Das gute Aschebuch
Asche-Fahne-NVA-DDR-Militär-Armee
Torgelow-Spechtberg zu Ostzeiten, links "PR22" ("Soja") rechts "PR21" ("Empacher")
Autoren
Awiszus (2002) Bender (1999) Brumme (1997) Burmeister-Film (2002) Dettmann (2006) Dullau (2005)
Eisenfeld (1991, 2011) Engelmann (2000) Erler-Film (2003) Ewald (2000) Fleming (2005) Jürgen Fuchs (1984, 1988) Grashoff (2006) Grünitz (2001)
Handbuch-Militärverlag (1983) Haußmann (2005) Jansen (2004) Kalinke (2001) Koop (ab 1993) Kuschel (2003) Möller (2000) Müller (2003)
Ritschel (1990) Rogg (2008) Sabrow (2007) Schütze (1999) Steinacker (1999) Steinbach (2001) Strehlow (1997) Turlach (2002)
Wachtel (1991) Waehner (2006) Wolle (2001) Wolter (2005) Wüstefeld (1990) Zaunstöck (2008) Zerbst (1999)
qwant ruediger+fuchs+genosse+matrose
2018-ZDF - "Die sieben Geheimnisse der NVA" - gute kurze aktuelle Zusammenfassung aus heutiger Sicht
Frühere Militärberichte: Ditfurth Gruhl Jünger Kasser Remarque
Der "Park"
Der "Park" im Winter
Prora So bleibt uns nur von 40 Jahren NVA-Prora das einfache und klare Foto von der Webseite des Proramuseums und das wohl Ex-"Ausbildung" (Training) auf dem Kompanieflur zeigt. Vielleicht sogar "Strafexerzieren". Vielleicht reicht das auch?
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Vorwort Allen Autoren, Herausgebern und Rechteverwaltern - insbesondere jenen, mit denen ich im Kontakt war oder bin - danke ich für ihre wichtige Aufklärung - die jetzt einigermaßen gründlich erledigt scheint. Natürlich geht es immer weiter - noch heute erscheinen neue Tagebücher, neue Frontbriefe aus dem 1. Weltkrieg - und aus dem 2. sowieso. So wie im Bild kann auch das "Sprutzdenkmal" sein. Vielleicht mit (geschulterter?) NVA-Bohnerkeule. Aber auch nicht zu sehr verharmlosend-humoristisch, nicht digedagmäßig. Vielleicht ein herrschsüchtiger EK daneben und eine erklärende Tafel.
08/2009: Ich war mal in Prora, das erste Mal seit 1978, dem Tag meiner 'Versetzung' aus der Uffz-Schule in die 'Truppe' nach Torgelow-Eggesin (Panzerregiment 22). Prora sieht noch so aus wie immer bzw wie es aussehen muß - es wäre ja ein Wunder (und gar nicht richtig), wenn es gerade dort keinerlei 'Vandalismus' gegeben hätte. Auf jeden Fall sieht es ganz anders aus, als auf offiziellen Fotos. Video Prora Ankunft (2009) ZDF 2018: presseportal.zdf.de -- die-sieben-geheimnisse-der-nva-in-zdfinfo/seite/3/ youtube.com/watch?v=LZtZb4i5MXI presseportal.de/pm/105413/4126997 Wikipedia: Web: Erinnerungsseite Torgelow Bing.Asche kotsch88 de / pr-21.htm Spechtberg mts-prora.piranho.de /TUS/ MeineDienstzeit Prora 1974 Schlagzeilen von früher Asche, Fahne, NVA - The Army of the GDR Die DDR-Armee - Wehrpflicht, Wehrdienst, "Ehrendienst" Die Sicht von unten - Sprutz, EK und Schwedt Das Trauma NVA (falls es eines war) - Bücher und Medien zur Auf- und Umarbeitung Der NVA-Jargon - Die Soldatensprache in der DDR Aschefilme (wmv) 2001 Video Gefängnis in der NVA Joksch 2002 Video Alltag in der NVA Burmeister 2003 Video Dienen in der NVA 1.Kuschel 2003 Video Dienen in der NVA 2. Erler 2004 Video Bausoldaten in der NVA
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Aschebücher nach Erscheinungsjahr 1984 Fuchs - Fassonschnitt 1988 Fuchs - Feigheit 1990 Ritschel - Jahre # Wüstefeld - Schutzmaske 1991 Wachtel - Schwedt 1997 Brumme - 1000 Tage # Strehlow - Flucht 1999 Bender - 542 Tage # Schütze - Torgelow # Andreas Zerbst # Steinacker - Sprache # 2000 Möller - Soldatensprache # Ewald - Wachregiment # Engelmann 2001 Grünitz # Kalinke # Steinbach # Joksch - Schwedtfilm # Wolle-Sowjetarmee 2002 Burmeister - Alltagfilm # Awiszus 2003 Müller - Uffze # Film: Kuschel-Dienen (1) Erler-Dienen (2) 2004 Jansen-Zeichnungen # Jancke-Grenze # Spaten-Dienen3 2005 Wolter 1 # Dullau 1 # Haußmann # Fleming 2006 Dettmann # Waehner # Grashoff - Suizid # Kranich - Bausoldaten # 2007 Wolter 2 2008 Rogg 2009 Wolter 3 # Dullau 2 |
Aschebücher nach Erscheinungsjahr mit Bildern
1984- 1991 |
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1996 - 1999 |
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2000 |
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2001 |
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2002- 2003 |
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2004- 2005 |
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2006 |
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2007- 2009 |
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Sonstiges |
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Der einzig wahre Ascheroman - Kann es ihn geben? Soll es ihn geben?
