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    III - Der Triumph der Vernichtung über die Evolution - der Physiker Stephen Hawking  

   Geulen-2020   

 

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Niemand hat die determinierte Vernichtung des Lebens auf der Erde so genau gesehen wie Hawking, und niemand hat zugleich ein Junktim zwischen der Extermination und der Besiedelung der Galaxien zur Rettung der Menschheit so entschieden behauptet wie er.(62) Während die Genien der Theoretischen Physik vor fünfzig Jahren noch meinten, die Zerstörung des Lebens auf der Erde durch Atomwaffen und Missiles könne verhindert werden, haben Hawking und andere führende Astrophysiker der Moderne erkannt, dass in naheliegender Zukunft ein Leben auf der Erde nicht mehr möglich sein wird. Und Hawking folgert, dass es nunmehr Aufgabe der Naturwissenschaftler, der Astrophysiker und Raketentechniker ist, die Fortexistenz der menschlichen Gattung auf entfernten Planeten sicherzustellen. Hawkings Vision ist der endgültige Schritt in den Nihilismus.

   1-  Die Erde - verschmutzt und unbewohnbar        1-    2-    3- 

Hawking hat es uns erspart, seine Vorstellungen von der Besiedlung anderer Planeten als Visionen oder Planspiele anzusehen. Denn Hawking hält es für sicher, dass die Menschheit keine andere Wahl hat, da die Erde bereits in naheliegender Zukunft für Menschen und andere Lebewesen nicht mehr bewohnbar sein werde. Hawkings Analyse entspricht im Wesentlichen unserem Befund.

Hawking nennt zunächst die »Gefahr eines Atomkriegs« als die »größte Bedrohung für die Menschheit«. Uns stehe mittlerweile das technische Selbstzerstörungspotential »zur Verfügung, jedes Lebewesen auf der Erde zu vernichten.«63

Gegenwärtig bedeutet ein Atomkrieg wahrscheinlich immer noch die größte Bedrohung für die Menschheit - eine Gefahr, die wir schon fast verdrängt haben. Russland und die USA sind nicht mehr ganz so kriegsbereit, dennoch verfügen sie nach wie vor über so viele atomare Sprengköpfe, dass sie alles, was auf dem Planeten lebt, vernichten können. Nehmen wir an, es kommt zu einem Unfall, oder Terroristen bemächtigen sich dieses Arsenals. Ferner nimmt das Risiko mit der Anzahl der Länder zu, die über Atomwaffen verfügen.(64)

Zweitens nennt er den »Klimawandel, der aus dem Ruder läuft«(65): Der Anstieg der Meerestemperatur werde die Polareiskappen abschmelzen und die Freisetzung großer Mengen von Kohlendioxid verursachen. Beide Prozesse könnten dazu führen, dass wir ein Klima wie auf der Venus mit einer Temperatur von weit über 250 Grad bekommen.

Als weitere unausweichliche Gefährdung nennt Hawking die »Künstlichen Intelligenzen«, die bereits in naheliegender Zukunft die anthropogenen Befehle selbstständig ausüben und gegen die Menschen richten könnten.(66)

Hawking prognostiziert »eine nukleare Konfrontation oder eine Umweltkatastrophe« in einem Zeitraum, der »auf der geologischen Zeitachse ein kurzer Augenblick« ist.(67) Aber Hawking ist - sagt er - »Optimist«:(68)

An Grenzen glaube ich nicht, weder an Grenzen des Machbaren in unserem Privatleben noch an Grenzen dessen, was Leben und Intelligenz in unserem Universum vollbringen können.(69)


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Die naturwissenschaftlichen und technischen Mittel, mit denen wir die Erde zerstört haben, schaffen eine neue, umso glänzendere Zukunft der Menschheit im Weltall:

Wir werden weiterhin den Lebensraum Kosmos erforschen und Roboter und Menschen in den Weltraum schicken. Wir dürfen auf einem kleinen, zunehmend verschmutzten und überbevölkerten Planeten nicht weiterhin die Perspektive nach innen und auf uns selbst kultivieren. [...] Und ich bin optimistisch, dass es uns letztlich gelingen wird, auf anderen Planeten für die menschliche Rasse bewohnbare Lebensräume zu schaffen. Wir werden die Erde überschreiten, hinter uns lassen und lernen, im Weltraum zu leben. Das ist also nicht das Ende der Geschichte, sondern ein anderer Anfang von - so hoffe ich - Milliarden von Jahren blühenden Lebens im Kosmos.(70)

