Hans-Joachim Grünitz

Eingezogen

Ein Wehrpflichtiger der NVA erinnert sich

2001 by Verlag Ludwig, Kiel

Lektorat, Satz und Layout: Matthias Friedemann

Für meine Eltern

Hans-Joachim Grünitz   EINGEZOGEN   Ein Wehrpflichtiger der NVA  erinnert sich     - 

2001   136  Seiten  (*1954) 

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Vorwort (5)   Prolog (7)  Einleitung (7)      Gemustert (8)  .......   Epilog (130)   Glossar (132-136)

Hans-Joachim Grünitz, Lausitzer des Jahrgangs 1954, erinnert sich an seine Zeit als Wehrpflichtiger und Reservist der Nationalen Volksarmee. Detailgetreu schildert er das Leben eines gewöhnlichen Soldaten, läßt unmittelbar teilhaben an Drill, Kommißgeschichten, gelegentlichen Vergnügungen und schwer­wiegender Gewissens­entscheidung. 1977 eingezogen, gelingt Grünitz ein authentischer und anekdotenreicher Blick auf den militärischen Alltag in der DDR der siebziger Jahre. Ende der achtziger Jahre erlebt er anläßlich einer Reserveübung die ersten Auflösungs­erscheinungen der sozialistischen Ordnung.  

 

Satire, Humor und Nachdenkliches gepaart    2006 Von Liberalimus bei Amazon

Nun, freilich das Leben des hier EINGEZOGENen ist nicht heroisch oder besonders spektakulär verlaufen, es handelt sich hier auch nicht um einen Berufssoldaten. Jedoch hat der Autor ganz andere Beleuchtungspunkte im Sinn, als pures Abenteuer. Mit feinem Gespür werden Alltagssituationen, menschliche Charaktere, wie sie nur in einer Armee zu Tage treten, mit Humor und auch Nachdenklichkeit in den Fokus gestellt. Dabei ist das Erlebte gar nicht mal so unspektakulär: eine glimpflich abgelaufene Entscheidung hat den Werdegang des Autors bestimmt und der war anders als manch einer gedacht hätte, sehr amüsant! Das Buch durchzieht eine gezielte Satire, welche mit "Jammern" nun gar nichts zu tun hat. Es bewahrt ein Stück Geschichte, welche bald niemand mehr kennen wird; wobei sich so mancher Soldat in anderen Armeen auch heute noch wiedererkennen dürfte. Hier werden weder Offiziere noch Soldaten in eine Schublade gesteckt, sondern differenziert betrachtet. Das Buch ist gut zu lesen, die bildhafte, kurzweilige und lockere Beschreibung von vielen Lesern gelobt, nunmehr in der 3.Auflage, und ganz und gar nicht "überflüssig"! 

 

Vollkommen überflüssig    2006 Von Paul  

Der Autor schreibt zu Beginn seines Buches, andere mögen mehr erlebt haben oder schlechter behandelt worden sein als er. Man sollte diesen Wink mit dem Zaunpfahl verstehen und nicht weiterlesen, denn es passiert einfach nichts. Ich glaube, ich bin in meiner Grundausbildung bei den Fallschirmjägern der Bundeswehr 1999 härter gefordert worden als der Autor bei den Grenztruppen der NVA 1977, und meine Dienstzeit war nun wirklich nicht schlimm. Das ganze Buch handelt nur davon, wie er von einem Schreibtischjob zum nächsten wechselt, weil er sich auf die Frage seines Vorgesetzten hin geweigert hat, auf Republikflüchtlinge zu schießen. Selbst nach dieser Weigerung ist nichts weiter passiert, als dass er in eine Kaserne versetzt wurde, wo überhaupt nichts mehr passierte. Der Schreibstil ist lanweilig und unmilitärisch; niemand sonst würde einen anderen Soldaten als Kollegen bezeichnen. Die Hauptdienstzeit des Autors lag 22 Jahre zurück, als er das Buch schrieb, und das merkt man. Ich habe das Buch gelesen, weil mich die Unterschiede zwischen der Bundeswehr und der NVA interessierten, aber ich bin an die langeweiligste Darstellung geraten, die man sich vorstellen kann. Die 9,90 Euro für 130 Seiten Paperback sind schlicht rausgeworfenes Geld.

  


Vorwort      des Herausgebers  

5

1977. In Prag wird die Bürgerrechtsbewegung <Charta 77> gegründet. Sie will die Unterdrückung der Freiheit durch komm­unistische Machthaber öffentlich machen und fordert die Wahrung der Menschenrechte entsprechend der Schlußakte von Helsinki/KSZE, die auch von den Ostblockstaaten unterzeichnet wurde. 

Bald darauf beginnt die Volkspolizei in Ost-Berlin mit der aktiven Behinderung von DDR-Bürgern, die die "Ständige Vertretung" der Bundesrepublik aufsuchen wollen. Im Februar bestätigt Staats- und Parteichef Honecker in einem Interview 10.000 Ausreiseanträge. Eine großzügigere Ausreiseregelung macht er von der Anerkennung der DDR-Staatsbürgerschaft durch die BRD ab. Im Oktober kommt es anläßlich der Festver­anstaltungen zum Nationalfeiertag der DDR zu schweren Zusammenstößen zwischen Jugendlichen und der Polizei auf dem Alexanderplatz. Infolge der Ausbürgerung Wolf Biermanns ist der Schauspieler Manfred Krug schon im Juni in den Westen übergesiedelt. Der Regimekritiker Rudolf Bahro, ein überzeugter Sozialist, wird aufgrund einiger Auszüge aus seinem Buch „Die Alternative" verhaftet.

1977. In Ost-Berlin trifft die westdeutsche Ausstellung „Fotografie in Wissenschaft und Technik" auf überwältigendes Interesse. Bundespräsident Carstens untersagt die Ausführung der Pläne Christos, den Reichstag zu verhüllen. Die Bundesrepublik wird von Terroranschlägen erschüttert; der „Deutsche Herbst" gipfelt in Entführungen, Morden und Selbstmorden. Der Bundestag verabschiedet eine Wehrdienstnovelle, wonach die Gewissensprüfung für Kriegsdienstverweigerer abgeschafft wird. (Im darauffolgenden Jahr erklärt das Bundesverfassungsgericht dies für verfassungswidrig.)

1977. Hans-Joachim Grünitz wird eingezogen. In den hier publizierten Erinnerungen an seine Militärzeit verzichtet er weitgehend auf die Erörterung politischer Umstände und Entwicklungen jener Zeit. Gewiß, er berichtet von der mal gähnenden, mal dröhnenden Langeweile, die der jüngst verstorbene „Sudel-Ede" (Karl-Eduard von Schnitzler) verbreitete und von dem immer gleichen Propaganda-Geschwafel der Polit-Offiziere. Doch getreulich folgt er seinem Ziel, nur das Selbsterlebte zu schildern, detailgenau und minutiös. Anekdotenreich und mit wachem Blick auf menschliche Verhaltensweisen gelingt es ihm so, den Alltag eines NVA-Wehrpflichtigen authentisch nachzuzeichnen. 

Andere haben mehr gelitten, wie jener junge Mann, dessen Tagebuch im selben Verlag vorliegt. Daß Grünitz auch die Pfadfinder-Idylle des Wehrdienstes erlebt und genossen hat, gehört zum Ganzen und spiegelt wohl das Erleben der meisten Soldaten wider.

Ob deren Behauptung "Richtig gedient haben muß man schon!" unwidersprochen bleibt, sei dem Leser anheimgelegt. Hans-Joachim Grünitz hat seinen Dienst geleistet, nicht ohne dabei den absonderlichen Erscheinungen einer Armee auf die Spur zu kommen und hat, als er aufgefordert wird, dem Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze zuzustimmen, eine einsame Entscheidung getroffen.

18. Februar 1978. Das DDR-Kulturministerium legt einen „Plan zur langfristigen Entwicklung der sozialistischen Kultur und ihrer materiell technischen Basis" vor. Unter anderem wird dort eine Steigerung der jährlichen Buchneuerscheinungen von 5900 auf 7200 avisiert. "Eingezogen" wäre nicht dabei gewesen.

6

Kiel, im Oktober 2001,  Matthias Friedemann  

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Prolog

Im Oktober vor zwölf Jahren hatte ich per Befehl das letzte Mal offiziell eine Militäruniform zu tragen. Wir haben jetzt wieder Oktober. Es sind die letzten Tage dieses Monats im Jahr 2000 und es ist wohl dem trüben Herbstwetter geschuldet, daß ich mal wieder an meinem Schreibtisch sitze um nun endlich die letzten Zeilen an diesem Buch zu schreiben. Die Armee, deren Uniform ich damals und in Abständen auch Jahre davor trug, gibt es nicht mehr. Auch nicht den Staat, zu dem diese Armee gehörte.

Der dem Staat einst geschworene Eid hat keinen Wert mehr. Dennoch meine ich, daß der Alltag im militärischen Leben eines Soldaten bei der Nationalen Volksarmee sowie den Grenztruppen der DDR eine Geschichte wert ist. Eben weil es Geschichte ist und weil Geschichte oft und gern vergessen oder nicht überliefert wird. Natürlich kann dieses Buch nur einen winzigen Ausschnitt, ein ganz kleines Stück dieser Geschichte wiedergeben.

Sicher gibt es Menschen, die durch abweichende Erfahrungen eine andere Sicht auf das Vergangene haben. Dieser Bericht verfolgt nicht das Ziel einer wissenschaftlichen Abhandlung, sondern erzählt meine eigene Geschichte, ich hoffe auf unterhaltsame Art, mal satirisch, mal ernst, mal nachdenklich.

  

Einleitung

Das Jahr 1977 war dazu bestimmt, mir in ewiger Erinnerung zu bleiben. Diese vorwiegend negativ geprägten Erinnerungen verblaßten mit den Jahren. In den Vordergrund drängen sich heute fast nur noch die übrig gebliebenen positiven Eindrücke. So ist das eben, der Mensch verdrängt das Schlechte und ist geneigt, aus seinen Erinnerungen nur noch das Gute zu berichten.

Und letzteres geschieht besonders gern in Männerrunden »Gedienter«. Hier werden die tollsten Geschichten zum Besten gegeben und manche Erzählung läßt die Tendenz zur Übertreibung vermuten, so daß der willig Zuhörende wohl hin und wieder am Wahrheitsgehalt zweifeln dürfte.

Nicht zweifeln hingegen muß der Leser am Inhalt und Wahrheitsgehalt des nun folgenden Berichtes. Bewußt wird hier von Höhen und Tiefen, guten wie schlechten Seiten einer Zeit erzählt, die immer wieder Erinnerungsstoff bietet: der Militärzeit.

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