Friedrich
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wikipe Autor * 1932
DNB Autor (40) DNB Nummer (34) DNB Person (22+) detopia S.htm |
2016
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Aus wikipedia-2019:
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Interview mit Schmidt-Bleek bei telepolis 2015 zum Buch Grüne Lügen und über die umweltschädigenden Auswirkungen der Energiewende 2015 Reinhard Jellen heise.de/tp/artikel/45/45192/1.html Telepolis führte befragte den Doyen und Kritiker des deutschen Umweltschutzes über sein neues Buch Grüne Lügen.
2014
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1) Herr Schmidt-Bleek, in ihrem Buch schreiben Sie, dass die von der Politik propagierte Energiewende die gegenwärtigen Umweltprobleme nicht nur nicht löst, sondern sogar noch verschärft. Wie das? Die Energiewende führt nicht zur ökologischen Nachhaltigkeit, weil sie nur einen Teil des Klimawandels betrifft, weil sie nur eines einer Reihe von wesentlichen Umweltprobleme zu lösen sucht und weil die vorgesehenen technischen Maßnahmen zu einer Erhöhung der Ressourcenintensität der Wirtschaft führt, anstatt sie zehnfach abzusenken, was ja Voraussetzung für ökologische Stabilität ist. 2) Bedeutet das: Weder E- noch Hybridautos, weder Photovoltatikanlagen noch Öko-Siegel sind in ihren ökologischen Auswirkungen umweltfreundlich? Genau. Weder das E- Auto noch das Hybridauto senken die Materialintensität für den gefahrenen Kilometer. Das Hybridauto verdoppelt sie sogar nahezu, verglichen mit einem Benziner vergleichbarer Größe. Die Messlatte "CO2-Fußabdruck" ist aus mehreren Gründen kein generell gültiger Indikator für ökologische Qualität von Dingen, weil die Umweltgefährlichkeit vieler Produkte mit der Emission von CO2 nur wenig oder gar nichts zu tun hat. -- Das gilt zum Beispiel für Kernkraftwerke. Außerdem ist CO2 nur eine von vielen gefährlichen Emissionen. Denken Sie an die Ozonkiller FCKW. Hingehen ist der von mir entwickelte "Materielle Fußabdruck" ein weltweit für alle Güter, Dienstleistungen und Handlungen richtungssichere und berechenbare Abschätzung ihrer Umweltverträglichkeit. 3) Welche Punkt an unserem gegenwärtigem Konzept von Umweltschutz kritisieren Sie am meisten? Das Grundübel unseres Umweltschutz es ist noch immer, dass einzelne Probleme isoliert und nacheinander angegangen werden und immer erst dann, wenn die Politik zustimmt, dass das Kind im Brunnen liegt. Denken Sie an den Klimawandel, der schon vor über 100 Jahren vorhergesagt wurde. Richtig wäre, die ökologische Ursünde der heutigen Wirtschaft aus der Welt zu schaffen, um Probleme mit der Umwelt von vorn herein zu vermeiden. Nur so ist Nachhaltigkeit erreichbar. Seit 25 Jahre fordere ich deshalb die radikale Dematerialisierung der Wirtschaft, die Ressourcenwende. Längst ist bewiesen, dass die Lebensqualität hierbei keinen Schaden nehmen müsste. 4) Welche weiteren gravierenden Umweltprobleme gibt es neben dem Klimawandel? Weitere gravierende Umweltprobleme sind unter anderem die Erosion von Mutterböden durch Wind und Niederschläge, insbesondere bei großtechnischer Nutzung der Böden; die wachsende Wasser-Knappheit durch Übernutzung; die Ansammlung von Plastik im Pazifik; und die weltweit knappgewordene Verfügbarkeit von Fischen und Bausand. Bausand ist schon heute eines der weltweit größten Schmuggelgüter. 5) Warum werden nur vereinzelte Umweltprobleme in den Focus der Öffentlichkeit gerückt? Fragen Sie am besten Frau Merkel. Ich vermute, das liegt wesentlich daran, dass man sich bei der nachsorgenden Bereinigung einzelner Probleme schon genügend Ärger mit der Industrie einhandelt. Siehe Energiewende. Die Ressourcenwende aber erfordert eine grundsätzliche Anpassung der Wirtschaft an die Gesetze der Natur. Kein Wunder, wenn Politiker und Wirtschaftsvertreter dies fürchten wie der Teufel das Weihwasser. 6) In Ihrem Buch entwickeln Sie das Konzept des "ökologischen Rucksacks" als eine den Umweltproblemen adäquateren Bemessungsmethode als etwa die Zählung des Kohlendioxidausstoßes. Können Sie das kurz erklären? Worin sehen Sie den besonderen Vorteil dieses Konzepts? Der ökologische Rucksack ist die bildhafte Darstellung der Ressourcenintensität von Gütern und Dienstleistungen, das heißt die Menge an Material, Energie, und Wasser, die für eine bestimmte Leistung verbraucht werden. Zum Beispiel für einen Urlaubstag, die Reinigung von 5 Kg Wäsche, oder für einen Kilometer Fahrt mit dem Auto , Bus oder Fahrrad. 7) Mit ihrem Konzept der Ressourcenwende plädieren Sie für eine radikale Umkehr der bisherigen Umweltpolitik. Wie soll diese beschaffen sein? Im Prinzip ganz einfach. In Wirklichkeit liegt - wie immer - der Teufel im Detail. Die Regierung muss die Wirtschaftspolitik so umgestalten, dass es sich für alle lohnt, so wenig wie möglich Ressourcen zu verbrauchen. Hierzu gibt es viele Wege. Dazu gehört beispielsweise eine Verteuerung der Ressourcennutzung durch Besteuerung bei gleichzeitiger Reduzierung von Abgaben und Steuern auf Arbeit. Es erfordert allerdings eine Menge Mut und Weisheit, die Preisarchitektur auf dem Markt praktisch auf den Kopf zu stellen. -- Wir sollten aber im Auge behalten, dass unsere jetzige Wirtschaftsweise mit Sicherheit ins ökologische Aus führt, weil sie unter anderem von ewig steigendem Konsum, also Wachstum lebt, angefeuert durch Verbrauchswerbung, die Verführung zum Konsum durch billige Kredite und die in viele Produkte eingebaute Obsoleszenz. Auf einem begrenzten Planeten kann das nicht gut gehen. -- Es geht aber nicht nur um die Verschwendung unwiederbringlicher Ressourcen. Es geht vielmehr auch und vor allem um die damit einhergehende Vernichtung der Funktionen und Dienstleistungen der Ökosphäre, ohne die es Menschen gar nicht gäbe, und ohne die wir nicht leben können. Sie sind technisch nicht ersetzbar. Wie blöd sind wir eigentlich? 8) Verschärft Ihr Konzept der Ressourcenwende in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation nicht die sozialen Gegensätze? Warum sollte sie das? Die Antwort auf Ihre Frage wird von den sozialen und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen abhängen, die Deutschland und die EU einführen, um die ökologische Nachhaltigkeit zu erreichen. Ich kann mir hierbei sehr wohl eine Reduktion sozialer Ungleichheiten vorstellen, weil die notwendigen Anpassungen neue Optionen eröffnen, zum Beispiel im Bereich der Einkommen, und der Verminderung des Abstandes zwischen arm und reich. |