Renatus Deckert (2004):
Das Trauma sitzt tief. Wie anders lässt es sich erklären, dass die Flut bunter Bilder aus der DDR die Armee ausspart? Warum nimmt sich kein Erzähler dieses Stoffes an? — Den einzig nennenswerten Roman über die NVA, der seit der Wende erschienen ist, hat Christoph D. Brumme mit Tausend Tage geschrieben. Er erschien 1997, ohne auf große Resonanz zu stoßen. Erzählt wird von dem achtzehnjährigen Kian, der sich für drei Jahre verpflichtet und daran fast zerbricht. — Bedenkt man, dass seit Einführung der Wehrpflicht fast dreißig Jahrgänge ostdeutscher Männer nahezu komplett zur Armee eingezogen wurden, ist das erstaunlich wenig. Es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis dieses Thema von der Literatur wiederentdeckt wird.
Renatus Deckert: Die innerste Zelle. Die Kasernenwelt der DDR wartet auf einen Erzähler
In: Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, 12/2004, Seite 1131-1135
online-merkur.de
Rückblicke / Bücher über allgemeine Militärgeschichte / Der größere Zusammenhang
Karl Kasser: Tagebuch und Erinnerungen an Krieg und Gefangenschaft (1920)
Menschheitsgeschichte im Spiegel des Krieges (1987) Von Theodor Fuchs - Ein Bundeswehr- und Wehrmachtsoffizier wird Anthroposoph :-)
Krieg und Kultur (1950) Von Arnold Toynbee - Der große Universalhistoriker über Krieg in der menschlichen Geschichte
Iwan Iljin (1930) Historische Entwicklung
"Die Freunde" / "Die ruhmreiche Sowjetarmee" / Dedowschtschina - Die Herrschaft der Großväter
Iljin, Iwan : Das Militärwesen der USSR (1930)
Kowalczuk / Wolle: Roter Stern in Deutschland 2001 – "Sowjetische Truppen in der DDR"
Koop: Zwischen Recht und Willkür 1996 – "Die Rote Armee in Deutschland"
Spiegel: Das Gewaltpotenzial des SED-Staates 1999 – "1 Million Mann unter Waffen"
2004: In der russischen Armee ist die E-Bewegung, "Dedowschina", ungebrochen. Über 1000 (junge) Soldaten sterben jedes Jahr (einschl. Unfällen) in der 1,2 Mio-Mann-Armee; 40.000 Deserteure jährlich; siehe: zdf.de / Auslandsjournal ; die "NVA" bzw. die "ruhmreiche Sowjetarmee" ist dort weiterhin (gräuliche) Realität. -
Die E-Bewegung nahm jedenfalls nicht die erschreckenden Ausmaße an wie das "dedovšcina"-System in der Sowjetarmee, das offiziellen Angaben zufolge zwischen 1975 und 1990 zehntausenden jungen Soldaten des Leben gekostet hat. (Henri Band)
Brutale Rekrutenschinderei ist eines der Hauptprobleme des russischen und des sowjetischen Militärs. In der Truppe gelten in weiten Bereichen dieselben Regeln des Faustrechtes, wie unter Kriminellen in Straflagern. Den Quälereien fallen jährlich nach Angaben der Komitees der Soldatenmütter immer noch einige tausend Soldaten zum Opfer. Anfang der 90iger Jahre lag die Zahl bei bis zu 7.000 Toten jährlich.