Hawking war Physiker. Zu keinem Zeitpunkt wäre ihm in den Sinn gekommen, an die Verantwortung von Staaten und Politikern zu appellieren oder seiner Einsicht in die absehbare Lebenszerstörung auf der Erde etwa mit dem Gottesglauben des Propheten Hiob, der Offenbarung des Evangelisten Johannes oder dem »Prinzip Hoffnung« entgegenzutreten. Und als Engländer hielt Hawking natürlich auch nichts von den Tröstungen der klassischen deutschen Philosophie, die der Realität den unerschütterlichen Glauben an die ewige Macht humaner Ideen entgegensetzt und die Entropie des Lebens feiert als List der Vernunft auf dem Weg des Weltgeistes zu sich selbst.(71)

Also sprach Hawking, dass es nun an der Zeit sei, »sich Gedanken über die Besiedlung eines anderen Planeten zu machen«; die wichtigste Option für die Zukunft sei »die Erkundung des Weltraums mit dem Ziel, alternative Planeten zu finden, auf denen wir wohnen können«.(72)

Und Hawking hat hierzu auch eine klare Agenda:


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Natürlich wird es sich dabei um eine langfristige Strategie handeln, und mit »langfristig« meine ich Hunderte, womöglich sogar Tausende von Jahren. Wir könnten innerhalb von 30 Jahren auf dem Mond einen Stützpunkt haben, den Mars in 50 Jahren erreichen und die Monde der äußeren Planeten in 200 Jahren erkunden. Mit »den Mars erreichen« meine ich, dass wir dort mit einem bemannten Raumschiff landen. Mit Rovern waren wir auf dem Mars schon unterwegs und wir haben auf dem Titan, einem Mond des Saturns, eine Sonde gelandet; wenn wir allerdings über die Zukunft der Gattung Mensch nachdenken, müssen wir uns persönlich dort hinbegeben.(73)

Hawking entwirft im Folgenden ein Bild zeitnaher Errichtung von Infrastrukturen für menschliche Besiedlungen. Er beginnt mit dem Mond:

Er liegt in der Nähe und ist relativ einfach zu erreichen. Wir sind dort bereits gelandet und haben ihn mit einem Buggy befahren. [...] Energie könnte aus Kernenergie oder von Sonnensegeln gewonnen werden. Der Mond könnte als Stützpunkt dienen, von dem aus das übrige Sonnensystem bereist würde.(74)

Ausführlich würdigt Hawking dann die Verdienste der NASA bei der Erkundung des Mars, der »offensichtlich das nächstmögliche Ziel« wäre:

Gegenwärtig gibt es keine Anzeichen für Leben auf dem Mars, doch wenn wir auf Hinweise stießen, dass es dort früher einmal Leben gegeben hätte, dann ließe das auf eine recht hohe Wahrscheinlichkeit schließen, dass Leben sich auf einem passenden Planeten entwickeln kann.75 Mond und Mars sind die passendsten Orte für Weltraumkolonien in unserem Sonnensystem. Merkur und Venus sind zu heiß; Jupiter und Saturn sind Gasriesen ohne feste Oberfläche. Die Monde des Mars sind sehr klein und bieten im Vergleich zum Mars keine Vorteile. Der eine oder andere Mond von Jupiter oder Saturn könnte infrage kommen.(76)


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Auch die Schwierigkeiten eines Shuttelns der Menschen von der Erde zu den besiedelten Planeten hält Hawking für lösbar:

Mit der heutigen Technik mag es als unmöglich erscheinen, zu diesen »Kandidaten« zu reisen, aber wenn wir unsere Phantasie aktivieren, können interstellare Reisen zu einem langfristig zu erreichenden Ziel, sagen wir: in den nächsten 200 bis 500 Jahren, möglich sein.(77)

 

  2   Die Evolution - »selbst-designt«      ^^^^ 

Wird die natürliche Evolution des Lebens zerstört, ist die Zeit reif für eine »selbst-designte Evolution«78. Für die »verschmutzte und überbevölkerte« Erde, solange sie noch besiedelt ist, erachtet Hawking umfassende, gezielte genetische Eingriffe in den menschlichen »Aggressionstrieb« für unvermeidlich:

Die DNA haben wir nun kartiert, was bedeutet, dass wir das »Buch des Lebens« gelesen haben, so dass wir jetzt damit beginnen können, unsere Korrekturen einzufügen. Zunächst werden sich diese Korrekturen darauf beschränken, genetische Defekte zu reparieren [...].(79)

Für die Gestaltung der selbst-designten Evolution legt Hawking Wert auf political correctnes.


