mache, alle durch einen Eingriff ausgelösten Folgen vorherzusehen und bei unserer Planung zu berücksichtigen. Das ist gewiß richtig. Jedoch wird durch diesen Hinweis eher ein Wirkungs­mechanismus beschrieben als eine Erklärung für unsere heutige Misere gegeben. Denn da wäre eben zu fragen, warum die Folgen dieser analytischen Unzulänglichkeit unserer planenden Ratio angesichts vernetzter Systeme uns erst heute mit so verderblicher Wucht treffen und nicht von jeher. Denn diese Unzulänglichkeit ist ja kein Faktor, der neu ins Spiel gekommen wäre. Wieder kann die Antwort nur lauten, daß die rückkoppelnden Regelmechanismen des Systems Biosphäre mit den Eingriffen unserer Gesellschaft in der Vergangenheit eben deshalb offensichtlich haben fertig werden können, weil das Ausmaß dieser Eingriffe noch mit der "Rückschwingfähigkeit" des Systems vereinbar war. Erst das Ausmaß der von der heutigen Weltbevölkerung ausgehenden Belastungen, einer Bevölkerung, deren Zahl und Ansprüche und technologische Macht ins Untragbare gewachsen sind, hat die Regelungskapazität des Systems zu überfordern begonnen.

62 S. Anm. 57, a.a.O., S. 392

63)  Walter Jens (Hrsg.), "In letzter Stunde. Aufruf zum Frieden", München 1982

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