Lieder über die Asche? - Die Asche im Liedgut?
1985 hat Gerhard Schöne die EK-Bewegung erwähnt, in seinem Lied
Als mein gelber Wellensittich aus dem Fenster flog...
Sonst war es ja immer so:
Ein böses Pionierlied zum NVA-Thema
Suizide und andere Todesfälle bei der Asche?
An der Universität Leipzig wurde 2006 eine Promotionsarbeit von Udo Grashoff geschrieben - auch mit einer Abschätzung der Suizide in der NVA.
Der Umgang mit Selbsttötungen in der DDR 1949-1990
In "Dienen 2" (MDR, Erler) wird gesagt: 1973-75: "417 tödliche Unfälle und 90 Suizide." -- Das kann man doch hochrechnen auf 30 Jahre.
Geld?
"1988 gingen 11% des Nationaleinkommens der DDR in die bewaffneten Organe." (= 21 Milliarden Mark.) Im Erler-Film (Dienen 2)
Zum Spiegel-Artikel 1999: Die "100 Milliarden Westmark" (Schießgerät), die der Autor nennt, geben auch eine Vorstellung vom Ressourcenverbrauch - sowohl aus volkswirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht. Dies ist nämlich auch noch ein interessanter Aspekt der Militär-DDR neben ihrem Gewaltpotential. Ebenfalls ist an die Luxus-Gehälter der Militärs zu erinnern. z.B. anhand der Stasi-Gehaltsliste. (2000 netto DDR-Mark im Monat waren "normal", 3000 M nicht selten.)
Spiegel-Artikel 1999 über die "Gesamt-Waffen" in der DDR
detopia-2003:
Auch der Flächenverbrauch war bedeutend: NVA/GT: 2770 km2 - "Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland" (GSSD) bzw. "Westgruppe der Truppen" (WGT): 2400 km2 - Ergo: 5 % der DDR-Fläche verbrauchte das Militär. - Nach dem Willen der komm. Führer hätte es dann darauf hinauslaufen sollen, daß 4-5 Millionen Arbeiter den ganzen Rest ernähren (einschließlich 'Russen' in der DDR) und einschließlich der doppelten und dreifachen Gehälter von Stasi/Militär/Parteiapparat...? - Der Leser vergegenwärtige sich nochmal die 'Betriebsmittel', die benötigt wurden - hunderttausende von Westmark, allein für 'Markus', um seine Agenten zu bezahlen; aber auch Geld für all die Panzer (-kopfhauben), Patronentaschen, MiG 21er, Instandsetzungswerke ...
Das Gewaltpotenzial des SED-Staates: eine Million Mann unter Waffen
Original: spiegel.de/spiegel/0,1518,45857,00.html 11.10.1999
Friedrich Engels, 1841 Einjährig-Freiwilliger im Berliner "Garde-Fuß-Artillerie-Regiment", später der Bruder im Geiste des ungedienten Karl Marx, hat den Kommunisten in aller Welt viel Lesestoff hinterlassen, vor allem über die Macht der Gewehre. Deshalb hieß die Militärakademie der Nationalen Volksarmee der DDR nach dem Barmer Fabrikantensohn, es gab einen Friedrich-Engels-Preis für "Stärkung und Vervollkommnung der sozialistischen Landesverteidigung" und ein Friedrich-Engels-Wachregiment.
"Waffen sind Werkzeuge der Gewalt", hatte der Militärtheoretiker scharfsinnig erkannt. Seine ostdeutschen Enkel zogen daraus den dialektischen Schluss, dass Waffen deshalb auf gar keinen Fall in die Hände des Volkes gehörten. Denn die "Diktatur des Proletariats" sei nur machbar, wenn die Partei die Gewehre kommandiere. Das sei die Machtfrage.
Die Machtfrage begleitete die DDR-Kommunisten wie der Mond den Wanderer im dunklen Tann. Schon am 30. April 1945, als die "Gruppe Ulbricht" aus Moskau in die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands eingeflogen wurde, gab der KP-Remigrant den Seinen die Losung für den Verwaltungsaufbau aus: "Es muss demokratisch aussehen", befahl Walter Ulbricht, "aber wir müssen alles in der Hand haben."