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Das neue genetische Design könnte in eine Plutokratie münden. Die Klasse der Besitzenden könnte sich die höheren Kosten für die genetische Züchtung einer höheren Intelligenz leisten, die - da genverändert auch vererbbar - innerhalb weniger Generationen eine Klasse von »Supermenschen« bilden würde, die die anderen Klassen nach den Gesetzen der Evolution auslöschen könnte.

Hatten nicht die großen moralischen Utopisten der britischen Literatur Herbert George Wells, George Orwell und Aldous Huxley die Schrecken einer zukünftigen Gesellschaft beschrieben, in der die sozialen Klassen­schranken auf ewig petrifiziert sind? Auch soziale Aspekte sind zu beachten. Weltraumflüge sind immer noch zu teuer, man müsse dafür sorgen, dass sie für

sehr viel größere Teile der Erdbevölkerung erschwinglich sein werden. Wenn immer mehr Passagiere in den Weltraum reisen, dann wird das unsere Stellung auf der Erde wie auch unsere Verantwortung als Hüter der Erde in neuem Licht erscheinen lassen.(80)

Zu den großen Fragen, auf die Hawking kurze Antworten gibt, gehört auch die Vorbereitung der ersten Begegnung mit den Außerirdischen. Die haben bisher »noch keinen Kontakt zu uns aufgenommen«(81), vielleicht gibt es »da draußen andere intelligente Lebensformen, aber sie haben uns bislang übersehen.«(82) Jedenfalls sollten wir lernen, Botschaften abzufassen, »die von einer Hochkultur gelesen werden können.«(83)

Wenn wir in unserem gegenwärtigen Stadium mit einer höher entwickelten Zivilisation zusammenträfen, könnte es uns ergehen wie den amerikanischen Ureinwohnern bei der Begegnung mit Kolumbus - und ich glaube nicht, dass die Indianer darüber besonders glücklich waren.(84)

  • 80 Ibid., S. 200.      81 Ibid., S. 230.  82 Ibid., S. 110.    83 Ibid.      84 Ibid.


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Die Gefühle der »Indianer« bei der »Begegnung mit Kolumbus« sind historisch sehr genau dokumentiert. Eine sichere Quelle ist zunächst das »Bordbuch« der ersten seiner vier Fahrten.85 Kolumbus war im andalusischen Palos de la Frontera in See gestochen, bis La Gomera gesegelt, um dann mit dem östlichen Passatwind im Rücken innerhalb von drei Wochen den Atlantik zu überqueren und auf einer Insel der heutigen Bahamas zu landen. Die indigenen Bewohner begegneten den Spaniern mit Verehrung; sie hatten noch nie weiße Menschen gesehen, auch keine Pferde, und sie wussten nichts von den Harnischen und Waffen der Konquistadoren. Es gibt Beschreibungen, dass die Natives die Weißen wie Gottheiten betrachteten und ihnen größte Gastfreundschaft gewährten.

Sie führen keine Waffen mit sich, die ihnen nicht einmal bekannt sind; ich zeigte ihnen die Schwerter, und da sie sie aus Unkenntnis bei der Schneide anfassten, so schnitten sie sich. Sie besitzen keine Art Eisen.86

Das Bordbuch gehört zu den eindrucksvollsten Dokumenten der europäischen Kultur. Als Kolumbus die Insel betrat, rief er als erstes den Notar der Armada aus Segovia, den die Krone mitgeschickt hatte, herbei, um die Eroberung amtlich zu dokumentieren und

durch ihre persönliche Gegenwart als Augenzeugen davon Kenntnis zu nehmen, dass ich im Namen des Königs und der Königin, meiner Herrin, von der genannten Insel Besitz ergreife, um die rechtlichen Unterlagen zu schaffen, wie es sich aus den Urkunden ergibt, die dort schriftlich niedergelegt wurden.87

Nachdem Kolumbus festgestellt hatte, »dass es sich um Leute handle, die man weit besser durch Liebe als mit dem Schwert retten und zu unserem Heiligen Glauben bekehren könne«, schenkte er ihnen ein paar Ketten, Glasperlen und Glöckchen.

