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Christoph D.Brumme Tausend Tage Roman
geschrieben 1994-97 1997
by Kiepenheuer & Witsch |
1997 232 Seiten DNB.Autor (*1962)
detopia: B.htm |
(d-2007:)
Auf Seite 64 "am ersten Dienstag im Mai" ist Einberufung für Kian. Vermutlich 1980 (oder 1981) in die U-Schule Prora als "Stromversorgungsaggregatemechaniker" (Seite 101). Er wird Uffz und auf Seite 108 versetzt zum "Kommando Landstreitkräfte", Potsdam, Wildpark-West. Auf Seite xx dreht Kian dann durch.
Wenn ich lese, daß dieses Buch 1997 "total verrissen" wurde - etwa laut Perlentaucher.de - dann ist das zwar literarisch verständlich. Andererseits brauchen wir eben mehrere Anläufe, bis wir einen großes Aschebuch haben. Und da kann dieser Nachfolgeautor durchaus von "Kian Brumme" profitieren. - In den 90ern ging es erstmal darum, die EK-Bewegung (Musikbox, Schildkröte, Heimfahrt) und die Staatsschikanen anzusprechen, auszusprechen. Also, was "ständige Gefechtsbereitschaft" für Urlaub und Ausgang bedeutete.
Ich finde, dass 'der Brumme' weiterhin ein gutes Buch zur Asche ist, weil: In einem Roman darf man natürlich ein bischen 'spinnen'. Die Tagebücher und Erinnerungsberichte geben das Selbsterlebte (und so soll es ja HIER auch sein... daß ich mich auf die Wahrheitsliebe des Autors verlassen kann) wieder - und das kann nicht die ganze Bandbreite sein - der 'Vorkommnisse'... 'dort'. - Und: 3-Ender Bücher gibt es -immernoch- weniger als '542'er-Bücher...
Aber gut: Die Kritiker, also die Verreißer, überzeugen mich auch etwas. Jedoch: Wo ist er denn dann - der Große NVA-Roman??? Es sage keiner, daß der Stoff nicht ausreiche!
Deckert, Renatus
Die innerste Zelle. Die Kasernenwelt der DDR wartet auf einen Erzähler
Seite1131-1135 # 12 (Dezember) 2004 online-merkur.de Deutsche Zeitschrift für europäisches DenkenDas Trauma sitzt tief. Wie anders lässt es sich erklären, dass die Flut bunter Bilder aus der DDR die Armee ausspart? Warum nimmt sich kein Erzähler dieses Stoffes an?
Den einzig nennenswerten Roman über die NVA, der seit der Wende erschienen ist, hat Christoph D. Brumme mit Tausend Tage geschrieben. Er erschien 1997, ohne auf große Resonanz zu stoßen. Erzählt wird von dem achtzehnjährigen Kian, der sich für drei Jahre verpflichtet und daran fast zerbricht.
Bedenkt man, dass seit Einführung der Wehrpflicht fast dreißig Jahrgänge ostdeutscher Männer nahezu komplett zur Armee eingezogen wurden, ist das erstaunlich wenig. Es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis dieses Thema von der Literatur wiederentdeckt wird.
Der achtzehnjährige Kian meldet sich für drei Jahre zur Armee, weil es ihm schmeichelt, daß er dort gebraucht wird. Kians Eltern streiten sich unentwegt, der verrückte Onkel, der einen Kirchturm vergolden wollte, sorgt für Gesprächsstoff in der kleinen Stadt. Kians erste Liebesversuche mit einer Miederwaren-Verkäuferin sind nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Er sieht sich als künftigen Staatspräsidenten, der das ganze Land verändern wird und dem die Leute zujubeln werden.
Zunächst stürzt sich Kian mit einem gewissen Elan auf den Dienst in der Armee. Aber Stumpfsinn und irre Rituale, eine verrohte Sprache und die gleichzeitige Gefährlichkeit der Lage - die Aufstände in Polen lassen einen Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten wie 1968 in Prag befürchten - treiben ihn zur Verzweiflung. Als seine Freundin sich von ihm abwendet, erfindet er einen erschreckenden Grund für die Trennung.
Christoph D. Brummes zweiter Roman erzählt in einer einfachen, sehr feinen und genauen Sprache von der Jugend eines Helden, der lügt und dennoch unschuldig ist, der Ideale hat und sich dennoch der Faszination des Bösen nicht zu entziehen vermag. »Wir erleben den Todesreigen einer Welt, die sich nach außen mit Mauern panzert, weil sie im Innern längst aus dem Leim gegangen ist.« Die Welt
Christoph D. Brumme, 1962 in Wernigerode / Harz geboren, lebt als freier Schriftsteller in Berlin. 1994 erschien sein erster Roman <Nichts als das>, 1998 sein Essay <Wie Kafka Romancier wurde> (Akzente 5/1998).
Danksagung: Die Arbeit des Autors am vorliegenden Text wurde durch den Deutschen Literaturfonds e. V., den Kulturfonds Berlin sowie die Akademie der Künste Berlin gefördert.
Für Anke und Roland
Wer die Wahrheit verrät; verrät auch die Lügen. Montaigne
Zitierte Kriminalromane:
Wolfgang Kienast, Gillermanns Tod, Berlin 1975 (1984)
Fritz Erpenbeck, Der Tote auf dem Thron, Berlin 1973 (1984)
Jürgen Höpfner, Verhängnis vor Elysium, Berlin 1983
Heiner Rank, Der bengalische Tiger, Berlin 1984
-ky, Ein Toter führt Regie, Hamburg 1974, Berlin 1977#