Vom Tage Null im Mai 1945 bis zu Ultimo am 3. Oktober 1990, als die DDR aus der Geschichte verschwand, stand die Macht im Zentrum aller SED-Überlegungen. Die jeweilige Sicherheitsdoktrin überwucherte alle anderen Politikfelder – sie ruinierte die Wirtschaft, den demokratischen Zentralismus, Kultur- und Geistesleben, überzog das Land mit einem in Deutschland bisher nie da gewesenen Spitzelnetz und brachte am Ende zwei Rekorde zu Stande.
Auf dem vergleichsweise winzigen Territorium der DDR – 108.333 Quadratkilometer, das sind 0,02 Prozent der Erdoberfläche – standen mehr als eine Million Mann, jeder fünfte Erwachsene, mit dem Gewehr bei Fuß, der Machtfrage wegen. Nirgendwo in Europa drängelten sich so viele Schwerbewaffnete auf so engem Raum.
Dieser Rekord wird noch überboten durch das zweite Kuriosum: Die bitterarme DDR hinterließ der Bundesrepublik Deutschland in diversen Waffenkammern Schießgerät und Munition im Wert von rund 100 Milliarden Westmark.
Jahrelang plagten sich die Bonner Behörden mit der Reduktion dieser Altlasten – sie wurden verschrottet, zersägt, verschenkt, verkauft, umgerubelt, ausgeschlachtet oder, wie die legendären Jagdflugzeuge vom Typ MiG-29, in die Bundeswehr integriert. Den Bewaffneten der Ex-DDR blieben nur ein paar Pistolen für die Polizei; die staatsnahen Weidmänner mussten ihre Jagdwaffen abgeben.
Die Volkspolizei ("Vopo") der DDR, 90.000 Mann, hatte bereits Ende 1989 erkennen lassen, dass sie sich auf den westdeutschen Beamtenstatus (und die neuen Funkwagen) freute. Gegen das Versprechen der Weiterbeschäftigung, nunmehr fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, hielten die Vopos 1989/90 fein still, ließen sich auf der Straße kaum blicken, bereuten sogar ihre Prügelorgien in den Wochen vor der Maueröffnung und sammelten ohne Trara die Schießprügel der anderen "bewaffneten Organe" ein. Es gab viel zu tun. Als erste war die Stasi dran.
Das Ministerium für Staatssicherheit kommandierte der Armeegeneral und Waffennarr Erich Mielke, Jahrgang 1907. Er führte drei private Faustfeuerwaffen (alles Westimporte) und zwei Dutzend Büchsen für die Jagd. Die 92.000 Mann seiner Geheimpolizei waren bis an die Zähne bewaffnet, mit 124.503 Pistolen, 76.592 Maschinenpistolen, 3611 Scharfschützengewehren, 449 leichten Maschinengewehren, 766 schweren Maschinengewehren, 3537 Panzerbüchsen, 342 Flugabwehr-Maschinengewehren, 48 Polizeiflinten und 3303 Leuchtpistolen. Bei der Stasi waren sogar die hauseigenen Küchenfrauen und Krankenschwestern bewaffnet.
Um die Stasi-Offiziere und ihre 172.000 Inoffiziellen Mitarbeiter (Stand: Oktober 1989) nicht zu reizen, sprach die Volkspolizei nicht von "Entwaffnung", sondern von "Abgabe" oder "Übergabe" der Waffen. Weil es nicht genug Kisten gab, wurde das Schießgerät in Decken abtransportiert. Für jeden Eventualfall hatte Mielkes geheime Armee einen Plan in der Schublade, nur ihre eigene Abschaffung war nicht bedacht worden.
Die "Liquidierung" hatte das MfS den Dissidenten zugedacht, also Personen mit einer "verfestigten feindlich-negativen Grundhaltung gegenüber der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung". Für diese DDR-Bürger – insgesamt 10.726 namentlich erfasste Abweichler, ein jeder mit aktualisierter Personalkarte – waren "zeitweilige Isolierungsstützpunkte" vorbereitet, für jede der 211 DDR-MfS-Kreisdienststellen einer. Von dort wären die Regimegegner plangemäß in zentrale Internierungslager gebracht worden.
Die Unterbringung in diesen Konzentrationslagern sollte dazu dienen, "die personelle Basis der subversiven Tätigkeit des Feindes zu zerschlagen". Die Dokumente lassen Böses ahnen. In der kalten Sprache des Geheimdienstes wird erläutert, was für den Tag X mit den Internierten geplant war: "ihre Liquidierung/Ausschaltung auf besonderen Befehl ... wenn es die Lage erfordert".