  • 85 Christoph Kolumbus: Das Bordbuch. Leben und Fahrten des Entdeckers der Neuen Welt, Wiesbaden 2013.    

  • 86 Ibid., S. 88.     (87) Ibid., S. 86 f.


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Und genau dokumentiert sind die auch Gefühle der weißen Eroberer. Seit Jahrhunderten war der Handel mit den Reichtümern Indiens und Ostasiens - Seide, Gewürze, Edelmetalle - über die Landwege Vorderasiens oder Arabiens geführt worden.

Als die Europäer im Jahre 1492 den Atlantik überquerten, um Indien über den westlichen Seeweg zu erreichen, trafen sie auf einen Kontinent, der seit mehreren Jahrtausenden besiedelt war von den Urvölkern Amerikas. Alle wissen­schaftlichen Forschungen legen nahe, dass es bis zum Jahre 1492 keinen dauernden Kontakt gegeben hatte zwischen den Menschen Amerikas und Europas. Die Europäer - im Besitz hochentwickelter Waffen und beseelt von einer gnadenlosen Eroberungsgier - löschten diese Kulturen innerhalb kurzer Zeit aus, zuerst die Spanier und Portugiesen in Lateinamerika und dann - ab dem 17. Jahrhundert - die Engländer im Norden Amerikas. Im Jahre 1492 lebten in Amerika mehr Menschen als in Europa, aber die Weißen ließen ihnen nichts, die Völker Amerikas konnten nicht einmal in Reservaten überleben oder sich assimilieren. Sie hatten keine Chance, den Genoziden der Europäer zu entgehen.

Und das ist nun die Botschaft Hawkings: Aus dem Völkermord wird - durchaus in Übereinstimmung mit der klassischen europäischen Geschichtsschreibung - »die europäische Besiedelung Nordamerikas«.88 Das Leid und das Ende der genozidierten Völker kommentiert Hawkings dahingehend, dass diese über ihre Ermordung »nicht besonders glücklich«89 waren, und schließlich interessiert ihn ohnehin nur der Segen dieses Völker­mords, denn für die Europäer war die neue Welt ein »Utopia gleich um die Ecke«.90

  • 88 Stephen Hawking: Kurze Antworten, op. cit., S. 179.     89 Ibid., S. 110.     90 Ibid., S. 173.


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Hawkings Sorge ist, dass wir auf galaktische Hochkulturen treffen, die uns dann so behandeln, wie wir Europäer »die Indianer Amerikas« behandelt haben. Man muss eben aus der Geschichte lernen: Wenn die Indianer Amerikas vor fünfhundert Jahren das Pech hatten, auf die europäische Hochkultur zu treffen, dann wollen wir uns doch darauf vorbereiten, damit uns im Weltraum nicht das Gleiche passiert. Hätten die indigenen Völker Amerikas rechtzeitig Englisch - oder im heutigen Lateinamerika Spanisch - gelernt, dann hätten sie mit den Eroberern reden können, statt sich von ihnen ermorden zu lassen. Jedenfalls wir sollten vor der Besiedlung der Galaxien die Sprachen der indigenen Hochkulturen lernen.

 

   3 - Im Kältepol - der Frevel an Darwin und das Ende aller Evolutionen        ^^^^  

 

Unübersehbar werden die Space-Programme von den Nationen betrieben, die auch die Zerstörung des Lebens auf der Erde forcieren. Je drohender die Menetekel der Vernichtung sind, desto präsenter werden die medialen Bilder von der Besiedlung des Mondes und der Erkundung der Planeten. Die Raketen, die uns von der verschmutzten Erde in die neuen galaktischen Paradiese fliegen sollen, sind die gleichen, die zur nuklearen Vernichtung des Lebens auf der Erde bestimmt sind.

Die Bilder der Missiles sind Täterbilder. Von Anfang an diente die Entwicklung der Raketentechnik den Interessen der Kriegsführung.

Die kultische Verehrung der Missiles begann bereits mit den ersten Versuchen in Peenemünde. Die Wochenschauen zeigten die Bewunderung der deutschen Raketenforscher, und natürlich waren die großen Vernichtungs­maschinen der Wehrmacht »Vergeltungswaffen« (V1, V2 und V3). Vom ersten Mondflug bis heute wird der Abschuss der Missiles medial demonstriert mit stereotypen Bildern aus den Kontrollzentren, in denen Männer sich umarmen, Beifall klatschen und den nächsten Schritt zur Eroberung der Galaxien feiern. Die Aura der Missiles ist ungebrochen.

