IV. - Das anthropische Prinzip (s253)
4-Anmerkungen a662 bis a676
332-335
662 Eunice Foote, »Circumstances Affecting the Heat of the Sun's Rays«, The American Journal of Science and Arts 22, Nr. 46, November 1856. - Dieser Artikel, in dem Foote die Auswirkungen des Kohlendioxids auf die globale Temperatur beschreibt, wurde erstmals 1856 auf einem Treffen der »American Association for the Advancement of Science« vorgestellt - wo ihn ein männlicher Kollege vorlas, Joseph Henry. John Tyndall veröffentlichte seine Erkenntnisse mehrere Jahre später, 1859.
663 1985 publizierte Los Alamos eine Geschichte des Gesprächs; siehe Eric M. Jones, »Where Is Everybody?: An Account of Fermi's Question«, www.osti.gov/servlets/purl/5746675
664 Die vielleicht anschaulichste Illustration stellt der Webcomic »A Timeline of Earth's Average Temperature« von xkcd dar, der am 12. September 2016 erschien.
665 Hanson veröffentlichte seine Überlegungen zu diesem Thema 1998 in einem Artikel, dessen unheilvolle letzte Zeile lautete: »Wenn wir den Großen Filter nicht in der Vergangenheit finden, müssen wir uns in der Zukunft vor ihm fürchten.« Robert Hanson, »The Great Filter - Are We Almost Past It?«, 15. September 1998, http://mason.gmu.edu/~rhanson/greatfilter.html
666 Diese Geschichte stammt aus Archibald MacLeishs wunderbarem Bericht, der am
25. Dezember 1968 - am Tag, nachdem Apollo 8 den Mond umrundet hatte - unter dem
Titel »Riders on Earth Together, Brothers in Eternal Cold« auf der Titelseite
der New York Times erschien. Darin stellt MacLeish die Behauptung auf, dass es
unser Empfinden über unseren Platz im Universum nachdrücklich prägen könnte, die
Erde aus der Distanz zu sehen: »Wie die Menschen sich und einander wahrnehmen,
hing immer davon ab, wie sie die Erde sahen«, schrieb er.
Jetzt, in den letzten paar Stunden, könnte sich diese Sicht erneut verändert
haben. Zum ersten Mal in der Geschichte haben Menschen die Erde nicht als
Kontinente und Meere aus einer geringen Entfernung von 100, 200 oder 300 Meilen
betrachtet, sondern sie aus der Tiefe des Alls anschauen dürfen, haben sie so
ganz und rund und wunderschön und klein gesehen, wie es selbst
Dante - die
»erste Vorstellung des Christentums« - sich nie erträumt hätte, wie es die von
Absurdität und Verzweiflung geprägten Philosophen des 20. Jahrhunderts sich
nicht hätten ausmalen können. Und als sie sie so sahen, drängte sich ein Gedanke
auf: »Ist sie bewohnt?«, fragten sie einander und lachten - und dann verstummte
das Gelächter. Was ihnen bei einer Geschwindigkeit von mehr als 100.000 Meilen
pro Stunde im All durch den Kopf ging - »auf dem halben Weg zum Mond«, wie sie
sagten -, was ihnen da durch den Kopf ging, war das Leben auf dem kleinen,
einsamen, schwebenden Planeten, dem winzigen Floß in der gewaltigen leeren
Nacht. »Ist sie bewohnt?«
Die mittelalterliche Sichtweise der Erde stellte den Menschen ins Zentrum von
allem. Die atomzeitalterliche Sichtweise verbannte ihn ins Nirgendwo - selbst
aus dem Reich des Verstandes -, er ging in Absurditäten und Krieg unter. Diese
neue Sichtweise könnte andere Auswirkungen haben. Da sie im Kopf heroischer
Reisender entstand, die zudem Menschen sind, könnte sie unser Bild des Menschen
verändern. Er wäre dann nicht mehr die absonderliche Figur im Zentrum des
Universums, nicht mehr das geschädigte und schädigende Opfer am äußeren Rand der
Realität, blind vor Blut, sondern könnte endlich er selbst werden.
667 Drake selbst betrachtete die Gleichung als einen ersten, vorsichtigen Schritt; er hatte die Liste mit Faktoren, die sich auf die Wahrscheinlichkeit auswirkten, eine außerirdische Intelligenz zu finden, 1960 im Vorfeld einer kleinen Konferenz zu dem Thema notiert. Diese Geschichte erzählte er 2003 im Astrobiology Magazine (»The Drake Equation Revisited«, 29. September 2003).
668 Diese Möglichkeit erwähnte Dyson zum ersten Mal in einem Aufsatz aus dem Jahr 1960, »Search for Artificial Stellar Sources of Infrared Radiation« (Science 131, Nr. 3414, Juni 1960, S. 1667-1668), obwohl das Konzept bereits 1937 im Science-Fiction-Roman Der Sternenmacher von Olaf Stapledon aufgetaucht war.