Daraus wurde nichts, weil die Lage sich im Herbst 1989 rasch zu Ungunsten der Staatsgewalt veränderte. Die MfSler hatten Angst um ihren Arbeitsplatz, fürchteten sogar, gelyncht zu werden. Alle früheren Verbündeten – Polizei und Armee, Partei und Betriebskampfgruppen – suchten rasch Distanz zwischen sich und die Stasi zu bringen. Die paramilitärischen Verbände der Betriebskampfgruppen, insgesamt 202.000 Mann, lösten sich besonders schnell in Wohlgefallen auf.
Eigentlich, so hatte Erich Honecker 1983 im Berliner "Palast der Republik" bei einem Festakt zum 30-jährigen Bestehen der Betriebskampfgruppen getönt, habe "unsere Partei die Kampfgruppen ins Leben" gerufen und ständig "weiterentwickelt", weil "unsere Partei nach der Leninschen Erkenntnis handelt, dass nur diejenige Revolution etwas wert ist, die sich auch zu verteidigen versteht".
Deshalb hatte jeder Klassenkämpfer eine Pistole M(akarow) und eine MPi-K(alaschnikow) für die Abwehr der "Konterrevolutionäre" parat. Falls durch den Feind der Konflikt eskalieren würde, sollten die "Kampfgruppen der Arbeiterklasse" ihr schweres Gerät – Panzergeschütze, Granatwerfer, Zwillingsflak – in Stellung bringen.
Gegen die friedlichen Demonstranten des Wendeherbstes, die immerzu "Keine Gewalt!" riefen, waren die Kampfgruppen völlig machtlos. In Leipzig und anderen sächsischen Städten verweigerten zahlreiche Mitglieder die Mobilmachung und den Einsatz: "Das sind doch unsere Kinder."
Auch die anderen Waffenträger der Republik hatten keine Lust, in den Bürgerkrieg zu ziehen – weder die "Zivilverteidiger" noch die Zöllner, geschweige denn die Männer der Berufsfeuerwehr. Alle hatten zwar Waffen und Munition im Schrank, unterlagen zugleich aber einem strengen Regiment: "Waffenmeister" führten Buch über jedes Schießgerät und jeden Schuss. Selbst "Geschenkwaffen", etwa von einem hochrangigen Sowjetfreund, wurden registriert.
Die große Sowjetunion unterhielt in der kleinen DDR eine "Westgruppe" ihrer Streitkräfte, 365.000 Mann (plus 208.000 Zivilangestellte und Familienangehörige). Das Riesenheer bestand aus Gardedivisionen, Stoßarmeen und Sturmbrigaden. Die Elitesoldaten waren bestens gerüstet: 4116 Kampfpanzer, 7948 gepanzerte Fahrzeuge, 3578 Artilleriesysteme, 623 Flugzeuge, 615 Hubschrauber, 94.129 Kraftfahrzeuge sowie 677.000 Tonnen Munition. So steht es in den 1990 mit der Bundesregierung geschlossenen Abzugsvereinbarungen.
Das Kommando führte der Armeegeneral Boris Wassiljewitsch Snetkow, damals 64 Jahre alt, ein Mann zum Fürchten. Den legte Gorbatschow persönlich an die Kette. Der KPdSU-Generalsekretär verbot der Westgruppe jedes Eingreifen in die inneren Konflikte der DDR. Die sowjetischen Streitkräfte zogen sich in die Kasernen zurück und sagten alle Manöver ab. Nicht einmal die Ehefrauen der Offiziere durften mehr einkaufen gehen.
Dass sich der Wind gedreht hatte, erkannten die 15 führenden Generäle der Nationalen Volksarmee der DDR spätestens am 9. November 1989, in der Nacht des Mauersturms. Zur Krisensitzung des Generals-"Kollegiums" erschien der sonst stets anwesende Vertreter der Westgruppe nicht.