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Albert Camus bemerkt an einer Stelle, dass Hitler »die Geschichte im Reinzustand« war.91 In diesem Sinne sind die Missiles als Träger der nuklearen Vernichtung des Lebens die reine Geschichte der Endzeit. Hawking dichtet den Missiles eine Vishnu-Natur an; mit ihren nuklearen Sprengköpfen sind sie die Allesvernichter - als unser Fluchtvehikel in die Galaxien aber die Alleserschaffer und Weltenerhalter. Die Extermination des Lebens wird damit zur Apotheose.   

Die Genien der Nuklear- und Astrophysik haben in den letzten achtzig Jahren der Menschheit vieles zugemutet. Hawking treibt es auf die Spitze: Wir haben den Kern gespalten, das Plutonium isoliert und die Kettenreaktion ermöglicht, und wir haben die Raketen und Lenkwaffen gebaut, die in wenigen Stunden das Leben auf der Erde auslöschen können. Zugegeben, wir haben »uns ein paar Mal dumm angestellt«92, und nun ist die Erde unbe­wohnbar und verschmutzt. Aber ihr könnt uns vertrauen, den Astrophysikern und Raketenbauern. Wir werden »lernen, im Weltraum zu leben«, wir versprechen Euch »Milliarden von Jahren blühenden Lebens im Kosmos«.93 »Space, here I come«, rief Hawking aus, als er sich im Jahre 2007 für ein paar Sekunden in die Schwerelosigkeit versetzen ließ.

  wikipedia  Apotheose   Vergottung, Vergöttlichung

Als Stephen Hawking im Jahre 2018 starb, war es den Briten wichtig, ihn in Westminster Abbey neben dem großen Charles Darwin zu bestatten. Aber zwischen Darwin und Hawking liegen Welten. On the origin of species, das große Werk Darwins über die Evolution des Lebens, endet mit den berühmten Sätzen:

Da alle jetzigen Organismen lineare Abkommen derjenigen sind, welche lange vor der silurischen Periode gelebt haben, so werden wir fühlen, dass die regelmäßige Aufeinanderfolge der Generationen niemals unterbrochen worden ist und eine allgemeine Fluth niemals die ganze Welt zerstört hat. Daher können wir mit einigem Vertrauen auf eine Zukunft von gleichfalls unberechenbarer Länge blicken [...]. Beim Anblick eines Stücks Erde, bedeckt mit blühenden Pflanzen aller Art, mit singenden Vögeln in den Büschen, mit flatternden Faltern in der Luft, mit kriechenden Würmern im feuchten Boden ist es gut zu bedenken, dass all diese hoch entwickelten Lebensformen, die so unter­schiedlich sind und gleichzeitig voneinander abhängen, durch Gesetze erzeugt worden sind, die ständig um uns wirken. [...] Es liegt eine Größe [grandeur] darin, dass der Schöpfer den Keim alles Lebens, das uns umgibt, nur wenigen oder nur einer einzigen Form eingehaucht hat und dass, während die Erde den ewigen Gesetzen der Schwerkraft folgend sich im Kreise dreht, sich aus so einfachem Anfang eine endlose Reihe immer schönerer und vollkommenerer Wesen entwickelt hat.(94)

Und welche grandeur hat Hawkings Utopie zu bieten, welche immer schöneren und vollkommeneren Lebewesen werden sich in seiner Brave New World entwickeln?

Ich hoffe und glaube, dass unsere geniale Gattung bis dahin einen Weg gefunden hat, den beklemmenden Grenzen der Erde zu entkommen und die Katastrophe zu überleben. Den Millionen anderen Arten, die wir auf der Erde haben, wird das womöglich nicht vergönnt sein - das haben wir uns als Gattung selbst zuzuschreiben. (95)

Der Weg von Darwin zu Hawking bezeugt den Niedergang der britischen Naturwissenschaft im Zeitalter der Kernspaltung, der Missiles und der Zerstörung der Atmosphäre. Darwin, der Biologe, verehrt das Leben - Hawking, der Physiker, dessen Vernichtung. Hawking hat den Geist Darwins, dessen Werk eine einzige Bewunderung der großen Evolution ist, im eiskalten Wasser seines Nihilismus ertränkt.

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