669 Adam Frank, Light ofthe Stars: Alien Worlds and the Fate of the Earth, New York, W.W. Norton, 2018. In diesem Buch schreibt Frank: »Unsere Technologien und die enorme Energie, die diese freigesetzt haben, verleihen uns eine gewaltige Macht über uns selbst und die Welt um uns herum. Es ist, als hätte man uns die Schlüssel zum Planeten überreicht. Jetzt können wir damit über eine Klippe fahren.« Die Formulierung »wie ein Planet zu denken« erinnert auch an Aldo Leopolds Aufforderung, »wie ein Berg zu denken«, die zuerst 1937 in seinem Buch Sand County Almanac zu lesen war (Deutsche Fassung: Am Anfang war die Erde, erschienen 1992) und den Titel eines hervorragenden meditativen Essays von Jedediah Purdy über das nature writing und unsere sich wandelnde Beziehung zur Natur bildete, der 2017 in n+1 erschien.
Mir persönlich ist diese Perspektive zu stoisch - einem Berg wäre es recht egal, ob die Menschheit, eine einzelne Spezies, gewaltige Rückschläge erlebt, und das Gleiche gilt auch für den Planeten als Ganzes. Wie mir die Forscher immer wieder in Erinnerung riefen: »Die Erde wird den Klimawandel überstehen, aber die Menschen vielleicht nicht.« Und tatsächlich scheint sich die Vorgeschichte von Leopolds Formulierung bis in die antike Philosophie zu Epikur und Lukrez zurückverfolgen zu lassen.
670 Gavin A. Schmidt, »The Silurian Hypothesis: Would It Be Possible to Detect an Industrial Civilization in the Geological Record?«, International Journal of Astrobiology, 16. April 2018, https://doi.org/10.1017/S1473550418000095.
671 Ein besonders relevanter Versuch findet sich hier: Anders Sandberg et al., »Dis-solving the Fermi Paradox«, Future of Humanity Institute, Oxford University, 6. Juni 2018, https://arxiv.org/pdf/1806.02404.pdf.
672 Ein Bericht darüber - einschließlich der Tatsache, dass Oppenheimer dieses Zitat erst 20 Jahre nach dem eigentlichen Ereignis nannte - findet sich in Kai Bird und Martin J. Sherwin, /. Robert Oppenheimer: Die Biographie, Berlin, Propyläen, 2009.
673 Diese Geschichte erzählte Frank Oppenheimer 1981 in der Dokumentation The Day After Trinity des Regisseurs Jon H. Else.
674 Connor Nolan et al., »Past and Future Global Transformation of Terrestrial Eco-systems Under Climate Change«, Science 361, Nr. 6405, August 2018, S. 920-923.
675 Sein Artikel »The Quest for Gaia« erschien erstmals 1975 im New Scientist, und im Verlauf der Jahre wurde Lovelock immer pessimistischer. 2005 veröffentlichte er Gaia: Medicinefor an Ailing Planet, 2006 Gaias Rache und 2009 The Vanishing Face of Gaia. Er befürwortet Geoengineering als letzten Versuch, den Klimawandel zu verhindern.
676 Bekannt wurde der Begriff durch Buckminster Fuller, aber er tauchte schon fast ein Jahrhundert vorher auf, in Henry Georges Buch Fortschritt und Armut aus dem Jahr 1879 - in einer Passage, die George Orwell später in Der Weg nach Wigan Pier zusammenfasste:
Die Welt ist ein durch den Raum segelndes Floß mit potentiell reichlichen Vorräten für jedermann; die Idee, daß wir alle zusammenarbeiten und darauf achten müssen, daß jeder seinen fairen Anteil an der Arbeit verrichtet und seinen fairen Anteil an den Vorräten bekommt, ist so schlagend einsichtig, daß man annehmen würde, keiner, der nicht aus einem korrupten Motiv am bestehenden System festhält, könnte überhaupt ablehnen.
1965 fasste Adlai Stevenson das Konzept in einer Rede vor dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen in etwas poetischere Worte:
Wir reisen zusammen, Passagiere auf einem kleinen Raumschiff, sind angewiesen auf seine gefährdeten Luft- und Erdreserven, zu unserer Sicherheit seinem Schutz und dem Frieden verpflichtet, vor der Vernichtung nur geschützt durch die Fürsorge, die Arbeit und, so will ich sagen, die Liebe, die wir unserem empfindlichen Gefährt zukommen lassen. Wir können es nicht halb glücklich, halb elend, halb zuversichtlich, halb verzweifelt, halb als Sklave - der alten Feinde des Menschen -, halb frei bewahren, weil wir Ressourcen freisetzen, wie sie bis heute nie erträumt wurden. Kein Gefährt, keine Besatzung kann mit solchen gewaltigen Widersprüchen sicher reisen. Von ihrer Auflösung hängt unser aller Überleben ab.
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Foote 1856