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David Priestland
Weltgeschichte
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2009 780 Seiten
wikipedia.Autor
*19xx in Britanien
detopia: |
Inhalt Inhalt.pdf
9 EINFÜHRUNG - 1789 - 1889 - 1989 25 PROLOG - Die klassische Feuertaufe
43 KAPITEL 1 - Ein deutscher Prometheus 95 KAPITEL 2 - Bronzereiter
143
KAPITEL 3 Unter den Augen des Westens 599 KAPITEL 12 Zwillingsrevolutionen
663
EPILOG Rot, orange, grün ... und rot?
ANHANG
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Pressestimmen
Autor
Verlag zum Buch
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Leseberichte
2010 Von N. Afflatet aus Köln
Wie der Titel schon verrät, beschreibt David Priestland in seinem Buch die Weltgeschichte des Kommunismus, dieser Ideologie, die das 20. Jahrhunder maßgeblich geprägt, unglaubliches Leid hervorgebracht hat, doch die bis heute so viele Menschen fasziniert. Er spannt den Bogen dabei von der Französischen Revolution über Marx und die Russische Revolution bis zu den kommunistischen Regimen der heutigen Zeit (China, Nordkorea, Kuba).
Dabei zeigt er, dass es kommunistische Ideen bereits zu einem Zeitpunkt gab, als diese für die Entwicklung der Menschheit so bedeutende Ideologie noch gar nicht entwickelt war: Verfolgungen von Dissidenten, moralische Säuberungen und ein egalitärer Staat nach Rousseau'schen Vorstellungen, der definierte, was gut und böse ist, gab es schon in der Französischen Revolution in Form des jakobinischen Terrors.
Weiter geht es durch zwei Jahrhunderte der jüngeren Geschichte. Priestland beschreibt dabei alle kommunistischen Regime, die es seitdem gab, ihre Entwicklungen und spezifischen Spielarten des Kommunismus. Damit schafft er es wahrlich, dessen vielfältigen Facetten näher zu beleuchten: vom Steinzeit-Bauernstaat eines Pol Pot in Kambodscha bis hin zur Kombination von Kommunismus und Kapitalismus im heutigen China. Positiv fällt dabei insbesondere auch der enorme Geisteshorizont des Autors auf: selbst zeitgenössische Theaterstücke und Architektur bindet Priestland in seine Geschichtsschreibung ein. Interessant ist insbesondere seine These, dass der Kommunismus nicht vom Westen (etwa in Form von Ronald Reagan und SDI) in die Knie gezwungen wurde, sondern aufgrund der inneren Reformen von Gorbatschow letztlich implodiert ist.
Zu kurz kommen bei diesem Mammutprogramm aber die bestialischen Seiten des Kommunismus. Priestland versäumt es, den Verbrechen des Kommunismus in Form von Deportation, Bespitzelung, politischen Morden, Völkermord, Terror und Verfolgung den gebührenden Raum einzuräumen. Die Opfer der chinesischen Kulturrevolution werden in einem Halbsatz erwähnt (etwa eine Million) und auch über die Inkarnation des Kommunismus, Che Guevara, hätte er etwa schreiben können, dass dieser Mann den Dritten Weltkrieg herbeibomben wollte, anstatt sich seitenlang über dessen vermeintlich idealistische Weltsicht auszulassen.
Zusammenfassend handelt es sich mit Sicherheit um ein Werk, das hervorragend geeignet ist, die Geschichte des Kommunismus auf der ganzen Welt nachzuverfolgen, dem es aber gut getan hätte, dessen "unvermeidliche[r] Tendenz zur Gewaltanwendung" (Priestland) und deren Folgen im Buch etwas mehr Beachtung zu schenken.
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Kommunismus ist undurchführbar
2010 Von Frank Reibold (Rinteln)
Dieses Buch bietet eine Geschichte des Kommunismus von seinen ideologischen Anfängen u. a. bei Rousseau über die Französische Revolution, Marx, Lenin, die Sowjetunion, die Unabhängigkeitsbewegungen der Dritten Welt, die Studentenbewegung von 1968 bis zu Gorbatschow und dem Ende der Sowjetunion und dem erneuten Interesse am Kommunismus angesichts der aktuellen Finanzkrise.
Die Ideologien werden folgendermaßen definiert:
KAPITALISMUS: Neoliberalismus und freie Marktwirtschaft führen zwar zu einem hohen Lebensstandard, aber auch zu Ungleichheit und Krisen. Die Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise 1929 war zu marktwirtschaftlich; die Bewältigung der aktuellen Krise konnte nicht berücksichtigt werden. Nach Lenin bedeutet Kapitalismus auch Kolonialherrschaft bzw. Ausbeutung der Dritten Welt (Imperialismus).
FASCHISMUS: Laut Stalin handelt es sich hier um eine rechtsradikale / reaktionäre / kapitalistische Ordnung; sie wird von Arbeitgeberseite durchgesetzt und deshalb bleibt das Privateigentum erhalten. Es gibt Verbindungen zu Nationalismus und Rassismus.
SOZIALISMUS: Laut Marx muss hier jeder laut seinen Fähigkeiten leisten und wird gemäß seiner Arbeit entlohnt.
KOMMUNISMUS: In dieser zweiten Phase des Sozialismus erfolgt die Entlohnung nicht mehr gemäß der geleisteten Arbeit, sondern nach Bedarf. Da es weder Klassen noch Konflikte gibt, ist der Staat überflüssig.
Die kommunistischen Regime erschienen zunächst eine Antwort auf die schlechte wirtschaftliche bzw. politische Lage. Sie wollten die alte korrupte Ordnung abschaffen, das Los der Arbeiter verbessern und den armen Kleinbauern mit Hilfe einer Landreform helfen. Nach einer Phase des Sozialismus (Diktatur des Proletariats) sollte das Paradies des Kommunismus erreicht werden. In der Praxis konnten beide Phasen nicht umgesetzt werden.
Der Kommunismus war in Friedenszeiten nicht durchsetzbar, weil es zur Arbeit keinen Anreiz gab. Gleiche Löhne waren deshalb nur in revolutionären Phasen oder mit Gewalt durchsetzbar. Deshalb wurde das Ziel des Kommunismus aufgeschoben.
Sozialismus ist zu großen Leistungen fähig; so hatte die Sowjetunion z. B. viele Naturwissenschaftler und schickte den ersten Satelliten ins Weltall. Jedoch gab es Konflikte: Man konnte entweder die Lage der Bauern verbessern oder die Arbeiter besser entlohnen; man konnte den Arbeitern mehr Selbstverwaltung zugestehen oder die Leistung erhöhen, indem man den Vorgesetzten mehr Macht bzw. Experten höhere Gehälter gab. Die einzelnen Staaten experimentierten mit verschiedenen Lösungen (welche jeweils unterschiedliche Bevölkerungsgruppen besser oder schlechter stellten) und versuchten, auf diese Weise die Produktion zu erhöhen und Aufstände zu vermeiden. - Dazu kam das Problem, dass der Sozialismus chronisch ineffizient ist. Aufstellung und Ausführung der Pläne erzeugten Konflikte zwischen Stadt und Land sowie der Zentrale und lokalen Funktionären. Korruption und Schwarzmarkt grassierten. Der Hauptgrund für die Ineffizient des Sozialismus liegt jedoch darin, dass laut Hayek zentrale Pläne nicht durchführbar sind.
Man sieht in der Geschichte des Kommunismus deutlich, wie die Revolution von hohen Idealen getrieben wird, welche hinterher verraten werden, um das Überleben des Regimes zu gewährleisten. Manchmal gab es Lohnerhöhungen für Arbeitnehmer, zu anderen Zeiten wurden Spezialisten als Saboteure hingerichtet. Unter großer Bedrängnis suchten manche Regime Kompromisse mit der Bevölkerung, während andere revolutionäre Ideen verbreiteten oder Zuflucht zur Gewalt suchten.
Heute ist der Kommunismus diskreditiert, weil er diktatorisch und ineffizient ist. Die marxistischen Impulse leben jedoch weiterhin: Wer möchte nicht eine gerechtere Welt? Unser Umgang mit der aktuellen Finanzkrise wird zeigen, ob wir aus der Geschichte des Kommunismus die richtigen Lehren gezogen haben.
Mir hat das Buch gut gefallen. Es zeigt jeweils Parallelen zu anderen Ländern und anderen Situationen auf (z. B. Dadaisten Anfang des 20. Jahrhunderts und 68er). Auch die Kultur der Länder wird berücksichtigt. Das Ende der Sowjetunion wird deshalb auch z. T. auf die "neoliberale" Politik des Internationalen Währungsfonds zurück geführt. Nähere Informationen zur Wirtschaft der Sowjetunion (insbesondere hinsichtlich Organisation und Entlohnung der Arbeit) und Vorschläge für einen Übergang zur Marktwirtschaft bietet Olson: "Power and Prosperity".
Leider werden die Ansichten von Hayek im Buch verkürzt dargestellt, denn er war ja nicht für die völlig freie Marktwirtschaft und hat immer die Rolle des Rechtsstaats betont. Für die Exzesse des Finanzmarkts und die Ölkrisen sind nicht die Banken oder die OPEC verantwortlich, sondern Nixon und die amerikanische Zentralbank (siehe Frank: "Die Weltvernichtungsmaschine").
Wer eine inspirierende Geschichte des Kommunismus sucht, sollte dieses Buch lesen. (Hinweis: Ich habe die englische Taschenbuchausgabe "The Red Flag" gelesen.)
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https://www.perlentaucher.de/buch/stefan-frank/die-weltvernichtungsmaschine.html