In dieser Nacht des höchsten Risikos bewies die NVA-Generalität Verantwortungsbewusstsein, Augenmaß und Vorsicht. Kommandiert von Generaloberst Fritz Streletz, Chef des Hauptstabes der NVA, einem militärisch talentierten und belastbaren Soldaten, widerstand die NVA-Führung allen Versuchungen, in die finale Krise der DDR mit Gewalt einzugreifen.
detopia-2020: Der Artikel gefällt mir immer noch, aber ich bemängele jetzt den "talentierten und belastbaren Soldaten". Ab Oberst waren in der NVA/DDR die Offiziere "Nomenklatura". Gerade vom "Genossen Streletz" habe ich auch "häusliche" Informationen. (Ich werte ihn nicht ab, weil fast jeder danach strebte, "Westwaren" zu bekommen bzw. die Familien der "aufrechten/spartanischen Kommunisten" bedrängten diese danach.) "Soldat" ist ein Ehrentitel für die Unterdrückten, für die "Befehlsempfänger" (und Ausführenden). Hohe und höchste Offiziere bezeichnen sich gerne selber als "Soldat" - auch schon vor der NVA. Und wenn Broder/Spiegel nicht "beim Bund" waren, dann wissen sie nichts von dem Unterschied. Und dann kommt hier dazu, was an die jüngste Spiegel-Relotius-Affäre erinnert: "talentiert und belastbar"??? - Natürlich war es gut, dass nach dem Alkohol-Hoffmann einer an die NVA-Macht kam, der nur Sekt zum Frühstück trank.
Nun zu "Verantwortungsbewusstsein" und zur "Finale Krise": Niemand wusste (vorher) von "final". Und ja: Ich danke - auch heute noch - nicht nur IHM, sondern auch allen Generälen aller "bewaffneten Organe" der DDR dafür, dass sie - im inneren Kampf vermutlich - der "Versuchung widerstanden" ... 'durchzureißen'. Andererseits: Niemand weiß wirklich, wie groß "die Versuchung" war. Vielleicht war sie kleiner als ich glaube. Ich weiß von Tumulten in normalen Kasernen (Panzer, Mot-Schützen), die, falls sie 'ordnungsgemäß nach Strausberg gemeldet' wurden (auch durch den "V-Nuller"), dem militärischen Hochadel ("talentiert und belastbar") klarmachten, dass sie auch persönlich/familiär alles riskierten.
Zum Schluss: Ja: meistens schießen die Inhaber militärischer Macht, wenn das Volk 'auf die Straße geht'. Es gab und gibt auchfast ideologiefreie Militärdiktaturen (seit hundert Jahren vermehrt um gleichstarke 'Geheimdienste' und politische Polizei). Auf der anderen Seite war die DDR am 9.11.1989 vielleicht schon so ausgehöhlt, dass "ALLE Versuchungen" - zusammengenommen - recht klein waren.
Dabei galt die sehr straff geführte Nationalen Volksarmee in diesen Tagen durchaus noch als universell verwendungsfähig. Die rund 210.000 Soldaten - davon 42.000 Mann bei den Grenztruppen, 36.000 bei der Luftwaffe, 16.000 Mariner - standen Gewehr bei Fuß. Volle Gefechtsbereitschaft, hundertmal trainiert, war in 42 Minuten zu erreichen. Das galt zu Recht als "Weltniveau".
Viele Soldaten kamen in den Herbstwochen 1989 tagelang nicht aus den Stiefeln. Trotzdem drehte keiner durch. Auf dem Territorium der kleinen DDR drängelten sich mehr als eine Million Bewaffnete. Und es fiel kein einziger Schuss.
Dabei waren unter den Soldaten natürlich auch Desperados, Trunkenbolde, Angsthasen und Fanatiker. Weil trotzdem niemand das Feuer eröffnete, blieb der Erde ein immerhin möglicher dritter Weltkrieg erspart. Nur weil kein Blut floss, wurde die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands innerhalb eines Jahres erreicht.
Der Vollständigkeit halber:
"Vereidigung" bzw. "Fahneneid" von 1962 bis 1990 (?)
Ich schwöre Der
Deutschen Demokratischen Republik, meinem Vaterland, allzeit treu
zu dienen Ich schwöre An
der Seite der Sowjetarmee und der Armeen der mit uns verbündeten
sozialistischen Länder |
Ich schwöre Ein
ehrlicher, tapferer, disziplinierter und wachsamer Soldat zu sein, Ich schwöre Die
militärischen Kenntnisse gewissenhaft zu erwerben, |
Sollte
ich jemals diesen meinen feierlichen Fahneneid
verletzen,
so möge mich die harte
Strafe des Gesetzes unserer Republik
und die Verachtung des werktätigen Volkes
treffen.
Das gute Aschebuch