Werdau. Knapp vor dem Weihnachtsfest erschien im Verlag Beier & Beran das vom Martin-Luther-King-Zentrum herausgegebene Buch "Wunde Punkte – Wendpunkte – Die Friedliche Revolution im Raum Crimmitschau-Werdau." Darin sind auch die spannenden Weihnachtstage im Jahr des Mauerfalls vor 25 Jahren behandelt, als am 22. Dezember in Berlin das Brandenburger Tor geöffnet wurde, die Werdauer am Heiligabend in der Marienkirche 16.000 Mark für Rumänien spendeten und am 28. Dezember im Hof des Lutherhaus durch viele freiwillige Helfer zwei Lastzüge mit 28 Tonnen Lebensmitteln und für 68000 Mark Medikamente für die leidgeprüfte Bevölkerung Rumäniens beladen wurden. Doch das Buch greift auch zurück auf die Marienkäfer-Band der Jungen Gemeinde und das Friedensseminar Königswalde, die schon vor dem Jahr 1989 den Boden für Veränderungen in der DDR bereiten halfen, ohne dass damals jemand schon an eine friedliche Revolution denken konnte. So richtig los ging es dann im Januar, als die Königswalder sich in Neukirchen zu einer Klausurtagung trafen, in der sie auf die für Mai geplanten Kommunalwahlen zielten und dann halfen, die Wahlfälschungen aufzudecken, der Anfang vom Ende der DDR. Das Martin-Luther-King-Zentrum hat 16 Jahre lang Dokumente, Fotos und Zeitzeugenberichte über die Aufbruchstimmung während der Friedliche Revolution 1989 und das „wunderbare Jahr der Anarchie“ 1990, das Jahr des Runden Tisches, des Bürgerrates und der Basisdemokratie, gesammelt. So sind in dem neuen Buch u.a. bisher unbekannte und unveröffentlichte Fakten, Aktionen und Ereignisse dokumentiert. Der Höhepunkt liegt auf dem Herbst 1989. Doch die Berichte werden bis in den August 1990, als das Werdau-Crimmitschauer Wochenblatt als erste parteiunabhängige DDR-Zeitung in Sachsen die Ereignisse begleitete und kommentierte, fortgeführt. Besondere Brisanz bekommt die Publikation durch die Schilderung zweier Ereignisketten: Das Verhältnis zwischen Volkspolizisten und Bürgern vom Schlagstock- und Hundeeinsatz am Bogendreieck im Oktober 1989 bis zur Entschuldigungsveranstaltung in der Annenkirche Ruppertsgrün im März 1990. Das andere ist das Spannungsfeld des Umgangs mit Stasi-Unrecht an konkreten Beispielen. Wie manche Mitarbeiter der Staatssicherheit alles bestritten und Betroffene vor Gericht als Lügner hingestellt wurden. Und wie andere Stasileute zu ihrer Schuld standen, sich bei den Opfern entschuldigten und seitdem miteinander mal ein Bier trinken können. Das erinnert an den vor 50 Jahren auf der Kanzel der Ost-Berliner Marienkirche von Martin Luther King ausgesprochenen Satz: „Versöhnung wächst, wo Menschen die trennenden Mauern der Feindschaft abbrechen“. Im Streckentext werden die Aktionen und Ereignisse geschildert und mit Bildern und Dokumenten anschaulich gemacht. Ein Chronikteil stellt die DDR-weiten Ereignisse und die in den Großstädten denen gegenüber, die sich im Raum Crimmitschau-Werdau zugetragen haben. Ein Bildteil mit 16 Farbseiten schließt das Buch ab. Die Veröffentlichung wurde im Rahmen des Programms „25 Jahre Friedliche Revolution“ von der Sächsischen Staatskanzlei gefördert, so dass es unter dem Herstellungspreis angeboten werden kann. Das Buch wird am Montag, den 22. Dezember, ausgeliefert und steht ab Mittag zum Verkauf im Martin-Luther-King-Zentrum Werdau zur Verfügung, ab Dienstag in den Pfarrämtern der Marienkirche und der Bonifatiuskirche Werdau, in der Buchhandlung Annette Gotter Crimmitschau sowie am Heiligabend in der Brauthalle der Marienkirche Werdau. Ab Anfang Januar ist die Publikation auch im Museumsshop Werdau, in der Stadtinformation Crimmitschau und Werdau und in der Geschäftsstelle der „Freien Presse“ erhältlich. (GME ) |
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Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 1. Auflage 1999 (7) Wunde Punkte-Wendepunkte 12 Die „Marienkäfer"-Band der Jungen Gemeinde Werdau 13 Aufklärung und Aufruf zu bewusster Wahlbeteiligung 15 Wahlkontrolle macht Fälschung offenkundig 18 „Eine Hoffnung lernt gehen" - die Ökumenische Versammlung 19 In Eingaben Systemveränderungen gefordert 23 Solidarität mit dem tschechoslowakischen Dissidenten Vaclav Havel 24 Der Strahlung auf der Spur 26 Teilnehmer aus sieben Staaten zum Konziliaren Treffen in Königswalde 31 „Gesprächsweg über Schuld und Betroffenheit- trotz Verbot erste „Demonstration" im Kreis Werdau 31 Infostand des Friedensseminars zum Kirchentag in Leipzig 34 Friedensseminar mit Friedrich Schorlemmer in Königswalde 36 Zweite Eingabenwelle aus Werdau 36
Geburtstagsfeier einmal anders Das Friedensseminar am 40. Jahrestag der DDR 41 „Bringt die Leute von der Straße" - Nervosität bei der Staatsführung 47 Werdaus „Tag der Befreiung" - Demo-Tourismus, spontane Kundgebung und Versammlung im Kreiskulturhaus 48 Friedensgebete und Demonstration in der Kreisstadt Werdau (51)
Friedensgebete und Demonstrationen in Crimmitschau 58 Engagierte Arbeitsgruppen für Reformen 61 Unbemerkter Mauerfall 63 „Wir sind zur Besichtigung freigegeben" Briefe in dramatischen Wochen aus der Bundesrepublik nach Werdau 65 Gründung des „Neuen Forums" 69 Gesprächskreise von Bürgern und Auflösung der Kampfgruppen 70 Abgesagte „Friedensrosette" und Martin-Luther-King-Film 71 „Marienkäfer"-Band: „Neues Forum in den Tagebau!" 72 Der „Werdauer Christenrat" 72 Den Berlinern voraus - der Runde Tisch des Kreises Werdau 73 Die Wende der Wende während der größten Werdauer Demo 78 Stasi/Nasi auf dem Rückzug 84 Die Menschenkette Zwickau-Lichtentanne-Schönfels als Teilstrecke von 1.500 DDR-Straßenkilometern 87
Reformbemühungen der SED, Gründung des „Neuen Forums" und Untersuchungsausschuss für Amtsmissbrauch 90 Abrüstung im Kinderzimmer - Kriegsspielzeug-Umtausch 91 Rumänienhilfe 93 Die erste SED-unabhängige DDR-Zeitung in Sachsen - Das „Werdau-Crimmitschauer Wochenblatt" 94 Der Werdauer Bürgerrat - Freie Wahl schon vor der Wahl 100 Aufarbeitung von DDR-Unrecht Anhaltende Feindseligkeit oder Verständigung zwischen politischen Gegnern (102)
„Bürger, schützt eure Volkspolizisten!" 110 „Wir waren die Lernenden" 112 Chronik der Friedlichen Revolution 1989/1990 114-160 Farbanhang 161 |
Inhalt-1999: