Charles Richet

Physiologe, Impfpionier, Kulturforscher
Nobelpreis 1913 Medizin


Der Mensch ist dumm

Satirische Bilder aus der
Geschichte der menschlichen
Dummheiten

 

L’homme stupide

1919 im Verlag Flammarion, Paris


1922 im Verlag Neues Vaterland / E. Berger, Berlin 

In deutscher Bearbeitung und mit Anmerkungen von Rudolf Berger


1919    127 Seiten 

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wikipe Autor  *1850
in Paris bis 1935 (85)

dnb Person   dnb Name /40/

dnb Nummer /18/


detopia:

Ökobuch 

Sterbejahr 

R.htm 

Maurice Blin  

Gruhl-1992

"Noch etwa einhundert Jahre,
und es wird keine Wälder
mehr in Europa geben."
Richet-1919, Seite 96

 

detopia-2023 zum Buch-1919:
Ja, natürlich: Vieles - z.B. "Rassistisches" - kann heute nicht mehr bestehen! Ja!
Jedoch: Der Autor war kein Menschenfeind. In dem Buche steht auch nicht, dass die Franzosen die Klügsten sind und jeder ihnen nacheifern soll. Alle kriegen gleichermaßen "ihr Fett weg".


  Buch im Volltext bei
archive.org/details/richetdermenschistdumm1922  

aus wikipedia-2014

 

1913 erhielt er den Nobelpreis für Physiologie und Medizin in Anerkennung seiner Arbeit über Anaphylaxie.

Richet wurde 1850 als Sohn von Alfred Richet, Professor an der Fakultät für Klinische Chirurgie in Paris, und seiner Frau Eugenie geboren.

Sein Studium in Paris schloss er 1869 mit einem Doktortitel in Medizin ab. Einen weiteren Doktortitel für Naturwissenschaften erhielt er 1878.

Im Jahr 1887 wurde er als Professor für Physiologie an die Medizinischen Fakultät Paris berufen. Er war Herausgeber der Revue Scientifique (1878–1887, Mitherausgeber des Journal et de Pathologie Générale (ab 1917) und Präsident der Society for Psychical Research (ab 1905).

Werk 

Richet arbeitete an einem großen Spektrum physiologischer Fragestellungen. Dabei begann er seine Arbeit mit Forschungen über die Temperaturregulation gleichwarmer Tiere, vor allem über den Schutz vor Überhitzung durch Schwitzen und die Temperaturerhöhung beim Zittern. 

In Experimenten konnte er zeigen, dass sich im Blut Antikörper gegen Krankheitserreger nach einer Impfung bilden.

Er führte die erste Serumimpfung am Menschen am 6. Dezember 1890 durch.

Den Nobelpreis erhielt er allerdings für seine Forschung über Anaphylaxie, also die Überreaktion des Körpers bei bestimmten Stoffen (s. auch Allergien). Er wendete diesen Begriff erstmalig an und meinte damit eine Reaktion auf injizierte Stoffe oder Gifte. Er konnte zeigen, dass injizierte Proteine die Zusammensetzung der Körperflüssigkeiten, insbesondere das Blut, sofort und nachhaltig verändern konnten.

Neben seinen medizinischen Tätigkeiten brachte er großes Interesse für den Spiritismus auf und schrieb einige Romane.

Ebenfalls forschte Richet in der Parapsychologie. Er wohnte mehreren Séances bei.

Richet übertrug den Begriff Ektoplasma in die Parapsychologie, worunter die Substanz verstanden wird, welche den Medien bei Sitzungen aus den Körperöffnungen strömt.  

Charles Richet starb im Jahr 1935 im Alter von 85 Jahren in Paris.

1877 heiratete er Amélie Aubry, mit der er fünf Söhne und zwei Töchter hatte. Sein Sohn Charles wurde wie sein Vater Professor an der Medizinischen Fakultät Paris.

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Grußwort an den Kulturring (Zeitschrift für jede Kulturarbeit)
 mit Erwähnung von Richet-1919
detopia-2023:  Nienkamp: Pseudonym von  wikipedia  Ernst_Kliemke (1870-1929)


Von Heinrich Nienkamp (1922)

"Der Mensch ist dumm."

 

Unter diesem Titel hat Charles Richet, der bekannte Kulturforscher, eine Schrift veröffentlicht (deutsch von Dr. Rudolf Berger, Verlag Neues Vaterland), der man die allerweiteste Verbreitung wünschen muß. Sie bringt aus der unübersehbaren Fülle der menschlichen Dummheiten einen kleinen Ausschnitt - es wären ja sonst viele Bände nötig! - und doch genug, um die denkenden Menschen, deren es doch immerhin einige gibt, vor die Frage zu stellen: Gibt es denn gar keinen Weg, um die Menschheit von dieser schmachvollen Herrschaft der Dummheit zu befreien?

Daß man die dummen Menschen nicht klug machen kann, ist klar, da kämpfen Götter selbst vergebens, aber muß die Vernunft, die in den besten Geistern aller Zelten immer vorbanden war, dauernd von der Dummheit unterdrückt werden, muß die Menschheit immer weiter darunter leiden, daß die Träger der Vernunft nicht an den Stellen stehen, von denen aus die Menschenmassen und die Massenmenschen geleitet werden?

Richet sagt:

"Kein Argument würde stärker sein, um darzutun, wie ohnmächtig der Mensch ist, wenn es die sozialen Probleme zu lösen gilt, als wenn man sich entschließen wollte, eine Forschungsreise durch das Sumpfgebiet zu machen, in dem wir gegenwärtig herumpantschen: durch die Tugendpredigten, die Streitschriften, die Vorträge, die Bücher, die Reden, die Phrasen, die Paradoxe, die Schlußfolgerungen, die sich zu Tausenden gehäuft haben, und wie ich hinzufügen möchte — durch die Parteien und Parteichen, Gemeinden, Verbände, Bünde, Vereine, Gesellschaften, die alle ihr besonderes Kulturprogramm und -rezept haben und in besonderen, nur den Eingeweihten bekannten Zeitschriften, Vereinsblättern, Bundesorganen usw. behandeln.

Ja, ohnmächtig bleiben die klügsten und weisesten der Menschen, solange sie in der Masse und nicht über ihr stehen. Es nützt nichts, daß sie geistig über ihr stehen, sie müssen auch an Stellung und Macht aus ihr herausgehoben sein. Sonst können sie nicht Führer sein. Jetzt verschwinden sie in der Masse, und der Strom der Dummheit geht ungezügelt über sie hinweg.

Selbst die bedeutendsten unter ihnen, die sich in Kunst oder Wissenschaft, in Kultur oder Wirtschaft einen Namen gemacht haben, werden nur auf dem Sondergebiet ihrer Leistung von einer größeren oder kleineren Gemeinde anerkannt, eine Macht, das Leben der Völker in Bahnen der Vernunft zu lenken, haben sie nicht. Mag ihre Zahl auch garnicht gering sein, so fehlt ihnen zur Macht doch die Einheit. Jeder steht einzeln auf einem vereinzelten Posten. Kaum, das einer den andern kennt oder auch nur von seinem Dasein weiß, geschweige denn, daß sie sich zu gemeinschaftlichem Kampfe gegen den Hauptfeind, die menschliche Dummheit zusammentäten!

Gerade in der Zerrissenheit und Zersplitterung der Kulturkräfte treibt die menschliche Dummheit ihre gefährlichsten Blüten. Über tausend mehr oder minder wichtige, für bestimmte Zwecke selbst unbedingt notwendige Fragen, wird die erste Voraussetzung für eine wirkliche Lösung des Kulturproblems übersehen: die Schaffung einer Kulturmacht, die Zusammenfassung und zweckmäßige Verwertung der Kräfte der Vernunft, d. h. eben der Erkenntnis dessen, was die Menschheit zu einer gegebenen Zeit vor allem nötig hat, und durch welche Mittel es geschaffen werden kann.

Was nützt es denn, wenn in dem Durch- und Nebeneinander der vereinzelten Führer und ihrer Gemeinden nach jahrzehntelangen Kämpfen wirklich einmal die eine oder andere Frage nach dem Wunsche ihrer Vorkämpfer gelöst wird, wenn sich nachher doch herausstellt, daß der erwartete Segen ausbleibt, weil es sich doch nur um eine Teilfrage gehandelt hat, die ohne die vorherige oder gleichzeitige Lösung anderer, ebenso wichtiger oder noch wichtigerer Fragen die Menschheit nicht vorwärts bringen konnte!

Wir haben erlebt, daß die Sozialdemokratie ein halbes Jahrhundert um die staatliche Macht gekämpft hat, daß sie diese Macht schließlich durch die Revolution errungen hat, und daß nicht nur das erwartete Paradies ausgeblieben ist, sondern daß die staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhaltnisse in vieler Hinsicht schlechter geworden sind als vorher, trotz mancher Fortschritte im einzelnen.

In Rußland haben die Kommunisten die Macht bekommen, mit allen Mitteln der Gewalt wie des Geistes ihren Glückstraum zu verwirklichen, aber es ist mehr Wüste als Paradies daraus geworden. Das braucht kein Beweis gegen die Richtigkeit der kommunistischen Idee zu sein, aber es ist ein Beweis dafür, daß diese Idee nicht zu ihrem Ziele führen kann, solange gewisse andere Fragen der Menschheitskultur nicht gelöst sind.

In den Vereinigten Staaten hat die Anti-Alkoholbewegung gesiegt, aber wie wenig bedeutet dieser Sieg, trotz des mannigfachen Segens, den er im einzelnen bringen kann, für den wirklichen Fortschritt der Menschheit, wenn in demselben Lande die Arbeitslosigkeit, die Not und das Elend der Massen, das Gift des Chauvinismus und Militarismus und der Rausch des Mammonismus ins ungeheure wachsen?

  wikipe  Entente      wikipe  Chauvinismus  Chauvinismus ist der Glaube an die Überlegenheit der eigenen Gruppe

   wikipe  Abstinenzbewegung       wikipe  Prohibition_in_den_Vereinigten_Staaten       wikipe  Gemeinschaft_von_christlichen_Abstinenten_in_Russland (ab 1884)

Die Entente hat die ganze "zivilisierte" Menschheit - die Mittelmächte gehören nicht dazu - in den heiligen Krieg zum Schutze der Zivilisation, für die Herrschaft der Demokratie, für Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit geführt, hat diesen Krieg gewonnen, und was ist aus der Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit geworden? Nicht, weil diese heiligen Ideen auf Erden unerfüllbar wären, nicht, weil zu wenig Menschen ihre Erfüllung ersehnten - ach', Millionen sind für sie gestorben, unzählige Millionen haben für sie gelitten -, sondern nur deshalb, weil einseitige Programm-Menschen, Politiker und Militärs, die Friedens­bedingungen zusammengestellt haben, und nicht Vertreter einer Kulturmacht, einer Einheit des Geistes, der die Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit für alle Menschen will, nicht für einzelne herrschende Völker und in diesen schließlich nur für einzelne bevorzugte Klassen.

Alle, die ein bischen Gefühl und Verständnis für Menschentum und Kultur haben, sind durch diesen Krieg und diesen Frieden in ihrer Menschenwürde beleidigt, aber die Erkenntnis, daß eine Änderung, ein Sieg der Vernunft nur dadurch möglich werden kann, daß sich die kulturwilligen Menschen über alle einzelnen Programmpunkte hinweg erst einmal zu einer Macht zusammenschließen müssen, diese Erkenntnis haben nur wenige, und noch weniger suchen sie zu befolgen.

Mag doch jeder über einzelne Fragen des Gemeinschaftslebens, über besondere Verbesserungen auf politischem, wirtschaftlichem, geistigem Gebiete seine eigenen Gedanken und Wünsche haben und dafür arbeiten, er soll es sogar, denn aus der Verschiedenheit erwächst Reichtum und Fortschritt, aber daneben und darüber soll er zu der Bildung einer über den Sonderfragen stehenden, das Gemeinschaftliche aller Kultur­bestrebungen zusammenfassenden einheitlichen Macht beitragen. Denn die Dummheit der Menschen ist deshalb eine so starke Macht, weil sie in ihren gefährlichsten Formen als Massenerscheinung auftritt, doch "Vernunft ist stets bei wenigen gewesen"; schwächen sich gar diese wenigen gegenseitig durch ihre Zersplitterung, so ist es kein Wunder, daß die Menschheit aus dem Sumpf, in dem sie "herumpantscht", nicht herauskommt. Schließen sie sich aber zusammen, so können sie mit der Überlegenheit ihres Geistes und ihres guten Willens doch allmählich den Verführern der Menschheit die Zügel aus der Hand nehmen.

Niemals führt die Masse, sie folgt nur; ob weisen Führern oder törichten Verführern, liegt nur bei denen, die die Bestimmung über die Führerstellen haben. Wer also Führer sein oder wirkliche Kulturmenschen als Führer haben will, der darf sich nicht auf seine besondere Gemeinde und seine besonderen Programmpunkte beschränken, sondern muß mitbauen an einer einheitlichen, alle Gemeinden umfassenden Kulturmacht. Wir wollen doch alle in einem besseren Gemeinschaftshause der Menschheit wohnen, deshalb muß der Zusammenschluß der Architekten und Werkführer, die Bildung einer großen Baugemeinschaft, überall der erste Programmpunkt sein. Nie kann ein Haus so gebaut werden, daß jede Arbeitergruppe ohne Verbindung mit der andern selbstständig nach ihren eigenen Ideen drauflos baut. Das ist aber tatsächlich das Bild unzähliger Gruppen in der Kulturbewegung.

Darum begrüße ich den "Kulturring" als ein Unternehmen, das dem so dringend notwendigen Zusammenschluß aller Kulturkräfte dienen will. Bei genügender Unterstützung und Förderung kann er zu einem erfolgreichen Mittel für die Zwecke aller Beteiligten werden.

Es muß ein Zusammenschluß werden, der die einzelnen Mitglieder nicht unterdrückt, sondern fördert, ja, der ihnen überhaupt erst die Möglichkeit gibt, je nach der Bedeutung ihrer Idee zur Geltung zu kommen und aus dem Dunkel ihres vereinzelten Dahinlebens an das freie Licht der Allgemeinheit zu treten.

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Die Volkshochschule.

Von Dr. Bruno Wille.

Nachdem die neue Verfassung Deutschlands und seiner Einzelstaaten freie Bahn für geistige Entwicklung des Volkes geschaffen hat, geht die Bewegung für Volkshochschulen wie eine Woge durchs Land, und deren sind bereits ein paar Hundert auf den Plan getreten.

Verfasser gehört zu den praktischen Bahnbrechern des Volkshochschulwesens, als Mitbegründer der „Freien Hochschule" Berlin, die es auf mehr als 20.000 Höhrer im Jahre brachte, und als Ausschußmitglied wie Dozent der Großberliner „Humbold-Hochschule", die wohl als Vorbild gelten darf für die deutsche Bewegung.

Was will denn nun die Volkshochschule?

Dazu beitragen, daß recht viele Volksgenossen zu bester Innenkultur gelangen.

Nicht durch Anreize zu minderwertigen Zerstreuungen will sie den Leuten das Geld aus der Tasche locken und das Gemüt verkümmern. Nicht ärmer machen, sondern reicher. Was hilft materieller Reichtum, wo's (am) Seelenreichtum fehlt!

Was hilft freie Zeit, wenn man sie nicht würdig....

(Fortsetzung auf Seite 7)


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